ALTSTADT bläddla Nr. 55 2021/22 - ES WAR EINMAL - Altstadtverein Fürth

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ALTSTADT bläddla Nr. 55 2021/22 - ES WAR EINMAL - Altstadtverein Fürth
ALTSTADT bläddla
                                                                                       55
Altstadtverein Fürth, Altstadtviertel St. Michael Bürgervereinigung Fürth e.V.

                                                                                 Nr.          2021/22

ES WAR
EINMAL ...

                                                               ES WIRD
                                                              MAL SEIN ...
ALTSTADT bläddla Nr. 55 2021/22 - ES WAR EINMAL - Altstadtverein Fürth
VORWORT
                                                                                                                                                                                          LIEBE MITGLIEDER DES ALTSTADTVEREINS,

                                                                                           RECHTSANWÄLTE PIEPER-SIEBEN UND KOLLEGEN
                                                                                                                                                                                                LIEBE INTERESSIERTE LESER*INNEN!
Ihre Rechtsanwaltskanzlei
im Herzen der Fürther Altstadt                                                                                                        Vor Ihnen liegt das neue ALTSTADTbläddla.

Arbeitsrecht/Beamtenrecht, Familienrecht, Strafrecht, Sozialrecht, Zivilrecht, Mediation                                              Das zweite Jahr der Pandemie ist fast überstanden                          denplatte am Dreiherrenbrunnen in der Schwabacher
                                                                                                                                      und wir können uns wieder auf unseren bewährten                            Straße wird ja doch meistens übersehen. Und wenn
                                                                                                                                      Altstadtweihnachtsmarkt freuen. Leider muss immer                          nicht fragt man sich: wer war Emilie Lehmus? Zu dan-
                                                                                                                                      noch aus Rücksicht auf Schutzmaßnahmen auf be-                             ken ist weiterhin Siggi Meiner, Mecan Kumbolu, Gun-
                                                                                                                                      stimmte Regeln geachtet und der Markt in reduzierter                       nar Förg, Ralph Stenzel, Hans-Otto Schmitz, Uschi
                                                                                                                                      Form durchgeführt werden. Dennoch lassen wir uns                           Steinkugler-Krüger, Rainer Ziegler und Thomas Wer-
                                                                                                                                      nicht entmutigen. Die vorweihnachtliche Stimmung                           ner für ihre Beiträge, die das Heft so bunt erscheinen
                                                                                                                                      soll in diesem Jahr wieder vom Waagplatz und der                           lassen. Neu und mit enthusiastischen Elan hat Heinz
                                                                                                                                      Waagstraße ausgehen. Dazu zählt für die Bürgerver-                         Müller die Anzeigen besorgt, auch dafür ein herzliches
                                                                                                                                      einigung auch die Herausgabe des Altstadtbläddlas.                         Dankeschön.
                                                                                                                                      Wir sind stolz, dass die Mitwirkung an der Gestaltung                          Das Altstadtbläddla ist das Jahresmagazin aus un-
                                                                                                                                      des Bläddlas nach wie vor ungebrochen ist und kön-                         serer Altstadt. Es schildert nicht nur die Vorgänge im
                                                                                                                                      nen daher wieder interessante Artikel vorstellen. Be-                      Verein, es möchte auch darauf hinweisen, dass Verän-
                                                                                                                                      sonders zu danken ist daher Stefan Bär und Christian                       derungen, Probleme oder neue Ideen in der Altstadt
                                                                                                                                      Schmidt-Scheer, die mit einer ausführlichen Geschich-                      präsent sind und die Bürgervereinigung ihre Daseins-
                                                                                                                                      te über das alte Amtshaus am Flussübergang die Ver-                        berechtigung nicht verloren hat. Im Gegenteil, der Zu-
                                                                                                                                      änderungen in unserer Altstadt aufzeigen. Danach                           wachs im Verein auch mit jüngeren Leuten ist nach wie
                                                                                                                                      wird uns Emilie Lehmus vorgestellt, die zu einem Zeit-                     vor da und im Vergleich mit anderen Vereinen kann
                                                                                                                                      punkt als von Emanzipation noch nichts zu hören war,                       sich unsere Arbeit sehen lassen. Darum wünschen wir
                                                                                                                                      zur Ärztin promovierte und damit neben dem neu er-                         allen, die das Heft durchblättern, viel Spaß beim Ent-
                                                                                                                                      richteten Denkmal auf dem Friedhof auch ein literari-                      decken.
                                                                                                                                      sches Denkmal erhält. Die eingelassene bronzene Bo-                                                                     Ihr Redaktionsteam

                                                                                                                                              INHALT
                                                                                                                                              Jahresbericht des Vorstands  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 4

Edith Konnerth                                   Gert Pieper-Sieben                                                                           Die Vokalrunde und das Jahr 2021  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 6
                                                                                                                                              Vom bambergischen Amtshaus zur Omnibushaltestelle  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 8
Rechtsanwältin                                   Rechtsanwalt
                                                                                                                                              Jahresbericht der AG Archäologie  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 14
Fachanwältin für Arbeitsrecht                    Fachanwalt für Arbeitsrecht
                                                                                                                                              Emilie Lehmus – von der Pfarrerstochter zur ersten deutschen Medizinstudentin  .  .  .  . 16
Tätigkeitsschwerpunkt: Familienrecht             Mediator (DAA)
                                                                                                                                              Feldpost „41“ .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 20
                                                                                                                                              Mehr als nur gute Nachbarn: FürthWiki und Altstadtverein .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 22
                                                                                                                                              10 Jahre Kirchenführer St. Michael .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 26
                                                                                                                                              Wie die Altstadt zu dem wurde, was sie ist  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 28
                                                                                                                                              Ganz persönliche Gedanken, wie die Geschichte der Altstadt weitergehen könnte .  .  .  . 30
                                                                                                                                              Gedanken zur Altstadt von Fürth  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 31
                                                                                                                                              Impressum  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 31
                                                                                                                                              Vorweihnachtliche Gedanken  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 32
Königstraße 76 • 90762 Fürth                                                                                                                  Die Reichsministerialen von Hertingsberg und ihre Turmburg in Altenberg  .  .  .  .  .  .  .  . 34
Tel. 0911 74 08 34 - 0 • E-Mail: info@pieper-sieben.de • www.pieper-sieben.de

                                                                                                                                                                                                                        Nr. 55 – 2021/22              Altstadtverein Fürth                 3
ALTSTADT bläddla Nr. 55 2021/22 - ES WAR EINMAL - Altstadtverein Fürth
JAHRESBERICHT                                                                                                         Das Bauernmarkt Café, mittlerweile ein Treff für
                                                                                                                      Jung und Alt, Vereinsmitglieder, Marktbesucher
 DES VORSTANDES                                                                                             313
                                                                                                                      und jetzt auch für Musiker, wurde in den Som-
                                                                                                                      mermonaten zum Superhit. Jeden Samstag wäh-
                                                                                                                      rend des Bauernmarktes am Waagplatz öffneten
                                                                                                                      wir wieder unsere Türen und boten gegen einen
                                                                                                                      Spendenbeitrag Kaffee, Kuchen und Herzhaftes,
                                                                                                                      je nach Wetter in oder vor unserer Freibank. Ver-
                                                                                                                      suchen Sie es mal! Schauen Sie vorbei und genie-
                                                                                                                      ßen Sie die schöne Atmosphäre, mit etwas Glück
                                                                                                                      sogar mit musikalischer Unterhaltung.
                                                                                                                          Dank der Familie Jesussek und der AG Mund-
                                                                                                                      art ist ein tolles Projekt entstanden, in dem noch
                                                                                                                      viel Potenzial steckt: der Mund-Art-omat. Ein Wa-    Das Bauernmarkt Café ...
                                                                                                                      renautomat am Waagplatz bietet keine Kaugum-
                                                                                                                      mis an, sondern liefert Erklärungen für manche
                                                                                                                      unbekannte Begriffe aus der Fürther Alltagsspra-
                                                                                                                      che. Mundartworte vermitteln eine gemeinsa-
                                                                                                                      me Identität und Erfahrung, lassen liebenswer-
                                                                                                                      te Erinnerungen an Kindheit, Orte und Begeben-
     Eintritte    Austritte             Stand: 3.9.2021                                                               heiten gefühlvoll aufleben. Die »ARGE Mundart«
                                                     Eintritte   Austritte                   Stand: 03.09.2021        im Altstadtverein Fürth hat sich an die Arbeit ge-
                                                            Die Mitgliederentwicklung des Altstadtvereins seit 2008   macht, die speziellen färdderischen Ausdrücke
                                                                                                                      zu sammeln. Sie hat Freunde befragt und Litera-
                                                                                                                      tur gewälzt und so Hunderte von Begriffen zwi-
                                                                                                                      schen Aamerla und zweggerd aufgelistet. Neben
                                                      Liebe Leserinnen und Leser!                                     noch heute gängigen wie Muckn oder Baggers
                                                                                                                      fanden sie auch längst aus der Zeit gefallene wie
                                                      Noch ein schwieriges Jahr für Vereine und ihre Mitglieder ist   aschifdi oder Storzernerli, wenn auch Schreib-
                                                      vergangen. Doch auch in diesem Jahr waren wir nicht untä-       weisen und Erklärungen oft differieren.
                                                      tig und wir haben einiges bewegt.                                   Wir haben auch in diesem Jahr einiges an ei-
                                                                                                                      genen Baustellen in unserer Freibank zu bewäl-
                                                      Gleich nach der Absage der Altstadtweihnacht wurden 250         tigen. So mussten wir das Dach reparieren und
                                                      Geschenkpakete „Altstadt für Dahamm“ mit würzigem Win-          auch die Giebelwand hat einen Zimmermann auf
                                                      zer-Glühwein, Butterzeug, Bratwärschd, Tee, Marmelade           den Plan gerufen. Dass wir trotz weiterer Reno-
                                                      und Rauschgoldengel zum Verkauf eingepackt und ein On-          vierungen und des Gewinnausfalls aufgrund der
                                                      line-Adventskalender mit Gedichten, Liedern, Fürther Ge-        abgesagten Altstadt-Weihnacht 2020 nach wie
                                                      schichten, Lesungen gefüllt. Die AG Weihnachtsmarkt hofft       vor solide aufgestellt sind, ist gutem Haushalten
                                                      jetzt auf einen Markt 2021.                                     in den vergangenen Jahren zu verdanken.
 Neugewählter Vorstand, Beirat                            Die Mitgliederzahlen lassen auch 2021 die Vorstandschaft        Spenden, die uns helfen die satzungsgemä-
 und Kassenprüfer                                     hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Wie 2020 können wir       ßen Ziele des Altstadtvereins, die Verschöne-
                                                      entgegen den landesweiten Trends auf einen Zuwachs der          rung, Wiederbelebung und Gesundung des Alt-
                                                      Mitgliederzahlen schauen.                                       stadtviertels St. Michael, die Förderung von Kul-
                                                          Der Vorstand und seine Beiratsmitglieder wurden in der      tur, die Geschichtsforschung und die Denkmal-
                                                      diesjährigen Jahreshauptversammlung neu gewählt. Er-            pflege in Fürth weiter zu fördern, sind aber im-
                                                      freulicherweise bleibt uns die bisherige Besetzung nahe-        mer hilfreich.
                                                      zu vollständig erhalten und wurde einstimmig wiederge-                                                               Der Mund-Art-omat ...
                                                      wählt. Nur Dr. Christofer Hornstein, der im letzten Jahr aus    Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ein
                                                      Zeitgründen aus dem Beirat ausschied, wurde durch Heinz         erfreulicheres Jahr 2022 und hoffe, dass wir im
                                                      Müller von unserem neuen Rollenspiel-Grüppchen ersetzt,         nächsten Jahr wieder fleißig an unseren Ver-
                                                      von dem wir bald mehr berichten. Die reichhaltigen Tätig-       einszielen arbeiten und feiern dürfen.
      Altstadt                                        keiten unserer Arbeitsgruppe Archäologie und unserer Vo-
           für                                        kalrunde können Sie auf unserer Internetseite nachlesen:                      DER ALTSTADTVEREIN –
     Dahamm                                           www.altstadtverein-fuerth.de
                                                                                                                                      OFFEN FÜR ALLE

