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Nr 16 I Herbst 2018 I SSN 1 8 3 1 -5 7 1 2 I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 1 M A G A Z I N ĥĥ Lokale, grüne und Kreislaufwirtschaftssysteme ĥĥ Künftige Positionierung von CLLD in Fischwirtschaftsgebieten ĥĥ Große Geschichten beginnen mit einem kleinen Schritt ĥĥ Vom Teich auf den Teller ĥĥ Begleitung und Bewertung DE
I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 2 I Inhaltsverzeichnis Fotos (Seiten): Opole FLAG (4), Jean-Luc Janot (4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 22, 23, Opole (Polen): Vom Teich auf den Teller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 24, 25), Joanna Kogut (8), Jean-Pierre Vercruysse (11, 12, 13), Die Region Opole im Südwesten Polens ist ein Land der Aquakultur und ein Highland & Moray FLAG (15, 16), South Finland / Etelä-Suomi FLAG (15, 17), Oberallgäu LAG (15, 17), FARNET Support Unit Gebiet, in dem die FLAG einen wichtigen Beitrag zur lokalen Entwicklung leistet: (18), North Sardinia FLAG (19), European Commission (20, zugunsten von Fischzüchtern, Anglern, Gastronomen, Tourismus- und Kulturak- 29, 30, 31, 32, 33, 34), FEMER (18), Central Finland FLAG (19), Marennes Oléron FLAG (26), La Rochelle FLAG (27) teuren, aber auch von Gemeinden, Einwohnern, der Umwelt und des Kulturerbes. Umschlag: Der Künstler Retoque Retro, dessen Werke in der Bericht: Blaues Wachstum (North, Irland) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Ausstellung „Mar de Fábula. Unha viaxe de 5 anos“ („Mar de Fábula. Eine 5-jährige Reise“) zu sehen sind. Mar de Fábula ist ein Die FLAG North ist in Donegal, Irlands abgelegenster Grafschaft, tätig, wo Verein, der sich das Sammeln von Strandabfällen zum Ziel gesetzt sie Küsten- und Inselgemeinden um eine Reihe von Fischerei-, Aquakultur-, hat. Die Mitglieder arbeiten mit lokalen Künstlern zusammen, die diese Abfälle in Kunst verwandeln, um auf die Unmengen an Müll Kulturerbe- und Tourismusprojekten versammelt hat. aufmerksam zu machen, die das Meer an Land spült. Begleitung und Bewertung: Journalisten: drei FLAG, drei Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Jean-Luc Janot, Eamon O’Hara. Dreiergespräch mit Sarah Lamb (Großbritannien), Marjo Tolvanen (Finnland) Weitere Autorinnen und Autoren: und Sabine Weizenegger (Deutschland). Urszula Budzich-Tabor, Serge Gomes da Silva, Sabine Kariger, Marguerite Korenblit, Monica Veronesi Burch, Gilles van de Walle. Lokale, grüne und Kreislaufwirtschaftssysteme . . . . . . . 18 „Kreislaufwirtschaft“ hat sich in letzter Zeit zu einem Schlagwort entwickelt, Herstellung: DevNet geie (AEIDL/Grupo Alba) / Kaligram. aber jetzt ist es an der Zeit, Worte in die Tat umzusetzen. Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft wird zunehmend als notwendiger Schritt zur Kontakt: FARNET Magazin, FARNET-Unterstützungsstelle, Sicherstellung der Nachhaltigkeit menschlicher Tätigkeiten anerkannt – auch Rue de la Loi 38, B-1040 Brüssel in der Fischerei und Aquakultur. +32 2 613 26 50 info@farnet.eu – www.farnet.eu Bericht: Kreislauf- (und Sozial-) Wirtschaft (Côte Basque – Sud-Landes, Frankreich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Das FARNET Magazin wird von der Generaldirektion für Die FLAG Côte Basque – Sud-Landes widmet sich der Kreislaufwirtschaft, maritime Angelegenheiten und Fischerei der Europäischen indem sie das Recycling und die Wiederverwendung von Netzen und ande- Kommission herausgegeben. Es erscheint jährlich. Diese Ausgabe ist auf Deutsch, Englisch, Französisch, Polnisch und ren gebrauchten Fanggeräten vorantreibt, mit denen Häfen und Lagerhäuser Spanisch erhältlich. Es ist auf Bestellung kostenlos erhältlich. überfüllt sind – ein Projekt, das Umweltschutz, nachhaltige Fischerei sowie Presserechtlich verantwortlich: Der Generaldirektor, Generaldirektion für maritime Angelegenheiten und Fischerei, Kreislauf- und Sozialwirtschaft verbindet. Europäische Kommission. Haftungsausschluss: Die Generaldirektion für maritime Zusammenarbeit: Große Geschichten beginnen Angelegenheiten und Fischerei ist für die Gesamtherstellung mit einem kleinen Schritt… . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 dieses Magazins, nicht aber für die inhaltliche Richtigkeit Manchmal gewinnt man neue Einblicke oder erhält ein besseres Gespür für der Einzelbeiträge und für die in denselben geäußerten Meinungen verantwortlich. Sofern nicht anders angegeben, Prioritäten,wennmandiegewohnteUmgebungverlässtoderdieSichtweiseande- hat die Europäische Kommission die in dieser Veröffentlichung rer zu verstehen versucht. Die FLAG sollten dies berücksichtigen, wenn sie überle- geäußerten Meinungen weder sich zu eigen gemacht noch anderweitig gebilligt. Die Äußerungen in dieser gen, ob es sinnvoll ist, die Zusammenarbeit mit anderen Gruppen aufzunehmen. Veröffentlichung sind nicht als Äußerungen der Kommission oder der Generaldirektion für maritime Angelegenheiten Künftige Positionierung von CLLD und Fischerei zu verstehen. Die Europäische Kommission übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben in in Fischwirtschaftsgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 dieser Veröffentlichung. Des Weiteren übernimmt weder die Die Vorschläge für die neuen Regelungen nach 2020 werden derzeit diskutiert. Europäische Kommission noch eine in ihrem Auftrag han- delnde Person Verantwortung für den Gebrauch der Angaben. Dies ist daher ein guter Zeitpunkt, um darüber nachzudenken, was wir bisher © Europäische Union 2018 in Bezug auf die Unterstützung gelernt haben, die durch die von der örtlichen Wiedergabe unter Angabe der Quelle gestattet. GemeinschaftbetriebenenMaßnahmenfürlokaleEntwicklung(CLLD)imRahmen In Belgien auf Recyclingpapier gedruckt. des EMFF (Europäischer Meeres- und Fischereifonds) zur Verfügung gestellt wird.
