MERCATOR 2020 - PERSPEKTIVEN ÖFFNEN, CHANCEN ERMÖGLICHEN - DIE STRATEGIE DER STIFTUNG MERCATOR

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MERCATOR 2020 –
PERSPEKTIVEN ÖFFNEN,
CHANCEN ERMÖGLICHEN
DIE STRATEGIE DER
STIFTUNG MERCATOR
INHALT

Vorwort 4

MERCATOR 2020

Unser Leitbild                            6

Unsere Strategie                          7

Unsere Arbeitsweise und unsere Haltung    8

Unsere Organisation                      0

UNSERE CLUSTERTHEMEN UND RESSORTTHEMEN

Europa                                   4

Integration8

Klimawandel                              22

Kulturelle Bildung                       26

Wissenschaft                             30

Bildung                                  34

Internationale Verständigung             36
VORWORT

MERCATOR 2020
PER­SPEKTIVEN ÖFFNEN,
CHANCEN ERMÖGLICHEN

Sehr geehrte Damen und Herren,                              Zum Ende der Strategiephase Mercator 203 hat eine
liebe Freunde und Partner der Stiftung Mercator,            unabhängige internationale Kommission unter dem
                                                            Vorsitz von Otfried Jarren, Prorektor der Universität
Weltoffenheit, Respekt und Toleranz stehen im Mittel­       Zürich, und Wolf Schmidt, PhiPolisConsult, die strategi­
punkt unseres Wertekanons. Wir treten für gesellschaft­     sche Ausrichtung, die Wirksamkeit sowie die Methodik
lichen Zusammenhalt ein, gleiche Lebenschancen und ein      unseres Arbeitens überprüft. Im Fokus stand dabei we­
handlungsfähiges Europa. Dieser Haltung entsprechend        niger die Überprüfung, ob wir unsere inhaltlichen Ziele
haben wir unsere Handlungsfelder und Ziele in der Stra­     erreicht haben – wir wollten vielmehr Aufschluss über
tegie „Mercator 2020 – Per­spektiven öffnen, Chancen        unsere Strategie als Ganzes, gewissermaßen über unser
ermöglichen“ entwickelt. Wir wollen Europa stärken,         „Betriebssystem“ bekommen. Über die Empfehlungen
Integration durch gleiche Bildungschancen verbessern,       der Kommission hat unser Beirat beraten. Die Ergeb­
die Energiewende als Motor für globalen Klimaschutz         nisse sind in die Weiterentwicklung der Stiftungsstrate­
vorantreiben und kulturelle Bildung in Schulen verankern.   gie eingeflossen.

4
Diese Strategie unter dem Titel „Mercator 2020 – Per-
spektiven öffnen, Chancen ermöglichen“ wollen wir Ihnen
vorstellen. Wir danken allen Partnern und Freunden, die
unsere Arbeit begleitet und unterstützt haben, und freuen
uns darauf, gemeinsam mit ihnen auch weiterhin Perspek­
tiven zu öffnen und Chancen zu ermöglichen.

Winfried Kneip      Dr. Markus Piduhn   Dr. Wolfgang Rohe   Michael Schwarz
Geschäftsführer     Geschäftsführer     Geschäftsführer     Geschäftsführer

                                                                              5
MERCATOR 2020

                  UNSER
                  LEITBILD

Ideen beflügeln                                             Was wir wollen
Ideen bringen unsere Gesellschaft in Bewegung. Wir          Die Stiftung Mercator will
­beflügeln Ideen, entwickeln sie und unterstützen           › umfassende Bildung und Chancengleichheit ermöglichen,
 sie praktisch. Wir schaffen Freiräume für Neues, das       › Selbstentfaltung von Kindern, Jugendlichen und jungen
 ­unsere Gesellschaft zum Besseren verändern kann.            Erwachsenen stärken,
  In einer vielfältigen Gesellschaft gelingt dies am bes-   › Wissenschaft und Forschung zu ihren Zielen und
  ten in einer Balance von Auseinandersetzung und             Themen im Interesse aller fördern,
  Kompromiss, Vision und Praxisreife, individueller Frei-   › die Verständigung und den Austausch zwischen
  heit und Gemeinwohl­orientierung. Wir treten ein für        Menschen unterschiedlicher Kulturen unterstützen,
  ­gleiche Rechte und gleiche Lebenschancen, für sozia-     › für ein geeintes Europa eintreten,
   len Zusammenhalt, Respekt, Toleranz, Weltoffenheit       › die gesellschaftlichen Voraussetzungen für das fried-
   und den Schutz von Natur und Umwelt.                       liche Zusammenleben von Menschen unterschied-
                                                              licher Herkunft, unterschiedlicher Überzeugungen
Woher wir kommen                                              und unterschiedlicher sozialer Lage verbessern und
Die Handels- und Unternehmerfamilie Karl Schmidt aus        › die natürlichen Lebensgrundlagen bewahren.
Duisburg hat die Stiftung Mercator Ende der 990er
Jahre ins Leben gerufen. Sie hat ihr den Namen des          Das will die Stiftung Mercator erreichen, indem sie
in Flandern geborenen und viele Jahrzehnte in Duis-         › positive Beispiele für gesellschaftlichen Fortschritt
burg lebenden Kartografen und Humanisten Gerhard              möglich macht,
Mercator gegeben.                                           › die Phantasie aller anregt, die in Politik und Gesellschaft
                                                              besondere Verantwortung tragen, und
                                                            › allein oder gemeinsam mit Partnern Anstöße für die
                                                              Gestaltung der Zukunft gibt.

                                                            Dabei soll ihr Handeln von Qualität, Professionalität und
                                                            Transparenz bestimmt sein und sich der öffentlichen
                                                            Debatte stellen.

6
UNSERE
STRATEGIE

Die Stiftung Mercator versteht sich als zivilgesellschaftli­   Die Kompetenzen unserer Mitarbeiterinnen und Mitar­
cher Akteur, der seine gesellschaftspolitischen Ziele und      beiter bilden für uns die Basis unseres wirkungsvollen
Interessen aktiv verfolgt und transparent kommuniziert.        Einsatzes für unsere Ziele: einerseits in den systema­
Wir handeln auf der Grundlage unserer im Leitbild formu­       tischen Zusammenhängen von Wissenschaft, Bildung
lierten Werte. Wir machen Angebote an staatliche und           und Internationaler Verständigung, andererseits in den
gesellschaftliche Institutionen und arbeiten eng mit ihnen     thematischen Feldern Europa, Integration, Klimawandel
zusammen.                                                      und Kulturelle Bildung. Mit allen Aktivitäten möchten wir
                                                               systemisch wirken. Dies setzt fundierte Kenntnisse der
Wir fördern Wissenschaft, Bildung und Internationale           komplexen strukturellen und institutionellen Zusammen­
Verständigung und initiieren, entwickeln und finanzieren       hänge in den Themen voraus, mit denen wir uns beschäf­
gezielt Projekte und Partnergesellschaften in den The­         tigen. Wir sind davon überzeugt, dass Kooperationen und
menbereichen, für die wir uns engagieren: Wir wollen           Netzwerke die Erfolgschancen unserer Arbeit stärken.
Europa stärken, Integration durch gleiche Bildungschan­        Darüber hinaus ist Exploration ein wichtiger Teil unserer
cen für alle verbessern, die Energiewende als Motor für        Strategie: Unsere bisherigen Themen entwickeln wir plan­
globalen Klimaschutz vorantreiben und kulturelle Bildung       voll weiter und erkunden und erproben Neues.
in Schulen verankern. Das Ruhrgebiet ist die Heimat un­
serer Stifterfamilie und der Sitz der Stiftung. Seiner Ent­
wicklung fühlen wir uns besonders verpflichtet. Unsere
Projekte wirken in unseren bundesweiten Zielsetzungen
jedoch vielfach in ganz Deutschland. Darüber hinaus en­
gagieren wir uns in Europa und speziell der Türkei sowie
in China.

