Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2018 - UBS
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Editorial Liebe Leserin Lieber Leser Spinat geniesst heute noch den Ruf als Eisen-Wunder. Generationen von Kindern wurde und wird das grüne Blattgemüse daher immer wieder aufgenötigt. Dieser Mythos beruht auf einem Irrtum, dessen Ursprung über 100 Jahre zurückreicht. Damals soll sich ein Wissenschaftler um eine Dezimalstelle vertan haben, was dem Gemüse zur Verzehnfachung seines Eisengehalts verhalf. Der Eisengehalt des Spinats ist ein Paradebeispiel für einen Irrtum, der ohne Hinterfragen ver breitet und dadurch zur vermeintlichen Gewissheit wurde. Die Debatte rund um vollautonome Fahrzeuge und deren Auswirkungen auf den Immobilienmarkt zeigt Parallelen zur Spinat-Legende. Dabei geht es nicht um den unbestrittenen Eisengehalt solcher Fahrzeuge, sondern vielmehr um die einseitige Art und Weise, wie die Debatte geführt wird. Wie beim Eisengehalt des Spinats wird in kaum einer Analyse bezweifelt, dass wir uns schon bald in vollautonomen Fahrzeugen fortbewegen werden. Zwar steht ausser Frage, dass die Assistenzsysteme dank technologischen Fortschritten immer ausgeklügelter werden. Doch in Tat und Wahrheit steht es noch in den Sternen, ob und wenn ja, wie sich der private Verkehr voll automatisieren lässt. Auch über die Auswir- kungen vollautonomer Fahrzeuge auf die Immobilienmärkte scheinen sich die Visionäre einig zu sein und raten, bereits heute die Immobilieninvestitionen danach auszurichten. Eine Empfehlung, die unseres Erachtens (noch) auf schwachem Fundament steht. Das Spezialthema des diesjährigen UBS Real Estate Focus ist zwar die Mobilität von morgen und ihre Folgen auf die Immobilienmärkte. Doch damit Sie sich bei den heutigen Herausforderungen am Schweizer Immobilienmarkt nicht wie die Comic-Figur Popeye auf eine regelmässige Ration Spinat verlassen müssen, haben wir uns für Sie auch dieses Jahr auf die aktuell wichtigsten Markttrends fokussiert. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre. Claudio Saputelli Daniel Kalt Leiter Global Real Estate Chief Economist Switzerland UBS Real Estate Focus 2018 3
Inhalt 6 12 UBS Real Estate Focus 2018 Diese Publikation wurde durch UBS Switzerland AG erstellt. Bitte Mobilität Wohnen beachten Sie die wichtigen rechtlichen Informationen am Ende der Publikation. Aus der Performance der Vergangenheit kann nicht auf künftige Renditen geschlossen werden. Die angegebenen Marktpreise sind Schlusskurse der jeweiligen Hauptbörse. Herausgeber UBS Switzerland AG Chief Investment Office WM Postfach, CH-8098 Zürich Chefredaktion Elias Hafner Redaktion Viviane Vajda Redaktionsschluss 11. Januar 2018 6 Mobilitätswandel 12 Eigenheime Kein «Game Changer» Auf immer weniger Bodenfläche Korrektorat 24translate GmbH, St. Gallen 8 Erreichbarkeit 16 Mehrfamilienhäuser Desktop Publishing Zugang zu Aktivitäten Nicht mehr um jeden Preis Margrit Oppliger entscheidend Werner Kuonen 20 Hypotheken als Anlageklasse Fotos 10 Selbstfahrende Autos Mehr Geld von institutionellen Manuel Stettler Fotografie, Burgdorf Revolution auf dem Investoren Titelbild Immobilienmarkt? Gemeindesaal, Männedorf 23 Crowdinvesting Druck Mehr Rendite durch höhere galledia ag, Flawil, Schweiz Risiken Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch Kontakt ubs-cio-wm@ubs.com Bestellungen oder Abonnemente Als UBS-Kundin oder -Kunde können Sie UBS Real Estate Focus abonnieren und zusätzliche Exemplare dieser Publikation über Ihre Kundenberaterin oder Ihren Kundenberater oder die Mailbox von Printed & Branded Products bestellen: sh-iz-ubs-publikationen@ubs.com. Eine elektronische Abonnierung ist zudem über Investment views auf der e-banking-Plattform möglich. SAP-Nr. 83518D-1801 4 UBS Real Estate Focus 2018
26 38 42 Geschäft Börse Global 26 Verkaufsflächen 38 Immobilienaktien und -fonds 42 UBS Global Real Estate Einkaufszentren definieren Nicht günstig Bubble Index sich neu Superstars oder Blasen? 29 Büroflächen 46 Globaler Markt für direkte Preise korrigieren (noch) Immobilieninvestitionen Wo es noch Opportunitäten 32 Hotelinvestitionen gibt Potenzial liegt in den Städten 49 Einfluss langfristiger Anlage 35 Parkhäuser als themen auf globale Investitionsobjekte Immobilienmärkte Nischenstrategie ohne Älteren Bauten droht Überrendite schnellere Abschreibung 54 Überblick und Prognosen UBS Real Estate Focus 2018 5
Mobilitätswandel Kein «Game Changer» Claudio Saputelli Mobilität Die globale Urbanisierung schreitet unaufhaltsam voran und mit ihr auch die Mobilitätsnachfrage. Damit die beschränkten Verkehrskapazitäten nicht das Wirtschaftswachstum beein- trächtigen, braucht es neue Lösungen. Nur Regionen, die künf- Wohnen tig zeitlich «näher rücken», haben Aufwertungspotenzial. Im Jahr 2050 werden laut den Vereinten Natio- derungen ist eine zusehende Lähmung des Geschäft nen zwei von drei Menschen weltweit in Städten städtischen Verkehrs – mit allen ökonomischen leben. 100 Jahre zuvor waren es noch 30 Pro- und sozialen negativen Folgen – das Schreck zent. Der Urbanisierungsprozess ist in den west- gespenst vieler Stadtplaner. lichen Ländern bereits weit fortgeschritten. So lebten Ende 2015 in der Schweiz rund 84,5 Pro- Intelligente Mobilitätslösungen gefragter zent der Wohnbevölkerung in städtischen denn je Gebieten, während es in den Schwellen- und Die heutigen Kapazitätsgrenzen gründen unter Börse Drittweltländern insgesamt weniger als die anderem in der urbanen Entwicklung seit der Hälfte war. Nachkriegszeit, die fast ausschliesslich durch das Auto geprägt war. Diese einseitige Tendenz gilt Urbanisierung und wirtschaftliche Entwicklung es zu korrigieren, und zwar mittels differenzier- verlaufen jeweils im Gleichschritt. Die Produktivi- terem Verständnis von urbaner Mobilität und tät nimmt zu, wenn Menschen in Städten leben Städteplanung. Ziel ist es, sich von der Mono Global und arbeiten. Auch kann in Städten die öffentli- kultur des Autos – die in den Zentren meist che Versorgung (wie Strom-, Wasser-, Abwas- entweder im Stau oder auf flächenverbrauchen- ser-, Gas- und Telekommunikationsnetz) zu den Parkplätzen stehen – wegzubewegen, hin niedrigeren Kosten angeboten werden. Die zu einem breiten Spektrum von Fortbewegungs- Urbanisierung und die damit einhergehende möglichkeiten. Hierbei werden nebst dem Entstehung und Weiterentwicklung von Bal- öffentlichen Verkehr auch Alternativen zum lungsräumen ist eine wichtige Voraussetzung motorisierten Verkehr wie Fussgängerzonen und für das Wirtschaftswachstum