Forum Ausgabe 12 2016 - Aktuelle Entwicklungen bei Berufskrankheiten - DGUV Forum

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Forum Ausgabe 12 2016 - Aktuelle Entwicklungen bei Berufskrankheiten - DGUV Forum
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        Fachzeitschrift für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung   Ausgabe 12 • 2016

        Forum

        Aktuelle Entwicklungen
        bei Berufskrankheiten

        Der Versicherungsfall nach § 9 Abs. 2 SGB VII
        Eine besondere Herausforderung
        Aus der Forschung
        Projekt zum Gesundheitsschutz von Feuerwehreinsatzkräften
Forum Ausgabe 12 2016 - Aktuelle Entwicklungen bei Berufskrankheiten - DGUV Forum
Editorial

                     Liebe Leserinnen,
                     liebe Leser,

                     die Entwicklung im Berufskrankheitengeschehen
                     stellt uns regelmäßig vor neue Herausforderungen.
                     Gerade hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat
                     „Berufskrankheiten“ beim Bundesministerium für
                     Arbeit und Soziales (BMAS) wissenschaftliche Be-
                     gründungen für vier neue Krankheitsbilder veröf-
                     fentlicht. Es handelt sich um drei unterschiedliche
                     Krebserkrankungen und die fokale Dystonie bei Be-

                                                                                                             Foto: Wolfgang Bellwinkel/DGUV
                     rufsmusikern und -musikerinnen. Alle vier Erkran-
                     kungen können künftig „wie eine Berufskrankheit“
                     anerkannt werden. Wie hoch sind die zu erwar-
                     tenden Fallzahlen? Welche Begutachtungsempfeh-
                     lungen müssen wir entwickeln? Jedes neue Krank-
                     heitsbild stellt seine eigenen Bedingungen und wir
                     betreten immer wieder ein Stück Neuland.

                  So war es auch mit der BK 5103, dem hellen Hautkrebs durch natürliche UV-Strahlung,
                  der zum 1. Januar 2015 in die Berufskrankheitenliste aufgenommen wurde. Die gesetz-
                                        liche Unfallversicherung war gut vorbereitet auf diese neue Be-
„Unsere Aufgabe und unser Be- rufskrankheit. Zum Stichtag stand bereits eine Reihe von Ar-
streben ist es, die Qualität der        beitshilfen zur Verfügung. Aber viele Fragen stellen sich erst in
BK-Verfahren und ihre Transpa- der Praxis. Wie schaffen wir es, dass die Sonne beim Arbeiten
renz stetig weiterzuentwickeln. im Freien auch als mögliche Gefahr gesehen wird? Was sind
                                        wirksame Präventionsmaßnahmen? In welchem Maße wird die
Nötig sind dazu aber auch
                                        Erwerbsfähigkeit durch die neue Berufskrankheit gemindert?
möglichst klare Vorgaben für            Und was zählt alles zu einer guten medizinischen Nachsorge?
die einzelnen Krankheitsbilder
durch den Gesetzgeber.“                    Es braucht Zeit, Erfahrung und häufig auch weitere Forschung,
                                           bis Prävention und Klinik so gut verzahnt sind wie zum Beispiel
                     im Hautarztverfahren der BK 5101. Unsere Aufgabe und unser Bestreben ist es, die
                     Qualität der BK-Verfahren und ihre Transparenz stetig weiterzuentwickeln. Nötig sind
                     dazu aber auch möglichst klare Vorgaben für die einzelnen Krankheitsbilder durch
                     den Gesetzgeber.

                     Mit den besten Grüßen
                     Ihr

                     Dr. Joachim Breuer
                     Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung

2   DGUV Forum 12/2016
Forum Ausgabe 12 2016 - Aktuelle Entwicklungen bei Berufskrankheiten - DGUV Forum
Inhalt

> Editorial/Inhalt >>>                                    2–3

> Aktuelles >>>                                           4–8

> Nachrichten aus Brüssel >>>                               9

> Titelthema >>>                                     10–37
Der Versicherungsfall nach § 9 Abs. 2 SGB VII
Eine besondere Herausforderung                             10
Karin Praefke, Stefanie Palfner
Wissenschaftliche Begründungen
Neue Anerkennungsmöglichkeiten für beruflich
verursachte Erkrankungen                                   13
Patricia Heinisch, Stefanie Palfner
Kostenträger Krankenkasse oder Berufsgenossenschaft?              13
CI-Implantation bei anerkannter Lärmschwerhörigkeit und
nachfolgender lärmunabhängiger Ertaubung                   15
Tilman Brusis, Jürgen Alberty, Eberhard F. Meister
                                                                     Die DASA Arbeitswelt-Ausstellung in Dortmund zeigt zurzeit
Sekundärprävention von UV-induziertem Hautkrebs                      die Ausstellung „Wie geht’s“, die mit einem innovativen
(BK-Nr. 5103)                                                        Konzept und farbenfrohen Illustrationen junge Berufstätige
                                                                     für das Thema „Berufskrankheiten“ sensibilisieren will.
Individuelle Lichtschutz-Beratung für Beschäftige                    Eine der Illustrationen von Laura Laakso ziert das Titelbild
in Außenberufen                                            18       der aktuellen Ausgabe des DGUV Forum. Entwickelt wurde
Michaela Ludewig, Marc Rocholl, Anja Hübner,                         das Konzept von der DASA in Kooperation mit der Deutschen
Christoph Skudlik, Swen Malte John, Annika Wilke                     Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Weitere Infor-
                                                                     ma-tionen finden Sie auf der Medien-Seite.
Neue Hörgeräte-Generation für Tätigkeiten im Lärmbereich
Hörgeräte am Lärmarbeitsplatz erlaubt?                     22
Ulrike Wolf, Otmar Lenz
Teil 1: Minderung der Erwerbsfähigkeit bei arbeitsbedingten
Hautkrebserkrankungen
Bamberger Empfehlung und rechtliche Hintergründe zu MdE 26
Stephan Brandenburg, Wolfgang Römer, Steffen Krohn,
Stefanie Palfner
Teil 2: Minderung der Erwerbsfähigkeit bei arbeitsbedingten
Hautkrebserkrankungen
Die neuen MdE-Tabellen in der Praxis                       28
Stephan Brandenburg, Steffen Krohn, Wolfgang Römer,
Stefanie Palfner
Hautkrebs durch UV-Strahlung
Update zur neuen BK-Nr. 5103                               31
Daniel Engel, Steffen Krohn, Stephanie Schneider,
Gerald Wanka

                                                                  38
Berufskrankheiten-Monitoring
Entwicklungen zeigen und Hypothesen überprüfen             36
Stephanie Schneider

> Prävention >>>                                    38–39 > Personalia >>>                                                        40
Aus der Forschung
Projekt zum Gesundheitsschutz von                                > Aus der Rechtsprechung >>>                                      41
Feuerwehreinsatzkräften                                    38
Dirk Taeger
                                                                 > Medien/Impressum >>>                                            42

                                                                                                           DGUV Forum 12/2016        3
Forum Ausgabe 12 2016 - Aktuelle Entwicklungen bei Berufskrankheiten - DGUV Forum
Aktuelles

Wenn der Schmerz vom Kopf in den Rücken wandert
Die neue Broschüre der DGUV „Rundum                 Kommt es zu Beschwerden oder Erkran-
gestärkt – Wie psychosoziale Faktoren               kungen, so werden sie meist durch eine
bei der Prävention von Muskel-Skelett-              Kombination aus körperlichen und see-
Erkrankungen am Arbeitsplatz berück-                lischen, beruflichen und privaten Be­
sichtigt werden können“ erklärt, welche             lastungen verursacht. Die Broschüre
arbeitsbedingten Belastungen zu Be-                 „Rundum gestärkt“ legt den Schwer-
schwerden führen können, und gibt                   punkt auf die psychosozialen Faktoren
Tipps und Hinweise, was Betriebe dage-              und erklärt konkret und anschaulich,
gen tun können. Stress kann zu Muskel-              welche Belastungsfaktoren es gibt, was
verspannungen, langfristig zu Besch­                Unternehmen, Führungskräfte und Be-
werden und Erkrankungen im Bewe-                    schäftigte konkret tun können und wel-
gungsapparat führen. Psychische Belas-              che Institutionen sie dabei unterstützen.

                                                                                                 Foto: Kaj Kandler/kombinatrotweiss.de/DGUV
tungen können aber auch in gesund-
heitsförderliche Ressourcen verwandelt
werden, wenn man sie entsprechend ge-
staltet. Durch eine bessere Aufgabenver-                !   Die Broschüre und weitere Informa-
                                                            tionen stehen unter dem folgenden
teilung und die Organisation kollegialer
                                                            Link zur Verfügung:
Unterstützung kann aus einer Überfor-
                                                            www.gdabewegt.de > Presse >
derung – zum Beispiel eine hohe Ar-                         Presseinformation: Psychische
beitsintensität – eine Herausforderung                      Ursachen von Rückenschmerzen:
werden, die die Beschäftigten zugleich                      Neue Broschüre der DGUV
fordert und fördert.

„Sicher mit System“:
Wenn alle an einem
Strang ziehen

Ende September wurde der Firma
Schlieckmann das Gütesiegel „Sicher
mit System“ der Berufsgenossenschaft
für Holz und Metall (BGHM) verlie-
hen. In nur einem Jahr hat das Unter-
nehmen ein professionelles Arbeits-
schutzmanagementsystem (AMS)
eingeführt.