                                                                                                                      7
MERCATOR 2020

                UNSERE ARBEITSWEISE
                UND UNSERE HALTUNG

Die Stiftung Mercator versteht sich als lernende Orga­      Wir handeln systemisch.
nisation, die unterschiedliche Partner für gemeinsame        Wir wollen mit unserem Engagement die strukturel­
Ziele gewinnen und neue Wege entdecken will. Dabei           len und institutionellen Zusammenhänge beeinflus­
wird die Art, wie wir arbeiten und durch unser Engage­       sen, in die unsere Themen eingebunden sind. Diese
ment wirken, von sieben Leitlinien bestimmt:                 Zusammenhänge sind komplex und werden durch
                                                             viele Faktoren bestimmt. Ein einfacher Ursache-Wir­
                                                             kung-Mechanismus greift hier zu kurz. Das verstehen
                                                             wir unter systemischem Wirken.

                                                         2   Wir sind kompetent.
                                                             Die Kompetenzen unserer Mitarbeiterinnen und
                                                             Mitarbeiter in Wissenschaft, Bildung und Interna­
                                                             tionaler Verständigung sowie auch in unseren vier
                                                             Clusterthemen bilden die Basis un­seres Einsatzes
                                                             für unsere Ziele. Unsere Expertise wirkt sich auch
                                                             auf die Auswahl unserer Vorhaben aus: Wir engagie-
                                                             ren uns nur dann, wenn die nötigen internen Kom­
                                                             petenzen und praktischen Erfahrungen vorhanden
                                                             sind oder wir sie beschaffen können.

                                                         3   Wir gestalten langfristig.
                                                             Wir investieren in langfristige gesellschaftliche
                                                             Reformprozesse und richten unsere Arbeitsweise
                                                             sowie Partnerschaften danach aus.

8
4   Wir suchen Kooperationen.                               7   Wir wirken durch Evaluation und Exploration.
    Um unsere Ziele zu erreichen, arbeiten wir mit              Vom einzelnen Projekt über thematische Portfolios
    natio­nalen und internationalen Netzwerken und              bis hin zur Gesamtstrategie der Stiftung nutzen wir
    Institu­tionen zusammen. Darunter befinden sich             verschiedene Instrumente, um die Wirkung unserer
    Parlamente, Minis­terien, Kommunen, andere Stif­            Arbeit zu erfassen. Dabei sind wir offen für Verände­
    tungen im In- und Ausland, Schulen, Hochschulen,            rungen sowie für neue Ideen und Themen.
    Forschungsinstitute, NGOs, Thinktanks und Part­
    nergesellschaften. Die Formen der Zusammen-
    arbeit sind vielgestaltig.

5   Wir agieren flexibel.
    Wir entwickeln Projekte selbst oder fördern sie
    gemeinsam mit anderen. Wo uns Projekt­ansätze
    ­anderer überzeugen, die unsere Ziele teilen und mit
     uns kooperieren möchten, unterstützen wir diese
     oder entwickeln sie gemeinsam weiter. Darüber
     hinaus gründen wir Partnergesellschaften, wenn uns
     das effektiver oder effizienter erscheint, um unsere
     Ziele zu erreichen. Diese besondere Form langfris­
     tigen Engagements setzen wir mit verschiedenen
     Partnern sowie in unterschiedlichen Strukturen um.

6   Wir leben integrierte Kommunikation.
    Kommunikation ist integraler Bestandteil unseres
    Stiftungshandelns. Die offene gesellschaftliche
    ­Debatte streben wir an.

                                                                                                                    9
MERCATOR 2020

                 UNSERE
                 ORGANISATION

Die Säulen der Stiftung Mercator bilden drei inhaltliche     Im Bereich Klimawandel entwickeln und fördern wir
Ressorts: Wissenschaft, Bildung und Internationale Ver-      ­Projekte, die die Energiewende als Motor für einen glo­
ständigung. Jedes Ressort wird von einem Geschäfts-           balen Klimaschutz vorantreiben.
führer verantwortet. Darüber hinaus gibt es das Kauf­
männische Ressort, das unter der Leitung einer Kauf­         Unsere Mitarbeiter des Bereichs Bildung initiieren und
männischen Geschäftsführung steht. Die Mitarbeiter des       unterstützen Programme, die den Stellenwert kulturel­
Geschäftsführungsbüros sowie des Bereichs Kommu­             ler Bildung in Deutschland steigern. Zudem befasst sich
nikation erfüllen als Stabsstellen der Geschäftsführung      der Bereich Bildung als Querschnittsaufgabe mit den
Querschnittsfunktionen.                                      Herausforderungen des Transfers gelungener Projekte
                                                             in die Breite und den Herausforderungen des föderalen
Innerhalb der drei inhaltlichen Ressorts arbeiten die        Bildungssystems.
Projektmanager in sechs Bereichen und engagieren sich
übergreifend für die vier Clusterthemen Europa, Inte­        Im Bereich Integration erarbeiten und betreuen unsere
gration, Klimawandel sowie Kulturelle Bildung.               Mitarbeiter Programme, die Kindern und Jugendlichen
                                                             bessere Bildungschancen bieten.
Im Bereich Wissenschaft verwirklichen wir unsere gesell­
schaftspolitischen Stiftungsziele mit und in der Wissen­     Im Bereich Internationale Verständigung stehen Pro-
schaft. Als Querschnittsaufgabe beschäftigen wir uns mit     jekte im Mittelpunkt, die den Zusammenhalt und die
den Wechselwirkungen von Wissenschaft, Politik und           Handlungsfähigkeit Europas stärken. Dabei sind uns
Zivilgesellschaft, die für unsere Arbeit bereichsübergrei­   tragfähige Beziehungen Deutschlands und Europas
fend wichtig sind. Der Bereich koordiniert ferner unsere     zur Türkei besonders wichtig. Darüber hinaus
Aktivitäten im Ruhrgebiet.                                   engagieren sich die Mitarbeiter im Bereich Internationale
                                                             Verständigung für den Austausch mit ­China und
                                                             ent­wickeln bereichsübergreifend die inter­kulturelle
                                                             Handlungskompetenz der Stiftungsmitarbeiter weiter.

0
GESCHÄFTSFÜHRUNG
                                                                                                KFM.
                  GESCHÄFTS-                 GESCHÄFTS-               GESCHÄFTS-             GESCHÄFTS-
                    FÜHRER                     FÜHRER                   FÜHRER                 FÜHRER

                     Ressort                   Ressort                   Ressort            Kaufmännisches
                     Bildung                 Wissenschaft             Internationale            Ressort
                                                                      Verständigung

                                                                    Bereich      Bereich                        Bereich
 Geschäfts-    Bereich     Bereich        Bereich      Bereich       Inter-       Inter-        Kauf-        Kommunikation
führungsbüro   Bildung   Integration      Wissen-   Klimawandel   ­nationale    nationale     männischer      mit Projekt­
                                          schaft                  Verständi-   Programme       Bereich       Zentrum Berlin
                                                                      gung

                                         Clusterthema EUROPA

                                       Clusterthema INTEGRATION

                                       Clusterthema KLIMAWANDEL

                                 Clusterthema KULTURELLE BILDUNG
UNSERE CLUSTERTHEMEN
UND RESSORTTHEMEN
UNSERE CLUSTERTHEMEN

EUROPA

Ziel                                                         Europa ist mehr als die Europäische Union. Tragfähige
Als deutsche und europäische Stiftung sind wir davon         Beziehungen Deutschlands und Europas zur Türkei sind
überzeugt, dass das geeinte Europa das Beste für unse­       wichtig für ein handlungsfähiges Europa. Die Beziehungen
ren Kontinent ist. Nur gemeinsam können wir Europäer in      zwischen der Türkei und der Europäischen Union und ihrer
einer komplexen, multipolaren Welt Lösungen für globale      Mitgliedsstaaten sind so wichtig, so umfangreich und so
Herausforderungen wie den Klimawandel oder Integration       komplex, dass sie sich nicht auf die Frage eines Beitritts
und Migration finden und umsetzen. Gemäß der Maxime          der Türkei reduzieren lassen. Das ist uns in Deutschland
„Europäisch denken – europäisch handeln“ will die Stif­      sehr bewusst, schon weil mehr als drei Millionen Menschen
tung Mercator ein Europa mitgestalten, das zusammen­         türkischer Herkunft unter uns leben. Die Türkei besser zu
hält und zusammen handelt. „Europas Zusammenhalt und         verstehen, ihrer Gesellschaft zu begegnen und gemeinsam
Handlungsfähigkeit stärken“ lautet daher unser Ziel im       nach Lösungen für zentrale Fragen zu suchen, halten wir
Clusterthema Europa.                                         für eine wichtige Aufgabe unserer Stiftung.

