Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2018 - UBS

Die Seite wird erstellt Martin Mayer
 
WEITER LESEN
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2018 - UBS
ab

Real Estate
Focus
Chief Investment Office WM
2018
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2018 - UBS
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2018 - UBS
Editorial
     Liebe Leserin
     Lieber Leser

     Spinat geniesst heute noch den Ruf als Eisen-Wunder. Generationen von Kindern
     wurde und wird das grüne Blattgemüse daher immer wieder aufgenötigt. Dieser
     Mythos beruht auf einem Irrtum, dessen Ursprung über 100 Jahre zurück­reicht.
     Damals soll sich ein Wissenschaftler um eine Dezimalstelle vertan haben, was
     dem Gemüse zur Verzehnfachung seines Eisengehalts verhalf. Der Eisengehalt
     des Spinats ist ein Paradebeispiel für einen Irrtum, der ohne Hinterfragen ver­
     breitet und dadurch zur vermeintlichen Gewissheit wurde.

     Die Debatte rund um vollautonome Fahrzeuge und deren Auswirkungen auf
     den Immobilienmarkt zeigt Parallelen zur Spinat-Legende. Dabei geht es nicht
     um den unbestrittenen Eisengehalt solcher Fahrzeuge, sondern vielmehr um die
     einseitige Art und Weise, wie die Debatte geführt wird. Wie beim Eisengehalt
     des Spinats wird in kaum einer Analyse bezweifelt, dass wir uns schon bald in
     vollautonomen Fahrzeugen fortbewegen werden. Zwar steht ausser Frage, dass
     die Assistenzsysteme dank technologischen Fortschritten immer ausgeklügelter
     werden. Doch in Tat und Wahrheit steht es noch in den Sternen, ob und wenn
     ja, wie sich der private Verkehr voll automatisieren lässt. Auch über die Auswir-
     kungen vollautonomer Fahrzeuge auf die Immobilienmärkte scheinen sich die
     Visionäre einig zu sein und raten, bereits heute die Immobilieninvestitionen
     danach auszurichten. Eine Empfehlung, die unseres Erachtens (noch) auf
     schwachem Fundament steht.

     Das Spezialthema des diesjährigen UBS Real Estate Focus ist zwar die Mobilität
     von morgen und ihre Folgen auf die Immobilienmärkte. Doch damit Sie sich
     bei den heutigen Herausforderungen am Schweizer Immobilienmarkt nicht wie
     die Comic-Figur Popeye auf eine regelmässige Ration Spinat verlassen müssen,
     haben wir uns für Sie auch dieses Jahr auf die aktuell wichtigsten Markttrends
     fokussiert.

     Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

     Claudio Saputelli                         Daniel Kalt
     Leiter Global Real Estate                 Chief Economist Switzerland

                                                                                    UBS Real Estate Focus 2018   3
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2018 - UBS
Inhalt

                                                6                           12
    UBS Real Estate Focus 2018
    Diese Publikation wurde durch
    ­UBS Switzerland AG erstellt. Bitte
                                                Mobilität                   Wohnen
     ­beachten Sie die wichtigen rechtlichen
      Informationen am Ende der Publikation.
      Aus der Performance der Vergangenheit
      kann nicht auf künftige Renditen
      geschlossen werden. Die an­gegebenen
      Marktpreise sind Schluss­kurse der
      ­jeweiligen Hauptbörse.

    Herausgeber
    UBS Switzerland AG
    Chief Investment Office WM
    Postfach, CH-8098 Zürich

    Chefredaktion
    Elias Hafner

    Redaktion
    Viviane Vajda

    Redaktionsschluss
    11. Januar 2018                             6   Mobilitätswandel        12 Eigenheime
                                                    Kein «Game Changer»        Auf immer weniger Bodenfläche
    Korrektorat
    24translate GmbH, St. Gallen
                                                8   Erreichbarkeit          16 Mehrfamilienhäuser
    Desktop Publishing                              Zugang zu Aktivitäten      Nicht mehr um jeden Preis
    Margrit Oppliger
                                                    entscheidend
    Werner Kuonen
                                                                            20 Hypotheken als Anlageklasse
    Fotos                                       10 Selbstfahrende Autos        Mehr Geld von institutionellen
    Manuel Stettler Fotografie, Burgdorf
                                                   Revolution auf dem          Investoren
    Titelbild                                      Immobilienmarkt?
    Gemeindesaal, Männedorf                                                 23 Crowdinvesting
    Druck
                                                                               Mehr Rendite durch höhere
    galledia ag, Flawil, Schweiz                                               Risiken

    Sprachen
    Deutsch, Englisch, Französisch und
    Italienisch

    Kontakt
    ubs-cio-wm@ubs.com

    Bestellungen oder Abonnemente
    Als UBS-Kundin oder -Kunde können Sie
    UBS Real Estate Focus abonnieren und
    zusätzliche Exemplare dieser Pu­blikation
    über Ihre Kunden­bera­terin oder Ihren
    Kundenberater oder die Mailbox von
    Printed & Branded Products bestellen:
    sh-iz-ubs-publikationen@ubs.com.

    Eine elektronische Abonnierung ist
    zudem über Investment views auf der
    e-banking-Plattform möglich.

    SAP-Nr. 83518D-1801

4   UBS Real Estate Focus 2018
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2018 - UBS
26                                  38                               42
Geschäft                            Börse                            Global

26 Verkaufsflächen                  38 Immobilienaktien und -fonds   42 UBS Global Real Estate
   Einkaufszentren definieren          Nicht günstig                    Bubble Index
   sich neu                                                             Superstars oder Blasen?

29 Büroflächen                                                       46 Globaler Markt für direkte
   Preise korrigieren (noch)                                            Immobilieninvestitionen
                                                                        Wo es noch Opportunitäten
32 Hotelinvestitionen                                                   gibt
   Potenzial liegt in den Städten
                                                                     49 Einfluss langfristiger Anlage­
35 Parkhäuser als                                                       themen auf globale
   Investitionsobjekte                                                  Immobilienmärkte
   Nischenstrategie ohne                                                Älteren Bauten droht
   Überrendite                                                          schnellere Abschreibung

                                                                     54 Überblick und Prognosen

                                                                                    UBS Real Estate Focus 2018   5
Real Estate Focus a b - Chief Investment Office WM 2018 - UBS
Mobilitätswandel

                Kein «Game Changer»

                Claudio Saputelli
Mobilität

                                       Die globale Urbanisierung schreitet unaufhaltsam voran und
                                       mit ihr auch die Mobilitätsnachfrage. Damit die beschränkten
                                       Verkehrskapazitäten nicht das Wirtschaftswachstum beein-
                                       trächtigen, braucht es neue Lösungen. Nur Regionen, die künf-
Wohnen

                                       tig zeitlich «näher rücken», haben Aufwertungspotenzial.

                Im Jahr 2050 werden laut den Vereinten Natio-         derungen ist eine zusehende Lähmung des
Geschäft

                nen zwei von drei Menschen weltweit in Städten        städtischen Verkehrs – mit allen ökonomischen
                leben. 100 Jahre zuvor waren es noch 30 Pro-          und sozialen negativen Folgen – das Schreck­
                zent. Der Urbanisierungsprozess ist in den west-      gespenst vieler Stadtplaner.
                lichen Ländern bereits weit fortgeschritten. So
                lebten Ende 2015 in der Schweiz rund 84,5 Pro-        Intelligente Mobilitätslösungen gefragter
                zent der Wohnbevölkerung in städtischen               denn je
                Gebieten, während es in den Schwellen- und            Die heutigen Kapazitätsgrenzen gründen unter
Börse