I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 3 Vor wor t „Überall bewegen FLAG etwas, indem sie ‚positive Kreisläufe‘ schaffen.“ Im Jahr 2018 sind endlich alle 368 FLAG in der EU eingerichtet. Die Ort, Projektauswahl usw.) bewerten. Ein Gespräch mit drei erfah- Auswahl der letzten FLAG hat Zeit in Anspruch genommen, jedoch renen Managern von LAG und FLAG zeigt, dass die Bewertung deutlich weniger als in der Programmperiode 2007-2013! Dies weist nicht kompliziert und mühsam sein muss, sondern eine nützliche auf den umfangreichen Lernprozess hin, der sowohl auf Ebene (und sogar angenehme!) Erfahrung sein kann, wenn sie gut vorbe- der FLAG als auch der Verwaltungsbehörden stattgefunden hat, reitet und frühzeitig begonnen wird. Das vor Kurzem veröffent- seitdem der CLLD-Ansatz in den Fischereigebieten vor zehn Jahren lichte Handbuch für LAG und FLAG zur Bewertung von CLLD, das im Rahmen des EFF eingeführt wurde. gemeinsam von den FARNET- und FAME-Unterstützungsstellen entwickelt wurde, bietet viele Beispiele für einfach anzuwendende, Die Berichte in dieser Ausgabe führen uns von den windge- praktische Evaluierungsmethoden. peitschten Inseln vor der nördlichsten Küste Irlands zu den Teichen, Seen und Spuren prähistorischer Ungeheuer in der Region Opole Die verschiedenen Berichterstattungen verdeutlichen den Erfin- im Südwesten Polens sowie zu den geschäftigen Fischereihäfen der dungsreichtum in verschiedenen Bereichen. Die Zusammenar- baskischen Küste in Frankreich. Überall bewirken die FLAG einen beit ist eine Möglichkeit, sich über das auf lokaler Ebene erwor- Unterschied, indem sie „Erfolgszyklen“ in Gang setzen, in denen bene Wissen mit anderen Gemeinden auszutauschen. Dabei muss schon eine kleine Summe (Startkapital, wie Seamus Bovard von der sie nicht kompliziert sein. Die im Artikel über die Zusammenarbeit FLAG North in Irland es nannte), vereint mit Initiative, Enthusiasmus hervorgehobenen Beispiele zeigen, dass es am besten ist, mit einfa- und ehrenamtlichem Engagement, die unternehmerische Tätig- chen Tätigkeiten zu beginnen, die in Kooperation mit benachbarten keit innerhalb oder außerhalb des Fischerei- und Aquakultursektors FLAG entwickelt werden. Scheuen Sie sich also nicht, direkt mit ankurbeln, die Umwelt verbessern und andere Sektoren der blauen der Zusammenarbeit zu beginnen; sie kann Ihnen mehr Vorteile Wirtschaft auf lokaler Ebene stärken kann. bringen, als Sie denken! Die jüngsten Tätigkeiten von FARNET haben gezeigt, dass sich viele Mehrere im Magazin erwähnte lokale Akteure berichten über ihre FLAG in der gesamten EU für eine nachhaltige Bewirtschaftung von Erfahrungen mit CLLD: Jakub Roszuk betont die Bedeutung eines lokalen Ressourcen einsetzen. Eine neue Herausforderung für die breiten Ansatzes für die lokale Entwicklung; Helle Breindahl und FLAG ist der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft – einer Wirtschaft, Anastasios Perimenis konzentrieren sich auf die Bedeutung der Mobi- in der der Wert von Produkten und Materialien so lange wie möglich lisierung vor Ort und des Vertrauens aller Beteiligten in der Lieferkette. erhalten bleibt und in der durch Wiederverwendung, Recycling und Yves Champetier fordert eine „Revolution“ zur Beseitigung bürokrati- Synergien mit anderen Herstellern der Abfall- und Ressourcenver- scher Hindernisse. Einige dieser Bedenken werden durch die jüngsten brauch minimiert wird. Einige FLAG unterstützen bereits Projekte, Vorschläge für die EU-Finanzierung nach 2020 ausgeräumt, die den die darauf abzielen, organische Fischabfälle oder alte Fanggeräte zu Mitgliedstaaten mehr Flexibilität und Freiräume bei der Gestaltung recyceln, die industrielle Symbiose zu stimulieren oder das Bewusst- der EU-Unterstützung gewähren soll und möglicherweise einen sein für eine nachhaltige lokale Beschaffung zu schärfen. Bedeutende Schritt weiter gehen wird, um Fischerei- und Aquakulturgemein- Synergien können generiert werden, wenn die Kreislaufwirtschaft mit schaften zu befähigen, die Vorteile der blauen Wirtschaft zu nutzen. sozialen Innovationen kombiniert wird, um sowohl soziale als auch Dieser neue Rahmen und die zehnjährige Erfahrung, welche die FLAG ökologische Ziele zu erreichen. Ein Beispiel dafür ist die FLAG Côte sammeln konnten, werden dazu beitragen, die Kreativität und das Basque- Sud-Landes, wo im November 2018 das FARNET-Seminar Potenzial der lokalen Küstengemeinden weiter freizusetzen. zum Thema Kreislaufwirtschaft organisiert wird. Es wird allgemein anerkannt, dass die FLAG einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung ihres Gebiets leisten. Es ist jedoch nicht Bernhard Friess, immer einfach, den Umfang dieses Beitrags zu bemessen oder zu Direktor für Meerespolitik und blaue belegen. Alle FLAG müssen den Fortschritt ihrer lokalen Entwick- Wirtschaft, Generaldirektion für Maritime lungsstrategien sowie ihre eigene Arbeit (Sensibilisierung vor Angelegenheiten und Fischerei
I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 4 Ein Jahr im Leben einer FL AG OPOLE [POLEN] Vom Teich auf den Die Region Opole im Südwesten Polens ist ein Land der Aquakultur und ein Gebiet, in dem die FLAG einen wichtigen Beitrag zur lokalen Entwicklung leistet: zugunsten von Fischzüchtern, Anglern, Gastronomen, Tourismus- und Kulturakteuren, aber auch von Gemeinden, Einwohnern, der Umwelt und des Kulturerbes. Kennen Sie Niemodlin? Es ist eine wunder- Das Thema Aquakultur passt gut zum schöne Kleinstadt mit nur 13 000 Einwoh- Schloss, auf dessen Gelände sich auch die nern in der Region Opole, die für ihren Fischzuchtanlage Niemodlin befindet, Karpfen berühmt ist – den „besten der Welt“, deren Eigentümer das staatliche Forstamt erklärt die Bürgermeisterin Dorota Konce- ist. „Wir bewirtschaften 1 000 Hektar Teiche wicz. Tatsächlich genießt der Niemodliner und erzeugen jährlich 500 Tonnen Karpfen, Karpfen einen besonderen Schutzstatus, der was uns zu einem der größten Erzeuger in Polen vom Landwirtschaftsministerium verliehen macht“, erklärt Marek Adamus, Direktor der wird, und trägt durch eine zunehmende Fischerei. Der Fischzuchtbetrieb erhielt Zahl von Kultur- und Werbemaßnahmen Unterstützung im Rahmen von Achse 4 maßgeblich zur lokalen Wirtschaft und zur des EFF, der die Anschaffung von Geräten, Identifikation der Region („die Region des die Modernisierung von Lagertanks2 und fürstlichen Karpfens“) bei. ▲ Schloss Falkenberg (Niemodlin). die Einrichtung eines Fischgeschäfts kofi- nanzierte. „Die Fischzuchtanlage Niemodlin Seit etwa 15 Jahren veranstaltet das städ- spielte eine wesentliche Rolle bei der Grün- tische Kulturzentrum, das mithilfe eines Die Renovierung des Schlosses begann dung unserer lokalen Aktionsgruppe“, erklärt Zuschusses von Achse 4 des Europäischen 2015; seine imposante Renaissance-Struktur Aleksandra Czerkawska, Verwaltungsdirek- Fischereifonds (EFF) modernisiert wurde, dominiert das Zentrum der Stadt und ist torin der FLAG Opole. jeden November einen internationalen auch das Herzstück einer Reihe von Aktivi- Cartoon-Wettbewerb zum Thema dieses täten, bei denen der Karpfen einen Ehren- Dasselbe gilt für den Fischzuchtbetrieb wertvollen Fisches. „Wir erhalten mehr als platz einnimmt. In den vergangenen drei Krogulna, der 54 Teiche auf einer Fläche 400 Beiträge aus aller Welt“, unterstreichen Jahren haben die Stadt und die Oppelner von 591 Hektar bewirtschaftet und jährlich Katarzyna Paszula, die das Kulturzentrum FLAG ein großes Karpfenfest im Schlosshof 400 Tonnen reifen Karpfen sowie 40 Tonnen verwaltet, und Joanna Kardasinska, die die veranstaltet, während in den Kellern Setzlinge herstellt. Der Betrieb beschäftigt Stiftung Schloss Niemodlin leitet. „Aber demnächst ein Restaurant eröffnet wird, das 22 Fachleute und erzielt einen Jahresumsatz durch die Einführung von Achse 4 des EFF das ganze Jahr über ein Menü mit Karpfen, von rund 1 Million Euro, was einem Gewinn und die Gründung der FLAG sind mehr lokale, Forellen1 und anderen einheimischen Fisch- von 50 000 Euro entspricht. „Die Produktion ehrgeizige Aktivitäten rund um den Karpfen arten anbietet. Werbebroschüren, ein von Karpfen und Setzlingen ist jedoch nur eine entstanden“, fügen sie hinzu. Mauerbild und eine Ausstellung von Aqua- der drei Säulen unseres Auftrags“, erläutert kulturobjekten trugen ebenfalls dazu bei, Fischereidirektor Janusz Preuhs. „Wir erfüllen das Bewusstsein für den Sektor zu fördern.
