Licht der Zukunft LEDs stellen eine Branche auf den Kopf 1.2014 - ZVEI
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EDITORIAL 4 „Das digitale Licht der Zukunft schafft völlig neue Möglichkeiten, weil es den individuellen Bedürf- nissen des Menschen angepasst werden kann.“ Passion live! light+building 2014 Halle 4.0, Stand B11 Liebe Leserinnen, liebe Leser, 30.03. – 04.04.2014 das Thema des Wissenschaftsjahrs lautet in diesem Jahr: die Messe Frankfurt digitale Gesellschaft. Immer mehr Lebensbereiche werden von der Digitalisierung durchdrungen. Wir haben die Verän- derungen in den vorangegangenen Ausgaben der AMPERE anhand von Beispielen aus der Produktion, des Wohnens und des Energiesystems aufgezeigt. Aber viele Bereiche, die ver- meintlich noch von analoger Technik beherrscht werden, stehen nun vor einem technologischen Umbruch, wie ihn zuletzt die Pioniere der Elektrotechnik Ende des 19. Jahrhun- derts erlebt haben. Dies gilt besonders für die Lichttechnik, ZITARES intelligent ist so flexibel der wir diese Ausgabe widmen. Durch den Siegeszug der LED, die Licht aus Halbleitern generiert, ergibt sich weitaus mehr als nur höhere Energieeffizienz. Das digitale Licht der Zu- wie das Licht. kunft schafft völlig neue Möglichkeiten, weil es den individu- ellen Bedürfnissen des Menschen dynamisch angepasst wer- den kann. ZITARES intelligent ist das erste LED EVG, das sich Ihren Leuchten Die deutschen Unternehmen der Elektrotechnik haben tech- und Projekten individuell anpasst. nologische Umbrüche bislang gut gemeistert. Abzulesen ist Ob gleichbleibender Lichtstrom über die gesamte Betriebszeit oder die das an der Zahl ihrer Beschäftigten: Sie beträgt weltweit rund 1,5 Millionen Menschen, etwas mehr als die Hälfte von ihnen unabhängige, individuelle Ansteuerung von zwei Ausgangskanälen: Das leben in Deutschland. Und doch ist jeder Umbruch eine neue EVG ist in unterschiedlichsten Leuchten flexibel einsetzbar. Setzen Sie Ihr Herausforderung. Meistern kann ihn nur, wer sich dem Wan- Projekt ins rechte Licht – von linearen Leuchten bis hin zu Standleuchten. del nicht entgegenstellt, sondern sich an der Spitze der Bewe- Herzstück der intelligenten EVG ist ein Mikro-Controller, der Ihre Leuchten gung positioniert – so wie es die deutsche Lichtindustrie im zusammen mit optionalen Sensoren für viele Anwendungen optimiert: Fall der LED-Technik vorbildlich tut. · Weiß/Weiß-Steuerung, Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre! · Licht- und Präsenzerkennung · thermischer Schutz des Systems Ihr Alle Parameter werden über die ZITARES 360 Software konfiguriert. Sie integriert sich nahtlos in Ihren Entwicklungs- und Produktionsprozess. Neben zahlreichen Möglichkeiten zur Funktionsauswahl bietet ZITARES intelligent Zukunftssicherheit. Dank der smarten Schnittstellen-Kommunikation können EVG-Daten Fotografie: Christian Behrens mit hoher Geschwindigkeit programmiert, ausgelesen und Ihre Leuchten auch mit Updates versehen werden. ZITARES intelligent: Wer Leuchten verstehen will, muss so flexibel wie das Licht sein. Friedhelm Loh ZVEI-Präsident Mehr Informationen finden Sie auf BAG electronics GmbH Kleinbahnstrasse 27 www.BAGelectronics.com 59759 Arnsberg/Germany AMPERE 1.2014
4 INHALT 5 VISION 2025: Gegenstände vom Schulranzen bis zur Bartheke leuchten MARKT: Ganz schön den Kopf zerbrechen kann man sich in der neue STANDPUNKTE: Was ist schönes Licht? Trilux-Geschäftsführer Dietmar HEISSES EISEN: Produktpiraterie bedroht Arbeitsplätze. Walter selbst. Organische Leuchtdioden machen das möglich Seite 8 Lichtwelt. Ein Wegweiser für den Alltag Seite 30 Zembrot und Lichtplaner Torsten Braun diskutieren Seite 38 Mennekes ruft zur Gegenwehr auf Seite 44 SCHWERPUNKT: DIGITALES LICHT AUF TAKT GESELLSCHAF T LÖSUNGEN AM PULS Dynamisch und 08 VISION 2025 30 MARKT 38 STANDPUNKTE 44 HEISSES EISEN Mein kurzes Leben Den Kopf einschalten! Wirkung & Wirklichkeit Zweifelhafte als Photon Lampe ist nicht gleich Lampe. Trilux-Geschäftsführer Dietmar Bewunderung effizient 12 DAS THEMA Leuchtendes Zeitalter Ein kurzer Wegweiser durch das Baumarktregal Zembrot und Lichtplaner Torsten Braun diskutieren über Lichtwahr- nehmung Produktpiraten werden immer dreister. Unternehmer Walter Mennekes setzt sich zur Wehr 32 NUT ZEN Die LED-Technik führt zu großen Einfach nur hell machen, das kann elektrisches Umbrüchen in der Lichtbranche. Unser täglich Licht 42 FAKTEN STAT T VORURTEILE 46 VORAUSGEDACHT Generation Zukunft Licht seit jeher. Mit dem Siegesszug der LED- Alte Geschäftsmodelle stehen vor der Ablösung Physiker und Ärzte wollen Digitales Licht in zehn prägnanten Zahlen Schülerreporterin Alisa Haas be- Menschen mit dynamischem Licht Technik bekommt Licht neue Qualitäten. Es ist gesünder und konzentrations- fragt Gunther Kegel zum Studium der Elektrotechnik 18 CHEFSACHE fähiger machen nicht nur energieeffizienter als je zuvor, sondern „Ich liebe das ermöglicht auch dynamische Steuerung nach LED-Geschäft“ 36 EINWÜRFE Nachhaltiges Licht dem Motto: Das richtige Licht zur richtigen Zeit. Wolfgang Dehen, Vorstandsvorsit- zender von Osram, zu den Chan- Die Forscher Dr. Franz Hölker cen, die das digitale Licht birgt und Dr. Stefan Thomas zu den ökologischen Chancen der LED-Beleuchtung TECHNOLOGIE 22 FORSCHUNG Photo-was? ABO 1.2014 AMPERE – DAS MAGAZIN DER ELEKTROINDUSTRIE Die Photonik ist eine Schlüssel- Smart careerS technologie für Deutschland. AMPERE - Das neue Magazin Für MINT-BErUFE! job and career Messen präsentieren Karrieremöglichkeiten, interessante der Elektroindustrie Unternehmen, offene Stellen und Angebote zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung – eingebettet in führende Fachmessen. Woran Forscher heute arbeiten Erfahren Sie mehr unter: ––> www.jobandcareer.de STANDARDS Was bewegt einen der wichtigsten Industriezweige 26 PRA XIS DIGITALES LICHT in Deutschland? Kontrovers und informativ – das job and career at CeBIT, 10. – 14. März 2014 03 EDITORIAL Mein Auto, mein Licht neue Magazin setzt sich in jeder Ausgabe mit einem job and career at HANNOVER MESSE, 7. - 11. April 2014 aktuellen Thema der Elektroindustrie auseinander. job and career at CeMAT 2014, 06 FRAGEN Autohersteller entdecken Licht als 19. – 23. Mai 2014 Licht der Zukunft 35 IMPRESSUM Möglichkeit, sich im umkämpften Abonnieren Sie AMPERE kostenfrei (4 Ausgaben/Jahr) Veranstalter Unternehmensgruppe job and career Messen 2014 auf LEDs stellen eine Branche auf den Kopf PERSONENVERZEICHNIS Premiummarkt zu differenzieren zsg@zvei-services.de oder www.zvei.org/ampere 1.2014 ZVEI_Ampere_14.1_Umschlag_01.indd 1-3 24.01.14 15:41 AMPERE 1.2014 AMPERE 1.2014