und letztlich den Fahrradstreifen und womöglich eines Tages Wohlstand. selbstfahrende Autos (siehe ab Seite 10) das Mobilitätsverhalten verändern. Mobilität als Schlüssel zur Effizienz Damit das volle Potenzial der Arbeitskräfte der Tägliches Reisezeitbudget bleibt konstant Wirtschaft zugutekommt, müssen sich die Men- Trotz hoher Komplexität der Siedlungs- und schen in den Metropolen unabhängig und Stadtplanung lassen sich die Konsequenzen schnell bewegen können. Doch hier beginnen künftiger Mobilitätskonzepte mit dem konstan- die grossen Herausforderungen. Im Jahr 2013 ten Reisezeitbudget vereinfacht aufzeigen. fanden bereits zwei Drittel der realisierten Dieses wurde 1994 von Cesare Marchetti Gesamtmobilität in städtischem Gebiet statt. beschrieben und besagt, dass Menschen in Sollte der Ausbau der benötigten Infrastruktu- verschiedenen Ländern und Kulturen jeweils ren mit der aktuellen Bevölkerungsdynamik über Jahrzehnte hinweg im Durchschnitt täglich nicht Schritt halten können, werden die Men- gleich lang unterwegs sind (Marchetti-Kon schen immer mehr Zeit im städtischen Verkehr stante). Interessant ist der dieser Beobachtung verbringen. Bis 2050 dürfte sich die Nachfrage zugrunde liegende Trend: Das Reisezeitbudget nach Mobilität verdreifachen. In Anbetracht sinkt trotz Verbreitung schnellerer Verkehrsmittel der bereits heute signifikanten Verkehrsbehin- nicht. In Frankreich beispielsweise hat sich die 6 UBS Real Estate Focus 2018
Hans-Wilsdorf-Brücke, Genf «Urbane Wohnimmobilien bleiben auch mit dem bevorstehenden Mobilitätswandel sehr gefragt.» durchschnittliche Reisegeschwindigkeit in den Zweitens werden neue Regionen, die dank letzten 200 Jahren im Mittel um jährlich 3 Pro- grösserer Verkehrsinfrastrukturprojekte oder zent erhöht. Steigt somit die Geschwindigkeit Mobilitätsfortschritte zeitlich «näher rücken», des Verkehrssystems, werden die Pendlerwege aufwerten. Dies ist ein wichtiger Treiber der entsprechend ausgeweitet. Verstädterung. Auswirkungen auf den Drittens wird hingegen die Mobilität der Zukunft – insbesondere selbstfahrende Autos, Immobilienmarkt welche die wahrgenommene Reisezeit reduzie- Stadt- und Landpreise werden sich nicht ren sollen – das Immobilienpreisgefälle zwischen angleichen Zentren und peripheren Regionen insbesondere Die «Marchetti-Konstante» gehört zu den sta- ausserhalb des Reisezeitbudgets nicht verrin- bilsten Mobilitätskenngrössen überhaupt. An gern. Die einmalige Vielfalt des Mobilitätsange- Werktagen liegt der Wert in den untersuchten bots, die Erreichbarkeit unzähliger Dienstleistun- Ländern im Schnitt bei 70 bis 90 Minuten pro gen und die geballte Konzentration an Wissen mobiler Person. Daraus ergeben sich für den werden die Grosszentren im Vergleich zu länd Immobilienmarkt folgende Schlussfolgerungen: lichen Regionen stets überdurchschnittlich begehrt machen. Ausserdem bieten Grosszent- Erstens bleiben Wohnimmobilien in urbanen ren innerhalb der Marchetti-Konstante dank Zentren und Agglomerationen innerhalb des Flughäfen und direkten Bahnverbindungen Reisezeitbudgets auch mit dem bevorstehenden Zugang zu Arbeitsplätzen in anderen (globalen) Mobilitätswandel sehr gefragt, solange attrak- Grosszentren. tive Arbeitsplätze in Städten konzentriert sind. UBS Real Estate Focus 2018 7
Erreichbarkeit Zugang zu Aktivitäten entscheidend Claudio Saputelli Mobilität Die meisten Schweizer Standorte weisen eine hohe Erreichbar- keit auf, auch im internationalen Vergleich. Generell steigen die Immobilienpreise mit der Zentralität einer Region sowie mit einer ähnlich guten Erreichbarkeit durch den öffentlichen Wohnen Verkehr und den privaten Individualverkehr. Neue Verkehrs infrastrukturen vermögen aber nicht immer einen Preiseffekt auszulösen. Geschäft Die verkehrstechnische Erreichbarkeit bestimmt die Attraktivität einer Region als Standort für Besser erreichbar statt Private und Unternehmen wesentlich mit. Denn nur mobiler Regionen mit hoher Erreichbarkeit sind – auf- grund tieferer Transport- und Zeitkosten – im All- Die Begriffe «Mobilität» und «Erreichbarkeit» gemeinen produktiver und somit auch wettbe- werden häufig verwechselt. Mobilität beschreibt, Börse werbsfähiger als solche mit tiefer Erreichbarkeit. ob, wie viele und wie leicht Personen, Güter und Ein grundlegendes Ziel der Siedlungsgestaltung Dienstleistungen sich fortbewegen oder trans- und Verkehrsentwicklung ist daher die langfris- portiert werden können. Erreichbarkeit ist hinge- tige Sicherstellung oder gar Verbesserung der gen bedürfnis- und zielorientiert. Sie konzentriert Erreichbarkeit. Dieses Ziel kann einerseits durch sich auf Reisezeiten, -kosten, -optionen, -komfort die Ansiedlung von Aktivitätszielen nahe oder an sowie Risiken, die mit dem Zugang zu wichtigen Global den Wohnstandorten erreicht werden, anderer- Aktivitätszielen (Arbeits-, Ausbildungs-, Einkaufs- seits durch eine Optimierung des Verkehrsange- und Freizeitstätten) verbunden sind. bots. In einem Wohlstandsland wie der Schweiz verlaufen beide oftmals Hand in Hand. Der Zweck eines auf die Bedürfnisse der Gemein schaft ausgerichteten Transportsystems ist, den Verbesserung in fast allen Regionen Zugang zu Aktivitätsstandorten sicherzustellen Die meisten Standorte und Gemeinden der bei möglichst geringem Aufwand und niedrigen Schweiz stechen mit einer hohen Erreichbarkeit Kosten. Eine Verkehrs- und Infrastrukturpolitik hervor. Dies trifft nicht nur innerhalb der Schweiz muss daher primär darauf abzielen, die Erreich- zu, sondern gemäss verschiedenen Untersuchun- barkeit zu verbessern, anstatt (nur) die Mobilität gen auch im internationalen Vergleich. Dabei zu erhöhen. wird die Erreichbarkeit sowohl durch den Bau neuer Verkehrswege verbessert, wie auch durch Verkehrsträgern (öffentlicher Verkehr und motori- die Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit, die sierter Individualverkehr) zu. Einzig die Grossstadt- Verbesserung der bestehenden Infrastruktur zentren dürften aufgrund chronischer Überlas- (beispielsweise die Erhöhung der Anzahl Ver tung der wichtigsten Strassenverkehrsadern mit bindungen) oder Strassenverbreiterungen durch dem motorisierten Individualverkehr schlechter zusätzliche Fahrspuren. erreichbar sein als noch vor einigen Jahren, was unter anderem auch auf die landesweit starke Dank der Umsetzung grösserer Verkehrsinfra- Bevölkerungszunahme zurückzuführen ist. strukturprojekte – jüngstes Beispiel ist der Gott- hard-Basistunnel – verbesserte sich in der Schweiz Gute Erreichbarkeit stützt den die Erreichbarkeit in den letzten Jahren kontinuier- Immobilienmarkt lich. Gemäss BAKBASEL legte die Erreichbarkeit Die gute Erreichbarkeit einer Region manifestiert seit 2005 in fast allen Landesteilen und auf beiden sich in den lokalen Immobilienpreisen. Der Ein- 8 UBS Real Estate Focus 2018