I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 5 Teller ▲ Teiche prägen das Landschafsbild von Opole. Angeln Die Aquakultur ist ein wichtiger Sektor in Opole: Die rund 50 Fischfarmen in der Region produzieren 11 % der polnischen Karpfen und beschäftigen 120 berufliche Fischzüchter. Diese Tätigkeit ist aber nur ein Aspekt des lokalen Fischereisektors, da die zahlreichen Gewässer der Region auch ein Zufluchtsort für die Angler der Region sind. Das Angeln ist eine wichtige Tätigkeit für die lokalen Fischereigemeinden, insbesondere ▲ Krugulner Fischzuchtbetrieb. ▲ Fischfütterung im Fischzuchtbetrieb Kotlarz. seit dem Verschwinden der kommerziellen Süßwasserfischerei in den 1970er-Jahren, wobei die Angelscheine einen wesentlichen zudem einen Bildungs- und Umweltauftrag, eine Wassermühle in ein Restaurant und Teil des Einkommens vieler Fischzuchtbe- daher die Richtung, die unsere Projekte einge- Fischzuchtmuseum umzuwandeln. triebe darstellen. schlagen haben.“ Das Karpfenfest wurde früher in Krogulna ▶▶▶ veranstaltet, bevor es auf die Burg In Krogulna hat die FLAG drei Projekte finan- Niemodlin verlegt wurde. „Dorthin kamen ziert: eines für die Anschaffung von Geräten, täglich 3 000-4 000 Besucher“, berichtet ein weiteres für die Modernisierung von Janusz. „Während des Festivals servierten Tanks und ein drittes für die Entwicklung wir 400 kg Karpfen pro Tag. Den größten Teil des Tourismus und des Zugangs zur Anlage unseres Umsatzes macht aber das Weih- für Erholungszwecke. Touristen, Schulkinder nachtsgeschäft im Dezember3 aus. In dieser 1 Die Regenbogenforelle „Poliwoda“ verfügt über eine regionale Bezeichnung. und Anwohner können sich aus erster Hand Zeit verkaufen wir bis zu 30 Tonnen Karpfen 2 Nachdem die Karpfen eingesammelt wurden, informieren, wie die Fischzucht funktioniert, pro Tag.“ bleiben sie eine Zeit lang in Reinigungsbecken, aber auch die lokalen Annehmlichkeiten bevor sie zum Verkauf versandt werden. genießen, die noch erhebliches Entwick- 3 In Polen ist der Karpfen – wie der Truthahn lungspotenzial aufweisen. So ist geplant, in anderen Ländern – das traditionelle Weihnachtsgericht schlechthin.
I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 6 Der regionale Zweig Opole des polnischen Anglerverbands zählt mehr als 24 000 Was ic h von CLLD Mitglieder (davon 11 % unter 16 Jahren) und bewirtschaftet 9 000 Hektar Gewässer – und FARNET ge ler nt habe Flüsse, Teiche und künstliche Seen. Zudem verfügt er über eine eigene Fischzucht, die Der Präsident der FLAG Opole, Jakub ihre Produktion (100 Tonnen/Jahr, zu glei- chen Teilen aufgeteilt auf Karpfen, Regen- Roszuk, leitet die FLAG seit der vor- bogenforellen und andere Arten) an herigen Periode und war an vielen Restaurants, Verarbeiter oder direkt an die Verbraucher verkauft und die Wiederauffül- FARNET-Aktivitäten beteiligt. Aus dieser lung der Gewässer erleichtert. Perspektive teilt er einige Überlegungen Durch die Fischzucht stellt der Verein eine zu CLLD und zur Rolle von FARNET direkte Verbindung zwischen der Aqua- beim Aufbau von Kapazitäten und der kultur und der Freizeitfischerei her. Zudem spielt er eine wichtige Rolle in der FLAG Vernetzung von FLAG. und ist selbst Projektträger. „Sechs Projekte wurden im Zeitraum 2007-2013 durchgeführt, FARNET-Magazin: Gibt es Besonderheiten der CLLD, die für die FLAG-Strategie sechs weitere befinden sich in unterschiedli- und ihre tägliche Arbeit wesentlich sind? chen Entwicklungsstadien“, erklärt Wieslaw Miś, Vizepräsident des polnischen Angler- Nun, für mich bietet der CLLD-Ansatz insgesamt viele Vorteile für die lokale Entwicklung, verbands und Präsident des Regionalver- aber sein größter Nutzen liegt darin, Synergien zwischen den verschiedenen Akteuren bands Opole. Viele dieser Projekte betreffen zu schaffen. In unserer Region sind nun Fischzüchter, Angler, Verarbeiter und andere die Entwicklung des Standorts, was zu Erzeuger, Tourismusunternehmen und Verbraucher in eine, wie ich es nennen würde, Synergien mit den von den Gemeinden Partnerschaft der Synergien einbezogen worden, und das ist sehr wichtig. durchgeführten Projekten im Rahmen von Der zweite wesentliche Aspekt sind die lokalen Produkte: Ich habe von FARNET gelernt, Achse 4, CLLD und LEADER7 führt. dass man seine Fische nicht an weit entfernten Orten verkaufen muss. Wenn man den lokalen Markt entwickelt, kann man dafür genauso viel oder sogar noch mehr bekommen. Ein weiterer Aspekt, den ich in Gesprächen mit anderen FLAG und CLLD-Experten Entwicklungsprojekte kennengelernt habe, ist, dass öffentliche Gelder als Risikokapital betrachtet werden Eine ehemalige Kiesgrube am Rande der sollten, um Innovationen zu fördern. Es muss aber immer ein gut durchführbares Projekt Kleinstadt Lewin Brzeski (6 000 Einwohner) ausgearbeitet werden, um das Risiko zu minimieren. Viele FARNET-Veranstaltungen, z. B. wurde von der Gemeinde und dem örtli- das Weidener Aquakultur-Seminar4, geben uns die Möglichkeit, zahlreiche innovative chen Anglerverband in einen künstlichen und inspirierende FLAG-Projekte zu sehen. See umgewandelt. Aufseiten der Angler wurde 2014 durch Achse 4 des EFF eine neue Welche weiteren Lehren haben Sie aus den FARNET-Veranstaltungen Straße, die Einrichtung von 30 Fischereiplatt- gezogen? formen und der Bau eines großen Unter- Mein allgemeiner Eindruck ist, dass alle FLAG in Europa, ob im Binnenland oder an der stands, der als Begegnungs- und Gesell- Küste, viele Dinge gemeinsam haben und dieselben Sorgen teilen, aber ich habe auch schaftsraum dient, finanziert. Vonseiten der erkannt, dass es in vielen Ländern ein breiteres Verständnis der lokalen Entwicklung gibt. Gemeinde hat das Programm die Hälfte der So können zum Beispiel Frauen, Jugendliche, ja sogar alte Menschen eine wichtige Rolle Kosten (225 000 €) für die Entwicklung eines bei der EMFF CLLD spielen, und das war uns hier noch nicht bewusst. FARNET-Seminare Strandes am See mit Spielplatz und Fitness- vermitteln uns eine breitere Perspektive und natürlich neue Ideen für unsere Arbeit zu bereich, Skateboardbahnen und anderen Hause. Zum Beispiel möchten wir jetzt den Pescatourismus entwickeln, um Besuche in Sportanlagen sowie einer beeindruckenden Fischzuchtbetrieben zu organisieren. von Wasser umgebenen Strandprome- nade übernommen. „Fischen ist sehr wichtig Was sind Ihre Erkenntnisse auf einer persönlicheren Ebene? für unsere Gemeinde“, betont Artur Kotara, Bürgermeister von Lewin Brzeski. „Es zieht Zunächst einmal gefällt mir die Art und Weise, wie FARNET seine Seminare durchführt Besucher an, und die Projektpartnerschaft, – die interaktive Methodik. Mir gefällt auch, wie gut man von der FARNET-Unterstüt- die wir mit dem Anglerverband eingegangen zungsstelle lernt, seine Ausdrucksweise zu verbessern. Ich habe gelernt, mit meinen sind, hat die Stadt lebendiger und attrak- begrenzten Englischkenntnissen öffentliche Vorträge zu halten. Meinen ersten öffent- tiver gemacht und die Lebensqualität verbes- lichen Vortrag hielt ich in Thessaloniki5, den nächsten in Jūrmala6. In der offenen Atmo- sert. Und das war noch nicht alles: Wir haben sphäre fühlte ich mich sehr wohl. Niemand wurde beurteilt. Es ist der vermittelte Inhalt, weitere Projekte im Ärmel, und wir werden auf den es ankommt. Bei den FARNET-Veranstaltungen habe ich auch ein besseres gemeinsam daran arbeiten.“ Verständnis für die Situation der Fischerei und der Aquakultur in der gesamten EU erworben. Es ist sehr wichtig, dass wir uns auf lokaler Ebene über die künftigen Entwick- lungen in der EU im Klaren sind; es hilft mir auch, wenn ich an Tagungen auf nationaler Ebene teilnehme, z. B. für die Programmbegleitausschüsse.
