Bps-magazin Selbsthilfe: Mitmachen und Mutmachen - Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V - Bundesverband Prostatakrebs ...

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Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V.

 bps-magazin                             Ausgabe 1/2021

 Selbsthilfe:
 Mitmachen und
 Mutmachen

      mit acht Sonderseiten zur PSA-gestützten Früherkennung 
Bps-magazin Selbsthilfe: Mitmachen und Mutmachen - Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V - Bundesverband Prostatakrebs ...
Inhalt 1/2021

           Aktuell
2          Der Vorstand informiert: Bericht von der 89. Vorstandssitzung
2          Mitgliederbefragung „BPS der Zukunft“
3          Mitmachen und Mutmachen in der Selbsthilfe: Für uns, unsere Söhne und Enkel
5          BPS-Newsletter – jetzt bestellen
6          Interview mit Prof. Dr. Arnulf Stenzl – DGU-Präsident 2021
8          Die Beratungshotline in Zeiten von Corona
9          Danke für 13 Jahre gemeinsame Zeit
9          Wahr oder Falsch – Informationen im Internet

           Diagnose und Therapie
11         Die Bedeutung psychosozialer Faktoren im Umgang mit einer Prostatakrebserkrankung
13         Psychoonkologie in der täglichen Arbeit einer BPS-Selbsthilfegruppe
14         G-BA beschließt geringen Zusatznutzen für Enzalutamid im Hochrisiko-nmCRPC
15         Bestrahlung nach Prostatakrebs-Operation erst bei PSA-Anstieg
16         Corona-Impfung – Was Krebserkrankte wissen müssen
17         Ultima Ratio beim Prostatakrebs: Radioligandentherapie
19         Mit leuchtendem Beispiel voran: Tumoren aufspüren und zugleich angreifen
20         Erweiterte Lymphknotendissektion weglassen, wenn PSMA-PET/CT-Scan negativ für PCa-Metastasen?
21         Negative Biopsien unter „Active Surveillance” deuten auf gute Outcomes hin
22         Kastrationsresistenter, metastasierter Prostatakrebs: Enzalutamid nicht zusammen mit Abirateronacetat

           Verbandsnachrichten
24         Virtuelle Mitgliederversammlung des Regionalverbands Niedersachsen/Bremen
24         Erstes virtuelles Treffen des Regionalverbands Neue Bundesländer (RNBPS) – insgesamt ein Erfolg!
25         SHG Marburg an Teilhabebericht beteiligt
25         Positiv getestet – aus dem Alltag eines Corona-Infizierten
26         Zehn Jahre SHG Prostatakrebs Adelsheim und Umgebung
27         Selbsthilfegruppe in Pandemiezeiten
28         Virtueller Informationstag 2020 des Prostatakarzinomzentrums Regensburg
29         Die „Mutmach-Geschichte“ eines Betroffenen
30         Mitspieler gesucht
31         Rückblick der SHG Chemnitz auf ein besonderes Jahr
32         Arbeitskreis „Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen“: Aktualisierung S3-Leitlinie

           Für Sie notiert
33         Buch „Diagnose Krebs – zusammen stark bleiben“
33         DVPZ nun URO-Cert

           Wir bleiben dran: Die risikoadaptierte PSA-gestützte Früherkennung des
          Prostatakrebses gehört in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen!

Impressum:
Herausgeber: Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V., Thomas-Mann-Straße 40, 53111 Bonn
Telefon: 0228 33889-500, E-Mail: info@prostatakrebs-bps.de
Verantwortlich i.S.d.P.: Werner Seelig, Redaktion: Ute Gräfen; Ernst-Günther Carl,
Manfred Ohler, Werner Seelig; E-Mail: magazin@prostatakrebs-bps.de
Druck: C. V. Engelhard, Weidendamm 10, 30167 Hannover
Redaktionsschluss: Ausgabe 1/2021: 1. März 2021; Ausgabe 2/2021: 1. Juli 2021; Ausgabe 3/2021: 1. Oktober 2021
Der Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V. wird unterstützt durch die Stiftung Deutsche Krebshilfe.
Er finanziert seine Arbeit darüber hinaus durch Spenden.
Titelfoto: Konstiantyn – stock.adobe.com
Hinweis: Erfahrungsberichte/Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung des Verfassers wieder.
Die Redaktion behält sich vor, sinnwahrende Kürzungen vorzunehmen.
Nutzen Sie auch das Informationsangebot im Internet: www.prostatakrebs-bps.de · forum.prostatakrebs-bps.de

2    ǀ   BPS-Magazin 1/2021
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Editorial

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,

mir fällt kein anderer Titel ein, wenn ich an das seit   qua li t ät s g e si-
Jahren andauernde Bemühen des BPS zur Etablie-           cherte medizi-
rung der risikoadaptierten, PSA-gestützten und           nische Informa-
von den gesetzlichen Krankenkassen finanzierten          tionen.       Unter
Früherkennung des Prostatakrebses denke, als             der Überschrift
der eines Fantasyromans von Michael Ende.                „Wahr          oder
In unserem 1. Magazin des vorigen Jahres zitier-         Falsch“ geben
ten wir Dr. Axel Schroeder, Präsident des Berufs-        wir Ihnen Hin-
verbands der Deutschen Urologen e. V. (BvDU),            weise und Emp-
mit den Worten: „Es ist wichtig, dass die indivi-        fehlungen         für
duelle PSA-Bestimmung mit einer angemessenen             Ihre Suche im
Vergütung der notwendigen intensiven ärztlichen          Internet. Auf der Internetseite des BPS, die re-
Beratungsleistung künftig in den Leistungskata-          gelmäßig auf neue Informationen zu durchstö-
log der GKV aufgenommen wird.“                           bern ich Ihnen ans Herz lege, finden Sie nun auch
                                                         aufgezeichnete Vorträge. Beachten Sie dazu den
Wie die Abstimmung im Gemeinsamen Bundes-                Hinweis auf der letzten Umschlagseite.
ausschuss letztendlich ausging und welche Reak-
tionen sie auch unter Urologen auslöste, können          Jetzt wünsche ich Ihnen noch eine gute Zeit und
Sie im Mittelteil dieses Magazins auf acht Son-          vor allem, bleiben Sie gesund und dem BPS ge-
derseiten lesen. Der BPS wird darauf achten und          wogen.
sich dafür einsetzen, dass dies keine „unendliche
                                                         Ihr
Geschichte“ bleibt.
                                                         Werner Seelig
Wie immer legen wir unseren Schwerpunkt auf              – Vorsitzender –

 Auf ein Wort!
 Es ist mir ein großes Anliegen, Ihnen allen für die zahlreichen Spenden zu danken, die uns Jahr für
 Jahr erreichen. Was Sie uns für unsere Arbeit überweisen, gaben Sie gern und in der Überzeugung,
 dass die Arbeit unseres Bundesverbands wichtig ist.
 Nicht die Höhe der Spende ist es, was zählt, sondern Freiwilligkeit und Bereitschaft, selbst auf etwas
 zu verzichten. Seien Sie an dieser Stelle nochmals versichert, dass der BPS das ihm von Ihnen zur
 Verfügung gestellte Geld Cent für Cent für seine Ziele und Aufgaben verwendet, die Sie auf seiner
 Webseite unter www.prostatakrebs-bps.de/ziele-aufgaben finden. In den Geschäftsberichten, unter
 www.prostatakrebs-bps.de/geschaeftsberichte, können Sie sich ebenfalls über die Arbeit des BPS
 informieren.
 Bitte unterstützen Sie uns durch Ihre Spende auch weiterhin. Dafür danken wir Ihnen herzlich!
 Spendenkonto bei der Sparkasse Hannover:
 IBAN: DE62 2505 0180 0007 0206 21, BIC: SPKHDE2HXXX

                                                                                BPS-Magazin 1/2021    ǀ1
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Aktuell

Der Vorstand informiert
Bericht von der 89. Vorstandssitzung des BPS
Von Werner Seelig, Vorsitzender des BPS

Coronabedingt fand diese Sitzung wieder virtuell     funden werden. Die Geschäftsstelle berichtete,
statt. Die Situation berücksichtigend wurden alle    dass dies für insgesamt 15 SHGs gelang, davon
Präsenzveranstaltungen für das erste Halbjahr        alleine fünf im Landesverband Nordrhein-West-
abgesagt. Dort, wo dies möglich und sinnvoll ist,    falen. Außerdem konnte der BPS im vergangenen
werden stattdessen virtuelle Veranstaltung vor-      Jahr drei neue Selbsthilfegruppen aufnehmen.
bereitet. Dies betrifft insbesondere die geplanten   Dem Bericht der Beratungshotline konnte ent-
Seminare. In dem Zusammenhang habe ich auch          nommen werden, dass auch deren Tätigkeit un-
die Vorsitzenden der Regional- und Landesver-        verändert nachgefragt wurde. Sie erhielt über
bände über die Verlegung der Jahrestagung des        1.100 mündliche und schriftliche Anfragen, die die
BPS in den Herbst informiert.                        zehn in der Hotline tätigen BPS-Mitglieder quali-
Dass das Vereinsleben trotz Corona nicht zum Er-     fiziert beantworteten.
liegen gekommen ist, ging aus allen Berichten der    Den Kollegen aus den Regional- und Landesver-
Verbände hervor. So konnten selbst in dem für        bänden wurde das Konzept einer neuen Kommu-
alle Selbsthilfegruppen nicht leichtem Jahr 2020     nikationslinie „BPS-Newsletter“ vorgestellt, die
Lösungen für die Nachfolge in den Leitungen ge-      am 1. April starten wird.