                Drittweltländern insgesamt weniger als die            anderem in der urbanen Entwicklung seit der
                Hälfte war.                                           Nachkriegszeit, die fast ausschliesslich durch das
                                                                      Auto geprägt war. Diese einseitige Tendenz gilt
                Urbanisierung und wirtschaftliche Entwicklung         es zu korrigieren, und zwar mittels differenzier-
                verlaufen jeweils im Gleichschritt. Die Produktivi-   terem Verständnis von urbaner Mobilität und
                tät nimmt zu, wenn Menschen in Städten leben          Städteplanung. Ziel ist es, sich von der Mono­
Global

                und arbeiten. Auch kann in Städten die öffentli-      kultur des Autos – die in den Zentren meist
                che Versorgung (wie Strom-, Wasser-, Abwas-           ­entweder im Stau oder auf flächenverbrauchen-
                ser-, Gas- und Telekommunikationsnetz) zu              den Parkplätzen stehen – wegzubewegen, hin
                niedrigeren Kosten angeboten werden. Die               zu einem breiten Spektrum von Fortbewegungs-
                Urbanisierung und die damit einhergehende              möglichkeiten. Hierbei werden nebst dem
                Entstehung und Weiterentwicklung von Bal-              öffentlichen Verkehr auch Alternativen zum
                lungsräumen ist eine wichtige Voraussetzung            motorisierten Verkehr wie Fussgängerzonen und
                für das Wirtschaftswachstum und letztlich den          Fahrradstreifen und womöglich eines Tages
                Wohlstand.                                             selbstfahrende Autos (siehe ab Seite 10) das
                                                                       Mobilitätsverhalten verändern.
                Mobilität als Schlüssel zur Effizienz
                Damit das volle Potenzial der Arbeitskräfte der       Tägliches Reisezeitbudget bleibt konstant
                Wirtschaft zugutekommt, müssen sich die Men-          Trotz hoher Komplexität der Siedlungs- und
                schen in den Metropolen unabhängig und                Stadtplanung lassen sich die Konsequenzen
                schnell bewegen können. Doch hier beginnen            künftiger Mobilitätskonzepte mit dem konstan-
                die grossen Herausforderungen. Im Jahr 2013           ten Reisezeitbudget vereinfacht aufzeigen.
                fanden bereits zwei Drittel der realisierten          Dieses wurde 1994 von Cesare Marchetti
                Gesamtmobilität in städtischem Gebiet statt.          beschrieben und besagt, dass Menschen in
                Sollte der Ausbau der benötigten Infrastruktu-        verschiedenen Ländern und Kulturen jeweils
                ren mit der aktuellen Bevölkerungsdynamik             über Jahrzehnte hinweg im Durchschnitt täglich
                nicht Schritt halten können, werden die Men-          gleich lang unterwegs sind (Marchetti-Kon­
                schen immer mehr Zeit im städtischen Verkehr          stante). Interessant ist der dieser Beobachtung
                ver­bringen. Bis 2050 dürfte sich die Nachfrage       zugrunde liegende Trend: Das Reisezeitbudget
                nach Mobilität verdreifachen. In Anbetracht           sinkt trotz Verbreitung schnellerer Verkehrsmittel
                der bereits heute signifikanten Verkehrsbehin-        nicht. In Frankreich beispielsweise hat sich die

            6   UBS Real Estate Focus 2018
Hans-Wilsdorf-Brücke, Genf
«Urbane  Wohnimmobilien bleiben auch
mit dem bevorstehenden Mobilitätswandel
sehr gefragt.»
  durchschnittliche Reisegeschwindigkeit in den      Zweitens werden neue Regionen, die dank
  letzten 200 Jahren im Mittel um jährlich 3 Pro-    ­grösserer Verkehrsinfrastrukturprojekte oder
  zent erhöht. Steigt somit die Geschwindigkeit       Mobilitätsfortschritte zeitlich «näher rücken»,
  des Verkehrssystems, werden die Pendlerwege         aufwerten. Dies ist ein wichtiger Treiber der
  entsprechend ausgeweitet.                           ­Verstädterung.

  Auswirkungen auf den                               Drittens wird hingegen die Mobilität der
                                                     Zukunft – insbesondere selbstfahrende Autos,
  Immobilienmarkt                                    welche die wahrgenommene Reisezeit reduzie-
  Stadt- und Landpreise werden sich nicht            ren sollen – das Immobilienpreisgefälle zwischen
  angleichen                                         Zentren und peripheren Regionen insbesondere
  Die «Marchetti-Konstante» gehört zu den sta-       ausserhalb des Reisezeitbudgets nicht verrin-
  bilsten Mobilitätskenngrössen überhaupt. An        gern. Die einmalige Vielfalt des Mobilitätsange-
  Werktagen liegt der Wert in den untersuchten       bots, die Erreichbarkeit unzähliger Dienstleistun-
  Ländern im Schnitt bei 70 bis 90 Minuten pro       gen und die geballte Konzentration an Wissen
  mobiler Person. Daraus ergeben sich für den        werden die Grosszentren im Vergleich zu länd­
  Immobilienmarkt folgende Schlussfolgerungen:       lichen Regionen stets überdurchschnittlich
                                                     begehrt machen. Ausserdem bieten Grosszent-
  Erstens bleiben Wohnimmobilien in urbanen          ren innerhalb der Marchetti-Konstante dank
  Zentren und Agglomerationen innerhalb des          Flughäfen und direkten Bahnverbindungen
  Reisezeitbudgets auch mit dem bevorstehenden       Zugang zu Arbeitsplätzen in anderen (globalen)
  Mobilitätswandel sehr gefragt, solange attrak-     Grosszentren.
  tive Arbeitsplätze in Städten konzentriert sind.

                                                                                                        UBS Real Estate Focus 2018                                7
Erreichbarkeit

                Zugang zu Aktivitäten
                entscheidend
                Claudio Saputelli
Mobilität

                                       Die meisten Schweizer Standorte weisen eine hohe Erreichbar-
                                       keit auf, auch im internationalen Vergleich. Generell steigen
                                       die Immobilienpreise mit der Zentralität einer Region sowie ­
                                       mit einer ähnlich guten Erreichbarkeit durch den öffentlichen
Wohnen

                                       Verkehr und den privaten Individualverkehr. Neue Verkehrs­
                                       infrastrukturen vermögen aber nicht immer einen Preiseffekt
                                       auszulösen.
Geschäft

                Die verkehrstechnische Erreichbarkeit bestimmt
                die Attraktivität einer Region als Standort für
                                                                       Besser erreichbar statt
                Private und Unternehmen wesentlich mit. Denn           nur mobiler
                Regionen mit hoher Erreichbarkeit sind – auf-
                grund tieferer Transport- und Zeitkosten – im All-     Die Begriffe «Mobilität» und «Erreichbarkeit»
                gemeinen produktiver und somit auch wettbe-            werden häufig verwechselt. Mobilität beschreibt,
Börse

                werbsfähiger als solche mit tiefer Erreichbarkeit.     ob, wie viele und wie leicht Personen, Güter und
                Ein grundlegendes Ziel der Siedlungsgestaltung         Dienstleistungen sich fortbewegen oder trans-
                und Verkehrsentwicklung ist daher die langfris-        portiert werden können. Erreichbarkeit ist hinge-
                tige Sicherstellung oder gar Verbesserung der          gen bedürfnis- und zielorientiert. Sie konzentriert
                Erreichbarkeit. Dieses Ziel kann einerseits durch      sich auf Reisezeiten, -kosten, -optionen, -komfort
                die Ansiedlung von Aktivitätszielen nahe oder an       sowie Risiken, die mit dem Zugang zu wichtigen
Global

                den Wohnstandorten erreicht werden, anderer-           Aktivitätszielen (Arbeits-, Ausbildungs-, Einkaufs-
                seits durch eine Optimierung des Verkehrsange-         und Freizeitstätten) verbunden sind.
                bots. In einem Wohlstandsland wie der Schweiz
                verlaufen beide oftmals Hand in Hand.                  Der Zweck eines auf die Bedürfnisse der Gemein­
                                                                       schaft ausgerichteten Transportsystems ist, den
                Verbesserung in fast allen Regionen                    Zugang zu Aktivitätsstandorten sicherzustellen
                Die meisten Standorte und Gemeinden der                bei möglichst geringem Aufwand und niedrigen
                Schweiz stechen mit einer hohen Erreichbarkeit         Kosten. Eine Verkehrs- und Infrastrukturpolitik
                hervor. Dies trifft nicht nur innerhalb der Schweiz    muss daher primär darauf abzielen, die Erreich-
                zu, sondern gemäss verschiedenen Untersuchun-          barkeit zu verbessern, anstatt (nur) die Mobilität
                gen auch im internationalen Vergleich. Dabei           zu erhöhen.
                wird die Erreichbarkeit sowohl durch den Bau
                neuer Verkehrswege verbessert, wie auch durch          Verkehrsträgern (öffentlicher Verkehr und motori-
                die Erhöhung der Fahr­geschwindigkeit, die             sierter Individualverkehr) zu. Einzig die Grossstadt-
                ­Verbesserung der bestehenden Infrastruktur            zentren dürften aufgrund chronischer Überlas-
                 ­(beispielsweise die Erhöhung der Anzahl Ver­         tung der wichtigsten Strassenverkehrsadern mit
                  bindungen) oder Strassenverbreiterungen durch        dem motorisierten Individualverkehr schlechter
                  zusätzliche Fahrspuren.                              erreichbar sein als noch vor einigen Jahren, was
                                                                       unter anderem auch auf die landesweit starke
                Dank der Umsetzung grösserer Verkehrsinfra-            Bevölkerungszunahme zurückzuführen ist.
                strukturprojekte – jüngstes Beispiel ist der Gott-
                hard-Basistunnel – verbesserte sich in der Schweiz     Gute Erreichbarkeit stützt den
                die Erreichbarkeit in den letzten Jahren kontinuier-   Immobilienmarkt
                lich. Gemäss BAKBASEL legte die Erreichbarkeit         Die gute Erreichbarkeit einer Region manifestiert
                seit 2005 in fast allen Landesteilen und auf beiden    sich in den lokalen Immobilienpreisen. Der Ein-