fluss der Erreichbarkeit auf die Immobilienpreise dürfte sich also vor allem in entfernteren Pend- kann allerdings nicht exakt ermittelt werden. Ins- lerstandorten in den Immobilienpreisen nieder- besondere besteht keine allgemeingültige Defi- schlagen. nition oder methodische Vorgehensweise zur Messung von Erreichbarkeit, sodass diese oft Entwicklungspotenzial einer Region unter vereinfachten Annahmen geschätzt wird. Eine verbesserte Erreichbarkeit vermag wirt- Gleichwohl lassen sich aufgrund verschiedener schaftliche Impulse zu erzeugen, was eine Sied- nationaler und internationaler Untersuchungen lungsentwicklung auslösen und so den Woh- vier empirische Befunde erheben, wie Erreich- nungsmarkt beleben kann. Doch dies geschieht barkeit die Immobilienpreise beeinflusst: nicht automatisch. Verkehrsinfrastruktur-Pro- jekte können nur dann ihre Wirkung auf die Reisezeit zu Wirtschaftszentrum wirtschaftliche Prosperität entfalten, wenn die Ein wichtiger Faktor, der auf den Wert einer bediente Region über ein eigenes Entwicklungs- Immobilie wirkt, ist die Zentralität, also die Rei- potenzial verfügt, beziehungsweise wenn sie sezeit zum nächsten Wirtschaftszentrum und durch das Infrastrukturprojekt in den Sog eines die damit verbundenen Opportunitätskosten grösseren Wirtschaftszentrums gerät. (entgangener Nutzen) der Zeit. Entsprechend nehmen in der Regel die Immobilienpreise mit zunehmender Distanz zu einem Wirtschafts zentrum ab. Allerdings können andere Faktoren wie die topografische Lage einer Ortschaft, die Angebotssituation und – insbesondere in der Schweiz – Steuereffekte diesen Effekt überla- gern und sogar zu gegenläufigen Ergebnissen führen. Qualitätsunterschiede zwischen öffentlichem und privatem Individualverkehr Regionen mit ähnlich guter Erreichbarkeit beim öffentlichen Verkehr und beim privaten Individu- alverkehr weisen tendenziell höhere Immobilien- Preise steigen mit besserer Erreichbarkeit Eigentumswohnungspreise (in CHF/m²) und Erreichbarkeit (in Minuten)* preise auf als Regionen mit qualitativ unter- schiedlicher Erreichbarkeit. Ausserdem ist die Gemeinden Kanton Zürich Gemeinden Kanton Genf Zahlungsbereitschaft für Objekte mit guter 14 000 Erreichbarkeit mit dem privaten Individualver- 13 000 kehr höher als für vergleichbare Objekte, die 12 000 Zürich Genf vor allem durch den öffentlichen Verkehr gut 11 000 erschlossen sind. Projekte für den motorisierten 10 000 Individualverkehr haben entsprechend im Durch- 9 000 schnitt einen stärkeren preistreibenden Effekt 8 000 auf den Immobilienmarkt als Projekte für den 7 000 öffentlichen Verkehr. 6 000 5 000 Reisezeitersparnis durch Verkehrsprojekte 4 000 0 20 40 60 0 20 40 Standorte mit einer bereits sehr guten Erreich- barkeit – wie dies in den Schweizer Grossstädten Reisezeit nach Zürich Reisezeit nach Genf der Fall ist – können diesbezüglich kaum noch Steuersätze relativ zu Gemeinden des Kantons zulegen. Selbst grössere Verkehrsprojekte ver- mögen hier die Reisezeit oftmals nur geringfügig tief mittel hoch zu verbessern. Anders bei kleineren Standorten, * Durchschnittliche Reisezeit mit dem motorisierten Individualverkehr und dem öffentlichen Verkehr die häufig ein grösseres Potenzial bezüglich der ins jeweilige Zentrum; die Kreisgrössen entsprechen den Bevölkerungsgrössenklassen. Reisezeitersparnis bergen. Ein Verkehrsprojekt Quellen: BFS, TranSol, Wüest Partner, UBS UBS Real Estate Focus 2018 9
Selbstfahrende Autos Revolution auf dem Immobilienmarkt? Claudio Saputelli Mobilität Technisch gesehen könnten vollautonome Fahrzeuge schon bald Realität werden. Wie diese jedoch in der normalen Strassenumgebung funktionieren sollen, ist noch weitgehend offen. Wer als Immobilieninvestor auf ein stark verändertes Wohnen Mobilitätsverhalten wettet, fährt ein grosses Risiko. Strassenroboter befördern Personen von einem Verletzung oder zum Tod von Menschen führen, Geschäft Ort zum anderen. Dank intelligenter Software- werden von der Gesellschaft kaum akzeptiert steuerung, Blitzreaktionen, unermüdlicher Auf- werden – selbst dann nicht, wenn die autonome merksamkeit, besserer Rundumsicht und strikter Technologie statistisch gesehen besser abschnei- Einhaltung der Verkehrsregeln ist die Sicherheit det als menschliche Fahrer. Ausserdem muss der deutlich erhöht. Der mit Autofahren verbundene Gesetzgeber eine Rechtsgrundlage für die Nut- Zeitverlust und Stress im Stadtverkehr gehört der zung von selbstfahrenden Fahrzeugen schaffen. Vergangenheit an. Man wird zu Hause abgeholt Diesbezüglich hat beispielsweise Deutschland im Börse und kann unterwegs arbeiten oder je nach Aus- April 2016 einen Gesetzesentwurf verabschie- stattung des selbstfahrenden Autos auch schla- det, wonach im Zweifelsfall der Mensch auf dem fen. Was heute an Utopie grenzt, kann eines Fahrersitz die Verantwortung für das Geschehen Tages durchaus Wirklichkeit werden. Mit fast im trägt. Dadurch wird also der Fahrer quasi zur Wochentakt publizierten faszinierenden Neuig- ständigen Überwachung des Systems verpflich- keiten zu vollautonomen Fahrzeugen suggeriert tet, was die angepriesenen Vorteile vollautono- Global die Autoindustrie, dass bereits in wenigen Jah- mer Fahrzeuge weitestgehend eliminiert. ren solche Gefährte in den Showrooms stehen werden. Auch in technischer Hinsicht sind die Systeme nicht über alle Zweifel erhaben. So arbeitet zur- Prognosen gehen davon aus, dass sich die zeit kein Assistenzsystem einwandfrei. Die Ver- wahrgenommene Reisezeit dadurch auf nahezu kehrszeichenerkennung, die dem Fahrer bei- Null reduzieren würde. Dies wiederum dürfte spielsweise die erlaubte Höchstgeschwindigkeit die Autofahrer dazu bewegen, längere Strecken anzeigt, versagt regelmässig bei verschmutzten mit dem Auto zurückzulegen und öfter zu fah- Strassenschildern. Und lesende Kameras steigen ren. Da Fahrzeuge auch leer fahren würden, insbesondere bei Regen, tiefstehender Sonne, beispielsweise um Passagiere aufzunehmen, Eis oder Schmutz immer wieder aus. würden die Fahrzeugbewegungen durch die gegenwärtigen Fahrzeugbenutzer signifikant Auswirkungen auf Immobilien- zunehmen. Ausserdem dürfte ein grosser Teil der Nicht-Fahrzeugbenutzer, wie Betagte, Behin- märkte derte oder Kinder, auf selbstfahrende Fahrzeuge Städtische Parkflächen würden ausgelagert umsteigen. Zum heutigen Zeitpunkt ist es noch vollkommen unklar, ob, und wenn ja, wann und in welcher Viele Fragen noch ungeklärt Form autonome Fahrzeuge das Mobilitätsver Allerdings dürfte die Verbreitung selbstfahrender halten verändern werden. Gleichwohl kursieren Fahrzeuge in weiter Ferne liegen, da noch viele zunehmend Berichte darüber, wie die Techno Hindernisse zu überwinden sind. Ein sehr heikles logie selbstfahrender Fahrzeuge die heutigen Thema ist die ethische Frage zur Programmie- Immobilienmärkte massiv erschüttern und rung von Algorithmen auf Leben und Tod. Tech- Immobilieninvestoren zwingen wird, ihre nisch autonom ausgeführte Aktionen, die zur Anlagestrategien zu überdenken. Folgende 10 UBS Real Estate Focus 2018