»                      Merken Sie den Termin vor
           BPS-Jahrestagung in Madgeburg: 5. bis 7. Oktober 2021
                                                                                                 »
                              (Pandemiebedingte Änderungen möglich)

Mitgliederbefragung „BPS der Zukunft“

(ws) Unter dem Titel „Selbsthilfe im Wandel – Der    Mitwirken. Auf ihre Initiative hin wurde ein Frage-
BPS mittendrin“ schrieb ich im Magazin 2/2020        bogen erarbeitet, der Ende Februar allen Selbst-
meine Gedanken zum Umbruch in der Selbsthilfe        hilfegruppen zur Beantwortung gegeben wurde.
nieder. Ich verband dies mit dem Aufruf sich zu      In persönlichen Anschreiben bat ich die Leitung,
engagieren. Ich beschrieb auch, dass wir auf al-     den Link zur Onlinebefragung in
len Ebenen des Verbands zupackende Engagierte        ihrer SHG zu teilen und weitere
benötigen, die die Arbeit des BPS in die Zukunft     Fragebögen in Papierform bei
führen.                                              der Geschäftsstelle abzufordern.
  Der Vorstand hat einige SHG-Leiter gebeten,        Wenn auch Sie sich noch an der
ihn bei der Wahl des richtigen Weges zu bera-        Umfrage beteiligen möchten,
ten. An dieser Stelle danke ich dafür Peter Bein-    nutzen Sie gerne den QR-Code.
dorf (Niedersachsen), Kurt Imhof (Niederbayern)        Die Teilnahme ist bis einschließlich 18. April
und Hans-Dieter Schaaf (Brandenburg) für ihr         2021 möglich.

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Mitmachen und Mutmachen in der Selbsthilfe:
Für uns, unsere Söhne und Enkel

(ws) Die Redaktion des BPS-Magazins bat Ralf-Rainer-Damm, Moderator des BPS-KISP-Forums und Mit-
glied in der Beratungshotline des BPS, Paul Enders, Vertreter des BPS in der Leitlinienkommission und
ebenfalls Mitglied in der Beratungshotline sowie Jens-Peter Zacharias, Patientenvertreter im Gemeinsa-
men Bundesausschuss und in der Leitlinienkommission, um je einen Beitrag zum Thema „BPS der Zu-
kunft“. Alle drei Kollegen arbeiten seit vielen Jahren mit großem Engagement ehrenamtlich für die Ziele
des BPS. Für ihren Einsatz dankte der BPS ihnen mit der Auszeichnung „Ehrennadel des BPS in Gold“.
  Auszugsweise lesen Sie hier, wie Ralf-Rainer Damm, Paul Enders und Jens-Peter Zacharias zum BPS
fanden, warum sie blieben und was sie sich für die Zukunft des BPS wünschen:
fizkes – stock.adobe.com

   Am 15. September 2000 wurde der Bundesver-        Dass sich da plötzlich Prostatakrebspatienten or-
band Prostatakrebs Selbsthilfe als Zusammen-         ganisierten, sich zu der Krankheit selbst informie-
schluss von gerade einmal 18 zuvor unabhängig        ren wollten und gar kritische Fragen an den Me-
voneinander bestehenden Selbsthilfegruppen           dizinbetrieb stellten, kam dort nicht gut an.
gegründet. Was damals klein begann, ist heute          Ich schreibe dies, um Männern, die heute ihre
mit über 200 angeschlossenen Selbsthilfegrup-        Krebsdiagnose erhalten, zu verdeutlichen, wie die
pen die größte Selbsthilfeorganisation Europas       umfangreiche Selbsthilfe-Infrastruktur entstan-
von und für Prostatakrebspatienten.                  den ist, die sie vorfinden. Ich schreibe dies auch,
  Forschungsprojekte zum Prostatakrebs gab es        um ein Bewusstsein dafür zu erzeugen, dass diese
im Jahr 2000 in Deutschland nicht, an keiner Uni-    Infrastruktur nicht vom Himmel gefallen und kein
versitätsklinik. Man brauchte keine Forschung,       Selbstläufer ist, sondern aus kleinen Anfängen
man wusste ja bereits alles über die Krankheit.      durch das Engagement und die Hartnäckigkeit

                                                                             BPS-Magazin 1/2021     ǀ3
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Stützen                                       Vertrauen
fotomek – stock.adobe.com

                               Stärken                                       Motivieren

von Männern entstanden ist, die sich mit ganzer         die ihnen und anderen zugutekommen würden,
Kraft dieser selbstgewählten neuen Aufgabe wid-         wenn sie sich dazu entschließen könnten, von der
meten und teilweise heute noch widmen. Namen            Empfänger- auf die Geberseite der Prostatakrebs-
dieser Pioniere, wie Wolfgang Petter, Christian         Selbsthilfe zu wechseln und dabei und dafür diese
Ligensa, Uwe Peters, Wil de Jongh und viele an-         Fähigkeiten einzubringen.
dere, sind nur noch wenigen bekannt, und nicht                                         Ralf-Rainer Damm
                                 mehr viele leben
                                 noch, die diese Zeit     Seit der Gründung des BPS im Jahr 2000 ha-
                                 des Aufbaus miter-     ben wir es erreicht, eine zunächst beiderseits von
                                 lebt haben.            Vorbehalten geprägte Verbindung zu den medi-
                                   Ich schreibe dies    zinischen Fachgesellschaften aufzubauen und zu
                                 auch, um darauf        festigen. Durch konsequente Arbeit haben wir
                                 hinzuweisen, dass      uns die Kompe-
                                 diejenigen,      die   tenz erschaffen, die
                                 heute „den Laden       heute das Verhält-
                                 am Laufen halten“,     nis zwischen den
                                 sei es im Vorstand     Medizinern      und
                                 des BPS, als Lei-      der Patientenver-
                                 ter von Selbsthil-     tretung durch den
Ralf-Rainer Damm, © privat       fegruppen oder in      BPS prägt. Schon
                                 anderen Aufgaben       die erste Versi-
auch einmal zu dem Punkt kommen werden, wo              on der S3-Leitlinie
sie den Staffelstab weitergeben möchten.                zum Prostatakrebs
   Seit Beginn des Jahres 2000 erhielten in             enthält eine starke
Deutschland etwa 1,2 bis 1,3 Millionen Männer           Empfehlung: „Der
die Diagnose „Prostatakrebs“ – eine unglaubliche        Patient soll auf die           Paul Enders, © privat
Zahl. Das waren oder sind Männer, die ihre beruf-       Möglichkeit hinge-
liche Karriere entweder weitestgehend oder be-          wiesen werden, sich mit einer Selbsthilfegruppe
reits vollständig hinter sich hatten oder haben. Sie    in Verbindung zu setzen“ und einen Hinweis auf
haben sich in dieser Zeit Fähigkeiten angeeignet,       die Internetseite des BPS. Die Empfehlung bestä-