            8   UBS Real Estate Focus 2018
fluss der Erreichbarkeit auf die Immobilienpreise     dürfte sich also vor allem in entfernteren Pend-
kann allerdings nicht exakt ermittelt werden. Ins-    lerstandorten in den Immobilienpreisen nieder-
besondere besteht keine allgemeingültige Defi-        schlagen.
nition oder methodische Vorgehensweise zur
Messung von Erreichbarkeit, sodass diese oft          Entwicklungspotenzial einer Region
unter vereinfachten Annahmen geschätzt wird.          Eine verbesserte Erreichbarkeit vermag wirt-
Gleichwohl lassen sich aufgrund verschiedener         schaftliche Impulse zu erzeugen, was eine Sied-
nationaler und internationaler Untersuchungen         lungsentwicklung auslösen und so den Woh-
vier empirische Befunde erheben, wie Erreich-         nungsmarkt beleben kann. Doch dies geschieht
barkeit die Immobilienpreise beeinflusst:             nicht automatisch. Verkehrsinfrastruktur-Pro-
                                                      jekte können nur dann ihre Wirkung auf die
Reisezeit zu Wirtschaftszentrum                       wirtschaftliche Prosperität entfalten, wenn die
Ein wichtiger Faktor, der auf den Wert einer          bediente Region über ein eigenes Entwicklungs-
Immobilie wirkt, ist die Zentralität, also die Rei-   potenzial verfügt, beziehungsweise wenn sie
sezeit zum nächsten Wirtschaftszentrum und            durch das Infrastrukturprojekt in den Sog eines
die damit verbundenen Opportunitätskosten             grösseren Wirtschaftszentrums gerät.
(entgangener Nutzen) der Zeit. Entsprechend
nehmen in der Regel die Immobilienpreise mit
zunehmender Distanz zu einem Wirtschafts­
zentrum ab. Allerdings können andere Faktoren
wie die topografische Lage einer Ortschaft, die
Angebotssituation und – insbesondere in der
Schweiz – Steuereffekte diesen Effekt überla-
gern und sogar zu gegenläufigen Ergebnissen
führen.

Qualitätsunterschiede zwischen öffentlichem
und privatem Individualverkehr
Regionen mit ähnlich guter Erreichbarkeit beim
öffentlichen Verkehr und beim privaten Individu-
alverkehr weisen tendenziell höhere Immobilien-
                                                            Preise steigen mit besserer Erreichbarkeit
                                                            Eigentumswohnungspreise (in CHF/m²) und Erreichbarkeit (in Minuten)*
preise auf als Regionen mit qualitativ unter-
schiedlicher Erreichbarkeit. Ausserdem ist die                          Gemeinden Kanton Zürich                           Gemeinden Kanton Genf
Zahlungsbereitschaft für Objekte mit guter                  14 000
Erreichbarkeit mit dem privaten Individualver-              13 000
kehr höher als für vergleichbare Objekte, die               12 000       Zürich                                             Genf
vor allem durch den öffentlichen Verkehr gut                11 000
erschlossen sind. Projekte für den motorisierten            10 000
Individualverkehr haben entsprechend im Durch-               9 000
schnitt einen stärkeren preistreibenden Effekt               8 000
auf den Immobilienmarkt als Projekte für den                 7 000
öffentlichen Verkehr.                                        6 000
                                                             5 000
Reisezeitersparnis durch Verkehrsprojekte                    4 000
                                                                        0             20          40           60          0            20            40
Standorte mit einer bereits sehr guten Erreich-
barkeit – wie dies in den Schweizer Grossstädten                                  Reisezeit nach Zürich                         Reisezeit nach Genf
der Fall ist – können diesbezüglich kaum noch
                                                             Steuersätze relativ zu Gemeinden des Kantons
zulegen. Selbst grössere Verkehrsprojekte ver-
mögen hier die Reisezeit oftmals nur geringfügig                 tief        mittel          hoch
zu verbessern. Anders bei kleineren Standorten,              * Durchschnittliche Reisezeit mit dem motorisierten Individualverkehr und dem öffentlichen Verkehr
die häufig ein grösseres Potenzial bezüglich der             ins jeweilige Zentrum; die Kreisgrössen entsprechen den Bevölkerungsgrössenklassen.

Reisezeitersparnis bergen. Ein Verkehrsprojekt               Quellen: BFS, TranSol, Wüest Partner, UBS

                                                                                                                           UBS Real Estate Focus 2018             9
Selbstfahrende Autos

                 Revolution auf dem
                 Immobilienmarkt?
                 Claudio Saputelli
Mobilität

                                        Technisch gesehen könnten vollautonome Fahrzeuge schon
                                        bald Realität werden. Wie diese jedoch in der normalen
                                        Strassenumgebung funktionieren sollen, ist noch weitgehend
                                        offen. Wer als Immobilieninvestor auf ein stark verändertes
Wohnen

                                        Mobilitätsverhalten wettet, fährt ein grosses Risiko.

                 Strassenroboter befördern Personen von einem        Verletzung oder zum Tod von Menschen führen,
Geschäft

                 Ort zum anderen. Dank intelligenter Software-       werden von der Gesellschaft kaum akzeptiert
                 steuerung, Blitzreaktionen, unermüdlicher Auf-      werden – selbst dann nicht, wenn die autonome
                 merksamkeit, besserer Rundumsicht und strikter      Technologie statistisch gesehen besser abschnei-
                 Einhaltung der Verkehrsregeln ist die Sicherheit    det als menschliche Fahrer. Ausserdem muss der
                 deutlich erhöht. Der mit Autofahren verbundene      Gesetzgeber eine Rechtsgrundlage für die Nut-
                 Zeitverlust und Stress im Stadtverkehr gehört der   zung von selbstfahrenden Fahrzeugen schaffen.
                 Vergangenheit an. Man wird zu Hause abgeholt        Diesbezüglich hat beispielsweise Deutschland im
Börse

                 und kann unterwegs arbeiten oder je nach Aus-       April 2016 einen Gesetzesentwurf verabschie-
                 stattung des selbstfahrenden Autos auch schla-      det, wonach im Zweifelsfall der Mensch auf dem
                 fen. Was heute an Utopie grenzt, kann eines         Fahrersitz die Verantwortung für das Geschehen
                 Tages durchaus Wirklichkeit werden. Mit fast im     trägt. Dadurch wird also der Fahrer quasi zur
                 Wochentakt publizierten faszinierenden Neuig-       ständigen Überwachung des Systems verpflich-
                 keiten zu vollautonomen Fahrzeugen suggeriert       tet, was die angepriesenen Vorteile vollautono-
Global

                 die Autoindustrie, dass bereits in wenigen Jah-     mer Fahrzeuge weitestgehend eliminiert.
                 ren solche Gefährte in den Showrooms stehen
                 werden.                                             Auch in technischer Hinsicht sind die Systeme
                                                                     nicht über alle Zweifel erhaben. So arbeitet zur-
                 Prognosen gehen davon aus, dass sich die            zeit kein Assistenzsystem einwandfrei. Die Ver-
                 wahrgenommene Reisezeit dadurch auf nahezu          kehrszeichenerkennung, die dem Fahrer bei-
                 Null reduzieren würde. Dies wiederum dürfte         spielsweise die erlaubte Höchstgeschwindigkeit
                 die Autofahrer dazu bewegen, längere Strecken       anzeigt, versagt regelmässig bei verschmutzten
                 mit dem Auto zurückzulegen und öfter zu fah-        Strassenschildern. Und lesende Kameras steigen
                 ren. Da Fahrzeuge auch leer fahren würden,          insbesondere bei Regen, tiefstehender Sonne,
                 beispielsweise um Passagiere aufzunehmen,           Eis oder Schmutz immer wieder aus.
                 würden die Fahrzeugbewegungen durch die
                 gegenwärtigen Fahrzeugbenutzer signifikant          Auswirkungen auf Immobilien-
                 zunehmen. Ausserdem dürfte ein grosser Teil
                 der Nicht-Fahrzeugbenutzer, wie Betagte, Behin-
                                                                     märkte
                 derte oder Kinder, auf selbstfahrende Fahrzeuge     Städtische Parkflächen würden ausgelagert
                 umsteigen.                                          Zum heutigen Zeitpunkt ist es noch vollkommen
                                                                     unklar, ob, und wenn ja, wann und in welcher
                 Viele Fragen noch ungeklärt                         Form autonome Fahrzeuge das Mobilitätsver­
                 Allerdings dürfte die Verbreitung selbstfahrender   halten verändern werden. Gleichwohl kursieren
                 Fahrzeuge in weiter Ferne liegen, da noch viele     zunehmend Berichte darüber, wie die Techno­
                 Hindernisse zu überwinden sind. Ein sehr heikles    logie selbstfahrender Fahrzeuge die heutigen
                 Thema ist die ethische Frage zur Programmie-        Immobilienmärkte massiv erschüttern und
                 rung von Algorithmen auf Leben und Tod. Tech-       Immobilieninvestoren zwingen wird, ihre
                 nisch autonom ausgeführte Ak­tionen, die zur        ­Anlagestrategien zu überdenken. Folgende