Unternehmensleitung, Management
und der Betriebsrat zogen an einem
Strang, um die Arbeitssicherheit im
Betrieb zu verbessern. Simone Krüger,
Personalleiterin der Hubert Schlieck-
                                           Foto: BGHM

mann GmbH, betont: „Als wir das
neue AMS einführten, hinterfragten
wir in Zusammenarbeit mit allen Ab-
teilungen die bestehenden Arbeits­      Gütesiegelübergabe an die Hubert Schlieckmann GmbH
abläufe und bes­t e­h ende Organi­
sationsformen. Das gemeinsam

                                                                                                 !
ausgelotete Optimierungs­p otenzial
haben wir dann Schritt für Schritt –    achtung beantragen. Parallel zum AMS
                                                                                                                                              Weitere Informationen zu „Sicher mit
Abteilung für Abteilung umgesetzt.“     führte das Unternehmen auch ein Betrieb-                                                              System“ und dem Beratungsangebot
Drei Jahre bleibt das Gütesiegel „Si-   liches Gesundheitsmanagement ein, das                                                                 „Gesund im Mittelstand“ unter: www.
cher mit System“ gültig. Dann kann      von der BGHM und dem Angebot „Gesund                                                                  bghm.de (Webcodes 492 und 491)
das Unternehmen eine erneute Begut-     im Mittelstand“ unterstützt wurde.

4   DGUV Forum 12/2016
Forum Ausgabe 12 2016 - Aktuelle Entwicklungen bei Berufskrankheiten - DGUV Forum
Aktuelles

Jugendliche aufgepasst: Abschleppen nur mit Führerschein
Die Sozialversicherung für Landwirt-        ablegen. Die SVLFG empfiehlt zusätzlich
schaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG)       ein spezielles Fahrtsicherheitstraining,
weist daraufhin, dass Schlepper, Stapler    damit Jugendliche die komplexe Technik
oder Hoflader auf einem Betriebsgelän-      der Schlepper auch in Gefahrensituati-
de nur mit dem passenden Führerschein       onen beherrschen. Für Fragen und eine
gefahren werden dürfen. Sobald es mög-      ausführliche Beratung rund um das
lich ist, ein Betriebsgelände von außen     Thema Schlepper und Führerscheinviel-
zu betreten, gelten dort die gleichen Re-   falt stehen die Präventionsfachleute der
geln zum Führen eines Fahrzeugs wie         SVLFG jederzeit zur Verfügung.
auf einer öffentlichen Straße. Besonders
bei Jugendlichen ist das Schlepperfah-
ren sehr beliebt. Das birgt aber aufgrund
der mangelnden Fahrerfahrung ein er-

                                                                                                                                                        Foto: SVLFG
hebliches Unfallrisiko. Jugendliche kön-            Die Fahrprüfung, die zum Schlep-
nen allerdings die Prüfung zur Fahrer-              perfahren berechtigt, kann ab 16
laubnis der Klassen T und L ab 16 Jahren                     Jahren abgelegt werden.

Einigung zum Rückwärtsfahren bei der Abfallsammlung
                                                                                                                 Unfallversicherungsträger, Entsorgungs-
                                                                                                                 wirtschaft und die Vereinte Dienstleis-
                                                                                                                 tungsgewerkschaft (ver.di) haben einen
                                                                                                                 Konsens zum Rückwärtsfahren bei der Ab-
                                                                                                                 fallsammlung gefunden. Dieser ist in der
                                                                                                                 neuen Branchenregel „Abfallsammlung“
                                                                                                                 umgesetzt, die vom Grundsatzausschuss
                                                                                                                 Prävention der Deutschen Gesetzlichen
                                                                                                                 Unfallversicherung (DGUV) am 24. Oktober
                                                                                                                 2016 beschlossen wurde und zeitnah in der
                                                                                                                 DGUV Publikationsdatenbank veröffent-
                                                                                                                 licht wird.

                                                                                                                 „Mit der Branchenregel ist es uns gelungen,
                                                                                                                 Lösungen für den Arbeitsschutz bei der Ab-
                                                                                                                 fallsammlung zu finden, die die Bedürfnisse
                                                                                                                 der Praxis und den aktuellen Stand der
                                                                                                                 Technik berücksichtigen“, so Dirk Füting,
                                                                                                                 Leiter des Sachgebiets Abfallwirtschaft der
                                                                                                                 DGUV. „Unter anderem machen wir trans-
                                                                                                                 parent, wie die Sicherheit beim Rückwärts-
                                                                                                                 fahren gewährleistet werden kann.“

                                                                                                                 Laut Branchenregel sollen Entsorgungsun-
                                                                                                                 ternehmen die Touren bei der Abfallabho-
                                                                                                                 lung grundsätzlich so planen, dass unfall-
                                                                                  Foto: Dominik Buschardt/DGUV

                                                                                                                 trächtige Rückwärtsfahrten möglichst
                                                                                                                 vermieden werden. In Ausnahmefällen sol-
                                                                                                                 len sie jedoch möglich sein, wenn in der
                                                                                                                 Gefährdungsbeurteilung Schutzmaßnah-
                                                                                                                 men für die Beschäftigten festgelegt sind.
                                                                                                                 An der Erarbeitung der Branchenregel wa-
                                                                                                                 ren Fachleute der Berufsgenossenschaften,
Rückwärtsfahren ist bei Abfallsammelfahrzeugen deshalb so gefährlich, weil die Fahrer                            Unfallkassen, Entsorgungswirtschaft und
und Fahrerinnen nur unzureichend den Raum hinter ihrem Fahrzeug einsehen können.                                 der Gewerkschaft ver.di beteiligt.

                                                                                                                                   DGUV Forum 12/2016                 5
Forum Ausgabe 12 2016 - Aktuelle Entwicklungen bei Berufskrankheiten - DGUV Forum
Aktuelles

Kein Unfall – BG ETEM gewinnt Deutschen Wirtschaftsfilmpreis
Das Präventionsvideo der Berufsgenossen-
schaft Energie Textil Elektro Mediener-
zeugnisse (BG ETEM) „Aufmerksamkeit
darf man nicht teilen“ wurde im Oktober
beim 49. Deutschen Wirtschaftsfilmpreis in
der Kategorie „Audiovisuelle Beiträge für
digitale Medien“ mit dem ersten Platz aus-
gezeichnet. Im Rahmen der Kampagne

                                                                                                                                  Foto: Alexander Paul Englert/BG ETEM
„Ein Unfall ändert alles.“ wird das Video
seit 2015 auf den digitalen Kanälen der BG
ETEM eingesetzt, um jugendliche Ver-
kehrsteilnehmer und -teilnehmerinnen für
das Thema Ablenkung im Straßenverkehr
zu sensibilisieren. Bislang wurde das Video
insgesamt 1,5 Millionen Mal auf Facebook
und Youtube aufgerufen. Die Kampagne
hat bisher mehrere Millionen User erreicht.    Screenshot aus dem Videoclip

BG ETEM zeichnet gute Ideen für Arbeitssicherheit und
Gesundheitsschutz aus
Die Berufsgenossenschaft Energie Textil        geben. Prämiert wurden sowohl technische   Das Unternehmen konnte mit einem selbst-
Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) hat        Lösungen als auch Maßnahmen zum Ge-        gedrehten Film zur Schulung von Stapler-
im Kölner Schokoladenmuseum sechs mit-         sundheitsschutz. Zwei der ausgezeichne-    fahrenden überzeugen. Mit dem IQ-Präven-
telständische Unternehmen mit dem Prä-         ten Unternehmen sind in Nordrhein-West-    tionspreis sind zusätzlich 3.000 Euro
ventionspreis ausgezeichnet.                   falen beheimatet, zwei in Bayern.          verbunden.

                                                                                           !
Der Preis wird seit 2008 alle zwei Jahre für   Bei der Preisverleihung im Schokoladen-
vorbildliche Leistungen auf den Gebieten       museum vergab das Publikum unter den
                                                                                               Mehr Informationen und Videos zu
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz        sechs Preisträgern und Preisträgerinnen         den ausgezeichneten Unternehmen
verliehen. In jeder der sechs bei der BG       außerdem den IQ-Präventionspreis. Die           unter: www.bgetem.de
ETEM versicherten Branchen wird jeweils        Wahl fiel auf das Druckhaus Mainfranken         (Webcode 16805240)
ein 5.000 Euro dotierter Branchenpreis ver-    GmbH aus Greußenheim bei Würzburg.                                                 Foto: Andreas Enderlein/BG ETEM

Die Preisträger und Preisträgerinnen des IQ-Präventionspreises der BG ETEM

6   DGUV Forum 12/2016
Forum Ausgabe 12 2016 - Aktuelle Entwicklungen bei Berufskrankheiten - DGUV Forum
Aktuelles

Neuer Service für Altenpflege: Gefährdungsbeurteilung jetzt online erstellen
Ambulante und stationäre Einrichtungen        neuen Online-Handlungshilfen führen          grundinformationen und Verweise auf
der Altenpflege können die gesetzlich         systematisch durch die einzelnen Schrit-     gesetzliche Grundlagen.
vorgeschriebene Gefährdungsbeurtei-           te der Gefährdungsbeurteilung. Sie hel-
lung für ihre Beschäftigten jetzt auch on-    fen dabei, Arbeitsbereiche festzulegen,      In der aktuellen Ausgabe „Gefährdungs-
line erstellen. Das Werkzeug dazu bietet      Tätigkeiten zu erfassen, Gefährdungen        beurteilung“ des Magazins „BGW mittei-
die Berufsgenossenschaft für Gesund-          systematisch zu ermitteln und Risiken        lungen“ berichtet die Berufsgenossen-
heitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)        beim Auswählen geeigneter Schutzmaß-         schaft darüber hinaus ausführlich über
auf ihrer Webseite www.bgw-online.de/         nahmen zuverlässig zu beurteilen. Zu je-     das Steuerungsinstrument Gefährdungs-
gefaehrdungsbeurteilung-online an. Die        dem Thema finden sich Links zu Hinter-       beurteilung.