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tigt die Bedeutung des BPS als seriöse, verläss-       te mit dem Leiter
liche Säule im Umgang mit dem Prostatakrebs.           viele Veranstaltun-
Diese Stellung des BPS wurde über Jahre hinweg         gen und wir stell-
durch einen beharrlichen Einsatz von Mitbetrof-        ten Fragen. Ich war
fenen entwickelt, aufgebaut und gefestigt. Sie zu      erschrocken, wie
erhalten und auszubauen sind die Aufgaben der          wenig die Medi-
Zukunft. Dazu ist es notwendig, dass auch künf-        ziner von den Er-
tig Männer bereit sind, die Voraussetzungen zu         gebnissen ihrer Ar-
schaffen, um den Erfolg der Aufgaben des BPS           beit wussten. Diese
„Informieren. Helfen. Einfluss nehmen.“, nachhal-      Wahrnehmung
tig abzusichern.                                       wurde von den Kla-
                                     Paul Enders       gen der Männer in
                                                       den Gruppenaben-
  Ich befasste mich (nach der Diagnose) mit der        den über ihre Be-
                                                                                       Jens-Peter Zacharias
Frage, wie es weitergehen sollte und landete           handlung ergänzt:
bei einem Krebsinformationstag der Krebshilfe,         Die Ängste und
dem BPS und einem Beratungsstand der Charité           Hilflosigkeit der Leidensgenossen!
für das Projekt eines Risikorechners. Hanns-Jörg         Heute arbeite ich als fallbezogener Patienten-
Fiebrandt, damals Vorstandsmitglied des BPS,           vertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss, in
sammelte mich auf und nahm mich mit in seine           der Leitlinienkommission und in der Arbeitsgrup-
Selbsthilfegruppe in Berlin-Kreuzberg, damals          pe Patientenvertreter im Gesundheitswesen.
eine der größten deutschen Gruppen. Er wurde zu          Es bleibt viel zu tun! Ich hoffe, es finden sich
meinem Paten und die Gruppe über einige Jahre          Menschen zur weiteren Fortsetzung unserer Ar-
zu meiner Heimat auf meiner Krebsreise.                beit. Ich hoffe, wir haben in einigen Jahren die
  Während dieser Zeit beteiligte ich mich an der       beste Prävention, Diagnose und Krebstherapie
Organisation der Gruppenabende und besuch-             unter den Industrieländern.
                                                                                     Jens-Peter Zacharias

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(ws) Getreu seinem Motto „Gutes bewahren –             zahlreichen Nachrichten ausgewählt und für Sie
Neues versuchen“ erweitert der BPS sein Angebot        zusammengestellt. Abgerundet wird dieser Kom-
an Informationen für alle Interessierten. Ab dem       plex u. a. mit Hinweisen auf Vorträge, die der BPS
2. Quartal wird als weitere Quelle für gute, seriöse   im Rahmen seiner Weiterbildung allen Interes-
und evidenzbasierte Informationen ein monatlich        sierten anbietet.
erscheinender Newsletter allen, die diese medi-          Sie können diesen Newsletter schon jetzt abon-
zinischen, aber auch verbandsinternen Informati-       nieren, indem Sie auf unserer Internetseite den
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  Der Schwerpunkt liegt dabei auf aktuellen me-        regungen und Hinweise entgegen. Setzen Sie sich
dizinischen Informationen. Diese werden sorg-          dazu mit uns in Verbindung. Die Kontaktdaten,
fältig, entsprechend den hohen Maßstäben, die          finden Sie im Impressum auf der ersten inneren
der BPS an sich und seine Arbeit anlegt, aus den       Umschlagseite.

                                                                               BPS-Magazin 1/2021      ǀ5
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Interview mit Prof. Dr. Arnulf Stenzl – DGU-Präsident 2021

Wie sehen Sie angesichts Covid-19 die Ent-            multiparametrische MRT (mpMRT) der Prostata
wicklung beim Prostatakrebs bezüglich rapi-           – entgegenzuwirken. Wir brauchen eine weiter-
de zurückgegangener Zweitmeinungsgesprä-              hin gute Aufklärung, um den seriösen Umgang
che und teilweise verschobener Operationen?           sowohl mit PSA als auch Bildgebung als nützli-
Selbstverständlich sehe ich mit Sorge die Ent-        che Werkzeuge der Früherkennung für Ärzte und
wicklung von Prostatakrebsfrüherkennung bzw.          Krankenversicherungen zu erhalten.
-therapie angesichts von COVID-19. Hier gibt es
jedoch deutliche regionale und krankenhausspe-        In der Aktiven Überwachung, festgeschrieben
zifische Unterschiede. Ich sehe in Deutschland        in der S3-Leitlinie, haben wir deutlichen Nach-
durch die Tatsache, dass viele Prostatatumore in      holbedarf im Vergleich zu anderen Ländern in
der Praxis erkannt und besprochen werden, einen       Europa und der Welt. Wege, dies zu verbes-
gewissen Vorteil zu anderen Ländern, da viele         sern, sollten unsere gemeinsame Zielsetzung
Praxen weiterhin trotz der Pandemie für Patien-       sein – auch zur Vermeidung unnötiger Thera-
ten offen geblieben sind und dadurch ein Teil der     pieansätze. Was können wir dazu zusammen
Probleme, die in anderen onkologischen Fachdis-       unternehmen?
ziplinen zu erheblichen Probleme geführt haben,       Auch in der aktiven Überwachung müssen die in
zumindest abgemildert werden konnte.

Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl:
1973-1980 Medizinstudium (Karl-Franzens Universität Graz)
1987         Ausbildung zum Facharzt für Urologie am Department
             für Urologie der Chirurgischen Universitätsklinik
1987 – 1989 Division of Urology, University of California, Los Angeles, USA
1989-2002 als Facharzt für Urologie tätig in Graz, Bern und Innsbruck
seit 2002    Ärztlicher Direktor der Klinik für Urologie,
             Eberhard-Karls-Universität Tübingen

                                                                                     Prof. Dr. Arnulf Stenzl,
Wir haben in guter Zusammenarbeit mit der                                                          © privat
DGU das Thema Früherkennung beim Prosta-
takarzinom vorangebracht. Was können wir              der S3-Leitlinie verankerten Grundsätze durch in-
gemeinsam weiter tun, um im urologischen              tensive Fortbildung nicht nur unter den urologi-
Bereich den signifikanten Unterschied zwi-            schen Kollegen, sondern in der gesamten Ärzte-
schen Frauen und Männern in der Krebsfrüh-            schaft verbreitet werden. Für eine sinnvolle aktive
erkennung zu verbessern?                              Überwachung ist aber auch eine gute primäre
Zum Thema Früherkennung ist es sicherlich wich-       Diagnostik notwendig. Vor allem die Bildgebung
tig, der negativen Diskussion rund um den PSA-        und ein sinnvoller Umgang mit PSA sind wichtige
Wert und die Bildgebung – hier vor allem die          Voraussetzungen.