            10   UBS Real Estate Focus 2018
wichtigste Veränderungen werden dabei ins Feld                  Wette auf eine Zukunftsvision
geführt, sollten vollautonome Fahrzeuge eines                   Mit der Einführung vollautonomer Fahrzeuge
Tages Realität werden:                                          werden revolutionäre Veränderungen am Immo-
                                                                bilienmarkt erwartet. Deshalb werden den
Viele Menschen dürften sich dafür entscheiden,                  Immo­bilienentwicklern und Regierungen bereits
Wegstrecken auf einem autonomen Fahrzeug zu                     heute flexible langfristige Entwicklungsstrategien
kaufen, anstatt ein oder mehrere Autos zu besit-                empfohlen. Da beispielsweise in vielen städti-
zen. Dies würde die Nachfrage nach Garagen,                     schen Gebieten – zumindest kurzfristig – immer
Parkplätzen sowie Ein- und Ausfahrten senken,                   noch eine Ausweitung der Parkkapazität er­
sodass bereits bestehende Flächen umgenutzt                     forderlich ist, liege das Erfolgsrezept darin, die
würden. Auch grosse Parkhäuser in den Stadt-                    Garagen so zu gestalten, dass sie auf lange Sicht
zentren würden obsolet, da die autonomen                        leicht zu neuen Nutzungszwecken wie dem
Autos entweder ständig in Umlauf oder in                        ­Einzelhandel umgebaut werden können. Doch
grossen vollautomatischen Parksystemen am                        auch ohne autonome Fahrzeuge sind Immo­
Stadtrand geparkt wären. Zufahrtstrassen zu                      bilienentwickler gut beraten, flexible langfristige
grösseren Wohngebäuden sowie Büros und Ver-                      ­Entwicklungsstrategien zu verfolgen.
kaufsflächen müssten neu gestaltet werden, um
ein grossvolumiges Ein- und Aussteigen zu                       Im besten Fall wird es wohl ein Jahrzehnt oder
ermöglichen. Eine weitere Veränderung beträfe                   gar mehrere dauern, bis selbstfahrende Fahr-
die Tankstellen (in der Schweiz aktuell ca. 3400),              zeuge Realität werden und jederzeit, überall
da die autonomen Autos an zentralen Standorten                  sowie mindestens so sicher wie mit menschlichen
als Flotten gepflegt und betankt würden. Auch                   Fahrern einsetzbar sein werden. Ist es dann end-
das Reisemuster würde sich verändern. Reisende                  lich so weit, bleibt offen, ob allenfalls nicht doch
müssten die Fahrt nicht mehr unterbrechen, um                   viele Menschen selber fahren wollen, sei es aus
in Hotels nahe den Hauptverkehrsachsen zu über-                 Misstrauen gegenüber der Maschine oder um
nachten, da sie sich in den autonomen Fahrzeu-                  dem Fahrvergnügen zu frönen. Den Backstein
gen entspannen und gar schlafen könnten.                        bereits heute auf vollautonome Fahrzeuge aus-
                                                                zurichten, ist somit eine riskante Wette.

Ein weiter Weg bis zur Vollautomatisierung
Die fünf Stufen der Automatisierung von Fahrzeugen

                               0            1               2                  3               4                5
                         keine          unterstützt        teil-              hoch-          autonom         fahrerlos
                     Unterstützung                     automatisiert      automatisiert

                                                                          Fahrer muss      Fahrer kann         kein
                                                         Fahrer muss        nur bei         Kontrolle         Fahrer
                                                        weder Pedale        Bedarf         übernehmen
                                        Fahrer muss     noch Lenkrad       Kontrolle
                                        keine Pedale   betätigen, hat     übernehmen
                                                       Überwachungs-                         Fahrzeug
                       Fahrer fährt      betätigen                                                           Fahrzeug
                                                           funktion                        kann Längs-
                        und lenkt                                                                            beherrscht
                                                                                             und Quer-
                      das Fahrzeug                                                                              alle
                                                                           Fahrzeug        bewegungen
                                                                                                             Aufgaben
                                                                          kann Längs-      steuern und
Aufgaben des                                                               und Quer-        risikomini-                         Aufgaben des
  Fahrers                                                 Fahrzeug                        mierten Zustand                        Fahrzeugs
                                                                          bewegungen
                                          Fahrzeug      kann Längs-                          herstellen
                                                                            steuern,
                                        kann Längs-      und Quer-
                      Fahrzeug hat                                        warnt Fahrer
                                        bewegungen      bewegungen
                    keine Steuerungs-                                      frühzeitig
                                           steuern         steuern
                        aufgaben

Quellen: mobilegeeks.de, UBS

                                                                                                                    UBS Real Estate Focus 2018   11
Eigenheime

                 Auf immer weniger
                 Bodenfläche
                 Maciej Skoczek und Matthias Holzhey
Mobilität

                                        Einfamilienhäuser haben gegenüber Stockwerkeigentum
                                        Boden gutgemacht. Denn der verschärfte Wettbewerb mit
                                        Mietwohnungen lässt die Preise für Eigentumswohnungen
                                        ­stagnieren. Die Verdichtung wird den Neubau von Einfamilien-
Wohnen

                                         häusern reduzieren, was aber die Preisentwicklung kaum
                                         ­beeinflussen sollte.
Geschäft

                 Das vergangene Jahr bescherte dem Eigenheim-         wird durch die robuste Konjunktur gestützt.
                 markt kaum neue positive Impulse. Die Hypothe-       Auch die Bautätigkeit von Eigenheimen dürfte
                 karzinsen blieben stabil, das Bevölkerungs-          auf dem letztjährigen Niveau verharren und liegt
                 wachstum fiel unter die Ein-Prozent-Marke und        damit weiterhin rund 15 bis 20 Prozent tiefer als
                 Mietwohnungen wurden günstiger. Dennoch              im Jahr 2014. Somit erwarten wir einen weite-
                 verteuerten sich Eigenheime 2017 nochmals            ren leichten Preisanstieg bei Einfamilienhäusern
                 leicht. Die Preise für Eigentumswohnungen            und eine Stagnation bei Eigentumswohnungen,
Börse

                 verharrten zwar auf dem Vorjahresniveau, doch        da letztere einem verschärften Wettbewerb
                 diejenigen für Einfamilienhäuser stiegen um          durch sinkende Mietpreise ausgesetzt sind. Die
                 rund 2 Prozent.                                      absolute Höhe der Kaufpreise limitiert weiterhin
                                                                      die Finanzierbarkeit, so dass kleine Wohnungen
                 Leicht steigende Eigenheimpreise erwartet            gefragt und die relative Zahlungsbereitschaft für
                 Die tiefen Hypothekarzinsen sind die Hauptstütze     Objekte geringerer Qualität hoch bleiben.
Global

                 des Eigenheimmarkts. Denn die Nutzungskosten
                 (Zinskosten, Unterhalt und Rückstellungen) eines
                 Schweizer Eigenheims liegen derzeit rund 15 Pro-
                 zent tiefer als die Mietkosten eines vergleichba-
                 ren Objekts. Bei einer 80-prozentigen Belehnung
                 entspricht dies einer Eigenkapitalrendite von gut          Langfristig parallele Preisentwicklung
                 4 Prozent. Eine vergleichbare Konstellation gab
                 es zumindest im aktuellen Immobilienzyklus noch
                                                                            der Marktsegmente
                 nicht. Aber schon vor zehn Jahren, als die laufen-         Inflationsbereinigte Angebotspreise (Index 2000=100) und kumulierte
                                                                            Differenz der Preisveränderungsraten zwischen Eigentumswohnungen
                 den Kosten eines Eigenheims die Mietkosten                 und Einfamilienhäusern (in Prozentpunkten)
                 noch um 40 Prozent überstiegen, stand Wohn­
                 eigentum hoch im Kurs. Dies lässt den Schluss              180
                                                                                         Eigentumswohnungen
                 zu, dass damals steigende Preise erwartet wur-             160          Einfamilienhäuser
                 den. Um die Mehrkosten gegenüber einer Miet-               140
                 wohnung zu kompensieren, mussten die Kauf-                 120
                 preise jährlich mindestens um 2 Prozent zulegen            100
                 (was übertroffen wurde). Umgekehrt bieten die
                                                                                      Differenz der Preisanstiege (kumulativ)             – 5 Prozentpunkte
                 aktuellen Ersparnisse einen Puffer gegen eine
                 Marktkorrektur: Bei jährlichen Preiskorrekturen             15                   + 15 Prozentpunkte

                 bis 0,5 Prozent würden Eigenheimkäufer noch                 10
                 keine finanziellen Einbussen erleiden.
                                                                               5

                 Dieser Puffer dürfte 2018 nicht zum Tragen                    0
                 kommen. Die Nutzungskosten bleiben unverän-                           2001      2003     2005   2007   2009    2011   2013   2015    2017
                 dert tief und die Nachfrage nach Eigenheimen               Quellen: Wüest Partner, UBS

            12   UBS Real Estate Focus 2018
Swiss House XXII, Preonzo (Bellinzona), Architekturbüro: Davide Macullo Architects
«Nur noch ein Viertel der erstellten
Eigenheime sind Einfamilienhäuser.»

