MACHT IN BERN UND BRÜSSEL - Impulsgeber für die Schweiz und Europa - Elisabeth Schneider-Schneiter, Politikerin - Europa Forum Luzern

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MACHT IN BERN UND BRÜSSEL - Impulsgeber für die Schweiz und Europa - Elisabeth Schneider-Schneiter, Politikerin - Europa Forum Luzern
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     FRONT

                                           Impulsgeber für die Schweiz und Europa

Ein Magazin von Handelszeitung,
BILANZ und Le Temps

                                   MACHT IN BERN
                                    UND BRÜSSEL
                                 Elisabeth Schneider-Schneiter, Politikerin

1    BILANZ DE_33_150819_25 MAGAZIN DEUTSCH | 2018
MACHT IN BERN UND BRÜSSEL - Impulsgeber für die Schweiz und Europa - Elisabeth Schneider-Schneiter, Politikerin - Europa Forum Luzern
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                              Impulsgeber für die Schweiz und Europa

Ein Magazin von Handelszeitung,
BILANZ und Le Temps

                                      EUROPAS
                                     BAHNBAUER
                                      Peter Spuhler, Unternehmer
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     FRONT

                                           Impulsgeber für die Schweiz und Europa

Ein Magazin von Handelszeitung,
BILANZ und Le Temps

                                              SLAM-POETIN
                                              ROCKT EUROPA
                                                     Hazel Brugger, Comedian

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     FRONT

                                           Impulsgeber für die Schweiz und Europa

Ein Magazin von Handelszeitung,
BILANZ und Le Temps

                                             VORDENKERIN
                                              IN EUROPA
                                                Katja Gentinetta, Politphilosophin

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MACHT IN BERN UND BRÜSSEL - Impulsgeber für die Schweiz und Europa - Elisabeth Schneider-Schneiter, Politikerin - Europa Forum Luzern
MACHT IN BERN UND BRÜSSEL - Impulsgeber für die Schweiz und Europa - Elisabeth Schneider-Schneiter, Politikerin - Europa Forum Luzern
Editorial
IMPULSE UND
VISIONEN
                                                                                                                        Peter Spuhler baut im thurgauischen Buss-
                                                                                                                        nang, in Berlin-Pankow, in Leeuwarden
                                                                                                                        oder in Västerås Eisenbahnen, die Men-

                                                           W
                                                                                                                            schen verbinden. Und er schafft europaweit
                                                                                                                            qualifizierte Arbeitsplätze. Kurzum: Spuhler
                                                                                                                        wie Brugger sind Impulsgeber und Visio-
                                                                                    enn Sie dieses Maga-                näre. Die fünf Titelporträts haben wir
                                                                                    zin in Ihren Händen                 ­übrigens unter 25 Persönlichkeiten aus
                                                                                    halten, dann ziert das               ­folgenden fünf Kategorien ausgewählt: Ge-
                                                                                    Titelbild entweder                  sellschaft, Wirtschaft, Politik, Generation
                                                                                    Comedian Hazel                      Zukunft, Wissenschaft. Sie alle illustrieren
                                                                                    Brugger, Philosophin                  in ihrem Aktionsfeld, wie vielfältig und le-
                                                                                    Katja Gentinetta, Aus­                bendig der alte Kontinent doch letztlich ist.
                                                                                    senpolitikerin Elisa-                       Am Anfang dieses Magazins steht ein
                                                                                    beth Schneider-                       Gespräch mit der Weltökonomin Beatrice
                                                             Schneiter, Unternehmer Peter Spuhler oder                    Weder di Mauro. Die gebürtige Baslerin hat
                                                             Neurowissenschafter Patrick Aebischer.                       eine beeindruckende Vita: Sie ist aufge-
                                                                 Und das hat einen tieferen Grund: Die                    wachsen in Guatemala, hat promoviert an
                                                             fünf Persönlichkeiten auf dem Cover sind in                  der Uni Basel und ist heute Professorin in
                                                             unseren Augen Impulsgeber und Visionäre                    Genf, Paris und Singapur. Als erste Frau
                                                             für eine starke Schweiz und ein starkes                    (und Ausländerin) hat die deutsche Regie-
                                                           ­Europa. Will heissen, es sind Persönlich­                   rung sie 2004 in den Sachverständigenrat
                                                            keiten, die in der Schweiz und in Europa                    berufen. So viel sei aus dem Gespräch
                                                            ­einen Beitrag leisten zur Debatte und zum                    ­verraten: Weder di Mauro ist weiter vom
                                                             besseren Verständnis. Es sind auch Leute                      ­Erfolgsmodell Schweiz überzeugt.
                            TOP 25: Fünf Covers              mit Mut – und dem Potenzial zur konstruk-
                            – fünf Impulsgeber.
                                                             tiven Gestaltung der Zukunft.                                  Jetzt wünsche ich Ihnen eine anregende
                            Elisabeth Schneider-
                            Schneiter, Peter                     Hazel Brugger ist eine Querdenkerin                    Lektüre, die Sie zu Visionen inspiriert.
                            Spuhler, Hazel Brug-             und Provokateurin, die in der Schweiz und                  Stefan Barmettler
                            ger, Katja Gentinetta,           in Deutschland ein Millionenpublikum zum
                            Patrick Aebischer
                            (von links oben).
                                                             Schmunzlen und zum Nachdenken bringt.

                                                                                                                        Die Jury, welche die Impulsgeber und Visionäre
                                                                                                                        kürte: Executive Committee, Europa Forum Luzern.
                                                                                             Stefan Barmettler          Marcel Stalder, Präsident; Philipp Gmür, Vizepräsi-
                                                                                                                        dent, Helvetia; Elvira Bieri, SGS; Ralph Büchi, Rin-
                                                                                             Chefredaktor               gier Axel Springer; Karolin Frankenberger, Professo-
                                                                                             «Handelszeitung»           rin Universität St. Gallen; Thomas Gottstein, Credit
                                                                                                                        Suisse; Morten Hannesbo, Amag; Hans Hess, Swiss-
                                                                                                                        mem; Karin Mateu, Implenia; Tiana Angelina Moser,
                                                                                                                        Nationalrätin; Damian Müller, Ständerat; Emilia
                                                                                                                        ­Pasquier, Politberaterin; Fabian Peter, Regierungsrat
                                                                                                                         Luzern; Jean-Philippe Rochat, Kellerhals Carrard;
                                                                                                                         Bruno Staffelbach, Rektor Universität Luzern; Beat
                                                                                                                         Züsli, Stadtpräsident Luzern; Fritz Studer, ehemaliger
                                                                                                                         Vorstand Europa Forum Luzern

                                                                             IMPRESSUM
                                           Das Magazin «25» ist eine Beilage von «Handels­zeitung», «BILANZ» und «Le Temps»­
Die Publikation erscheint in der «Handelszeitung» am 05.09.19, in «Bilanz» und «Le Temps» am 30.08.19. Chefredaktor Stefan Barmettler Verantwortlicher Redaktor Roberto Stefàno
   Mitarbeitende dieser Ausgabe Marc Badertscher, Eckhard Baschek, Mélanie Beney, Seraina Gross, Andreas Güntert, Michael Heim, Marc Iseli, Iris Kuhn-Spogat, Melanie Loos,
   David Torcasso Art Direction Wernie Baumeler, Berit Bisig Bildredaktion Remo Lötscher, Susanne Borer Grafiken Daniel Karrer Korrektorat Simone Abegg, Sandra Bolliger,
   Sonja Brunschwiler, Carsten Stütz Adresse Redaktion Handelszeitung, Flurstrasse 55, 8021 Zürich, ­Telefon 058 269 22 80, ­­redaktion@handelszeitung.ch, www.handelszeitung.ch
Leitung Wirtschaftsmedien Nina Ranke Leitung Marketing Roland Wahrenberger Brand Manager Patrizia Serra Adresse Verlag Handelszeitung, Ringier Axel Springer Schweiz AG,
  Flurstrasse 55, 8021 ­Zürich, Telefon 058 269 22 20, verlag@handelszeitung.ch Vermarktung Admeira AG. Sales Service Anzeigen Telefon 058 909 99 62, saleservices@admeira.ch
Anzeigenpreise und AGB admeira.ch, Kundenservice-Portal, www.handelszeitung.ch/kundenservice, Telefon 058 269 25 05 Einzelverkaufspreis CHF 14.00, ISBN: 978-3-9524325-3-2
     Druck Swissprinters AG, Zofingen Herausgeberin Ringier Axel Springer Schweiz AG; Bekanntgabe von ­n amhaften Beteiligungen im ­Sinn von Art. 322 StGB: Le Temps SA

                                                                                                                                                                                   3
MACHT IN BERN UND BRÜSSEL - Impulsgeber für die Schweiz und Europa - Elisabeth Schneider-Schneiter, Politikerin - Europa Forum Luzern
Inhalt

