Milchstross - Genossenschaft Vereinigte Milchbauern Mitte-Ost
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Milchstross Mitgliederbulletin 1/22 Neuwahlen Generation «Zulagen für Milch» Delegierte «Milch kommt aus per 01.01.2022 Seite 4 dem Supermarkt» Seite 18 Seite 6 Genossenschaft Vereinigte Milchbauern Mitte-Ost
I N PU T «FEST DER FESTE» AUF DEM BALLENBERG Zukunft braucht Herkunft An einem einmalig schönen Ort im Berner Oberland steigt diesen Herbst das grösste Erntedankfest der Schweiz: Das Freilicht museum Ballenberg lädt an den Wochenen- den vom 24./25. September und 1./2. Oktober 2022 zum «Fest der Feste» ein. 15 gedeckte INPUT Festplätze unter freiem Himmel sind auf den Wiesen und Plätzen des weitläufigen Mu- seumsgeländes verteilt. Dörfer und Städte, Alpgenossenschaften, Berufsorganisationen und Vereine geben dort Einblick in ihr Fest- brauchtum und ihre Herbsttraditionen. Die Besucherinnen und Besucher können das kulinarische und kulturelle Erbe der Schweiz Liebe Leserinnen und Leser, ein Zitat des deutschen mit Speis und Trank, Musik und Tanz, Märkten Philosophen Odo Marquard besagt: «Zukunft braucht und Workshops erleben und geniessen. Herkunft.» Im Zeitalter der Globalisierung verwundert es daher nicht, dass sich eine breite Bevölkerung auf Am «Fest der Feste» trifft eine Vielfalt von der Suche nach der eigenen Identität für Themen aus spannenden Traditionen aufeinander. Dazu der Vergangenheit interessiert. Der Ballenberg bewahrt, gehören etwa die Obwaldner Älplerchilbi, erforscht und vermittelt auf 66 Hektaren die Geschich- die jurassische Saint-Martin, die Freiburger te des bäuerlichen, gewerblichen Lebens der Schweiz. Bénichon, das Schaffhauser Trottenfest, die In über 100 historischen Gebäuden zeigen wir, wie die Bündner Castagnata oder das Tessiner Fes- Menschen gelebt und gewirtschaftet haben, und er- ta d’Autunno. zählen ihre Geschichten. Früher wurde ein grosser Teil der Zeit für die Lebensmittelbeschaffung aufgewendet: Als Mehrgenerationenerlebnis bietet das Aussaat, Hege, Pflege, Ernte und Veredelung. Im kom- «Fest der Feste» nicht nur reichhaltige ku- menden Herbst stehen diese Themen am «Fest der Fes- linarische Genüsse, sondern will auch zur te» auf dem Ballenberg im Mittelpunkt. Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen der Landwirtschaft und Ernährung anregen. Jede Region der Schweiz kennt einzigartige, tradi- Zusammen mit Produzentinnen und Produ- tionelle Herbstbräuche und -feste. Rund 15 davon zenten sowie Fachleuten aus Wissenschaft präsentiert das «Fest der Feste» auf dem Gelände des und Forschung organisieren die Festveran- Freilichtmuseums. Dörfer und Städte, Talschaften, Alp- stalter Workshops, Laboratorien und Aus- genossenschaften und Vereine bringen ihre regionalen stellungen zu Themen wie Herstellung und Festtraditionen auf den Ballenberg und schaffen so ein Veredelung, Genuss, Ressourcen, Lebens- einzigartiges Generationenerlebnis. Für mich ist das ein raum und Nachhaltigkeit. Zugleich ist das schönes Beispiel, wie der Blick in die Vergangenheit Lö- «Fest der Feste» eine umfassende Plattform sungen aufzeigt und Qualität schafft. Wird die Nostalgie für regionale Produkte. und das «Früher war alles besser» abgestreift, so bietet Information und Buchung: festderfeste.ch der Blick in die Vergangenheit eine wertvolle Hilfe bei der Suche nach Identität und Innovation. Martin Michel Geschäftsführer Ballenberg, Freilichtmuseum der Schweiz 2
WORTE DES PRÄSIDENTEN Worte des Präsidenten Delegiertenversammlung 2022 «Sowohl die internationale Die ersten Wochen des neuen Jahres sind bereits wie- Marktentwicklung als auch der Geschichte. Die Tage werden wieder länger, und der Frühling rückt langsam näher. Wir sind guten Mutes, die das EU-Marktumfeld für bevorstehende Delegiertenversammlung vom 8. April in der Markthalle Sargans durchführen zu können. Die Vor- Milch und Milchprodukte bereitungen dazu laufen auf Hochtouren, und die Ein- gestalten sich aktuell sehr ladungen zur Delegiertenversammlung werden in den nächsten Tagen an alle Delegierten versendet. erfreulich. Gesamterneuerungswahlen paradox, einerseits ist die Milch gesucht, andererseits An der Delegiertenversammlung finden dieses Jahr sinken die Nettoerträge der Produzenten. Dies weil die auch die Neuwahlen für die Amtsdauer von 2022 bis Milchproduzenten in den letzten Monaten von einer 2026 statt. Die Delegierten wählen die Mitglieder der wahren Kostenlawine überrollt wurden. Massiv höhere Verwaltung (Vorstand), den Präsidenten, die Mitglieder Preise für Maschinen, Futter, Treibstoffe, Medikamen- der Geschäftsprüfungskommission, die Delegierten te, Verbrauchsmaterialien, Energie und andere Produk- SMP sowie die Revisionsstelle. Vorgängig hat der Vor- tionsmittel haben die höheren Milchpreise mehr als stand 134 wieder kandidierende und 42 neue Delegierte, aufgefressen. Es ist höchste Zeit, dass für Milch und die uns aus den Walkreisen gemeldet wurden, in stiller Milchprodukte Preise bezahlt werden, die die Kosten- Wahl gewählt. Somit konnten alle Delegiertensitze wie- wahrheit und den Markt auch wirklich abbilden. Uns derbesetzt werden. Ich freue mich, alle Delegierten, und ist es deshalb ein Anliegen, in den nächsten Monaten ganz speziell die neuen, endlich wieder persönlich be- Instrumente und Werkzeuge zu erarbeiten, um die Posi- grüssen zu dürfen. tion der Produzentinnen und Produzenten für künftige Milchpreisverhandlungen zu stärken. Abschluss Geschäftsjahr 2021 Die Jahresrechnung 2021 wurde abgeschlossen und Zum Schluss wünsche ich Ihnen einen guten Start in durch die Revisionsstelle geprüft und für korrekt be- den Frühling. Bleiben Sie gesund und geniessen Sie es, funden. Der Geschäftsbericht wird momentan erstellt mitzuverfolgen, wie die Natur aus dem Winterschlaf er- und kann ab Mitte März auf www.milchbauern.ch ein- wacht! gesehen werden. Die Vereinigten Milchbauern Mitte-Ost können ihren Mitgliedern auch für das Jahr 2021 wie- der eine Kostenbeteiligung an die Produzentenbeiträge SMP von 0,10 Rp./kg Milch ausrichten. Die Auszahlun- gen erfolgen im Frühling. Sollte sich seit der letztjähri- gen Auszahlung Ihre Kontoverbindung geändert haben, Hanspeter Egli so teilen Sie dies doch bitte der Geschäftsstelle mit. Präsident Marktsituation Sowohl die internationale Marktentwicklung als auch das EU-Marktumfeld für Milch und Milchprodukte ge- stalten sich aktuell sehr erfreulich. Die Preise sind in den letzten Monaten bei eher knapper Mengenentwick- lung gestiegen. Jedoch ist die aktuelle Marktsituation 3