6 FRAGEN 7 Kann Licht BRAUCHT MAN die Umwelt Kommen künftig alle Kann LED- KÜNFTIG LEDs aus Asien? verschmutzen? Licht auch ÜBERHAUPT NOCH schön sein? LEUCHTEN? Kann mal jemand Licht in die Sache bringen? Sind OLEDs die Lampen Digitales der Zukunft? Was haben wir von der Licht – was Umstellung auf LEDs? soll das sein? Mit Licht heilen, das ist doch Was kann man Hokuspokus – oder? mit Laserlicht Sparen LEDs anfangen? wirklich so viel Strom? Warum sollen wir Steuergelder für Photonikforschung ausgeben? AMPERE 1.2014 AMPERE 1.2014
8 VISION 2025 9 VERPACKUNGEN Die Licht-Welt wird sich durch organische geben Leuchtsignale an Kaufwillige Leuchtdioden dramatisch verändern. Ein Erfahrungsbericht aus der Zukunft. Text: Johannes Winterhagen, Prof. Karl Leo (wissenschaftliche Beratung) Illustration: halbautomaten Mein kurzes Leben als Photon BAUARBEITER Selbstleuchtende Warnwesten schützen noch besser PHOTONEN (=Lichtteilchen) entstehen in hauchdünnen OLEDs BAR Coole Möbel geben Licht A us dem Weg! Ich hab’s eilig, sehr eilig. Der Einstein soll sogar gesagt haben, dass er über nicht aus dem Weg gehen, ist es gleich so weit. dings meist nur Lichtteilchen mit einer ganz be- Und ich bin schnell. 299,8 Millionen Me- mich den Rest seines Lebens nachdenkt. So viel Dann treffe ich womöglich auf einen Rezeptor in stimmten Energiedosis, die anderen verweigert er ter lege ich in einer Sekunde zurück. steht aber fest: Ich bin pure Energie. Ich bewege ihrem Auge und sterbe. Immerhin wüssten Sie – zum Glück, denn ich hatte gerade eine Kollision Wie? Das soll gar nicht gehen? Ach, ich mich als elektromagnetische Welle durch den dann genau über mich Bescheid. Denn die Farbe, mit dieser roten Kaffeetasse in Ihrer Hand. vergaß mich vorzustellen. Die Hektik! Ich bin ein Raum. Ich kenne keine Gewichtsprobleme, denn die Sie sehen, ist nichts anderes als die Menge an Eigentlich wollte ich aber kurz von meiner Geburt Photon. Ein Lichtteilchen. meine Masse ist null. Energie, die ich mit mir trage. erzählen. Denn ich erblickte in einer OLED das Was das ist? Gute Frage, darüber zerbrechen sich die Warum ich es so eilig habe? Ich kann nicht anders! Ihr Auge ist nicht die einzige Gefahr für mich. Na- Licht der Welt – verzeihen Sie den Kalauer! Vor 15 besten Physiker der Welt noch immer die Köpfe. Mein Leben ist kurz, sehr kurz sogar. Wenn Sie jetzt hezu jeder Feststoff kann Licht absorbieren. Aller- Jahren konnten sich viele Menschen noch gar AMPERE 1.2014 AMPERE 1.2014
10 VISION 2025 nicht vorstellen, was das ist. Gerade erst waren die entmutigen ließen. Die Lichtausbeute war an- Glühlampen verboten worden, mit denen elektri- fangs zu gering, die Materialien gingen zu schnell sches Licht früher hergestellt wurde. Nach einem kaputt. Doch findige Physiker und Ingenieure be- ziemlich einfachen Prinzip: Ein dünner Draht kamen das in den Griff, 2011 dann der Durch- wurde unter Strom gesetzt und erhitzte sich da- bruch: Die ersten Smart Phones mit Aktiv-Matrix- durch stark. Wenn man für den Draht das richtige Material wählte, gebar er Displays als OLEDs waren auf dem Markt. Bald folgten die ersten Fernseher. Mein Wir erwarten Sie! Lichtteilchen auf nahezu Gott, das waren Luxus-Pho- allen Energieniveaus, die tonen! Erzeugt in Geräten, das menschliche Auge die 10.000 Euro kosteten. wahrnehmen kann. Wenn Doch bald gelang es Ingeni- sich aber sehr viele rote, euren, die OLEDs billiger grüne und blaue Photonen und vor allem so flexibel zu zusammentun, entsteht machen, dass man sie auch weißes Licht. Leider sind biegen konnte. Von da an – die meisten Photonen aus ungefähr ab dem Jahr 2020 der Glühlampe eher – war kein Halten mehr. schwächliche Kollegen, die OLEDs finden sich heutzu- der Mensch als Wärme tage überall: Zwischen empfindet. Deshalb ist die Fensterscheiben, die an trü- Licht aus Folien: Die Zeitung von morgen könnte ein Glühlampe insgesamt sehr rollbares OLED-Display sein. Im Fenster sorgen Leuchtfolien ben Tagen zusätzliches ineffizient. für gutes Licht an trüben Tagen. Licht in Büroräume schi- Später erfanden Ingenieu- cken und trotzdem immer Bildnachweis: © Spectral-Design/Fotolia re andere Wege, Licht zu durchsichtig bleiben. In erzeugen. Zum Beispiel, indem sie ein künstliches Tischplatten und Theken cooler Bars. In der Klei- Plasma herstellten, das nennt man dann Leucht- dung von Schulkindern und Straßenbauarbeitern stoffröhre. Und schließlich entstanden vor mehr sorgen sie für bessere Sichtbarkeit. In aufrollbaren als 50 Jahren in den Laboren die ersten Leuchtdi- Displays, die Menschen als elektronische Zeitun- oden, kurz LEDs. Das sind Halbleiter, die funktio- gen mit sich tragen. In den Verpackungen von Lu- nieren wie eine umgekehrte Solarzelle: Setzt man xusparfüms, die aufreizend leuchten, sobald sich sie unter Strom, dann senden sie Licht aus. Man ein Kunde nähert. braucht dafür aber viel weniger Strom als beim Um Missverständnissen vorzubeugen. Wir – das Erhitzen eines Drahtes. Daher machte die LED ab darf ich als OLED-Geborene so sagen – haben die dem Jahr 2000 eine steile Karriere, sie hielt Einzug LEDs nicht abgelöst. Für Helligkeit sind weiterhin in Autoscheinwerfer, Straßenlaternen, Museen, die mittlerweile sehr kostengünstigen „normalen“ Kaufhäuser und schließlich auch immer mehr Pri- Leuchtdioden zuständig. Auch wo es gilt, die vathaushalte. Heute ist sie Standard, fast alle mei- Lichtfarbe dynamisch zu verändern, etwa in Bü- ne irdischen Geschwister kommen so zur Welt. ros, Schulen und Krankenhäusern, führt kein Weg LEDs erzeugen sehr viele Photonen auf sehr klei- an der LED vorbei. Nur im Auto ist ihre beste Zeit ner Fläche, Experten reden von einer punktförmi- schon wieder vorbei, sie wurde von Laserdioden gen Lichtquelle. Als die ersten LEDs schon auf und OLEDs verdrängt. Der ZVEI auf der Light+Building. Halle 8.0, Stand C40. dem Markt waren, machten sich einige Forscher Fantastisch diese neue Licht-Welt! Nur eines hat Programm • Termine • Wissenswertes auf einen ganz anderen Weg: Sie wollten Licht auf sich für uns Photonen nicht geändert: Wir alle großen Flächen erzeugen – aus Kunststoffen. Weil wünschen uns, auf einem Stern geboren zu wer- Kunststoffe zur Klasse organischer Materialien ge- den und dann Millionen, ja Milliarden Jahre durch hören, spricht man von organischen Leuchtdio- das Weltall zu reisen. Hier auf Erden ist unser Le- den, kurz OLEDs. Ich kann nur dankbar sein, dass ben ziemlich kurz. O Mist, ich fliege direkt auf sich die Forscher von vielen Rückschlägen nicht dieses blaue Logo zu ..., jetzt ist es gleich aus! Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie www.zvei.org AMPERE 1.2014