I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 7 ▲ Entwicklungen rund um den Seeuferstrand in Lewin Brzeski. ▲ Bogusław Luboń serviert köstlichen lokalen Fisch. Vor- und nachgelagert Auch andere Restaurants wurden oder Jakub Roszuk, Präsident der FLAG Opole, werden unterstützt. In der Nähe von unterstreicht zwei Elemente der Strategie Ozimek errichtete die Familie Wiench einen der Gruppe: „Im vorgelagerten Bereich wollten eindrucksvollen Drei-Sterne-Hotelkomplex wir die Entwicklungsbedingungen für Aquakul- mit Blick auf die insgesamt 22 Hektar großen turunternehmen verbessern. Die Fischzüchter Teiche. Das Hotel wurde 2014 eröffnet benötigten eine bessere Infrastruktur und und verzeichnet bereits 5 000 Übernach- Ausrüstung. Diese Arbeit ist weitgehend abge- tungen pro Jahr, wobei die Besucher vom ▲ Aus dieser verlassenen Wassermühle könnte ein schlossen. Im nachgelagerten Bereich wollen beliebten Restaurant, Fischerei- und Frei- Fischzuchtmuseum werden. wir auch Unternehmen in anderen Sektoren zeitbereich zum Angeln angelockt werden. unterstützen, wobei Tourismus und Gast- „Unser Komplex ist eng mit dem Fischfang Der gleiche partnerschaftliche Ansatz gewerbe als Prioritäten für die Stärkung der und der Fischzucht verbunden“, berichtet zwischen Fischerei und lokaler Entwick- lokalen Wirtschaft angesehen werden, in der die 26-jährige Jasmin Wiench, die den lung zeigt sich in Turawa, einer Gemeinde die Aquakultur ein Schlüsselfaktor ist.“ Betrieb leitet. „Viele unserer Kunden kommen mit zwei Stauseen: einem 22 km2 großen deswegen hierher, und jedes Wochenende See und einem kleineren See von 20 Hektar, Anfang der 1990er-Jahre kaufte der ehema- servieren wir etwa 200 Fischgerichte, alle aus der als Überlauf für den ersten dient und für lige Seefahrer Bogusław Luboń einen verlas- der Region.“ Tourismus und Freizeit von Bedeutung ist. senen Hangar am Ufer des Turawa-Sees, den ▶▶▶ er zunächst in eine Snackbar umwandelte, „Wie überall in Polen hat das kommunisti- die von Fischern und Freizeitbootsfahrern sche Regime den Sozialtourismus entwickelt, besucht wurde. „Da das Geschäft auch im sodass wir viele kollektive Gebäude geerbt Winter mit dem Eisfischen gut lief, renovierte haben, die nicht mehr den modernen Stan- ich das Gebäude weiter, um mit meiner Familie dards des Gastgewerbes entsprechen. Sie einziehen zu können“, erinnert sich Bogusław. mussten renoviert werden, und erst mit der „2015 beschloss ich auf Anraten von Jakub Einführung von LEADER und Achse 4 des EFF, Roszuk, daraus ein Fischrestaurant zu machen.“ 4 „Integration der Aquakultur in die lokalen Gemeinschaften“, Weiden, Deutschland, 20.-22. und oft in Kombination mit beiden, konnten Die lokale Aktionsgruppe stellte 60 % der November 2017 (https://webgate.ec.europa.eu/ wir diese Arbeit beginnen“, erklärt Waldemar Gesamtinvestition (100 000 €) zur Verfügung, fpfis/cms/farnet2/news-events/events/transnatio- Kampa, Bürgermeister von Turawa, der um das Restaurant auf den gewünschten nal-seminars/integrating-aquaculture-within-lo- cal-communities-weiden-20_de) uns auf eine Tour rund um den kleineren Standard zu bringen und eine Räucherei zu 5 „Das Geschäft entlang der gesamten See mitnahm, entlang eines neuen Pflas- errichten. Heute gibt es hier köstliche Gerichte, Fischereilieferkette beleben“, Thessaloniki, terwegs, der jetzt viele kleine Geschäfte, die auf den vier einheimischen Fischarten Griechenland, 18.-20. Okt. 2016 (https://webgate. Restaurants, Ferienhäuser und Spielplätze Karpfen, Forelle, Zander und Wels basieren. ec.europa.eu/fpfis/cms/farnet2/news-events/ events/transnational-seminars/boosting-busi- am Wasser verbindet, die kürzlich renoviert „Wels serviere ich als Eintopf, inspiriert von einem ness-along-fisheries-supply-chain_en) wurden. Thunfisch-Eintopf, den ich in Portugal entdeckt 6 „Soziale Eingliederung für lebendige habe.“ Sein nächstes Projekt, das im Rahmen Fischergemeinden“, Jūrmala, Lettland, 21.-23. März von EMFF CLLD vorgeschlagen wird, ist der 2017 (https://webgate.ec.europa.eu/fpfis/cms/far- net2/news-events/events/transnational-seminars/ Bau eines schwimmenden Pontons, auf dem social-inclusion-vibrant-fishing-communities-jur- die Besucher im Sommer essen und im Winter mala-21-23_en) auf dem Eis fischen können. 7 12 Gemeinden sind Mitglieder der FLAG Opole.
I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 8 Die gleiche lokale Fischvermarktungsstra- tegie wurde auch anderswo in Ozimek ange- wandt. 1998 wurden in einer ehemaligen Abbaustätte Dinosaurierknochen entdeckt. Im Jahr 2010 beschloss die Gemeinde, das Gelände zu entwickeln und beauftragte den Verein DELTA mit dem Bau eines riesigen Freizeit- und Wissenschaftskomplexes, dem sogenannten Jurapark, der heute mehr als 200 000 Besucher pro Jahr zählt8. Fisch steht auf den Speisekarten aller Restaurants des Parks, aber der Verein hat sich kürzlich entschlossen, einen Schritt weiter zu gehen und eines der Gebäude in ein eigenes Fisch- restaurant umzuwandeln. „Wir spürten eine starke Nachfrage“, sagt Marek Korniak, ▲ Erster Kochkurs in Kluczbork. Geschäftsführer des Juraparks, „und da wir das Angebot vor unserer Haustür haben, Kochkurse war dies eine ganz logische Entscheidung. Aleksandra Czerkawska, Verwaltungsdirek- tive gestartet: Kochkurse. In einem Land, in In diesem Restaurant wird nur Fisch (Forelle, torin der FLAG, berichtet über den Fortschritt dem der Pro-Kopf-Verbrauch von Fisch zu den Zander und Karpfen) serviert. Unsere Köche der Verfahren: „Der erste Projektaufruf der niedrigsten in Europa gehört, ist es unserer werden in der Zubereitung von Fisch geschult laufenden Periode wurde im Mai 2017 gestartet Meinung nach in dieser Phase unseres Engage- und wir bieten auch Kochkurse für Kinder an.“ und führte zur Auswahl von 23 Projekten. Für ments wirklich wichtig, Know-how in diesem An den Investitionen in Höhe von 80 000 € neun dieser Projekte wurden Verträge unter- Bereich zu entwickeln“. wird sich die FLAG mit 50 % beteiligen. Der zeichnet, die restlichen 14 werden von der Vertrag wird im Juni 2018 unterzeichnet, die regionalen Verwaltungsbehörde geprüft. Im Arbeiten beginnen im September. Anschluss an unseren zweiten Aufruf wurden 15 neue Projektvorschläge bei der FLAG einge- reicht, die derzeit geprüft werden. Inzwischen haben wir eine sehr vielversprechende Initia- OPOLSKIE (Polen) ▲ “From the pond to the plate”. Zwischen Mai und Oktober 2018 organi- Fläche: siert die FLAG Opole 16 Kochkurse, die 1 522 km² sich ausschließlich auf Fisch (Forelle und P O L EN Karpfen) konzentrieren. Eine Serie von Bevölkerung: sechs Kursen findet in sechs Berufsschulen 97 857 Einwohner statt, der erste wurde am 17. Mai in Kluc- Bevölkerungsdichte: zbork (Foto) veranstaltet. Weitere zehn Opolskie 64 Einwohner pro km² Kurse werden für Restaurantköche mit rund einem Dutzend Köchen pro Sitzung bestimmt sein. Das Motto der Aktion lautet: „Czas na rybe!“ – Es ist Fischzeit! – Natürlich Fisch aus lokalen Beständen. Vom Teich bis EMFF-Haushalt EUR zum Teller schließt sich der Kreis. ■ EU National Gesamt 2 550 000 450 000 3 000 000 KONTAKT Rybacka Lokalna Grupa Działania „Opolszczyzna“ c/o Jakub Roszuk Poliwoda 18, Biestrzynnik 46-043 Ozimek Polen biuro@lgropolszczyzna.pl 8 DELTA betreibt zwei weitere ähnliche Parks in Polen sowie einen dritten in Utah, USA.