NEUWAHLEN Im Herbst 2021 wurden die VMMO-Mitglieder über die Alle VMMO-Mitglieder hatten die Möglichkeit, No- Neuwahlen 2022 informiert und gebeten aktiv daran minationen einzureichen. Da innerhalb der Frist von teilzunehmen. Die 134 wieder kandidierenden Dele- 50 Tagen in keinem der Wahlkreise mehr Nominatio- gierten galten als nominiert. 42 Delegiertensitze waren nen eintrafen, als Sitze zu besetzen waren, hat die Ver- vakant, wobei die Anzahl je nach Wahlkreis variierte. waltung (Vorstand) an ihrer Sitzung vom 12. Januar 2022 stille Wahlen angeordnet. Alle Gewählten haben ihre Wahl angenommen – herz- Neuwahlen liche Gratulation! Das neu zusammengesetzte Gremium trifft sich erst- mals am 8. April 2022 zur Delegiertenversammlung in Sargans. An der DV werden die Delegierten die Mit- Delegierte glieder der Verwaltung (Vorstand), den Präsidenten, die Mitglieder der Geschäftsprüfungskommission, die Delegierten SMP sowie die Revisionsstelle wählen. AMTSPERIODE 2022 – 2026 Appenzell Innerrhoden Glarus Andreas Inauen-Tscharner Appenzell Hans Rhyner Elm Josef Inauen-Rusch Appenzell Hansheiri Zimmermann Mitlödi Bruno Hersche-Altherr Appenzell Schlatt Ernst Menzi-Feer Mollis Bruno Kölbener Appenzell Steinegg Joseph Weber-Giger Netstal Pirmin Neff-Inauen Gonten Christian Dürst Obstalden Franz Neff Haslen AI Thomas Gantenbein-Bösch Oberegg Johannes Sonderegger Oberegg Roman Sutter-Manser Weissbad Graubünden Gaudenz Cathomen-Sac Breil/Brigels Fritz Mani Chur Kasper Hoffmann Davos Dorf Appenzell Ausserrhoden Jann Ehrensperger Davos Dorf Hansueli Heim-Brunner Gais Hans-Jürg Hermann Fläsch Stefan Hofstetter Gais Jürg Liver Flerden Robert Bodenmann Gais Hanspeter Buchli Flims Dorf Konrad Meier Herisau Eugen Bantli Maienfeld Jakob Oertle Hundwil Silvan Caduff Morissen Arnold Burch-Scherrer Schönengrund Rafael Demarmels Parsonz Ernst Alder jun. Schwellbrunn Hans Luzi Pragg-Jenaz Hannes Tanner Stein AR Fadri Stricker Sent Fredi Müller Stein AR Damian Cadalbert Sevgein Thomas Sutter Teufen Hans-Jakob Telli-Marugg Trin Mulin Bruno Staub Teufen Hanspeter Brunner-Thöny Valendas Jürg Frischknecht Urnäsch Christoph Zinsli Valendas Hans Schmid Wolfhalden Andrea Item Zizers Thomas Heierli Wolfhalden 4
Schaffhausen Zug Peter Egli-Schwaninger Buchberg Michael Eichmann Ernetschwil Martin Meierhans Buonas Jürg Pfister Hemishofen Hanspeter Gantenbein Flawil Felix Hegner-Amstad jun. Cham Adrian Müller Löhningen Artho Wildhaber Flums Hochwiese Anton Henggeler Oberägeri Max Werner-Oetiker Merishausen Urs Alpiger Goldingen Thomas Hausheer Steinhausen Marcel Tanner Oberhallau Roman Fritschi-Fritsche Gommiswald Adrian Annen Zug Hansueli Gysel Osterfingen Norbert Ziegler Gossau Samuel Wick Gossau Cyrill Schildknecht Gossau Ueli Eggenberger Grabs Markus Kramer-Lenherr Haag (Rheintal) Ruedi Schlegel Hemberg Notker Brandes Jonschwil Philipp Hui Kirchberg SG Zürich Schwyz Jules Dietsche Kriessern Roman Guggisberg Aesch b. Neftenbach Franz Gyr Egg SZ Bruno Wick Lenggenwil Thomas Arnold Affoltern am Albis Christian Schönbächler Einsiedeln Patrick Mader Lenggenwil Martin Hübscher Bertschikon Paul Ebnöther Feusisberg Andreas Lusti Lütisburg René Hiltebrand Bülach Bruno Fuchs-Styger Ingenbohl Brunnen Peter Breitenmoser Lütisburg Station Heinz Fink Dinhard Mario Gwerder Muotathal Reto Segmüller Marbach SG Markus Weilenmann Fehraltorf Armin Schelbert Muotathal Heini Stricker Mörschwil Adrian Hürlimann Gibswil-Ried Sepp Bingisser Pfäffikon Andreas Studach-Weder Mörschwil Jürg Schüepp Gutenswil Guido Strüby Rickenbach b. Schwyz Stephan Münger Muolen Heinz Spillmann Hedingen Bruno Hasler-Keller Schübelbach Bruno Manser Muolen Christian Knecht Hinwil Hansruedi Diethelm Vorderthal Roman Strässle Müselbach Urs Jucker Hittnau Roland Bisig Willerzell Alois Bürgler Nesslau Gottfried Gachnang-Joss Horgenberg Gabriel Grünenfelder Niederbüren Urs Wegmann Hünikon (Neftenbach) Alexander Jung Niederhelfenschwil Beat Schmid Illnau Hans Frei Niederwil SG Markus Frei Kloten Armin Senn Niederwil SG Niklaus Biser Langnau am Albis Reto Büsser Niederwil SG Matthias Morf Maur Hubert Karrer Niederwil SG Anna Bolleter-Diakun Meilen Jakob Looser Oberhelfenschwil Ivan Rüegg Mönchaltorf St. Gallen Armin Sonderegger Oberriet Hans Burri Oberembrach Jürg Ammann Alt St. Johann Urs Pünter Oberstetten Ralf Stucki-Gysel Oberwil Dägerlen Albert Steger-Graber Altstätten Bernhard Halter Rebstein Erich Anton Schärer Oetwil am See Josef Willi-Kopp Altstätten Michael Hofstetter Ricken SG Dölf Hediger Pfäffikon Jakob Büsser-Böni Amden Alois Gisler Rüeterswil Beat Sturzenegger Reutlingen Roland Ziegler Andwil SG Mathäus Vetsch Salez Hansjörg Meier Rickenbach ZH Raphael Süess Andwil SG René Müller-Fischli Sax Martin Schaufelberger Rüti Urban Ledergerber Arnegg Daniel Seliner-Aebli Schänis Andreas Bärtschi Turbenthal Werner Brunner Bächli (Hemberg) Christian Rhyner Schönengrund Sandy Bossert Wädenswil Stefan Bischof Balgach Daniel Hinder St. Pelagiberg Roman Knecht Wald ZH Michaela Schnider-Glarner Benken SG Christian Schweizer St. Peterzell Martin Vogt Wiesendangen Felix Landolt Benken SG Felix Tobler-Dürr Staad SG Rudolf Hotz Winterberg ZH Jakob Hofstetter-Huber Benken SG Arnold Dürlewanger Staad SG Hans Schwab Winterthur Gabriela Mettler-Kühne Benken SG Elias Tschümmy Unterwasser René Eigenmann Berg SG Petra Artho Walde SG Thomas Gügler Bollingen Beat Thürlemann Waldkirch Hansueli Hagmann Buchs Urs Bernold Walenstadt Thomas Fritsche Degersheim Daniel Kalberer-Nigg Wangs Manuel Oberholzer Dietfurt Johann Gartmann Wangs Reto Meile Dreien Peter Nüesch Widnau Kurt Gschwend Eichberg Peter Frei Wildhaus Martin Pizzol Engelburg Marcel Jud Wolfertswil Fredi Louis Ennetbühl Urs Forster Ermenswil 5