Stockwerkeigentum hatte die Nase vorn                Einfamilienhäuser liegen an schlechteren
Im aktuellen Immobilienzyklus stiegen die Preise     Makrolagen
für Stockwerkeigentum stärker als diejenigen für     Sowohl der Bestand als auch der Neubau von
Einfamilienhäuser. Inflationsbereinigt legten die    Stockwerkeigentum befinden sich im Durch-
Preise für Stockwerkeigentum im Mittel der ver-      schnitt an besseren Makrolagen als Einfamilien-
fügbaren Preisindizes in den letzten 20 Jahren       häuser. Ein Viertel der Eigentumswohnungen,
jährlich um 2,4 Prozent, jene der Einfamilienhäu-    aber bloss ein Fünftel der Einfamilienhäuser
ser nur um 1,9 Prozent zu. Dieser Unterschied        liegen an sehr guten Lagen. Solche Lagen ver-
lässt sich im Wesentlichen auf drei Ursachen         zeichneten in den letzten zehn Jahren jährlich
zurückführen.                                        einen um einen Prozentpunkt stärkeren Preis­
                                                     anstieg als der Landesdurchschnitt.
Einfamilienhäuser sind zu gross
Die durchschnittliche Wohnfläche eines Ein­          Zusätzlich führte der Bauboom von Eigentums-
familienhauses beträgt rund 170 Quadratmeter.        wohnungen zu einer Verbesserung der bau­
Der durchschnittliche Kaufpreis liegt bei über       lichen Qualität von Stockwerkeigentum gegen-
1 Million Schweizer Franken, was das Nach­           über Einfamilienhäusern. Nur noch ein Viertel
fragepotenzial auf 20 Prozent der Haushalte          der in den letzten Jahren erstellten Eigenheime
­be­­grenzt. Dies begünstigt die Nachfrage nach      sind Einfamilienhäuser. Auch ist der Wohnkom-
 Stockwerkeigentum, wo die Durchschnittspreise       fort moderner Eigentumswohnungen bezüglich
 unter 800 000 Franken liegen. Die These wird        Lärmdämmung und Privatsphäre vergleichbar
 dadurch bestärkt, dass in den letzten Jahren        mit demjenigen von Einfamilienhäusern.
 auch beim Stockwerkeigentum die Preise für
 relativ kleine Einheiten stärker zulegten als für
 Flächen über 150 Quadratmeter.

                                                                                                   UBS Real Estate Focus 2018                                                                                        13
Bessere Vermietbarkeit begünstigt Stockwerk­        Denn Abriss und Ersatzneubau von Stockwerk­
                 eigentum                                            eigentum rechnet sich in den meisten Gemein-
Mobilität

                 Der Kauf von Eigentumswohnungen zur Ver­            den nur, falls die Ausnützungsziffer eine Verdop-
                 mietung erfreut sich grosser Beliebtheit. So        pelung der Wohnflächen zulässt.
                 hat sich der Anteil der Kreditanträge für Buy-
                 to-let-Investitionen seit 2007 fast verdoppelt      Raumplanungsgesetz schränkt Neubau von
                 und bewegt sich seit einigen Jahren zwischen        Einfamilienhäusern ein
                 18 und 20 Prozent aller Kreditanträge für           Verdichtung bedeutet einerseits die Nutzung
Wohnen

                 Wohn­eigentum. Gerade kleine und mittelgrosse       unbebauter Flächen innerhalb des überbauten
                 Wohnungen in Zentren und Agglomerationen            Gebiets und andererseits die Nutzung von
                 bieten sich für Kleininvestoren als Investitions-   Geschossflächenreserven, das heisst von der
                 objekte an. Die Möglichkeit, zwischen Eigen­        Differenz der realisierten Geschossflächen zu
                 gebrauch und Vermietung zu wechseln, recht-         den rechtlich zulässigen Geschossflächen. Der
                 fertigt eine Prämie von Eigentumswohnungen          Ausbau dieser «inneren Reserven» bietet gemäss
Geschäft

                 gegenüber Einfami­lienhäusern.                      einer Studie der ETH Zürich und des Bundesamts
                                                                     für Raumentwicklung spielend Raum für mehr
                 Die Unterschiede bezüglich Grösse, Lage und         als eine Million Einwohner. Doch Verdichtung ist
                 Vermietbarkeit werden auch künftig die relative     nicht zwingend. So reichen die bestehenden
                 Preisentwicklung beeinflussen. Langfristig werden   unbebauten Bauzonen ausser im Grossraum
                 aber die beiden Trends Verdichtung und Alterung     Zürich in praktisch allen Regionen der Schweiz,
                 den Markt für Einfamilienhäuser prägen.             sogar in Genf und Basel, aus, um das Bevölke-
Börse

                                                                     rungswachstum der nächsten zehn Jahre ohne
                 Verdichtung als Hoffnungsträger einer               jegliche Verdichtung zu absorbieren.
                 Trendwende
                 Wird die mögliche Ausnützung eines Grund-           Doch die Nutzung der «inneren Reserven» ist
                 stücks erhöht, so schafft dies Mehrwert für die     eines der Ziele des neuen Raumplanungsgeset-
                 Grundeigentümer. Einfamilienhäuser sind dank        zes (RPG) in der Schweiz. In den Agglomeratio-
Global

                 ihres hohen Landanteils prädestiniert dafür, vom
                 Verdichtungstrend zu profitieren. Allerdings war
                 davon ausserhalb der Zentren bis dato wenig zu
                 spüren.
                                                                           Kaum Verdichtung in ländlichen
                 Anreize zur Verdichtung fehlen in ländlichen
                 Gemeinden                                                 Gemeinden
                 Die meisten Einfamilienhäuser stehen in länd­              Differenz zwischen Veränderungen der Bevölkerung und des Gebäudeareals*,
                 lichen Gemeinden. Daten zur Siedlungsflächen-              nach Gemeindetypen (in Prozentpunkten)
                 entwicklung zeigen, dass in den letzten zehn                                       Zersiedlung                            Verdichtung
                 Jahren dort noch kaum verdichtet wurde; die
                 Gebäudeareale stiegen im Gleichschritt mit der            Zentren und
                                                                           Agglomerations-
                 Bevölkerung um rund 11 Prozent an. Aufgrund               gemeinden
                 der verfügbaren Landflächen und der tiefen
                                                                           Einkommensstarke
                 Bodenpreise fehlten die Anreize für eine Ver-             Gemeinden
                 dichtung. Nur in den Zentren und den einkom-              Periurbane
                 mensstarken Gemeinden stieg die Dichte, da                Gemeinden
                 sich aufgrund hoher Bodenpreise eine Auftei-              Ländliche
                 lung der Bodennutzung in kleinere Wohneinhei-             Gemeinden
                 ten lohnt. So war die prozentuale Zunahme des
                 Gebäudeareals knapp halb so hoch wie dieje-                                     –10               –5              0   5            10
                 nige der Bevölkerung. Doch auch in den ein-
                 kommensstarken Gemeinden und den Zentren                      1995–2005            2005–2015
                 wurden zwischen 2011 und 2015 immer noch                   *Gemäss Arealstatistik des BFS vom 15. Dezember 2017