 4         Altstadtverein Fürth   Nr. 55 – 2021/22                                                                                                                                   Nr. 55 – 2021/22   Altstadtverein Fürth   5
ALTSTADT bläddla Nr. 55 2021/22 - ES WAR EINMAL - Altstadtverein Fürth
DIE VOKALRUNDE
                                        UND DAS JAHR 2021                                                      Mitte Juni
    Ich      gehe in die Gustavstraße, setze mich, bestelle einen Kaffee und öffne meinen Laptop. Voller En-
             thusiasmus setze ich ein grobes Probegerüst für kommende Woche auf. Einige Arrangements
    sind bereits geschrieben, einige existieren nur in meinem Kopf. Doch bevor es an das Notenschreiben
                                                                                                               2021 kam dann die gute Nachricht.
                                                                                                               Unter Einhaltung vieler Hygiene-
                                                                                                               vorschriften durfte wieder geprobt
    geht, lehne ich mich zurück und entspanne, bei viel Koffein, unter dem bewölkten Fürther Himmel. Es ist    werden. Die Freude war zwar groß
    Juni und die Sonne ist noch im Homeoffice.                                                                 und wir wollten auch sofort wieder
                                                                                                               starten, nur wussten wir nicht, wo. Un-
    Ich denke an die letzten Monate, die, zugegeben, ganz schön an mir gezehrt haben. Wie so viele andere      ser bisheriger Probeort, die Freibank, kam
    Chöre auch, hatten wir versucht, während des Lockdowns im Winter online zu proben. Zuvor konnte ich        nicht in Frage, da der Abstand untereinander dort
          diese Form des Unterrichts erfolgreich boykottieren. Zu wichtig war mir der persönliche, physische   nicht eingehalten werden konnte. Ohne Unterstützung wären wir
                Kontakt zu den gut 30 Sängern und Sängerinnen. Doch gar nicht zu proben war auf Dauer ein-     an diesem Problem wohl – wie leider so viele andere Chöre auch – gescheitert.
                     fach keine Option, darum ließ ich mich eines Besseren belehren. Anfangs waren die Tref-      Der Altstadtverein und sein erster Vorstand, Siggi Meiner, ließen sich jedoch nicht lange bitten und
                           fen über Zoom noch befremdlich.                                                     fanden innerhalb kürzester Zeit nicht nur eine Lösung, sondern eine Großartige noch dazu. Unter vol-
                                    Während ich die jeweiligen Stimmen vorsang, konnten die Sänger und         lem Einsatz konnte Siggi den überwältigenden Festsaal des Grünen Baumes in Fürth für den Chor re-
                                      Sängerinnen zu Hause mitsingen. Dabei mussten deren Mikrofone al-        servieren. Wer die wirklich beeindruckenden Räumlichkeiten dort nicht kennt, kann gerne in den sozi-
                                            lerdings ausgeschaltet bleiben, damit die Latenz keinen Endlos-    alen Netzwerken mal ein bisschen „rumstöbern“, oder einfach auf ein Bier und ein Schäuferle einkeh-
                                                  kanon verzerrter Stimmen lieferte.                           ren. Es lohnt sich allemal.
                                                           Die Ironie war kaum zu übersehen – eine Chorlei-       Die koffeingeladenen Arrangements im Gepäck, freute ich mich also auf die erste Präsenzprobe
                                                              terin, die ihren Chor stummschaltete ...         und das – wie sich herausstellte – vollkommen zu Recht. Der Anblick des Saals, der bis ganz hinten mit
                                                                  Und trotzdem. Am Ende waren wir froh,        Sängern und Sängerinnen gefüllt war, führte einem vor Augen, was man so sehr vermisst hatte. Was
                                                              über diese, doch ganz passable, Übergangs-       für ein Gefühl.
                                                              lösung. Denn was ich bei all den den Vorbehal-      Seitdem üben, proben und arbeiten wir, denn ja, es gibt uns noch und ja, wir haben große Ziele.
                                                              ten nicht bedacht hatte, war, was einen guten    Dazu gehört u. a. die Aufführung unseres gewaltigen „Queen-medleys“, dem bisher umfangreichsten
                                                               Chor noch ausmachte. Neben dem Gesang,          Stück der Vokalrunde. Noch ist zwar nicht absehbar, wann wir wieder auf einer Bühne stehen dürfen,
                                                               sind das auch die Gespräche davor und da-       aber bis dahin, sind uns die Wiese und das Kopfsteinpflaster auch ganz recht.
                                                               nach, das warme Miteinander und ein kleines
                                                               „wie gehts dir?“ am Rande.                      Wo man uns finden kann?
                                                                  Und das geht online eben auch. Euphori-      Natürlich auf Facebook und Instagram, auf der Seite des Altstadtvereins und und und … Vielleicht
                                                               sche Begrüßungen in die Kamera, manchmal        treffen wir uns auch im Park, spontan, auf ein kurzes Guerilla-Konzertchen. Und bis dahin verbleiben
                                                               mit winkenden Händen und manchmal nur mit       wir mit einem Lächeln, viel Optimismus und einem Versprechen: „We will rock you!“
                                                               Tapete und Wandschrank. Eines hatten wir alle
                                                               gemeinsam – das Lächeln auf dem Gesicht.        Mercan Kumbolu, Chorleitung Vokalrunde – Altstadtverein Fürth

6     Altstadtverein Fürth      Nr. 55 – 2021/22                                                                                                                            Nr. 55 – 2021/22      Altstadtverein Fürth   7
ALTSTADT bläddla Nr. 55 2021/22 - ES WAR EINMAL - Altstadtverein Fürth
VOM BAMBERGISCHEN AMTSHAUS
                    (ÄLTERES VOR 1683)
ZUR OMNIBUSHALTESTELLE