                                                               34                                                        24
       IMPULSGEBER:
      Ob aus Wirtschaft,
    Politik, Gesellschaft,
      Wissenschaft oder
                             56                                                                                          14
                                                               46
          der Generation
     Zukunft – mit ihren
     Visionen und Ideen
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             25 Personen
                                                                                                   GESELLSCHAFT
           ihre Spuren in
        der Schweiz und                                                                     46     Katja Gentinetta
                 Europa.                                                                    48     Carlo Chatrian
                                                                                            49     Helen Keller
                                                                                            50     Vera Michalski-Hoffmann
                                                                                            52     Jakob Kellenberger

           EDITORIAL                                  WISSENSCHAFT                                 GRAFIK
    03     Impulse und Visionen                 24    Lars Feld                             54     Europas Superlative
                                                26    Frédéric Kaplan
                                                27    Patrick Aebischer
           INTERVIEW                            28    Thomas Maissen                               GENERATION ZUKUNFT
                                                29    Christa Tobler
    06     Beatrice Weder di Mauro                                                          56     Hazel Brugger
                                                                                            58     Armin Steuernagel
                                                      POLITIK                               59     Léa Sprunger
           WIRTSCHAFT                                                                       60     Océane Dayer
                                                34    Margrethe Vestager                    62     Flavia Kleiner
    14     Peter Spuhler                        36    Wolfgang Schäuble
    16     Aude Pugin                           37    Zuzana Čaputová
    17     Adrian Locher                        38    Philipp Nantermod                            AGENDA
    18     Stefan Muff                          40    Elisabeth Schneider-Schneiter
    19     Martine Clozel                                                                   66     Das läuft in Europa

    Fotos Cover: Daniel Winkler, Phil Müller für MAGAZIN 25, Francois Wavre / Lundi 13, Noelle Guidon, Lucia Hunziker
    Fotos: Daniel Winkler, Phil Müller für MAGAZIN 25, Noelle Guidon, Markus Kirchgessner / laif, Jesse Dittmar / Redux 7 laif
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MACHT IN BERN UND BRÜSSEL - Impulsgeber für die Schweiz und Europa - Elisabeth Schneider-Schneiter, Politikerin - Europa Forum Luzern
Interview

                  „DIE GEWICHTE
                 VERLAGERN SICH”
            DIE BASLER ÖKONOMIN BEATRICE WEDER DI MAURO ÜBER DIE
          ­KONKURRENZFÄHIGKEIT DER SCHWEIZ UND DIE MACHT EUROPAS

    BEATRICE WEDER DI MUARO:
    «Entscheidend ist, dass die Schweiz
    weiterhin eine gute Beziehung zu
    Europa behält.»

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MACHT IN BERN UND BRÜSSEL - Impulsgeber für die Schweiz und Europa - Elisabeth Schneider-Schneiter, Politikerin - Europa Forum Luzern
B
                 eatrice Weder di Mauro ist      tigen Konstellation gibt es eine ganze Reihe   jeder Mensch auf der Erde nicht mit seinem
                 eine der führenden Ökono­       von Risiken.                                   Gewicht, sondern mit seiner Kaufkraft auf
                 minnen der Gegenwart. Sie                                                      den Boden drückt. Mit einer Prognose der
                 ist gefragt in Theorie, Poli­   Was trübt das Bild in Europa,                  Kaufkraftentwicklung und des Bevölke­
                 tik und Wirtschaft. Bundes­     in der Schweiz?                                rungswachstums lässt sich dann sehen, wo­
                 kanzlerin Angela Merkel         Erstens sind wir weltweit in der Spätphase     hin der wirtschaftliche Schwerpunkt der
                 holte sie in den Sachver­       eines langen Zyklus von guter Konjunktur.      Welt wandert. In den achtziger Jahren des
                 ständigenrat zur Begutach­      Die Anzeichen eines Abschwungs mehren          letzten Jahrhunderts lag er im Atlantik, also
                 tung der gesamtwirtschaft­      sich, der Internationale Währungsfonds         zwischen Amerika und Europa. Heute liegt
                 lichen Entwicklung – im         ­revidiert praktisch jedes Quartal die Pro­    er im Mittleren Osten, und zwar leicht süd­
                 deutschen Volksmund: Rat         gnose nach unten. In Deutschland befürch­     lich, weil auch im Süden die wirtschaftliche
                 der Wirtschaftsweisen.           tet man sogar eine Rezession; das würde       Masse wuchs. 2050 wird dieses Zentrum in
                 ­Weder di Mauro beschäf­         auch die Schweiz belasten. Zweitens sind      Südchina liegen. Diese gewaltige wirtschaft­
tigt sich mit Geldpolitik, Finanzkrisen und       die wirtschaftspolitischen Handlungsräume     liche Gewichtsverlagerung hat politische
Wettbewerbsfähigkeit von Ländern. Die             beschränkt. Dies trifft vor allem auf die     Konsequenzen. Der Einfluss der USA
Baslerin ist global unterwegs: Sie lehrt in       Geldpolitik zu, aber in Europa ist auch die   bleibt also nicht stabil, sondern er nimmt ab.
Deutschland, der Schweiz und Singapur.            Haushaltspolitik eingeengt. Das nährt die     Das kann auch ein Slogan wie «America
Zudem sitzt sie in diversen hochkarätigen         Befürchtung einer «Japanisierung», also       First» nicht ändern. Je nachdem, wie sich
Verwaltungsräten.                                 ­einer langfristigen Stagnation und Defla­    Europa verhält, könnte sein Einfluss auch
                                                 tion. Drittens schaffen der von den USA        wachsen.
Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn              losgetretene Handelskrieg und die mut­
Sie von Ihrem Wohnort Singapur in die            willige Missachtung der Regeln der welt­       Sind wir anpassungsfähig genug, um
Schweiz fliegen und in Zürich aus dem            wirtschaftlichen Ordnung grosse Unsicher­      dem Druck aus Asien Paroli zu bieten?
Flieger steigen?                                 heit. Gleichzeitig ist das zu sehen vor dem    Europa, noch mehr die Schweiz, war über­
Beatrice Weder di Mauro: Ich komme immer         Hintergrund der tektonischen Verschie­         aus erfolgreich, sich neuen Marktumfeldern
gerne in die Schweiz und freue mich, wenn        bungen im wirtschaftlichen Kräftezentrum       zu stellen, weil das Land immer eine offene
ich wieder «Schwyzerdütsch» höre. Ich bin        der Welt.                                      Volkswirtschaft war. Diese Offenheit gilt
regelmässig hier, weil ich in Genf unterrichte                                                  auch für ganz viele grosse und kleinere Un­
und Verwaltungsratsmandate wahrnehme.            Das Ergebnis dieser tektonischen Ver-          ternehmen. Sie haben stets über die Schwei­
                                                 schiebungen ist: Der Einfluss Europas          zer Grenze geschaut, sich der Globalisie­
Kein Stimmungstief, das Ihnen beim               nimmt ab, jener der USA bleibt stabil,         rung gestellt und sich immer wieder neu
Aussteigen entgegenschlägt? Es heisst:           Asien legt massiv zu. Richtig?                 ­erfunden.
In Asien wohnt die Zuversicht, in                Nicht ganz, das wirtschaftliche Gravita­
­Europa der Verdruss.                            tionszentrum der Welt verschiebt sich          Wird dies so bleiben?
 Natürlich ist man in Asien mit einer höhe­      ­laufend weiter nach Asien. Das kann man       Dem Wachstumsmodell der letzten Jahr­
 ren Beschleunigung unterwegs und das             berechnen, indem man sich vorstellt, dass     zehnte liegt zugrunde, dass die Märkte of­
 prägt eine positive Grundstimmung. Aber                                                        fen bleiben. Ob diese Prämisse künftig gilt,
 die Schweiz ist nach wie vor eines der                                                         ist unklar. Es könnte sein, dass Regionen
 reichsten Länder der Welt und bewegt sich            GLOBALE KARRIERE                          oder Nationen den internationalen Handel
 erfolgreich im globalen Wettbewerb.                 Beatrice Weder di Mauro, 54,               mit Barrieren unterbinden wollen und ver­
 ­Dennoch sind hier viele unzufrieden und            studierte Volkswirtschaft in               stärkt regional agieren.
  meinen: «Früher war es besser.»                    Basel und promovierte bei
                                                     ­Silvio Borner. Sie arbeitete bei          Sie reden vom Protektionismus?
Dass die Schweiz auf die schiefe ­Ebene               der Weltbank und dem Interna­             Es ist nicht zu verkennen, dass der Virus des
gerät, sehen Sie nicht?                               tionalen Währungsfonds (IWF).             Protektionismus wieder verstärkt um sich
Bis jetzt hat sie sich immer gut geschlagen.          Als Professorin in Mainz wurde            greift. Da ist vorab Donald Trump, der ge­
Aber man muss realistisch sein: Der Erfolg            sie 2004 in den «Rat der Wei­             zielt handelspolitische Waffen benutzt und
der Schweiz entscheidet sich nicht nur zu
                                                      sen», ein Beratergremium der              mit Strafzöllen droht. Zum Teil aus dem
Hause, er hängt mindestens so stark vom
                                                      Bundesregierung, berufen –                Missverständnis, dass mit viel Geschick ein
weltwirtschaftlichen und europäischen Um­                                                       besonders guter Deal herauszuholen wäre,
                                                      als erste Frau. Heute lehrt sie
feld ab. Entscheidend ist, dass die Schweiz                                                     von dem sein Land übermässig profitieren
weiterhin eine gute Beziehung zu Europa
                                                      am Insead in Paris und Sin­               könnte. Der Fehler ist, den Handel als Null­
behält.
                                                      gapur sowie am Graduate Insti­            summenspiel zu betrachten. Aber dieser
                                                      tute in Genf. Sie präsidiert das          Fehler ist verbreitet.
Sind Sie also optimistisch?                           Öko­nomen-Netzwerk Centre
Ich bin grundsätzlich Optimistin, aber zur­           for ­Economic Policy Research.            Nicht nur in Amerika, auch in China
zeit ist das nicht ganz einfach. In der heu­                                                    oder Europa.                                   •