12 13 Kaum eine Branche erlebt derzeit einen so gewaltigen Umbruch wie die Lichtindustrie. Leuchtdioden verdrängen rasch etablierte Technologien. Die Hersteller von Lampen und Leuchten sind darauf vorbereitet. Text: Johannes Winterhagen Leuchtendes Lic htb rec Zeitalter hun g E s war einmal. Nahezu märchenhafte Züge nikkompetenz. Die Schnittstelle zwischen Lampe trug der Lichtmarkt noch vor zehn Jahren. und Leuchte war klar definiert, beispielsweise Manager anderer Branchen – von der Fo- durch den Edison-Sockel E27, der wahrscheinlich toindustrie bis zum Zeitungswesen – blick- erfolgreichsten Idee des amerikanischen Erfin- „Die Glüh- ten mit Neid auf das Geschäft mit der Beleuch- dergenies Thomas Alva Edison. Ein Standardge- lampe war tung, das von großen Umbrüchen lange verschont winde mit elektrischem Anschluss, so war der blieb. Globalisierung, Digitalisierung, na und? Austausch der relativ kurzlebigen Leuchtmittel schon lange Die Glühlampe mit Wolframwedel, erfunden be- jederzeit möglich. dem Unter- reits Anfang des 20. Jahrhunderts, dominierte Aufmerksame Beobachter hätten aber schon in gang ge- Artwork: Frank Weidenfelder, ROSE PISTOLA den Privatkundenmarkt, in Büros und Fabrikhal- der geordneten Lichtwelt Ende des letzten Jahr- len ergänzt durch Gasentladungslampen, im hunderts auf die Idee kommen können, dass sich weiht.“ Volksmund Neonröhren genannt. Geprägt war ein gewaltiger technologischer Umbruch ab- der Lampenmarkt von wenigen großen Konzer- zeichnet. Bereits 1962 hatte der Physiker Nick Nick Holonyak, Erfinder der nen europäischer oder amerikanischer Proveni- Holonyak – ironischerweise ausgerechnet bei der ersten roten LED enz: Osram, Philips, General Electric. Ihnen stand von Edison gegründeten Firma General Electric eine mittelständisch geprägte und regional agie- – die erste kommerzielle LED entwickelt. Sie rende Leuchtenindustrie gegenüber, die das Licht konnte nur rotes Licht emittieren und kostete formschön verpackte – mit hoher Design- und 260 US-Dollar, aber ein Anfang war gemacht. Applikations-, aber überwiegend niedriger Tech- Schon in den achtziger Jahren fanden sich erste AMPERE 1.2014 AMPERE 1.2014
14 DAS THEMA 15 Großserienanwendungen für das auf Halbleiter- Die hohe Energieeffizienz der LEDs ist für profes- basis erzeugte Licht – immer dort, wo es darauf sionelle Anwender ein unschlagbares Argument. ankam, besonders sorgsam mit elektrischer Ener- Aber auch für die Politik, denn rund 20 Prozent gie umzugehen, und wo es nicht auf allzu große der weltweiten Stromerzeugung gehen in die Helligkeit ankam, bei der Instrumentenbeleuch- elektrische Beleuchtung. So rechnete das Depart- tung im Auto beispielsweise. Siemens war tech- ment of Energy aus, dass die Vereinigten Staaten nisch etwa gleichauf und entwickelte neue Pro- allein durch die Umstellung auf LED-Licht in den duktionsverfahren, die die Preise rasch purzeln nächsten 20 Jahren rund 250 Milliarden Dollar ließen – und schuf damit die Basis für das LED- Energiekosten sparen könnten. Während jenseits Geschäft der ehemaligen Tochter Osram. des Atlantiks dennoch 100-Watt-Glühlampen den Wellenlänge Um das Halbleiterlicht für die Privatkundenmarkt dominieren, ist der Verkauf Allgemeinbeleuchtung einzu- von Glühlampen ohne Halogen in Europa seit setzen, fehlte jedoch eine 2012 verboten. Nahezu gleichzeitig erschienen in LED, die weißes Licht ab- den Baumärkten die ersten LED-Lampen für we- Alle sechs bis strahlen konnte. Kein einfa- ches Unterfangen, denn je niger als zehn Euro. acht Monate nach verwendeten Halbleiter- materialien liefert eine LED Schon bald mehr als 50 Prozent Marktanteil entsteht eine immer Licht in einer be- stimmten Farbe – weißes Die Unternehmensberatung McKinsey schätzt, dass schon 2016 die LED einen Anteil von 45 neue LED- Licht entsteht jedoch, indem man verschiedene Lichtfar- Prozent und 2020 sogar von 70 Prozent am welt- weiten Beleuchtungsmarkt hat. Gleichzeitig Generation ben mischt. Der schließlich gefundene Ausweg besteht wächst der Markt, vor allem mit steigendem Wohlstand in Asien und Schwellenländern über- darin, blaues Licht zu erzeu- all auf der Welt. Auf 83 Milliarden Euro steigt der gen und in einer gelben Be- Markt für Allgemeinbeleuchtung, so die Berater. schichtung in weißes Licht zu Hinzu kommen attraktive Nischen, etwa der konvertieren. Die erste kom- Markt für Automobilbeleuchtung. Obwohl der „Dennoch können wir im internationalen Wett- Während dynamisches Licht in Büros und Schu- merziell nutzbare „weiße“ unter hohem Preisdruck steht, soll er 2020 eine bewerb nur bestehen“, warnt Dr. Jürgen Waldorf, len die Konzentration fördern und in Kranken- LED wurde 1996 von einer kleinen japanischen Fir- Größe von 18 Milliarden Euro haben. „wenn wir die Möglichkeiten des neuen digitalen häusern sogar den Genesungsprozess unterstüt- „Es geht ma namens Nichia entwickelt – heute Weltmarkt- Wird es der europäischen Industrie gelingen, von Lichts voll nutzen.“ Der Physiker ist Geschäftsfüh- zen kann, ist es im privaten Bereich zunächst vor führer mit rund drei Milliarden Euro Umsatz. Die diesem Kuchen einen entscheidenden Anteil zu rer des Fachverbandes Licht im ZVEI. „Es geht allem der Spieltrieb, der die Technik voranbringen nicht darum, europäischen Anbieter fanden allerdings rasch behalten? Oder muss sie sich asiatischer Billig- nicht nur darum, es irgendwie hell zu machen.“ kann. Sichtbar wurde dies für die breite Öffent- es irgend- Wege, ebenfalls weiße LEDs herzustellen (Osram) konkurrenz ebenso geschlagen geben wie bei Tatsächlich bietet die LED neue, in der Geschichte lichkeit, als Philips Ende 2012 gemeinsam mit oder sich über Partnerschaften den Zugang zu Speicherchips und Solarzellen? Die Märkte seien des technischen Lichts ungekannte Möglichkeiten. Apple das Hue-System auf den Markt brachte. Es wie hell zu Technologien zu sichern (Philips). nicht zu vergleichen, argumentiert Osram-Chef Beispielsweise kann man durch die Kombination ermöglicht Kunden, die Lichtfarbe in den eigenen machen.