Teleskoplader brauchen keine spezielle Fahrerlaubnis in der Landwirtschaft
Der Besitz eines Bedienerscheins oder ei-     reich einen Bedienerausweis – also eine      chen Mitarbeitenden und Familienange-
ner speziellen Fahrerlaubnis für Telesko-     spezielle Fahrerlaubnis – besitzen müssen,   hörigen jedoch hinsichtlich der Gefahren
plader ist beim Einsatz in der Landwirt-      gilt ausschließlich im Regelungsbereich      zu unterweisen.
schaft nicht notwendig. Darauf weist die      der DGUV und daher nicht für Versicherte

                                                                                            !
Sozialversicherung für Landwirtschaft,        der SVLFG. Der Besitz eines Führerscheins
Forsten und Gartenbau (SVLFG) aufgrund        mindestens der Klasse L für das Fahren ei-
vermehrter Nachfragen hin.                    nes Teleskopladers auf öffentlichen Stra-          Eine ausführliche Betriebsanwei-
                                                                                                 sung der SVLFG fasst alle Gefahren
                                              ßen, Wegen und Verkehrsflächen bleibt
                                                                                                 kurz und bündig zusammen. Sie ist
Der Qualifizierungsgrundsatz 308-009 der      selbstverständlich erforderlich.                   auf der Homepage www.svlfg.de
Deutschen Gesetzlichen Unfallversiche-                                                           unter dem Stichwort „Teleskoplader“
rung (DGUV), dass Fahrer und Fahrerinnen      Um Teleskoplader in der Landwirtschaft             zu finden.
von Teleskopladern im gewerblichen Be-        sicher zu betreiben, sind die maßgebli-

Intensive Kooperation bei Forschung zur Mensch-Roboter-Kollaboration
Im Auftrag der Berufsgenossenschaft           und Gesundheit bei der Mensch-Roboter-       BGHM und im DGUV Fachbereich Holz
Holz und Metall (BGHM) haben Fachleu-         Kollaboration ermöglicht“, sagt Dr. Mat-     und Metall, der die Studie am Fraunhofer
te des Fraunhofer Instituts für Fabrikbe-     thias Umbreit, Experte für Robotik in der    IFF intensiv begleitet.
trieb und -automatisierung IFF in Mag­
deburg in einem Forschungsprojekt
Grenzwerte für Kraft und Druck ermittelt,
die im Falle eines Kontakts zwischen
Mensch und Roboter die Zusammenar-
beit von Mensch und Maschine ohne Un-
fall sicherstellen. Bei diesem für die Prä-
vention wichtigen Forschungsthema
besteht auch eine enge Kooperation mit
dem Institut für Arbeitsschutz der DGUV
(IFA). Im Technikum des Fraunhofer IFF
wird unter dem Stichwort „Industrie 4.0“
erforscht, was die Arbeitswelt in der Pro-
duktion in naher Zukunft und zum Teil
schon heute verändert. Der Forschungs-
                                                                                                                                       Foto: BGHM/Costard

schwerpunkt des Geschäftsfeldes Robo-
tersysteme liegt auf Service- und Assis-
tenzrobotern. Die sichere Kooperation
und die Interaktion zwischen Mensch
und Maschine ist eines der zentralen
Themen. „Die BGHM hat mit dieser For-         (v. l.) Prof. Norbert Elkmann (Leiter des Geschäftsfeldes Robotersysteme), Dr. Matthias
schungsförderung die Ermittlung ent-          Umbreit (Robotik-Experte der BGHM) und Roland Behrens (wissenschaftlicher Mitarbei-
scheidender Grenzwerte für Sicherheit         ter und Projektleiter der Studie) im Technikum des Fraunhofer IFF

                                                                                                              DGUV Forum 12/2016                            7
Forum Ausgabe 12 2016 - Aktuelle Entwicklungen bei Berufskrankheiten - DGUV Forum
Aktuelles

Gemeinsame Erklärung und Gefahrstoffpreis:
Staub am Arbeitsplatz verringern
Der 11. Deutsche Gefahrstoffschutzpreis
des Bundesministeriums für Arbeit und So-
ziales (BMAS) in Zusammenarbeit mit der
                                               dass auch die Praxis auf einem guten Weg
                                               ist.“ Der Preis wurde in diesem Jahr in den
                                               Kategorien „Staubarme Materialien ver-
                                                                                                  !    Nähere Informationen zu den Preis-
                                                                                                       trägern und Eindrücke von der Preis-
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Ar-        wenden“, „Staubarme Techniken“ und                      verleihung gibt es im Internet unter:
                                                                                                       www.gefahrstoffschutzpreis.de
beitsmedizin (BAuA) würdigte auch dieses       „Staubausbreitung verhindern“ vergeben.
Jahr innovative Lösungen, die auf unter-
schiedliche Weise das Staubaufkommen
am Arbeitsplatz verringern und so die Ge-
sundheit der Beschäftigten schützen. Der
Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und wurde
den Preisträgern von Ministerialdirektorin
Maria Britta Loskamp, Abteilungsleiterin
im BMAS, verliehen. Die Preisverleihung
fand im Rahmen einer Veranstaltung zur
Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklä-
rung des Aktionsprogramms Staub am 25.
Oktober 2016 in Berlin statt.

                                                                                                                                                                Foto: Jörg Carstensen/BMAS
„Staub ist nicht ungefährlich: Er kann die
Gesundheit erheblich beeinträchtigen. Ge-
rade beim Bauen sind Beschäftigte häufig
Stäuben ausgesetzt“, hält Yasmin Fahimi
fest, Staatssekretärin des BMAS. „Es ist
gut, wenn alle Beteiligten bei der Staubmi-
nimierung an einem Strang ziehen. Die ge-      (v. l. n. r.) Martin Reuter (Hilti Deutschland AG), Bernhard Arenz (BG BAU), Lars Dannen-
meinsame Erklärung setzt dabei ein gutes       mann (DUSS), Rüdiger Pipke (BAuA), Klemens Möcklinghoff (möcklinghoff Lufttechnik
Signal. Und die Preisträger des 11. Deut-      GmbH), Britta Loskamp (BMAS), Matthias Gräf (möcklinghoff Lufttechnik GmbH), Günther
schen Gefahrstoffschutzpreises zeigen,         Hermann (Mapei), Uwe Thomae (Recknagel GmbH), Alfred Loleit (INOTEC GmbH)

Hamburger Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung und BG
Klinikum Hamburg unterstützen die Rollstuhlbasketball-WM 2018
Die Hamburger Trägerinnen der gesetzlichen     die Unfallkasse (UK) Nord und das BG Klini-       fördert die körperliche und seelische Ge-
Unfallversicherung und die berufsgenossen-     kum Hamburg (BGKH) gemeinsam mit. Sie             sundheit gleichermaßen. Der Spitzensport
schaftliche Unfallklinik in Hamburg unter-     erleben in ihrer Arbeit immer wieder, wie         wirkt dabei motivationsfördernd und identi-
stützen die Rollstuhlbasketball-Weltmeister-   wichtig Sport für die gesellschaftliche Teilha-   fikationsstiftend. Diese Chance bietet auch
schaft der Frauen und Männer 2018 in der       be von Menschen mit Behinderungen ist –           die Rollstuhlbasketball-Weltmeisterschaft
Hansestadt. Das teilen die Berufsgenossen-     und damit für die Inklusion im Sinne der UN-      2018: Sie wird den Behindertensport ins
schaft für Gesundheitsdienst und Wohl-         Behindertenrechtskonvention. Sport ist ein        Rampenlicht rücken – und gleichzeitig ein
fahrtspflege (BGW), die BG Verkehr, die VBG,   unverzichtbares Mittel der Rehabilitation: Er     Stück weiter in die Mitte der Gesellschaft.

Zahl des Monats: 1,382 Mio.
Wird ein Unternehmen, das der Gewerbeord-      Millionen Gewerbeanzeigen erstattet. In der
nung unterliegt, gegründet oder geschlossen,   Vergangenheit wurden die Auszüge per Post
                                                                                                                                         Illustration: Cicero

meldet der Unternehmer oder die Unterneh-      versandt. Seit einiger Zeit ist die Umstellung
merin das dem zuständigen Gewerbeamt der       auf eine elektronische Übermittlung im Gan-
Kommune. Auszüge aus diesen Meldungen          ge. Ab dem 1. Januar 2017 endet der analoge
schicken die Ämter an verschiedene Behörden    Datentransfer: Sämtliche Gewerbeämter sind
und auch an die Deutsche Gesetzliche Unfall-   dann verpflichtet, die Auszüge aus den Ge-
versicherung. Im Jahr 2015 wurden nach An-     werbeanzeigen nur noch auf elektronischem
gaben des Statistischen Bundesamtes 1,382      Weg an die Unfallversicherung zu senden.