Fotos: Helmut Wachter / 13 Photo für «25» Magazin

                                                                                                                                                   7
MACHT IN BERN UND BRÜSSEL - Impulsgeber für die Schweiz und Europa - Elisabeth Schneider-Schneiter, Politikerin - Europa Forum Luzern
•  Ja der Protektionismus-Virus ist anste-                                                                                BLICK AUS ASIEN:
    ckend. Wobei Europa am ehesten immun                                                                                      Beatrice Weder di
                                                                                                                              Mauro wuchs in
    dagegen ist, da Marktöffnung und Handels-                                                                                 Guatemala auf,
    integration zu den Grundpfeilern gehören,                                                                                 ­studierte in Basel,
    auf ­denen die Europäische Union aufgebaut                                                                                 lehrte in Mainz und
                                                                                                                               wohnt in Singapur.
    wurde. Dazu gehört ein ausgeprägtes Wett-
    bewerbsrecht, das eine Vorzugsbehandlung
    von einzelnen Unternehmen unterbindet
    und dadurch das Spielfeld eben hält.

    Sehen Sie gar das Risiko, dass Ab-
    schottung die neue Normalität wird?
    Ja, diese Gefahr besteht.

    Im Tech-Bereich versucht Trump,
    ­chinesische Firmen aus den USA und
     Europa zu verdrängen. Besteht nicht
     die Gefahr, dass China im Gegenzug
     seine eigenen Schlüsseltechnologien
     aufbaut und die Wertschöpfungskette
     halt in Asien verlängert?
     Die Verlängerung der Wertschöpfungsketten
     im asiatischen Raum ist schon länger im
     Gang. Zunächst hat Japan Südostasien als
     verlängerte Werkbank und Zulieferer ge-
     nutzt und jetzt ist China der wichtigste
     Handelspartner. Wenn die globalen Liefer-
     ketten gefährdet sind, werden diese regiona-
     len Verbünde weiter an Gewicht gewinnen.

    China investiert Milliarden in künst­
    liche Intelligenz oder Robotik. Können
    da Westfirmen mithalten? Zumal sie
    aus ihrem Gewinn Aktionäre zufrie-
    denstellen und Milliarden an Dividen-
    den ausschütten müssen – nicht wie
    Huawei oder Alibaba.
    Es ist in der Tat eine neue Erfahrung: Der
    Westen muss erstmals zur Kenntnis neh-
    men, dass sich ein Schwellenland einen
    technologischen Vorsprung erarbeiten kann.
    Nicht nur weil China massiv investiert,
    sondern weil der Binnenmarkt riesig ist und     vestitionslinien festlegen, und grosse Unter-     dards heute durch multilaterale Organisatio-
    die Mittelschicht weiterwächst. Gerade bei      nehmen und Banken, die staatlich kontrol-         nen gesetzt, mit denen China kooperiert.
    Tech-Plattformen ist die Geschwindigkeit        liert sind. Aber diese sind nicht die Basis des   China ist zum Beispiel Mitglied der World
    beim Skalieren sehr wichtig für den Erfolg.     Erfolgs. Der Erfolg basiert auf einem dyna-       Trade Organisation (WTO) oder des Inter-
    Aber vergessen Sie nicht: Eine erstarkende      mischen privaten Sektor.                          nationalen Währungsfonds. Allerdings gibt
    Mittelschicht wie in China verlangt auch                                                          es erste Beispiele von internationalen Insti-
    nach europäischen Waren. Insofern gibt es       Am Schluss setzt China die Standards:             tutionen, die China aufgebaut hat, um mehr
    auch viele Chancen.                             bei Datensicherheit, bei künstlicher              Einfluss zu gewinnen. Die Asiatische Infra-
                                                    Intelligenz, bei selbstfahrenden Autos?           strukturbank (AIIB) ist ein solches Beispiel
    Planwirtschaft schlägt Markt­                   Das wird die Zukunft zeigen. Sicher haben         und natürlich die Belt-and-Road-Initiative.
    wirtschaft?                                     grosse Märkte Einfluss auf die Standards,
    Nein, umgekehrt. Die Sowjetunion war eine       aber es ist auch möglich, dass es in Zukunft      Sie beschäftigen sich intensiv mit
    Planwirtschaft, in der die Herstellung jeder    weniger globale und vermehrt regionale            ­Finanzkrisen. Was fasziniert Sie daran?
    Schraube staatlich organisiert war. In China    Standards gibt. In wichtigen Bereichen der         Die Kombination von Finanz-, Schulden-
    gibt es Masterpläne, welche die grossen In-     Weltwirtschaft werden die Regeln und Stan-         und Währungskrise ist so etwas wie der

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grösste anzunehmende Unfall eines Landes         sicherungselementen und solchen, die die           es ist im Gegensatz zur Schweiz wirklich
mit enormen volkswirtschaftlichen und            Disziplin erhöhen. Ich habe gemeinsam mit          eine Insel im physischen wie im übertrage­
­gesellschaftlichen Kosten. Ich habe mich        einer Gruppe von deutschen und franzö­             nen Sinn: Die unmittelbaren Nachbarn wie
 bereits im Studium in den achtziger Jahren      sischen Ökonomen einen solchen Reform­             Indonesien oder Malaysia entwickeln sich
 mit der Schuldenkrise Lateinamerikas be­        vorschlag vorgelegt.                               zwar auch, aber der Abstand ist noch gross.
 schäftigt, auf die ein verlorenes Jahrzehnt
 folgte. Auch die neunziger Jahre waren          SNB-Präsident Thomas Jordan ist                    Was kann man lernen von Singapur?
 nicht arm an Krisen, die ich zum Teil aus       nicht zu beneiden. Sein geldpolitischer            Braucht es einen Masterplan wie jener
 der Nähe beobachten konnte, da ich beim         Spielraum ist abhängig von der US-                 des ersten Premiers Lee Kuan Yew?
 Internationalen Währungsfonds war. Da­          Notenbank und Europas Zentralbank.                 Auffällig ist, wie sehr die gesamte Führung
 raufhin habe ich meine Forschung auf            Letztlich ist das Schicksal einer kleinen,         von Singapur ständig besorgt ist, dass das
 ­solche Krisen und deren Übertragung aus­       ­offenen Volkswirtschaft, dass der Wechsel­        Land zurückbleiben könnte. Es herrscht ein
  gerichtet. Dieses Wissen war dann wieder       kurs eine grosse Rolle spielt. Das ist bei         Gefühl, man sei ein kleiner roter Punkt
  sehr nützlich, als ich vor zehn Jahren im       ­Singapur nicht anders. Die Konsequenz ist,       auf der Landkarte, der nur bestehen könne,
  deutschen Sachverständigenrat war und die        dass die Geldpolitik einen engeren Spiel­        wenn man sich laufend verbessert, wett­
  globale Finanzkrise und die Euro-Krise           raum hat. Da die Schweiz umgeben ist             bewerbsfähig bleibt und Geschäftsmodelle
  ausbrachen.                                      von Euro-Ländern, spielt der Euro für die        einführt – und weit in die Zukunft denkt.
                                                   Schweiz halt eine grosse Rolle.                  Der Masterplan war auch wichtig beim
Die Euro-Zone schleicht sich von                                                                    ­öffentlichen Wohnungsbau.
Krise zu Krise: mal ist es Griechen-
land, dann Spanien – und immer                                                                      Inwiefern?