Zusammenhalt entsteht, wenn die Menschen in Europa           Die geographische Lage sowie vielfältige politische, kultu­
sich als Europäer fühlen und die Vorteile der Gemein­        relle, historische und wirtschaftliche Bezüge verbinden die
schaft erleben. Daher arbeiten wir für ein Europa, das von   Türkei mit Europa. Zugleich kann die Türkei eine bedeu­
seinen Bürgern mitgestaltet wird, das auf Weltoffenheit      tende Brückenfunktion im Mittleren Osten wahrnehmen.
und Toleranz basiert, das Gerechtigkeit und Chancen­         Unser Ziel ist ein intensiver Austausch mit einer türkischen
gleichheit bietet, das die Rechte des Einzelnen schützt,     Gesellschaft, die sich für die europäische Idee einsetzt.
das Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gewährleistet         Dieser Austausch ist gerade in Zeiten wichtig, in denen
und Frieden sichert.                                         die Idee einer offenen Gesellschaft unter Druck ist. Wir
                                                             glauben an die Wirkung dieses Austauschs. Zu Begegnung,
                                                             Gespräch und gemeinsamer Suche nach dem Weg in die
                                                             Zukunft gibt es keine Alternative.

4
Herausforderung                                            Wir sind davon überzeugt, dass Europa Deutschland
Europa steht für Rechts- und Sozialstaatlichkeit, Gewal­   zum Besseren gereicht hat und Deutschland deshalb
tenteilung, Demokratie und die Freiheit des Individuums.   weiterhin ein hohes Interesse daran haben sollte, dem
Diese Werte bilden die Grundlage des Selbstverständnis­    Vertrauensverlust in Europa entgegenzutreten. Nicht
ses unserer Gesellschaft und auch die Basis der Werte      zuletzt hat Deutschland eine historische Verantwortung,
der Stiftung Mercator. Weltoffenheit, Pluralismus und      für ein friedliches und freiheitliches Europa und den
Toleranz, Partizipation und Gerechtigkeit sind Antriebs­   Zusammenhalt unseres Kontinents aktiv zu werden.
federn unseres Engagements in den Projekten, die wir
umsetzen und fördern.                                      Strategie
                                                           Unser Ziel ist es, Verständnis für den notwendigen
Die Idee eines Europas, das diese Werte spiegelt, hat      europäischen Zusammenhalt zu schaffen. In dem
jedoch an Vertrauen verloren. Viele Menschen nehmen        Kontext ist es uns wichtig, vor allem junge Menschen
ein Europa wahr, das von Krisen geschüttelt ist, dessen    für ein geeintes und handlungsfähiges Europa zu
einzelne Länder untereinander zerstritten sind und das     begeistern und ihnen die Möglichkeit zu geben, Europa
nicht handlungsfähig scheint. Organe und Arbeitsweisen     zu erleben und aktiv mit­zugestalten, in Europa die
der Europäischen Union bleiben vielen Menschen fremd.      eigenen Chancen für Leben und Arbeiten zu verstehen.
                                                           Bei unseren Aktivitäten im Clusterthema Europa
Die Vorteile der Gemeinschaft werden kaum in den           konzentrieren wir uns auf vier Handlungsfelder, die
Blick genommen, dafür die vermeintlich negativen Sei­      maßgeblichen Einfluss auf die Zukunft Europas und
ten überbetont. Die Folge sind Desinteresse an europa­     seiner Gesell­schaften haben:
politischen Themen, zunehmende europaskeptische
Berichterstattung oder der Zuwachs nationalistischer       › Europa in der Welt,
Parteien. Dies alles sind Symptome eines Vertrauens­       › europäische Klimapolitik,
verlustes, der die Idee von Europa substanziell von        › kultureller und öffentlicher Raum,
innen heraus gefährdet. Dieses Vertrauen wiederher­          europäische politische Bildung und
zustellen, daran wollen wir arbeiten.                      › Wirtschaft und Arbeit.

                    Modell mit Zukunft: Wir engagieren uns
                    für ein Europa, das zusammenhält und
                    zusammen handelt.

                                                                                                                   5
VIER HANDLUNGSFELDER
Bei unseren Aktivitäten im Clusterthema Europa konzentrieren wir uns auf vier Handlungsfelder,
die maßgeblichen Einfluss auf die Zukunft Europas und seiner Gesellschaften haben:

                                                                                 KULTURELLER UND
                                                                                ÖFFENTLICHER RAUM,
                     WIRTSCHAFT                                                    ­EUROPÄISCHE
                     UND ARBEIT                                                 POLITISCHE BILDUNG

                                                  EUROPA

                EUROPA IN DER WELT                                                   EUROPÄISCHE
                                                                                    ­KLIMAPOLITIK

„Wir Europäer können im globalisierten Weltgefüge nur gemeinsam
 bestehen, nur gemeinsam werden wir unsere Werte von Freiheit,
 Frieden und Gerechtigkeit behaupten. Die europäische Integration ist
 im ureigenen deutschen Interesse, sie ist im Interesse aller europäischen
 Völker. Deshalb müssen wir für Europa kämpfen. Mit Herz, Verstand
 und mit dem notwendigen Respekt voreinander.“
Helmut Schmidt Bundeskanzler a.D.
Umsetzung                                                   Wir fördern zudem Praxisprojekte, die eine positive
Für unsere Projekte suchen wir gezielt nach neuen Im­       Wahrnehmung Europas fördern und Mitgestaltung er­
pulsen. Wir arbeiten mit starken Partnern zusammen,         möglichen. Wir unterstützen die Umsetzung von Vor­
mit etablierten ebenso wie mit neuen Akteuren der euro­     haben, die mit kreativen und mutigen Ideen Menschen
päischen Szene. Darunter sind wissenschaftliche Institu­    über Ländergrenzen hinaus zusammenbringen und ein
tionen, Kulturmittler, Bildungseinrichtungen, Austausch­    gemeinsames Europa gestalten.
organisationen und Thinktanks.
                                                            Wir ermöglichen Akteuren aus Politik und Zivilgesell­
Unser Engagement setzt auf drei Methoden:                   schaft, über geografische, politische und kulturelle
                                                            Grenzen hinweg in Kontakt zu treten. Austausch und
   Mit Instrumenten der Analyse identifizieren wir Prob­   Begegnung fördern wir auch in zahlreichen Programmen
    leme, bereiten Daten und Fakten auf und erarbeiten      vor allem für junge Menschen. Mit einem Schuljahr im
    Lösungsansätze.                                         Ausland, mit Sommerakademien für junge Führungskräf­
                                                            te, mit Fellowships oder internationalen Seminaren für
2   Mit Mitteln der Kommunikation bringen wir diese         Lehrer und Fachkräfte wollen wir Menschen ermutigen,
    Lösungsansätze in die Diskussion ein, regen neue        Europa kennen zu lernen und sich mit anderen Europäern
    Debatten an und werben für die europäische Idee.        auszutauschen.

3   Durch Partizipation wollen wir schließlich Verän­       Die Stiftung Mercator möchte Ideen und Projekte entwi­
    derungen erreichen, indem wir über Begegnungen          ckeln und durchführen, die in Deutschland und darüber
    und politische Teilhabe europäisches Denken und         hinaus wirken und nach Europa ausstrahlen. Das gilt auch
    gemeinsames Handeln ermöglichen.                        umgekehrt: Wir ermutigen Akteure anderer europäischer
                                                            Länder an Konzepten zu arbeiten, die einen Bezug zu
Um besser zu verstehen, wie europäische Krisen ent­         oder eine Rückwirkung auf Deutschland haben.
stehen, wie sie bewältigt werden und wie Europas Hand-
lungsfähigkeit gestärkt werden kann, fördern wir euro­
päische Thinktanks. Mit Fellowship-Programmen unter­
stützen wir junge Forscher und Praktiker aus Deutsch­
land, der Türkei und weiteren europäischen Ländern, die
zu dem Thema Europa arbeiten oder die paneuropäische
Zusammenarbeit in konkreten Projekten erproben.