“ Von da an war nichts mehr wie zuvor. Die Inno- Wolfgang Dehen (Interview ab Seite 18): Die Ein- von weißen und farbigen LEDs die Lichtfarbe über vier Wänden über das Smart Phone oder ein Tab- vationsgeschwindigkeit nahm raketenhaftes heits-LED gäbe es nicht, Kostensenkung nur den Tag hinweg gezielt steuern und so dem natür- let selbst zu steuern. Binnen weniger Tage war die Dr. Jürgen Waldorf, ZVEI Tempo an, analog zu anderen Halbleiterbran- über Skaleneffekte sei nicht möglich. Tatsächlich lichen Rhythmus des Tages anpassen. Versuche in zunächst als Versuchsballon gedachte Anlage aus- chen erscheint alle sechs bis acht Monate eine unterscheiden sich LEDs nicht nur der Farbe Pflegeeinrichtungen haben gezeigt, dass Patienten verkauft, es dauert Monate, bis die Lieferfähigkeit neue LED-Generation am Markt. Die Währung nach – bis hin zu unsichtbarem Infrarot-Licht, nachts besser schlafen, wenn sie tagsüber solch dy- wiederhergestellt war. des Fortschritts ist nicht Rechenleistung, son- das etwa für Automobilsensoren genutzt wird. namischem Licht ausgesetzt sind. „Dennoch müs- Die LED wirbelt das eingespielte Miteinander in dern Lumen pro Watt, also die Lichtausbeute, die Die Wafer, auf denen LEDs gefertigt werden, sen wir solche Effekte noch besser erforschen“, der Branche durcheinander, früher eindeutig ab- mit einer bestimmten Menge elektrischer Ener- sind daher mit einem Durchmesser von zwei bis fordert Waldorf. Daher unterstützt der ZVEI eine grenzbare Geschäftsmodelle von Leuchten- und gie erreicht wird. 100 Lumen pro Watt sind mitt- vier Zoll auch deutlich kleiner als die 16 Zoll gro- Stiftungsprofessur an der Technischen Universität Lampenherstellern vermischen sich. Im Grunde lerweile Standard, zehnmal mehr als bei einer ßen Siliziumscheiben, auf denen Computerchips München, die sich der Lichtwirkungsforschung sind die technischen Eigenschaften der LED dafür klassischen Glühlampe. produziert werden. verschrieben hat (Report ab Seite 32). verantwortlich. Denn zum einen halten LEDs AMPERE 1.2014 AMPERE 1.2014
16 DAS THEMA Die Elektroindustrie sehr lange, 20.000 Stunden sind das mindeste, bei Zembrot, der die Technologieentwicklung des Straßenbeleuchtung werden bis zu 50.000 Stun- größten deutschen Leuchtenherstellers Trilux lei- den angesetzt. Damit übertrifft die LED in vielen tet (Interview ab Seite 38). Fällen die Gebrauchsdauer der Leuchte – im Licht wird mitnichten nur zur Beleuchtung einge- Wohnzimmer ist die kaum mehr als setzt. In vielen industriellen Prozessen ist bei- 1.000 Stunden im Jahr eingeschaltet. spielsweise Laserlicht unverzichtbar geworden, Zum anderen ist die LED eine win- um etwa Bleche schnell und exakt zu trennen, die zig kleine, punktförmige Lichtquel- winzigen Löcher für Einspritzdüsen moderner Deutschland le, deren Lichtabstrahlung durch eine entsprechende Optik genau Motoren zu fertigen oder schlicht und einfach geometrische Abmessungen auf den millionsten produziert zielgerichtet werden kann. Sprich: Für die Gestaltung der Leuchte Millimeter zu erfassen. So ging die renommiertes- te Auszeichnung für industrielle Forschung – der Photonik- braucht es neue technische Kompe- tenzen. Und so treten plötzlich die Zukunftspreis des Bundespräsidenten – an ein Entwicklerteam, das die Firmen Bosch und produkte für traditionellen Lampenhersteller auch als Leuchtenanbieter auf sowie Trumpf mit der Universität Jena gebildet hatten. Gemeinsam haben sie ein Verfahren entwickelt, 27 Milliarden Leuchtenhersteller, die ihre Wert- schöpfungskette erweitern und für mit dem ultrakurze, besonders energiereiche La- serimpulse in der Praxis genutzt werden können. Euro ihre Leuchten passende eigene Lichtmodule fertigen. Die neue Moderne erdumspannende Kommunikations- netzwerke reichen Informationen in Lichtge- Branchenstruktur führt dazu, dass schwindigkeit weiter. Und vielleicht rechnen die sich früher getrennt agierende Fach- schnellsten Computer der Welt sogar bald mit verbände zusammengeschlossen ha- Photonen und nicht mehr mit Elektronen. ben – im ZVEI, aber auch auf europäischer Ebene, In vielen dieser Lichtanwendungen sind deutsche wo „Lighting Europe“ die Interessen bündelt. Weltmarktführer. In einem vom ZVEI mitheraus- gegebenen Branchenreport wird deutlich, dass die Hoffnungsträger OLED Photonik-Branche stark wächst: Zwischen 2005 Nochmals verstärken dürfte sich der Wandel in und 2011 stieg die Inlandsproduktion von 17 auf der Lichtbranche, wenn sich organische Leuchtdi- 27 Milliarden Euro, die Zahl der Arbeitsplätze um oden auf dem Markt durchsetzen. Dabei handelt 30.000 auf 134.000. Damit dies so bleibt, hat das es sich um leuchtende Kunststofffolien, die über Bundesforschungsministerium 2012 das neue relativ große Flächen ein gleichmäßiges Licht ab- Förderprogramm „Photonik Forschung Deutsch- strahlen. Ihr Vorteil: Sie sind hauchdünn. Die ers- land – Licht mit Zukunft“ gestartet. 100 Millionen ten Einsätze erfolgten deshalb in Displays von Euro vergibt das Ministerium über den Projektträ- Mobiltelefonen. Der nächste Schritt sind ultrafla- ger, das VDI Technologiezentrum, jedes Jahr. che OLED-Fernseher, von denen die ersten Mo- Auch in Europa – wo deutsche Photonik 40 Pro- delle nun am Markt sind. Auf vom Bundesfor- zent Marktanteil hat – ist die Bedeutung als schungsministerium geförderten Pilotanlagen Schlüsseltechnologie für das 21. Jahrhundert er- produzieren Philips in Aachen und Osram in Re- kannt. Im EU-Forschungsrahmenprogramm „Ho- gensburg derzeit die ersten OLEDs für die Allge- rizons 2020“ stellt Photonik gemeinsam mit Mik- meinbeleuchtung. Derzeit noch prohibitive Kos- ro- und Nanotechnologie einen der fünf Schwer- ten, eine größere OLED-Leuchte hätte den Preis punkte dar. eines Mittelklassefahrzeugs. „Man sollte die Ent- Rückenwind für eine Branche, die sich einem wicklungsgeschwindigkeit aber auch hier nicht technologischen Wandel unterzieht, der durchaus unterschätzen“, so Waldorf. Schon 2020 könnte mit der Telekommunikation vergleichbar ist. Ob ein Kostenniveau erreicht sein, das neue Anwen- eines Tages wieder märchenhafte Zeiten anbre- dungen ermöglicht. Bald darauf könnten Fenster chen, ist ungewiss. Sicher aber gilt die alte Weis- und Tischplatten aus dem inneren Licht abgeben heit: Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben – ganz ohne klassische Leuchte. „Allerdings wer- sie noch heute. Wie es scheint, vitaler denn je. den wir keine Substitution, sondern eine Ergän- Artwork: Fotomontage langzeitbelichteter LED-Lichtquellen zung klassischer Leuchten sehen“, sagt Dietmar (Hundehalsband & Lichterkette) AMPERE 1.2014