                                                 „ICH TRAUE
­wieder Italien. Die Folge: eine Geld-                                                              Als Singapur unabhängig wurde, war es
 schwemme durch die EZB, was neue                                                                   mehr oder weniger ein Slum, in dem es
 Risiken kreiert. Wird Europa je wieder                                                             schwere Unruhen zwischen den verschie­

                                                 URSULA VON
 auf den Normalmodus umschalten?                                                                    denen Bevölkerungsgruppen gab. Die
 Ich bin verhalten optimistisch, dass die neue                                                      ­Regierung verfolgte damals einen Plan zur
 Führung der Kommission die ausstehenden                                                             Sanierung der Stadt und stellte Wohneigen­

                                                 DER LEYEN
 Reformen der Euro-Zone voranbringen                                                                 tum zu sehr günstigen Konditionen zur
 kann. Zurzeit gibt es da eine Blockade, aber                                                        ­Verfügung. Heute leben fast 90 Prozent der
 ich schätze Frau von der Leyen sehr und                                                              Bevölkerung in Wohnungen, die sie vom

                                                 EINIGES ZU.”
 traue ihr zu, diese zu lösen. Man darf nicht                                                         Staat erworben haben. Das dient ihrer wirt­
 unterschätzen, wie viel in den letzten Jahren                                                        schaftlichen Absicherung, aber auch dem
 schon getan wurde, um die Grundfesten                                                                sozialen Frieden, denn das öffentliche Woh­
 des Euro zu verstärken. Die Bankenunion                                                              nen verfolgt seit Jahrzehnten eine Durchmi­
 und der Europäische Stabilitätsmecha­                                                                schungspolitik mit Quoten für Ethnien.
 nismus (ESM) sind wichtige Pfeiler einer                                                             Zudem darf kein Quartier zurückgelassen
 robusteren Währungsunion.                                                                            werden. Das bedeutet: Der Staat erneuert
                                                 Die Aufgabe des Frankens:                            und verbessert systematisch die Infrastruktur.
Glauben Sie daran, dass EZB-Chefin               eine ­Lösung?
Christine Lagarde innert vier Jahren             Das sehe ich nicht. Der Freiraum der               Sie präsidieren das renommierte
die Zinsen in Europa anheben wird?               schweizerischen Geldpolitik ist zwar einge­        ­Centre for Economic Policy Research
Das ist weniger eine Frage der Person an         engt, aber er existiert. Die SNB kann etwa          (CEPR), ein Netzwerk von 1300 Öko-
der Spitze. Die EZB wird die Zinsen anhe­        auf Entwicklungen im Inland durchaus re­            nomen. Was bringts?
ben, wenn das Wachstum und die Inflation         agieren. Und sie kann zwar den Wechsel­             Es ist eine extrem spannende Führungs­
im Euro-Raum anziehen. Die Frage ist, was        kurs nicht einfach ignorieren, aber Schwan­         aufgabe, denn das CEPR besteht aus einem
die EZB tun kann, falls das nicht geschieht      kungen hinnehmen. Das ginge nicht bei               globalen Netzwerk von Spitzenökonomen
und sich stattdessen die Konjunktur mar­         ­einem fixen Wechselkurs oder einer Aufgabe         mit unglaublichem Potenzial. Mein Ziel ist
kant abschwächt. Sehr viel kann sie nicht         der Währung.                                       es, dieses Potenzial auf exzellente Forschung
mehr tun und ist dann auf die Politik ange­                                                          und wirtschaftspolitische Problemlösungen
wiesen. Diese müsste Investitionen stärken       Sie leben in Singapur. Der Unter-                   zu fokussieren. Dazu habe ich diverse neue
und grundsätzliche Reformen vorantreiben.        schied zur Schweiz?                                 Arbeitskreise geschaffen, die bereits ausge­
                                                 Da gibt es viele Parallelen zur Schweiz:            zeichnet zusammenarbeiten zu Themen wie
Was fehlt zur nachhaltigen Besserung?            Kleinstaat, sauber, funktionierend, kompe­          Populismus, Euro-Zone, Kryptowährungen,
Die Umsetzung der Reformen, wobei die            titiv, erfolgreich. Was mich fasziniert, ist die    Handelspolitik, Geldpolitik und Entwick­
Reformpakete auf dem Tisch liegen. Ein           Entwicklungsgeschwindigkeit: Vor sechzig            lung. Ich bin nun seit einem Jahr Präsidentin
glaubwürdiger Ordnungsrahmen für den             Jahren war Singapur mausarm, heute ist es           des CEPR und sehe mit Freude, wie viel wir
Euro erfordert eine Kombination von Ver­         eine Metropole mit hoher Kaufkraft. Und             noch erreichen können.                       •

                                                                                                                                                       9
Presented by Amag

ID3: Mit dem VW ID3 startet im kommenden Jahr die grosse Elektrooffensive von Volkswagen.

E-MOBILITÄT –
DIE AMAG MACHT
SICH BEREIT.
10
WÄHREND JAHRZEHNTEN KONNTE DER SCHWEIZER AUTOMOBILHANDEL
SEIN GESCHÄFT OHNE WESENTLICHE VERÄNDERUNGEN BETREIBEN.
DIE AKTUELLE, EUROPAWEITE AUSRICHTUNG AUF NACHHALTIGE
MOBILITÄT SORGT DAFÜR, DASS SICH AUTOMOBILANBIETER WIE DIE
AMAG VERÄNDERN MÜSSEN.

D
von Dino Graf, Leiter AMAG Group Communication, Responsibility & Brand Management

              ie AMAG ist ein eigenstän­       haltigeren individuellen Mobilität. Entspre­    nicht nur umweltfreundlichere Autos zu
              diges Schweizer Traditions­      chende Gesetze und Verordnungen haben           entwickeln, sondern auch die Bedürfnisse
              unternehmen, hat aber als        natürlich auch einen Einfluss einerseits auf    dafür zu wecken und kontinuierlich neue
              Importeurin der wichtigsten      die poli­tische, anderseits aber auch auf die   Kunden zu nachhaltiger Mobilität zu füh­
              Marken der Volkswagen AG         wirtschaftliche Schweiz.                        ren. Waren die deutschen Autohersteller in
              eine starke Verbindung nach          In der Bevölkerung zeigen sich bezüg­       der Vergangenheit bezüglich Elektromobi­
              Deutschland und in weitere       lich nachhaltiger Mobilität zwar noch Wi­       lität nicht gerade Spitzenreiter, plant der
              ­europäische Länder. Die         dersprüche – man ist sich einig, dass mehr      ­VW-Konzern nun, zum weltweit führenden
               ­europäische Politik arbeitet   für den Umweltschutz getan werden sollte,        Anbieter nachhaltiger Mobilität zu werden.
                an einer Veränderung der       freut sich aber trotzdem über seinen über­       Dies ist gemäss Aussagen von VW der
                Mobilität hin zu neuen         durchschnittlich gut motorisierten Wagen in      grösste Veränderungsprozess in der gesam­
­Antriebsformen und noch weniger Emis­         der Garage. Doch die drohenden CO2-­             ten Firmengeschichte. Bis 2050 will sich
 sionen, kurzum, hin zu einer noch nach­       Lenkungsabgaben zwingen die Industrie,           der Konzern zu einem CO2-neutralen         •

                                                                                                                AUDI: Mit dem
                                                                                                                Audi E-Experience
                                                                                                                Center am AMAG-
                                                                                                                Hauptsitz in
                                                                                                                Zürich erfahren
                                                                                                                Mitarbeitende
                                                                                                                und Kunden alles
                                                                                                                rund um das
                                                                                                                Thema ­E-Mobilität.

                                                                                                                                         11
Presented by Amag
•     Unternehmen entwickeln. Kurzfristig         tion & Venture Lab arbeitet dafür an            zu verbessern und zu hinterfragen. Bei aller
  transformiert Volkswagen sein automobiles       ­Themen wie Connectivity, Mobility Ser­         Bedeutung der E-Mobilität darf nicht ver­
  Kerngeschäft: In den nächsten fünf Jahren        vices, Sharing- und Abomodellen sowie          gessen werden, dass die AMAG noch viele
  sollen mehr als 30 zusätzliche vollelek­         ­disruptiven E-Businessmodellen. Das Lab       Jahre hunderttausende von Kunden mit
  trische Modelle lanciert werden. Darüber          setzt sich mit den Initiativen des Volks­     Benzin- oder Dieselfahrzeugen betreuen
­hinaus sollen Batterietechnologie und              wagen-Konzerns auseinander, spürt Mobi­       wird. Auch dieses den Mitarbeitenden ver­
das autonome Fahren zu Kernkompeten­                litätstrends auf und vernetzt sich mit füh­   traute Geschäft soll laufend verbessert und
zen werden.                                         renden Universitäten sowie der Schweizer      neu gedacht werden. Und beim Stichwort
       Die Entwicklung in Europa und die ent­       Start-up-Szene.                               Rendite geht es darum, bei den Mitarbei­
 sprechende Reaktion des Volkswagen-Kon­                 Innovation bedeutet bei der AMAG         tenden die unternehmerische Optik zu stär­
  zerns haben auch starke Auswirkungen auf          aber auch, das bisherige Geschäft laufend     ken. Schliesslich haben Kundenorientierung
  die AMAG, die den markanten Wandel rasch
  antizipieren muss. Die typische Fähigkeit von
  Schweizer Unternehmen, sich neuen Gege­
  benheiten anzupassen, wird jetzt auf die
  Probe gestellt. Es gilt, Elektrofahrzeuge er­
  folgreich zu vermarkten, neue Mobilitätsfor­
  men zu entwickeln und zu etablieren. Seit
  Jahrzehnten ist die AMAG äusserst erfolg­
  reich darin, Autos mit Verbrennungsmotoren
  zu verkaufen und zu warten. Die Mitarbei­
  tenden haben entsprechend «Benzin im Blut».
  Bei allem Verständnis für den Nutzen nach­
  haltiger Mobilitätslösungen – die
 ­Begeisterung für das Neue musste AMAG-
  intern erst geweckt werden. Eine wichtige
  Grundlage für den künftigen Erfolg ist des­
  halb die Entwicklung einer Unternehmens­
  kultur, in der kontinuierliche Veränderung
  und neue Technologien nicht abschrecken,
  sondern als Chance erlebt werden.