wichtigste Veränderungen werden dabei ins Feld Wette auf eine Zukunftsvision geführt, sollten vollautonome Fahrzeuge eines Mit der Einführung vollautonomer Fahrzeuge Tages Realität werden: werden revolutionäre Veränderungen am Immo- bilienmarkt erwartet. Deshalb werden den Viele Menschen dürften sich dafür entscheiden, Immobilienentwicklern und Regierungen bereits Wegstrecken auf einem autonomen Fahrzeug zu heute flexible langfristige Entwicklungsstrategien kaufen, anstatt ein oder mehrere Autos zu besit- empfohlen. Da beispielsweise in vielen städti- zen. Dies würde die Nachfrage nach Garagen, schen Gebieten – zumindest kurzfristig – immer Parkplätzen sowie Ein- und Ausfahrten senken, noch eine Ausweitung der Parkkapazität er sodass bereits bestehende Flächen umgenutzt forderlich ist, liege das Erfolgsrezept darin, die würden. Auch grosse Parkhäuser in den Stadt- Garagen so zu gestalten, dass sie auf lange Sicht zentren würden obsolet, da die autonomen leicht zu neuen Nutzungszwecken wie dem Autos entweder ständig in Umlauf oder in Einzelhandel umgebaut werden können. Doch grossen vollautomatischen Parksystemen am auch ohne autonome Fahrzeuge sind Immo Stadtrand geparkt wären. Zufahrtstrassen zu bilienentwickler gut beraten, flexible langfristige grösseren Wohngebäuden sowie Büros und Ver- Entwicklungsstrategien zu verfolgen. kaufsflächen müssten neu gestaltet werden, um ein grossvolumiges Ein- und Aussteigen zu Im besten Fall wird es wohl ein Jahrzehnt oder ermöglichen. Eine weitere Veränderung beträfe gar mehrere dauern, bis selbstfahrende Fahr- die Tankstellen (in der Schweiz aktuell ca. 3400), zeuge Realität werden und jederzeit, überall da die autonomen Autos an zentralen Standorten sowie mindestens so sicher wie mit menschlichen als Flotten gepflegt und betankt würden. Auch Fahrern einsetzbar sein werden. Ist es dann end- das Reisemuster würde sich verändern. Reisende lich so weit, bleibt offen, ob allenfalls nicht doch müssten die Fahrt nicht mehr unterbrechen, um viele Menschen selber fahren wollen, sei es aus in Hotels nahe den Hauptverkehrsachsen zu über- Misstrauen gegenüber der Maschine oder um nachten, da sie sich in den autonomen Fahrzeu- dem Fahrvergnügen zu frönen. Den Backstein gen entspannen und gar schlafen könnten. bereits heute auf vollautonome Fahrzeuge aus- zurichten, ist somit eine riskante Wette. Ein weiter Weg bis zur Vollautomatisierung Die fünf Stufen der Automatisierung von Fahrzeugen 0 1 2 3 4 5 keine unterstützt teil- hoch- autonom fahrerlos Unterstützung automatisiert automatisiert Fahrer muss Fahrer kann kein Fahrer muss nur bei Kontrolle Fahrer weder Pedale Bedarf übernehmen Fahrer muss noch Lenkrad Kontrolle keine Pedale betätigen, hat übernehmen Überwachungs- Fahrzeug Fahrer fährt betätigen Fahrzeug funktion kann Längs- und lenkt beherrscht und Quer- das Fahrzeug alle Fahrzeug bewegungen Aufgaben kann Längs- steuern und Aufgaben des und Quer- risikomini- Aufgaben des Fahrers Fahrzeug mierten Zustand Fahrzeugs bewegungen Fahrzeug kann Längs- herstellen steuern, kann Längs- und Quer- Fahrzeug hat warnt Fahrer bewegungen bewegungen keine Steuerungs- frühzeitig steuern steuern aufgaben Quellen: mobilegeeks.de, UBS UBS Real Estate Focus 2018 11
Eigenheime Auf immer weniger Bodenfläche Maciej Skoczek und Matthias Holzhey Mobilität Einfamilienhäuser haben gegenüber Stockwerkeigentum Boden gutgemacht. Denn der verschärfte Wettbewerb mit Mietwohnungen lässt die Preise für Eigentumswohnungen stagnieren. Die Verdichtung wird den Neubau von Einfamilien- Wohnen häusern reduzieren, was aber die Preisentwicklung kaum beeinflussen sollte. Geschäft Das vergangene Jahr bescherte dem Eigenheim- wird durch die robuste Konjunktur gestützt. markt kaum neue positive Impulse. Die Hypothe- Auch die Bautätigkeit von Eigenheimen dürfte karzinsen blieben stabil, das Bevölkerungs- auf dem letztjährigen Niveau verharren und liegt wachstum fiel unter die Ein-Prozent-Marke und damit weiterhin rund 15 bis 20 Prozent tiefer als Mietwohnungen wurden günstiger. Dennoch im Jahr 2014. Somit erwarten wir einen weite- verteuerten sich Eigenheime 2017 nochmals ren leichten Preisanstieg bei Einfamilienhäusern leicht. Die Preise für Eigentumswohnungen und eine Stagnation bei Eigentumswohnungen, Börse verharrten zwar auf dem Vorjahresniveau, doch da letztere einem verschärften Wettbewerb diejenigen für Einfamilienhäuser stiegen um durch sinkende Mietpreise ausgesetzt sind. Die rund 2 Prozent. absolute Höhe der Kaufpreise limitiert weiterhin die Finanzierbarkeit, so dass kleine Wohnungen Leicht steigende Eigenheimpreise erwartet gefragt und die relative Zahlungsbereitschaft für Die tiefen Hypothekarzinsen sind die Hauptstütze Objekte geringerer Qualität hoch bleiben. Global des Eigenheimmarkts. Denn die Nutzungskosten (Zinskosten, Unterhalt und Rückstellungen) eines Schweizer Eigenheims liegen derzeit rund 15 Pro- zent tiefer als die Mietkosten eines vergleichba- ren Objekts. Bei einer 80-prozentigen Belehnung entspricht dies einer Eigenkapitalrendite von gut Langfristig parallele Preisentwicklung 4 Prozent. Eine vergleichbare Konstellation gab es zumindest im aktuellen Immobilienzyklus noch der Marktsegmente nicht. Aber schon vor zehn Jahren, als die laufen- Inflationsbereinigte Angebotspreise (Index 2000=100) und kumulierte Differenz der Preisveränderungsraten zwischen Eigentumswohnungen den Kosten eines Eigenheims die Mietkosten und Einfamilienhäusern (in Prozentpunkten) noch um 40 Prozent überstiegen, stand Wohn eigentum hoch im Kurs. Dies lässt den Schluss 180 Eigentumswohnungen zu, dass damals steigende Preise erwartet wur- 160 Einfamilienhäuser den. Um die Mehrkosten gegenüber einer Miet- 140 wohnung zu kompensieren, mussten die Kauf- 120 preise jährlich mindestens um 2 Prozent zulegen 100 (was übertroffen wurde). Umgekehrt bieten die Differenz der Preisanstiege (kumulativ) – 5 Prozentpunkte aktuellen Ersparnisse einen Puffer gegen eine Marktkorrektur: Bei jährlichen Preiskorrekturen 15 + 15 Prozentpunkte bis 0,5 Prozent würden Eigenheimkäufer noch 10 keine finanziellen Einbussen erleiden. 5 Dieser Puffer dürfte 2018 nicht zum Tragen 0 kommen. Die Nutzungskosten bleiben unverän- 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 dert tief und die Nachfrage nach Eigenheimen Quellen: Wüest Partner, UBS 12 UBS Real Estate Focus 2018