6   ǀ   BPS-Magazin 1/2021
Bps-magazin Selbsthilfe: Mitmachen und Mutmachen - Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V - Bundesverband Prostatakrebs ...
Es liegen mit „Precision“ und „Promis“ Stu-          änderungen und Immunschwächen besser in un-
dien zum mpMRT vor und das mpMRT sollte              sere Behandlungsmöglichkeiten einzubauen.
unabdingbare Voraussetzung für die Aktive
Überwachung werden. Würden auch Sie sa-              Unseren schwerstbetroffenen Mitgliedern in
gen, dass wir das gemeinsam in den entspre-          palliativer Situation steht trotz neuer Medika-
chenden Kanälen vertreten und uns dafür              mente und Chemotherapie für das krankheits-
einsetzen sollten, dass dies eine normale Be-        spezifische Überleben nur eine überschaubare
handlungs- und Kassenleistung wird?                  Therapieauswahl in den Sektoren Chemothe-
Die von Ihnen angesprochenen Studien sowie           rapie und Hormonentzugstherapie zur Verfü-
zahlreiche weitere Daten, die ja zum Teil auch aus   gung. Gibt es Entwicklungen, die diesen Zu-
Deutschland kommen, sowie Weiterentwicklun-          stand verbessern können?
gen (z.B. das biparameterische MRT bzw. mögli-       Die Entwicklungszeit bis zur Zulassung eines Me-
cherweise der Mikroultraschall) sollten unbedingt    dikamentes kann nur durch eine Verstärkung der
uneingeschränkt für alle Männer mit klinischem       entsprechenden staatlichen Institutionen verbes-
Verdacht auf ein Malignom der Prostata zu einer      sert werden. Wir wissen, dass manche Hinder-
normalen Erstattungsleistung werden.                 nisse für die Entwicklung klinisch brauchbarer
                                                     Präparate durch unterbesetzte Institutionen, wie
Alle sprechen über Gensequenzierung und da-          dem Bundesamt für Strahlenschutz, bedingt sind.
raus abzuleitende Therapien. Beispiele dafür         Über mehrere Jahre haben wir – auch von Tübin-
sind BRACA und der Themenkreis PARP-In-              gen aus – versucht, Politiker davon zu überzeu-
hibitoren. In einigen Ländern ist das Erheben        gen, dass hier Abhilfe geschaffen werden muss,
von genspezifischen Parametern Regelbe-              da es – verglichen mit anderen Ländern – über-
trieb. Müssen wir hier aufholen?                     durchschnittlich lange Verzögerungen in den Ge-
Vor allem bei Männern mit einer positiven Famili-    nehmigungen wichtiger Studien gibt, die für die
enanamnese auf Prostatakarzinom und Brustkrebs       Zulassungen erforderlich sind.
sowie bei fortgeschrittenem bekanntem Prosta-
takarzinom ist eine Gensequenzierung heute für       Aktuell dauert es eine ziemlich lange Zeit von
eine vernünftige Therapiestrategie unumgäng-         der Entwicklung bis zur Zulassung eines wirk-
lich. Dies muss auch in Deutschland Grundlage        samen Medikamentes, wobei fast nur auf das
für eine Behandlungsstrategie werden.                Gesamtüberleben geblickt wird. Sehen Sie
                                                     Chancen, diesen Zeitraum zum Vorteil der Pa-
Wie kommen wir zu einer verbesserten euro-           tienten zu verkürzen und auch Themen wie
päischen koordinierten Forschung, um schnel-         metastasenfreie Zeiträume mit in die Bewer-
ler Patienten zu erreichen?                          tung einzubringen?
Europäische Netzwerke gibt es zwar schon, aber       Sie haben vollkommen recht, nach wie vor dauert
nach wie vor finden viele weitere Entwicklungen –    die Entwicklung bis zur Zulassung eines Medika-
nicht nur auf dem Gebiet des Prostatakarzinoms       mentes noch relativ lange. In meiner Eigenschaft
– nicht in Deutschland oder Europa, sondern in       als Mitglied des Leitungsgremiums der Europäi-
Nordamerika und zunehmend auch in Ostasien           schen Gesellschaft für Krebs (European Cancer
statt. Wenn es uns nicht gelingt, hier starke For-   Organisation – ECO) habe ich das auch schon bei
schungsnetzwerke in Europa aufzubauen, statt in      der Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides der
der Forschung weiterhin auf nationale Netzwerke      Europäischen Kommission angemahnt. Im Bereich
zu setzen, werden wir früher oder später abge-       des Prostatakarzinoms tut sich hier aber etwas:
hängt. Dies trifft vor allem die teure Forschung     In den Stadien des Prostatakarzinoms, wo eine
von fortgeschrittenen Tumoren. Hier gilt es – wie    erfreulicherweise längere Lebenserwartung zu
schon oben erwähnt – Gendefekte bzw. Genver-         sehen ist, wird von den Behörden zum Teil nicht

                                                                           BPS-Magazin 1/2021    ǀ7
Bps-magazin Selbsthilfe: Mitmachen und Mutmachen - Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V - Bundesverband Prostatakrebs ...
mehr auf Gesamtüberleben gedrängt, sondern            die Daten bereits bei Vorliegen von signifikantem
man akzeptiert in einigen Fällen für eine Zulassung   PFS den Behörden vorgelegt wurden. Bei dieser
auch das progressionsfreie Überleben (PFS). Als       Studie hat man aber auch auf patientenbezogene
Beispiel dafür dient die ARCHES-Studie, bei der       Sichtweisen bzw. Ergebnisse Bedacht genommen.

Die Beratungshotline in Zeiten von Corona
Von Paul Enders, Mitglied der BPS-Beratungshotline

Seit einem Jahr beeinflussen die Einschränkungen      möglich. Damit war
durch das Coronavirus SARS-CoV-2 (Covid-19)           ein Austausch un-
unser tägliches Leben. Öffentliche Veranstaltun-      ter den Mitgliedern
gen finden nicht mehr statt, Geschäfte sind zum       der Gruppe nicht
Teil geschlossen, ebenso Restaurants, Kinos, The-     oder nur in redu-
ater und Museen. Aber auch in der Medizin gab         ziertem      Umfang
und gibt es noch Einschränkungen: Patiententage       über das Telefon
und andere Informationsveranstaltungen muss-          möglich.                        Paul Enders, © privat
ten abgesagt werden, Untersuchungen wurden              Wo dies möglich
verschoben, persönliche Beratungsgespräche in         war, wurde Home
Fachkliniken konnten nicht mehr durchgeführt          Office empfohlen. Wir Berater der Hotline arbeiten
werden und wurden zum Teil durch Telefonate er-       schon seit Beginn von zu Hause aus, also im Home
setzt. Aber auch auf das Verhalten von Betroffe-      Office; allerdings zu festen Beratungszeiten. Von
nen selbst hat die Pandemie Einfluss genommen.        den Einschränkungen durch die Pandemie sind
Viele Männer haben Besuche beim Arzt vermie-          wir auch betroffen. Die Berater der Hotline trafen
den, zum Teil, weil sie kein unnötiges Risiko einer   sich in der Vergangenheit zweimal im Jahr. Dabei
Ansteckung eingehen wollten, oder auch weil die       wurden Erfahrungen ausgetauscht, Fachvorträge
Maßnahmen zur Vermeidung einer Ansteckung             von Medizinern live oder von Aufzeichnungen
(Beschränkung der Personenanzahl im Wartebe-          aus den DGU-Kongressen gehört und diskutiert.
reich, Warten vor der Tür zur Praxis) abschreckten.   Diese Treffen dienten auch der internen Quali-
Manche scheuen aus diesen Gründen jetzt auch          tätssicherung. Sie konnten im vergangenen Jahr
einen Krankenhausaufenthalt. Diese Effekte ha-        natürlich nicht stattfinden. Mit Videokonferenzen
ben sich auf die Anrufe bei der Beratungshotline      haben wir begonnen, einen akzeptablen Ersatz zu
ausgewirkt. Wegen der reduzierten Anzahl von          schaffen. Unsere Beratertätigkeit ist dadurch aber
Arzt- und Klinikbesuchen waren weniger Untersu-       nicht gestört. Die Hotline steht also wie gewohnt
chungsergebnisse das Thema von Anrufen. Ande-         allen Anrufern uneingeschränkt zur Verfügung.
rerseits führte der Mangel an Gesprächsterminen         Wir sind für Sie da, wenn Sie durch Untersu-
beim Arzt zu einem vermehrten Gesprächsbedarf         chungsergebnisse beunruhigt sind. Wir erklären
bei der Hotline, sodass im Jahr 2020 die Hotline      Ihre Befunde, informieren Sie über von der Leit-
sogar etwas mehr Gespräche verzeichnen konnte         linie empfohlene Untersuchungen und Behand-
als im Vorjahr.                                       lungsmöglichkeiten. Wir versuchen, Ihre Situation
  Unsere Selbsthilfegruppen konnten im letz-          aus der Sicht eines Mitbetroffenen zu sehen. Of-
ten Jahr kaum Gruppenabende durchführen und           fene Fragen, die sich aus den Empfehlungen des
auch heute ist dies noch nicht uneingeschränkt        Arztes ergeben, versuchen wir zu beantworten.

8   ǀ   BPS-Magazin 1/2021
Wenn Sie es wünschen, nennen wir Ihnen Kon-            werden. Wenn häufig Selbsthilfegruppenleiter
taktdaten zu Selbsthilfegruppen und zertifizier-       an uns verweisen, beweist das, dass die Gruppen
ten Zentren in der Nähe Ihres Wohnorts.                und die Hotline einander gut ergänzen; und das
  Wir beantworten aber auch gerne Fragen, die          ist besonders wichtig in dieser Zeit der Einschrän-
aus einer Selbsthilfegruppe heraus an uns gestellt     kungen.