FO K U S Die Generation «Milch kommt aus dem Supermarkt» wächst. Mitte Februar am Mittagstisch. Auf die Frage, was er in der Schule erlebt habe, meint der Zweitklässler: «Dä Noah und d’Mia händ hüt Erdbeeri i ihrer Znünibox gah. Chan ich morn zum Znüni bitte au Erdbeeri mitnäh?» Einst galt: Die Kinder von heute sind die Kunden von Fakt ist: Die Generation «Milch kommt aus dem Super- morgen. Das hat zwar weiterhin seine Richtigkeit, aber markt» wächst. Als vor hundert Jahren noch ein Drittel immer öfter werden die Kinder von heute auch als Kon- der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt war, sumenten von heute angesprochen. wussten alle, wann Erdbeeren Saison haben. Die Zei- ten ändern sich, den Konsumenten fehlt immer mehr Unternehmen, Institutionen und Vereine binden die der Bezug zur Landwirtschaft. Umso mehr müssen nächste Generation immer früher an ihre Marken. Der wir mit der nicht landwirtschaftlichen Bevölkerung im FC St. Gallen macht dies mit seiner Bärenbande, beim ständigen Dialog stehen. Dabei geht es nicht nur dar- Eishockeyverein ZSC sind es die Lion Kids, beim WWF um, aufzuzeigen, dass Erdbeeren im Februar ein Unding der Panda Club, und nicht nur bei Pathé, McDonald’s sind. Viele von uns haben letztes Jahr rund um die Ab- und John Deere gibt es einen «Junior Club». Was unter- stimmungen zu den beiden extremen Agrarinitiativen nimmt die die Schweizer Landwirtschaft, um die nächs- erfahren, wie anspruchsvoll es ist, einem praxisfernen te Generation an sich zu binden? So viel vorab: Die Publikum die komplexen Realitäten der Ernährungswirt- Schweizer Bäuerinnen und Bauern machen viel, und sie schaft zu veranschaulichen. Diesen Herbst werden wir machen vieles gut. bereits wieder an die Urne gerufen, um über eine für die Landwirtschaft bedeutende Initiative abzustimmen. Die Kampagne für die Abstimmung im September ist aufgegleist. Was können wir aber tun, damit auf lan- ge Sicht die jüngeren und älteren Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch Stimmbürgerinnen und Stimmbürger den Bezug zur Landwirtschaft nicht voll- ends verlieren? Es gibt eine Vielzahl von Projekten, die den Austausch fördern. Einige stellen wir hier vor. 6
FO K U S Das bekannteste und verbreitetste Programm, das Kin- Wie kann ich mitmachen? dern die Landwirtschaft näherbringt, ist «Schule auf Betriebe melden sich am besten bei der dem Bauernhof» (SchuB). Den Anfang machten Mitte kantonalen SchuB-Trägerschaft. der 80er-Jahre einzelne Höfe. Das nationale Forum Diese klärt Fragen der zum Teil leicht SchuB als nationale Koordinationsgruppe gibt es seit unterschiedlichen Bedingungen und 1995. Auf kantonaler Ebene besteht in (fast) jedem Kan- des Bedarfs an neuen Höfen. ton eine kantonale SchuB-Trägerschaft mit einer direk- ten Ansprechperson für die Höfe vor Ort: Sie ist zustän- Melden Sie sich anschliessend unter dig für die Rekrutierung geeigneter Höfe, den kantonal www.bauernportal.ch an. bzw. regional organisierten Austausch unter den Höfen und deren Weiterbildung sowie die (Teil-)Finanzierung Im Anschluss folgt ein Hofbesuch durch die kanto- des Angebots nach kantonalen Ansätzen. nale Projektleitung, und in den meisten Kantonen der Deutschschweiz ist der Besuch des Kurses BF07 «Bildungsangebote auf dem Bauernhof» der landwirt- schaftlichen Bildungsinstitutionen Voraussetzung oder SchuB: Raus zumindest wärmstens empfohlen. Die Buchung geschieht grundsätzlich direkt zwischen aus dem dem Hof und den Klassen. Auch das auf die individu- elle Hofsituation und die Jahreszeit abgestimmte Pro- Klassenzimmer gramm für die Klassen definiert jeder Hof selbst, nach seinen Möglichkeiten und den Bedürfnissen der anfra- genden Schulklasse. SchuB ist eine Investition in die Beziehung zur nicht landwirtschaftlichen Bevölkerung, sowohl für den ein- zelnen Betrieb in seinem Umfeld als auch für die ge- samte Landwirtschaft. Das Angebot richtet sich an SchuB definiert zwei Hauptziele: Einerseits erhalten Lehr- Kinder im Volksschulalter. Bei der Aufteilung nach Al- kräfte sowie Schülerinnen und Schüler Zugang zu einem tersgruppen gibt es sehr grosse kantonale Unterschie- pädagogisch spannenden ausserschulischen Lernort, an de – im Durchschnitt: dem sie die Lerninhalte aktiv entdecken, erleben und ler- 70 % Zyklus 1 (Kindergarten – 1./2. Kl.) nen können. Andererseits gibt SchuB den Bauernfamilien 25 % Zyklus 2 (3.– 6. Klasse) die Möglichkeit, ihre Arbeit vorzustellen und in den Aus- 5 % Zyklus 3 (Oberstufe – v. a. Hauswirtschaft/WAH) tausch mit der breiten Bevölkerung zu treten. SchuB-Entwicklung von 2005 bis 2021: über eine halbe Million Kinder in 15 Jahren 60 000 50 000 40 000 30 000 Letztes Jahr wieder gut 50’000 Kinder nach dem 20 000 Corona-bedingten Einbruch von 2020 10 000 (Schulschliessungen). Schülerinnen und Schüler 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 7