                 mehr Einfamilienhäuser gebaut als abgerissen.             Quellen: BFS, UBS

            14   UBS Real Estate Focus 2018
nen und ländlichen Gebieten steht die Nutzung
nicht bebauter Flächen im Siedlungsgebiet
                                                    Angebots- und Trans­
gegenüber einer Erhöhung der Ausnützungs-           aktionspreisindizes
quoten im Vordergrund. Um Verdichtung zu
erzielen, wird die relativ hohe Ausnutzung sol-
                                                    im Vergleich
cher Flächen angestrebt, was den Neubau von         Langfristig sind kaum Unterschiede zwischen
Einfamilienhäusern verdrängt.                       einem Preisindex auf Basis von Angebots- oder
                                                    von Transaktionspreisen feststellbar. In den letz-
An hochpreisigen Lagen werden Einfamilien­          ten zehn Jahren stiegen Transaktionspreisindizes
häuser mit grossen Geschossflächenreserven          jedoch etwa 15 Prozentpunkte stärker als Ange-
weiterhin durch Neubauten im Stockwerkeigen-        botspreisindizes. Drei Gründe erklären den
tum ersetzt. Doch bereits heute werden solche       Unterschied:
Liegenschaften – als Investitions- oder Prestige-
objekte – mit Aufschlägen gehandelt. Hinzu          (1) In Perioden stark steigender Nachfrage wer-
kommt, dass Einzonungsgewinne laut neuem                den Transaktionspreise über die inserierten
RPG durch die Mehrwertabgabe wieder ge­­                Preise hochgeboten. In den Schweizer Hot-
schmälert werden, da bei einer Einzonung eine           spots dürfte dies zeitweise Realität gewesen
Abschöpfung von mindestens 20 Prozent des               sein. Die Verkäufer passen ihre Erwartungen
Mehrwerts vorgesehen ist. In den meisten Kan-           jedoch schnell an die veränderten Markt­
tonen wird gleichermassen auch der durch eine           gegebenheiten an.
Aufzonung geschaffene Mehrwert besteuert.
Unter dem Strich wird das Angebot an Ein­­-         (2) Transaktionsdatensätze ermöglichen eine
fami­lienhäusern in Zukunft langsamer wachsen           genauere Qualitätsbereinigung. Änderungen
als bisher.                                             der Qualität wie Mikrolage und Gebäude­
                                                        zustand der gehandelten Objekte werden
Demografisch bedingtes Überangebot an                   also aus der Preisentwicklung herausgerech-
Einfamilienhäusern                                      net. Die Mikrolage der gehandelten Objekte
Mittel- bis langfristig wird das geringere Ange-        nahm in den letzten fünf Jahren tendenziell
bot an Einfamilienhäusern aber nicht ausrei-            ab, was die Transaktionspreisindizes steigen
chen, um eine nachhaltige Trendwende bei                liess.
der Preisentwicklung herbeizuführen. Denn
die Hauptnachfragegruppe nach grossen               (3) Bei Transaktionspreisindizes werden hoch-
Wohn­einheiten wird bis 2030 alterungsbedingt           preisige Regionen stärker gewichtet. Da seit
nur halb so stark zunehmen wie die Gesamt­              2000 die Preise an guten Lagen stärker stie-
bevölkerung. In den Bergkantonen der Zentral­           gen, trug dies zur Abkoppelung der Trans­
schweiz, Appenzell Innerrhoden und Grau­                aktionspreise bei.
bünden dürfte die Nachfrage nach Einfamilien­
häusern sogar schrumpfen.

Der seit 2014 anhaltenden Aufholbewegung der
Preise für Einfamilienhäuser gegenüber denjeni-
gen für Eigentumswohnungen dürfte also bald
die Luft ausgehen. Generell werden sich aber
die Preise beider Marktsegmente langfristig eng
folgen. Der intensive Wettbewerb und die relativ
hohe Transparenz auf dem Eigenheimmarkt ver-
unmöglichen, dass sich die Preise einzelner Seg-
mente auf lange Sicht abkoppeln.

                                                                                                    UBS Real Estate Focus 2018   15
Mehrfamilienhäuser

                 Nicht mehr um
                 jeden Preis
                 Matthias Holzhey und Elias Hafner
Mobilität

                                        Trotz stark steigender Leerstände sind die Angebotsmieten
                                        erst moderat gesunken, was auch psychologische Gründe hat.
                                        In den nächsten drei Jahren dürfte sich aber die Abwärts­
                                        bewegung beschleunigen. Mehrfamilienhauspreise haben ihren
Wohnen

                                        Höhepunkt erreicht und ohne anhaltende Hilfe der Zentral­
                                        banken drohen Werteinbussen.

                                                                      Mieten erst moderat gesunken
Geschäft

                 Der Konkurrenzkampf auf dem Mietwohnungs-
                 markt verschärft sich weiter. Per Mitte 2017 stan-   Herrscht in einem Markt extreme Wohnungs-
                 den 2,4 Prozent aller Mietwohnungen leer. Eine       knappheit, so reagieren die Angebotsmieten
                 höhere Leerstandsquote bei Mietwohnungen             (Mieten für Neu- und Wiedervermietung) typi-
                 wurde letztmals 1998 mit 2,8 Prozent verzeich-       scherweise schnell auf Veränderungen der Leer-
                 net. Doch Investoren lassen sich vom höheren         standsquote. Fallen die Leerstandsquoten in einer
                 Leerstand bisher nicht abschrecken; die Zahl         Wirtschaftsregion auf eine Grössenordnung von
Börse

                 der bewilligten Neubauwohnungen sank in den          0,5 Prozent, so schiessen die Mieten in der Regel
                 vergangenen Quartalen kaum. Der Wohnungs-            nach oben.
                 bestand dürfte in diesem Jahr somit um rund
                 1,1 Prozent zulegen.                                 Dies konnte von 1985 bis 1991 beobachtet
                                                                      werden, als die gesamtschweizerische Leer-
                 Allzeithoch beim Leerstand absehbar                  standsquote unter diese Schwelle sank und die
Global

                 Der praktisch gleichbleibenden Wohnbautätig-         Angebotsmieten teuerungsbereinigt um rund
                 keit steht eine tiefere Zusatznachfrage gegen-       50 Prozent kletterten. Im aktuellen Immobilien-
                 über. Die Nettozuwanderung dürfte dieses Jahr        zyklus war eine vergleichbare Wohnungsknapp-
                 knapp 60 000 Personen betragen, sodass vor-          heit nur am Genfersee festzustellen. Die Mieten
                 aussichtlich rund 10 000 Wohnungen weniger
                 zusätzlich nachgefragt werden als 2013. Der
                 Rückgang ist gänzlich der geringeren Netto­                Korrekturpotenzial bei
                 zuwanderung aus EU-Ländern geschuldet, die
                 in den letzten vier Jahren von 75 auf 60 Prozent           Angebotsmieten
                 der Gesamtzuwanderung schrumpfte.                          Verhältnis der Angebots- und Bestandesmieten zu Einkommen
                                                                            (Index 2000 =100)
                 Verschiedene Faktoren zeichnen dafür verant-               180
                 wortlich. Die ökonomische Erholung in der
                                                                            160
                 Eurozone, insbesondere auf der iberischen Halb-
                 insel, liess die Nettozuwanderung aus Spanien              140
                 und Portugal in den letzten fünf Jahren dras-
                                                                            120                                                          Korrektur-
                 tisch auf einen vernachlässigbaren Anteil sin-                                                                          potenzial
                 ken. Doch auch der schwächelnde Arbeitsmarkt               100
                 der Schweiz verlor an Sogwirkung. Bei anhal-                80
                 tenden Trends für Wohnbau und Bevölkerung                             1975             1985   1995        2005   2015
                 dürfte die Leerstandsquote also spätestens                       Angebotsmieten/Einkommen
                 2019 ein neues Rekordniveau erreichen.                           Bestandesmieten/Einkommen
                                                                                  Periode mit stark steigender Leerstandsquote
                                                                                  Periode mit stark fallender Leerstandsquote
                                                                            Quellen: BFS, Wüest Partner, UBS