 Danke für 13 Jahre gemeinsame Zeit
 Von Reinhard Strozyk, Koordinator der BPS-Beratungshotline

 Für sein langjähriges, ehrenamtliches Engagement bei der Beratungshotline möchten wir uns bei
 Hans Lehmann herzlich bedanken.
 Hans Lehmann, Gründer und Leiter der Selbsthilfegruppe Fulda und seit
 der Gründung 2008 in der Beratungshotline tätig, beendet seine Mit-
 arbeit in der Beratungshotline. Wir Hotliner bedauern dies sehr. Durch
 seine kollegiale Hilfe hat er immer wieder inhaltlich zu Beratertreffen
 beigetragen. Auch die Organisation von Referenten für die Fortbildung
 aus dem Umland des Tagungsortes sowie von Exkursionen hat er gerne
 übernommen und sich bereitwillig als Fahrer bei den Hotlinetreffen an-
 geboten. In dieser Zeit hat er sein Wissen und seine Erfahrung anderen,
 mit der Diagnose Prostatakrebs konfrontierten Männern und auch ihren
 Angehörigen zuteil werden lassen.
 Hans Lehmann war auch Mitbegründer der Prostatakrebs Selbsthilfe-
 gruppen Hersfeld-Rotenburg, Frankfurt sowie Vogelsbergkreis/Lauter-              Hans Lehmann,
 bach-Maar.                                                                        © R.-R. Damm
 Anlässlich der 18. Mitgliederversammlung des BPS in Magdeburg im Jahr 2018 wurde Hans für sein
 langjähriges und großartiges Engagement in der Beratungshotline geehrt.

Wahr oder Falsch – Informationen im Internet
(ug) Wie kompetent ist die deutsche Bevölkerung,       Es sind Menge, Vielfalt und Widersprüchlichkeit der
wenn es um den Umgang mit Informationen zur            Informationen zu Gesundheitsthemen, die die Be-
Gesundheit geht? Diese Frage hat die Universität       fragten verunsicherten, aber auch die Falsch- und
Bielefeld bereits 2014 und nochmals 2020 in einer      Fehlinformationen, die in Corona-Zeiten deutlich
repräsentativen Studie 2.151 Personen ab 18 Jah-       zugenommen haben. So fällt die Bewertung und
ren gestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass fast 60      Einschätzung des Gelesenen besonders schwer:
% der Befragten Schwierigkeiten haben, sich im         Sind die Informationen zuverlässig und kommerzi-
unüberschaubaren Angebot von Gesundheitsin-            ell unabhängig? 76 Prozent halten es beispielswei-
formationen zu orientieren. „Ein Vergleich unserer     se für schwierig zu beurteilen, ob Informationen
Erhebungen zwischen 2014 und 2020 zeigt, dass          zu Krankheiten in den Medien vertrauenswürdig
sich die Gesundheitskompetenz sogar noch ver-          sind. 61 Prozent der Befragten fühlen sich über-
schlechtert hat“, sagt die Studienleiterin Prof. Dr.   fordert, Informationen aus den Medien abzulesen,
Doris Schaeffer von der Universität Bielefeld.         um sich vor Krankheiten zu schützen.

                                                                               BPS-Magazin 1/2021     ǀ9
Fachkundige Seiten zum Prostatakrebs
 Wir haben einige vertrauensvolle Seiten im Internet aufgelistet. Wenn Sie etwas nicht verstehen oder
 weitere Fragen haben, kontaktieren Sie uns (Tel. 0228-33889501, E-Mail: info@prostatakrebs-bps.de)
 oder die BPS-Beratungshotline (Tel. 0800-7080123, Dienstag bis Donnerstag, 15 bis 18 Uhr).
 Wir helfen gerne!
    • www.prostatakrebs-bps.de
    • www.krebshilfe.de
    • www.krebsinformationsdienst.de
    • www.bundesgesundheitsministerium.de
    • www.krebsgesellschaft.de
    • www.gesundheitsinformation.de
    • www.leitlinienprogramm-onkologie.de

  Doch nicht nur das geschriebene Wort gilt es mit    Übergewicht, mehr Arztbesuchen, Krankenhaus-
Vorsicht zu bewerten. Allein auf YouTube, einer       aufenthalten und intensiverer Nutzung von Not-
Plattform zum Verbreiten und Teilen von Videos,       falldiensten einhergehe.
gibt es mehr als 600.000 Videos zu Prostatakrebs,       Mit Blick auf die umzusetzenden Digitalisie-
von denen die meisten, wie eine Untersuchung          rungsgesetze wird die digitale Gesundheitskom-
zeigte, voreingenommene Inhalte oder Informati-       petenz zunehmend wichtiger. Um sich um die
onen von schlechter Qualität enthielten. Auffällig    eigene Gesundheit kümmern zu können, müssen
war, dass die Qualität der Informationen aus dem      sich Menschen im Gesundheitssystem zurecht-
Video entgegengesetzt zu der Nutzerfrequenz           finden und die Informationen verstehen und ein-
war. Eine große Anzahl an Aufrufen und „likes“        schätzen können. Dennoch weisen rund 75 Pro-
bedeutete somit nicht, dass die Informationen in      zent der Befragten eine geringe Kompetenz auf
dem Video tatsächlich vertrauenswürdig waren.         und sehen sich vor enorme Schwierigkeiten im
  Für Menschen mit niedrigem Bildungsstand ist        Umgang mit digitaler Information gestellt. Das
diese Situation noch schwieriger. „Hier baut sich     zeigt sich auch daran, dass digitale Informations-
eine neue Form von gesundheitlicher Ungleich-         möglichkeiten nur sehr zurückhaltend genutzt
heit auf“, sagt Prof. Dr. Hurrelmann von der Hertie   werden. 36 Prozent der Befragten greifen nie auf
School. Diese Entwicklung sei auch deshalb ernst      sie zurück. Das gilt besonders für Menschen über
zu nehmen, weil eine geringe Gesundheitskom-          65 Jahre.
petenz mit ungesundem Verhalten wie geringer                          Quelle: IZGK, Universität Bielefeld/
Bewegung, schlechter Ernährung, häufigerem                    Deutsches Gesundheitsportal, Januar 2021

 Nationales Gesundheitsportal
 Mit dem nationalen Gesundheitsportal www.gesund.bund.de bietet das Bundesgesundheitsminis-
 terium wichtige Fakten zu den 200 häufigsten Krankheiten. Im Gegensatz zu vielen Internetporta-
 len werden alle Beiträge in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Partnern, wie dem Institut für
 Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, dem Deutschen Krebsforschungsinstitut und
 dem Robert-Koch-Institut, erstellt. Das Nationale Gesundheitsportal ist barrierefrei aufgebaut und
 informiert auch in Gebärdensprache.

10   ǀ   BPS-Magazin 1/2021
Diagnose und Therapie

Die Bedeutung psychosozialer Faktoren im
Umgang mit einer Prostatakrebserkrankung