       Das ehemals
 alte Bambergische
Amtshaus nach 1900
    (Königstraße 6,
    alte Haus-Nr. 21
          von 1792)
                                                                                                                                                                                      Die Metzgerei Bäuerlein vor (links) und nach
                                                                                                                                                                                                        dem 2. Weltkrieg (oben)
    In dem Donationsbrief Konrad des Frommen vom 2.                gischen Geleitsamt[6] nach dem Dreißigjährigen Krieg,
    Februar 1303 heißt es „So haben wir auch gemacht und           dass auch die Bamberger einem gesteigerten Reprä-
    geschaffet, wo ein Domprobtey ist, daß der einen Amt-          sentationsbedürfnis Rechnung trugen und einen                                                                 Das Bambergische Amtshaus
    mann setzen soll, der sein Pfleger sei.“ [1] Als der Flecken   Neubau ihres Amtssitzes in Fürth am oberen Grünen                                                             als Metzgerei bis zum Untergang
    Fürth Größenordnungen angenommen hatte, dass                   Markt bzw. dem Beginn der Bauernstraße seit 1681 er-                                                          im Zweiten Weltkrieg
    der bambergisch-dompropsteilichen Verwaltung eine              stellten (heute NORMA). 1683 kam es dann zur Verle-
    angemessene Präsenz vor Ort im Sinne dieser Schen-             gung, das alte Amtshaus war überflüssig und wurde                                                             Seit 1895 war das ehemalige Amtshaus im Eigen-
    kungsurkunde angeraten schien, errichtete sie an der           verkauft.                                                                                                     tum der Familie Bäuerlein. Aus dem Metzger-
    Unteren Frankfurter Straße, nahe der Brücke über die                                                                                                                         meister war nun ein Charcutier geworden. Ne-
    Rednitz, als Dienstsitz des Amtmanns ein Amtshaus.             Der bambergische Amtssitz als Privathaus                                                                      ben dem Metzgermeister und seiner Familie führ-
                                                                                                                                                                                 te Schmittners Adress- und Geschäftshandbuch
    Das bambergisch-dompropsteiliche                               Gottlieb Wunschel gibt in seinem „Alt-Fürth“ [7]                                                              von Fürth 1895 noch 14 weitere Familien als Be-
                                                                   als ersten bekannten Eigentümer                                                                               wohner der Königstraße 6 über drei Stockwerke
    Amtshaus                                                       • Agidy Gelan, einen Weißgerber an.[8]                                                                       verteilt auf.[17]
    Die genauen Ursprünge sowie das Baudatum sind bis-             • 1723: Johann Meßelhäußer, Müller und Melber                                                                • 1895 Johann Andreas Bäuerlein, Metzger­
    her nicht eruiert, doch gehen Vermutungen zur Bau-                (Mehlhändler)                                                                                                 meister
    zeit anhand der massiven Grundmauern ins frühe 17.             • 1751: Johann Leonhard Rulein                                                                               • 1935 Stefan Bäuerlein, Metzgermeister
    Jahrhundert, evtl. sogar ins frühe 16. Jahrhundert zu-         • 1772: Matthäus Steeger [9]
    rück.[2] Der Amtmann übte in Fürth die niedere Ge-             • 1786: Matthäus Steeger, Sohn                                                                               Das Straßenniveau wurde in der unteren König­
    richtsbarkeit aus.[3] Die solide Bauweise des Amtsitzes        • 1788: Matthäus Meyer                                                                                       straße im näheren Umfeld der Brücke – vermut-
    könnte eventuell die Ursache sein, dass dieser Ver-            • 1799: Maria Meyer, verwitwete Besitzerin, die wie-                                                         lich schon mit dem Bau der Maxbrücke – ange-
    wüstungen – sonderlich im Dreißigjährigen Krieg – ei-             der verheiratet Helmreich heißt[10]                                                                        hoben. Die entsprechenden Dammarbeiten soll-
    nigermaßen überstand. Zumindest eigneten sich die              • 1817: Peter Helmreich, Melber                                                                              ten wohl auch die häufigen Hochwasser zurück-
    massiven Grundmauern Wiedererrichtungen und Re-                • 1846: J. G. Helmreich, Spezereihändler [11]                                                                halten. Der Effekt war aber, dass die Häuser (u.a.
    paraturmaßnahmen darauf auszuführen.                           • 1859: Johann Georg Helmreich, Spezereihändler [12]                                                         Königstraße 2, Königstraße 4, Königstraße 6) tie-
        Im Parterre des Hauses befanden sich die Arrest-           • 1867: Friedrich Kohler, Metzgermeister                                                                     fer zu liegen kamen. In der Königstraße 6 muss-
    zellen mit den Kettenringen an der Wand, die bis ins           • 1890: Friedrich und Anna Schneider, Privatiersehe-                                                         te man z.B. von der Eingangstüre aus zwei Stufen
    20. Jahrhundert zu sehen waren und unzweifelhaft                  leute[13]                                                                                                  nach unten treten[18].
    auf den dompröpstischen Kerker in Fürth hinwiesen.[4]          • 1891: Friedrich Schneider, Metzgermeister [14]
        Bis 1683 wurden die amtlichen Verhandlungen                • 1893: Johann Ullrich Habel, Metzgermeister [15]
    noch in diesem Haus vorgenommen.[5] Offensichtlich             • 1895: Johann Andreas Bäuerlein, Metzgermeister [16]   Maxbrücke und untere Königstraße; rot markiert das
    bewirkten u.a. die Baumaßnahmen am brandenbur-                                                                          ehemalige bambergische Amtshaus

    8     Altstadtverein Fürth          Nr. 55 – 2021/22                                                                                                                         Nr. 55 – 2021/22      Altstadtverein Fürth     9
ALTSTADT bläddla Nr. 55 2021/22 - ES WAR EINMAL - Altstadtverein Fürth
Im Zweiten Welt-                                                           Wiederaufbau der Königstraße 6 nach                              Der Abriss des wiederaufgebauten
                             krieg wurde das Haus                                                           dem Zweiten Weltkrieg                                            Gebäudes Königstraße 6
                            Königstraße 6 am 21.
                          Februar 1945, nachmit-                                                            • Gunda Bäuerlein und Leonhard Bär                              Die große Flächensanierung des Gänsbergs
                       tags 16.30 Uhr, ein Op-                                                              In den Jahren 1948/49 wurde das Haus Königstraße 6 er-           berührte schließlich auch die Königstraße. Le-
                     fer der alliierten Luftan-                                                             neut aufgebaut. Jedoch verlangten die Auflagen der Stadt         onhard Bär konnte sich nicht damit abfinden,
                     griffe. Das Haus wurde to-                                                             Fürth, den Neubau um etwa fünf bis sechs Meter von der           dass sein Haus – nach dem Bombenschäden
                      tal zerstört und damit ging                                                           Königstraße aus einzurücken. Damit sollte die Engstelle in       im Krieg mühsam in den Jahren 1948/49 neu
                      das alte, ehemalige bam-                                                              diesem Bereich der Königstraße endgültig beseitigt wer-          errichtet – diesen Plänen geopfert werden
                      bergisch-dompröpstische                                                               den. Hintergrund war wohl, eine zweispurige Straßenbahn-         sollte. Entsprechend hartnäckig verliefen die
                      Amtshaus endgültig unter.                                                             führung bis zur Endhaltestelle „Billinganlage“ zu ermögli-       Verkaufsverhandlungen für dieses Gebäude
                           Die Kinder Gertrud Bäu-                                                          chen. Bis dahin endete die Zweispurigkeit der Straßenbahn        und zogen sich über Jahre hin.
                      erlein und Frieder Schild-                                                            nämlich am „Grünen Markt“ und führte bis zur Maxbrücke               Das Haus Königstraße 6 trotzte als Letz-
                      knecht konnten aus dem                                                                einspurig weiter; um nach der Brücke bis zur Billinganlage       tes dem Abriss. Rundherum wurden die Häu-
                      Luftschutzkeller Königstra-                                                           wieder zweispurig weiter zu führen.                              ser abgerissen, doch die Königstraße 6 stand
                       ße 17 die Straße beobach-                                                                Der eingerückte Neubau der Königstraße 6 kam daher           noch. Die Fürther Nachrichten berichteten
                       ten, ein mit im Luftschutz-   Wiederaufbau der Königstraße 6 in den Jahren 1948/49   auch teilweise auf den Grund der ehemaligen Wirtschaft           darüber und stellten dabei den Kontrast zur
                       raum befindliches Kind rief                                                          „Schwarzer Bock“ (vgl. Wunschelplan oben) in der Rednitz-        Neubebauung heraus.[21] Dreieinhalb Jahre
                       plötzlich: „Das Bäuerleins                                                           straße 1 zu stehen. Der „Schwarze Bock“ war dem Flieger-         später konnten die Fürther Nachrichten end-
                       – Haus ist getroffen“. Die                                                           angriff vom 21. Februar 1945 ebenfalls zum Opfer gefallen.       lich Vollzug melden. Der Metzgermeister Bär
                       Kinder stiegen die Notaus-                                                               1949 heiratete der Poppenreuther Leonhard Bär die            wollte den Abriss seines Lebenswerkes nicht
                       stieg-Leiter hinauf und sa-                                                          Metzgerstochter Gertrud Bäuerlein. Der Hobbymaler Fritz          erleben. Vier Wochen bevor es tatsächlich so
                      hen noch wie das Geleits-                                                             Kleemann, der ebenfalls aus Poppenreuth stammte[19],             weit war, starb er dann. In der Ausgabe vom
                      haus         zusammenbrach.                                                           schenkte dem Brautpaar zur Hochzeit ein selbstgemaltes           4. August 1982 machte die Zeitung mit einem
                      Fünfzig Jahre später setz-                                                            Bild mit dem alten „Bambergischen Amtshaus“ als Reminis-         Abrissbild auf und schrieb unter der Über-
                      ten sich beide hin und                                                                zenz.                                                            schrift: (siehe nächste Seite)
                      zeichneten den Grundriss                                                                  Der Metzgereibetrieb wurde am 16. Februar 1974 einge-
                      des Hauses und die Raum-                                                              stellt.[20] Dies mochte bereits unter dem Eindruck entstan-
                      aufteilung. Es waren fast                                                             den sein, dass die Stadt Fürth das Haus unbedingt kaufen
                      identische Pläne die da-                                                              wollte, um die Stadthalle zu bauen. Nach knapp 25 Jahren
                      bei herauskamen. Als einzi-                                                           Metzgereibetrieb im Neubau nach dem Zweiten Weltkrieg
                      ges Überbleibsel des Bom-                                                             wurde das Haus zum reinen Wohnhaus umgestaltet.
                      benangriffs blieb das An-                                                                                                                                              Königstraße 6 vom Gensberg­
                      schlagsbrett der Haustüre      Metzgerei Bäuerlein/Bär                                                                                                                 abriss betrachtet
                      übrig, das noch an das alte
                      Amtshaus erinnert. Das ba-
                      rocke Brett weist Schnit-
                      zereien auf (Puttenköpfe,
                      Früchte und Blumen) und
                      ist in Eiche gearbeitet.
                          Die im rückwärtigen
                      Bereich der Königstra-
                      ße 6 angebaute Gaststät-
                     te „Schwarzer Bock“ in der
                     Rednitzstraße 1 war eben-
                     falls ein Opfer des gleichen
                     Fliegerangriffs vom 21. Fe-
                     bruar 1945 geworden. Es
                     wurde zusammen mit den
                     Resten der Königstraße 6
                     abgetragen.                     Königstraße 6; Gemälde Fritz Kleemann 1949