                                                                                                                  7
UNSERE CLUSTERTHEMEN

INTEGRATION

Ziel                                                          Um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle Partner aus
Deutschland ist ein Land, das von kultureller, sprachlicher   Bildungs- und Integrationspolitik, Verwaltungen von Bund,
und religiöser Vielfalt geprägt ist. Um den Zusammenhalt      Ländern und Kommunen, Wissenschaft, Zivilgesellschaft
unter den Bürgern zu stärken, muss jeder die Chance           und Praktiker eng zusammenarbeiten, damit Strategien
haben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.               besser abgestimmt, neue Ansätze entwickelt, der Trans­
                                                              fer gelungener Praxis in die Breite gelingen und struktu­
Grundlage für Teilhabe ist Bildung, weil sie den Zugang       relle Veränderungen herbeigeführt werden können.
zum politischen, kulturellen und sozialen Leben ermög­
licht. Ihr Erfolg hängt hierzulande immer noch stark          Herausforderung
von der Herkunft und der sozialen Lage ab. Die Stiftung       Rund 20 Prozent unserer Bevölkerung haben einen
­Mercator setzt sich dafür ein, allen Menschen die glei-      Migrationshintergrund, bei den unter Fünfjährigen sind
 chen Chancen zu geben. Wir wollen Diskriminierung und        es mehr als 35 Prozent: Tendenz steigend. Diese Vielfalt
 strukturelle Hürden im Bildungssystem abbauen und            birgt nicht nur individuelle, sondern auch gesamtgesell­
 ­junge Menschen bestmöglich fördern.                         schaftliche Vorteile: Eine gedeihende Gesellschaft basiert
                                                              auf Diversität und bindet alle Talente und Potenziale ein.
Unsere Arbeit widmet sich vor allem Kindern und Jugend­       Teilhabe und Akzeptanz sind zentral für den gesellschaft­
lichen mit Migrationshintergrund. Viele von ihnen werden      lichen Zusammenhalt und den sozialen Frieden.
nicht nur mit migrationsspezifischen Herausforderungen
konfrontiert, sondern auch mit sozialer Benachteiligung.      Ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland empfindet
Sie sind doppelt beeinträchtigt. Diese Ungleichheit wollen    die wachsende Vielfalt als Bereicherung. Reale Chancen­
wir verringern. Unser Ziel ist es, die Bildungsungleichheit   gleichheit gibt es jedoch nicht. Häufig sind Kinder und
in Deutschland bei den Schul- und Hochschulabschlüssen        Jugendliche mit Migrationshintergrund an Hauptschulen
von Menschen mit Migrationshintergrund um 70 Prozent          über- und an Gymnasien unterrepräsentiert.
bis 2025 zu reduzieren.

8
Bei den Schulleistungen zeigen Untersuchungen, dass sie     Uns ist bewusst, dass Bildungsprozesse komplex sind.
schlechter abschneiden als ihre Mitschüler ohne Migra­      Sie finden in der Familie, in der Kinder- und Jugendhilfe
tionshintergrund. Migranten in Deutschland erreichen im     und im Alltag ebenso statt wie in Schule und Hochschule.
Vergleich dreimal seltener einen berufsqualifizierenden     Um alle jungen Menschen unabhängig von ihrer ethni­
Abschluss als ihre deutschen Klassenkameraden.              schen und sozialen Herkunft zu erreichen, konzentrieren
                                                            wir uns auf die öffentlichen Institutionen, die Bildung
Mit diesen Herausforderungen beschäftigt sich die           vermitteln.
Stiftung Mercator im Bereich Integration. Wir folgen der
Definition des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen    Unsere Initiativen und Maßnahmen sollen als Teil des
für Integration und Migration und verstehen Integration     Bildungssystems nachhaltig wirken. Die Anforderun­
als „möglichst chancengleiche Partizipation an den zen­     gen einer gesellschaftlichen Vielfalt müssen sich in den
tralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens“. Obwohl     rechtlichen Rahmenbedingungen, in den Strukturen, in
der Begriff kontrovers diskutiert wird, hat sich dieses     Leitbildern und pädagogischen Grundsätzen aller Akteure
Verständnis bewährt: Es geht weder darum, dass Minder­      des Bildungswesens niederschlagen. Dafür setzt sich die
heiten vollständig in der Mehrheitsgesellschaft aufgehen,   Stiftung Mercator im Ruhrgebiet, in Nordrhein-Westfalen
noch darum, Unterschiede zu nivellieren. Vielfalt soll im   und bundesweit ein.
Rahmen unserer demokratischen Gesellschaft gelebt wer-
den. Allerdings müssen alle Menschen die gleichen Chan­     Wir wollen die Mechanismen von Benachteiligung und
cen erhalten, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.      Diskriminierung noch besser verstehen und Lösungs­
                                                            ansätze finden. Daher unterstützen wir auch Studien
Strategie                                                   und Thinktanks wie den Sachverständigenrat deutscher
Die Stiftung Mercator will gemeinsam mit ihren Partnern     Stiftungen für Integration und Migration. Zu Integrations­
Bildungsgleichheit schaffen und Diskriminierung abbauen.    fragen beziehen wir öffentlich Stellung und bringen uns
Dazu identifizieren wir die Bedingungen für erfolgreiche    in gesellschaftliche Diskurse ein.
Bildungsbiografien und entwickeln Instrumente, um die
Ursachen von Benachteiligungen anzugehen. Darüber
hinaus bringt die Stiftung Mercator ihre Erfahrungen und
ihre Position in gesellschaftliche Debatten ein und ent­
wickelt Handlungskonzepte für gelingende Integration.

                    Bildung für alle: Wir wollen chancengleiche
                    Teilhabe ermöglichen und gesellschaftlichen
                    Zusammenhalt stärken.

                                                                                                                    9
SCHÜLER AN SCHULFORMEN DER SEKUNDARSTUFE I
   Schüler ohne Migrationshintergrund       Schüler mit Migrationshintergrund   (gerundete Prozentwerte)

                                   2008                                                    2012
                                 3,8 %                                                            7, %
                       26,9 %
                                                            HAUPTSCHULE                                    14,5 %

                      27,3 %                                                                                        24,5 %
                        25,6 %
                                                             REALSCHULE                                             25,0 %

         45,8 %                                                                                                                         47,9 %
                  32,3 %
                                                              GYMNASIUM                                                        39,1 %

                                  3, %                     INTEGRIERTE                                       20,6 %
                                 5,2 %                      SCHULFORM                                          21,5 %

Die Stiftung Mercator will gemeinsam mit ihren Partnern
Bildungsgleichheit schaffen und Diskriminierung abbauen.
Dazu identifizieren wir die Bedingungen für erfolgreiche
Bildungsbiografien und entwickeln Instrumente, um

                                                                                                                      20 %
                                                                                                                        RUND
die Ursachen von Benachteiligungen anzugehen.

Rund 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland haben einen Migrations-
                                                                                                                        MIGRATIONS-
hintergrund, bei den unter Fünfjährigen sind es mehr als 35 Prozent:                                                    HINTERGRUND
Tendenz steigend. Laut einer OECD-Studie von 202 ist Deutschland das
zweitbeliebteste Einwanderungsland nach den USA.