            16   UBS Real Estate Focus 2018
legten hier denn auch zwischen 2002 und 2015           niveau oder die Mietvorstellungen nicht mehr
jährlich um 5 Prozent zu – doppelt so stark wie        den Marktgegebenheiten entsprechen, müssen
in der Gesamtschweiz.                                  diese oft um mehr als 10 Prozent gesenkt wer-
                                                       den, damit die Wohnungen wieder vermietet
Nehmen die Leerstände in solch angespannten            werden können.
Märkten wieder zu, brechen die Mieten auch
rasch ein. So gingen die Mieten am Genfersee           Bei Neubauten führt eine Senkung in dieser
seit 2015 bereits um 9 Prozent zurück, obwohl          ­Grössenordnung zu einem spürbaren Rendite­
die Leerstände bei Mietwohnungen mit 0,8 Pro-           rückgang, da die tieferen Mieten in der Regel an
zent immer noch erst ein Drittel so hoch sind           alle Mieter weitergegeben werden müssen. Das
wie im Schweizer Mittel. Gesamtschweizerisch            Warten auf den erhofften Mieter scheint damit
sanken die durchschnittlich inserierten Miet-           das kleinere Übel zu sein. Es verwundert daher
preise nur moderat. So steht der Angebotsmiet-          nicht, dass gerade bei Neubauten die Leerstände
index knapp 3 Prozent unter dem Höchststand             stark gestiegen sind. Hier steht nunmehr rund
von Mitte 2015. In den meisten Städten und              jede neunte Wohnung leer. Als Alternative zur
Agglomerationen, aber auch im Grossteil der             Mietsenkung versuchen Vermieter vermehrt mit-
Peripherie waren nur selektiv rückläufige Mieten        tels Anreizmassnahmen Mieter anzulocken, was
auszumachen. Die Westschweiz (ohne Genfer-              aber mehr Nachteile als Vorteile bringen kann.
see) verzeichnete im letzten Jahr gar noch einen
Anstieg von 1 Prozent.
                                                       Anreize können die
Verlustaversion verzögert Marktbereinigung             Falschen anlocken
Dass die Angebotsmieten auch in Gemeinden
mit deutlich steigenden Leerständen kaum               Mietfreie Perioden und Staffelmieten, Einkaufs-
­gesunken sind, dürfte unter anderem auf psy-          gutscheine sowie gratis Umzüge – die Zahl
 chologischen Gründen beruhen. Verlust­­-              der Mietwohnungsinserate mit zusätzlichen
 aversion – der Drang, Verluste zu vermeiden – ist     Anreizen hat in den letzten zwei Jahren deutlich
 eine empirisch gut erforschte Verhaltensweise.        zugenommen. Anreize erzielen Aufmerksamkeit
 Für viele Investoren wiegt ein finanzieller Verlust   und haben den Vorteil, dass die effektiven Miet-
 psychologisch bis zu doppelt so schwer wie ein        zinsen und somit die Bewertung der Liegenschaft
 gleichwertiger Gewinn.                                nicht gesenkt werden müssen. Bei Ge­schäfts­
                                                       liegenschaften, wo langjährige Vertragslaufzeiten
Auf dem Immobilienmarkt zeigt sich dieses Ver-         bestehen, gehören solche Zückerchen heute
halten beispielsweise darin, dass die Marktliqui-      schon fast zum Standard. Die Erfolgsaussichten
dität rasant fällt, wenn die Kaufpreise für Eigen-     von Anreizen bei Mietwohnungen sind aber
heime sinken. Potenzielle Verkäufer halten             fraglich. Auch ein Einkaufsgutschein oder ein
insbesondere dann an ihrer Liegenschaft fest,          gratis Umzug dürfte nur wenig Einfluss auf das
wenn der aktuelle Marktpreis unter dem Ein-            Wohnbudget und somit auf die Zahlungsbereit-
standspreis der Liegenschaft liegt. Aus demsel-        schaft des potenziellen Mieters haben.
ben Grund zögern Vermieter auch bei längeren
Leerständen mit einer Reduktion der Angebots-          Mietanreize können vielmehr ungewollte
mieten. Denn es handelt sich dabei – relativ zu        Nebenwirkungen haben. Sie können Misstrauen
den einkalkulierten Mieteinnahmen – um einen           wecken, dass mit der Wohnung oder dem
sicheren Verlust respektive um eine Verschlech-        ­Vermieter etwas nicht stimmt, was das Image
terung, was als Verlust wahrgenommen wird.              einer Überbauung verschlechtern kann. Zudem
                                                        besteht die Gefahr einer negativen Auslese der
Zuwarten kann sich bei Neubauten lohnen                 Mieterschaft. Je kürzer die geplante Mietdauer,
Kann eine inserierte Wohnung wochenlang                 desto mehr Wert hat eine temporäre Reduktion
nicht vermietet werden, muss das Risiko eines           oder ein fester Geldbetrag. Personen, die stark
anhaltenden Leerstands gegen den Einnahmen-             auf Gratismietmonate reagieren, dürften daher
rückgang bei einer Mietsenkung abgewogen                mit grösserer Wahrscheinlichkeit nach kürzerer
werden. Falls bei einer Neuvermietung das Miet-         Zeit wieder ausziehen.

                                                                                                      UBS Real Estate Focus 2018   17
Handeln empfohlen bei Bestandesliegen-                                                               Mietrückgang beschleunigt sich
                 schaften                                                                                             Bleiben die Leerstände länger erhöht, so steigt
Mobilität

                 Bei Bestandesliegenschaften lässt sich der Einnah-                                                   entsprechend der Druck auf die Mieten. Für das
                 menrückgang hingegen im Normalfall auf eine                                                          laufende Jahr erwarten wir eine Korrektur der
                 Wohnung beschränken. Gerade in Regionen mit                                                          Angebotsmieten um rund 2,5 Prozent. Die Kor-
                 noch steigendem Vermietungsrisiko wird sich                                                          rekturphase dürfte damit aber noch nicht abge-
                 eine rasche Anpassung der Mieten an die neue                                                         schlossen sein. Ohne deutliche Trendwende bei
                 Realität auszahlen. Ausserdem ist bei Wohnun-                                                        der Bautätigkeit oder eine neue «Einwanderungs-
Wohnen

                 gen, die qualitativ nicht dem Marktstandard ent-                                                     welle» dürften die Angebotsmieten bis 2020 um
                 sprechen, eine Sanierung langfristig günstiger als                                                   mindestens 10 Prozent unter das Niveau von
                 drastische Mietsenkungen.                                                                            2015 rutschen.
Geschäft

                 Überangebotsrisiko im Tessin und der Westschweiz
                 In den Wirtschaftszentren sind die Leerstands-                                                       stark negativen Trend weist aktuell das Tessin
                 quoten tief und dürften auch in den nächsten                                                         auf. Aufgrund einer angestiegenen Zahl an
                 Quartalen kaum ansteigen. Im Mittelland und in                                                       Baubewilligungen und des Einbruchs der
Börse

                 vielen peripheren Regionen erhöht der struktu-                                                       Zuwanderung aus Italien dürfte die Zahl der
                 relle Leerstand die Vermietungsrisiken. So haben                                                     leeren Mietwohnungen bis zur Jahresmitte
                 die Kantone Solothurn und Wallis mit je rund                                                         nochmals deutlich zunehmen. Ebenfalls ist das
                 6 Prozent den höchsten Anteil an leeren Miet-                                                        Überangebotsrisiko in den Westschweizer Kan-
                 wohnungen, aber auch im Aargau stehen knapp                                                          tonen Freiburg, Jura und Neuenburg sowie im
                 4,5 Prozent aller Mietwohnungen leer. Einen                                                          Waadtländer Hinterland merklich angestiegen.
Global

                 Mietwohnungsleerstandsquote¹ (2017) und Absorptionsrisiko² (4. Quartal 2017) nach Kanton (Kürzel)
                 oder MS-Region (in Prozent)
                                                                                                      Zürcher Unterland
                                                             Oberes Baselbiet                Lugano                               TI
                                                                                                                 FR                                                       JU
                                     hoch

                                                                                                            SZ   NE
                                                                                 Luzern                                         St.Gallen
                                                                                      Limmattal      La Sarine                                   GR
                                                                           BL                                         Wil                              Solothurn
                 Absorptionsrisiko

                                                     Lausanne                 Morges         LU                                             SG                     Brugg-Zurzach        VS
                                                                              VD           Thun                  Zürcher Oberland
                                                                                                           CH                                    SH                                SO
                                                             Zimmerberg        Winterthur                                                              TG         AG
                                     mittel

                                                                             Vevey                                                                                        Aarau      Oberaargau
                                                           Unteres Baselbiet ZH                                                                   BE                                Sion
                                                        GE                  Glattal-                             Pfannenstiel                                                       Olten
                                                               Basel-Stadt Furttal       Bern                                               Thurtal Biel/Bienne
                                                  Zürich ZG                          Sursee-Seetal
                                                                                                         Baden
                                     tief

                                              0                        1                       2                            3                           4                          5
                                                                                          Mietwohnungsleerstandsquote
                   Vermietungsrisiko
                   tief                                                         hoch                                                                        Bevölkerungsgrösse
                 1
                        Mietwohnungsleerstandsquote unter Verwendung des von UBS geschätzten Mietwohnungsbestands
                 2
                  Das Absorptionsrisiko vergleicht das Wachstum des Wohnungsbestands (Angebot) mit dem Bevölkerungswachstum (Potenzialnachfrage) und gibt
                 Aufschluss darüber, ob regional zu viel oder zu wenig gebaut wird. Die Angebotsausweitung wird aufgrund der Baugesuche und -bewilligungen
                 der letzten fünf bzw. sechs Quartale ermittelt. Das Potenzialwachstum wird aufgrund des Bevölkerungswachstums der vergangenen drei Jahre geschätzt.