FO K U S Seit 2015 gibt es in der Ostschweiz das Projekt «BauernhofSchule». Die «Milchstross» begleitete eine Kin- dergartenklasse auf den Bauernhof. An einem sonnigen Freitagmorgen im November be- grüsst uns die Initiatorin der BauernhofSchule, Michaela Linder, auf dem Milchwirtschaftsbetrieb von Ueli und Vroni Bodenmann. Hoch über Herisau warten wir auf eine Gruppe Kindergärtler, die heute ihren ersten Hof besuch im Rahmen des Projekts BauernhofSchule absolviert. Michaela erklärt uns, dass weitere Besu- che folgen sollen: «In der BauernhofSchule dürfen die Kinder regelmässig und mehrmals auf den Bauernhof und auch zu nachgelagerten Betrieben wie Schreinerei, Sägerei, Käserei oder Landmaschinenmechaniker. Im Idealfall kommen die Schülerinnen und Schüler vom Kindergarten bis in die 6. Klasse jährlich viermal – zu jeder Jahreszeit einmal – und insgesamt über dreissig Kleine Entdecker AUF DEM BAUERNHOF Mal.» Regelmässigkeit und Kontinuität sind wichtige Aus dem Schulbus, der inzwischen auf den Hofplatz ge- Teile des Konzepts: So besuchen die Kinder in den ers- rollt ist, steigen 14 mit Rücksäcken und festem Schuh- ten drei Schuljahren (Kindergarten bis Ende der ersten werk ausgestattete Kindergartenkinder; drei von ihnen Klasse) immer den gleichen Bauernhof und können so sind zum allerersten Mal auf einem Bauernhof. Nun bil- eine Bindung zu diesem Ort, den Menschen und Tieren den die Kids einen Kreis und singen das Begrüssungs- aufbauen. lied: Gang rüef de Bruune. Wäre es nicht sinnvoller, das Programm mit Kindern Gang rüef de Gääle. aus Städten statt mit Schulklassen aus dem ländlichen Sie sölled aalsam. Ausserrhoden durchzuführen? Nein, meint die Projekt- Sie sölled aalsam. leiterin; auch im Appenzellerland gebe es heutzutage in Gang rüef de Gääle. fast jeder Klasse Kinder, die noch nie eine Kuh in ihrer Gang rüef de Bruune. natürlichen Umgebung gesehen hätten, und dies seien Sie sölled aalsam in Stall iecho. beileibe nicht nur Kinder aus einem spezifischen Aus- Sennele hoa hoa sennele hoa ho. schnitt der Gesellschaft. Sennele hoa hoa hoo. 8
FO K U S Im Anschluss erklärt die Kindergärtnerin Sandy Me- Klassenzimmer und Besuchen vor Ort sei ein ideales net den Kleinen die elementaren Regeln: nicht herum- Gefäss, um die im Lehrplan vorgesehenen Lernziele zu klettern und den Stall wie das Kinderzimmer der Kühe erarbeiten. Neben der Wissensvermittlung habe sie sich betrachten; so wie die Kinder hätten es auch die Kühe auch darüber gefreut, dass es gelungen sei, ein Erleb- nicht gerne, wenn jemand ihr Zimmer durcheinander- nis zu schaffen, bei dem die Freude und das konkrete bringen würde. Teilnehmen am bäuerlichen Alltag eine zentrale Rolle einnahmen. Dass ihre Klassen, am Projekt teilnehmen Nun ist es Zeit, in den Stall zu gehen, dort wartet be- kann, ist auch ein wenig Glückssache. Es gab viel mehr reits der Milchproduzent Ueli Bodenmann auf die Kin- interessierte Klassen als Plätze zur Verfügung standen, derschar. Für Ueli und seine Frau Vroni, die selbst auch so dass das Los entschied. Die Kindergärtnerin fände schulpflichtige Kinder haben, ist die BauernhofSchule es toll, wenn alle interessierten Lehrpersonen die Mög- Neuland, erst seit kurzem sind sie Teil des Projekts. Als lichkeit hätten, mit ihren Schülerinnen und Schülern sol- die beiden angefragt wurden, ob sie mitmachen woll- che Projekte zu nutzen. ten, überlegten sie nicht lange und sagten spontan zu. Bodenmanns machen in ihrem Alltag immer wieder die Erfahrung, dass viele Menschen kaum Ahnung haben, woher Lebensmittel stammen. «Wir wollen den Kindern zeigen, dass es nicht selbstverständlich ist, die Kühl- schranktür zu öffnen und einfach Milch rauszuholen.» Nun bilden die Kinder zwei Gruppen, die eine geht zu- erst auf eine «Fotosafari», um so den Hof mit eigenen Augen zu erkunden. Die zweite Gruppe darf zu Ueli, um ihm beim Melken zuzuschauen. Geduldig erklärt der Milchbauer, wie Kühe gemolken werden, was und wie viel eine Kuh frisst und trinkt. Die Kleinen schauen inte- ressiert, allzu nahe an die Kühe getrauen sie sich aber nicht und halten lieber einen gewissen Sicherheitsab- stand. Das Melken finden die Kids zwar spannend, am meisten Reaktionen gibt es aber, wenn eine der Kühe «Gaggi» macht. Nun ist Mut gefragt: Wer getraut sich, selbst Hand anzulegen und zu melken? Tatsächlich fasst sich einer der Knirpse ein Herz, tritt vor und legt Die BauernhofSchule wird im Kanton Appenzell Ausser los; von seinen Gspändli erntet er dafür bewundernde rhoden vom Amt für Volksschulen sowie den Schulen, Blicke. Bei der anschliessenden Milchverkostung greift in den anderen Kantonen von den Schulgemeinden und etwa die Hälfte zu. Der Kleinste der Klasse verzichtet den kantonalen Bauernverbänden finanziert. Gemäss und meint: «Nei dankä, ich trinke nume Schoggimilch.» der Initiantin Michaela Linder führt aber der allgemeine Spardruck der Kommunen dazu, dass aus finanziellen Nach der Znünipause holen die Kleinen ihre leeren Gründen nicht allen Schulkindern die Möglichkeit offen- Konfigläser aus den Rucksäcken. Nun wird Butter ge- steht, am Erlebnis Bauernhof zu partizipieren. macht. Die Pädagoginnen füllen die Gläser mit Rahm, schliessen die Deckel sorgfältig, und schon schütteln die Kindern wie wild darauf los, bis sich die Konsistenz verändert. Die selbstgemachte Butter dürfen die Kinder als essbare Erinnerung nach Hause nehmen. Die Kindergärtnerin Sandy Menet zieht ein positives Fa- zit aus dem ersten Besuch bei der Familie Bodenmann. Infos Der Vormittag auf dem Bauernhof sei bei den Kindern Zielgruppe auch noch an den Tagen danach Gesprächsstoff Num- Kindergarten bis 6. Klasse mer eins gewesen. Die Verbindung von Unterricht im Region Aktuell, Kantone SG und AR Kontakt michaela.linder@swissonline.ch 9