Neue Technologie braucht
den Menschen als Vermittler
2017 hat die AMAG dafür einen internen
Kulturwandel lanciert, der allen Mitarbei­
tenden helfen soll, die Transformation zu
verstehen und die neue Ausrichtung mit
Überzeugung mitzutragen. Die Kulturini­
tiative mit dem Namen WE MOVE ver­
mittelt kontinuierlich die drei wichtigsten
Treiber der Veränderung: Kundenorientie­
rung, Innovation und Rendite. Hohe Kun­
denorientierung ist zwar seit Jahren schon
ein Thema. Nun gilt es aber, auch im Be­
reich der neuen Technologien für die Kun­
den zu einem vertrauten Kompetenzpartner
zu werden und sie für die Elektromobilität                        «Ich bin überzeugt, dass die AMAG in
                                                                  der Schweiz bald die erste Adresse für
zu begeistern. Unter dem Begriff Innova­
tion will die AMAG im Bereich der neuen
Technologien neue Chancen nutzen. Ein im
Sommer 2018 gegründetes AMAG Innova­                              die E-Mobilität sein wird.» Morten Hannesbo

12
80 Prozent der Mitarbeitenden die Bedeu­
                                                                                                  tung von Kundenorientierung, Innovation
                                                                                                  und Rendite nachvollziehen können. Aller­
                                                                                                  dings fällt es noch nicht allen Mitarbeiten­
                                                                                                  den leicht, den Wandel in ihrem Berufsalltag
                                                                                                  umzusetzen. Deshalb setzt die AMAG in
                                                                                                  der Fortsetzung des Kulturwandels noch
                                                                                                  stärker auf Best-Practise-Beispiele. Mitar­
                                                                                                   beitende sollen sich gegenseitig zu Aktivität
                                                                                                   und Veränderung inspirieren. Ein Kultur­
                                                                                                   wandel passiert nicht von heute auf morgen.
                                                                                                  Ein Mechatroniker-Lehrling brachte es in
                                                                                                  einem internen Videointerview auf den
                                                                                                  Punkt: «Bei der AMAG dauert die Verän­
                                                                                                  derung vielleicht manchmal etwas länger.
                                                                                                  Aber wenn wir es dann tun, dann tun wir es
                                                                                                  richtig.» Auch für Morten Hannesbo, CEO
                                                                                                  der AMAG-Gruppe, ist klar, dass der
                                                                                                  ­Kulturwandel Zeit braucht: «Natürlich sind
                                                  MORTEN VOR DER KAMERA:                           wir noch nicht am Ziel. Aber es ist erfreu­
                                                  Jeden Monat wendet sich AMAG-                    lich zu sehen, wie viel Neugier und Enga­
                                                  CEO Morten Hannesbo mit
                                                                                                   gement unsere Mitarbeitenden den neuen
                                                  einem Video zu Themen aus dem
                                                  WE-MOVE-Programm an die                          Mobilitätsformen entgegenbringen.»
                                                  ­gesamte AMAG-Belegschaft
                                                   (ganz links).                                  Pioniergeist zeigen
                                                                                                  Hannesbo sieht die Veränderung und das
                                                  WORKSHOP: Gemeinsam                             Beschreiten von Neuland als etwas, das zur
                                                  entwickelt das AMAG-Kader
                                                                                                  AMAG passt, denn «seit der Firmengrün­
                                                  Ideen für die die Zukunft (oben).
                                                                                                  dung hat das Unternehmen immer wieder
                                                  LERNENDENPLAKAT: Die                            Phasen erlebt, die nur mit viel Pioniergeist
                                                  Stimme der Jugend; auch die                     zu meistern waren. Wir leben in unglaublich
                                                  AMAG-Lernenden kommen zu                        spannenden Zeiten, in denen genau dieser
                                                  Wort.                                           Pioniergeist wieder besonders gefragt ist.»
                                                                                                  So zeigt sich der Firmenchef zuversichtlich:
                                                                                                  «Die Produktoffensive der Volkswagen AG
                                                                                                  ist zwar fantastisch, doch unsere Mitbewer­
                                                                                                  ber werden in den nächsten Jahren ebenfalls
                                                                                                  gute E-Modelle auf den Markt bringen.
                                                                                                  Trotzdem bin ich überzeugt, dass die
                                                                                                  AMAG in der Schweiz bald die erste
                                                                                                  ­Adresse für die E-Mobilität sein wird.» Es
und Innovation ihren Preis – die Mittel           mitarbeitenden. Mit internen Plakaten und        seien die Mitarbeitenden, die den Unter­
­dafür müssen erst verdient werden. Ein           Bildschirmschonern wird für WE MOVE              schied ausmachen: «Wir waren in den ver­
 ­hohes Kostenbewusstsein ist deshalb der         kontinuierlich Visibilität geschaffen. Im        gangenen Jahren, auch im europäischen
  dritte Teil des Kulturwandelprogramms           ­Intranet und in der Mitarbeiterzeitung wer­     Vergleich, nicht nur wegen der guten
  WE MOVE.                                         den laufend verschiedene Aspekte der Initia­    ­Modelle der Volkswagen-Gruppe an
       Um so viel Veränderung auszulösen,          tive beleuchtet, auch mit einem Blick über     der Spitze, sondern weil wir bei unseren
  ­benötigt es mehr als ein Motto, ein neues      den eigenen Tellerrand. Die wohl wichtigste     Kunden durch Kompetenz und Service
   Mitarbeiterhandbuch oder ein neues Leit­       Massnahme jedoch ist die direkte Ausein­          Vertrauen schafften. In der E-Mobilität
   bild. Seit zwei Jahren wird das Thema des­     andersetzung mit dem Thema. Führungs­             wird dies nicht anders sein. Wir werden
   halb immer wieder und auf die unterschied­     kräfte erarbeiten mit ihren Teams, wie sie        ­diesen neuen Markt anführen, weil unsere
   lichste Weise aktuell gehalten – ganz in der   zur Entwicklung der AMAG beitragen kön­            Mitarbeitenden rasch viel Kompetenz
   Taktik der Nadelstiche. Der CEO richtet        nen. Die Initiative ist bei den Mitarbeiten­       ­aufbauen und die Kunden auch in der
   sich monatlich per Video an die Belegschaft    den gut angekommen. Eine Mitarbeiter­               nachhaltigen Mobilität mit Begeisterung
   und per SMS wöchentlich an alle Kader­         befragung im Dezember 2018 zeigte, dass             ­beraten werden.»                        •

                                                                                                                                             13
Wirtschaft

             Foto: Daniel Winkler für MAGAZIN 25

14
P
             eter Spuhlers Zugfirma Stadler
             Rail ist aktuell drauf und dran,
             den ganzen Kontinent mit

                                                Peter Spuhler, 60
             Schnell-, Vorort- und U-Bahn-
             zügen auszurüsten. Obendrein
             liefert er Strassenbahnen und
             Lokomotiven mit Diesel- oder
             Strombetrieb in diese Kern-

                                                EUROPAS
             märkte. Bei Letzteren führt er
eine Produktelinie mit dem Namen Euro
im Angebot.
     Der Name ist Programm: Der ehema-
lige Nationalrat verkauft sein Rollmaterial
nach Grossbritannien, Frankreich, Polen,

                                                BAHNBAUER
Slowenien, Norwegen, in die Niederlande,
nach Finnland, Italien, Ungarn – und natür-
lich in der Schweiz. Sein Trumpf ist weniger
der Endpreis – der ist tendenziell höher –,
sondern der Kundenfokus. Denn auch bei
der Eisenbahn ist Europa noch lange nicht
integriert. Vielmehr kennt jedes Land, jede
Region Spezifitäten beim Einstieg, bei der
Verarbeitung, den Lärmvorschriften; ergo        werke, das mit 2000 Mitarbeitenden als         Landes und damit auch der Wirtschaft viel-
wird vom Zugbauer höchste Flexibilität er-      grösster Industriebetrieb von Deutschlands     fach aus den Augen verloren.» Sollten gar
wartet. Stadler Rail kann sie bieten. Die       Hauptstadt gilt. Von hier aus werden Metro-    die Bilateralen kippen, würde das letzte
Firma schafft es auch, die Liefertermine in     polen mit vielfarbigen Strassen- und Stadt-    ­Eisenbahnreich der Schweiz ausgerechnet
der Regel einzuhalten, was den wenigsten        bahnen beliefert. Die Ambitionen sind           im kleinen Heimmarkt aufs Stumpengleis
Konkurrenten – siehe Bombardier – gelingt.      hoch, jüngst wurde eine nächste Ausbau-         zurollen. Denn für Spuhler sind die bilate-
Spuhler setzt dabei auf eine vernetzte Pro-     phase gestartet.                                ralen Verträge Voraussetzung dafür, dass
duktion, und zwar international. An 25               Chefstratege, Geldgeber und VR-Präsi-      sich die Schweizer Wirtschaft weiter positiv