10   Altstadtverein Fürth      Nr. 55 – 2021/22                                                                                                                           Nr. 55 – 2021/22       Altstadtverein Fürth   11
ALTSTADT bläddla Nr. 55 2021/22 - ES WAR EINMAL - Altstadtverein Fürth
„Platz für den Stadthallenhof:                                                                                   Einzelnachweise
                                                                                                                 1. zitiert nach Fronmüllerchronik, 1887, S. 727
Wo Neues entstehen soll, muß Altes weichen. In die-
                                                                                                                 2. Fronmüller betont das unbekannte Erbauungsdatum, Fron-
sen Tagen wird das Haus in der Königstraße 6 dem                                                                     müllerchronik, 1887, S. 107; das Fürther Tagblatt vom 4. Ap-
Platzanspruch der Stadthalle weichen. Das letzte                                                                     ril 1934 mutmaßt unter der Überschrift „Ein Alt-Fürther Ker-
Haus zur Maxbrücke hin, ein Nachkriegsbau ehemals                                                                    ker?“, dass einerseits die Ausmaße der Sandsteinquader in
mit Wohnungen und Geschäften, wurde von der Stadt                                                                    den Grundmauern, sowie Katasterverzeichnisse und chronis-
                                                                                                                     tische Schätzungen (hier leider nicht näher angegeben) auf
in langwierigen Verhandlungen erworben. Noch gera-
                                                                                                                     ein mindestens vierhundertjähriges, wenn nicht gar fünfhun-
de rechtzeitig konnten alle Mieter umgesiedelt wer-                                                                  dertjähriges Alter schließen lassen. Ähnlich der Fürther Anzei-
den, um den Bautermin des neuen Prunkhaus nicht                                                                      ger vom 18. Juli 1935 (No. 165)
zu gefährden. Die freiwerdende Fläche wird etwa zur                                                              3. Barbara Ohm: Fürth - Geschichte der Stadt (Buch), 2007, Sei-
Hälfte für den Anliegerhof der Stadthalle genutzt.                                                                   te 44
                                                                                                                 4. vgl. dazu Fronmüller, der sich auf Egers Taschenbuch S. 181 be-
Der Rest wird in die Außenanlagen einbezogen und
                                                                                                                     ruft Fronmüllerchronik, 1887, S. 107 mit Verweis auf Anmer-
mit Grün und Blütenpracht versehen. Im Bereich der        Der ungefähre Standort des ersten und damit älteren        kung 321 (diese auf Seite 693) ebenso diverse Zeitungsartikel
Bushaltestelle wird der Gehsteig einen kleinen Teil der   dompröpstisch-bambergischen Amtshauses in Fürth            wie: Fürther Tagblatt vom 4. April 1934, Fürther Anzeiger vom
ehemaligen Hausfläche beanspruchen.“                      (rot markiert)                                             18. Juli 1935
                                                                                                                 5. Fronmüllerchronik ebenda
                                                                                                                 6. In seinem Reisetagebuch von 1791 beschreibt Johann Michael
                                                                                                                     Füssel das Geleitsamt wie folgt: „Es gehört zu demselben ein
                                                                                                                     besonderes herrschaftliches Gebäude...“; Johann Michael Füs-
Der Abriss vom Nachfolgebau des Bamberger Amtshauses                                                                 sel: „Unser Tagbuch: oder, Erfahrungen und Bemerkungen ei-
                                                                                                                     nes Hofmeisters und seiner Zöglinge auf einer Reise durch ei-
                                                                                                                     nen grossen Theil des Fränkischen Kreises nach Carlsbad und
                                                                                                                     durch Bayern und Passau nach Linz“, Band 3, Palm, 1791, S. 11
                                                                                                                 7. Gottlieb Wunschel: Alt-Fürth, 1940, Abschnitt zu Königstraße
                                                                                                                 8. Gottlieb Wunschel gibt als ältesten Eintrag im Salbuch 1723
                                                                                                                     auf Seite 194 an: „ein großes Wohnhauß unten am Eckh ge-
                                                                                                                     gen die Bruckhn“
                                                                                                                 9. Gottlieb Wunschel zitiert „Albigs Chronik“: Das dompropstei-
                                                                                                                     liche Amtshauß war ehehin bei der untern Brücke, der jetzige
                                                                                                                     Besitzer heißet Steger“
                                                                                                                 10. Fürther Einwohnerbuch, 1799
                                                                                                                 11. Adressbuch der Stadt Fürth, 1846
                                                                                                                 12. Adressbuch der Stadt Fürth, 1859
                                                                                                                 13. Adressbuch der Stadt Fürth, 1890
                                                                                                                 14. Schmittners Adreß- und Geschäftshandbuch von Fürth, 1891;
                                                                                                                     hier taucht er allerdings schon als Privatier auf
                                                                                                                 15. Schmittners Adreß- und Geschäftshandbuch von Fürth, 1893
                                                                                                                 16. Schmittners Adreß- und Geschäftshandbuch von Fürth, 1895
Die Stadthalle verdrängt die Königstraße 6                Die Stadthalle als Aussichtsplattform für den Abriss   17. Schmittners Adreß- und Geschäftshandbuch von Fürth, 1895
                                                                                                                     führt neben der Familie des Johann Bäuerlein, Metzgermeister,
                                                                                                                     Hausbesitzer p; noch Bauer Karl, Spezereihändler p; Schmidt
                                                                                                                     Johann, Güterlader 1; Ruppert Johann Heinrich, Fabrikarbei-
                                                                                                                     ter 1; Dietsch Johann, Kutscher 1; Stöckl Alois,Glasschleifer 1;
                                                                                                                     Schneider Friedrich, Privatier 2; Rheingruber Johann Georg
                                                                                                                     Karl, Agent 2; Übelhardt Magdalena, Witwe 2; Engel Chris-
                                                                                                                     toph, Cartonagenarbeiter 2; Wirth Johann Konrad, Schreiber-
                                                                                                                     gehilfe 3; Betz Magdalena, Schreinerwitwe 3; Wendel Franz,
                                                                                                                     Tüncher 3; Krügel Sabine, Witwe 3; Greul Christina, Witwe 3;
                                                                                                                     Die Zahlen beziehen sich auf das Stockwerk.
                                                                                                                 18. Dies gilt nur für das alte Gebäude „Bambergisches Amts-
                                                                                                                     haus“. Beim Wiederaufbau 1948/49 nach dem Zweiten Welt-
                                                                                                                     krieg wurde auch der Bau Königstraße 6 angehoben.
                                                                                                                 19. Fritz Kleemann wohnte dann laut „Adress- und Handelsbuch
                                                                                                                     der Stadt Fürth“ von 1956 in der Rednitzstraße 15 und wurde
                                                                                                                     als Handelsvertretung geführt
                                                                                                                 20.Die Gewerbeabmeldung erfolgte von Gunda Bäuerlein. Der
                                                                                                                     Betrieb bestand also nach der Kriegsunterbrechung wieder
                                                                                                                     seit dem 1. April 1949. Gleichzeitig wurde auch die Filiale in der
                                                                                                                     Albrecht-Dürer-Straße 2 aufgegeben.
Die halb abgerissene Königstraße 6                        Die heutige Bushaltestelle
                                                                                                                 21. „Versunkenes `Charcutier´-Idyll“ mit der hinweisenden Leit-
                                                                                                                     überschrift: „Starke Kontraste zwischen damals und heute in
                                                                                                                     der Unteren Königstraße der Altstadt“ in: Fürther Nachrich-
                                                                                                                     ten vom 6. März 1979