Von Dipl.-Psych. Alexander Krüger, Institut für Medizinische Psychologie,
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Die Diagnose Krebs ist für die meisten Betroffe-         es ihnen schwer, mit
nen ein Schock. Die Diagnose, die Auseinander-           entsprechenden Sor-
                                                                                       Alexander Krüger, © privat
setzung mit der medizinischen Behandlung, der            gen nach außen zu
Umgang mit den Therapiefolgen und die Gesprä-            treten. Insbesondere
che mit Angehörigen und Freunden sind für viele          bei fortgeschritten oder metastasiert Erkrankten
eine große Herausforderung.                              zeigen sich neben stärkeren erkrankungs- und
  Auch wenn Prostatakrebspatienten im Vergleich          behandlungsbedingten Einschränkungen der Le-
zu Personen mit anderen Krebserkrankungen we-            bensqualität auch Ängste, tiefe Traurigkeit oder
niger psychisch belastet erscheinen, können sie in       das Erleben von Sinnverlust, die durch die Ausei-
allen Phasen der Erkrankung und Behandlung mit           nandersetzung mit der eigenen Endlichkeit und
ausgeprägten emotionalen, mentalen und sozia-            dem eigenen Leid hervorgerufen werden. Auch
len Herausforderungen konfrontiert sein. Prosta-         wenn die meisten an Prostatakrebs erkrankten
takrebspatienten im lokalen Erkrankungsstadium           Männer keine psychischen Störungen entwickeln
müssen bei gleichrangig nebeneinander stehen-            und sich ohne professionelle Hilfe auf ihre psy-
den medizinischen Therapieoptionen eine für              chosozialen Belastungen einstellen können, lohnt
sie stimmige Behandlungsentscheidung treffen.            sich für sie ein Blick auf die ressourcenstärkenden
Teilweise bestehen längere Wartezeiten und Hin-          Aspekte, die in sozialer Unterstützung, dem Aus-
dernisse im Zugang zu medizinischen Leistungen.          üben sinnstiftender Aktivitäten, dem Austausch
Für viele Betroffene besteht eine Paradoxie darin,       mit anderen Betroffenen (z.B. in Selbsthilfegrup-
dass sie sich gesund fühlen und Behandlungen             pen), dem Zugang zu validen Informationsquellen
in Anspruch nehmen                                                                    oder psychoonkologi-
sollen, die ihre körperli-                                                            schen Beratungsange-
                             Kurzfassung
che Unversehrtheit und                                                                boten liegen können.
                             Männer mit Prostatakrebs suchen neben Infor-
psychische      Integrität                                                            Befragt man Prostata-
                             mations- und Unterstützungsbedürfnissen in
beeinträchtigen könn-                                                                 krebserkrankte, durch
                             medizinischen Belangen auch emotionale Un-
ten. Nicht selten begeg-                                                              wen sie bei der Verar-
                             terstützung, welche sie vor allem im familiären
nen ihnen verletzende                                                                 beitung der Erkrankung
                             und partnerschaftlichen Kontext erfahren. Da-
oder bagatellisierende                                                                Unterstützung erfahren
                             rüber hinaus ist für Männer mit Prostatakrebs
Äußerungen im Um-                                                                     möchten, so werden
                             der Austausch mit Gleichbetroffenen durch die
feld (z.B. „Willst du le-                                                             ärztliche Behandler und
                             hohe Identifikation und Glaubwürdigkeit sehr
ben oder lieben?“, „Das                                                               das familiäre Umfeld
                             entlastend, er bietet Orientierung und macht
ist nur ein Haustier-                                                                 am häufigsten genannt.
                             Mut, hilft Entscheidungen zu treffen, bietet An-
krebs, daran stirbt man                                                               Psychisch stärker belas-
                             regungen im Umgang mit Erkrankung und Be-
nicht!“) oder sie erleben                                                             tete Patienten geben
                             handlungsfolgen und vermittelt vor allem ein
die Erkrankung selbst                                                                 zusätzlichen       Unter-
                             Gefühl, nicht allein zu sein.
als Makel. Das macht                                                                  stützungsbedarf durch

                                                                                   BPS-Magazin 1/2021       ǀ 11
Selbsthilfegruppen und Psychoonkologen insbe-        belastet fühlen. Angesichts der wichtigen Bedeu-
sondere in der Nachsorgezeit an. Dies ließe sich     tung für die Krankheitsverarbeitung der Männer
dadurch erklären, dass Personen nach einer Pro-      wird der Bereitstellung von Beratungsangeboten
statakrebsdiagnose und in der Vorbereitung auf       für Angehörige vom Gesundheitssystem nicht
die medizinischen Maßnahmen zunächst prob-           ausreichend Rechnung getragen. Dies hat aktuell
lemorientierte Bewältigungsstrategien entwickeln,    eine besondere Brisanz, da Angehörige während
die auf eine Handhabbarkeit der Erkrankung und       der Pandemie bei den onkologischen Behand-
Behandlung abzielen. Familiäre Ressourcen zur        lungen nicht anwesend sein dürfen, die emotio-
psychischen Bewältigung werden zunächst als          nale Entlastungsfunktion der partnerschaftlichen
ausreichend stabilisierend erlebt. Längerfristige    Unterstützung für beide Seiten nicht mehr voll-
psychosoziale Anpassungsprozesse machen ge-          umfänglich zur Verfügung steht und in der Folge
gebenenfalls zusätzliche Unterstützungsangebote      professionelle psychosoziale Angebote für Pati-
zur emotionalen Verarbeitung erforderlich. Auch      enten wie ihre Angehörigen an ihre Versorgungs-
wenn der Effekt psychoonkologischer Behandlun-       grenzen gelangen.
gen auf den Verlauf und die Heilung einer Krebs-       Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass
erkrankung nicht konsistent belegt ist, verbessern   Männer mit Prostatakrebs neben Informations-
Angebote, die auch die psychosoziale Situation       und Unterstützungsbedürfnissen in medizini-
beachten, die Lebensqualität, mildern emotio-        schen Belangen auch emotionale Unterstützung
nale Belastungen und helfen beim Aufbau eines        suchen, welche sie vor allem im familiären und
gesundheitsförderlichen Lebensstils. Die klinische   partnerschaftlichen Kontext erfahren. Darüber
Erfahrung zeigt, dass Männer mit Prostatakrebs       hinaus ist für Männer mit Prostatakrebs der Aus-
zunehmend für psychosoziale Interventionen of-       tausch mit Gleichbetroffenen durch die hohe
fen sind und diese auch einfordern. Eine Abkehr      Identifikation und Glaubwürdigkeit sehr entlas-
vom traditionellen Männlichkeitskonzept, welches     tend, er bietet Orientierung und macht Mut, hilft
Gefühle mit Schwäche gleichsetzt oder Allein-        Entscheidungen zu treffen, bietet Anregungen im
kämpfertum propagiert, hat sich längst vollzogen.    Umgang mit Erkrankung und Behandlungsfolgen
  Einen ausgesprochen hohen Stellenwert für die      und vermittelt vor allem ein Gefühl, nicht allein zu
Krankheitsverarbeitung bei Prostatakrebs nimmt       sein. Implizit bietet die Selbsthilfegruppenarbeit
die partnerschaftliche Unterstützung ein: Schon      bedeutsame psychosoziale Entlastungsmöglich-
vor einer möglichen Prostatakrebsdiagnose            keiten und dies in niedrigschwelliger und nicht
übernehmen die PartnerInnen häufig die Initia-       stigmatisierender Form. Weiterhin kommt der
tive beim Hinführen zu Früherkennungsmaßnah-         Selbsthilfe auch eine wegweisende Funktion zu,
men oder dem Aufsuchen des Urologen. Sie sind        wenn im Bedarfsfall weiterführende psychoon-
meist gut informiert und häufig stark involviert     kologische Hilfsangebote gesucht werden. Die
in den Therapieentscheidungsprozess, sie helfen      Vernetzung und Kooperation mit den regiona-
bei der Navigation durch das Gesundheitssystem       len Krebsberatungsstellen stellen hier häufig eine
und sind eine wichtige Quelle instrumenteller        gute Möglichkeit dar, ohne allzu lange Warte-
und emotionaler Entlastung. Auch bei der länger-     zeiten psychosoziale Beratungsmöglichkeiten zu
fristigen emotionalen Verarbeitung der Krebser-      erhalten oder an niedergelassene Psychoonko-
krankung und der Anpassung an Behandlungs-           logen oder Psychotherapeuten weiter vermittelt
folgen, wie z.B. sexuellen Funktionsstörungen, ist   zu werden. Für Krebserkrankte und ihre Angehö-
der Grad der partnerschaftlichen Unterstützung       rigen sei außerdem die Internetseite des Krebsin-
und die Beziehungsqualität von entscheidender        formationsdienstes genannt, wo eine Adressliste
Bedeutung. Mittlerweile ist hinlänglich bekannt,     mit psychoonkologischen Ansprechpartnern zu
dass sich Angehörige von Krebserkrankten häufig      finden ist. So wie sich die Selbsthilfegruppenar-
stärker als die erkrankte Person selbst psychisch    beit auf die besonderen Umstände in Corona-

12   ǀ   BPS-Magazin 1/2021
zeiten eingerichtet hat, arbeiten viele Beratungs-   dies auch Vorteile für ratsuchende Menschen aus
einrichtungen und Psychoonkologen nun auch           strukturschwachen oder ländlichen Regionen, die
mit Online-Angeboten, Telefoninterventionen          ansonsten kaum Zugang zu passenden Angebo-
oder Videosprechstunden. Möglicherweise bietet       ten finden können.