     1
Standorten lässt er planen und bauen. In        dent Spuhler und seine 9000 Mitarbeiten-        entwickelt. Und er mit seiner Stadler Rail
Berlin-Pankow steht eines seiner Schlüssel-     den sind in diesem weitverzweigten indust-      auch die nächsten Jahre ein industrielles
                                                riellen Setup auf offene Grenzen angewie-       Flaggschiff in Europa bleibt.
                                                sen; auch internationale Verträge über die          Das Potenzial des einstigen 16-Mann-
                                                gegenseitige Anerkennung von Sicherheits-,      Betriebs ist gross. Das vermuten auch die
                                                Gesundheits- und Umweltstandards sind           Aktienmärkte. Diesen Frühling legte die
                                                für ihn essenziell. Schliesslich hat er un-     Firma einen fulminanten Start an der Börse
                                                längst 70 Millionen Franken in das Stadler-     hin. Spuhler, der einen Teil seiner Aktien
                                                Rail-Werk in Altenrhein SG investiert, wo er    verkaufte, dürfte die Publikumsöffnung
                                                von Fachkräften aus Vorarlberg und Baden-       2 Milliarden Franken eingebracht haben.
                                                Württemberg profitiert. Im Dreiländereck        Auch Kader wie Arbeiter profitierten vom
                                                werden die Kiss-Doppelstockwagen und            Going Public: Die obersten 170 Mitarbei-
                                                sämtliches Rollmaterial für die Rhätische       tenden, die über die letzten Jahre auch in
                                                Bahn entwickelt und verschraubt.                Aktien abgegolten wurden, sind – zumin-
                                                     Würde die Begrenzungsinitiative der        dest auf dem Papier – Franken-Millionäre.
                                                SVP, jener Partei, für die er während Jahren    Für die Arbeiter gab es immerhin einen zu-
                                                politisierte, angenommen und in der Folge       sätzlichen Monatslohn obendrauf.
                                                die Personenfreizügigkeit aufgekündigt,             Wie lang der Boom in der Gruppe an-
                                                hätte dies wohl gröbere Auswirkungen auf        hält, ist schwer abzuschätzen. Luft nach
                                                das Rheintaler Bahnwerk. Auf den Kurs           oben gibt es in Europa, wo die Schweizer
                                                «seiner» Partei angesprochen, sagte der         einen Marktanteil von 15 Prozent halten.
                                                Stadler-Rail-Chef im Interview mit der
                                                «Handelszeitung»: «Wir machen heute zu
                                                viel Parteipolitik und haben das Wohl des

                                                                                                                                          15
2A
IN NEUEN
SPHÄREN
Aude Pugin, 45                                     ude Pugin kam 2009 zu Apco
                                                   Technologies in Aigle. Die
                                                   Waadtländer Firma ist auf die
                                                   Entwicklung und Herstellung
                                                   von hochwertigen Geräten
                                                   für die Raumfahrtindustrie
                                                   spezialisiert. Als Vertreterin
                                                   der zweiten Generation des
                                                   Familienunternehmens über-
                                   nahm die 45-Jährige zuerst die Position der
                                   Finanz­direktorin. Acht Jahre später ersetzte
                                   sie ­ihren Vater an der Spitze. Pugin hat ei-
                                   nen Master-Abschluss in Rechtswissen-
                                   schaften der Universität Freiburg und war
                                   während rund zehn Jahren als Anwältin für
                                   verschiedene in Europa und den Vereinigten
                                   Staaten tätige Unternehmen in den Berei-
                                   chen ­Finanzen, Immobilien, Seeverkehr
                                   und Luftfahrt tätig. Eigentlich prädesti-
                                   nierte sie ­wenig für diese Position als Fir-
                                   menleiterin. «Ich bin keine technische
                                   Expertin, aber ich habe es im Laufe der Zeit
                                   gelernt. Ich verlasse gerne meine Komfort-
                                   zone und vermeide monotone Tätigkeiten»,
                                   sagte Aude Pugin 2017 in der Zeitung «Le
                                   Temps». Derzeit leitet sie 350 Mitarbeitende
                                   bei Apco Technologies, von denen einige ih-
                                   ren Sitz im europäischen Weltraumbahnhof
                                   in Kourou, Französisch-Guayana, haben.
                                         Pugin ist Mitglied der Eidgenössischen
                                   Raumfahrtkommission sowie des Regional-
                                   beirats der Schweizerischen Nationalbank
                                   und hat im April 2018 als erste Frau das
                                   Präsidium der Waadtländer Industrie- und
                                   Handelskammer übernommen. Auf privater
                                   Ebene engagiert sie sich im Verein Afiro für
                                   die berufliche Wiedereingliederung von
                                   Menschen mit Behinderungen und unter-
                                   stützt das Festival Images de Vevey. Aktiv,
                                   wie sie ist, schwimmt und läuft sie gerne.

Foto: Chantel Dervey / 24 heures

16
3
Adrian Locher, 37

BERNER
AI-INVESTOR
                                                                                            folg wurde bisher die Schnäppchenplatt-
                                                                                            form Dein Deal, die er mitgegründet hat
                                                                                            und 2015 an den Medienkonzern Ringier
                                                                                            verkaufte. Einen guten Teil davon legte er in

U
                                                                                            Aktien an, beteiligte sich an Startups und
                                                                                            investierte in den Aufbau von Merantix.
                                                                                                 Zu seinen Managementmaximen ge-
             rsprünglich aus Bern, versucht    reine E-Commerce, der den Anfang seine       hört, Fehltritte zu tolerieren: «Ich habe ge-
             der 37-jährige Seriengründer      Karriere begründete. So engagiert sich Me-   lernt, Fehler zuzulassen, Entscheidungen
             Adrian Locher nun von Berlin      rantix etwa bei einem Radiologieprojekt im   einfach mal zu treffen und Fehler in Kauf
             aus, der Welt seinen Stempel      Gesundheitsbereich. Dank maschinellem        zu nehmen», sagt er der «Handelszeitung».
             aufzudrücken. Merantix heisst     Lernen sollen Radiologiebilder von Patien-   Noch immer ist er mit seiner betriebswirt-
             seine Firma, und mit ihr unter-   ten besser, schneller und darüber hinaus     schaftlichen Ausbildungsstätte, der Univer-
             stützt und finanziert er Start­   auch noch zuverlässiger auf mögliche Diag-   sität St. Gallen, verbunden. So coacht er
             ups, die im Bereich maschinel-    nosen analysiert werden, als dies heute      HSG-Studierende, die jedes Jahr die Start­
             les Lernen und künstlicher In-    möglich ist. Merantix generiert Umsätze,     up-Konferenz Start Summit auf die Beine
telligenz (AI) unterwegs sind. Locher reizt    hat aber einen Zehnjahreshorizont und        stellen, und fördert die in diesem Umfeld
es, etwas zu machen, «das einen grösseren      schreibt in der aktuellen Aufbauphase noch   entstandene Idee, das Startup-Netzwerk
Einfluss auf die Menschheit hat» als der       immer Verluste. Zu Lochers grösstem Er-      Start Global europäisch zu verankern.

                                               Foto: Urban Zintel

                                                                                                                                    17
4
  DIGITAL-
  PIONIER
  Stefan Muff, 57

                                          D
                                                        er heute 57-jährige ETH-Ab-
                                                        solvent aus Luzern gab Google
                                                        Maps und Google Earth die
                                                        Sporen. Und landete dann
                                                        ­weitere Coups.
                                                             Nach einer kurzen Karriere
                                                         im Bundesamt für Raumpla-
                                                         nung gründete Muff 1988 sein
                                                         Geodatenunternehmen Endo-
                                          xon. Google wurde darauf aufmerksam –
                                          und kaufte sein Unternehmen 2006 für ge-
                                          schätzte gut 35 Millionen Franken.
                                              Muff, der das Unternehmen zusammen
                                          mit seinem Bruder Bruno sowie Uli Sigg
                                          und mithilfe der Credit Suisse gegründet
                                          hatte, setzte sich nicht zur Ruhe. Er inte­
                                          grierte 2008 die Orell Füssli Wirtschafts­
                                          informationen (OFWI) in sein 2007 ge-
                                          gründetes Unternehmen Infopuls und dazu
                                          Teledata in seine 2008 geschaffene Hol-
                                          dinggesellschaft Axon Active mit Niederlas-
                                          sungen unter anderem in Wien und Mün-
                                          chen. Die Gruppe entwickelt Lösungen im
                                          Bereich von Big Data. Anfang Jahr hat das
                                          Unternehmen aufgezeigt, wie Verspätungen
                                          im U-Bahnnetz von New York besser vor-
                                          hergesehen und die Auswirkung einer Stö-
                                          rung minimiert werden können. 2014 ver-
                                          kaufte er OFWI an das italienische Unter-
                                          nehmen Crif für schätzungsweise fünfzig
                                          Millionen Franken. Und baute zusammen
                                          mit seiner Familie in Eigenarbeit ein Schloss
                                          zum Firmensitz um. Es ist heute eine wei-
                                          tere Perle, made by Muff.