12    Altstadtverein Fürth       Nr. 55 – 2021/22                                                                                                                                         Nr. 55 – 2021/22   Altstadtverein Fürth   13
ALTSTADT bläddla Nr. 55 2021/22 - ES WAR EINMAL - Altstadtverein Fürth
JAHRESBERICHT DER
 AG ARCHÄOLOGIE
2021
   Die Arbeitsgruppe war aufgrund der Pandemie nicht
   sehr aktiv im Berichtszeitraum. Im Frühjahr hatten wir
   eine Studentin im Archäologenkeller, die ihrer Bache-
   lor-Arbeit über die frühe Gartenkultur Fürths schrei­
   ben wollte und sich für unsere Funde des Lochner-
   schen Gartenhauses interessiert hat. Wir konnten mit
   einigen Dokumentationsunterlagen weiter helfen und
   sie hat Fotos von den wichtigsten Funden gemacht.
   Ihre Absicht war, ein dreidimensional begehbares Gar-
   tenmodell digital zu rekonstruieren.
       Auch der Journalist Josch Reuter hat uns im Keller    Abb. 2
   aufgesucht, um Techiken bei der Archivierung auszu-
   tauschen. Er betreut zur Zeit mit seiner Lebensgefähr-        Der Tag des offenen Denkmals (12.9.2021) war für
   tin Frau Nina Daebel die Sammlung des Pisendel-Mu-        die Arbeitgruppe und damit auch für den Verein ein
   seums in Cadolzburg, die mit immer wieder mit neu         voller Erfolg. Mit vier Stationen im Schulhof der Pfis-
   an sie gerichteten Anforderungen in der Archivierung      terschule und einer im Keller haben wir versucht die
   der Museumsschätze vor große Probleme gestellt ist.       Besucher in die moderne Archäologie einzuführen.
   Eine Einführung in unsere digitale Archivierung hat die   Zwei Stationen waren der Experimentellen Archäolo-
   Diskussion sehr belebt.                                   gie gewidmet mit Weben und Drechseln, eine Station
       Am 28. August haben wir mit Hilfe des Georadars       diente der Vorführung des Georadars mit den Ergeb-
   ein Profil am Kapellenruhdenkmal gemessen (Abb. 1),       nissen der letzten Zeit, eine Station hat den Fundkom-
   das sich von Nordwest nach Südost erstreckt hat. Die-     plex Gustavstraße 37 vorgestellt und Techniken der
   se Maßnahme wurde notwendig, weil immer noch              Keramikrestaurierung vorgeführt und in unserem Kel-
   nicht klar ist, ob oder was sich unter dem Denkmal di-    ler konnten sich die Besucher von der digitalen Erfas-
   rekt befindet. Wir haben dabei die Struktur, die west-    sung unserer Funde aufklären lassen. Dazu gab es ein
   lich vom Feldweg durch die Geomagnetik bekannt ist,       Computerspiel, in dem jeder selbst Fundkisten des Ar-
   wieder entdecken können und festgestellt, dass auch       chivs digital öffen und die Funde begutachten konn-
   unter dem Denkmal eine starke Reflexion im Radar-         te (Abb. 2).
   bild erscheint. Eine weitere Untersuchung wird zei-           Zur Vervollständigung eines Aufsatzes, der im Alt-
   gen, ob es sich dabei um eine bauliche Struktur oder      stadtbläddla erscheint, gab es eine Begehung der Res-
                                                                                                                                          gemeinsam.fair handeln
   verdichtetes Aufschüttungsmaterial handelt, das in        te der Turmburg in Oberasbach-Altenberg (Abb. 3).
   diesem Bereich eingebracht wurde, um das Denkmal          Die versteckt liegende ehemalige Burganlage hatte
   hochwasserfrei zu halten.                                 einmal einen Wassergraben, der durch Bauarbeiten               Die Welt zu Gast in Fürth!
                                                             nun völlig verschwunden ist. Die Untersuchung hat
                                          Abb. 3             gezeigt, dass Altenberg ein interessantes Pflaster für         Entdecken Sie ökofaire
                                                             archäologische Funde ist, die von der Altsteinzeit über
                                                             weitere vorgeschichtliche Perioden bis ins Mittelalter
                                                                                                                            Mode, Accessories,
                                                             reichen.                                                       Kunsthandwerk und
                                                                                                     Thomas Werner          faire Feinkost im Herzen der
                                                                                                                            Fürther Altstadt.
                                                   Abb. 1                                                                   Mo.-Fr. 10.00-19.00 Uhr
                                                                                                                            Sa.     10.00-16.00 Uhr
                                                                                                                            Gustavstr. 31 • 90762 Fürth
                                                                                                                            www.welthaus-fuerth.de

   14    Altstadtverein Fürth       Nr. 55 – 2021/22                                                                   Nr. 55 – 2021/22   Altstadtverein Fürth     15
ALTSTADT bläddla Nr. 55 2021/22 - ES WAR EINMAL - Altstadtverein Fürth
EMILIE LEHMUS
 VON DER PFARRERSTOCHTER                                                                                                 behalten“, beschrieb Franziska Tiburtius als
                                                                                                                         80-jährige in ihren Memoiren das Ereig-
                                                                                                                                                                                               Deutschland, der Assistentinnen aufnahm
                                                                                                                                                                                                  und an seiner Klinik ausbildete.12
 ZUR ERSTEN DEUTSCHEN MEDIZINSTUDENTIN                                                                                   nis.7                                                                           Gemeinsam mit Franziska Tiburtius
                                                                                                                             Nach neun Semestern beendete                                              durfte sich Emilie Lehmus 1876 in Ber-
                                                                                                                         Emilie ihr Studium mit der Promoti-                                            lin mit behördlicher Duldung mit ei-
                                                                                                                         on8 „summa cum laude“. Diese Aus-                                                ner Privatpraxis für Frauen und Kin-
 Am 30. August 2019 wurde am Fürther Zentralfriedhof          die erste approbierte und promovierte Zahnärztin           zeichnung wurde in den zehn davor                                                der niederlassen, deren Türschild sie
 eine Gedenkstätte für die Ärztin und erste deutsche          Deutschlands). Auf einer gemeinsamen „Spreewald-           liegenden Jahren an der Züricher                                                  als „Dr. med. der Universität Zürich“
 Medizinstudentin Emilie Lehmus der Öffentlichkeit            wasserfahrt“ reifte in ihr der Entschluss, Medizin zu      Universität nur sechs männlichen                                                  auswies. Aufgrund ihres Geschlech-
 übergeben. Das Datum markierte gleichzeitig den 178.         studieren – gewissermaßen aus der Laune eines Au-          Prüflingen zuteil. Dieser Umstand                                                 tes wurde die Arbeit der beiden Ärz-
 Geburtstag der zu Ehrenden, die am 30. August 1841           genblickes5. Von ihrem Vater – dem Michelspfarrer          war vielen Zeitungen 1874 eine Mel-                                              tinnen seitens der Politik nicht aner-
 im Fürther Pfarrhof von St. Michael das Licht der Welt       Friedrich Theodor Eduard Lehmus2 wurde dies nicht          dung wert, wie z.B. der Kölner Zei-                                              kannt. Man stellte sie ohne Ansehen
 erblickte. Obgleich Emilie Lehmus schon seit 2007 mit        als Schrulle abgetan sondern Emilie von ihm darauf-        tung, dem Münchener Boten, dem                                                 Ihrer Ausbildung lediglich auf die Ebe-
 einer Bodenplatte am „Ehrenweg“ der Fürther Fuß-             hin in Latein unterrichtet.                                Schweinfurter Anzeiger und natürlich                                          ne von Badern und Heilpraktikern.
 gängerzone geehrt wurde, war doch ihr letzter Ruhe-              In Deutschland selbst durfte sie damals nicht stu-     auch den Fürther Neuesten Nachrich-                                             So eröffneten sie am 18. Juni 1878 die
 ort allgemein nicht mehr bekannt. Vermutlich lag dies        dieren. So immatrikulierte sie sich 1870 im schweize-      ten und dem Tagblatt: „Fräulein Emilie Leh-                              erste Poliklinik weiblicher Ärzte für Frau-
 daran, dass ihr letzter Wohnort in Gräfenberg / Land-        rischen Zürich zu Studienzwecken. Zürich entwickel-        mus aus Fürth, die erste deutsche Dame, die                           en und Kinder in der Alten Schönhauser Stra-
 kreis Forchheim in der Fränkischen Schweiz gewesen           te sich in jener Zeit als ein Zentrum internationaler      in Zürich Medizin studiert, machte daselbst in vori-             ße 23/24.13 Die Praxisräume, eine Erdgeschosswoh-
 war. Dort starb sie am 17. Oktober 1932 91-jährig, wur-      weiblicher Studentenschaft.6 Die Besonderheit in Zü-       ger Woche ihr Examen und erhielt das Prädikat ausge-          nung im Hinterhof, wurden ihnen vom Brauereibesit-
 de aber auf dem Fürther Hauptfriedhof beerdigt1.             rich lag für Studentinnen darin, dass sie keinerlei Bil-   zeichnet. Es ist dieser Grad in den letzten zehn Jahren       zer Bötzow kostenlos überlassen14. Die Behandlungen
                                     Die Begräbnisstät-       dungsnachweise vorlegen mussten, lediglich ein „Sit-       nur sechs männlichen Examinanden zuteil geworden.“9           der Patientinnen führten die Frauen meist zum Selbst-
                                 te in Fürth war aller-       tenzeugnis“. In vielen Ländern Europas hatten Frau-            Zu Zeiten Emilie Lehmus‘ lachte der deutsche              kostenpreis aus. Wie das Amtsblatt für die Königli-
                                 dings schon seit Jah-        en ja keine Möglichkeit, das Abitur abzulegen und sich     Reichstag über weibliche Ärzte, und sie selbst klagte         chen Bezirksämter Forchheim und Ebermannstadt
                                 ren aufgelassen und          damit an einer Universität zu bewerben.                    über die Berliner Ärzteschaft. „Am gehässigsten war           vom 31. Juli. 1877 ausweist, bestand „der Arbeitslohn
                                 zuletzt nur noch über            Hier in Zürich lernte sie auch ihre Kommilitonin,      Virchow“. Der gleiche Virchow trat unter Protest aus          der beiden Ärztinnen nur in der Bereicherung Ihrer Er-
                                 die Archivfunktion des       Franziska Tiburtius, die Schwägerin von ihrer Berliner     dem Kuratorium des Victoria-Lyzeums zu dem Augen-             fahrungen, die sie auf diesem Wege sammeln, und in
                                 städtischen Grabbu-          Bekanntschaft Henriette, beim Studium kennen. Als          blick aus, als Emilie Lehmus‘ Freundin Franziska Tibur-       dem freudigen Bewußtsein, so manches Weh lindern
                                 ches zu eruieren. Über       dann im Jahr 1870 die zwei jungen Frauen in Zürich ei-     tius mit der Leitung eines Kurses für Gesundheitspfle-        und so vielfach Hilfe bringen zu können.“
                                 dieser originalen Grab-      nen Hörsaal betraten, erhob sich „ein wüster Lärm,         ge an der Schule beauftragt wurde10.                          Siehe:
 stätte wurde nun das Memorial „Emilie Lehmus“ – un-          Schreien, Johlen, Pfeifen“. „Da hieß es ruhiges Blut           Noch am Ende des 19. Jahrhunderts wurde die
 terstützt durch DGGG-Mitglieder (Deutsche Gesell-                                                                       „natürliche Bestimmung“ der Frau in Ehe und Mutter-
 schaft für Gynäkologie und Geburtshilfe) – errichtet.                                                                   schaft gesehen. „Wenn es als Axiom gelten muß, daß
     Emilie Lehmus wurde als Tochter von Pfarrer Fried-                                                                  die Bestimmung der Frau die Ehe sein muß, so tritt an
 rich Theodor Eduard Lehmus2 und seiner Frau Caroli-                                                                     uns die Frage heran, ob durch das Studium der Medizin
 ne als dritte von sechs Töchtern geboren. Dank der                                                                      die zur Ehe nötigen Eigenschaften der Frau nicht geschä-
 fortschrittlichen Einstellung der Eltern erhielt sie - wie                                                              digt werden. Die echte Weiblichkeit wird, wenn sie nicht
 auch ihre Schwestern - eine Berufsausbildung. In Paris                                                                  durch jenes anstrengende konkrete Studium ganz zu
 setzte sie ihren Schulbesuch für Sprachstudien fort.                                                                    Grunde geht, doch beschädigt.“11a
 Zurück in Fürth war sie als Lehrerin an einer höheren                                                                       Selbst viele liberale Professoren postulierten letzt-
 Töchterschule tätig, was darauf schließen lässt, dass                                                                   endlich die Überlegenheit des männlichen Geistes:
 sie in Paris das Lehrerinnenexamen absolviert hat3.                                                                     „Prinzipiell also bin ich nicht gegen die Zulassung weibli-
     1866 taucht die damals 24-jährige Emilie zum ers-                                                                   cher Studenten, ich würde aber nur solche zulassen, die
 ten Mal namentlich in einem Bericht des Königl.-Bayr.                                                                   alle Vor-Examina mit Nr. 1 absolviert haben. Das würde
 Amtsblattes in Rothenburg ob der Tauber auf. Ver-                                                                       dann ein ganz brauchbares Studentenmaterial liefern,
 mutlich war sie dort zu Besuch bei den Großeltern,                                                                      indem zu erwarten stünde, daß diese Damen durch Fleiß
 denn die Familie Lehmus besetzte seit mehreren Ge-                                                                      den Vorsprung ausglichen, welchen das männliche Ge-
 nerationen in Rothenburg die Pfarrstelle, so auch der                                                                   schlecht durch überlegene geistige Initiative vor ihnen
 Großvater. – In dem Königl.-Bayr. Amtsblatt rief Emi-                                                                   voraus hätte.“11b
 lie unter dem Eindruck der kurz zuvor geschlagenen                                                                          Emilie Lehmus hoffte in diesem Zeitgeist vergeb-             Umso mehr erfuhren die beiden Freundinnen ei-
 Schlacht von Königgrätz (dem heutigen Hradec Králo-                                                                     lich, in Deutschland mit ihrem Doktortitel zum Staats-        nen großen Zulauf von ihrer Patientenschaft. In ihrer
 vé) zwischen Preußen und Österreichern zu Spenden                                                                       examen zugelassen zu werden. 1875 ging sie deswe-             Poliklinik, der späteren „Klinik weiblicher Ärzte e.V.“,
 von Geld und Verbandszeug für die verwundeten Sol-                                                                      gen für einige Monate an die Universitäts-Entbin-             behandelten sie von 1878 bis 1896 um die 20.000 Pati-
 daten auf.4                                                                                                             dungsanstalt nach Prag, im Anschluss an die König-            enten, obwohl nur zweimal wöchentlich Sprechstun-
     1870 besuchte die 29-jährige Emilie Lehmus eine ih-                                                                 liche Entbindungsanstalt und Frauenklinik nach Dres-          den abgehalten wurden15. Es war auch eine kleine Pfle-
 rer verheirateten Schwestern in Berlin und lernte da-                                                                   den. Dort war sie bei dem Gynäkologen Prof. Franz             geanstalt mit angeschlossen, in der u.a. kleine opera-
 bei Henriette Hirschfeld-Tiburtius kennen (übrigens                                                                     von Winckel tätig, dem damals einzigen Professor in           tive Eingriffe vorgenommen werden konnten. Diese