Swiss House XXII, Preonzo (Bellinzona), Architekturbüro: Davide Macullo Architects «Nur noch ein Viertel der erstellten Eigenheime sind Einfamilienhäuser.» Stockwerkeigentum hatte die Nase vorn Einfamilienhäuser liegen an schlechteren Im aktuellen Immobilienzyklus stiegen die Preise Makrolagen für Stockwerkeigentum stärker als diejenigen für Sowohl der Bestand als auch der Neubau von Einfamilienhäuser. Inflationsbereinigt legten die Stockwerkeigentum befinden sich im Durch- Preise für Stockwerkeigentum im Mittel der ver- schnitt an besseren Makrolagen als Einfamilien- fügbaren Preisindizes in den letzten 20 Jahren häuser. Ein Viertel der Eigentumswohnungen, jährlich um 2,4 Prozent, jene der Einfamilienhäu- aber bloss ein Fünftel der Einfamilienhäuser ser nur um 1,9 Prozent zu. Dieser Unterschied liegen an sehr guten Lagen. Solche Lagen ver- lässt sich im Wesentlichen auf drei Ursachen zeichneten in den letzten zehn Jahren jährlich zurückführen. einen um einen Prozentpunkt stärkeren Preis anstieg als der Landesdurchschnitt. Einfamilienhäuser sind zu gross Die durchschnittliche Wohnfläche eines Ein Zusätzlich führte der Bauboom von Eigentums- familienhauses beträgt rund 170 Quadratmeter. wohnungen zu einer Verbesserung der bau Der durchschnittliche Kaufpreis liegt bei über lichen Qualität von Stockwerkeigentum gegen- 1 Million Schweizer Franken, was das Nach über Einfamilienhäusern. Nur noch ein Viertel fragepotenzial auf 20 Prozent der Haushalte der in den letzten Jahren erstellten Eigenheime begrenzt. Dies begünstigt die Nachfrage nach sind Einfamilienhäuser. Auch ist der Wohnkom- Stockwerkeigentum, wo die Durchschnittspreise fort moderner Eigentumswohnungen bezüglich unter 800 000 Franken liegen. Die These wird Lärmdämmung und Privatsphäre vergleichbar dadurch bestärkt, dass in den letzten Jahren mit demjenigen von Einfamilienhäusern. auch beim Stockwerkeigentum die Preise für relativ kleine Einheiten stärker zulegten als für Flächen über 150 Quadratmeter. UBS Real Estate Focus 2018 13
Bessere Vermietbarkeit begünstigt Stockwerk Denn Abriss und Ersatzneubau von Stockwerk eigentum eigentum rechnet sich in den meisten Gemein- Mobilität Der Kauf von Eigentumswohnungen zur Ver den nur, falls die Ausnützungsziffer eine Verdop- mietung erfreut sich grosser Beliebtheit. So pelung der Wohnflächen zulässt. hat sich der Anteil der Kreditanträge für Buy- to-let-Investitionen seit 2007 fast verdoppelt Raumplanungsgesetz schränkt Neubau von und bewegt sich seit einigen Jahren zwischen Einfamilienhäusern ein 18 und 20 Prozent aller Kreditanträge für Verdichtung bedeutet einerseits die Nutzung Wohnen Wohneigentum. Gerade kleine und mittelgrosse unbebauter Flächen innerhalb des überbauten Wohnungen in Zentren und Agglomerationen Gebiets und andererseits die Nutzung von bieten sich für Kleininvestoren als Investitions- Geschossflächenreserven, das heisst von der objekte an. Die Möglichkeit, zwischen Eigen Differenz der realisierten Geschossflächen zu gebrauch und Vermietung zu wechseln, recht- den rechtlich zulässigen Geschossflächen. Der fertigt eine Prämie von Eigentumswohnungen Ausbau dieser «inneren Reserven» bietet gemäss Geschäft gegenüber Einfamilienhäusern. einer Studie der ETH Zürich und des Bundesamts für Raumentwicklung spielend Raum für mehr Die Unterschiede bezüglich Grösse, Lage und als eine Million Einwohner. Doch Verdichtung ist Vermietbarkeit werden auch künftig die relative nicht zwingend. So reichen die bestehenden Preisentwicklung beeinflussen. Langfristig werden unbebauten Bauzonen ausser im Grossraum aber die beiden Trends Verdichtung und Alterung Zürich in praktisch allen Regionen der Schweiz, den Markt für Einfamilienhäuser prägen. sogar in Genf und Basel, aus, um das Bevölke- Börse rungswachstum der nächsten zehn Jahre ohne Verdichtung als Hoffnungsträger einer jegliche Verdichtung zu absorbieren. Trendwende Wird die mögliche Ausnützung eines Grund- Doch die Nutzung der «inneren Reserven» ist stücks erhöht, so schafft dies Mehrwert für die eines der Ziele des neuen Raumplanungsgeset- Grundeigentümer. Einfamilienhäuser sind dank zes (RPG) in der Schweiz. In den Agglomeratio- Global ihres hohen Landanteils prädestiniert dafür, vom Verdichtungstrend zu profitieren. Allerdings war davon ausserhalb der Zentren bis dato wenig zu spüren. Kaum Verdichtung in ländlichen Anreize zur Verdichtung fehlen in ländlichen Gemeinden Gemeinden Die meisten Einfamilienhäuser stehen in länd Differenz zwischen Veränderungen der Bevölkerung und des Gebäudeareals*, lichen Gemeinden. Daten zur Siedlungsflächen- nach Gemeindetypen (in Prozentpunkten) entwicklung zeigen, dass in den letzten zehn Zersiedlung Verdichtung Jahren dort noch kaum verdichtet wurde; die Gebäudeareale stiegen im Gleichschritt mit der Zentren und Agglomerations- Bevölkerung um rund 11 Prozent an. Aufgrund gemeinden der verfügbaren Landflächen und der tiefen Einkommensstarke Bodenpreise fehlten die Anreize für eine Ver- Gemeinden dichtung. Nur in den Zentren und den einkom- Periurbane mensstarken Gemeinden stieg die Dichte, da Gemeinden sich aufgrund hoher Bodenpreise eine Auftei- Ländliche lung der Bodennutzung in kleinere Wohneinhei- Gemeinden ten lohnt. So war die prozentuale Zunahme des Gebäudeareals knapp halb so hoch wie dieje- –10 –5 0 5 10 nige der Bevölkerung. Doch auch in den ein- kommensstarken Gemeinden und den Zentren 1995–2005 2005–2015 wurden zwischen 2011 und 2015 immer noch *Gemäss Arealstatistik des BFS vom 15. Dezember 2017 mehr Einfamilienhäuser gebaut als abgerissen. Quellen: BFS, UBS 14 UBS Real Estate Focus 2018