Foto: Herbert Zimmermann für MAGAZIN 25

  18
5
Martine Clozel, 63

BESCHEIDENE
FORSCHERIN
M
                  artine Clozel verkörpert     Interviews, viel lieber widmet sie sich der   schlagern wie Tracleer, einem Arzneimittel
                  einige Eigenschaften, für    Entwicklung neuer Medikamente. Und            zur Behandlung des Lungenhochdrucks, ist
                  welche die Schweiz steht –   selbst wenn sie in diesem Gebiet auf ihre     daraus ein Milliardenkonzern entstanden,
                  oder zumindest stehen        Erfolge angesprochen wird, gibt sie die       den die Clozels 2017 für 30 Milliarden Dol-
                  möchte. Da ist zuvorderst    Komplimente an das Gesamtteam weiter.         lar an den US-Riesen Johnson & Johnson
                  ihre Bescheidenheit. Die     Die zweite Eigenschaft ist das Unterneh-      verkauften – nicht ohne dabei den Grund-
                  Mitgründerin der Bio-        mertum – sowie der damit verbundene           stein für ihr nächstes Unternehmen, Idorsia,
                  tech-Unternehmen Acte-       Fleiss und die Risikobereitschaft. Diesen     zu legen. Auch hier wirkt die gebürtige
                  lion und Idorsia arbeitet    Wesenszug bewies die dreifache Mutter und     Französin im Hintergrund als Forschungs-
gerne im Hintergrund. Die öffentlichen         ehemalige Kinderärztin, als sie zusammen      chefin – und geht ihrer Leidenschaft, der
Auftritte überlässt sie ihrem Ehemann Jean-    mit ihrem Mann und weiteren Partnern im       Entwicklung neuer Medikamente, mit gros­
Paul. Nur selten gibt die Wissenschafterin     Jahr 1997 Actelion gründete. Dank Kassen-     ser Passion nach.

                                                   Foto: Stéphan Lagoutte / Challenges REA / laif

                                                                                                                                      19
Presented by Credit Suisse

TÜCKEN FÜR SCHWEIZER
UNTERNEHMEN
DER STARKE FRANKEN ERSCHWERT DEN EXPORT SEIT JAHREN. DES
WEITEREN GEFÄHRDEN AUCH POLITISCHE RISIKEN DEN ABSATZ VON
SCHWEIZER UNTERNEHMEN. MIT DER RICHTIGEN STRATEGIE UND DEM
RICHTIGEN PARTNER LASSEN SICH SOLCHE KLIPPEN ABER UMSCHIFFEN.

20
GLOBALISIERUNGS-GEWINNER: Den
politischen und währungstechnischen
                                                 Schweizer KMU-Wirtschaft                   Gemäss dem von der Credit Suisse ver-

Unsicherheiten zum Trotz ist die Inter­          2019 – Exporthürden                    wendeten Ansatz ist der aktuelle Wechsel-
                                                                                        kurs von Euro und Franken für die Textil-,
                                                 in der Praxis

D
nationalisierung für Schweizer Firmen
                                                                                        Druck- und Kunststoffindustrie nach wie
nach wie vor eine grosse Chance.
                                                                                        vor 30 bis 40 Prozent überbewertet, für
                                                 Die KMU-Studie 2019 der Credit         die Elektro-, Papier-, Maschinen-, Metall-
                                                 Suisse widmet sich dem Thema           produkt- und Lebensmittelindustrie 10 bis
                ie Schweizer Wirtschaft kann     «Exporthürden in der Praxis».          20 Prozent. Lediglich für die Pharma-,
                immer besser mit dem Wech-       Sie zeigt: Wenn es um den Zugang       Chemie- und Metallindustrie ist der
                selkurs von Euro und Fran-       zu Exportmärkten geht, dürfen          Schweizer Franken nur leicht oder gar
                ken umgehen. Für einzelne                                               nicht überbewertet.
                Branchen ist der Schweizer
                                                 neben den politischen auch die             Allerdings stellt ein gegenüber dem
                Franken aber weiterhin deut-     wirtschaftlichen Faktoren nicht        Euro überbewerteter Schweizer Franken für
                lich überbewertet und wertet     vernachlässigt werden.                 die einzelnen Branchen nicht in jedem Fall
                sich in der Tendenz auch zu-     Jetzt die Studie herunterladen         ein Problem dar. Denn manche Branchen
                künftig auf. Nebst den wirt-                                            verfügen über eine hohe Preissetzungs-
                                                 und p­ rofitieren:
                schaftlichen Herausforderun-                                            macht. Die Nachfrage nach ihren Produk-
                gen gibt es auch politische      credit-suisse.com/kmustudie            ten ist entweder dermassen stark, dass sie
Hürden, die es zu beachten gilt. In der                                                 selbst bei einer Aufwertung des Schweizer
neuen KMU-Studie der Credit Suisse wer-                                                 Frankens nicht gezwungen sind, die Preise
den verschiedene Massnahmen gegen Han-                                                  zu senken, oder der Preis ist nicht das ent-
delshemmnisse erläutert sowie Chancen                                                   scheidende Kaufkriterium. Auch variiert
und Risiken beim Export und worauf Sie                                                  der Anteil der Exporte in den Euroraum
achten sollten.                                                                         von Branche zu Branche.
     Seit einigen Jahren steigen die Preise in
                                                 GLOBALE RISIKEN: Revolutio-
der Eurozone stärker als in der Schweiz.                                                Politische Risiken
                                                 nen, ­Unruhen, Zölle oder
Ökonomen der Credit Suisse schätzen, dass                                               beim Export in reife Märkte
                                                  Sanktionen – rund um den Erdball
der Schweizer Franken derzeit gegenüber           lauern zahlreiche Gefahren, die den   Doch nicht nur der starke Schweizer Fran-
dem Euro noch um rund 9 Prozent über­             Export von Schweizer Gütern           ken macht einzelnen Branchen zu schaffen.
bewertet ist. Ein gemessen an einem erwei-       ­behindern können.                     Auch politische Risiken erschweren        •

terten Kaufkraftmodell fairer Wechselkurs
von Euro und Franken läge gemäss ihrem
Berechnungsmodell bei 1,24.
     Tendenziell hat dieser sogenannte Fair-
Value-Wechselkurs von Euro und Franken
seit 2002 um rund 20 Prozent abgenom-
men – eine Entwicklung, die sich fortsetzen
dürfte. Denn auch künftig ist davon aus­
zugehen, dass die Inflation in der Schweiz
tiefer sein wird als in der Eurozone. In rund
fünf Jahren dürfte der Fair Value gemäss
den Prognosen der Credit Suisse sogar dort
liegen, wo heute der Wechselkurs von Euro
und Franken steht.

Schweizer Franken ist für Schweizer
Wirtschaft überbewertet
Für das Gros der Schweizer Wirtschaft
zeichnet sich indes ein weniger rosiges Bild
ab. Der Schweizer Franken ist für viele
­Industriebranchen deutlich stärker über­
 bewertet als im gesamtwirtschaftlichen
 Durchschnitt.

                                                                                                                                 21
Presented by Credit Suisse

•   Schweizer Unternehmen das Ausführen         Auch wenn dieser in erster Linie die beiden   nur ganz wenige Unternehmen, welche die
 von Waren – selbst in reife Märkte wie Eu­     Grossmächte betrifft, spüren andere Län­      USA erschlossen haben, ohne dass sie an­
 ropa oder die USA.                             der die wirtschaftlichen Folgen ebenfalls:    fangs Lehrgeld zahlen mussten», so Andreas
     Wer in reife Märkte ausführt, rechnet      direkt durch die Strafzölle auf Aluminium     Gerber. Besonders rechtliche Fragen rund
 kaum mit politischen Risiken. Vor Kriegen,     und Stahl sowie indirekt durch wirtschaft­    um die Produkthaftung sind heikel.
 Revolutionen, Bürgerunruhen, Embargos          liche Unsicherheit. Neben höheren Zöllen          Deshalb ist es wichtig, sich intensiv mit
 oder Verstaatlichung müssen sich primär        können auch Sanktionen oder Boykotte den      den lokalen Vorschriften auseinanderzu­
 Firmen in Acht nehmen, die in Schwellen­       Export aus der Schweiz erschweren bezie­      setzen. Allerdings können sich diese mit der
 ländern Aussenhandel betreiben. Doch           hungsweise verhindern. Unternehmen soll­      Zeit auch ändern. Je nach Produkt und Land
 auch in reifen Märkten sind politische Risi­   ten sich durch solche Massnahmen aber         kann es sich daher lohnen, mit lokalen Part­
ken allgegenwärtig. «Das politische und         nicht vom Export in reife Märkte abschre­     nern zusammenzuarbeiten. Sie sind ­näher
­regulatorische Umfeld wird ­zunehmend un­      cken lassen.                                  am Geschehen und können schneller auf
 berechenbar», sagt etwa ­Andreas Gerber,           Nicht unterschätzen sollten export­       neue regulatorische Bedingungen ­reagieren
 Leiter KMU der Credit Suisse (Schweiz)         orientierte Unternehmen zudem die regu­       als Unternehmer mit Sitz in der Schweiz.
 AG. «Dieser Trend wird sich auch in den        latorischen Bedingungen. Diese unterschei­        Eine wirtschaftsfördernde Politik kann
 kommenden Jahren fortsetzen.»                  den sich in den verschiedenen Ländern.        die Nachfrage beleben, während Unsicher­
     Ein Beispiel ist der aktuelle Han­         Streng sind sie insbesondere im Land der      heiten diese hemmen. Das zeigt: Selbst
 delskonflikt zwischen den USA und China.       unbegrenzten Möglichkeiten. «Ich kenne        wenn die politischen Risiken in reifen