8   DGUV Forum 12/2016
Forum Ausgabe 12 2016 - Aktuelle Entwicklungen bei Berufskrankheiten - DGUV Forum
Nachrichten aus Brüssel

  Menschen mit Behinderung soll der Zugang zu Webinhalten
  erleichtert werden
  Seit 2012 diskutieren das Europäische       cher Stellen betroffenen. So sollen Web-   Die EU möchte mit den neuen Regelun-
  Parlament und der Ministerrat über          seiten künftig für Menschen mit Ein-       gen den Weg für eine inklusive digitale
  neue Regelungen, die Menschen mit           schränkungen so gestaltet sein, dass sie   Gesellschaft frei machen, ein Recht,
  Behinderung den Zugang zu Websei-           auch für sie wahrnehmbar und bedien-       das auch in der von der EU ratifizierten
  ten und mobilen Apps öffentlicher           bar sind, zum Beispiel ohne Verwen-        UN-Konvention für Menschen mit Be-
  Stellen erleichtern sollen. Nachdem         dung einer Maus.                           hinderung verankert ist.
  sich die europäischen Gesetzgebungs-
  organe in trilateralen Beratungen auf
  einen konkreten Text geeinigt haben,
  wird der vom Ministerrat und vom Eu-
  ropäischen Parlament offiziell gebil-
  ligte Text bald in Kraft treten. Die Mit-
  gliedstaaten haben 21 Monate Zeit, die
  europäischen Regelungen in nationa-
  les Recht umzusetzen.

  Ziel der von der EU-Kommission vorge-
  legten Richtlinie ist es, in den Berei-
  chen Kommunikation und Informatio-

                                                                                                                              Foto: momius/Fotolia.com
  nen einen gleichberechtigten Zugang
  auch dort zu realisieren, wo eine Behin-
  derung heute noch zu massiven Ein-
  schränkungen für die Betroffenen führt.
  Von den Regelungen sind insbesondere
  Webseiten und mobile Apps öffentli-

  Was hat Brüssel 2017 vor?
  Die Europäische Kommission gibt je-         ran zu arbeiten, eine Säule sozialer       beitszeitrichtlinie. Um neue Arbeitsplät-
  weils im Herbst Auskunft über ihre po-      Rechte zu schaffen. Im Anschluss an die    ze, Wachstum und Investitionen anzu-
  litischen Prioritäten, die sie im folgen-   bis Ende des Jahres laufende öffentliche   regen, möchte die EU-Kommission
  den Jahr umsetzen möchte. In diesem         Anhörung möchte die EU-Kommission          ebenfalls noch bis Ende des Jahres ei-
  Jahr bündelt die Brüsseler Behörde ihre     ihre konkreten Vorstellungen hierzu be-    nen „Europäischen Solidaritätskorps“
  Vorstellungen unter dem Titel „Für ein      kannt geben. Sie hat bereits jetzt ange-   einführen. Darin sollen sich junge Men-
  Europa, das schützt, stärkt und vertei-     deutet, dass eine Säule sozialer Rechte    schen freiwillig engagieren und helfen,
  digt“. Im Vorfeld des 60-jährigen Jubi-     als Basis einer europäischen, sozialen     herausfordernde Situationen in der EU
  läums der Römischen Verträge im kom-        Marktwirtschaft sowie als Kompass für      zu bewältigen.
  menden März geht es dabei um Kern­-         faire Arbeitsbedingungen und nach­
  fragen der Gemeinschaft.                    haltige Wohlfahrtssysteme dienen soll.     Die Europäischen Institutionen werden
                                              Darüber hinaus ist die Veröffentlichung    nun eine gemeinsame Erklärung zu
  Von den zehn Prioritäten und 21 Kern-       weiterer damit zusammenhängender In-       den Zielen und Prioritäten für 2017 er-
  elementen ist für die Sozialversicherung    itiativen geplant, etwa der Zugang zum     arbeiten, damit die Vorschläge schnell
  unter anderem von Interesse, weiter da-     Sozialschutz und zur Umsetzung der Ar-     umgesetzt werden können.

Weitere Informationen: ilka.woelfle@esip.eu

                                                                                                            DGUV Forum 12/2016                           9
Forum Ausgabe 12 2016 - Aktuelle Entwicklungen bei Berufskrankheiten - DGUV Forum
Titelthema

Der Versicherungsfall nach § 9 Abs. 2 SGB VII

Eine besondere Herausforderung
Seit das 7. Sozialgesetzbuch VII die Reichsversicherungsordnung abgelöst hat, wurde nicht nur
der eigenständige Versicherungsfall Berufskrankheit geschaffen, sondern auch die Verpflichtung sta-
tuiert, eine Erkrankung wie eine Berufskrankheit anzuerkennen, wenn die Voraussetzungen vorliegen
(§ 9 Abs. 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Eine Annäherung.

Einleitung                                     Bevor eine Erkrankung wie eine Berufs-        Auf ­dieser Basis gibt er unter anderem
Während die rechtliche Grundlage für die       krankheit anerkannt werden kann, ist da-      Empfehlungen für die Aufnahme neuer
Entschädigung von Berufskrankheiten be-        her zu prüfen, ob die im SGB VII geregelten   Berufskrankheiten in die Berufskrankhei-
reits in der zum 1. Januar 1913 in Kraft ge-   Voraussetzungen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII,   tenverordnung ab.
tretenen Reichsversicherungsordnung            auf die § 9 Abs. 2 SGB VII Bezug nimmt)
(RVO) geschaffen wurde, besteht erst seit      erfüllt sind.                                 Dieser Beitrag soll eine Orientierung ge-
1963 die Möglichkeit, im Einzelfall Krank-                                                   ben, welche Aspekte bei einzelnen Aufga-
heiten wie eine Berufskrankheit anzuer-        Dafür muss der aktuelle Erkenntnisstand       ben und Fragestellungen zu berücksichti-
kennen (§ 551 Abs. 2 RVO). Mit Ablösung        der medizinischen Wissenschaft ermittelt      gen sind. All diese Punkte sind zusätzlich
der RVO durch das Sozialgesetzbuch (SGB)       und geklärt werden, ob die Erkrankung         zur Frage der individuellen Kausalität
VII zum 1. Januar 1997 wurde nicht nur der     durch besondere Einwirkungen verur-           auch in jedem einzelnen Verfahren nach
eigenständige Versicherungsfall Berufs-        sacht wurde, denen eine bestimmte Per-        § 9 Abs. 2 SGB VII zu prüfen.
krankheit geschaffen (§ 9 Abs. 1 SGB VII),     sonengruppe durch ihre versicherte Tätig-
sondern auch die Verpflichtung statuiert,      keit in erheblich höherem Grade als die       Prüfung der Voraussetzungen nach
eine Erkrankung wie eine Berufskrankheit       übrige Bevölkerung ausgesetzt ist. Dabei      § 9 Abs. 2
anzuerkennen, wenn die Voraussetzungen         sind auch wissenschaftliche Erkenntnisse      Erleichtert ist die Anerkennung einer Er-
vorliegen (§ 9 Abs. 2 SGB VII).                weiterer Wissenschaftszweige wie Epide-       krankung als Berufskrankheit, wenn der
                                               miologie, Toxikologie, Pharmakologie,         ÄSVB eine Empfehlung für die Aufnahme
„Erleichtert ist die Anerkennung               Biomechanik oder Molekularbiologie zu-        einer Berufskrankheit in die Anlage 1 zur
                                               sammenzutragen, zu sichten und zu be-         BKV veröffentlicht hat. Damit sind die
einer Erkrankung wie eine Berufs-
                                               werten. Im Prinzip umfasst die Prüfung        grundsätzlichen wissenschaftlichen Vo-
krankheit, wenn der ÄSVB eine
                                               eines solchen ­Einzelfalles somit die Klä-    raussetzungen geprüft und diese Basis
Empfehlung für die Aufnahme                    rung der sogenannten BK-Reife der jewei-      für Anerkennungen nach § 9 Abs. 2 SGB
einer Berufskrankheit in die Anla-             ligen Erkrankung.                             VII gegeben.
ge 1 zur BKV veröffentlicht hat.“
                                               Bei der Erweiterung der sogenannten BK-
                                                                                             „Mit der Anerkennung eines Versi-
                                               Liste (Anlage 1) zur Berufskrankheitenver-
Diese „Öffnungsklausel“ soll dazu dienen,      ordnung (BKV) steht dem Verordnungs­          cherungsfalles im Einzelfall nach
Härten für die jeweilige Zwischenzeit zu       geber bei dieser Prüfung der Ärztliche        § 9 Abs. 2 SGB VII wird die Erkran-
vermeiden, die sich daraus ergeben, dass       Sachverständigenbeirat „Berufskrankhei-       kung keine Listenerkrankung.“
die Berufskrankheiten-Liste nur im Ab-         ten“ (ÄSVB) zur Seite. Der ÄSVB ist ein
stand von einigen Jahren geändert wird,        ständiges und weisungsunabhängiges
und um neuen Erkenntnissen der Wissen-         Gremium, das das Bundesministerium für        In der Praxis der Unfallversicherungsträ-
schaft umgehend Rechnung tragen zu kön-        Arbeit und Soziales in medizinisch-wis-       ger trifft dies jedoch auf eine Vielzahl von
nen. Sie ist aber keine allgemeine Härte-      senschaftlichen Fragen berät – mit der        Erkrankungen nicht zu, die nicht unter ei-
klausel für die Anerkennung beruflich          Aufgabe, den neuesten wissenschaft­           ner BK-Nr. zu subsumieren sind. Daher
verursachter Krankheiten, die nicht in der     lichen Erkenntnisstand zu Berufs­krank­       bedarf die Prüfung, ob ein Ursachenzu-
Berufskrankheiten-Liste enthalten sind.1       heiten zu sichten und zu bewerten.            sammenhang zwischen einer ­a rbeits­-
                                                                                             bedingten Einwirkung und der Entste-
                                                                                             hung einer Krankheit infolge der versi-
Autorinnen                                                                                   cherten Tätigkeit vorliegt, besonderer Auf-
                                                                                             merksamkeit.
Karin Praefke                                  Stefanie Palfner
Referat Berufskrankheiten der DGUV             Referat Berufskrankheiten der DGUV            Für die Anerkennung einer Erkrankung
E-Mail: karin.praefke@dguv.de                  E-Mail: stefanie.palfner@dguv.de              über die Öffnungsklausel ist zu prüfen, ob

10   DGUV Forum 12/2016
§ 9 Abs. 2 SGB VII

                                                                                                                                        Foto: kwarner/fotolia.com
Paragraph 9 Abs. 2 des 7. Sozialgesetzbuches hat die Verpflichtung statuiert, eine Erkrankung wie eine Berufskrankheit anzuerkennen,
wenn die Voraussetzungen (in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) vorliegen.