ANTEIL MIGRATIONSHINTERGRUND NACH ALTERSKLASSEN
   Ohne Migrationshintergrund, in Prozent         Mit Migrationshintergrund, in Prozent

  35,5        34,2       30,1       27,5      23,2       25,3        23,5        16,5       15,7       10,6           8,1        5,9         5,3
                                                                                                                     91,9       94,1        94,7
                                                                                                       89,4
                                                                                 83,5       84,3
                                              76,8       74,7        76,5
                         69,9       72,5
  64,5        65,8

  Unter       5–0     0–5       5–20     20–25       25–35      35–45       45–55      55–65       65–75         75–85     85–95         95
    5                                                                                                                                     und mehr
Umsetzung                                                   3   Sprachbildung fördern
Damit wir unser Ziel erreichen, richten wir unser Engage­       Sprache ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen
ment auf Schule, Hochschule und auf Schlüsselpersonen           Bildungsbiografie. Wer die Unterrichtssprache nicht
im Bildungssystem und setzen auf vier ineinandergreifen­        beherrscht, erreicht nicht die nötigen Kompetenzen
de Schwerpunkte:                                                für einen guten Abschluss. Lehrer aller Schulformen
                                                                und Fächer sollten eine effektive Sprachbildung
   Rahmenbedingungen gestalten                                 der Schüler betreiben. Studium und Referendariat
    Wir setzen uns dafür ein, dass Bildungsinstitutionen        müssen Lehrer auf diese Aufgabe vorbereiten. Die
    optimale Rahmenbedingungen für ein Lernen in                Stiftung Mercator engagiert sich dafür, Inhalte zur
    Vielfalt bieten. Besonderen Gestaltungsraum sehen           sprachlichen Bildung und interkulturellen Pädagogik
    wir bei Ganztagsschulen, weil Kinder dort viel Zeit         in die Lehrerausbildung aufzunehmen. Wir fördern
    gemeinsam verbringen. Zusammen mit Partnern in              Grundlagenforschung zu Spracherwerb und Diagnos­
    Schule, Schulverwaltung und Wissenschaft initiieren         tik, Didaktik und Methodik der Sprachbildung eben­
    wir Ganztagskonzepte, die das Potenzial von Schü­           so wie die praxisnahe Entwicklung von Konzepten
    lern fördern und fachliches Lernen nicht auf den            für eine durchgängige Sprachbildung in Schule und
    Unterricht beschränken. Davon profitieren besonders         Hochschule.
    Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund.
                                                            4   Mit Vielfalt umgehen lernen
2   Bildungsbiografien begleiten                                Nahezu jeder dritte Schüler spricht eine andere
    Die Übergänge zwischen Bildungsinstitutionen sind           Erstsprache als Deutsch. Die wachsende Vielfalt stellt
    für Schüler mit Migrationshintergrund oft schwer. So        Bildungsinstitutionen vor große Herausforderungen.
    müssen sie etwa für eine Gymnasialempfehlung bes­           Mit unseren Projekten setzen wir uns für bessere
    sere Leistungen als ihre Mitschüler erbringen. Wir          Lern-, Förder- und Beratungsangebote in Schulen
    fördern Programme, die den Weg von der Kita über            und Hochschulen ein. Darüber hinaus unterstützen
    die Grundschule zur weiterführenden Schule bis hin          wir Programme, die Schüler und Lehrer für den
    zur Hochschule und in den Beruf erleichtern. Um             wertschätzenden Umgang mit Vielfalt stärken und
    nachhaltige Veränderungen zu erreichen, vernetzen           die interkulturellen Kompetenzen von Schülern und
    wir Bildungsinstitutionen miteinander.                      Lehrenden fördern. Denn soziale und ethnische Ste­
                                                                reotypen beeinflussen den Bildungserfolg negativ.

                                                                                                                   2
UNSERE CLUSTERTHEMEN

KLIMAWANDEL

Ziel                                                     Um die Konzentration von Treibhausgasen auf einem
Unser Ziel im Clusterthema Klimawandel ist es, den       vertretbaren Niveau zu halten und den weiteren An­
Klimaschutz in Deutschland voranzubringen. Wir unter­    stieg der globalen Erwärmung aufzuhalten, müssen die
stützen die politischen Ziele, den Ausstoß von klima­    Emissionen verringert werden – und zwar so schnell und
schädlichen Treibhausgasen zu senken: um 40 Pro-         so umfangreich wie möglich, denn Treibhausgase sind
zent bis 2020, um 55 Prozent bis 2030 und um mindes­     langlebig und werden unser Klimasystem noch jahrzehn­
tens 80 Prozent bis 2050 gegenüber 990. Wir wollen      telang beeinflussen.
Deutschlands Weg als Vorreiter zu einer emissionsarmen
Volkswirtschaft mitgestalten mit dem Ziel, Impulse für   Emissionen zu mindern ist eine komplexe Herausforde­
globalen Klimaschutz zu geben und andere Nationen zu     rung. Denn der Wohlstand der Industriegesellschaften
motivieren, einen ähnlichen Weg einzuschlagen.           basiert auf der energetischen Nutzung fossiler Res­
                                                         sourcen, die Emissionen hervorruft. Beim Klimaschutz
Herausforderung                                          geht es also um grundlegende Veränderungen bei der
Der durch den Menschen verursachte Klimawandel ist       Energieerzeugung und -nutzung und darum, gewohnte
Realität. Seine Folgen werden künftig verstärkt die      Lebensweisen und Konsummuster aufzubrechen. Ganz
Lebensgrundlagen der Menschen verändern. Antrieb         im Sinne einer neuen industriellen Revolution hin zu ei­
und Verpflichtung unseres Handelns ist es, die Lebens-   ner Gesellschaft, deren Wohlstand nicht von steigenden
grundlagen so zu bewahren, dass nachfolgende Ge­         Emissionen und höherem Ressourcenverbrauch abhängt.
nerationen gute Voraussetzungen für ein friedliches      Im Klimaschutz liegt daher auch die große Chance für ein
Zusammenleben vorfinden.                                 neues Wirtschaften, das Wohlstand langfristig sichert.
                                                         Diesen Weg frühzeitig einzuschlagen kann der entschei­
                                                         dende Vorsprung für die künftige Wettbewerbsfähigkeit
                                                         Deutschlands sein.

22
Strategie                                                Aufgrund der Dringlichkeit und der Größe der Heraus­
Mit unserem Engagement unterstützen wir eine er-         forderung suchen wir mit unseren Partnern nach Lösun­
folgreiche Energiewende in Deutschland, die wir als      gen, die auf einen systemischen Wandel hinwirken und
Motor für globalen Klimaschutz verstehen. Wenn es        überdies die zahlreichen Facetten des Transformations­
in Deutschland gelingt zu zeigen, dass ökologische       prozesses sowie die Interessenlagen unterschiedlicher
Nachhaltigkeit und ökonomische Wettbewerbsfähigkeit      Akteure berücksichtigen. Wir bringen unsere Kompeten­
nicht im Widerspruch zueinander stehen, ist dies ein     zen und Erfahrungen in Kooperationen ein und wollen
wichtiges Signal an andere Nationen, einen vergleich­    gemeinsam mit unseren Partnern Wege für strukturelle
baren Weg zu gehen.                                      Veränderungen ebnen.

Die Energiewende ist für uns zentral, weil sie für die   Umsetzung
Stromerzeugung und -nutzung, die Wärmeversorgung         Wir initiieren und fördern Projekte,
und den Verkehrssektor ambitionierte Ziele formuliert.   › die wissenschaftliche Grundlagen für einen gesell­
Sie geht dadurch weit über einen technischen Um­           schaftlichen Wandel schaffen, um globalen Klima-
gestaltungsprozess hinaus und initiiert einen gesell­      schutz zu ermöglichen,
schaftlichen Wandel, der auch die sozialen und ökono­    › die zielführende Strategien und Umsetzungspläne
mischen Rahmenbedingungen verändert. Deswegen              ­unterstützen
kann die Energiewende nur gelingen, wenn sie von         › und die Fragen zur praktischen Umsetzung politischer
einer breiten und stabilen gesellschaftlichen Mehrheit      Strategien und Beschlüsse zur Treibhausgasreduktion
getragen und als Gemeinschaftswerk verstanden und           beantworten.
gestaltet wird. Davon sind wir überzeugt und deshalb
fördern wir auch weiterhin den Dialog verschiedener      Beispiele sind unsere Engagements beim Mercator
Akteure untereinander.                                   Research Institute on Global Commons and Climate
                                                         Change (MCC) und bei der Agora Energiewende so­
                                                         wie auf regionaler Ebene beim Rahmenprogramm zur
                                                         Um­setzung der Energiewende in den Kommunen des
                                                         Ruhrgebiets.