nen und ländlichen Gebieten steht die Nutzung nicht bebauter Flächen im Siedlungsgebiet Angebots- und Trans gegenüber einer Erhöhung der Ausnützungs- aktionspreisindizes quoten im Vordergrund. Um Verdichtung zu erzielen, wird die relativ hohe Ausnutzung sol- im Vergleich cher Flächen angestrebt, was den Neubau von Langfristig sind kaum Unterschiede zwischen Einfamilienhäusern verdrängt. einem Preisindex auf Basis von Angebots- oder von Transaktionspreisen feststellbar. In den letz- An hochpreisigen Lagen werden Einfamilien ten zehn Jahren stiegen Transaktionspreisindizes häuser mit grossen Geschossflächenreserven jedoch etwa 15 Prozentpunkte stärker als Ange- weiterhin durch Neubauten im Stockwerkeigen- botspreisindizes. Drei Gründe erklären den tum ersetzt. Doch bereits heute werden solche Unterschied: Liegenschaften – als Investitions- oder Prestige- objekte – mit Aufschlägen gehandelt. Hinzu (1) In Perioden stark steigender Nachfrage wer- kommt, dass Einzonungsgewinne laut neuem den Transaktionspreise über die inserierten RPG durch die Mehrwertabgabe wieder ge Preise hochgeboten. In den Schweizer Hot- schmälert werden, da bei einer Einzonung eine spots dürfte dies zeitweise Realität gewesen Abschöpfung von mindestens 20 Prozent des sein. Die Verkäufer passen ihre Erwartungen Mehrwerts vorgesehen ist. In den meisten Kan- jedoch schnell an die veränderten Markt tonen wird gleichermassen auch der durch eine gegebenheiten an. Aufzonung geschaffene Mehrwert besteuert. Unter dem Strich wird das Angebot an Ein- (2) Transaktionsdatensätze ermöglichen eine familienhäusern in Zukunft langsamer wachsen genauere Qualitätsbereinigung. Änderungen als bisher. der Qualität wie Mikrolage und Gebäude zustand der gehandelten Objekte werden Demografisch bedingtes Überangebot an also aus der Preisentwicklung herausgerech- Einfamilienhäusern net. Die Mikrolage der gehandelten Objekte Mittel- bis langfristig wird das geringere Ange- nahm in den letzten fünf Jahren tendenziell bot an Einfamilienhäusern aber nicht ausrei- ab, was die Transaktionspreisindizes steigen chen, um eine nachhaltige Trendwende bei liess. der Preisentwicklung herbeizuführen. Denn die Hauptnachfragegruppe nach grossen (3) Bei Transaktionspreisindizes werden hoch- Wohneinheiten wird bis 2030 alterungsbedingt preisige Regionen stärker gewichtet. Da seit nur halb so stark zunehmen wie die Gesamt 2000 die Preise an guten Lagen stärker stie- bevölkerung. In den Bergkantonen der Zentral gen, trug dies zur Abkoppelung der Trans schweiz, Appenzell Innerrhoden und Grau aktionspreise bei. bünden dürfte die Nachfrage nach Einfamilien häusern sogar schrumpfen. Der seit 2014 anhaltenden Aufholbewegung der Preise für Einfamilienhäuser gegenüber denjeni- gen für Eigentumswohnungen dürfte also bald die Luft ausgehen. Generell werden sich aber die Preise beider Marktsegmente langfristig eng folgen. Der intensive Wettbewerb und die relativ hohe Transparenz auf dem Eigenheimmarkt ver- unmöglichen, dass sich die Preise einzelner Seg- mente auf lange Sicht abkoppeln. UBS Real Estate Focus 2018 15
Mehrfamilienhäuser Nicht mehr um jeden Preis Matthias Holzhey und Elias Hafner Mobilität Trotz stark steigender Leerstände sind die Angebotsmieten erst moderat gesunken, was auch psychologische Gründe hat. In den nächsten drei Jahren dürfte sich aber die Abwärts bewegung beschleunigen. Mehrfamilienhauspreise haben ihren Wohnen Höhepunkt erreicht und ohne anhaltende Hilfe der Zentral banken drohen Werteinbussen. Mieten erst moderat gesunken Geschäft Der Konkurrenzkampf auf dem Mietwohnungs- markt verschärft sich weiter. Per Mitte 2017 stan- Herrscht in einem Markt extreme Wohnungs- den 2,4 Prozent aller Mietwohnungen leer. Eine knappheit, so reagieren die Angebotsmieten höhere Leerstandsquote bei Mietwohnungen (Mieten für Neu- und Wiedervermietung) typi- wurde letztmals 1998 mit 2,8 Prozent verzeich- scherweise schnell auf Veränderungen der Leer- net. Doch Investoren lassen sich vom höheren standsquote. Fallen die Leerstandsquoten in einer Leerstand bisher nicht abschrecken; die Zahl Wirtschaftsregion auf eine Grössenordnung von Börse der bewilligten Neubauwohnungen sank in den 0,5 Prozent, so schiessen die Mieten in der Regel vergangenen Quartalen kaum. Der Wohnungs- nach oben. bestand dürfte in diesem Jahr somit um rund 1,1 Prozent zulegen. Dies konnte von 1985 bis 1991 beobachtet werden, als die gesamtschweizerische Leer- Allzeithoch beim Leerstand absehbar standsquote unter diese Schwelle sank und die Global Der praktisch gleichbleibenden Wohnbautätig- Angebotsmieten teuerungsbereinigt um rund keit steht eine tiefere Zusatznachfrage gegen- 50 Prozent kletterten. Im aktuellen Immobilien- über. Die Nettozuwanderung dürfte dieses Jahr zyklus war eine vergleichbare Wohnungsknapp- knapp 60 000 Personen betragen, sodass vor- heit nur am Genfersee festzustellen. Die Mieten aussichtlich rund 10 000 Wohnungen weniger zusätzlich nachgefragt werden als 2013. Der Rückgang ist gänzlich der geringeren Netto Korrekturpotenzial bei zuwanderung aus EU-Ländern geschuldet, die in den letzten vier Jahren von 75 auf 60 Prozent Angebotsmieten der Gesamtzuwanderung schrumpfte. Verhältnis der Angebots- und Bestandesmieten zu Einkommen (Index 2000 =100) Verschiedene Faktoren zeichnen dafür verant- 180 wortlich. Die ökonomische Erholung in der 160 Eurozone, insbesondere auf der iberischen Halb- insel, liess die Nettozuwanderung aus Spanien 140 und Portugal in den letzten fünf Jahren dras- 120 Korrektur- tisch auf einen vernachlässigbaren Anteil sin- potenzial ken. Doch auch der schwächelnde Arbeitsmarkt 100 der Schweiz verlor an Sogwirkung. Bei anhal- 80 tenden Trends für Wohnbau und Bevölkerung 1975 1985 1995 2005 2015 dürfte die Leerstandsquote also spätestens Angebotsmieten/Einkommen 2019 ein neues Rekordniveau erreichen. Bestandesmieten/Einkommen Periode mit stark steigender Leerstandsquote Periode mit stark fallender Leerstandsquote Quellen: BFS, Wüest Partner, UBS 16 UBS Real Estate Focus 2018