• eine besondere Einwirkung vorliegt,        fung gesundheitlicher Arbeitsstoffe der      der praktischen Erfahrungen eindeutig
   die mindestens in ihrer Stärke deut-       Deutsche Forschungsgemeinschaft“             bekannt ist, kann ein epidemiologi-
   lich quantitativ und qualitativ über ei-   und die internationale Krebsfor-             scher Nachweis entbehrlich sein. Dies
   ne im privaten Bereich bestehende          schungsbehörde der Weltgesundheits-          kommt am ehesten bei seltenen Erkran-
   Einwirkung hinausgeht. Diese kann          organisation „International Agency for       kungen und seltenen Einwirkungen vor.
   unter anderem durch chemische Ge-          Research on Cancer“ (IARC) genaue und
   fahrstoffe in Form von Stäuben, Ga-        wissenschaftlich begründete Definitio-
   sen, Dämpfen, Flüssigkeiten sowie          nen der Faktoren, die eine humankan-           Erläuterungen
   Lärm und auch durch mechanische            zerogene Wirkung von Gefahrstoffen             § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII
   Belastungen auftreten.                     feststellen. Damit kann für sogenannte
                                                                                             Berufskrankheiten sind Erkrankungen,
• eine bestimmte Personengruppe betrof-      K 1-Stoffe – das sind Stoffe, die beim         die nach den Erkenntnissen der medizi-
  fen ist, die der besonderen Einwirkung      Menschen bekanntermaßen Krebs er-              nischen Wissenschaft durch besondere
  in erheblich höherem Grade ausgesetzt       zeugen – deren krebserzeugende Ur-             Einwirkungen verursacht sind, denen
  ist als die übrige Bevölkerung. Die be-     sächlichkeit als gesichert gelten. Darü-       bestimmte Personengruppen durch ihre
                                                                                             versicherte Tätigkeit in erheblich hö-
  stimmte Personengruppe definiert sich       ber hinaus ist der epidemiologische
                                                                                             herem Grade als die übrige Bevölkerung
  durch die erheblich erhöhte Einwirkung      Nachweis erforderlich, dass die Erkran-        ausgesetzt sind.
  gegenüber der Noxe, nicht durch die Zu-     kung in dem exponierten Personenkreis
                                                                                             § 9 Abs. 2 SGB VII
  gehörigkeit zu einer Tätigkeit oder ei-     überhäufig vorkommt. Eine Überhäufig-
  nem Beruf.                                  keit kann sicher angenommen werden,            Die Unfallversicherungsträger haben
                                                                                             eine Krankheit, die nicht in der Rechts-
•d  ie schädigende Einwirkung generell ge-   wenn eine Verdopplung des Erkran-              verordnung bezeichnet ist oder bei der
  eignet ist, eine bestimmte Erkrankung       kungsrisikos vorliegt, auch wenn dies          die dort bestimmten Voraussetzungen
  zu verursachen oder zu verschlimmern.       vom Gesetz nicht vorgeschrieben ist. Bei       nicht vorliegen, wie eine Berufskrank-
  Dabei müssen vor allem klinische und        Krankheiten, die in der Regel nicht            heit als Versicherungsfall anzuer-
  biologisch-naturwissenschaftliche Er-                                                      kennen, sofern im Zeitpunkt der Ent-
                                              durch andere Ursachen entstehen und
                                                                                             scheidung nach neuen Erkenntnissen
  kenntnisse der Verursachung der Er-         bei denen der Pathomechanismus                 der medizinischen Wissenschaft die
  krankung (Pathomechanismus) hinrei-         durch die berufliche Ursache auf der           Voraussetzungen für eine Bezeichnung
  chend geklärt sein. So liefern die          Grundlage der verfügbaren wissen-              nach Abs. 1 Satz 2 erfüllt sind.
  „Ständige Senatskommission zur Prü-         schaftlichen Forschungsergebnisse oder                                                                                 ▸
                                                                                                              DGUV Forum 12/2016                                11
Titelthema

• neue Erkenntnisse der medizinischen             und Ausmaß der schädigenden Einwir-            dergrund stehen, können die relevanten
   Wissenschaft über den Ursachenzu-               kungen festzustellen.                          Fragen häufig auch ohne nochmalige Un-
  sammenhang zwischen schädigender                                                                tersuchung der versicherten Person nach
  Einwirkung und der Erkrankung hin-               Sofern es noch keine wissenschaftliche         Aktenlage beantwortet werden.
  sichtlich der versicherten Tätigkeit             Empfehlung und Begründung des ÄSVB
  vorliegen. Diese müssen der „herr-               zur Aufnahme einer entsprechenden Be-          Mit der Anerkennung eines Versiche-
  schenden Lehrmeinung“ entsprechen.               rufskrankheit gibt, ist zur Beantwortung       rungsfalles im Einzelfall nach § 9 Abs. 2
  Als solche gilt der durch Forschung              der Frage, ob ein genereller Ursachenzu-       SGB VII wird die Erkrankung keine Lis-
  gewonnene Erkenntnisstand, der von               sammenhang zwischen einer angeschul-           tenerkrankung. Diese Entscheidung ob-
  der Mehrheit der auf dem jeweiligen              digten arbeitsbedingten Einwirkung und         liegt allein dem Verordnungsgeber.
  Fachgebiet tätigen Wissenschaftler               der Entstehung einer Erkrankung im Ein-
  und Wissenschaftlerinnen anerkannt               zelfall vorliegt, in der Regel ein Gutachten   Dokumentation der Erkrankungen
  wird. Einzelmeinungen reichen in der             eines medizinischen Experten oder einer        nach § 9 Abs. 2 SGB VII bei der DGUV
  Regel nicht aus. Neue Erkenntnisse               Expertin erforderlich.                         Die Erkrankungen, die die Unfallversiche-
  liegen unter anderem auch dann vor,                                                             rungsträger nach dieser Vorschrift prüfen,
  wenn sie dem Verordnungsgeber nicht              Für die Anerkennung als Berufskrankheit        werden bei der Deutschen Gesetzlichen
  bekannt waren und daher nicht be-                reicht allein die Überzeugung des Gutach-      Unfallversicherung (DGUV) in einer ge-
  rücksichtigt werden konnten. Auch                tens nicht aus, dass im Einzelfall ein         sonderten Dokumentation erfasst. Diese
  wenn die Erkenntnisse dem Verord-                kausaler Zusammenhang zwischen der Er-         Ergebnisse können – neben den Unfall-
  nungsgeber bekannt waren und den-                krankung der versicherten Person und den       versicherungsträgern – die medizinischen
  noch nicht geprüft worden sind oder              arbeitsbedingten Einwirkungen besteht!         Sachverständigen und den ÄSVB beim
  wenn eine Bewertung der Erkenntnis-              Entscheidend ist, dass die Bewertung, be-      Bundesministerium für Arbeit und Sozia-
  se unter neuen wissenschaftlichen As-            stimmte Einwirkungen verursachten gene-        les (BMAS) unterstützen, da sie dazu bei-
  pekten und Möglichkeiten erfolgen                rell bestimmte Erkrankungen, nur dann          tragen, Krankheits- und Gefährdungs-
  kann, gelten sie als „neu“.                      anzunehmen ist, wenn die Mehrheit der          schwerpunkte frühzeitig erkennbar zu
•d er ursächliche Zusammenhang der                medizinischen Sachverständigen zu dersel-      machen. Die Daten dieser Dokumentation
  Erkrankung mit der gefährdenden                  ben wissenschaftlich fundierten Auffas-        werden jährlich dem BMAS gemeldet. Zu-
  Einwirkung im konkreten Einzelfall               sung gelangen. Sie müssen auf den jeweils      sammengefasst werden sie auch regelmä-
  hinreichend wahrscheinlich ist.                  in Betracht kommenden Gebieten über be-        ßig publiziert, und es werden und dabei
                                                   sondere Erfahrungen und Kenntnisse ver-        aktuelle Fragen zur wissenschaftlichen
Im Einzelfall sind also zunächst die gesi-         fügen. Da im Gutachten also vor allem          Diskussion gestellt.
cherte Diagnose der Erkrankung und Art             ­wissenschaftliche Fragestellungen im Vor-
                                                                                                  Workflow für Erkrankungen nach § 9
                                                                                                  Abs. 2 SGB VII für Verwaltungen der
                                                                                                  Unfallversicherungsträger
                                                                                                  Um bei der BK-Sachbearbeitung die Ver-
                                                                                                  fahrensschritte in Feststellungsverfahren
                                                                                                  über Erkrankungen nach § 9 Abs. 2 SGB
                                                                                                  VII zu standardisieren, entstand eine Be-
                                                                                                  schreibung des Verfahrensablaufes als
                                                                                                  Workflow (Flussdiagramm). Darin sind
                                                                                                  nicht nur die Fülle und Komplexität von
                                                                                                  Fallgestaltungen dargestellt, die nach § 9
                                                                                                  Abs. 2 SGB VII zu prüfen sind, sondern
                                                                                                  auch, die Zeitpunkte zur Dokumentation
                                                                                                  mittels der neu eingeführten Web-Anwen-
                                                                                                  dung hinterlegt.