Psychoonkologie in der täglichen Arbeit
einer BPS-Selbsthilfegruppe

Von Hans-Werner Biehn, Leiter der Prostatakrebs Selbsthilfegruppe
Marburg

Die Nachricht vom Nachweis eines Prostatakreb-         Meine Arbeit wird
ses, vom bevorstehenden Ende der Aktiven Über-       vom Aufnahmema-
wachung, von einer Verschlechterung der Krank-       nagement des Pro-
heit und das Aufkommen von Nebenwirkungen            statakrebszentrums               Hans- Werner Biehn,
gehen einher mit Verunsicherung und Angst.           und den Pflegekräf-                        © privat
Dennoch muss oft genug gerade in dieser Situ-        ten stark unterstützt,
ation zeitnah eine Entscheidung gefällt werden.      sodass drei Viertel der Betroffenen zu einem Ge-
  Dies ist eine alltägliche Erfahrung in unserer     spräch mit mir bereit sind. Meist gehen die wich-
Gruppe und in der Begegnung mit Neubetroffe-         tigen Impulse von den Begleitpersonen, in der
nen, aus der sich im Laufe der Jahre ein Konzept     Regel den Ehefrauen, aus. Bei den Männern be-
entwickelt hat.                                      gegnen mir zunächst häufig Abwehrreaktionen,
  Wir sind Mitglied des psychologischen Arbeits-     wie Nicht-Wahrhaben-Wollen oder depressive
kreises des Universitätsklinikums Gießen/Marburg,    Verstimmung in ihrer männlichen Ausprägung.
Standort Marburg und beraten im Rahmen der             Betroffene Männer sind einerseits antriebslos,
interdisziplinären Sprechstunde neu bzw. erneut      andererseits aber auch übertrieben leistungs-
von Prostatakrebs Betroffene und ihre Begleiter.     getrieben, gereizt und aggressiv. Viele Männer
  Zunächst stellt uns das Prostatakrebszentrum       haben Schwierigkeiten, den Ausführungen des
einen Untersuchungsraum zur Verfügung. Nach          Urologen und des Strahlentherapeuten innerlich
dem Gespräch mit dem Uro-Onkologen und dem           zu folgen, weil in ihren Köpfen ein eigener Film
Strahlentherapeuten ist das Gespräch mit dem         abläuft.
Vertreter der Selbsthilfegruppe vorgesehen. Seit       Häufig helfen die Frauen ihren Männern beim
einigen Jahren gehe ich aus dem sicheren Arzt-       Verstehen der Therapievorschläge. Ein typisches
zimmer hinaus in den Flur, um das Gespräch           Beispiel war für mich ein Mann, der mir sagte, bei
möglichst vor dem Kontakt zu den Ärzten zu fin-      ihm sei alles in Ordnung, er habe nur einen PSA-
den und ein niedrigwelliges, laienverständliches     Wert von 12 und einen Gleasonscore von 7b. Ei-
Angebot zu machen. Hier können oft erste Din-        gentlich müsse er nichts machen. Im Laufe eines
ge geklärt und der Einfluss von „Dr. Google“ und     längeren Gespräches hatte er unvermittelt den
„Professor Stammtisch“ reguliert werden.             Einfall: „Sind Sie in einer Stunde noch da? Dann

                                                                            BPS-Magazin 1/2021      ǀ 13
hole ich meine Frau. Ich glaube, ich brauche ihre    dem Netzwerk PsyMa und den Psychoonkologen
Hilfe, um das alles hier zu verstehen.“ Ich habe     des Uniklinikums.
gewartet und das Gespräch nahm schließlich ei-         Ich biete den Neubetroffenen an, in unsere –
nen lösungsorientierten Verlauf.                     außerhalb der Lockdown-Zeiten – wöchentlich
   In den Gesprächen mit erstmalig Betroffenen       stattfindende Untergruppe „Gespräch und Be-
geht es nach dem Arztbesuch meist um die in-         wegung“ zu kommen. Zum einen ist Bewegung
nere Zustimmung, jetzt ein Prostatakrebskranker      nicht nur ein hervorragendes nebenwirkungsfrei-
zu sein, die Auswahl der für den Einzelnen richti-   es Mittel gegen Krebs und Begleiterscheinung
gen Therapie und Möglichkeiten zur Bewältigung       der Therapie, sondern auch zur Stabilisierung der
eventueller Nebenwirkungen. Da am Anfang ei-         Seele und zum Klären schwieriger Probleme –
ner Prostatakrebserkrankung meist mehrere The-       nicht umsonst haben Klöster Wandelhallen.
rapieoptionen gleichwertig nebeneinande ste-           Bei diesen Gesprächen steht die Frage nach
hen, sind persönliche Ängste und Präferenzen bei     der individuell richtigen Entscheidung im Vorder-
der Therapieentscheidung ausschlaggebend             grund. So kann der SHG-Leiter beispielsweise
   Hier kann der Selbsthilfegruppenleiter durch      zum „Hilfs-Ich“ des Neubetroffenen werden und
aktives Zuhören und Rückgriff auf seine persön-      ihm helfen, seinen eignen Weg zu finden. Ein sol-
liche Erfahrung im Gespräch mit dem Betroffe-        ches Gespräch zeigt ihm, dass Prostatakrebs nicht
nen und seiner Begleitung dazu beitragen, dass       das Aus für ein gelingendes Leben ist und dass in
ein Neuerkrankter seinen eigenen Weg mit der         den meisten Fällen eine Behandlung des Prostata-
Prostatakrebserkrankung findet. Da die Prosta-       krebses zwar nötig ist, aber die Therapieoptionen
takrebsbehandlung in vielen Fällen zu Impotenz,      nicht alternativlos sind.
Inkontinenz und verminderter Leistungsfähigkeit        Die DRV-Klinik Sonnenblick bietet uns Dank der
führen kann, sind auch Partnerschaft, Familie,       großzügigen Unterstützung ihres Chefarztes PD.
Freundeskreis, Hobbys und bei jüngeren Män-          Dr. Seifart und der Mitarbeit qualifizierter Thera-
nern nicht zuletzt die Erwerbsarbeit betroffen.      peuten dazu ideale Möglichkeiten. Aus informel-
   Die ersten Dinge, die ich im Rahmen meiner        len Gesprächen in der ganzen Gruppe entwickeln
Gesprächsführungsausbildung gelernt habe, sind       sich Gespräche in kleineren Gruppen. Einige, die
das Akzeptieren der Andersartigkeit des Gegen-       von dem gleichen Problem betroffen sind, ziehen
übers und die Einsicht in die eigenen Grenzen,       sich in Gesprächsnischen zurück, um intensiver
verbunden mit der Bereitschaft abzugeben. In         miteinander zu sprechen. Hier wird die Bewälti-
diesem Bereich haben wir gute Kontakte aufge-        gungsstrategie des einen immer wieder zu einem
baut, aus dem schließlich ein Netzwerk entstan-      anfassbaren und glaubwürdigen Lösungsansatz
den ist zur psychosozialen Beratungsstelle der       für einen anderen. Getreu dem Motto „einer tra-
Anneliese Pohl-Stiftung, zu Psychoonkologen aus      ge des anderen Last“.

G-BA beschließt geringen Zusatznutzen für Enzalutamid
im Hochrisiko-nmCRPC
Am 5. November 2020 hat der Gemeinsa-                Prostatakarzinom gefasst. Er kommt zu dem
me Bundesausschuss einen Beschluss zur               Ergebnis, dass ein Hinweis auf einen geringen Zu-
Nutzenbewertung von Enzalutamid für die              satznutzen vorliegt im Vergleich zu abwartendem
Behandlung von Patienten mit nicht-metas-            Vorgehen unter Beibehaltung der bestehenden
tasiertem, kastrationsresistentem Hochrisiko-        konventionellen Androgendeprivation (ADT).