                    Neue Wege gehen: Wir unterstützen die
                    Energiewende in Deutschland und stärken
                    den globalen Klimaschutz.

                                                                                                              23
GLOBALE TREIBHAUSGASEMISSIONEN NACH SEKTOREN
Angaben in Prozent

                 WOHN- UND
          ­BETRIEBSGEBÄUDE              8                        3     ABFALL UND ABWASSER

                     VERKEHR        13
                                                                 26    ENERGIEVERSORGUNG

           LANDWIRTSCHAFT
                                    14
                                                                 19    INDUSTRIE
           FORSTWIRTSCHAFT
         (INKL. ENTWALDUNG)         17

ANTEIL DER ERNEUERBAREN ENERGIEN AM STROMMIX IN DEUTSCHLAND
Bruttostromerzeugung in Prozent

          6                    8            4            22                 23
       2000               2004              2008          202                203

ENTWICKLUNG DER STROMERZEUGUNG
AUS ERNEUERBAREN ENERGIEN IN DEUTSCHLAND

                        Geothermie                                                  0,6 TWh
         Biogener Anteil des Abfalls

              Klär- und Deponiegas
                                                                                    ,9 TWh
                               Biogas                                               4,9 TWh
       Biogene flüssige Brennstoffe
                                                                                   24,8 TWh
           Biogene Festbrennstoffe

                       Photovoltaik                                                 0,4 TWh
                       Windenergie
                                                                                   ,6 TWh
                        Wasserkraft
                                                                                   26,4 TWh
                                                                                   50,7 TWh
                                                                                   2,8 TWh
                                                                                   TWh = Terawattstunde
       998                                        2005               202          TWh =  Mrd. Kilowattstunden
Am Forschungsinstitut MCC wird untersucht, wie sich               geholfen. Die geförderten Projekte zeigen bestmögliche
nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz mit Wohl­                 Wege auf, wie die Energiewende in den Kommunen des
standserhalt und Armutsbekämpfung in Einklang brin­-              Ruhrgebiets gestaltet werden kann.
gen lassen. Die Wissenschaftler analysieren beispiels­
weise unterschiedliche Wege, Emissionen zu reduzie-               Ein Schwerpunkt unserer Arbeit liegt in der Umgestal­
ren. Sie beschreiben Kosten, Nutzen und Risiken die­              tung des Stromsystems mit einem wachsenden Anteil
ser Wege ebenso wie zu berücksichtigende ethische                 erneuerbarer Energien. Um die Ziele der Energiewende
Annahmen. Ihre Ergebnisse stellen sie politischen Ent­            zu erreichen, müssen jedoch auch über den Stromsektor
scheidungsträgern zur Verfügung.                                  hinaus Emissionen reduziert werden. Daher weiten wir
                                                                  unser Engagement zunächst auf den Bereich Verkehr aus.
Die Agora Energiewende organisiert einen Meinungsbil­             Es gibt dringenden Handlungsbedarf, Verkehr effizienter
dungsprozess unter wichtigen energiepolitischen Akteu­            zu gestalten und Mobilität langfristig neu zu denken. Wei­
ren in Deutschland aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft,         tere mögliche Betätigungsfelder beobachten und prüfen
Zivilgesellschaft sowie Verbänden. Das Ziel ist es, Mög­          wir kontinuierlich.
lichkeiten für die konkrete gesetzgeberische Umsetzung
der Energiewendeziele aufzuzeigen und ein gemeinsames             Die Arbeit der vergangenen Jahre hat gezeigt, wie wich-
Verständnis bei den verschiedenen Akteuren herzustellen.          tig die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen po­
                                                                  litischen Ebenen für eine erfolgreiche Energiewende in
Die Energiewende ist nicht nur eine große technische              Deutschland sind. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den
Herausforderung, sondern fordert vor allem Kreativität            europäischen Kontext: Obwohl der Anteil erneuerbarer
und Initiative vor Ort in den Kommunen. Dieser gesell­            Energien in Deutschland wächst, steigen energiebeding­
schaftliche Veränderungsprozess stellt gerade das                 te Emissionen weiter an. Das liegt auch an der Praxis
Ruhrgebiet – als industriell vorgeprägten Raum – vor              des ­europäischen Emissionshandels. Das Gelingen der
besondere Herausforderungen. Im Rahmenprogramm                    Energiewende in Deutschland bedarf also auch der inter­
zur Umsetzung der Energiewende in den Kommunen                    nationalen Zusammenarbeit. Auf diese Zusammenhänge
des Ruhrgebiets wird innovativen Projektideen durch               werden wir uns in Zukunft noch stärker konzentrieren.
­wissenschaftliche Unterstützung bei der Durchführung

„Es kostet nicht die Welt, den Planeten zu retten.“
Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Direktor des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change

                                                                                                                         25
UNSERE CLUSTERTHEMEN

KULTURELLE BILDUNG

Ziel                                                        Die Stiftung Mercator möchte deshalb dazu beitragen,
Die aktive Teilhabe an unserer vielfältigen Gesellschaft    dass allen Kindern und Jugendlichen die gleichen Zu­
erfordert es, mit immer neuen Herausforderungen ge­         gangschancen zu kultureller Bildung mit einer hohen
stalterisch und selbstbewusst umgehen zu können. Eine       künstlerischen Qualität ermöglicht werden. Unsere be­
Bildung, die die Entwicklung von Kindern und Jugendli­      sondere Aufmerksamkeit gilt dabei der Schule, da hier alle
chen zu selbstbestimmten, weltoffenen und verantwor­        Kinder und Jugendlichen erreicht werden können, auch
tungsbewussten Individuen befördert, umfasst sowohl         diejenigen, die aus sozioökonomischen Gründen keinen
den Erwerb von sprachlichen, mathematischen und na­         selbstverständlichen Zugang zu Angeboten kultureller
turwissenschaftlichen als auch den künstlerisch-kreativer   Bildung außerhalb der Schule erhalten. Aus diesem Grund
Kompetenzen. Von zentraler Bedeutung ist also auch die      setzen wir uns dafür ein, dass der Stellenwert kultureller
kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen.            Bildung als Teil allgemeiner Bildung in Schulen anerkannt
                                                            und ihre Qualität und Wirksamkeit gesichert wird.
Die künstlerische Auseinandersetzung mit Lebens- und
Gesellschaftsfragen – beispielsweise in Form von The­       Herausforderung
ater, Musik, Film, Tanz, Malerei, Skulptur, Poesie oder     Von vielen Schulleitern, Lehrern, Eltern und Schülern
Literatur – befähigt Kinder und Jugendliche, sich selbst    wird das Potenzial kultureller Bildung zunehmend er­
und die Welt um sie herum besser zu verstehen und aktiv     kannt. Dennoch sind die Zugangschancen zu qualitäts­
mitzugestalten. Gleichzeitig befördern künstlerische        vollen Angeboten kultureller Bildung – ähnlich wie die
Methoden im Unterricht aller Fächer die Entwicklung         ­allgemeinen Bildungschancen – noch immer ungleich
einer neuen, kreativen Lernkultur.                           unter Kindern und Jugendlichen aus unterschiedlichen
                                                             sozioökonomischen Milieus verteilt. Hier besteht erheb­
                                                             licher Änderungsbedarf, der nach einer stärkeren struk­
                                                             turellen Verankerung kultureller Bildung in Unterricht,
                                                             Schulentwicklung und Lehrerbildung verlangt.