                 Quellen: BFS, Docu Media, UBS

            18   UBS Real Estate Focus 2018
Die Bestandesmieten haben sich langfristig sehr      Wertberichtigung droht
stabil entwickelt. So stiegen sie in der Schweiz     Massgeblich entscheidend für den künftigen
seit 1982 teuerungsbereinigt im Einklang mit         Investitionserfolg ist die längerfristige Zinsent-
den Löhnen um rund 0,5 Prozent pro Jahr. Im          wicklung. Sobald die Zentralbanken die Zinsen
historischen Vergleich sind die Bestandesmieten      nicht mehr nach unten verzerren, werden diese
also nicht überhöht; wir erwarten denn auch          höher tendieren. Ein schwacher Anstieg der
keine breite Korrektur in den nächsten Jahren.       Zinskurve von bis zu 0,5 Prozentpunkten dürfte
Doch zurzeit sind die Angebotsmieten durch-          die Preise für Mehrfamilienhäuser aber nicht auf
schnittlich noch rund 20 Prozent höher als die       breiter Front unter Druck setzen. In einem sol-
Bestandesmieten. Durch die erwartete Korrektur       chen Szenario bleibt der Anlagenotstand beste-
der Angebotsmieten wird sich diese Differenz         hen. Ein Anstieg der zehnjährigen Eidgenossen
reduzieren. Einerseits sinkt dadurch das Miet­       auf beispielsweise 2 Prozent brächte aber deutli-
steigerungspotenzial bei Mieterwechseln in           che Abschreiber mit sich. Investoren müssten mit
Bestandesliegenschaften. Andererseits verringert     Wertkorrekturen von rund 20 Prozent rechnen.
dies den Spielraum, bestehende Mietverhältnisse      Da die Preise an Spitzenlagen in den letzten Jah-
bei steigendem Referenzzinssatz anzupassen.          ren stärker auf sinkende Zinsen reagierten, dürf-
Denn die Angebotsmieten stellen eine Ober-           ten diese bis zu 30 Prozent an Wert einbüssen.
grenze für die Miethöhe in bestehenden Ver­          Umgekehrt reagieren die Preise in peripheren
trägen dar.                                          Lagen schwächer auf Zinsschwankungen. Aller-
                                                     dings ist dort das Risiko von Einnahmeausfällen,
                                                     sei es aufgrund höherer Leerstände oder tieferer
Investitionsausblick                                 Mieten, im aktuellen Marktumfeld akzentuierter.
Bewertungen am Höhepunkt                             Am attraktivsten schätzen wir zurzeit Agglome-
Immer tiefere Kapitalisierungssätze trieben die      rationsstandorte in Pendlerdistanz der grossen
Preisrally bei Wohnrenditeliegenschaften über die    Zentren ein, die Nettoanfangsrenditen von gut
letzten zehn Jahre. Seit 2007 stiegen die Preise     3 Prozent bieten bei gleichzeitig moderaten
für Mehrfamilienhäuser gesamtschweizerisch           Leerstandsrisiken.
um knapp 60 Prozent. Bei um rund 15 Prozent
höheren Mieten in diesem Zeitraum impliziert
dies einen Rückgang der Nettoanfangsrenditen
von leicht unter 5 Prozent auf aktuell 3,5 Pro-
zent. Regional reichen die Renditen zurzeit von
weniger als 2 Prozent (Zürich Kreis 1) bis über
5 Prozent (Goms).                                          Ein Franken Miete in Zürich doppelt
Angesichts einer negativen Verzinsung von
                                                           soviel Wert wie in den Bergen
                                                            Nettoanfangsrenditen* nach MS-Regionen (in Prozent)
Schweizer Staatsanleihen mit Laufzeiten bis über
zehn Jahre sind solche Renditen für viele Inves-              unter 2,5
toren weiterhin attraktiv. Die Zinsen dürften aber            2,5 bis 3,0
aufgrund global weniger expansiver Zentralban-                3,0 bis 3,5
                                                              3,5 bis 4,0
ken in den nächsten zwölf Monaten leicht                      4,0 bis 4,5
ansteigen. Vor dem Hintergrund steigender                     über 4,5
Leerstände und sinkender Mieten dürften die
Kapi­talisierungssätze 2018 nicht weiter sinken.
Die Preise bei Wohnrenditeliegenschaften dürf-
ten also ihren Höhepunkt erreicht haben. Dass
Investoren kaum noch mit Aufwertungsgewin-
nen rechnen, widerspiegelt sich auch an den
Börsen: Im zweiten Semester 2017 korrigierten
die Kurse der Wohnimmobilienfonds deutlich.
Die Erwartungen auf weiter steigende Preise                * Nettoertrag nach Abzug aller Kosten (inkl. Instandsetzung), in Prozent des Kaufpreises
für Wohnrenditeinvestitionen sind verpufft.                Quelle: Schätzungen UBS

                                                                                                                          UBS Real Estate Focus 2018   19
Hypotheken als Anlageklasse

                 Mehr Geld von
                 institutionellen Investoren
                 Elias Hafner
Mobilität

                                        Für Pensionskassen und Versicherer sind die Anreize gestiegen,
                                        Hypotheken zu vergeben. Durch die anhaltende Verschärfung
                                        der Bankenregulierung dürften die Banken Marktanteile ver­
                                        lieren. Den institutionellen Investoren stehen mehrere Türen für
Wohnen

                                        Hypothekarinvestitionen offen.

                 Der Schweizer Hypothekarmarkt hat vergan­            der Höhe der Belehnung und dem Risiko der
Geschäft

                 genes Jahr die Grenze von 1000 Milliarden            Marktsegmente generell konservativer. Somit
                 Schweizer Franken überschritten. Banken hal-         besteht nebst den ungleichen Marktanteilen
                 ten rund 95 Prozent des Volumens, während            auch eine gewisse Segmentierung des Marktes.
                 Versicherer und Pensionskassen nur einen klei-
                 nen Teil des Marktes ausmachen. Doch eine            Regulierung und tiefe Zinsen verschieben
                 Trendwende scheint eingeläutet. Die Hypothe-         Anreize
                 karpositionen der Versicherer zeigten 2015 und       Es gibt vorwiegend drei Gründe, weshalb institu-
Börse

                 2016 mit je rund 6 Prozent eine Wachstumsbe-         tionelle Investoren derzeit vermehrt in den Hypo-
                 schleunigung und auch die Hypothekarbücher           thekarmarkt drängen:
                 der Pensionskassen nahmen 2016 nach mehre-
                 ren Jahren rückläufiger Entwicklung mit 5 Pro-       Regulierung
                 zent deutlich zu. Bei Banken hingegen hat sich       Die seit der Finanzkrise erhöhten Standards für
                 das Wachstum verlangsamt. Grossbanken                Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen unter
Global

                 haben zuletzt gar ihren Hypothekenbestand            Basel III haben die Finanzierung bei den Banken
                 reduziert. Die ersten verfügbaren Zahlen der         kostspieliger gemacht. Gleichzeitig haben der
                 Versicherer für 2017 deuten darauf hin, dass         antizyklische Kapitalpuffer der Schweizerischen
                 ihr Hypothekarvolumen weiterhin schneller            Nationalbank sowie schärfere Selbstregulierungs-
                 wächst als jenes der Banken.                         massnahmen die Hypothekarvergabe bei Banken
                                                                      zusätzlich verteuert beziehungsweise erschwert.
                 Institutionelle mit langfristigem Horizont
                 Banken finanzieren ihre Hypothekarkredite über-
                 wiegend mit kurzfristig abrufbarem Fremdkapi-
                 tal. Somit stellen Festhypotheken bei Banken ein
                                                                            Institutionelle haben kleinen Anteil
                 klassisches Zinsdifferenzgeschäft dar. Vereinfacht         Schweizer Hypothekarmarkt nach Kreditgeber per Ende 2008 und 2016
                                                                            (in Prozent)
                 gesagt, erhalten sie dabei den Hypothekarsatz                             2016
                 und zahlen zugleich den Sparern einen Zins auf
                                                                                         4 1
                 deren Einlagen.
                                                                                  18            2008                        Kantonalbanken
                 Im Gegensatz dazu investieren Versicherer und                                  42               34         Grossbanken
                 Pensionskassen das einbezahlte Kapital ihrer                              17               32              Raiffeisenbanken
                 Versicherten, das künftige Rentenversprechen                                                               übrige Banken
                 oder Schadensummen decken sollte. Die Dura­                              14                                Versicherungen
                 tion der Verpflichtungen bei Pensionskassen                   17                  32                       Pensionskassen
                 beträgt rund zehn bis 15 Jahre. Deshalb bevor-
                 zugen Versicherer und Pensionskassen bei der
                 Kreditvergabe längere Laufzeiten und bieten                                         26
                 standardmässig 15, teilweise gar bis 25 Jahre
                 an. Zudem sind sie bei der Vergabe bezüglich               Quellen: BFS, FINMA, SNB, UBS

            20   UBS Real Estate Focus 2018
Sie können auch lesen