14   ǀ   BPS-Magazin 1/2021
Bestrahlung nach Prostatakrebs-Operation
erst bei PSA-Anstieg

Prostatakrebs wird heute in der Mehrzahl der           Radiotherapie (d. h. Bestrahlung erst bei erneu-
Fälle so rechtzeitig diagnostiziert, dass keine        tem Anstieg des PSA-Wertes) eine ähnlich gute
Fernmetastasen vorliegen, und kann daher oft           langfristige biochemische Kontrolle ermöglichen
vollständig geheilt werden, entweder durch eine        könnte – bei niedrigerer Behandlungstoxizität. Die
Strahlentherapie oder durch eine Operation. Nach       vorliegende Studie sollte diese Frage klären und
einer Operation kann zusätzlich eine Bestrahlung       verglich die biochemische Kontrolle des Tumor-
notwendig sein. Durch diese sich anschließende         wachstums (bzw. die biochemische Progression)
(„adjuvante“) Strahlentherapie wird eine lange         bei Patienten nach adjuvanter und Salvage-Ra-
Rezidivfreiheit erreicht. Unklar war bisher, ob eine   diotherapie. Es handelte sich um eine randomi-
Strahlentherapie direkt erfolgen sollte oder erst,     sierte, kontrollierte Phase-III-Studie (Nicht-Unter-
wenn der PSA-Wert wieder ansteigt. Eine kürzlich       legenheits-Studie) in 32 onkologischen Zentren
publizierte Studie zeigte, dass mit letzterem eine     in Australien/Neuseeland. In die Studie einge-
ähnlich hohe 5-Jahres-Rezidivfreiheit erzielt wer-     schlossen wurden 333 Patienten nach radikaler
den kann wie mit der adjuvanten Strahlenthera-         Prostatektomie mit hohem Risiko für ein Rezidiv
pie.                                                   (entsprechend den Risikokriterien in der feinge-
  Prostatatumore, die sich auf das Prostatagewe-       weblichen Untersuchung, d. h. nicht-tumorfreie
be beschränken und nicht weiter gestreut haben,        Resektionsränder bzw. Ausdehnung über die
werden mit kurativer Zielsetzung (Heilungsab-          Grenzen der Prostata hinaus). Die Patienten wa-
sicht) behandelt. Dabei kann primär eine Ope-          ren in gutem Allgemeinzustand (ECOG-Perfor-
ration oder eine Bestrahlung (Radiotherapie) er-       mance-Status 0-1) und hatten einen postoperati-
folgen. Günstig beim Prostatakarzinom ist, dass        ven PSA-Wert von maximal 0,1 ng/ml. Sie wurden
durch die Messung des sogenannten PSA-Wertes           zu gleichen Teilen elektronisch randomisiert und
im Blut ein erneutes Tumorwachstum frühzeitig          erhielten entweder innerhalb von sechs Monaten
entdeckt wird.                                         nach der radikalen Prostatektomie eine adjuvante
  Nach einer Operation, bei der die gesamte Pro-       Bestrahlung (n=166) oder eine frühzeitige Salva-
stata und die Lymphknoten im Becken entfernt           ge-Bestrahlung bei einem PSA-Wert ab 0,2 ng/
werden („radikale Prostatektomie mit Lymphade-         ml (n=167). Die Patienten wurden stratifiziert nach
nektomie“) wird oft eine Strahlentherapie ange-        Bestrahlungszentrum, präoperativem PSA-Wert,
schlossen. Univ.-Prof. Dr. Rainer Fietkau, Präsident   Gleason-Score (feingeweblichem Befund), Status
der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie          der Resektionsränder und Beteiligung der Samen-
(DEGRO) betont, dass die postoperative Strahlen-       bläschen. Die Bestrahlung des Prostatabettes war
therapie eine wichtige Ergänzung zur Operation         in beiden Gruppen gleich (64 Gy in 32 Fraktionen),
ist. Doch der optimale Zeitpunkt dieser Bestrah-       eine Androgenentzugstherapie erfolgte nicht.
lung wird immer wieder kontrovers diskutiert.          Primärer Endpunkt war das Ausbleiben einer bio-
„Wir wissen aus Studien, dass eine sogenann-           chemischen Progression. Für eine Nicht-Unterle-
te adjuvante (d. h. „zur Sicherheit“ sich nach der     genheit der Salvage-Bestrahlung war gefordert,
Operation anschließende) Bestrahlung das Risiko        dass die biochemische 5-Jahres-Progressionrate
eines biochemischen Rezidivs bei Hochrisiko-Pa-        nicht mehr als 10 % über der 5-Jahres-Progressi-
tienten nach radikaler Prostatektomie halbiert.“       onrate nach adjuvanten Radiotherapie lag. In der
  Es gibt Hinweise und Berichte, dass anstelle der     Salvage-Gruppe hatten 84 Patienten (50 %) eine
adjuvanten Bestrahlung eine frühzeitige Salvage-       Bestrahlung wegen ansteigenden PSA-Werten er-

                                                                              BPS-Magazin 1/2021      ǀ 15
halten. Die Nachbeobachtungszeit betrug median        schen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO).
6,1 Jahre (IQR 4,3–7,5). Ein unabhängiges Studien-    „Eine Bestrahlung nur bei Bedarf, also bei einem
Überwachungskommittee empfahl im Verlauf die          PSA-Anstieg, war nur bei jedem zweiten Patien-
vorzeitige Beendigung der Patientenrekrutierung       ten notwendig, ersparte also praktisch der Hälfte
wegen unerwartet geringer Ereignisraten.              der Patienten eine Bestrahlung des Prostatabet-
  Die biochemische 5-Jahres-Rezidivfreiheit lag in    tes und die damit verbundenen Nebenwirkungen.
der Gruppe mit adjuvanter Bestrahlung bei 86 %        Wir müssen daher individuell vorgehen und auch
und in der Salvage-Gruppe bei 87 % (P-Wert für        abhängig von Risikofaktoren die Entscheidung
Nicht-Unterlegenheit: 0,15). Die Rate urogenitaler    zur direkten postoperativen Strahlentherapie
Toxizität (≥ Grad 2) war in der Salvage-Gruppe mit    treffen. In manchen Fällen kann ein abwartendes
90/167 Patienten (54 %) niedriger als bei adjuvan-    Verhalten mit einer Salvage-Bestrahlung bei PSA-
ter Bestrahlung mit 116/166 Patienten (70 %). Die     Anstieg, genau so effektiv sein. “
Rate gastrointestinaler Toxizität (≥ Grad 2) war in     Univ.-Prof. Dr. Rainer Fietkau weist auf einen
beiden Gruppen ähnlich (bei Salvage-Bestrahlung       weiteren wichtigen Punkt hin: Die Salvage-Be-
16 Patienten [10 %] und bei adjuvanter Bestrah-       strahlung erfolgte innerhalb von vier Monaten,
lung 24 Patienten [14 %]).                            nachdem der PSA-Wert über 0,2 ng/ml angestie-
  „Obwohl die Studie formal-statistisch die prä-      gen war, also sehr bald, nachdem die PSA-Rezidiv-
spezifizierte Nicht-Unterlegenheit der Salvage-       Diagnose gestellt wurde. „Dies ist sehr wichtig, da
Bestrahlung nicht belegen konnte, so zeigte sie       wir wissen, dass sich die Prognose der Patienten
trotzdem, dass die Salvage-Radiotherapie ver-         verschlechtert, wenn der PSA-Wert Werte von 0,5
gleichbare Ergebnisse liefert wie die adjuvante       – 0,8 ng/ml bis zur Rezidivbestrahlung übersteigt.
Bestrahlung“, kommentiert Frau Univ.-Prof. Dr.        Dies müssen die Patientin wissen und entspre-
Stephanie E. Combs, Pressesprecherin der Deut-        chend überwacht werden.
                                                        Quelle: DEGRO-Pressemitteilung, Oktober 2020

 Corona-Impfung – Was Krebserkrankte wissen müssen
 Krebserkrankte, aber auch viele andere Menschen sind wegen der Fülle an Informationen, die zu
 SARS-CoV-2 und COVID-19 existieren, verunsichert. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und
 Medizinische Onkologie e. V. (DGHO) hat einen Faktencheck veröffentlicht, der häufig gestellte Fra-
 gen aus Erfahrung der DGO und auf aktuellem Stand der Wissenschaft beantwortet:
 • Was ist SARS-CoV-2 und wie unterscheidet es sich von den bekannten Erkältungsviren?
 • Bedeutet der Nachweis von SARS-CoV-2-RNA mit den aktuell üblichen Testverfahren
    für die getestete Person, dass sie eine Infektion hat?
 • Wie verlässlich ist der Test und wie wahrscheinlich ist ein Ergebnis „falsch positiv“?
 • Was wissen wir zur Gefährlichkeit von SARS-CoV-2?
 • Helfen Masken oder sind sie ein Risiko für den Träger?
 • Für Krebspatient*innen: Was kann ich für mich tun?
 • Für Krebspatient*innen: Was sollte auf jeden Fall unterlassen werden?
 • Wie funktioniert die COVID-19 Impfung?
 • Sollen sich Krebspatient*innen gegen COVID-19 impfen lassen?

 Den Faktencheck finden Sie unter http://b-p-s.link/5z3 oder scannen Sie den QR-Code.

16   ǀ   BPS-Magazin 1/2021
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