26
Als Ursache kommt die historisch gewachsene Situation        Aus dieser Situation ergeben sich für eine strukturelle
der kulturellen Bildung in Deutschland hinzu. Diese ist      Verankerung kultureller Bildung in der Schule folgende
einerseits durch einen eher geringen Stellenwert der kul-    zentrale Herausforderungen: Zum einen muss in Schule
turellen Bildung in der Schule in Form von Nebenfächern      und Öffentlichkeit ein neues Bewusstsein dafür geschaf­
(Musik, bildende Kunst, zum Teil noch darstellendes Spiel)   fen werden, dass kulturelle Bildung keine nebensächliche,
und freiwilligen AGs (wie Chor, Orchester, Theater etc.)     sondern eine zentrale schulische Bildungsaufgabe ist.
geprägt. Andererseits existiert eine Vielzahl von Angebo­    Zum anderen müssen neue Wege gefunden werden, wie
ten kultureller Bildung inner- und außerhalb der Schule,     schulische und außerschulische Akteure in gemeinsamer
die von Einrichtungen der kulturellen Kinder- und Jugend-    Verantwortung Sorge für eine qualitativ hochwertige
bildung (zum Beispiel Musikschulen, Jugendkunstschu-         und wirksame kulturelle Bildung aller Kinder und Jugend­
len, Bibliotheken, Jugendtheater) sowie zunehmend auch       lichen tragen können.
von Kulturinstitutionen (Museen, Theatern, Orchestern
etc.) und freien Künstlern durchgeführt werden, aber
nicht in den Bildungsalltag der Schulen inte­griert sind
­(siehe Grafik).

                    Gestaltungskompetenz wecken, Persönlich­
                    keiten stärken: Wir wollen den Stellenwert
                    und die Qualität kultureller Bildung in Schulen
                    für alle Kinder und Jugendlichen erhöhen.

                                                                                                                    27
DIE BEDEUTUNG DER SCHULE ALS ORT
KULTURELLER BILDUNG MUSS WACHSEN

Zeitverteilung eines Tages von Kindern/Jugendlichen   Kulturbotschafter für Kinder/Jugendliche

ZU HAUSE                                    SCHULE     ELTERN                                         59 %
                                                       FREUNDE                          42 %
                                                       VERWANDTE/NACHBARN     27 %
FREUNDE                                                VEREINE   2 %

HOBBYS
                                                       SCHULEN   9%

Gemeinsam mit Partnern wollen wir die verantwortlichen Akteure in
Schule, Jugendbildung und Kultur dabei unterstützen, kulturelle Bildung
als gleichwertigen Teil allgemeiner Bildung in Schulen zu verankern.

DIE TEILHABECHANCEN AN KULTURELLER BILDUNG
SIND ZU GERING UND ZU UNGLEICH VERTEILT

Jugendliche mit hohem Bildungsniveau sind             Nur 5 Prozent der Jugendlichen mit niedrigem Bildungs­
doppelt so oft künstlerisch-kreativ aktiv wie         niveau erhalten kulturelle Bildungsangebote, dagegen
Jugendliche mit niedrigem Bildungsniveau              37 Prozent derjenigen mit hohem Bildungsniveau

                           72 %
                                                                      37 %
                57 %

       35 %                                                 8 %

                                                       5%                                Unterteilung des
                                                                                         Bildungs­niveaus
                                                                                         der Jugendlichen:
                                                                                         ■ niedrig
                                                                                         ■ mittel
                                                                                         ■ hoch
             4- BIS 24-JÄHRIGE                          4- BIS 24-JÄHRIGE
                  200/                                     200/
Strategie                                                      Umsetzung
Gemeinsam mit Partnern wollen wir die verantwortli­            Für unsere Arbeit haben wir ein strategisches Projekt­
chen Akteure in Schule, Jugendbildung und Kultur dabei         portfolio entwickelt, das sich in vier Handlungsfelder
unterstützen, kulturelle Bildung als gleichwertigen Teil       gliedert: Praxis, Themenanwaltschaft, Erkenntnisse und
allgemeiner Bildung in der Schule zu verankern. Wir wol­       Empfehlungen sowie Transfer. In diesem Rahmen ent­
len vorhandene Kompetenzen stärken, Potenziale nutzbar         wickeln und fördern wir Projekte, die jeweils spezifische
machen und die Entwicklung von Innovationen fördern.           Beiträge zur Stärkung kultureller Bildung in der Schule
Unsere Arbeitsweise ist systemisch und auf Synergien           leisten und sich dabei synergetisch ergänzen.
durch Kooperation und Koordination der Akteure ausge­
richtet.                                                       Im Handlungsfeld Praxis fördern wir die Entwicklung
                                                               innovativer Instrumente und Modelle. Sie zeigen bei­
Einen besonderen Fokus richten wir auf die zentralen           spielhaft, wie kulturelle Bildung in Schulen erfolgreich
Rahmenvorgaben zur Unterrichts- und Schulentwicklung           gestaltet und als Teil allgemeiner Bildung verankert
der Schulministerien in allen Bundesländern. Die hierzu in     werden kann (zum Beispiel Kulturagenten für kreative
entsprechenden Qualitätsrahmen formulierten Kriterien          Schulen, KunstLabore).
bilden die Grundlage sowohl für die externe Evaluation
als auch für die interne Schulprogrammentwicklung aller        Die für kulturelle Bildung zuständigen institutionellen
Schulen eines Bundeslandes. Für die Verankerung der            Akteure in den Politikfeldern Schule, Kultur und Fami­
Künste und die Entstehung guter, wirksamer Angebote            lie unterstützen wir durch Projekte im Handlungsfeld
ist deshalb die Aufnahme von Kriterien kultureller Bildung     Themenanwaltschaft. Hier wollen wir auf politischer und
in die Qualitätsrahmen eine entscheidende Vorausset­           administrativer Ebene strategische Partnerschaften auf­
zung. Unser Bestreben ist es, dass dies bis zum Jahr 205      bauen, um eine strukturelle und nachhaltige Verankerung
in mindestens vier und bis zum Jahr 2025 in allen 6 Bundes­   kultureller Bildung in der Schule zu ermöglichen (zum
ländern erfolgt.                                               Beispiel Kreativpotenziale, Stärken stärken).

Auf diese Weise erhalten alle Schulen die offizielle Be­       Das Handlungsfeld Erkenntnisse und Empfehlungen stellt
rechtigung, der kulturellen Bildung in ihren schulinternen     politischen Entscheidungsträgern, Stakeholdern in Praxis
Lehrplänen und Schulprogrammen einen zentralen Stel­           und Wissenschaft sowie der fachlichen und allgemeinen
lenwert einzuräumen. Um dieses Anliegen in den Schulen         Öffentlichkeit wissenschaftlich fundierte Argumente und
zu unterstützen, fördern wir die Entwicklung von Instru­       Expertisen zur Verfügung (zum Beispiel Forschungsfonds
menten und Modellen, die Schulleiter und Lehrer dafür          kulturelle Bildung, Rat für Kulturelle Bildung).
nutzen können, qualitativ hochwertige Angebote und
Methoden kultureller Bildung in ihrer Schule einzurichten.     Im Handlungsfeld Transfer kümmern wir uns darum, Er-
Außerdem wollen wir die Entwicklung von Beratungs-             fahrungen aus erprobten Praxismodellen sowie wissen­
und Qualifizierungsangeboten in den auf Länder- und            schaftlich fundierte Erkenntnisse und Empfehlungen
Kommunalebene vorhandenen Unterstützungsstrukturen             nutzerorientiert aufzubereiten und den jeweiligen Nut­zer-
in den Bereichen Schulaufsicht, Schulentwicklungsbera­         gruppen zur Verfügung zu stellen.
tung sowie Lehreraus- und -weiterbildung fördern.