18 CHEFSACHE 19 Die Transformation der Lichtbranche ist in vollem Asiatische Konkurrenz macht Wolfgang Dehen, dem Vorstandsvorsitzenden Gang. Wolfgang Dehen mahnt Konsequenzen an. von Osram, keine Angst. Denn das digitale Licht aus LEDs ist kein rein kostengetriebenes Geschäft, europäische Anbieter können über Technologie- führerschaft Wettbewerbsvorteile erlangen. Text: Johannes Winterhagen | Fotografie: Matthias Haslauer „Ich liebe das LED-Geschäft“ I m Foyer des neuen Hochhauses in sind wir 2013 in die Gewinnzone zu- haben im LED-Geschäft zweistellige München fällt Besuchern vor allem rückgekehrt. Übrigens gibt es Bereiche, Wachstumsraten und zweistellige Er- eines auf: ein großer Flachbildschirm, das Autogeschäft etwa, in denen wir gebnismargen. Ich liebe dieses Geschäft! auf dem der Börsenkurs der Osram auch mit traditionellen Technologien Licht AG in Echtzeit angezeigt wird. weiterhin wachsen. Gibt es so etwas wie Plattform- Vor einem halben Jahr hat Wolfgang strategien? Dehen die ehemalige Siemens-Tochter Aber kann Osram im LED-Geschäft Plattformstrategien sind eine gute Me- an die Börse geführt, mittlerweile wird gegen die starke asiatische Konkur- thode für das Geschäft mit Endproduk- das Unternehmen im MDAX gelistet. renz bestehen? ten. Denn im Unterschied zu einer Als wir uns Mitte Dezember zum Ge- Wichtig ist zu verstehen, dass es die klassischen Glühlampe hat die LED ein spräch treffen, steht der Kurs bei mehr eine LED nicht gibt. Wir haben in un- Verfallsdatum. Eine LED ist nach sechs als 40 Euro, mehr als 70 Prozent über serem Bereich Osram Opto Semicon- bis neun Monaten schon alt, weil dann der Erstnotiz. ductors unglaublich viele Technologi- der nächste Technologieschritt ansteht. en, mit denen wir sehr verschiedene Eine Kontinente übergreifende Logis- Das hohe Kursniveau lässt darauf Kundenanforderungen abdecken. Da- tikkette ist da kein Vorteil, da der schließen, dass Ihre Aktionäre hohes bei geht es um weit mehr als das sicht- Transport der einzelnen Komponente Wachstum erwarten. Ist das zu bare Licht. So sind wir im Infrarotbe- viel Zeit kostet. Die Montage der Lam- erfüllen? reich sehr stark. Auch das unterschei- pe in räumlicher Nähe der LED-Pro- Natürlich muss jeder Aktionär für sich det unser Geschäft gravierend von der duktion kann lokale Kostennachteile entscheiden, was er erwartet. Die Posi- Produktion von Computerchips oder überkompensieren. Deswegen ist es so tion von Osram ist jedenfalls nicht Solarzellen. Dementsprechend kann wichtig, eine klare Modulstrategie zu schlecht: Weltweit sind wir die Num- ein Wettbewerber nicht einfach da- verfolgen, bei der die lichtgebende Ein- mer zwei im Lichtgeschäft, technolo- durch bestehen, dass er eine 24/7-Fab- heit ausgetauscht werden kann und der gisch führend. Den Wandel zur LED- rik mit einem einzigen Produkt mög- Rest unverändert bleibt. Beleuchtung treiben wir massiv voran. lichst billig betreibt. Trotz großer Restrukturierungen, die Osram ist eines der wenigen Unter- wir für diesen Wandel in den letzten Wie managen Sie diese Komplexität? nehmen, das fast die gesamte Wert- beiden Jahren vornehmen mussten, Die einfache Antwort lautet: Gut! Wir schöpfungskette von der LED über AMPERE 1.2014 AMPERE 1.2014
20 CHEFSACHE 21 die Lampe bis hin zu Komplettlösun- jekte gefragt. In der Welt wird viel ge- her in vielen Anwendungen noch nicht STECKBRIEF gen anbietet. Ist das die Vorausset- baut, eine Krise ist nicht zu erkennen. zu schlagen. zung dafür, im Lichtmarkt der Die Bauherren versuchen sich nicht Name Zukunft bestehen zu können? nur über Form, sondern nachts vor al- Das heißt, das LED-Geschäft wird Wolfgang Dehen Eine eindeutige Antwort darauf gibt es lem über Lichtgestaltung zu differen- auch 2020 nicht alles dominieren? nicht. Die hängt nämlich von der Posi- zieren. Daneben hat das einen zweiten, Wir werden voraussichtlich ab 2017 Firma tionierung des einzelnen Unterneh- ganz rationalen Aspekt: Wenn Sie Au- mehr als 50 Prozent unseres Geschäfts Osram Licht AG mens ab. Durch die LED-Technik ver- ßenbeleuchtung machen, sind Sie ganz mit halbleiterbasierten Produkten ma- Position ändert sich die Wertschöpfungskette, am Anfang im Gespräch und haben chen. Unser Anspruch ist es, dem Vorsitzender des Vorstandes die nunmehr aus viel mehr einzelnen später auch die Chance, die Allgemein- Markt weiterhin voranzulaufen. Stufen besteht. Das trägt unter ande- beleuchtung in den Innenräumen zu Geburtsdatum und -ort rem dazu bei, dass LED-Lösungen oft liefern, die vom Wert her ein Vielfaches Braucht man in der Zukunft eigent- 9. Februar 1954 in Solingen zu teuer sind, weil in jeder Stufe ein an- der Außenbeleuchtung ausmacht. Auch lich noch Leuchten? Oder werden die Erste Ausbildung derer Anbieter etwas verdienen will. hier spielt im professionellen Bereich LEDs in Baustoffe und andere Diplom-Kaufmann Dadurch hat ein Unternehmen, das alle konzentrationsförderndes, dynami- Materialien integriert? (Universität Siegen) Wertschöpfungsstufen beherrscht – sches Licht, das beispielsweise die Farb- Das „Entweder-oder“ ist meines Erach- Lieblingselektrogerät ohne unbedingt alles selbst machen zu temperatur über den Tag verändert, tens verkehrt. „Sowohl-als-auch“ ist die Bohrmaschine und Rasenmäher müssen –, einen Wettbewerbsvorteil. eine immer wichtigere Rolle. Zukunft. Baumaterialien werden künf- – denn selbst ist der Mann tig immer öfter leuchten, OLEDs wird Im Lösungsgeschäft verdient Osram Hier bietet die LED natürlich fantas- man sogar auf Glas aufdampfen kön- Häufig anzutreffen noch kein Geld. Was wollen Sie hier tische Möglichkeiten. Aber kaufen die nen. Werden wir deshalb Glasherstel- Seit dem Börsengang: auf tun? Kunden nicht weiterhin vor allem ler? Ich glaube nicht. Aber wir werden Roadshows für Analysten Grundsätzlich ist man mit dem Lö- Helligkeit? hier Komponentenlieferant sein. Trotz- sungsgeschäft einschließlich des Ser- Man muss auch hier unterteilen in pro- dem werden wir auch Leuchten anbie- vice näher am Kunden, und das ist in fessionelle Anwender und Endkunden. ten – wir haben ja deshalb Siteco ge- kauft. Auch dadurch sind wir näher am Kunden. Alles, was wir bislang diskutiert „Die LED-Technik verändert haben, klingt für mich nach großem spiel: Wenn früher ein Produkt vier Richtung. Wenn man später erkennt, Lebensdauer, Temperaturverträglich- Wandel in kurzer Zeit. Wie haben Sie Jahre entwickelt wurde und dann ein dass man das Ziel leicht korrigieren keit und Kosten betrifft. Aber ich bin die Wertschöpfungskette.