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WETTBEWERBSNACHTEIL: Im Schnitt
ist der Franken gegenüber dem Euro um
                                                  Switzerland Global Enter­                 kurzfristigen Handel auf Währungsabsiche-

9 Prozent überbewertet, in manchen                prise und die Credit Suisse:              rung zu verzichten.
                                                                                                 Mit Absicherungsinstrumenten könnte
Branchen beträgt das Missverhältnis für           ein starkes Team                          grundsätzlich auch auf einen steigenden
Schweizer Firmen gar bis zu 40 Prozent.
                                                                                            oder sinkenden Wechselkurs gesetzt wer-
                                                  Der Betreiber eines globalen
                                                                                            den. Davon ist aber abzuraten, denn für
                                                  ­Expertennetzwerks fördert im           ­einen potenziellen Gewinn gehen Unter-
                                                   ­Auftrag von Bund (Staatssekre­        nehmen mit solchen Spekulationen ein
Märkten weniger gross sind als in sich              tariat für Wirtschaft SECO) und       zu grosses Risiko ein. Auch wer gar nicht
­entwickelnden Volkswirtschaften, so sind           Kantonen Export sowie Invest­         absichert, spekuliert indirekt – nämlich
 Unternehmer, die in reife Märkte ausfüh-                                                  ­darauf, dass die Wechselkurse konstant blei-
 ren, doch von der Politik des Exportmarkts
                                                    ment, indem er Kunden hilft,            ben oder sich zugunsten des Unternehmens
 abhängig. «Anders als Währungsrisiken              neues Potenzial für ihr internatio­     entwickeln. Dafür gibt es allerdings keiner-
 ­lassen sich politische Risiken jedoch nicht       nales Geschäft zu realisieren und       lei Garantien.
  absichern», betont Andreas Gerber. Trotz-         damit den Wirtschaftsstandort                Werden Währungsrisiken abgesichert,
  dem sei die Internationalisierung für KMU
                                                    Schweiz zu stärken. Dank dieser         kann dies ein Unternehmen vor finanziellen
  nach wie vor eine grosse Chance.                                                          Problemen bewahren. Je internationaler ein
                                                    Partnerschaft profitieren Unter­        Unternehmen tätig ist, desto wichtiger ist
Wieso es sich lohnt, Währungsrisiken                nehmenskunden der Credit Suisse         es, sich vor Währungsrisiken zu schützen. •
abzusichern                                         von einem grossen Fachwissen
Politische Unruhen können sich auch auf             und einem Netzwerk von An­
die Wechselkurse auswirken. Besonders der
Schweizer Franken ist dafür anfällig. Als
                                                    sprechpartnern in allen wichtigen
­sicherer Hafen gerät er unter Aufwärts-            Exportmärkten.
   druck, während die Fremdwährung sich             Erfahren Sie mehr:
 ­abwertet. Wechselkurse schwanken – mal            www.s-ge.com/de
  mehr, mal weniger. So erlebte das britische
  Pfund infolge des Brexit-Referendums im
  Juni 2016 eine starke Abwertung. Der
  Schweizer Franken dagegen wertete sich
  mit der Aufhebung des EUR/CHF-Min-
  destkurses Anfang 2015 massiv auf. Beides
  kann Unternehmen, die exportieren oder
  importieren, vor Probleme stellen.
       Währungsabsicherung ist allerdings
  nicht kostenlos erhältlich. Kosten und Nut-
  zen müssen in einem gesunden Verhältnis
  zueinander stehen. Deshalb ist es zwingend,
  die richtige Strategie für das eigene Unter-
  nehmen zu finden. Welche Transaktionen
  müssen abgesichert werden? Wie viel Rest-
  risiko kann eingegangen werden? In der
  ­Regel lohnt es sich, längerfristige Verträge
   ausnahmslos abzusichern und dafür eher im

 BESSER GESCHÜTZT: Mit Währungs­
  absicherung lassen sich die Risiken für
   exportorientierte Firmen reduzieren.
 Kosten und Nutzen müssen allerdings in
      einem gesunden Verhältnis stehen.

      Mehr erfahren: credit-suisse.com/devisen

                                                                                                                                     23
Wissenschaft

               Foto: Markus Kirchgessner / laif

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Lars Feld, 53

L                                               HÜTER DER
           ars P. Feld zählt zu den einfluss­
           reichsten Wirtschaftswissenschaf­
           tern in Europa. Als sogenannter
           Wirtschaftsweiser berät er unter
           anderem die deutsche Bundes­

                                                SPARSAMKEIT
           kanzlerin Angela Merkel. Dem
           fünfköpfigen Gremium gehört
           der 53-jährige Ökonom seit 2011
           an und widmet sich dort insbe­
sondere der Finanzpolitik. Er gilt manchen
als Hardliner, liegt ihm doch die Sparsam­
keit deutlich näher als die Ausgabenfreu­
digkeit. Die Modern Monetary Theory zu­
mindest, sprich die Konjunkturförderung
mithilfe der Gelddruckmaschinen, wie sie        anderen Ökonomen erarbeitet hat. Inspi­         an und rangiert auch heute noch in den Top
derzeit mancherorts propagiert wird, nennt      riert hat ihn dabei seine Zeit in der           Ten der jährlich veröffentlichten Liste. Der
er «Finanzpolitik à la Münchhausen». Mit        Schweiz.                                        Wirtschaftsprofessor publiziert regelmässig
Schulden mache man keine Experimente.                Der Professor für Wirtschaftspolitik an    in Fach- und Publikumszeitschriften, tritt
Viel mehr sei dieses Vorgehen brandgefähr­      der Universität Freiburg hat nach seinem        im Fernsehen und an Wirtschaftsveranstal­
lich. Stattdessen macht sich der ständige       Volkswirtschaftsstudium an der Universität      tungen auf und wird auch in den sozialen
Gastprofessor am Zentrum für Europäi­           des Saarlandes 1999 in St. Gallen promo­        Medien gerne zitiert. Wenn Feld beispiels­

       6
sche Wirtschaftsforschung ZEW in Mann­          viert, wo er drei Jahre später auch habi­       weise über den Zustand von Italien refe­
heim für die Einhaltung der Schuldenregel       litierte. Der Leiter des Walter Eucken Insti­   riert, nimmt er kein Blatt vor den Mund.
stark. Die seit 2009 im Grundgesetz             tuts schätzt an der Eidgenossenschaft unter     Die Entwicklung im Stiefelstaat sei poten­
Deutschlands verankerte Maxime gilt als         anderem den Steuerwettbewerb der Kan­           ziell katastrophal, heisst es dann – trocken,
sein wissenschaftliches Baby, basiert sie       tone und Gemeinden. Dieser garantiere die       aber wohl treffend. Zudem sei das Problem
doch auf Entwürfen, die er gemeinsam mit        Vielfalt, er treibe auch zu mehr Effizienz      von Italien weder Deutschland noch die Eu­
                                                und Innovation von öffentlichen Leistungen      ropäische Union, sondern vielmehr Italien
                                                an. Kein Wunder, nimmt Feld bei seinen          selber.
                                                Vorträgen immer wieder Bezug auf die                 Wenn es seine knappe Freizeit zulässt,
                                                Schweiz.                                        besucht der Vater von drei Kindern Rock-,
                                                     Als Ordoliberaler setzt sich Feld für ­    Pop- und Jazzkonzerte und ist auch hin und
                                                eine Marktwirtschaft ein, in welcher der        wieder als Anhänger des FC Bayern Mün­
                                                Staat den Ordnungsrahmen für den öko­           chen in der Allianz Arena zu sehen. Feld ist
                                                nomischen Wettbewerb schafft und die Frei­      mit einer Medizinerin verheiratet, sammelt
                                                heit der Bürger auf dem Markt gewährleis­       antiquarische Bücher, insbesondere von
                                                tet. Seine Forschungsschwerpunkte liegen ­      ökonomischen Klassikern, aus denen er
                                                in verschiedenen Bereichen der Wirtschafts­     gerne zitiert, liebt gutes Essen und Reisen.
                                                politik, der Finanzwissenschaft, der Neuen      Mit der Schweiz dürfte der Wirtschafts­
                                                Politischen Ökonomie und der ökonomi­           weise auch zukünftig eng verbunden sein:
                                                schen Analyse des Rechts. Von den Medien        Einerseits pflegt er einen regelmässigen
                                                wird Feld aufgrund seiner klaren, zum Teil      Austausch mit hiesigen Ökonomen. Ander­
                                                auch kontroversen Aussagen ­geschätzt. 2013     seits studieren inzwischen auch seine bei­
                                                führte er die Liste der einflussreichsten       den erwachsenen Söhne an der ETH in
                                                Ökonomen im F.A.Z-Ökonomenranking ­             ­Zürich und in St. Gallen.

                                                                                                                                          25
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