                                                                                                                          29
UNSERE RESSORTTHEMEN

WISSENSCHAFT

Wissenschaft beeinflusst nahezu all unsere Lebensbe­      Zum anderen wirken wir mit unserer Arbeit auf struktu­
reiche. Wie wir arbeiten und lernen, kommunizieren, uns   relle und institutionelle Zusammenhänge in der Wissen­
bewegen oder uns ernähren, basiert auf wissenschaft­      schaft ein, um
lichen Erkenntnissen. Auch Entscheidungen in Politik
und Wirtschaft, im Rechtssystem oder in der Erziehung     › die Rahmenbedingungen für erfolgreiches
beruhen in zunehmendem Maße auf einer wissenschaft­         Studieren zu verbessern,
lichen Fundierung.                                        › die regionale Kooperation von Hochschulen im
                                                            Ruhrgebiet zu fördern
Mit der zunehmenden Bedeutung und den Leistungen          › und die Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft,
der Wissenschaft steigen auch die Erwartungen an sie:       Politik und Zivilgesellschaft zu analysieren.
Wissenschaft soll einen möglichst unmittelbaren Nutzen
bringen und einen maßgeblichen Beitrag zur Lösung der     Als Stiftung ist es unsere Stärke, Wissenschaft mit gesell­
großen gesellschaftlichen Herausforderungen leisten.      schaftspolitischen Zielen über parteipolitische Grenzen
Zudem soll sie die Grundlagen schaffen, um Antworten      hinweg vermitteln zu können. Dabei achten wir die Auto­
auf die Fragen einer Welt von morgen zu finden.           nomie der Wissenschaft. Dies ist Grundvoraussetzung für
                                                          eine glaubwürdige Wissenschaftsförderung und ermög­
Vor diesem Hintergrund fördern wir Wissenschaft mit       licht es uns, die besten Partner zu gewinnen.
zwei unterschiedlichen Zielrichtungen:
                                                          Rahmenbedingungen für erfolgreiches Studieren
Zum einen engagieren wir uns innerhalb unserer vier       Bildung und Wissenschaft sind der Schlüssel für gesell­
Clusterthemen in wissenschaftlichen Projekten und         schaftlichen Fortschritt und Zusammenhalt. Im Mittel­
kooperieren dazu mit wissenschaftlichen Institutionen,    punkt des wissenschaftlichen Bildungssystems steht
zivilgesellschaftlichen Akteuren und Ministerien.         das Studium an Fachhochschulen und Universitäten.

30
Chancengleichheit beim Studienzugang ist jedoch nicht          Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft,
selbstverständlich. Daher fördern wir Projekte, die den        Politik und Zivilgesellschaft
Übergang zwischen Schule und Hochschule verbessern.            Als wissenschaftsfördernde Stiftung mit gesellschafts­
Wir unterstützen beispielsweise neue Modelle für Stu­          politischen Zielen beschäftigen wir uns intensiv mit den
dieneingangsphasen, innovative Lehr- und Lernformen            Schnittstellen und Wechselwirkungen zwischen Wis­
sowie Projekte, die der kulturellen und religiösen Diver­      senschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Wir wollen einen
sität an den Hochschulen Rechnung tragen. Durch unser          konstruktiven und lösungsorientierten Dialog zwischen
Engagement möchten wir zudem die Zahl von Studien­             den verschiedenen Sektoren und Netzwerken etablieren.
abbrüchen verringern.                                          Konkret geht es beispielsweise um folgende Fragen: Wel­
                                                               che Foren benötigen Wissenschaft, Politik und öffentliche
Regionale Kooperation von Hochschulen                          Verwaltung für einen Erfahrungs- und Wissensaustausch?
im Ruhrgebiet                                                  Wie kann wissenschaftliche Erkenntnis so aufbereitet
Hochschulen stehen zunehmend im Wettbewerb. Damit              werden, dass sie die Politik in die Lage versetzt, Entschei­
einher geht ein institutioneller Differenzierungsprozess       dungen auf der bestmöglichen Wissensbasis zu treffen?
im deutschen Hochschulsystem. Er erfordert strategische        Welche Rahmenbedingungen braucht die Wissenschaft,
Entscheidungen von Hochschulen über ihr inhaltliches           um sowohl ihr eigenes Erkenntnisinteresse zu verfolgen
Profil und langfristige Kooperationspartnerschaften. Die       als auch gesellschaftlichen Interessen zu nutzen? Welche
Stiftung Mercator ist davon überzeugt, dass wissenschaft­      Chancen und Grenzen ergeben sich daraus für Stiftungen
liche Leistungsfähigkeit und Attraktivität künftig nicht nur   und andere zivilgesellschaftliche Akteure?
von einzelnen Hochschulen allein abhängen, sondern zu­
nehmend von regionalen Wissenschaftsräumen. Um regi­
onale Schwerpunkte abzustimmen, müssen Hochschulen
eng miteinander kooperieren. Diese Prozesse verfolgen
wir sehr aufmerksam. Unser Ziel ist es, das Ruhrgebiet
als einen kooperativen und vor allem leistungsfähigen
Bildungs- und Wissenschaftsraum mit gleichen Chancen
für alle zu etablieren.

                     Bildung und Wissenschaft sind der ­
                     Schlüssel für g
                                   ­ esellschaftlichen ­Fortschritt
                     und Zusammenhalt.

                                                                                                                        3
UNSERE HEIMAT: DAS RUHRGEBIET

Das Ruhrgebiet ist die Heimat unserer Stifterfamilie und der
privilegierte Anwendungsraum für unsere Strategie. Die Metro­
pole Ruhr steht vor der großen Herausforderung, den Struktur-
wandel zu bewältigen: Wie lässt sich die traditionell von der Mon­
tanindustrie geprägte Region in eine prosperierende Zukunfts-
region transformieren, in der die Menschen gut und gerne leben
und arbeiten?
Wir sind davon überzeugt, dass Bildung und Wissenschaft die zen­
tralen Schlüssel für einen erfolgreichen Strukturwandel sind. Die
Bildungslandschaft des Ruhrgebiets hat sich in den vergangenen
Jahrzehnten rasant verändert: Während es vor fünfzig Jahren
noch keine Universität gab, weist die Region inzwischen die größte
Dichte an Hochschulen in Europa auf. Daraus ergibt sich ein großes
regionales Entwicklungspotenzial. Hinzu kommt, dass der Struktur­
wandel und die jahrzehntelange Integration von Zuwanderern ge­
sellschaftliche Vielfalt ermöglicht und Offenheit für Neues geschaf­
fen haben. Das sind Stärken, die es weiterhin zu nutzen gilt.
Unser Ziel ist es, einen kooperativen und vor allem leistungs-
fähigen Bildungs- und Wissenschaftsraum Ruhr mit gleichen
Chancen für alle aktiv mitzugestalten. Dabei haben wir den ge­
samten Bildungsweg im Blick – von der Kita bis zur Hochschule.
Mit unseren Projekten wollen wir vor allem die relevanten Akteure
und Institutionen miteinander vernetzen und systemische Verän­
derungen fördern.
BILDUNGS- UND WISSENSCHAFTSRAUM RUHR

                  5,2                                         514.000 Schüler
                                                 Millionen Menschen

                                               GELSENKIRCHEN
                                                                            53                     Städte

1.516
                                                                           DORTMUND
                     Schulen
                                                                BOCHUM
                                                                           160.000 Studierende
                               DUISBURG

                                                ESSEN

                                                         24
  Universitäten
  Fachhochschulen                                                         Hochschulen
  Kunsthochschulen

Stand: 2015

Zwei Beispiele unserer Ruhrgebietsprojekte

RuhrFutur                                                     Mercator Research Center Ruhr
Gemeinsam mit der nordrhein-westfälischen Landes­             Mit dem Mercator Research Center Ruhr (MERCUR)
regierung, fünf Städten und fünf Hochschulen aus dem          unterstützen wir die Universitätsallianz Ruhr, den
Ruhrgebiet haben wir RuhrFutur ins Leben gerufen. Ziel        strategischen Kooperationsverbund der drei großen
der Initiative ist es, den Wissens- und Erfahrungsaustausch   Universitäten im Ruhrgebiet. MERCUR fördert gemein­
zwischen den Hochschulen, den Kommunen und ihren              same Forschungsvorhaben und lehrbezogene Projekte,
Einrichtungen zu verbessern und gemeinsames, regional         die die Zusammenarbeit zwischen der Ruhr-Universität
orientiertes Handeln zu unterstützen. Die Plattform soll      Bochum, der Technischen Universität Dortmund und
überdies den Transfer erfolgreicher Bildungsangebote för­     der Universität Duisburg-Essen vertiefen. Mit dem
dern und bereits bestehende Erkenntnisse allgemein zu­        Programm Global Young Faculty vernetzt MERCUR
gänglich machen. Zugleich geht es darum, die Wirk­samkeit     herausragende junge Forscher im Ruhrgebiet, die in
ergriffener Maßnahmen anhand konkreter Auswertungen           interdisziplinären Arbeitsgruppen gemeinsame Pro-
zu überprüfen.                                                jekte durchführen.
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