“ – als Branchenaußenseiter vor drei halbes Jahr zu spät kam, war das objek- muss, dann tut man das eben – aber man überzeugt davon, dass diese Technolo- Jahren ins Unternehmen gekom- tiv nicht so schlimm. Heute entwickelt ist wenigstens schon mal am Laufen. gie es schaffen wird. Wir investieren men – diesen Wandel bewirkt? man drei bis neun Monate – und wenn seit 15 Jahren in OLEDs und haben seit Die wichtigste Aufgabe einer Unter- man dann nicht auf dem Markt ist, Wie sieht Ihre Vision vom Licht der 2011 auch die erste Pilotfertigung in dieser Branche immer gut. Ich bin fest Privatpersonen wollen ein ordentliches nehmensführung besteht darin, die ei- kann man nicht das Preispremium er- Zukunft aus? Regensburg. davon überzeugt, dass das Lösungsge- Produkt zu einem ordentlichen Preis. genen Mitarbeiter von der Notwendig- zielen, welches das Produkt erst profi- Das digitale Licht der Zukunft vereint schäft überdurchschnittliches Wachs- Der Durchbruch wird kommen, wenn keit zum Wandel zu überzeugen. Dies tabel macht. Die Schnelligkeit des Emotion und Energieeffizienz. Es wer- Das wäre der nächste Technologie- tums- und Profitpotenzial hat. Was Os- der Preispunkt stimmt. Vor zwei Jahren umso mehr, wenn er so disruptiv ist Marktes verlangt zudem eine Unter- den Produktinnovationen entstehen, wandel. Wie soll eine mittelstän- ram betrifft, so haben wir hier hausge- haben wir noch darüber diskutiert, ob wie im Lichtgeschäft, wo er das gesam- nehmensstruktur, die produktlinien- die wir heute noch gar nicht absehen disch geprägte Industrie wie die machte Probleme, unter anderem in eine 10-Euro-Retrofit-Lampe in LED- te Geschäftsmodell von heute auf mor- orientiert ist und den Unternehmer- können, so wie wir vor 15 Jahren noch Lichtbranche den verkraften? den USA. Wenn man das zugibt, ist das Technik machbar ist – jetzt ist sie be- gen verändert. Das hat viel damit zu, geist im Unternehmen fördert. nicht erkannten, dass das autonom Der Konzentrationsprozess wird si- der erste Schritt zur Lösung der Proble- reits im Markt. Die Preise werden wei- dass man darüber spricht, wie schnell, fahrende Auto der Zukunft mit Infra- cher fortschreiten. Aber es entstehen me. Bis 2015 werden wir auch in die- ter fallen, wenn auch nicht mehr in wie umfassend der Wandel kommt. Neue Organisationsformen, mehr rot- und Laserlicht, in vielen Fällen auch viele Chancen für Mittelständler. sem Bereich auf Kurs sein. dem Maß wie in der Vergangenheit. Dann muss man ein Ziel definieren und Schnelligkeit, geringere Kosten – Sie aus unserem Hause, die Umgebung Dazu ist es notwendig, dass die sich in Und auch hier wird mehr Intelligenz den Menschen eine Methodik an die dürften sich nicht sehr beliebt abtastet. Partnerschaften begeben, auch über Was soll den Kern des Lösungs- Einzug halten. Hand geben – das haben wir mit unse- gemacht haben. Wertschöpfungsstufen hinaus. So lie- geschäfts bilden? rem Programm „OSRAM Push“ getan. Meine Erfahrung mit Wandel: Für den Welche Rolle spielen dabei organische fern wir zum Beispiel unserer eigenen Der Kern eines gesunden Projektge- Aber auch für professionelle Anwen- Schritt in eine neue, ganz andere Welt Leuchtdioden (OLEDs)? Tochter Siteco die gleichen Light Engi- schäfts ist immer ein profitables Pro- dungen gilt, dass die technischen Das klingt nach einem klassischen müssen sie werben und überzeugen, OLEDs werden kommen, auch in der nes wie allen Wettbewerbern. Auf die- duktgeschäft. Sie bieten Ihrem Kunden Möglichkeiten noch wenig genutzt Kosteneinspar- und Restrukturie- aber vor allem auch konsequent sein. Im Allgemeinbeleuchtung. Später viel- sem Weg kann sich auch ein mittel- dann über Services einen Mehrwert an. werden. rungsprogramm? Nachhinein haben viele diese Konse- leicht, als mancher glaubt, der sehr op- ständischer Leuchtenhersteller die Man muss auch mal sehen: Unsere Natürlich ist es wichtig, Kosten zu re- quenz sehr geschätzt. Denn in Zeiten timistisch an das Thema herangegan- neueste LED-Technik leisten, während Das heißt konkret? Leuchtstoffröhren, die wir ja auch wei- duzieren, wenn man in einem harten einer Transformation, in der sich die gen ist. Denn eine OLED muss die glei- wir von den Skaleneffekten profitie- Künftig ist vor allem dynamisches, zu terhin produzieren, sind bereits sehr Wettbewerb steht. Aber der Kulturteil Branche noch immer befindet, muss chen Qualitätskriterien erfüllen wie ren. Mal Wettbewerber, mal Partner, steuerndes Licht für Architekturpro- energieeffizient und von den Kosten bei Push ist sehr umfassend. Ein Bei- man irgendwann sagen: Wir gehen diese eine „normale“ LED, zum Beispiel was das geht! AMPERE 1.2014 AMPERE 1.2014
22 FORSCHUNG 23 Noch zucken die meisten Menschen fragend mit den Schultern, wenn sie das Wort „Photonik“ hören. Aber das ändert sich langsam, denn der Einfluss der Disziplin auf Wissenschaft, Wirtschaft und das tägliche Leben wächst. Drei Beispiele aus der Forschung zeigen, wohin die Reise geht. Stickstoff ersetzt in Text: Peter Gaide Leuchtstoff- Molekülen atomaren Sauerstoff. Nitridleuchtstoffe erlauben LEDs in maßgeschnei- derten Farben. Photo-was? Wer nicht suchet, der findet hinweg weiterentwickelt und letztlich Wissenschaftler machen häufig gerade in die Massenfertigung überführt. Eine dann eine bahnbrechende Entdeckung, 60-Watt-Glühbirnen-Ersatzlampe auf wenn sie gar nicht danach suchen. So LED-Basis, die den neuen Leuchtstoff erging es Professor Wolfgang Schnick der Münchener Forscher enthält, ver- und seinem Team. Die Festkörperche- braucht heute nur zwölf Watt Energie – miker von der Ludwig-Maximilians- bei gleicher Lichtqualität. Zudem kön- Universität in München stießen im Jahr nen LEDs, wie andere elektronische 1997 auf eine Klasse von Substanzen, Geräte auch, relativ einfach wiederver- die es ermöglichen, vielseitig einsetzba- wertet werden. W res Licht aus Leuchtdioden (LED) zu „Dank ihrer hervorragenden Beleuch- ie lässt sich Licht erzeugen, Unternehmen, die optische Technologi- hiesige Branche ihre Aufwendungen für gewinnen. tungsqualität können sie erstmals klas- kontrollieren, messen und en und Produkte entwickeln und produ- Forschung und Entwicklung im Zeit- Die Forscher ersetzten die Sauerstoff- sische Glühlampen voll ersetzen“, sagt nutzen? Welche neuen op- zieren, sind auf Wachstumskurs. Der raum von 2010 bis 2020 verdoppeln. Par- atome in natürlich vorkommenden Sili- Wolfgang Schnick. Die Nitridleucht- „Mit unseren Leucht- tischen Verfahren und globale Photonik-Markt betrug im Jahr allel dazu rief das Bundesministerium für katen durch Stickstoff, wodurch Nitri- stoffe werden ferner genutzt, um das Technologien lassen sich mit diesem 2011 rund 350 Milliarden Euro. 2020 Bildung und Forschung (BMBF) ein bis dosilikate entstanden. Sie lassen sich Licht blauer LEDs komplett in eine ein- stoffen halten Wissen entwickeln? Solche Fragen stellt könnten es bereits 615 Milliarden Euro 2016 laufendes Förderprogramm ins Le- durch den Einbau von Fremdatomen zige Farbe umzuwandeln. Damit erhält wir den Rekord in Fotos: Deutscher Zukunftspreis sich die junge Disziplin Photonik, die sein, prognostiziert der „Photonik-Bran- ben: Insgesamt 450 Millionen Euro flie- gezielt für den Einsatz in Leuchtdioden man zum Beispiel LEDs für Ampeln Lehre („-ik“) vom Lichtteilchen („Pho- chenreport 2013“. Und deutsche Photo- ßen in die anwendungsnahe Photonik- maßschneidern. So können LEDs wei- und Blinker von Autos. „Mit unseren Effizienz.