I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 9 Bericht WIE DIE MEERESRESSOURCEN DIE LOK ALE E N T W I C K L U N G I N D O N E G A L , I R L A N D, V O R A N T R E I B E N Blaues Wachstum Die FLAG North ist in Donegal, Irlands abgelegenster Grafschaft, tätig, wo sie Küsten- und Inselgemeinden um eine Reihe von Fischerei-, Aquakultur-, Kulturerbe- und Tourismusprojekten versammelt hat. Hier entspricht die lokale Entwicklung sehr stark der Geografie des Landes – an der Schnittstelle zwischen Land und Meer. Es ist 8 Uhr morgens. Ein Dutzend Schüler warten an den Docks in Burtonport auf die Fähre, die sie auf der 15-minütigen Überfahrt zur Insel Árainn Mhór (400 Einwohner) bringt, wo sie die Primar- oder Sekundarschule besuchen. In dieser entle- genen Ecke von Donegal gehen Kinder, die auf dem britischen Festland leben, auf einer kleinen Insel zur Schule. „Der Unter- richt auf Árainn Mhór ist hervorragend. Er wird persönlicher gestaltet. Viele Eltern entscheiden sich, ihre Kinder dorthin zu schicken, obwohl sie mit dem Boot hinüber- fahren müssen. Und, Irland ist nur eine Insel vor Árainn Mhór, wie wir hier sagen.“ Der Fischer Jerry Early ist Vorsitzender der IIMRO9 und vertritt die Insel im Vorstand der Lokalen Aktionsgruppe Fischerei (FLAG) North. Als er uns zum Leuchtturm ▲ Eimear Ni Mhathuna, Leiter der Vereinigung, die den Leuchtturm Fanad betreibt. von Árainn Mhór führt – dem Standort eines künftigen Vorzeigeprojekts des künfte umgewandelt werden könnten. der Küste ist dies ein Ort von atemberau- Europäischen Meeres- und Fischereifonds „Das Projekt knüpft an unsere Strategie an. bender Schönheit. Sich auf der Insel fortzu- (EMFF) – spricht er über die Herausforde- Wir brauchen mehr Touristen, aber nicht zu bewegen, ist jedoch ein mühsames Unter- rungen, vor denen die Insel steht, wie den viele. Es ist wichtig zu bewahren, was Árainn fangen. Die Grafschaft beginnt erst jetzt, Bevölkerungsrückgang, den Mangel an Mhór so besonders macht. Die Insel wurde aus den Eigenschaften Kapital zu schlagen, jungen Menschen, den Bedarf an Hochge- uns von unseren Vorfahren hinterlassen. Es die sie zu einem so attraktiven Ziel für schwindigkeits-Breitbandinternet und den liegt an uns, sie zu entwickeln, aber es ist auch Touristen machen. schlechten Zustand der Straßen der Insel. unsere Pflicht, sie so zu belassen, wie wir sie ▶▶▶ Die FLAG hat sich mit anderen Projektträ- vorgefunden haben.“ gern verbündet, um eine Durchführbar- 9 Organisation der Meeresressourcen der irischen keitsstudie betreffend die Umwandlung Eingebettet zwischen Atlantischem Ozean Inseln. des Leuchtturms in eine Touristenattrak- und Nordirland und geprägt von der Unsi- 10 Donegal hat starke Verbindungen zu Nordirland. tion zu finanzieren. Der Standort weist viele cherheit rund um den Brexit10, ist Donegal Einige Siedlungen in Donegal sind de facto Vororte von Derry jenseits der Grenze, und viele Vorzüge auf – eine herausragende Lage die abgelegenste Grafschaft der Republik Menschen, die in der Grafschaft leben, pendeln und mehrere Nebengebäude, die in Unter- Irland. Mit ihren zerklüfteten Hügeln und zur Arbeit nach Belfast.
I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 10 Toraigh: Por trät einer Inse lgemeinde Die Insel Toraigh (gälische Bezeichnung, Englisch: Tory Island) liegt etwa 15 km vor der Küste von Donegal. Sie ist die Heimat von Irlands nördlichster Inselgemeinde. Obwohl es erst Donnerstag ist, befinden sich bereits etwa 15 Stammgäste im An Club, dem örtlichen Pub. Und weil dies Irland ist, sind die Musiker bereits in vollem Gange. Es ist beruhigend, in dieser entlegenen Ecke Europas so warmherzige und freundliche Menschen anzutreffen. „Im Jahr 2000 waren 80 % der Bewohner auf Toraigh ältere Menschen“, berichtet Marjorie Carroll, Leiterin der Entwicklungsagentur der kleinen Insel (3,18 km²). „Heute sieht das völlig anders aus. Bei 80 % der Bewohner handelt es sich um jüngere Menschen. Etwa 30 Kinder leben ▲ Hafen von Toraigh (Tory). auf der Insel, und in den letzten beiden Jahren sind fünf neue Familien hergezogen.“ Die FLAG North hat zwei Projekte zur Förderung von Tourismus und Lebensqualität auf der Insel Toraigh bezuschusst – eines zur Vermie- Die Bevölkerung hat sich seit dem Jahr 2000 stabilisiert, und es gibt tung von Fahrrädern und eines zur Beschilderung von Sehens- heute mehr junge Menschen als früher. Die 150-köpfige Inselge- würdigkeiten. Die lokale Genossenschaft bereitet zudem Finanzie- meinde lebt in einem einzigen Dorf, das sich entlang der Südküste rungsanträge für die Renovierung des Vereinsheims, der Bänke und erstreckt, die sanfter und geschützter ist als die schroffen, felsigen Picknicktische sowie einen neuen Männerschuppen vor. Klippen im Norden. Diese kleinen Projekte werden dazu beitragen, die Attraktivität der In der Hochsaison bringen zwei Fähren Menschen vom und zum Insel zu steigern und die Lebensqualität der lokalen Bevölkerung Festland. Aber im Herbst und Winter gibt es nur eine Fähre – wenn zu verbessern. Die Entwicklungsagentur verfolgt aber auch höhere es die Bedingungen erlauben! Im Dezember und Januar kommt es Ziele, zu denen unter anderem die Renovierung des Leuchtturms hier häufig zu Stürmen. Wenn die Fähre außer Betrieb ist, gibt es gehört. Wie anderswo hat der Leuchtturm auf Toraigh Nebenge- einen Hubschrauberdienst und eine stets einsatzbereite Küsten- bäude, die als Unterkunft für Touristen genutzt werden könnten. wache für Notfälle. Weitere geplante Projekte sind die Installation von Hochgeschwin- digkeits-Breitbandinternet, die Einrichtung eines Callcenters zur „Einmal abgesehen von den üblichen Mühen des Insellebens ist die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Eröffnung eines kleinen Lebensqualität hier beispiellos hoch“, erklärt Daniel Cullen, ein Mann Fischgeschäfts. in den Vierzigern, der nach sieben Jahren in New York City auf die Insel zog. „Meine Frau und ich beschlossen, dass dies der beste Ort ist, All dies hängt davon ab, dass die Insel leichter zugänglich gemacht um eine Familie zu gründen.