                                                                                                  Diese Maßnahmen unterstützen hoffent-
                                                                                                  lich die wissenschaftlich und rechtlich
                                                                                                  anspruchsvolle Prüfung der Öffnungs-
                                                                                                  klausel.                             •
 Foto: burnhead/fotolia.com

                                                                                                     Fußnote
                                                                                                     [1] BSG Urteil v. 23.6.1977 – B 2 RU
                                                                                                     53/76; BVerfG Beschluss v. 14.7.1993 –
                                                                                                     1 BvR 1127/90

12                            DGUV Forum 12/2016
Titelthema

Wissenschaftliche Begründungen

Neue Anerkennungsmöglichkeiten für
beruflich verursachte Erkrankungen
Der Ärztliche Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ beim Bundesministerium für Arbeit und
Soziales hat für vier neue Krankheitsbilder Wissenschaftliche Begründungen beschlossen sowie das Ärzt-
liche Merkblatt zur Berufskrankheit Nummer 1301 durch eine Wissenschaftliche Stellungnahme ergänzt.

Ausführungen zu den Voraussetzungen,          kumulative 1,3-Butadien-Dosis von min-        Fokale Dystonie
unter denen eine Erkrankung wie eine Be-      destens 180 (ppm x Jahre) fest. Sie nennt     Diese Erkrankung des zentralen Nerven-
rufskrankheit nach § 9 Absatz 2 SGB VII an-   als Krankheitsbild Chronisch-myeloische       systems äußert sich durch Bewegungsstö-
erkannt werden kann, enthält der im           oder chronisch-lymphatische Leukämie“.        rungen aufgrund eines Verlustes der
gleichnamigen Heft erschienene Beitrag                                                      ­Koordinationsfähigkeit einzelner Extremi-
„Der Versicherungsfall nach § 9 Abs. 2 SGB    Erkrankungen durch polyzyklische               täten oder der Mund und Gesicht betref-
VII: eine besondere Herausforderung“.         aromatische Kohlenwasserstoffe                 fenden Muskultur (orofacial) bis hin zu
                                              In einer Vielzahl von Branchen (zum Bei-       Verkrampfungen. Fokale Dystonien treten
„Für drei der vier Erkrankungen               spiel chemische Industrie, Metallindustrie,    bei Instrumentalmusikern und Instrumen-
                                              Gießereien oder Braunkohleverarbeitung)        talmusikerinnen deutlich häufiger auf­
konnten in der Bezeichnung
                                              können Beschäftigte Tätigkeiten verrichten,    als in der übrigen Bevölkerung. Betroffen
konkrete Dosis-Wirkungsbezie-                 bei denen sie polyzyklischen aromatischen      können Spieler und Spielerinnen von
hungen festgelegt werden.“                    Kohlenwasserstoffen (PAK) ausgesetzt sind.     Tasten- und Zupfinstrumenten, Streich-,
                                              Die Wissenschaftliche Begründung führt         Holzblas- und Blechblasinstrumenten
Die neuen Wissenschaftlichen                  Tätigkeiten mit PAK-Einwirkung tabellarisch    sein, insbesondere Blechbläser.
Begründungen                                  auf. Besonders hohe PAK Einwirkungen be-
  In den vier neuen Wissenschaftlichen        stehen zum Beispiel in Kokereien, bei der
­B egründungen 1 werden die jeweiligen        Herstellung von technischem Ruß, von          „Die Anzahl der gemeldeten
 Krankheitsbilder konkret bezeichnet.­        Gummi und in Schornsteinfegerbetrieben.       Neuerkrankungen nach der Ver-
 Für drei der vier Erkrankungen konnten­                                                    öffentlichung der Wissen-
 ­i n der Bezeichnung konkrete Dosis-         Der Ärztliche Sachverständigenbeirat „Be-     schaftlichen Begründung bleibt
  Wirkungs­beziehungen festgelegt werden.     rufskrankheiten“ hat die Aufnahme fol-
                                                                                            abzuwarten.“
  Die wissenschaftlichen Begründungen         gender Krankheitsbilder in die Berufs-
  sind auf der Website der Bundesanstalt      krankheitenliste empfohlen:
  für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin                                                      Häufig müssen die Betroffenen ihr Spiel-
  (BAuA) abrufbar.2                           • „Kehlkopfkrebs durch polyzyklische         niveau und Repertoire einschränken und
                                                 aromatische Kohlenwasserstoffe bei         sind dann gezwungen, ihre Karriere zu
Leukämie durch 1,3-Butadien                      Nachweis der Einwirkung einer kumu-        beenden. Als Einwirkung gilt ein lang-
Die chemische Substanz 1,3-Butadien              lativen Dosis von mindestens 100           jähriges repetitives und intensives Musi-
wird vor allem bei der Herstellung be-           Benzo(a)pyren-Jahren [(µgm3) x Jahre]“,    zieren auf professionellem Niveau. Ein
stimmter Kautschukarten und Kunstfa-          • „Schleimhautveränderungen, Krebs,          solches Niveau kann bei mehr als 5.000
sern verwendet. 1,3-Butadien dient unter         oder andere Neubildungen der Harn-         Stunden, in der Regel bei rund 10.000
anderem als Ausgangsstoff für (Teppich)          wege durch polyzyklische aromatische       Stunden nach dem 18. Lebensjahr er-
Kleber und (Papier)Beschichtungen. Die           Kohlenwasserstoffe bei Nachweis der        reicht sein. Für die wissenschaftlich trag-
Exposition durch 1,3-Butadien muss lange         Einwirkung einer kumulativen Dosis         fähige Ableitung einer „Abschneide-
und regelmäßig erfolgt sein. Die Wissen-         von mindestens 80 Benzo(a)pyren-           schwelle“ fehlt es an entsprechenden,
schaftliche Begründung legt insoweit eine        Jahren [(µgm3) x Jahre]“.                  gesicherten medizinisch-wissenschaftli-
                                                                                            chen Erkenntnissen.

Autorinnen                                                                                  In der Wissenschaftlichen Begründung
                                                                                            wird die Berufskrankheit als „Erkrankung
Patricia Heinisch                             Stefanie Palfner                              des zentralen Nervensystems bei Instru-
Referat Berufskrankheiten der DGUV            Referat Berufskrankheiten der DGUV            mentalmusikern durch feinmotorische
E-Mail: patricia.heinisch@dguv.de             E-Mail: stefanie.palfner@dguv.de              Tätigkeiten hoher Intensität“ bezeichnet.     ▸
                                                                                                              DGUV Forum 12/2016     13
Titelthema

                                                                                                                                        Foto: Mr Twister/fotolia.com
Fokale Dystonien können zum Beispiel bei Geigerinnen und Geigern auftreten.

Berufskrankheit Nummer 1301:                  (in der Regel länger als zehn Jahre) und    eine Berufskrankheit nach § 9 Absatz 2 SGB
Schleimhautveränderungen, Krebs               Verrichtung der Arbeit ohne Handschuhe      VII anerkannt werden können, keine ge-
oder andere Neubildungen der                  eine Anerkennung der Erkrankung als ar-     setzliche Anzeigepflicht im Sinne der § 193
Harnwege durch aromatische Amine              beitsbedingt nach Berufskrankheit-Num-      Absatz 2 und § 202 SGB VII.             •
Zu dieser Berufskrankheit hat der Ärztli-     mer 1301 erfolgen.
che Sachverständigenbeirat auf Basis der
aktuellen medizinischen Erkenntnisse          Ausblick
                                                                                             Fußnoten
festgestellt, dass Azofarbstoffe, aus denen   Die Anzahl der gemeldeten Neuerkrankun-
humankanzerogene aromatische Amine            gen nach der Veröffentlichung der Wissen-      [1] Die Wissenschaftlichen Begrün-
freigesetzt werden können, sowie der Her-     schaftlichen Begründung bleibt abzuwar-        dungen und die Wissenschaft-
stellungsprozess für Auramin geeignet         ten. Eine Prognose dazu ist schwierig,         liche Stellungnahme wurden am
                                                                                             26.8.2016 im Gemeinsamen
sind, Krebs der Harnwege im Sinne der         denn nicht selten erhalten Ärzte und Ärz-      Ministerialblatt Ausgabe 33/34
Berufskrankheit-Nummer 1301 hervorzu-         tinnen erst durch die Aufnahme von Er-         veröffentlicht.
rufen. Außerdem kann bei langjähriger         krankungen in die Berufskrankheitenliste       [2] www.baua.de/de/Themen-
intensiver Verwendung von permanenten         Kenntnis von der arbeitsbedingten Ver­         von-A-Z/Berufskrankheiten/
Haarfarben im Rahmen der Tätigkeit als        ursachungsmöglichkeit der Erkrankung.          Dokumente/Merkblaetter.html
Friseur oder Friseurin vor dem Jahr 1977      Zudem besteht für Erkrankungen, die wie

14   DGUV Forum 12/2016
Titelthema

Kostenträger Krankenkasse oder Berufsgenossenschaft?

CI-Implantation bei anerkannter
Lärmschwerhörigkeit und nachfolgender
lärmunabhängiger Ertaubung
Wer trägt die Kosten für eine CI-Implantation, wenn Personen mit anerkannter Lärmschwerhörigkeit später
aus anderer Ursache ertauben? Im Folgenden werden drei Fallbeispiele aus der Gutachtenpraxis vorgestellt.