legten hier denn auch zwischen 2002 und 2015 niveau oder die Mietvorstellungen nicht mehr jährlich um 5 Prozent zu – doppelt so stark wie den Marktgegebenheiten entsprechen, müssen in der Gesamtschweiz. diese oft um mehr als 10 Prozent gesenkt wer- den, damit die Wohnungen wieder vermietet Nehmen die Leerstände in solch angespannten werden können. Märkten wieder zu, brechen die Mieten auch rasch ein. So gingen die Mieten am Genfersee Bei Neubauten führt eine Senkung in dieser seit 2015 bereits um 9 Prozent zurück, obwohl Grössenordnung zu einem spürbaren Rendite die Leerstände bei Mietwohnungen mit 0,8 Pro- rückgang, da die tieferen Mieten in der Regel an zent immer noch erst ein Drittel so hoch sind alle Mieter weitergegeben werden müssen. Das wie im Schweizer Mittel. Gesamtschweizerisch Warten auf den erhofften Mieter scheint damit sanken die durchschnittlich inserierten Miet- das kleinere Übel zu sein. Es verwundert daher preise nur moderat. So steht der Angebotsmiet- nicht, dass gerade bei Neubauten die Leerstände index knapp 3 Prozent unter dem Höchststand stark gestiegen sind. Hier steht nunmehr rund von Mitte 2015. In den meisten Städten und jede neunte Wohnung leer. Als Alternative zur Agglomerationen, aber auch im Grossteil der Mietsenkung versuchen Vermieter vermehrt mit- Peripherie waren nur selektiv rückläufige Mieten tels Anreizmassnahmen Mieter anzulocken, was auszumachen. Die Westschweiz (ohne Genfer- aber mehr Nachteile als Vorteile bringen kann. see) verzeichnete im letzten Jahr gar noch einen Anstieg von 1 Prozent. Anreize können die Verlustaversion verzögert Marktbereinigung Falschen anlocken Dass die Angebotsmieten auch in Gemeinden mit deutlich steigenden Leerständen kaum Mietfreie Perioden und Staffelmieten, Einkaufs- gesunken sind, dürfte unter anderem auf psy- gutscheine sowie gratis Umzüge – die Zahl chologischen Gründen beruhen. Verlust- der Mietwohnungsinserate mit zusätzlichen aversion – der Drang, Verluste zu vermeiden – ist Anreizen hat in den letzten zwei Jahren deutlich eine empirisch gut erforschte Verhaltensweise. zugenommen. Anreize erzielen Aufmerksamkeit Für viele Investoren wiegt ein finanzieller Verlust und haben den Vorteil, dass die effektiven Miet- psychologisch bis zu doppelt so schwer wie ein zinsen und somit die Bewertung der Liegenschaft gleichwertiger Gewinn. nicht gesenkt werden müssen. Bei Geschäfts liegenschaften, wo langjährige Vertragslaufzeiten Auf dem Immobilienmarkt zeigt sich dieses Ver- bestehen, gehören solche Zückerchen heute halten beispielsweise darin, dass die Marktliqui- schon fast zum Standard. Die Erfolgsaussichten dität rasant fällt, wenn die Kaufpreise für Eigen- von Anreizen bei Mietwohnungen sind aber heime sinken. Potenzielle Verkäufer halten fraglich. Auch ein Einkaufsgutschein oder ein insbesondere dann an ihrer Liegenschaft fest, gratis Umzug dürfte nur wenig Einfluss auf das wenn der aktuelle Marktpreis unter dem Ein- Wohnbudget und somit auf die Zahlungsbereit- standspreis der Liegenschaft liegt. Aus demsel- schaft des potenziellen Mieters haben. ben Grund zögern Vermieter auch bei längeren Leerständen mit einer Reduktion der Angebots- Mietanreize können vielmehr ungewollte mieten. Denn es handelt sich dabei – relativ zu Nebenwirkungen haben. Sie können Misstrauen den einkalkulierten Mieteinnahmen – um einen wecken, dass mit der Wohnung oder dem sicheren Verlust respektive um eine Verschlech- Vermieter etwas nicht stimmt, was das Image terung, was als Verlust wahrgenommen wird. einer Überbauung verschlechtern kann. Zudem besteht die Gefahr einer negativen Auslese der Zuwarten kann sich bei Neubauten lohnen Mieterschaft. Je kürzer die geplante Mietdauer, Kann eine inserierte Wohnung wochenlang desto mehr Wert hat eine temporäre Reduktion nicht vermietet werden, muss das Risiko eines oder ein fester Geldbetrag. Personen, die stark anhaltenden Leerstands gegen den Einnahmen- auf Gratismietmonate reagieren, dürften daher rückgang bei einer Mietsenkung abgewogen mit grösserer Wahrscheinlichkeit nach kürzerer werden. Falls bei einer Neuvermietung das Miet- Zeit wieder ausziehen. UBS Real Estate Focus 2018 17
Handeln empfohlen bei Bestandesliegen- Mietrückgang beschleunigt sich schaften Bleiben die Leerstände länger erhöht, so steigt Mobilität Bei Bestandesliegenschaften lässt sich der Einnah- entsprechend der Druck auf die Mieten. Für das menrückgang hingegen im Normalfall auf eine laufende Jahr erwarten wir eine Korrektur der Wohnung beschränken. Gerade in Regionen mit Angebotsmieten um rund 2,5 Prozent. Die Kor- noch steigendem Vermietungsrisiko wird sich rekturphase dürfte damit aber noch nicht abge- eine rasche Anpassung der Mieten an die neue schlossen sein. Ohne deutliche Trendwende bei Realität auszahlen. Ausserdem ist bei Wohnun- der Bautätigkeit oder eine neue «Einwanderungs- Wohnen gen, die qualitativ nicht dem Marktstandard ent- welle» dürften die Angebotsmieten bis 2020 um sprechen, eine Sanierung langfristig günstiger als mindestens 10 Prozent unter das Niveau von drastische Mietsenkungen. 2015 rutschen. Geschäft Überangebotsrisiko im Tessin und der Westschweiz In den Wirtschaftszentren sind die Leerstands- stark negativen Trend weist aktuell das Tessin quoten tief und dürften auch in den nächsten auf. Aufgrund einer angestiegenen Zahl an Quartalen kaum ansteigen. Im Mittelland und in Baubewilligungen und des Einbruchs der Börse vielen peripheren Regionen erhöht der struktu- Zuwanderung aus Italien dürfte die Zahl der relle Leerstand die Vermietungsrisiken. So haben leeren Mietwohnungen bis zur Jahresmitte die Kantone Solothurn und Wallis mit je rund nochmals deutlich zunehmen. Ebenfalls ist das 6 Prozent den höchsten Anteil an leeren Miet- Überangebotsrisiko in den Westschweizer Kan- wohnungen, aber auch im Aargau stehen knapp tonen Freiburg, Jura und Neuenburg sowie im 4,5 Prozent aller Mietwohnungen leer. Einen Waadtländer Hinterland merklich angestiegen. Global Mietwohnungsleerstandsquote¹ (2017) und Absorptionsrisiko² (4. Quartal 2017) nach Kanton (Kürzel) oder MS-Region (in Prozent) Zürcher Unterland Oberes Baselbiet Lugano TI FR JU hoch SZ NE Luzern St.Gallen Limmattal La Sarine GR BL Wil Solothurn Absorptionsrisiko Lausanne Morges LU SG Brugg-Zurzach VS VD Thun Zürcher Oberland CH SH SO Zimmerberg Winterthur TG AG mittel Vevey Aarau Oberaargau Unteres Baselbiet ZH BE Sion GE Glattal- Pfannenstiel Olten Basel-Stadt Furttal Bern Thurtal Biel/Bienne Zürich ZG Sursee-Seetal Baden tief 0 1 2 3 4 5 Mietwohnungsleerstandsquote Vermietungsrisiko tief hoch Bevölkerungsgrösse 1 Mietwohnungsleerstandsquote unter Verwendung des von UBS geschätzten Mietwohnungsbestands 2 Das Absorptionsrisiko vergleicht das Wachstum des Wohnungsbestands (Angebot) mit dem Bevölkerungswachstum (Potenzialnachfrage) und gibt Aufschluss darüber, ob regional zu viel oder zu wenig gebaut wird. Die Angebotsausweitung wird aufgrund der Baugesuche und -bewilligungen der letzten fünf bzw. sechs Quartale ermittelt. Das Potenzialwachstum wird aufgrund des Bevölkerungswachstums der vergangenen drei Jahre geschätzt. Quellen: BFS, Docu Media, UBS 18 UBS Real Estate Focus 2018