FO K U S Milchwirtschaft an den Schulen Tag der Pausenmilch Ein Fixpunkt im Schulkalender ist der Tag der Pausen- milch, den Swissmilk jedes Jahr mit der tatkräftigen Unterstützung des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands (SBLV) durchführt. Schülerinnen Weniger Kochunterricht und Schüler in allen Sprachregionen erhielten seit 2001 Während 2019 noch alle befragten Fachlehrpersonen über 5,5 Millionen Portionen Milch. Initiiert wurde der angaben, dass die Schülerinnen und Schüler im Rah- Tag der Pausenmilch mit dem Ziel, den Schulkindern men des WAH-Unterrichts die Möglichkeit haben, selbst die Milch als gesunde Pausenverpflegung und den Bau- zu kochen, gibt es nun erste Klassen, die keine Koch- ernhof als lokale Produktionsstätte von Lebensmitteln möglichkeit mehr haben. näherzubringen. Die Ernährung ist vor allem auf den Stufen H1 und H2 ein wiederkehrendes Thema: Zwei Drittel der Lehrperso- nen behandeln das Thema mehrmals im Schuljahr. Ab H3 verliert die Ernährung im Unterricht an Relevanz. Bei fast einem Drittel der Klassen wird Ernährung gar nicht im Unterricht besprochen. Unterrichtsmaterial Lehrmittel von Privatunternehmen Swissmilk stellt auch praktisches Schulmaterial für alle In den letzten Jahren war jeweils die Zurückhaltung Zyklen rund um die Themen Milch und Ernährung zur gegenüber dem Einsatz von Unterrichtsmaterial von Verfügung. Die Arbeitsblätter, Lehrmittel, Broschüren, Unternehmen wie Coop, Nestlé oder Swissmilk gross. Poster, Rezeptsammlungen, didaktischen Hilfen und Auch 2021 setzten 59 % der Lehrpersonen keine ge- Bastelanleitungen sind Lehrplan-21-konform. Im Auftrag sponserten Materialien ein. Im Zuge der Pandemie, in von Swissmilk führt DemoSCOPE alle zwei Jahre eine deren Konsequenz zeitweise auf Homeschooling ge- Studie bei Lehrpersonen durch. Im Zentrum stehen Fra- setzt werden musste, ist das Interesse aber teilweise gen zur Bekanntheit und Nutzung von Swissmilk-Unter- gestiegen. Die Mehrheit derjenigen, die Angebote von richtsmaterial sowie allgemeine Fragen zum Unterricht. Swissmilk nutzen, sehen in Swissmilk einen kompeten- Im Jahr 2021 wurden insgesamt, 1050 Lehrpersonen ten und glaubwürdigen Partner. Das Unterrichtsmate- des 1. und 2. Zyklus sowie des Faches Wirtschaft-Arbeit- rial wird als von hoher Qualität (83 % Zustimmung) und Haushalt (WAH) aus der Deutsch- und der Westschweiz objektiv (72 % Zustimmung) wahrgenommen. 43 % der befragt. Gut 60 % der befragten Lehrpersonen kennen Befragten beurteilen das Material als werbefrei. Swiss- mindestens eines dieser Angebote. milk wird auch in Zukunft bestrebt sein, das Unterrichts- material werbeneutral zu gestalten. Bereits in den ersten zwei HarmoS-Stufen (H) des Zyk- Zugang zu den Lehrmitteln: www.swissmilk.ch/schule lus 1 (früher war das der Kindergarten) nutzen zwei von drei befragten Lehrpersonen mindestens ein techni- sches Hilfsmittel (Tablets, Laptops, Smartphones etc.). Ab H3 (so nannte man früher die erste Klasse) nutzen über 95 % aller Lehrpersonen technische Hilfsmittel in irgendeiner Form. Swissmilk trägt dieser Entwicklung Rechnung und bietet interaktive und multimediale Lern- programme an. 10
Wie werden Landwirtschafts- themen in den Schulunterricht integriert? Die «Milchstross» hat bei Beat A. Schwendimann vom Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) nachgefragt. Nachgefragt Wie beurteilt die Lehrerschaft Projekte wie etwa «Schule auf dem Bauernhof»? Themen wie Nachhaltigkeit, gesunde Ernährung, Tier- beim Lehrer schutz und Klimawandel sind für viele Kinder und Ju- gendliche von grossem persönlichem Interesse. Auf- Wo finden Themen rund um die Land- und Ernäh- zuzeigen, wie auf Schweizer Bauernhöfen gearbeitet rungswirtschaft in den Lehrplänen ihren Platz? wird, kann ein vertieftes Verständnis für die Prozesse Entwicklungspsychologisch begründet ist die Auseinan- der Lebensmittelproduktion und der Landwirtschaft ver- dersetzung mit der Umwelt und den konkreten Gegen- mitteln. Es gibt kaum einen Ort, wo Zusammenhänge ständen gerade für Kinder im Kindergarten- und Primar- im Spannungsfeld von Gesellschaft, Umwelt und Wirt- schulalter sehr bedeutsam für den Verstehensprozess, schaft derart geballt aufeinandertreffen wie auf einem denn das Denken geht aus dem Handeln hervor. Landwirtschaftsbetrieb. Im Lehrplan 21 finden sich zahlreiche Kompetenzen, Der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) die beim Besuch auf dem Bauernhof entwickelt wer- setzt sich deshalb seit langem für das ausserschulische den können: Im Zyklus 1 und 2 gehören zum Fach Lernen als wichtigen Teil der Entwicklung von Kindern Natur, Mensch und Gesellschaft die Themen Arbeit, und Jugendlichen ein. Es gibt grundsätzlich zwei ver- Produktion und Konsum / Tiere, Pflanzen und Lebens- schiedene Arten des ausserschulischen Lernens: Einer- räume / Identität, Körper, Gesundheit / Menschen nut- seits gibt es Lernangebote, die pädagogisch vorbereitet zen Räume / Zeit, Dauer und Wandel verstehen. Im und vorstrukturiert sind, wie beispielsweise Museen, Zyklus 3 können Bezüge zu «Wirtschaft, Arbeit, Haus- Kunstvermittlungsprojekte oder technisch-orientierte halt (WAH)»: Ernährung / Hauswirtschaft, Räume, Zei- Workshops. Andererseits gibt es Lernorte, die die Welt ten, Gesellschaften (RZG): Geografie / Geschichte und an sich darstellen, wie beispielsweise ein Bauernhof, Natur & Technik (NT): Biologie gemacht werden. Mit eine Bäckerei oder eine Kehrrichtverbrennungsanla- älteren Schülerinnen und Schülern können dann zuneh- ge. Solchen Lernorten wird schon seit Jahrhunderten mend komplexere Projekte erarbeitet werden, zum Bei- eine besondere Bedeutung beigemessen. Sie ermögli- spiel kontroverse Fragen zur Tierhaltung oder zur nach- chen ein konkretes «Learning by doing», ein vertieftes haltigen Lebensmittelproduktion. Verständnis für Arbeitsprozesse und für die Umwelt. Schule auf dem Bauernhof etwa zeigt vorbildlich, wie Abbildung: Dr. Beat A. Schwendimann; Leiter der Päda- das Zusammenspiel von Schule und ausserschulischen gogischen Arbeitsstelle des Dachverbands Lehrerinnen Lernorten gelingen kann. und Lehrer Schweiz (LCH). 11