 16    Altstadtverein Fürth         Nr. 55 – 2021/22                                                                                                                                        Nr. 55 – 2021/22       Altstadtverein Fürth      17
ALTSTADT bläddla Nr. 55 2021/22 - ES WAR EINMAL - Altstadtverein Fürth
4. siehe Amts- und Anzeigenblatt für die Stadt und das Königl. Be-
                                                            te verbracht hatte. Auch von dort engagierte sie sich                       zirksamt Rothenburg vom 25. Juli 1866, Seite 4
                                                            weiter und beteiligte sich 1908 an der Gründung der                     5. Michaela Holdenried (Hg.): Geschriebenes Leben, Autobiogra-
                                                            Vereinigung weiblicher Ärzte in Berlin mit einer Spen-                      phik von Frauen, 1995, S. 232
                                                            de von 16.000 RM21.                                                     6. hier immatrikulierten sich im späten 19. Jahrhundert so promi-
                                                                                                                                        nente Frauen wie Ricarda Huch, Rosa Luxemburg, Anita Aug-
                                                                In Gräfenberg starb Emilie Lehmus am 17. Oktober
                                                                                                                                        spurg, Lou Andreas Salomé.
                                                            1932 im Alter von 91 Jahren. Eine deutsche Approbation                  7. Zitiert nach Sonntagsblatt vom 28.08.2019
                                                            hat sie nie bekommen. Beerdigt wurde sie am Fürther                     8. Emilie Lehmus: Die Erkrankung der Macula lutea bei progressi-
                                                            Friedhof. Für ihre Beerdigung hatte sie verfügt, sie sol-                   ver Myopie; Inaugural-Dissertation an der medizinischen Fakul-
                                                            le als Armenleiche von dem für den Wochendienst zu-                         tät Zürich, 1875 – online verfügbar: https://books.google.de/bo
                                                                                                                                        oks?id=zftlAAAAcAAJ&printsec=frontcover&dq=Lehmus&hl=
                                                            ständigen Pfarrer von St. Martin bestattet werden. Es
                                                                                                                                        de&sa=X&ved=0ahUKEwjg38_Jz4jfAhXno4sKHe8_DvAQ6AEI
Gedenktafel an der ehemaligen Praxis                        traf damals den Stadtvikar von St. Martin, Georg Kuhr,                      NzAD#v=onepage&q=Lehmus&f=false
                                                            dessen Großvater Johann Georg Kuhr ein direkter Vet-                    9. Als Depeschenmeldung wurde die Nachricht jeweils text-
wurden dank der Unterstützung des Berliner Frauen-          ter der Verstorbenen war 22. An ihrem Grab durfte kei-                      gleich abgedruckt. Siehe z.B.: Fürther Neueste Nachrichten
vereins für arme Frauen kostenlos angeboten16. Aller-       ne Predigt gehalten werden. Sie hatte als Text ledig-                       für Stadt und Land (Fürther Abendzeitung) 27.12.1874 – on-
                                                                                                                                        line verfügbar: https://digipress.digitalesammlungen.de/view/
dings soll auch die ehemalige Kronprinzessin Victoria       lich die Schriftstelle von der Auferstehung der Toten
                                                                                                                                        bsb11175524_00597_u001/2?cq=Emilie%20Lehmus ebenso: Mün-
Patientin gewesen sein17. Gemeinsam mit Franziska Ti-       am Jüngsten Tag verfügt: 1. Thess: 4, 13 – 1823.                            chener Bote für Stadt und Land 25.12.1874 Weilheimer Tagblatt
burtius war Emilie Lehmus von 1878 bis 1885 im „Sa-             Weitere Angaben zu Emilie Lehmus in Agnes Bluhm:                        für Stadt und Land 29.12.1874 Ingolstädter Zeitung (Neue Ingol-
nitätsverein für Lehrerinnen“ aktiv tätig, und ab 1889      Dr. med. Emilie Lehmus. Zur Vollendung des 90. Lebens-                      städter Zeitung) 27.12.1874 Schweinfurter Anzeiger 29.12.1874
im „Kaufmännischen und gewerblichen Hilfsverein für         jahres am 30. August 1931 in: Die Ärztin. 7. Jg. 1931, Nr. 8            10. Vgl. Susanne Dettmer, Gabriele Kaszmarszyk, Astrid Bühren
                                                                                                                                        „Karriereplanung von Ärztinnen“ – in Kooperation mit der Bun-
weibliche Angestellte“18.                                   und Agnes Bluhm: Ein Gedenktag der deutschen Medi-
                                                                                                                                        desärztekammer, 2006, Seite 15
    15 Jahre lang blieben Lehmus und Tiburtius die ein-     zinerinnen. in: Die Ärztin. 17. Jg. 1941, Nr. 8                         11. 11a)Prof. Dr. med. Georg Lewin, Direktor der Klinik für Syphilis
zigen Ärztinnen in Berlin, bis Frauen der zweiten Ge-                                           Christian Schmidt-Scheer                an der Königl. Charité Berlin, zitiert nach Michaela Holdenried
neration – die ebenfalls in Zürich studiert hatten – sich                                                                               (Hg.): Geschriebenes Leben, Autobiographik von Frauen, 1995,
der Arbeit an der Poliklinik anschlossen19. Um die Jahr-    Anmerkungen                                                                 S. 241 11b) Prof. Dr. med. von Rindfleisch, Direktor des patholo-
                                                                                                                                        gischen Instituts der Universität Würzburg, zitiert nach Micha-
hundertwende im Alter von 60 Jahren musste Leh-             1. Dies dürfte in einer tiefen familiären Verbundenheit mit der
                                                               Stadt Fürth begründet liegen, wo auch ihre beiden Eltern be-             ela Holdenried (Hg.): Geschriebenes Leben, Autobiographik von
mus ihre Praxistätigkeit aus gesundheitlichen Grün-                                                                                     Frauen, 1995, S. 241
                                                               graben sind.
den aufgeben. Ihre Kollegin konstatierte „Grippep-                                                                                  12. Siehe dazu: „Ärztinnen im Kaiserreich – Geschichte der Charité“
                                                            2. Friedrich Theodor Eduard Lehmus (geb. 28. Februar 1806 in
neumonie“20. Lehmus verließ Berlin, dessen Klima ihr           Rothenburg, gest. 15. März 1890 in Fürth) war Pfarrer und Kir-           zu Emilie Lehmus - online verfügbar: https://geschichte.charite.
nicht mehr behagen wollte und nahm ihren Wohn-                 chenrat in Fürth. Er machte sich in Fürth einen Namen mit ver-           de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00016
                                                                                                                                    13. An dem Haus Alte Schönhauser Straße 23, in dem sie am 18. Juni
sitz in München. Dort schloss sie sich mit ihren zwei          schiedenen diakonischen Aktivitäten. So gründete er am 14.
                                                               August 1837 die „Kinderbewahranstalt“, einen der ersten Kin-             1878 die Poliklinik weiblicher Ärzte für unbemittelte Frauen und
Schwestern (verw. Caroline Braun und Marie Lehmus)                                                                                      Kinder eröffnet hatten, wurde am 18. Juni 2006 eine Gedenkta-
                                                               dergärten in Deutschland. Außerdem gründete er das Caroli-
zu einem gemeinsamen Haushalt zusammen. Nach                                                                                            fel in Erinnerung an Emilie Lehmus und Franziska Tiburtius ange-
                                                               nenstift, in dem Witwen und Jungfrauen, die das 50. Lebens-
dem Tode der beiden siedelte sie endgültig zu ihrer            jahr überschritten hatten, Aufnahme fanden. Auf seine Anre-              bracht. (evtl. Bild). Über den Zulauf siehe auch „Correspondenz-
jüngsten Schwester nach Gräfenberg in die fränkische           gung und unter seiner Leitung wurde ein Armen- und Kran-                 Blatt für Schweizer Ärzte“, Band 7, Jahrgang VII, 1877, Seite 659
                                                                                                                                    14. Wie es mittels einer etwas unkonventionellen Zahnbehandlung
Schweiz um, wo sie bereits zuvor die Sommermona-               kenverein für die Kirchengemeinde Fürth ins Leben gerufen.
                                                               In den Kriegen 1866 und 1870 wirkte Friedrich Theodor Edu-               durch die befreundete Henriette Hirschfeld-Tiburtius zu der kos-
                                                               ard Lehmus als Vorstand der evangelischen Felddiakonie und               tenlosen Raumüberlassung kam siehe: Michaela Holdenried (Hg.):
                                                               nahm Verwundete und Kranke im Pfarrhaus auf. Dafür erhielt               Geschriebenes Leben, Autobiographik von Frauen, 1995, S. 239
                                                               er von Ludwig II. 1871 das Verdienstkreuz und vom deutschen          15. Siehe dazu: „Ärztinnen im Kaiserreich – Geschichte der Charité“
                                                               Kaiser 1873 den preußischen Kronenorden.                                 zu Emilie Lehmus – online verfügbar: https://geschichte.charite.
                                                            3. „Ärztinnen im Kaiserreich – Geschichte der Charité“ gibt im              de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00016
                                                               online-Auftritt zu Emilie Lehmus (https://geschichte.cha-            16. Ebenda
                                                                                                                                    17. Michaela Holdenried (Hg.): Geschriebenes Leben, Autobiogra-