Die Bestandesmieten haben sich langfristig sehr Wertberichtigung droht stabil entwickelt. So stiegen sie in der Schweiz Massgeblich entscheidend für den künftigen seit 1982 teuerungsbereinigt im Einklang mit Investitionserfolg ist die längerfristige Zinsent- den Löhnen um rund 0,5 Prozent pro Jahr. Im wicklung. Sobald die Zentralbanken die Zinsen historischen Vergleich sind die Bestandesmieten nicht mehr nach unten verzerren, werden diese also nicht überhöht; wir erwarten denn auch höher tendieren. Ein schwacher Anstieg der keine breite Korrektur in den nächsten Jahren. Zinskurve von bis zu 0,5 Prozentpunkten dürfte Doch zurzeit sind die Angebotsmieten durch- die Preise für Mehrfamilienhäuser aber nicht auf schnittlich noch rund 20 Prozent höher als die breiter Front unter Druck setzen. In einem sol- Bestandesmieten. Durch die erwartete Korrektur chen Szenario bleibt der Anlagenotstand beste- der Angebotsmieten wird sich diese Differenz hen. Ein Anstieg der zehnjährigen Eidgenossen reduzieren. Einerseits sinkt dadurch das Miet auf beispielsweise 2 Prozent brächte aber deutli- steigerungspotenzial bei Mieterwechseln in che Abschreiber mit sich. Investoren müssten mit Bestandesliegenschaften. Andererseits verringert Wertkorrekturen von rund 20 Prozent rechnen. dies den Spielraum, bestehende Mietverhältnisse Da die Preise an Spitzenlagen in den letzten Jah- bei steigendem Referenzzinssatz anzupassen. ren stärker auf sinkende Zinsen reagierten, dürf- Denn die Angebotsmieten stellen eine Ober- ten diese bis zu 30 Prozent an Wert einbüssen. grenze für die Miethöhe in bestehenden Ver Umgekehrt reagieren die Preise in peripheren trägen dar. Lagen schwächer auf Zinsschwankungen. Aller- dings ist dort das Risiko von Einnahmeausfällen, sei es aufgrund höherer Leerstände oder tieferer Investitionsausblick Mieten, im aktuellen Marktumfeld akzentuierter. Bewertungen am Höhepunkt Am attraktivsten schätzen wir zurzeit Agglome- Immer tiefere Kapitalisierungssätze trieben die rationsstandorte in Pendlerdistanz der grossen Preisrally bei Wohnrenditeliegenschaften über die Zentren ein, die Nettoanfangsrenditen von gut letzten zehn Jahre. Seit 2007 stiegen die Preise 3 Prozent bieten bei gleichzeitig moderaten für Mehrfamilienhäuser gesamtschweizerisch Leerstandsrisiken. um knapp 60 Prozent. Bei um rund 15 Prozent höheren Mieten in diesem Zeitraum impliziert dies einen Rückgang der Nettoanfangsrenditen von leicht unter 5 Prozent auf aktuell 3,5 Pro- zent. Regional reichen die Renditen zurzeit von weniger als 2 Prozent (Zürich Kreis 1) bis über 5 Prozent (Goms). Ein Franken Miete in Zürich doppelt Angesichts einer negativen Verzinsung von soviel Wert wie in den Bergen Nettoanfangsrenditen* nach MS-Regionen (in Prozent) Schweizer Staatsanleihen mit Laufzeiten bis über zehn Jahre sind solche Renditen für viele Inves- unter 2,5 toren weiterhin attraktiv. Die Zinsen dürften aber 2,5 bis 3,0 aufgrund global weniger expansiver Zentralban- 3,0 bis 3,5 3,5 bis 4,0 ken in den nächsten zwölf Monaten leicht 4,0 bis 4,5 ansteigen. Vor dem Hintergrund steigender über 4,5 Leerstände und sinkender Mieten dürften die Kapitalisierungssätze 2018 nicht weiter sinken. Die Preise bei Wohnrenditeliegenschaften dürf- ten also ihren Höhepunkt erreicht haben. Dass Investoren kaum noch mit Aufwertungsgewin- nen rechnen, widerspiegelt sich auch an den Börsen: Im zweiten Semester 2017 korrigierten die Kurse der Wohnimmobilienfonds deutlich. Die Erwartungen auf weiter steigende Preise * Nettoertrag nach Abzug aller Kosten (inkl. Instandsetzung), in Prozent des Kaufpreises für Wohnrenditeinvestitionen sind verpufft. Quelle: Schätzungen UBS UBS Real Estate Focus 2018 19
Hypotheken als Anlageklasse Mehr Geld von institutionellen Investoren Elias Hafner Mobilität Für Pensionskassen und Versicherer sind die Anreize gestiegen, Hypotheken zu vergeben. Durch die anhaltende Verschärfung der Bankenregulierung dürften die Banken Marktanteile ver lieren. Den institutionellen Investoren stehen mehrere Türen für Wohnen Hypothekarinvestitionen offen. Der Schweizer Hypothekarmarkt hat vergan der Höhe der Belehnung und dem Risiko der Geschäft genes Jahr die Grenze von 1000 Milliarden Marktsegmente generell konservativer. Somit Schweizer Franken überschritten. Banken hal- besteht nebst den ungleichen Marktanteilen ten rund 95 Prozent des Volumens, während auch eine gewisse Segmentierung des Marktes. Versicherer und Pensionskassen nur einen klei- nen Teil des Marktes ausmachen. Doch eine Regulierung und tiefe Zinsen verschieben Trendwende scheint eingeläutet. Die Hypothe- Anreize karpositionen der Versicherer zeigten 2015 und Es gibt vorwiegend drei Gründe, weshalb institu- Börse 2016 mit je rund 6 Prozent eine Wachstumsbe- tionelle Investoren derzeit vermehrt in den Hypo- schleunigung und auch die Hypothekarbücher thekarmarkt drängen: der Pensionskassen nahmen 2016 nach mehre- ren Jahren rückläufiger Entwicklung mit 5 Pro- Regulierung zent deutlich zu. Bei Banken hingegen hat sich Die seit der Finanzkrise erhöhten Standards für das Wachstum verlangsamt. Grossbanken Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen unter Global haben zuletzt gar ihren Hypothekenbestand Basel III haben die Finanzierung bei den Banken reduziert. Die ersten verfügbaren Zahlen der kostspieliger gemacht. Gleichzeitig haben der Versicherer für 2017 deuten darauf hin, dass antizyklische Kapitalpuffer der Schweizerischen ihr Hypothekarvolumen weiterhin schneller Nationalbank sowie schärfere Selbstregulierungs- wächst als jenes der Banken. massnahmen die Hypothekarvergabe bei Banken zusätzlich verteuert beziehungsweise erschwert. Institutionelle mit langfristigem Horizont Banken finanzieren ihre Hypothekarkredite über- wiegend mit kurzfristig abrufbarem Fremdkapi- tal. Somit stellen Festhypotheken bei Banken ein Institutionelle haben kleinen Anteil klassisches Zinsdifferenzgeschäft dar. Vereinfacht Schweizer Hypothekarmarkt nach Kreditgeber per Ende 2008 und 2016 (in Prozent) gesagt, erhalten sie dabei den Hypothekarsatz 2016 und zahlen zugleich den Sparern einen Zins auf 4 1 deren Einlagen. 18 2008 Kantonalbanken Im Gegensatz dazu investieren Versicherer und 42 34 Grossbanken Pensionskassen das einbezahlte Kapital ihrer 17 32 Raiffeisenbanken Versicherten, das künftige Rentenversprechen übrige Banken oder Schadensummen decken sollte. Die Dura 14 Versicherungen tion der Verpflichtungen bei Pensionskassen 17 32 Pensionskassen beträgt rund zehn bis 15 Jahre. Deshalb bevor- zugen Versicherer und Pensionskassen bei der Kreditvergabe längere Laufzeiten und bieten 26 standardmässig 15, teilweise gar bis 25 Jahre an. Zudem sind sie bei der Vergabe bezüglich Quellen: BFS, FINMA, SNB, UBS 20 UBS Real Estate Focus 2018
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