FO K U S Zielgerichtete und strategisch geplante Kommunikation wird immer wichtiger Kommunikation ist alles Kommunikation ist alles, und alles ist Kom- «Foodtrends» wie Veganismus entstehen litische Arbeit ist und bleibt enorm wichtig. munikation. Schnell gesagt, viel geschrieben, neue Verständnisse oder Bedürfnisse. Nicht Die agrarpolitischen, raumplanerischen und sofort im Netz, alles oder nichts, zu viel oder zuletzt hat auch die klimakritische Stimm- rahmenbedingungsbildenden Themenfelder zu wenig kommuniziert. Das wäre eine kur- gebung die Landwirtschaft erreicht. Dabei im Interesse der Gesamtlandwirtschaft zu ze Zusammenfassung, nicht klar, aber doch sind wir mit der Tatsache konfrontiert, dass vertreten, bleibt Chefsache in jeder landwirt- klar. Wir alle kommunizieren täglich direkt, ein Grossteil der Bevölkerung keinen direkten schaftlichen Organisation. übers Telefon, übers Mail, auf den Online- Kontakt mehr zur Landwirtschaft hat. Bereits medien oder in anderen Formen, gleichzeitig war es der Grossvater oder Urgrossvater, der Die politischen Themenfelder zwingen uns gehen uns pro Tag rund 60 000 Gedanken einen Hof hatte, und das war dann damals jedoch vielfach auch in die reagierende Kom- durch den Kopf. Die Sprache ist unser Mit- auch definitiv eine andere Landwirtschaft. munikation und Argumentation. Man könnte tel, die verschiedenen Kanäle unsere breite Gleichzeitig gibt es, seit der Pandemie noch das so nennen, dass wir in der Landwirt- Möglichkeit, Informationen zu transportie- verstärkter, ein grosses Bedürfnis nach re- schaft mitunter kommuniziert werden. Un- ren. Die Kommunikation ist enorm wichtig gionalen und einheimischen Produkten. Die ser Ziel ist aber, die Kommunikation selbst und zugleich unglaublich komplex. Richtig Hofläden hatten in dieser Zeit einen unglaub- zu steuern und zu entscheiden, wann und verstehen, verständlich schreiben, aktuell lichen Zulauf. Immer noch ist die Landwirt- wie wir unsere Botschaften und landwirt- informieren, Meinungen bilden, Argumenta- schaft in den Genen der Bevölkerung sehr schaftlichen Themen einbringen, eben zu tionen aufbauen – was auch immer wir tun, positiv verankert. Deren Betriebe zeigen eine agieren. Glücklicherweise haben wir schon ist Kommunikation, und jeder Mann und jede Unmenge fortschrittlicher und innovativer sehr viele gute «Botschafter» in diesem Be- Frau hat eine eigene Vorstellung von guter Initiativen und Bemühungen auf und sind reich wie den 1.-August-Brunch, Schule auf und sinnvoller Kommunikation. sowohl in der Produktion, im Tierwohl, in der dem Bauernhof, Tag der Pausenmilch, An- Nahrungsmittelqualität, in der Digitalisierung gebot vom Hof, all die guten landwirtschaftli- So weit, so gut. Und wo stehen wir heute? und in der Klimabemühung vorne mit dabei chen Veranstaltungen, bei denen wir ja auch Wir sind in der Landwirtschaft umgeben von und sehr aktiv. Und nicht zuletzt produzieren wieder zuversichtlicher in die Zukunft blicken offensichtlich funktionierenden «Fremdbil- die Bauernfamilien Nahrungsmittel für alle, können. Jetzt ist es noch wichtiger, zielge- dern». In den letzten Jahren und wohl auch egal was sie essen und welchen Trends sie richtet und damit strategisch geplant unsere in Zukunft wurden und werden wir von einer gerade folgen. Botschaften direkt aus der Landwirtschaft Heerschar von Initiativen überrollt. In diesen einer breiten Bevölkerung und Konsumentin- politischen Vorstössen wird die Landwirt- Klar, und was machen wir nun damit? nen und Konsumenten zu präsentieren. Wir schaft oft als Sündenbock oder Verursacher In diesem gesellschaftspolitischen Rah- haben alle echten und positiven Geschich- von was auch immer dargestellt. Durch die men müssen wir nun einen Weg finden, die ten, die es nur braucht, um unsere wertvolle intensiv geführten Kampagnen verankern Landwirtschaft in ihrer Authentizität, in der Landwirtschaft wirkungsvoll kommunizieren sich Botschaften, die vielfach weit weg Realität des «Heute» ehrlich und transparent zu können. Es gemeinsam zu tun, uns unter- von unserer «Hofrealität» sind. Ein anderes einer breiten Bevölkerung zu zeigen. In der einander auszutauschen, ist genauso wert- Beispiel sind die zunehmenden «Jöh-Wer- Kommunikation können wir drei Kernfelder voll, wie jeden Moment zu nutzen, in Kontakt bungen» der Grossverteiler. Welcher Bauer benennen: die interne Kommunikation, die zu treten und mit Stolz zu zeigen, was die darf schon ein Tier frei in einem Laden he- politische Kommunikation und die Kommu- Landwirtschaft für die Allgemeinheit leistet rumlaufen lassen, oder wer möchte das nikation gegenüber der Bevölkerung, den und welche wertvollen Lebensmittel sie an- «Wildschwiifärli» auf dem Acker oder gar Konsumenten. Der ständige Dialog «unter- zubieten hat. im «Gada»? Dann gibt es da die ganze Ver- einander» von Organisationen, Bäuerinnen klärung der Ernährungswirtschaft. Nicht be- und Bauern ist wichtig und eint uns auch Martin Renner leitet die Kommunikation oder verurteilend bemerkt, sondern vielmehr weiterhin. Nichts Schlimmeres gäbe es als beim Bündner Bauernverband und hat eine im Kontext der verschiedenen modernen eine Spaltung innerhalb der Branche. Die po- eigene Agentur für Projektbegleitung, Coa- ching und Moderation. 12