“ Wie viele andere Bewohner von Toraigh wird. „Wir wollen, dass die Behörden einen Wellenbrecher installieren, ist Daniel11 Künstler. Und wie fast jeder, der hier wohnt, beschäftigt damit die Fähre Toraigh das ganze Jahr über anfahren kann“, betont er sich auch mit anderen Dingen – wie dem Betrieb vom An Club, der Marjorie. als Kneipe und Gemeindezentrum dient. Ein Großteil der Wirtschaft der Insel – Verkehr, Energie, Abfallwirt- Angesichts der geringen Größe der Insel ist die Anzahl und das schaft, Schulen, Dienstleistungen und viele Arbeitsplätze – wird Angebot an Dienstleistungen erstaunlich. Es gibt eine Kneipe, vom Staat stark subventioniert. Externen Beobachtern, die sich einen Lebensmittelladen, ein Postamt, einen Gesellschafts- fragen könnten, ob eine Inselgemeinde ihre Kosten decken kann verein, ein Gesundheitszentrum, einen Kindergarten (sieben und ob die vorgeschlagenen Projekte realistisch sind, antworten Kinder), eine Grundschule (11 Kinder) und eine weiterführende Marjorie und Daniel: „Ja sicher, es ist eine politische Entscheidung. Schule (fünf Lehrer und sechs Schüler!). Die lokale Entwicklungs- Toraigh ist einer der letzten Vorposten der irischen Kultur. Aber was wirk- agentur, die sieben Mitarbeiter beschäftigt, fungiert auch als lich zählt, sind seine Bewohner. Sie sind fest entschlossen, nicht aufzu- Verwaltungszentrum. geben. Es geht um Identität und Menschen, die sich gegenseitig unter- stützen. Das ist mehr wert als alles Geld der Welt.“ Auf Toraigh gibt es nur drei Berufsfischer, die Krabben und Hummer fangen. Mittlerweile ist der Tourismus die Haupteinnahmequelle der Insel, wobei die Besucherzahlen immer weiter ansteigen. Im Jahr 2017 nahmen rund 25 000 Menschen die Fähre zur Insel, auf der sich auch ein Hotel, drei Pensionen und weitere Übernachtungs- 11 Die Insel ist bekannt für ihre Künstler. Die von Derek Hill und James Dixon möglichkeiten von anderen Anbietern befinden. gegründete „Toraigh School“ ist besonders produktiv. Derzeit leben und arbei- ten neun Künstler auf der Insel.
I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 11 Es gibt zahlreiche Inseln vor der Küste Done- gals, jede mit ihrer eigenen Gemeinschaft und Identität und einer gemeinsamen Sprache – Irisch-Gälisch.12 Die größte Insel ist Árainn Mhór (22 km²). Weitere bemer- kenswerte Inseln sind Inishbofin (16,5 km², 180 Einwohner), wo ein Film über den Überlebenskampf der lokalen Fischer13ge- dreht wurde, und Toraigh (3,18 km², 150 Einwohner), die auch über eigene Primar- und Sekundarschulen sowie lokale Entwick- lungsprojekte verfügt(siehe Kasten). „Die FLAG North hat sich zum Ziel gesetzt, Küsten- und Inselgemeinden zu unterstützen, die vom Verlust der Fangrechte und dem daraus resultierenden Geschäftsrückgang beson- ders betroffen sind“, erläutert Owen Doyle, ▲ Leuchtturm in Árainn Mhór (Arranmore). FLAG-Koordinator. „Bisher haben wir rund 80 Projekte in unseren vier Schwerpunktberei- chen unterstützt. Die meisten Projekte betrafen fortzuführen. Jetzt sind die Dinge viel besser. Die die wirtschaftliche Entwicklung (75 % – davon Fischer sind mit dem Projektverlauf zufrieden. die Hälfte Tourismus und die andere Hälfte Sie hätten das Projekt nicht selbst finanzieren Fischerei/Aquakultur) und das maritime Erbe können.“ Die FLAG stellte 50 % der 100 000 € (15 %). Die restlichen 10 % wurden gleichmäßig für den Aushub und die Entwässerung zwischen Umwelt und Ausbildung aufgeteilt, der Baustelle, die Verlegung der Zement- da wir nur sehr wenige Anträge in diesen beiden platte, den Bau einer Umfassungswand, die Bereichen hatten, aber wir arbeiten daran, Montage der Beleuchtung und die Installa- die Menschen zu ermutigen, mehr Anträge in tion von Netzaufwickel- und Transportein- diesen Bereichen zu stellen. In der Praxis kann richtungen bereit. man die Dinge natürlich nicht wirklich so genau abgrenzen. Alles ist miteinander verflochten. Das erweiterte Hafenbecken erleichtert den Die Projektträger sind allesamt in irgendeiner Touristen auch den Zugang zum Inishowen Form mit dem Meer verbunden. Einige sind Maritime Museum & Planetarium, das in der berufstätige Fischer, die finanzielle Unterstüt- ehemaligen Küstenwache von Greencastle zung für ihre Geschäftstätigkeit erhalten. Es gibt untergebracht ist und mit FLAG-Mitteln ausge- aber auch pensionierte Fischer oder Seeleute, stattet wurde. „Beide Programme waren ein die lokale Wohltätigkeitsverbände und Orga- Auslöser – Startkapital, wenn man so will – und ▲ Hummerreusen in Glengad. nisationen leiten. Deshalb verwenden wir lieber eine Belohnung für die harte Arbeit, die die Frei- den Begriff „Küstengemeinden“. Dies ist das willigen geleistet hatten“, sagt Seamus Bovard, Tanks zur Lagerung von Hummer (54 600 €). erste Mal (d. h. seit der EFF-Achse 4), dass ein ehemaliger Kapitän und Vorsitzender der Stif- „Angesichts unseres Umsatzes von 6,5 Milli- EU-Programm auf diese Weise den Gesamtzu- tung, die das Museum leitet (12 000 Besucher onen Euro stellt dieser Zuschuss möglicher- sammenhang betrachtet hat.“ im Jahr 2017). „Das ist eine Möglichkeit, mehr weise eine gewisse Überraschung dar“, räumt Vielfalt in den Hafen zu bringen und die Attrak- Eddie Kelly, Leiter der Genossenschaft, ein. Greencastle, im Nordosten von Donegal, tivität der Stadt zu steigern – so wie es mit dem „Aber ohne diesen Zuschuss hätten wir nicht verkörpert dieses Zusammenspiel von LEADER-Programm seit Langem in ländlichen viele unserer Mitglieder überzeugen können. Fischerei, Erbe und Kultur. Der lebhafte Gebieten im Landesinneren geschieht“, erklärt Manche Fischer haben noch nicht begriffen, Renkenhafen14 ist das Zentrum der die Direktorin des Museums, Gemma Havlin. dass sich die Zeiten geändert haben.“ Da die Gemeinde. Die von der örtlichen Gemein- Krabbenbestände zurückgehen, konzent- schaft betriebenen Maßnahmen für lokale riert sich die Malin Head Fishermen‘s Co Op Entwicklung (CLLD) im Rahmen des EMFF – wie andere Fischer anderswo in Donegal – halfen bei der Finanzierung von Erweite- Mehrwert auf die Steigerung des Mehrwerts. rungsarbeiten im Hafenbecken, um einen Von Greencastle aus geht es auf der Halb- ▶▶▶ langjährigen Konflikt zwischen zwei konkur- insel Inishowen weiter nach Malin Head, rierenden Nutzergruppen zu lösen. „In Green- dem nördlichsten Punkt der Insel Irland. Hier castle legen viele Kreuzfahrtschiffe an“, erklärt betreibt die lokale Fischereigenossenschaft die Hochseefischerin Cara Rawdon. „Das 32 Schiffe aus den Zwillingshäfen Malin Head 12 https://de.wikipedia.org/wiki/Gaeltacht Hafenbecken war zu kurz und zu eng. Es war und Glengad, die im Winter hauptsächlich 13 Des lois et des hommes (Englisch: A Turning Tide total überfüllt. Die Passagiere stiegen genau Krabben und im Sommer Hummer fangen. in the Life of Man), eine gemeinsame französi- dort aus, wo unsere Netze lagen, sodass für die Im Jahr 2017 erhielt die Genossenschaft von sche und irische Produktion von Loïc Jourdain Menschen eine ernsthafte Verletzungsgefahr der FLAG Mittel für zwei Projekte: den Bau (https://desloisetdeshommes.com/2017/08/30/ le-realisateur/). bestand. Außerdem wurden wir dadurch daran eines temperaturgeführten Lagers für Fisch- 14 Schellfisch, Wittling, Seehecht, Seeteufel usw. gehindert, unsere normale Geschäftstätigkeit köder (27 500 €) und die Modernisierung der