“ ton“). Kaum ein Bereich des modernen nik-Firmen haben gute Karten. Ihr An- Forschung. ßes Licht in einer ausgewogenen Mixtur Leuchtstoffen halten wir seit einigen Prof. Wolfgang Schnick, Lebens kommt ohne sie aus: Produkti- teil auf dem Weltmarkt beträgt durch- Aber was steckt hinter den Zahlen und der spektralen Grundfarben erzeugen. Jahren den Rekord an Effizienz bei gelb- Ludwig-Maximilians-Universität München onstechnik, Beleuchtung, Medizin, Ma- schnittlich acht Prozent, der Wert dürfte Erwartungen? Um welche Entwicklun- In der industriellen Forschung von Phi- orangen wie auch gelb-grünen LED- schinenbau, Umwelttechnik, Informa- in den kommenden Jahren steigen. gen geht es konkret? Drei Beispiele aus lips Lumileds wurden die Materialien Lichtquellen“, sagt der Chemieprofes- tions- und Kommunikationstechnologie. Damit es tatsächlich so kommt, will die der anwendungsnahen Forschung. und die Technologie über zehn Jahre sor nicht ohne Stolz. AMPERE 1.2014 AMPERE 1.2014
24 FORSCHUNG 25 Im Labor funktionieren Motoren optische verbrauchen Router bereits. Noch sind durch Präzi- Noch sind die Router sionslaser die Router die Eng- weniger die Eng- stellen im Kraftstoff. stellen im weltweiten weltweiten Netz, das Netz, das soll sich soll sich ändern ändern. Ein Hochleistungs-Scheibenlaser erzeugt ultrakurze Impulse. Manche Neue Knoten braucht das Land wieder ein und erst dann können die Werkstoffe Eugen Lach ist ziemlich beschäftigt, Züge weiterfahren. lassen sich denn bei „SASER“ gibt es viel zu organi- „Mit Hilfe einer verteilten Netzkno- nur mit sieren. In dem Celtic-Plus-Projekt ar- tenarchitektur, einer intelligenten Laser in die richtige beiten über 60 Partner aus Industrie Knoten- und Netzsteuerung unter Form und Wissenschaft aus fünf europäi- Ausnutzung der Stärken optischer Ver- bringen. schen Ländern zusammen. Lach ist ge- fahren sowie einer flexiblen optischen Produzieren mit Explosionen lernter Physiker, Mitarbeiter von Alca- Übertragungstechnik soll die notwen- Photonik ist nicht selten Teamwork. tel-Lucent Deutschland und einer von dige Flexibilität und Sicherheit künfti- Die Arbeit von Jens König (Bosch), drei Menschen, die das 80 Millionen ger Router erreicht werden“, sagt Lach. Dirk Sutter (Trumpf) und Stefan Nolte Euro schwere Forschungsvorhaben ko- So sollen zum Beispiel neue offene (Friedrich-Schiller Universität Jena) ist ordinieren. Schnittstellen und Technologien wie dafür ein gutes Beispiel. Die drei ent- „SASER“ bedeutet „Safe and Secure Eu- die Netzvirtualisierung dazu beitra- wickelten extrem energiereiche Laser, für Benzinmotoren ein, die aufgrund ropean Routing“. Router, das sind die gen, eine höhere Zuverlässigkeit zu er- die das Licht in Form sehr kurzer Pulse der hohen Präzision effizienter mit dem Knotenpunkte der Glasfasernetze und reichen, um auch künftig größere Da- aussenden, die nur billionstel Sekun- Kraftstoff umgehen als früher. Wir ma- damit des Internets. Hier werden Da- tenströme zuverlässig bewältigen zu den dauern: so genannte Ultrakurz- chen damit Motoren möglich, die sehr ten sortiert, strukturiert und weiterge- können. pulslaser. Damit lassen sich in der in- kleine Hubräume haben und trotzdem leitet, ähnlich wie das im Zugverkehr Mit den verwendeten optischen Tech- dustriellen Fertigung winzige und zu- sehr niedrige Abgaswerte erreichen.“ an Bahnhöfen beim Umsteigen ge- nologien wären Übertragungsraten gleich äußerst exakte Strukturen Dirk Sutter nennt andere Anwen- Fotos links: Alcatel-Lucent / iStock. Fotos rechts: Deutscher Zukunftspreis schieht. Router arbeiten gegenwärtig möglich, die um ein Vielfaches über herstellen. dungsbeispiele: „Bei Smart Phones sol- schon oft an ihrer Kapazitätsgrenze. den heute üblichen liegen – anstatt Das Material, das von einem solchen len die Gläser sehr hart sein, damit sie „SASER“ will die IT-Knotenpunkte und zehn und 100 Gigabit pro Sekunde Laserpuls getroffen wird, explodiert nicht verkratzen oder brechen, wenn „Glasfasernetze die optischen Netze besser machen. bald 400 Gigabit bis ein Terabit pro Se- förmlich. Es wird sauber und präzise sie auf den Boden fallen. Sind die Glä- „Die Glasfasernetze sind heute in ihrer kunde. Energie würde man mit ihnen aufgelöst. Somit entstehen keine stö- ser einmal gehärtet, können sie fast nur sind heute Leistungsfähigkeit begrenzt, weil das auch sparen, weil weniger Strom ver- renden Grate, Senken oder Wölbungen, noch mit diesen neuen Ultrakurz- „Mit dem Laser begrenzt, weil Licht Licht, das die Daten transportiert, in brauchende elektronische Schaltungen die anschließend aufwändig abgetragen pulslasern bearbeitet werden.“ machen wir Motoren den Routern in elektrische Signale zum Einsatz kommen. Zudem könnten oder ausgebessert werden müssen. Das Zudem lassen sich mit den neuen La- in elektrische Signale umgewandelt wird. Dann werden sie neue optische Verschlüsselungstech- spart Zeit, Energie und Geld. Für so viel sern koronare Stents, also Gefäßstüt- mit sehr niedrigen umgewandelt wird.“ analysiert, neu zusammengepackt und nologien die klassische Kryptographie Innovation gewannen die drei Forscher zen für Herzinfarktpatienten, exakt Emissionen möglich.“ wieder in Lichtsignale verwandelt“, er- ergänzen, was die Sicherheit der Netze den mit 250.000 Euro dotierten Deut- und nachbearbeitungsfrei fertigen. Eugen Lach, Alcatel-Lucent klärt Eugen Lach. Das ist aufwändig, steigert. Bei all dem komme man gut schen Zukunftspreis 2013. „Auch aus neuen Materialien wie biore- Jens König, Dirk Sutter & Stefan Nolte, kostet Energie und verursacht Verzö- voran, sagt Eugen Lach. In diesem „Wir haben es geschafft, einen neuarti- sorbierbaren Polymeren, die sich an- Träger des Deutschen gerungen. Übersetzt in die Analogie Sommer werden er und seine Kollegen gen Lasertypus in die Serie einzufüh- ders gar nicht bearbeiten ließen“, sagt Zukunftspreises 2013 des Bahnhofes bedeutet das: jeder Zug ein erstes Zwischenfazit veröffentli- ren“, erläutert Jens König. „Bei Bosch Dirk Sutter. Weitere Anwendungen hält an, alle Fahrgäste steigen aus, chen. Letztlich läuft „SASER“ noch bis setzen wir die Technologie zurzeit für sind bereits realisiert oder stehen vor manche steigen um, andere steigen Mitte 2015. die Fertigung neuer Einspritzsysteme der industriellen Umsetzung. AMPERE 1.2014 AMPERE 1.2014