FO K U S Profis sind die besten Botschafter. Es gibt viele 18. September 2022 Möglichkeiten, um mit der Bevölkerung in Kontakt Vo puur zu puur – eine Erfolgsgeschichte Seit mehr als einem Jahrzehnt führt der zu treten. Hier eine Auswahl von Veranstaltungen, Zürcher Bauernverband (ZBV) am eid- genössischen Bettag Mitte September die an denen die Landwirtschaft mit der Bevölkerung Veranstaltung «vo puur zu puur» durch. in den Dialog treten kann: Jedes Jahr findet die Veranstaltung, die insbesondere die städtische Bevölkerung auf die Bauernbetriebe bringt, in einem an- deren Bezirk im Kanton Zürich statt. Auch in diesem Jahr wird «vo puur zu puur» stattfinden, dieses Mal am Stallvisite Sonntag, 18. September 2022, in der Region Säuliamt, und Personen aller Alters- klassen, vor allem auch Familien, mit viel Einblick in das Leben Wissenswertem zur Landwirtschaft auf dem Bauernhof sowie Speis und Trank versorgen. Stallvisite ist ein ganzjähriges Angebot, die Das Konzept wurde 2015 durch den St. Galler Öffnungszeiten können individuell festgelegt werden. Konsumentinnen und Konsumen- 9. April 2022 Bauernverband übernommen, und seit 2017 führt auch der Bauernverband Aargau ten sehen, wie es auf dem Bauernhof läuft. am gleichen Datum wie im Kanton Zürich Davon profitieren beide Seiten gleicher- Tag der Schweizer Milch eine solche Veranstaltung durch. massen. Über 370 Bauernbetriebe bieten Jährlich feiert Swissmilk schweizweit Zürich: www.vopuurzupuur.ch dieses Angebot bereits an. Für die Stallvisite den Tag der Schweizer Milch. Der Anlass St. Gallen: www.vopuurzupuur-sg.ch eignen sich interessierte, kommunikative ermöglicht den Milchproduzentinnen und Betriebsleiterinnen und -leiter, die Freude -produzenten den direkten Kontakt zu am Austausch mit Menschen haben und für Konsumentinnen und Konsumenten. Am mindestens ein Jahr ihren Hof auf indivi- 9. April 2022 wird der Tag der Schwei- duelle Weise der Bevölkerung zugänglich zer Milch in der ganzen Schweiz in allen 1. August 2022 machen. Besonders eignen sich Betriebe an Städten, Agglomerationen, Einkaufszentren einfach erreichbaren Orten, in Agglomera- und Dörfern gefeiert. Verwöhnen Sie die 1.-August-Brunch – tionen und an gut besuchten Wander- und Konsumentinnen und Konsumenten mit Gastgeber aus Leidenschaft Spazierwegen. Ihrer feinen Schweizer Milch, informieren Sie Der Brunch ist eine ideale Plattform, um mit www.bauernportal.ch über die gesundheitlichen Vorzüge der Milch der Bevölkerung in Kontakt zu kommen und und zeigen Sie die Mehrwerte der Schweizer ihr die Schweizer Landwirtschaft näher Milchwirtschaft auf. Für Milchproduzenten zubringen. Er eignet sich auch bestens, entstehen keine Kosten. Verbrauchsmaterial um den eigenen Direktverkauf anzukurbeln 12. Juni 2022 sowie der Versand sind gratis. Swissmilk erstattet die Kosten für selbst organisierte oder andere Hofangebote zu bewerben. Ein «Buurezmorge» zum Nationalfeiertag Milchprodukte vollumfänglich zurück und muss kein Grossanlass sein. Gerade auch Tag der offenen Hoftüren – zahlt einen Spesenbeitrag für Milchstände kleinere Brunchs haben ihren Reiz. zeig, was du machst aus, die ausserhalb des Hofs organisiert VMMO unterstützt Mitgliedsbetriebe, die Der Tag der offenen Hoftüren ermöglicht wurden. einen 1.-August-Brunch durchführen, mit Besucherinnen und Besuchern einen Blick www.swissmilk.ch/de/produzenten/ CHF 200.–. hinter die Kulissen des Bauernhofes. Der fachmessen-veranstaltungen/ www.bauernportal.ch nationale Eventtag findet dieses Jahr am 12. Juni 2022 statt. Vom Hofrundgang bis zu Kinderanimationen, Verpflegungs- Events angeboten und Verkauf von Hofprodukten ist alles möglich. Jeder Betrieb gestaltet das Programm an diesem Tag auf dem Hof selber. VMMO unterstützt Mitgliedsbetriebe, die sich am Tag der offenen Hoftüren engagie- ren, mit CHF 200.–. www.bauernportal.ch 13
FO K U S Soziale Medien haben die Art und Weise des Informationsaustausches nachhaltig verändert. Wie kann die Landwirtschaft diese Kommunikationsplattformen nutzen? Social Media IN DER LANDWIRTSCHAFT St. Galler Bauernverband Auf welchen sozialen Medien ist der St. Galler Welchen Nutzen seht ihr in euren Online-Aktivitäten? Bauernverband unterwegs? Wir sehen den Nutzen in der Präsenz. Wer nicht in den Seit bald zwei Jahren sind wir mit @stgaller.landwirt- sozialen Medien oder allgemein im Netz präsent ist, ist schaft auf Instagram und Facebook aktiv. Wir sind noch für viele potenzielle Sympathisanten einfach unsicht- ganz am Anfang und lernen täglich Neues dazu. Was bar. Wir nutzen die Plattformen auch, um einer breit kommt gut an, was weniger. gefächerten Zielgruppe Informationen über die Land- wirtschaft und die Lebensmittelproduktion einfach und Seit Januar 2022 sind wir zudem auf Twitter unterwegs verständlich zugänglich zu machen. Was hinsichtlich der und zwitschern hie und da mal etwas aus der Branche. Komplexität der ganzen Landwirtschaft nicht unbedingt Die Twitter-Aktivität möchten wir in den nächsten Mona- selbstverständlich ist. ten etwas intensivieren, natürlich auch im Hinblick auf die Tierhaltungsinitiative. Bietet ihr euren Mitgliedern Social-Media-Trainings an? Konkrete Schulungen in dem Bereich machen wir nicht. Für Interessierte bieten wir zudem eine Whats-App Info Wenn aber jemand Freude im Umgang mit den sozialen an. So können wir mit wichtigen Informationen kurzfristig Medien hat, raten wir unbedingt, den Alltag vom Hof zu über 1200 Abonnenten erreichen. Die WhatsApp-Nach- zeigen. Es interessiert die Leute wirklich. Aber was viele richten werden von über 90 % der Empfänger gelesen oder unterschätzen, ist der Aufwand, den die sozialen Medien zumindest angeschaut, das ist ein sehr hoher Wert. mit sich bringen. Es ist viel mehr als mal