Einleitung                                     Als Richtmaß gilt ein Hörverlust von 90 dB      1. Fallbericht
Schwerhörige Patientinnen und Patienten        oder mehr ab 1.000 Hz und höher. Dies be-       Der damals fast 27-jährige Pressenarbeiter
werden heute sehr viel häufiger mit Coch-      deutet, dass nicht nur bei der vollständigen    wurde das erste Mal 1995 nach einer zehn-
lea-Implants (CI) versorgt als noch vor Jah-   Taubheit, sondern auch bei der an Taubheit      jährigen Lärmexpositionsdauer gutachter-
ren. Zurzeit werden in Deutschland jährlich    grenzenden Schwerhörigkeit eine CI-Im-          lich untersucht. Er hatte seit drei bis vier
rund 4.000 bis 5.000 CI-Implantationen         plantation sinnvoll sein kann. Bei tauben       Jahren eine zunehmende Schwerhörigkeit
durchgeführt. Vor Jahren war die Indikati-     Erwachsenen, die schon vor oder während         mit einem beiderseitigen hochfrequenten
on für ein Implantat auf eine vollständige     des Spracherwerbs ertaubt waren, kann ei-       Tinnitus bemerkt. Bei der tonaudiometri-
beiderseitige Ertaubung begrenzt und nur,      ne CI-Versorgung heute in ausgewählten          schen Untersuchung fand sich ein Hoch-
wenn diese nach erfolgtem Spracherwer­b        Fällen ebenfalls indiziert sein. Seit Jahren    tonsteilabfall mit Plateaubildung, aber oh-
eingetreten war. Nach der aktuellen Leit­      gehört nun auch die einseitige Ertaubung,       ne richtigen Wiederanstieg der Kurve, also
linie der Deutschen Gesellschaft für           selbst bei Normalhörigkeit des Gegenohres,      keine ganz typische c5-Senke. Trotz seiner
­HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie        zu den Indikationen für eine Implantation.      Bedenken ging der Gutachter vom Vorlie-
 ­„Cochlea-Implant Versorgung und zentral-                                                     gen einer beruflichen Lärmschwerhörigkeit
  auditorische Implantate“ (Stand 05/2012)     Da CI-Implantationen häufig durchgeführt        aus und schätzte die Minderung der Er-
  ist eine CI-Versorgung heute dann ange-      werden, kommt es hin und wieder zu Streit-      werbsfähigkeit (MdE) auf 10 Prozent, was
  zeigt, wenn mittels bester herkömmlicher     fragen, die gutachterliche Stellungnahmen       zur Anerkennung führte. Außerdem schlug
  schallverstärkender Hörgeräte kein ausrei-   erfordern. Ein Behandlungsfehler wird zum       er einen Arbeitsplatzwechsel vor, der im
  chendes Sprachverstehen mehr erzielt wer-    Beispiel vermutet, wenn die Elektrode bei       gleichen Jahr erfolgte. Acht Jahre später
  den kann. Generell gilt die Empfehlung,      der Nachbehandlung versehentlich etwa           fand der Gutachter – trotz fehlender Lärm-
  dass Patientinnen und Patienten mit nur 30   aufgrund unübersichtlicher Verhältnisse         belastung – bereits eine mittelgradige
  Prozent und weniger Einsilberverstehen für   entfernt wurde (Didczuneit-Sandhop 2013).       Schwerhörigkeit und schätzte die lärmun-
  eine CI-Implantation geeignet sind. Bei      Manche Krankenkassen weigern sich nach          abhängige MdE einschließlich Tinnitus auf
  kleinen Kindern, bei denen eine sprachau-    wie vor, die Kosten bei einer einseitigen CI-   40 Prozent. 2015 wurde im Alter von 47 Jah-
  diometrische Untersuchung noch nicht         Implantation zu übernehmen. Als Gegen-          ren beiderseits eine an Taubheit grenzende
  möglich ist, wird aufgrund der tonaudio-     argument verweisen sie auf frühere Leitli-      Schwerhörigkeit festgestellt (siehe Abbil-
  metrischen Hörschwelle entschieden.          nien, die zum Operationszeitpunkt gültig        dung 1). Der Gutachter ging davon aus,
                                               waren, hin oder auf eine hauseigene, inter-     dass die Möglichkeiten einer Hörgerätever-
                                               ne Richtlinie (Michel/Brusis 2013). Oder der    sorgung ausgereizt seien und schlug eine
Autoren
                                               Medizinische Dienst der Krankenkassen           CI-Versorgung vor.
                                               (MDK) nimmt Bezug auf die unrealistische
Prof. Dr. Tilman Brusis                        WHO 4-Tabelle.                                  Beurteilung: Im Nachhinein ist davon aus-
Institut für Begutachtung, Köln                                                                zugehen, dass es sich insgesamt um eine
E-Mail: prof-brusis@t-online.de                In letzter Zeit gibt es immer wieder ge-        außerberufliche Schwerhörigkeit mit einer
                                               richtliche Auseinandersetzungen, ob die         Gesamt-MdE von 70 Prozent handelt. Da
Prof. Dr. Jürgen Alberty                       Kosten einer CI-Implantation von der Be-        jedoch 1995 eine berufliche Lärmschwer-
HNO-Gemeinschaftspraxis Aachen                 rufsgenossenschaft oder der gesetzlichen        hörigkeit dem Grunde nach mit einer MdE
E-Mail: j.alberty@arcor.de                     Krankenkasse übernommen werden müs-             von 10 Prozent anerkannt war, besteht be-
                                               sen, wenn der Patient oder die Patientin        züglich dieses Verwaltungsaktes ein Be-
Prof. Dr. Eberhard F. Meister                  mit einer anerkannten Lärmschwerhörig-          standsschutz. Dennoch ist die an Taubheit
Institut für Medizinische                      keit später aus anderer Ursache ertaubt.        grenzende Schwerhörigkeit ganz bezie-
Gutachten, Leipzig                             Im Folgenden soll über drei derartige Fäl-      hungsweise fast ganz außerberuflich be-
E-Mail: prof-meister@t-online.de               le ­berichtet werden:                           dingt (Gesamt-MdE 70 Prozent). Die Kosten      ▸
                                                                                                                  DGUV Forum 12/2016     15
Titelthema

                         0,125 0,25 0,5 0,751 1,52 3 4     6 8 12                                         0,125 0,25 0,5 0,751 1,52 3 4        6 8 12
                      -10                                              SISI rechts                     -10
            normal

                                                                                             normal
                        0                                              kHz     dB                        0
                       10                          1995                                                 10
                                                                                                                                    1995
                       20                                                                               20
                                                                       SISI links
                       30                                                                               30
                                                                       kHz     dB
                       40                                                                               40
                       50                                                                               50
                       60                                            Lüscher rechts                     60
                       70       2015                                   kHz     dB                       70       2015
                       80                                                                               80
     Hörpegel in dB

                                                                                      Hörpegel in dB
                       90                                                                               90
                                                                     Lüscher links
                      100                                                                              100
                                                                       kHz     dB

                                                                                                                                                             Quelle: T. Brusis
                      110                                                                              110
                      120                                                                              120
                           rechtes Ohr  Frequenz in kHz                                                     linkes Ohr   Frequenz in kHz

Abbildung 1: 1995 wurde eine knapp geringgradige Lärmschwerhörigkeit mit einer MdE von 10 Prozent anerkannt. Trotz Arbeitsplatzwech-
sel nahm die bis zur an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit nicht lärmbedingt beiderseits 2015 zu. MdE nun insgesamt 70 Prozent.

                         0,125 0,25 0,5 0,751 1,52 3 4     6 8 12                                         0,125 0,25 0,5 0,751 1,52 3 4        6 8 12
                      -10                                              SISI rechts                     -10
            normal

                                                                                             normal
                        0                                              kHz     dB                        0
                                               1997                                                                             1997
                       10                                                                               10
                           F
                       20                                                                               20
                                                                       SISI links
                       30                                                                               30
                                                                       kHz     dB
                       40                                                                               40
                                                                                                                   F
                       50         F    F                                                                50
                                                                                                                        F
                       60                                            Lüscher rechts                     60
                       70                                              kHz     dB                       70
                       80                                                                               80
     Hörpegel in dB

                                                                                      Hörpegel in dB

                       90         2016                                                                  90
                                                                     Lüscher links
                      100                                                                              100
                                                                       kHz     dB

                                                                                                                                                             Quelle: T. Brusis
                      110                                                                              110                       2016
                      120                                                                              120
                           rechtes Ohr   Frequenz in kHz                                                    linkes Ohr    Frequenz in kHz

Abbildung 2: 1997 lag eine lärmtypische Hochtonsenke geringen Grades mit einer MdE von 15 Prozent vor, 20 Jahre später eine an
Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts und eine vollständige Taubheit links (MdE 70 bis 80 Prozent).