                                                                                                                                                                                                            Irish Cottage Pub
                                                               rite.de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00016)         fälschlicherwei-
                                                               se dazu ein „Marienstift“ an, das es aber in Fürth nie gege-             phik von Frauen, 1995, S. 242
                                                               ben hat. Bekannt sind hier das „Vereinigte Heberlein’sche            18. Siehe dazu: „Ärztinnen im Kaiserreich – Geschichte der Charité“
                                                               und Arnstein’sche Institut“ (vgl. Walter Ley: Das Vereinigte             zu Emilie Lehmus – online verfügbar: https://geschichte.charite.
                                                               Heberlein’sche und Arnstein’sche Institut. In: Fürther Heimat-           de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00016                                               Öffnungszeiten:
                                                                                                                                    19. Dazu gehörten Agnes Bluhm, Pauline Ploetz, Anna Kuhnow, Ag-
                                                               blätter, 1992/4, S.112 – 124), eine Fürther Privatschule für jüdi-
                                                                                                                                        nes Hacker. Unter dem Einfluss der „zweiten Generation“ ver-
                                                                                                                                                                                                                   So.-Do. 17 Uhr bis 1 Uhr
                                                               sche Mädchen, das von 1848 – 1907 bestand und einige na-
                                                                                                                                        änderte sich die „Klinik weiblicher Ärzte“ zu einer gynäkologi-            Fr., Sa. 17 Uhr bis 2 Uhr
                                                               mentlich nicht bekannte private Einrichtungen (so erwähnt
                                                               die Fronmüllerchronik für das Jahr 1883, dass ein Magistrats-            schen Spezialklinik. Vgl. dazu: Susanne Dettmer, Gabriele Kas-
                                                               beschluss das Projekt eines städtischen Mädchen-Institu-                 zmarszyk, Astrid Bühren „Karriereplanung von Ärztinnen“ – in                   Inhaber: John Farley
                                                               tes noch verwarf. Die beiden Direktoren Metz und Heerwa-                 Kooperation mit der Bundesärztekammer, 2006, Seite 17.                            Waagstraße 1
                                                                                                                                    20.Siehe: Agnes Bluhm: Ein Gedenktag der deutschen Medizinerin-
                                                               gen vereinigten daraufhin ihre Institute zu einer nach Jahres-                                                                                              90762 Fürth
                                                                                                                                        nen. in: Die Ärztin. 17. Jg. 1941, Nr. 8 Anm. 12 Seite 338.
                                                               kursen geordnete höhere Töchterschule. Die Mädchenschule
                                                                                                                                    21. Emilie Lehmus auf Kulturring Berlin-Mitte – online verfügbar: ht-               Tel. 0911 9764102
                                                               am Fürther Kirchenplatz wird man schlechterdings als „höhe-
                                                                                                                                        tps://www.kulturring.org/konkret/frauen-persoenlichkeiten/in-              info@irish-cottage-pub.com
                                                               re Mädchenschule“ bezeichnen können und das Mädchen-Ly-
Eingelassene Bodenplatte in der Schwabacher Straße             zeum, heute Helene-Lange-Gymnasium, wurde erst 1907 er-                  dex.php?frauenpersoenlichkeiten=wissenschaft/bildung&id=149                www.irish-cottage-pub.com
                                                               richtet.                                                             22. Biographisches zu Emilie Lehmus aus Familienstammbuch
                                                                                                                                    23. siehe dazu Grabbuch-Archiv Friedhof Fürth

18    Altstadtverein Fürth        Nr. 55 – 2021/22                                                                                                                                                          Nr. 55 – 2021/22   Altstadtverein Fürth   19
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                                                                        FELDPOST „41“
                                                       Das braune Kuvert im Din A5 Format stammt aus dem
                                                       Nachlass meiner Tante Käthe Konrad. In den vergan-
                                                       genen Jahrzehnten hatte ich den Briefumschlag mit
                                                       seinem Inhalt an Feldpostkarten aus dem zweiten
                                                       Weltkrieg völlig vergessen. Jetzt kam er beim Sortie-
                                                       ren von Unterlagen wieder zum Vorschein. Die einfa-
                                                       chen, aus festem Papier gefertigten Feldpostkarten
                                                       haben als Motiv Szenen aus Schraffurzeichnungen,
                                                       wahrscheinlich Tusche. Die besseren, farbigen Kar-
                                                       ten sind ebenfalls nur gezeichnet, aber auf Karton ge-
                                                       druckt. Beide Ausführungen zeigen neben Landschaf-
                                                       ten auch Wehrmachtsoldaten. Das Verschicken von
                                                       Feldpostkarten war für den Absender an strenge Re-
                                                       geln gebunden. So mussten diese zum offenen Ver-
                                                       sand freigegeben sein. Weder der Truppenteil noch
                                                       der genaue Dienstgrad durfte vermerkt werden. Eine
                                                       der Feldpostkarten erzählt allerdings eine ganz tragi-
                                                       sche Geschichte. Sie wurde lt. Poststempel am 18. De-
                                                       zember 1941 von Willy Konrad, dem Sohn meiner Tan-
                                                       te, an seine Eltern adressiert. Der erst 22-jährige Fah-
                                                       nenjunker Feldwebel Wilhelm Konrad starb im Kampf
                                               2       am 20. Dezember 1941 gegen 12.50 Uhr an den Fol-                                                                 4
                                                       gen einer schweren Kopfverletzung durch einen Gra-         1 = Ein Weihnachtsmotiv.
                                                       natsplitter. Seine Todesnachricht an die Angehörigen       2 = Ein Landser mit seinem Gewehr „Karabiner 98“.                                                        7
                                                       kam per Feldpost …                                         3 = Immer wieder Wehrmachtsoldaten.
                                                                                                  Gunnar Förg     4 + 5 = Tuschezeichnungen                                   6
                                                       3
                                                                                                                  6 = Solche Weihnachtsmotive sollten dem Krieg wohl
                                                                                                                       seinen Schrecken nehmen?
                                                                                                                  7 = Abgestempelt am 18. Dezember 1941.                           5
                                                                                                                  8 = Strenge Auflagen für die Soldaten.
                                                                                                                  9 = Eine typische Nazipropaganda!