I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 12 „Wir würden gerne in eine eigene Verarbei- Fort Kajaks tungsanlage investieren oder uns mit einer Weiter entlang der Küstenstraße von Inis- anderen Fabrik in Irland zusammenschließen howen steht das beeindruckende Fort – vorausgesetzt, dass unsere Produkte Dunree, das 1798 erbaut wurde, um den eindeutig für den Export nach Frankreich nordwestlichsten Punkt der Halbinsel zu gekennzeichnet sind.“ überwachen. Heute dient das 20 Morgen große Gelände nicht mehr der Verteidigung. Die Steigerung des Mehrwerts liegt auch Seit 1990 beherbergt es ein Militärmuseum, den Fischzüchtern sehr am Herzen. In das von der örtlichen Gemeinde verwaltet Mulroy Bay züchten die Wilhares seit Anfang wird, und diente als Durchführungsort für der 1980er-Jahre Muscheln mit dem Lang- eine Reihe anderer Vorhaben. Verschiedene leinen-System. „In einem durchschnittlichen Projekte am Standort wurden im Rahmen Jahr produzieren wir 300 Tonnen. Früher mehrerer Programme, darunter PEACE und verkauften wir unseren gesamten Bestand LEADER, auf nationaler und europäischer in großen Mengen, ohne Wertzuwachs, Ebene kofinanziert. Im Jahr 2017 stellte die aber 2017 beschlossen wir, einen Teil unserer FLAG 25 000 € (80 % der Gesamtkosten) für Produktion zu konservieren. Die FLAG war der ▲ Das neue Informationszentrum am Leuchtturm die Renovierung eines stillgelegten Boots- einzige Ort, an dem wir finanzielle Unterstüt- Fanad. hauses und die Neuverlegung der Straße zu zung dafür bekommen haben.“ Vor Kurzem der kleinen, von Felsen gesäumten Bucht, investierten sie 25 000 €, davon 10 000 € von in der das Gebäude steht, bereit. Die letzte der FLAG, in den Kauf neuer Reinigungsbe- Etappe des Projekts wird die Vergrößerung cken, eines Förderbands und einer Verpa- der Helling sein. Die FLAG genehmigte den ckungsmaschine. Folglich verkauft das diesbezüglichen Zuschuss im April 2018. Unternehmen, Mulroy Bay Mussels, heute Der renovierte Bootsschuppen ist derzeit rund 20 % seiner Produktion über Vertriebs- an Inish Adventures vermietet, eine Firma, händler an Restaurants in ganz Irland. die Kajakausflüge und Entdeckungsfahrten anbietet. „Es ist eine Win-Win-Beziehung“, erklärt John McCarter, Vorsitzender der Wohltätigkeitsorganisation, die Fort Dunree Fisc her ei in Donegal: ein gemisc htes Bild In Donegal haben etwa 300 Fischereifahrzeuge ihre Die Stadt verfügt über eine florierende Verarbeitungs- und Tiefkühl- industrie, die sich auf Arten wie Makrele, Hering und Blauen Wittling Basis. Die Grafschaft kann in drei Zonen eingeteilt wer- für den europäischen, afrikanischen und asiatischen Markt speziali- den, die sich je nach Arten, Bootsgröße und Zielmarkt siert hat. unterscheiden. Im Jahr 2013 erreichten 62 % aller in irischen Häfen angelandeten Fische Killybegs und Greencastle. Dadurch flossen 113 Mio. Euro Im Norden werden die Häfen rund um die Halbinsel Inishowen in die lokale Wirtschaft. Der Wert der Fänge ist seit 2010 deutlich sowohl für die kleine Küstenfischerei als auch für die kommerzielle gestiegen. Fischerei genutzt. Die Industrie floriert hier relativ gut, besonders in Greencastle (Weißfisch) und in Malin Head and Downings (Krabbe und Hummer). Im Westen, auf dem Küstenstreifen mit Blick auf Árainn Mhór, sieht die Lage etwas düsterer aus. Burtonport, einst ein blühender Verar- beitungs- und Gefrierhafen, ist in Not geraten, da die Kabeljaube- stände zurückgegangen sind und die Lachsfischerei 2005 verboten wurde. Viele Fischhändler haben ihren Betrieb geschlossen, und die wenigen verbliebenen Verarbeitungsbetriebe setzen ihre Hoff- nungen auf Seehecht und Krabben, obwohl der Markt der tiefge- kühlten Krabben wegen der Preise, die die chinesischen Verbrau- cher bereit sind, für frische Krabben zu zahlen, gefährdet ist. Killybegs im Süden ist eine ganz andere Welt. Von diesem Hafen ausgehend stechen die 13 größten Hochsee-Trawler Irlands zusammen mit einer kleinen Flotte von Offshore-Schiffen in die See. ▲ „Seafood Shack“ im Hafen von Killybegs.
I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 13 Ruderer verlor 2008 seinen Job in Derry, „Das EMFF CLLD-Programm ist wirklich als die Finanzkrise zuschlug. Auf der Suche der beste Weg, die Beziehungen zwischen nach einer neuen Karriere gelang es ihm, Fischerei, Tourismus, Kultur und Kulturerbe den Rat von Greencastle zu überzeugen, zu stärken“, bestätigt Jerry Gallagher, Fisch- einen verlassenen Salzwasserpool und die züchter und Präsident der FLAG. angrenzenden Gebäude zu nutzen, um ein neues Unternehmen, Inish Adventures, Diese erfolgreiche Beziehung zeigt sich in zu gründen. Seitdem ist das Unternehmen Fanad, wo 2014-2015 ein weiterer Leucht- weiter gewachsen, hat sich von sieben auf turm renoviert und 2016 der Öffentlich- 50 Kajaks vergrößert, nimmt Schulklassen keit zugänglich gemacht wurde. Neben auf Bildungsausflüge mit und ist nun das dem Leuchtturm, der an das Leben der ganze Jahr über in Betrieb. Das Unter- Leuchtturmwärter erinnert, wurden einige nehmen beschäftigt im Sommer 13 Mitar- der kleinen Häuser in Fanad zu hochwer- beiter und bedient Kunden aus aller Welt. tigen Unterkünften für Touristen umge- „Ich möchte Inishowen zur Kajak-Hauptstadt baut. Noch bahnbrechender war jedoch die Irlands machen“, behauptet Adrien, der Entscheidung, einen riesigen, unansehn- im vergangenen Jahr eine Steigerung der lichen, stillgelegten Kraftstofftank abzu- ▲ Renovierter Bootsschuppen für Kajaks in Fort Kundenzahlen um 30 % verzeichnete. Mit bauen und durch ein zylinderförmiges Dunree. dem Zuschuss in Höhe von 11 000 €, den Gebäude zu ersetzen, das 30 000 € kostete er von der FLAG bekommen hat, konnte (zu 50 % von der FLAG finanziert). Die Bauar- er die Ausrüstung beschaffen, die er benö- beiten wurden gerade erst abgeschlossen. verwaltet. „Adrien und sein Kajakunter- tigte, um das Wachstum seines Unterneh- Sobald das Gebäude eingerichtet ist, wird nehmen bringen Leute zum Fort. Und das Fort mens voranzutreiben. Im Jahr 2018 erhält es einem Schulungszentrum für Fischerei mit seinen Meereshöhlen und Klippen macht er weitere 21 000 € (50 % der Gesamtkosten) Raum bieten, in dem Vorführungen zum das Erlebnis für die Kunden von Inish Adven- für den Bau eines Pontons, um das Ando- Thema Bau von Hummerkäfigen und tures umso spezieller.