26 PRA XIS 27 Schon bald soll Autofahren bei Dunkelheit genauso sicher sein wie am Tag. Moderne LED-Scheinwerfer passen sich individuell an den Fahrer an und erkennen Wege und Hindernisse. Text: Marc-Stefan Andres Mein Auto, mein Licht E s ist dunkel, Regen prasselt vom Himmel. die Straße, der ihn sicher und stressfrei in sein Norbert Schmitzen muss noch drei Kilo- Wohnviertel führt. meter über die Landstraße. Ein Kreisver- Die fiktive Szene zeigt, wo es mit dem Autolicht kehr taucht vor dem 77-Jährigen auf – mit der Zukunft hingehen kann: zu einer individuell LEDs und OLEDs geben Auto- mehreren Autos, einem durchnässten Radfahrer auf den Fahrer angepassten Lösung, die für mehr designern neue Freiheiten. und einer engen Ausfahrtkurve. Schmitzen bleibt Sicherheit im Straßenverkehr sorgen wird. Wie gelassen. Sein Mittelklassefahrzeug leuchtet sei- nötig das ist, belegen Zahlen, die die Verkehrsun- nen Weg zentimetergenau aus, warnt mit einer fallforscher der Universitäten Dresden und Han- akustischen Anzeige vor dem Radfahrer, kommu- nover herausgefunden haben: Nur ein Fünftel al- niziert mit den anderen Pkw, die genau zum rich- ler Fahrten findet bei Dunkelheit statt – aber jeder tigen Zeitpunkt ihre Scheinwerfer so ausrichten, dritte Verkehrstote ist genau dann zu beklagen. dass niemand geblendet wird. Das System samt Die Hälfte aller Unfälle könnte durch bessere Lichtstärke, -verteilung und -spektrum ist zudem Lichttechnik vermieden werden. Seitdem Auto- Foto: Audi auf Schmitzens eigene Sehleistung optimiert – hersteller vor rund 20 Jahren zum ersten Mal rote und projiziert schließlich einen kleinen Pfeil auf Licht emittierende Dioden in Heckleuchten AMPERE 1.2014 AMPERE 1.2014
28 PRA XIS 29 HANNOVER MESSE 2014 einsetzten, haben sie in vielerlei Hinsicht ihre Durch das ausgeklügelte System leuchten die Erfolgsfaktor Innovation Möglichkeiten potenziert. Im Jahr 2004 führte LEDs nur die Fahrbahnbereiche aus, die tatsäch- Audi als erster Hersteller weltweit die lichtstarken lich dunkel sind. Entgegenkommende Autos wer- weißen LEDs als Tagfahrlicht im Audi A8 W12 den nicht geblendet. Ebenso strahlen die Leuch- ein. Stephan Berlitz war von Anfang an dabei. „Die ten innerhalb von Millisekunden direkt wieder in Geschwindigkeit der Entwicklung ist riesig“, sagt voller Stärke, wenn der Gegenverkehr vorbeige- der Leiter Entwicklung Lichtfunktionen und In- fahren ist. Eine weitere Funktion: das so genannte novationen bei Audi. „Heute können unsere Kun- Markierungslicht, das mit dem Nachtsichtassis- den schon ab der Modellreihe A3 Voll-LED- tenten zusammenarbeitet. Wenn Menschen vor ■ Globaler Marktüberblick Scheinwerfer ordern. dem Fahrzeug auftauchen, werden sie blitzschnell Ich schätze, dass wir von einzelnen LEDs angeblinkt. ■ Technologische Innovationen in fünf bis zehn Jah- An ähnlichen Prinzipien arbeiten alle Premium- ■ Wissenstransfer und Zukunftstrends ren die LEDs zumin- hersteller und die einschlägigen Zulieferer. Hella dest beim Abblend- zum Beispiel verwendet ebenfalls seit Anfang der licht auch in der 90er-Jahre LEDs. Auch an den ersten Voll-LED- Breite auf dem Markt sehen werden.“ Scheinwerfern war das Unternehmen aus Lipp- stadt beteiligt. 7.– 11. April 2014 Argumente für die LED gibt es viele: Die Der Hella-Forschungsleiter für den Bereich Licht arbeitet mit allen großen Herstellern zusammen. Hannover ▪ Germany Kombination aus „Das Thema Licht hat stark an Bedeutung gewon- Blenden war gestern: Das Auto der Zukunft erkennt Lichtleistung, Ener- gieeffizienz, Haltbar- nen, weil es zum einen für Sicherheit steht und zum anderen den Autos ein unverwechselbares Ge- hannovermesse.de Gegenverkehr von alleine. keit und Designmög- sicht gibt. Das können wir gemeinsam mit den lichkeiten ist momentan unschlagbar. Die OEMs (Original Equipment Manufacturer) mit Lichtausbeute der LED etwa ist mit 100 Lumen LEDs natürlich deutlich besser umsetzen“, sagt pro Watt im Vergleich zu Xenon-Lampen mit 80 Kleinkes. Ganz weit nach vorne denkt der Entwick- und Halogenlampen mit 25 Lumen deutlich bes- lungschef in Forschungsprojekten. Gemeinsam mit ser, sagt Berlitz. Rund 400.000 Tonnen CO2 könn- Lichtquellen- und Halbleiterherstellern, For- ten zudem jährlich gespart werden, wenn alle in schungseinrichtungen sowie Fahrzeugherstellern Europa hergestellten Fahrzeuge mit LED-Tagfahr- arbeitet Hella an LEDs, die mehrere Tausend licht ausgerüstet wären, heißt es beim Zulieferer schaltbare Bereiche haben. „Die Chipgrößen wer- Automotive Lighting. Und die Lebensdauer ist den immer kleiner und gleichzeitig können wir ebenfalls hoch: „Die LED-Lampe ist kein Ver- jede LED wie bei einem Beamer einzeln ansteuern. schleißteil mehr, sondern hält mit mehr als 10.000 So potenzieren wir unsere Möglichkeiten, indivi- Stunden Nutzungszeit theoretisch länger als ein dueller mit dem Licht umzugehen.“ Autoleben“, erklärt Stephan Berlitz. Entstehen könnte zum Beispiel ein volladaptiver Für die Kunden ist das interessant, aber entschei- Scheinwerfer, der auf viele unterschiedliche Situati- dender dürfte sein, dass die Hersteller mit Hilfe onen reagieren kann. Die Lichtstärke könnte sich der LEDs das Gesicht ihrer Modelle so frei wie nach der gefahrenen Geschwindigkeit richten oder noch nie gestalten. Hinzu kommen die funktio- eine breitere Lichtverteilung mehr Sicherheit im nalen Vorteile. Zu sehen ist das am blendfreien Stadtverkehr bieten. „Ähnlich wie bei der Memory- Fernlicht, das Ende 2013 im Audi A8 in besonde- Funktion bei den Sitzeinstellungen könnte der Fah- ren Ausstattungspaketen auf den Markt kam. rer seine Lichtpräferenzen auch vorab programmie- „Die Grundlage ist unser Matrix-LED-Schein- ren“, beschreibt Kleinkes eine weitere Vision. Die werfer: In ihm arbeiten 25 Hochleistungs-Dio- einen entscheidenden limitierenden Faktor hat: die den, die einzeln gesteuert werden“, sagt Stephan Gesetzgebung. „In deren Rahmen können wir das Berlitz. Ein von Audi entwickeltes Steuergerät Licht der Zukunft optimieren“, sagt Kleinkes, der in schaltet sie aus und ein sowie dimmt sie. nationalen und internationalen Gremien mit Her- „Wir sind mit dem Licht variabler geworden“, sagt stellern, Zulieferern und Ministerien an diesen Stephan Berlitz. „Statt ein Fernlicht in feste Sekto- Themen arbeitet. „Gleichzeitig können wir in der ren zu unterteilen, haben wir rund eine Milliarde Entwicklung mit guten Ideen Anstöße geben, um Foto: Hella verschiedene Lichtverteilungen zur Verfügung.“ das Autofahren durch intelligente Lichtlösungen Get new technology first Der Effekt ist für den Fahrer augenscheinlich. noch sicherer und energieeffizienter zu machen.“ AMPERE 1.2014 AMPERE 1.2014
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