                                                                                                                                                                                                                           8

                                                                                                                                                                                                                           9

20   Altstadtverein Fürth   Nr. 55 – 2021/22                                                                                                                                Nr. 55 – 2021/22   Altstadtverein Fürth   21
D
               en meisten Fürtherinnen und Fürthern        hafte oder veraltete Angaben ausbessern, jede(r) ist       Das klappte stets reibungslos, aber das Unterschlüp-    wiki-Team, welches zudem selbst als eingetragener
               im Alter von 9 bis 99 Jahren dürfte das     zum Ergänzen bestehender und zum Verfassen neu-            fen bei Freunden erinnert ein wenig an das Basteln in   Verein organisiert ist. Da wir uns aber nicht nur der
               Online-Stadtlexikon »FürthWiki« ein Be-     er Artikel berechtigt: Das FürthWiki ist ein Produkt der   Kindertagen am heimischen Küchentisch: Man muss         Wikipedia-Software bedienen, sondern die Förde-
               griff sein: So wie die »große Schwester«    kollektiven »Schwarmintelligenz«, und je mehr Men-         nach getaner Arbeit immer alles wieder aufräumen        rung des Freien Wissens für alle auf unsere Fahnen ge-
               Wikipedia das Wissen der Welt abbildet,     schen sich aktiv mit einbringen, desto besser wird und     und verstauen, kann nichts liegenlassen, muss für die   schrieben haben, erfüllten wir von vorneherein sämt-
               so werden im FürthWiki Fakten über un-      bleibt das Endprodukt. Wer immer also etwas bes-           nächsten Nutzer Grundstellung herstellen...             liche Voraussetzungen für eine finanzielle Förderung
sere Stadt zusammengetragen und der interessierten         ser weiß, ist beileibe kein ungeliebter »Besserwisser«,       Daher kam bei uns irgendwann der Wunsch nach         durch WMDE.
Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht. In der großen      sondern uns im Gegenteil als Korrekturinstanz hoch-        einem eigenen »Hauptquartier« auf, welches uns ohne         Der Rest war Fleißarbeit: Kontakte herstellen, Kon-
Enzyklopädie wie                                                                                 willkommen!          Nachfragen und Terminabstimmungen rund um die           zepte erarbeiten, Anträge schreiben, Aufgaben iden-
in der kleinen sind                                                                                  Das im Jahr
es ausschließlich                                                                                2007 von den bei-
ehrenamtliche                                                                                    den Freunden Fe-
Autorinnen und                                                                                   lix Geismann und
Autoren, die in ih-
rer Freizeit am vir-
tuellen Gemein-
                             MEHR ALS NUR                                                        Mark        Muzen-
                                                                                                 hardt gegründe-
                                                                                                 te Nachschlage-
schaftswerk ar-
beiten und es um             GUTE NACHBARN:                                                      werk wurde anno
                                                                                                 2012 in die Trä-
Texte, Bilder und                                                                                gerschaft eines
audiovisuelle Me-
dien bereichern.             FÜRTHWIKI UND                                                       neu gegründeten
                                                                                                 Förder ver eines
    Mit Stand Sep-                                                                               überführt. Dieser
tember 2021 sind
im       FürthWiki
                             ALTSTADTVEREIN                                                      stellt die notwen-
                                                                                                 digen Ressourcen
schon gut 10000                                                                                  zum dauerhaften      Die lange aufgeschobene Eröffnungsfeier des             Sichten eines fotografischen Nachlasses von gut 150
Artikel und knapp                                                                                Betrieb der Wis-     FürthWiiki-Ladens                                       Alben
23000       Medien                                                                               sensdatenbank
vorhanden und                                                                                    bereit und küm-      Uhr zur Verfügung steht. Ein verwegener Gedanke         tifizieren und team-intern verteilen, warten und hof-
abrufbar, Tendenz weiterhin stark steigend. In der er-     mert sich um Mitgliederwerbung, Öffentlichkeitsar-         und zunächst ein Wunschtraum jenseits jeder Chan-       fen... Als wir dann schließlich die Förderung geneh-
weiterten Tradition der früheren Stadtchronisten ste-      beit und Kooperationen mit Dritten, damit sich die         ce auf Realisierung, liegen doch die Jahreseinnahmen    migt und grünes Licht signalisiert bekamen, ging die
hend, bewahrt das FürthWiki historische Fakten und         »Lieferanten« von Inhalten möglichst wenig mit dem         des Vereins (aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden) im     Suche nach einem geeigneten Standort los. Klar war
gegenwärtige Umstände, ja mitunter sogar zukünfti-         Drumherum beschäftigen müssen, sondern sich auf            niedrigen vierstelligen Bereich. Damit wäre keine ei-   von vorneherein, daß wir keine normale »Geschäfts-
ge Entwicklungen (z.B. in Form von Artikeln über ge-       das Schreiben und Bebildern von Artikeln fokussieren       gene Niederlassung zu finanzieren, schon gar nicht in   stelle« suchten, sondern einen attraktiven »Raum der
plante Bauprojekte) für die Nachwelt und vor dem Ver-      können. An dieser Stelle sei hervorgehoben, dass eine      halbwegs attraktiver, zentraler Innenstadtlage.         Begegnung« mit gut sichtbarer Außen- und Werbewir-
gessen. Relevant und festhaltenswert ist alles, was        Mitgliedschaft im Förderverein FürthWiki e. V. keines-         Wir machten uns daher im Jahr 2017 auf die Su-      kung. Ein Ladenlokal in einer schwach frequentierten
mit der Stadt Fürth zu tun hat. Der Landkreis bleibt       wegs Voraussetzung für die inhaltliche Mitarbeit ist.      che nach einem Sponsor, der uns einen eigenen Treff-    Nebenstraße war daher nie eine Option.
schon aus Kapazitätsgründen außen vor (und die Ost-           Das Verfassen von Beiträgen, das Hochladen und          punkt und Arbeitsraum zur Verfügung stellt, ohne            Die Corona-Pandemie kam dann dazwischen und
vorstadt... natürlich sowieso)...                          Verschlagworten von Fotos, das Einbinden von Videos        uns dadurch in (gefühlte oder echte) Abhängigkeiten     verzögerte das Projekt erheblich, verhalf uns aber
    Das stete Wachstum unserer Bestände bringt frei-       und Tonaufnahmen: All das (und mehr) kann von je-          zu bringen und damit unsere Neutralität zu gefähr-      letztlich nach allerlei Irrungen und Wirrungen zu dem
lich auch Probleme mit sich, die im analogen Zeital-       dem Gerät mit Internetzugang aus geleistet werden,         den. Fündig wurden wir bei Wikimedia Deutschland        wunderschönen und optimal gelegenen Standort in
ter so nicht existierten: Während früher niemand vom       am heimischen Schreibtisch ebenso wie im ICE oder          e. V. (WMDE), dem deutschen Ableger der Wikimedia       der Gustavstraße 12. Der sich in vielfacher Hinsicht als
Brockhaus im Bücherregal verlangt hätte, dass sich         im Hotelzimmer. Die Aufbauarbeit an unserer Enzyk-         Foundation, deren bekanntestes Förderprojekt das        Glücksfall erwiesen hat: Hier kommen tagtäglich viele
dessen gedruckte Inhalte von Geisterhand und quasi         lopädie ist nicht an die physische Präsenz gebunden,       Weltlexikon Wikipedia ist.                              Passantinnen und Passanten vorbei, die uns und un-
über Nacht aktualisieren, erwarten Kritikerinnen und       was fantastische Möglichkeiten der effizienten Zeit-           WMDE fördert ehrenamtliches Engagement auf          sere Mission wahrnehmen, die Auslage studieren, das
Kritiker des virtuellen Pendants zuweilen genau das:       nutzung und der Kooperation mit anderen Aktiven er-        dem Gebiet des »Freien Wissens« auf vielfältige Wei-    wechselnde »Fundstück des Monats« im Schaufens-
Der eine merkt an, dass der Direktor seines ehemali-       öffnet. Dennoch ist und bleibt der Mensch ein soziales     se, unter anderem durch das Finanzieren sogenann-       ter bewundern. Hier fühlen sich auch unsere Aktiven
gen Gymnasiums doch schon seit Jahren ein anderer          Wesen, und gelegentliche Zusammenkünfte der Mit-           ter »Community Spaces«, die von ehrenamtlichen          wohl, hier kommt man gerne hin.
sei, die andere hat irgendwo eine falsche Jahreszahl       machenden sind weiterhin das »Salz in der Suppe«.          Wissensarbeiterinnen und -arbeitern in eigener Regie        Messbar ist der Erfolg zudem durch steigende Be-
gefunden, der dritte beklagt überholte Öffnungszei-           Lange Zeit beschränkte sich das soziale Miteinan-       betrieben und bespielt werden. Mit eigenen Räumen       sucherzahlen in unseren wöchentlichen Sprechstun-
ten in der Vorstellung seiner... Lieblingskneipe...        der auf monatliche Arbeitstreffen des »harten Kerns«       ausgestattete Wikipedia-Gruppen existierten vorher      den, durch vorbeigebrachte Buchspenden, durch uns
    Aber so ist das halt mit Daten, Zahlen, Fakten: Man-   der FürthWiki-Macherinnen und -macher an wech-             schon in Berlin, Hamburg, Hannover, Köln und Mün-       zur Auswertung übergebene Nachlässe von Fürther
che, ja ausnehmend viele von ihnen neigen dazu, über       selnden Orten öffentlichen oder privaten Charakters.       chen. Der FürthWiki-Laden ist jetzt der jüngste und     Amateurfotografen. Das vermehrte Eingehen von
kurz oder lang zu veralten. Mehr oder weniger drin-        Mehrere Jahre lang tagten wir dann als gern gesehe-        vorerst letzte geförderte »öffentliche Raum« sowie      Aufnahmeanträgen in den Förderverein ist ein wei-
gender Aktualisierungsbedarf besteht fast allerorten.      ne Gäste am jeweils ersten Mittwoch eines Monats           der erste, bei dem nicht eine Gruppe von Wikipedia-     terer guter Indikator für unseren Erfolgskurs. Neue
Das Positive daran: Jede(r) kann, darf und soll fehler-    in der Freibank des Altstadtvereins am Waagplatz.          Aktiven unterstützt wird, sondern explizit ein Stadt-   Aktive – also Autorinnen und Autoren – konnten wir

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