für eine einseitige oder doppelseitige                 gleiche Gutachter eine Zunahme der                      beigeladen. Weiterhin bestand eine aner-
­CI-Versorgung einschließlich der Kosten               Schwerhörigkeit beiderseits und schätzte                kannte BK 2301 mit einer MdE von 20 Pro-
 für die entsprechenden Rehamaßnahmen                  die MdE bei dem 62-Jährigen nun auf 20                  zent. Die Gesamt-MdE betrug nun 70 Pro-
 sind daher nicht von der Berufsgenossen-              Prozent, sodass eine Rente bezahlt wurde.               zent. Damit ist der weit überwiegende Teil
 schaft zu tragen, sondern von der gesetzli-           In den folgenden Jahren war die Lärmbe-                 der Schwerhörigkeit degenerativ-progre-
 chen Krankenkasse.                                    lastung bei dem inzwischen Selbstständi-                dient verursacht und nicht auf die frühere
                                                       gen stark reduziert. Unabhängig davon                   Lärmexposition zurückzuführen. Bereits
2. Fallbericht                                         ­verschlechterte sich das Hörvermögen bei-              das Zahlenverhältnis MdE 20 Prozent zu
Der 73-jährige Gas- und Wasserinstallateur              derseits dramatisch. 2006 wurde rechts ei-             MdE 70 Prozent spricht dafür, dass der au-
hatte über mehr als 50 Jahre gearbeitet, zu-            ne an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit               ßerberufliche Anteil wesentlich ist und die
letzt selbstständig. Aufgrund von häufigen              und links eine vollständige Taubheit fest-             beigeladene Krankenkasse die Kosten über-
Stemmarbeiten war er einem Lärmexposi-                  gestellt (siehe Abbildung 2). 2011 erfolgte            nehmen muss. Im Übrigen führt beruflicher
tionspegel von 89 dB(A) ausgesetzt. Erste               eine CI-Implantation auf der linken Seite              Lärm anerkanntermaßen nicht zu einer
Hörgeräte hatte er 1995 erhalten. 1997 war              mit einem sehr guten Ergebnis.                         Taubheit und auch nicht zu einer an Taub-
eine erste Begutachtung für die Berufsge-                                                                      heit grenzenden Schwerhörigkeit.
nossenschaft durchgeführt worden. Es                   Beurteilung: Das operierende Krankenhaus
wurde beiderseits eine geringgradige                   verlangte die Kosten der CI-Implantation                3. Fallbericht
Lärmschwerhörigkeit mit einer MdE von                  von der Berufsgenossenschaft. In dem                    Der 1947 geborene Schlosser hatte von
15 Prozent festgestellt; damals war der Ver-           Streitverfahren vor dem Sozialgericht wurde             1963 bis 1986 als Grubenelektroschlosser
sicherte 55 Jahre alt. Im Jahr 2004 fand der           auch die gesetzliche Krankenversicherung                und Montagearbeiter im Landmaschi-

16                DGUV Forum 12/2016
CI-Implantation

                     0,125 0,25 0,5 0,751 1,52 3 4    6 8 12                                           0,125 0,25 0,5 0,751 1,52 3 4            6 8 12
                  -10                                             SISI rechts                       -10
        normal

                                                                                          normal
                    0                                              kHz     dB                         0                           1996
                                          1996
                   10                                                                                10
                   20                                                                                20
                        1974                                       SISI links                              1974
                   30                                                                                30
                                                                   kHz     dB
                   40                                                                                40
                   50                                                                                50
                   60                                           Lüscher rechts                       60
                   70                                              kHz     dB                        70
                   80                                                                                80
 Hörpegel in dB

                                                                                   Hörpegel in dB
                   90                                                                                90
                                                                 Lüscher links
                  100                                                                               100
                        2010                                       kHz     dB                              2010

                                                                                                                                                                Quelle: T. Brusis
                  110                                                                               110
                  120                                                                               120
                       rechtes Ohr  Frequenz in kHz                                                      linkes Ohr   Frequenz in kHz

Abbildung 3: Nach nur fünfjähriger Lärmexposition fand sich 1966 bereits eine lärmtypische Hochtonsenke auf beiden Ohren,
2004 Anerkennung der Schwerhörigkeit als Berufskrankheit mit einer MdE von 15 Prozent. Bis 2010 weitere Verschlechterung ohne
weitere Lärmbelastung. Beiderseits lag nun eine Taubheit mit Hörresten vor (MdE nun insgesamt 80 Prozent).

nenbau lärmexponiert gearbeitet. Bei der          müht, weitere CIs über andere Kostenträ-                  nach BK 2301 anerkannt ist. Entscheidend
ersten audiometrischen Untersuchung               ger abzurechnen. Wenn es sich um eine bi-                 ist, welcher Ursachenbeitrag der verschie-
war 1966 im Alter von 21 Jahren bereits           faktorielle Schwerhörigkeit handelt, für die              denen Schwerhörigkeitskomponenten im
eine lärmtypische Hochtonsenke aufge-             verschiedene Versicherungsträger zustän-                  unfallversicherungsrechtlichen Sinn „we-
fallen. 1975 erfolgte die Anerkennung ei-         dig sind, ist die Kostenfrage häufig proble-              sentlich“ ist. Allerdings wird es bei einer Er-
ner Lärmschwerhörigkeit mit einer MdE             matisch. Dies trifft insbesondere auf die                 taubung durch einen Arbeitsunfall anders
von 15 Prozent. Dann wurde der Versi-             Fälle zu, bei denen die Indikation auf einer              sein. In einem solchen Fall wäre eindeutig
cherte mehrfach mit Hörgeräten versorgt,          vollständigen Taubheit beruht, aber ein ge-               die Berufsgenossenschaft der Kostenträger.
zuletzt 2004 mit Kategorie 3. 2010 hatte          ringer Anteil am Gesamtschaden als beruf-
sich das Hörvermögen progredient –                liche Lärmschwerhörigkeit anerkannt ist.                  Nachdruck aus Laryngo-Rhino-Otol 2016;
trotz fehlender Lärmbelastung – bis zu            Bei derartigen Fällen versuchen die Kran-                 95(07): 494-496, DOI: 10.1055/s-0042-
einer Taubheit mit Hörresten beiderseits          kenkassen häufig, die Berufsgenossen-                     109689 mit freundlicher Genehmigung der
verschlechtert, entsprechend einer Ge-            schaft in die Pflicht zu nehmen.                          Georg Thieme Verlag KG              •
samt-MdE von rund 80 Prozent (siehe
Abbildung 3). 2011 wurde zunächst das             Erschwert wird die Entscheidung dadurch,
linke Ohr mit einem CI versorgt.                  dass es eine Kostenteilung zwischen Kran-                    Literatur
                                                  kenkasse und Berufsgenoss­enschaft nicht
                                                                                                               Brusis, T.: Aus der Gutachtenpraxis:
Beurteilung: Da seit 1987 keine Lärmexpo-         gibt. Schwierig ist die Beurteilung auch                     Festbeträge für Hörgeräte in der gesetz-
sition mehr vorlag, ist die rechtlich wesent-     deswegen, weil die CI-Versorgung nicht in                    lichen Krankenversicherung, Laryngo-
liche Ursache der erheblichen Verschlim-          der Hilfsmittel-Richtlinie des Gemeinsa-                     Rhino-Otol 2015. 94: 184–188
merung auf eine „Degeneration“ der                men Bundesausschusses vom 29. Oktober                        Didczuneit-Sandhop, B.; Brusis, T.: Aus
Innenohren zurückzuführen. Somit ist die          2014 reguliert ist. Da ein Cochlea-Implant                   der Gutachtenpraxis: Iatrogene CI-Dis-
Berufsgenossenschaft für die Kostenüber-          kein Hilfsmittel ist, sondern ein in den Kör-                lokation bei drei Fällen: Komplikationen
                                                                                                               bei der Nachbehandlung oder Behand-
nahme des CI nicht zuständig.                     per eingebrachtes Implant, gehört es auch
                                                                                                               lungsfehler? Laryngo-Rhino-Otol 2013,
                                                  nicht in die Aufstellung der in der Medizin                  92: 41–43
Fazit                                             verordneten Hilfsmittel (Brusis 2015). Die
                                                                                                               Koch, J.; Wagemann, W.: Gibt es eine
Die Versorgung eines schwerhörigen oder           Rahmenvereinbarung zwischen Berufsge-                        Taubheit durch Lärm? Arbeitsmed.
ertaubten Menschen mit einem CI ist heute         nossenschaften und Hörgeräteakustikern                       Sozialmed. Arbeitshyg. 1967, 1: 27
eine sehr effektive Behandlungsmaßnah-            macht dazu ebenfalls keine Aussage (Mi-                      Michel, O.; Brusis, T.: Aus der Gutach-
me, die allerdings sehr kostenintensiv ist.       chel, Brusis und Wolf 2015). Zu berücksich-                  tenpraxis: CI-Implantation bei einseitig
Die Kosten für eine stationäre CI-Implanta-       tigen ist außerdem, dass es eine Taubheit                    Ertaubten. Muss die Krankenkasse
tion liegen bei 30.000 Euro, hinzu kommen         oder an Taubheit grenzende Schwerhörig-                      die Kosten übernehmen? Laryngo-Rhino-
                                                                                                               Otol 2013, 92: 479–481
die Kosten für eine ambulante oder statio-        keit durch berufliche Lärmeinwirkung nicht
näre Rehabilitation mit noch einmal               gibt (Koch und Wagemann 1967).                               Michel, O.; Brusis, T.; Wolf, U.: Aus der
10.000 Euro. Aufgrund von Vereinbarun-                                                                         Gutachtenpraxis: Die neue Rahmenver-
                                                                                                               einbarung über die Versorgung mit Hör-
gen mit den Krankenkassen haben die               Wie die drei referierten Fälle zeigen, hat die               systemen (VbgHG) in der gesetzlichen
meisten Krankenhäuser ein Budget, zum             Kostenübernahme durch die zuständige                         Unfallversicherung vom 01.01.2015,
Beispiel 50 CI pro Jahr, welches sie nicht        Krankenkasse zu erfolgen, auch wenn ein                      Laryngo-Rhino-Otol 2015, 94: 328–330
überschreiten dürfen. Daher sind sie be-          geringer Anteil als Lärmschwerhörigkeit

                                                                                                                                DGUV Forum 12/2016         17
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