“ cken zu erleichtern. andere Aktivitäten stattfinden werden, die einen weiteren Beitrag zur Entwicklung des Bei Adrien handelt es sich um Adrien Gebiets leisten. Wie die anderen in diesem Harkin, den Gründer von Inish Adventures. Artikel erwähnten Orte ist Fanad Teil des Der frühere Bauarbeiter und ambitionierte Wild Atlantic Way (WAW)15 – einer Route, die den Tourismus im Westen Irlands belebt NORTH (Irland) hat. Einen weiteren unerwarteten Schub erhielt der Standort vor Kurzem, als ein großer Automobilhersteller einen Werbe- North spot am Leuchtturm drehte. Die zusätz- Fläche: liche Werbung trug zweifellos dazu bei, die 2 688 km² Besucherzahlen von 17 000 im Jahr 2016 auf Bevölkerung: 25 000 im Jahr 2017 zu steigern. Es wurden 91 406 Einwohner 13 Vollzeitstellen geschaffen. Bevölkerungsdichte: Als erfolgreiche lokale Entwicklungsini- 34 Einwohner pro km² tiative könnte der Leuchtturm Fanad als Vorbild für andere Leuchttürme in Árainn IRLAND Mhór (Arranmore), Toraigh und Malin Head dienen – obwohl die FLAG die Bau- und EMFF-Haushalt EUR Umbauarbeiten nicht allein finanzieren EU National Gesamt kann. „Geld ist wichtig, aber was wirklich 889 125 889 125 1 778 250 zählt, ist die Bereitschaft der Gemeinden, ein Projekt zu übernehmen und es am Laufen zu halten“, so Eimear Ní Mhathúna, Leiter der KONTAKT Vereinigung, die den Leuchtturm Fanad FLAG North verwaltet. „Hinter diesem Projekt stehen c/o Owen Doyle etwa 60 Freiwillige und Hunderte von Unter- BIM, National Fisheries College stützern. Sie verstehen, dass Fanad umfas- Greencastle, Co. Donegal sender Bestandteil ihrer Kultur und ihres Iden- F93 PX32. – Irland titätsgefühls ist.“ ■ doyle@bim.ie 15 Die Initiative Wild Atlantic Way wurde 2015 ins Leben gerufen. Die klar ausgeschilderte Route führt Auto- und Radfahrer zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten entlang der Westküste Irlands. https://www.ireland.com/articles/ wild-atlantic-way/
I I Farnet Magazin Nr 16 Herbst 2018 Seite 14 Die Menschen Begleitung und Bewertung: drei FLAG, drei Ansätze Die Begleitung und Bewertung (M&E) stellen einen umfassenden Sarah: Im Rahmen des Antragsverfahrens ersuchen wir um einen Bestandteil der Arbeit einer FLAG dar, nicht nur weil sie Pflichtbe- Projektplan. Dies funktioniert gut, da es den Antragsteller dazu standteil16 sind, sondern auch weil sie wesentlich dazu beitragen, veranlasst, über alle Aspekte der Planung und Durchführung seines dass die FLAG die Erreichung ihrer strategischen Ziele messen und Projekts nachzudenken, einschließlich der Zielvorgaben und Ergeb- verstehen kann, was verbessert werden muss. Nachdem mehrere nisse. In dieser Phase erfassen wir sowohl qualitative als auch quan- bewährte Praktiken bei der Bewertung von CLLD ermittelt wurden, titative Informationen, die wir nach Abschluss des Projekts mit den hat das FARNET Magazin drei FLAG/LEADER LAG-Manager gebeten, tatsächlichen Ergebnissen vergleichen können. Wir überprüfen die sich über ihre Erfahrungen im Bereich Begleitung und Bewertung Ergebnisse eines Projekts mithilfe unseres Formulars zur Projektbe- auszutauschen: Sarah Lamb von der britischen FLAG Highland und gleitung und -bewertung der FLAG. Die einzelnen Projekte weisen Moray, Marjo Tolvanen von der FLAG SEPRA, der auch die FLAG natürlich einige Unterschiede auf. Manche Projekte führen sofort zu ESKO in Finnland leitet, und Sabine Weizenegger von der LAG Ergebnissen, also wird das Begleitungs- und Bewertungsformular Oberallgäu in Deutschland. nur einmal ausgefüllt, während der Nutzen anderer Projekte erst nach dem Abschlussdatum sichtbar wird; in solchen Fällen bitten FARNET Magazin: Woher wissen Sie, dass die von Ihrer wir die Antragsteller, dieses Formular einmal pro Jahr auszufüllen, LAG oder FLAG unterstützten Projekte Ergebnisse erzielen? in der Regel über einen Zeitraum von drei Jahren, in Abhängigkeit vom jeweiligen Projekt. Die Ergebnisse können nicht nur verwendet Sabine: Zunächst möchte ich betonen, dass nicht nur die finan- werden, um festzustellen, wie ein bestimmtes Projekt durchgeführt zierten Projekte zur Erreichung der Ziele der Lokalen Entwicklungs- wurde, sondern, wenn sie gebündelt werden auch, um die Gesamt- strategie (LDS) beitragen. In unserer LDS haben wir drei Wege zur wirkung der Finanzierung auf das Gebiet und die Erreichung der Erreichung unserer strategischen Ziele definiert: (1) durch finan- Ziele der FLAG, wie sie in der LDS dargelegt sind, aufzeigen. zierte Projekte; (2) durch Projektauswahlkriterien (die nicht nur dazu dienen, Projekte auszuwählen, sondern auch deren Qualität zu Marjo: Wir haben nicht viele Projekte; deshalb steht unser Koor- verbessern); und (3) durch die Sensibilisierung der lokalen Gemein- dinator oft in Kontakt mit den Projektträgern. Da die Projektaus- schaft. Die Ergebnisse der beiden letztgenannten Tätigkeiten lassen wahlkriterien einfach sind und klare Ziele enthalten, fällt es leichter, sich nur indirekt erfassen und sind daher schwieriger nachzuweisen. den Fortschritt zu bewerten. Die erzielten Ergebnisse werden mit Wir müssen qualitative und deskriptive Methoden anwenden. den Ergebnissen verglichen, die bei der Projektauswahl erwartet wurden. Zum Ende eines jeden Projekts trifft sich unser Koordinator Bezüglich der Projekte definieren wir während des Auswahlpro- mit dem Projektträger und bewertet die erreichten Ergebnisse. zesses den erwarteten Beitrag jedes Projekts und legen bis zu Jeder Projektträger erstellt zudem einen Abschlussbericht. drei Ziele in unserer LDS fest. Projekte, die nicht zu mindestens einem Ziel beitragen, können nicht gefördert werden. Zum Ende Unser Vorstand überwacht unsere Tätigkeit kontinuierlich. Dadurch des Projekts muss der Begünstigte einen kurzen Abschlussbericht wurde uns zum Beispiel klar, dass wir nur über sehr wenige Projekte vorlegen, in dem das Erreichte beschrieben wird. In früheren Peri- aus dem Unternehmensbereich verfügen, obwohl dies ein wich- oden haben wir auch eine Liste offizieller Indikatoren verwendet, tiges Ziel unserer Strategie darstellt. Infolgedessen haben wir die die jedoch für den LEADER/CLLD-Ansatz nicht besonders geeignet Förderbedingungen geändert, um die maximale Beihilfeintensität waren. Es gibt zwei Bereiche, in denen Verbesserungen möglich für unternehmensbezogene Projekte zu gewährleisten. sind: Erstens müssen wir derzeit den Umfang der Mittel an die Ziele anpassen, was nicht immer sinnvoll ist: Es gibt kleine Projekte, die große Auswirkungen haben können und umgekehrt; und zweitens stehen uns momentan nicht genügend Kapazitäten zur Verfügung, um die langfristigen Auswirkungen nach Abschluss der Projekte systematisch zu überwachen. 16 siehe Verordnung über gemeinsame Bestimmungen, Art. 33 und 34.
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