ein Föteli pos- ten und etwas Lustiges schreiben. Damit es funktioniert, Die sozialen Medien sind im stetigen Wandel. Das spüren braucht es eine Stetigkeit – regelmässige, inhaltlich und auch wir. So werden zum Beispiel Videos in Zukunft im- qualitativ gute Beiträge. Für die Schweizer Landwirt- mer wichtiger. Wir versuchen mit der Zeit zu gehen und schaft bieten die sozialen Medien eine gute Möglichkeit, die Landwirtschaft immer mehr auch online sichtbar und um sich mit der landwirtschaftsfernen Bevölkerung aus- zugänglich zu machen. zutauschen und zu zeigen, was geleistet wird. Instagram: @stgaller.landwirtschaft Wen spricht ihr mit euren Auftritten an? Facebook: facebook.com/stgaller.landwirtschaft Mit Facebook möchten wir Mitglieder und landwirt- Twitter: @BauernverbandSG schaftsnahe Personen ansprechen. Auf Instagram zielen wir künftig eher auf die breite Bevölkerung ab, danach richten wir auch unsere Inhalte aus.. Auf Facebook er- reichten wir im letzten Jahr monatlich rund 15 000 und auf Instagram gut 3 500 individuelle Nutzer. Eigentlich sind diese Reichweiten nicht sehr hoch. Aber für uns stimmen Aufwand und Ertrag momentan. Viele denken, mal ein Bild posten könne man nebenbei. Doch die sozia- len Medien bedeuten Aufwand. Beiträge müssen geplant und ausgearbeitet werden. Möchte man zwei Mal in der Woche etwas posten, so ist über das ganze Jahr gese- Bettina Signer hen sehr viel Material nötig. Das darf man auf keinen Fall Koordination Öffentlichkeitsarbeit unterschätzen. St. Galler Bauernverband 14
FO K U S Begriffserklärung Soziale Medien oder Social Media sind di- gitale Medien und Methoden, die es Nutzern ermöglichen, sich im Internet zu vernetzen und mediale Inhalte einzeln oder in einer definierten Gemeinschaft oder offen in der Gesellschaft zu erstellen und weiterzuge- Farmfluencer ben. Zudem können sie das schnelle Ver- breiten von Wissen, Meinungen und ande- Der Zürcher Bauernverband hat 2021 das Projekt ren Informationen unterstützen. Es besteht #farmfluencer lanciert im Unterschied zu traditionellen Massen- #farmfluencer sind «Influencer» aus der Landwirt- medien weniger oder kein soziales Gefälle schaft. Bauern, die über ihre Arbeit in den sozialen zwischen Sender und Empfänger. Als Kom- Medien berichten. Aufgegleist wurde das Projekt des munikationsmittel werden dabei Text, Bild, Zürcher Bauernverbands auf den Informationskanälen Audio oder Video verwendet. «NaturTalent» auf Facebook und auf Instagram. Ziel Quelle: Wikipedia und Zweck ist die authentische und transparente Öf- fentlichkeitsarbeit. Die beteiligten Landwirte widmen sich dabei jeweils ihrem Kernthema und erklären den Instagram Städtern und Konsumenten ihr Handwerk. So gibt es Instagram ist ein foto- und videofokussier- zum Beispiel #farmfluencer in den Bereichen Milchwirt- tes soziales Netzwerk. Mithilfe der App kön- schaft, Rebbau und Obstbau. nen vom Smartphone aus Bilder und Videos Instagram: @naturtalent_ch aufgenommen, mit Filtern bearbeitet und Facebook: www.facebook.com/NaturTalent anschliessend im Netzwerk hochgeladen werden. Weltweit 1,074 Milliarden aktive Nutzerinnen und Nutzer. Swissmilk Intensivierung da, wo die Jungen aktiv sind TikTok Bereits 2020 intensivierte Swissmilk ihre Social-Media- TikTok ist eine Unterhaltungsplattform, auf Aktivitäten, und mit Pinterest kam eine neue Plattform der sich die Nutzer durch das Erstellen eige- hinzu. Erreicht wird mit Pinterest insbesondere ein jun- ner Videos kreativ ausleben. Angemeldet ges, weibliches Zielpublikum, in der Deutschschweiz können die Clips kommentiert, gelikt und und der Romandie. Auch Snapchat wurde vermehrt geteilt werden. TikTok ist das sechstgrösste als Werbeplattform eingesetzt. Snapchat ist eine Platt- soziale Netzwerk der Welt. form, mit der Swissmilk bewusst eine junge Zielgruppe erreicht. Ebenfalls neu hinzu kam TikTok. So startete Swissmilk im vergangenen Jahr einen ersten Piloten Snapchat mit der neuen Social-Media-Plattform. Getestet wurde Nutzer von Snapchat können einander die Nachhaltigkeitskommunikation mit Inhalten des direkt anrufen, kurze Video-Botschaften, Hofpraktikums. Es zeigte sich, dass gerade junge Er- Nachrichten, Fotos und Sticker schicken. Zu wachsene auf TikTok angesprochen werden können, so den weiteren Funktionen gehört die Mög- war das Engagement erfreulich hoch. TikTok soll des- lichkeit, Filter und AR-basierte Linsen zu halb ein Teil des Social-Media-Pakets von Swissmilk Schnappschüssen hinzuzufügen. Werbe- werden. Aktuell in Prüfung ist die detaillierte inhaltliche treibende sollen anscheinend via Snapchat Ausrichtung mit Fokus Nachhaltigkeit. So wird das So- über 80 % der 13- bis 24-Jährigen erreichen. cial-Media-Marketing mit Lead-Kanal Instagram, mit YouTube als strategischer Plattform mit Videocontent und mit Entwicklung ergänzender Plattformen passend Pinterest zur Zielgruppen- und Themen-Ausrichtung des Swiss- Pinterest ist eine Bilderplattform: Die Nutzer milk-Marketings weiterentwickelt. können nach Bildern suchen und sich rele- TikTok: swissmilk_official vante Inhalte merken. Die gemerkten Bilder Snapchat: swissmilksnap lassen sich auf Pinnwänden zu verschiede- Pinterest: @swissmilk_official nen Themenbereichen sortieren. In der Pha- Instagram: @swissmilk_official se des ersten Lockdowns hatte Pinterest einen Boom – die Nutzerzahl stieg stark. 15
GSUND & GFRÄSSIG Seit Januar 2022 sind die neuen Bio-Suisse- Richtlinien in Kraft. Eine wesentliche Änderung ist die Regelung über die 100 % Schweizer Knos- pe-Fütterung. Was gilt es dabei zu beachten und welche Auswirkungen hat dies auf die Wieder- käuerfütterung? Die «Milchstross» hat bei Ruben Keller, Bio-Berater im UFA-Beratungsdienst Oberbüren, nachgefragt. Bio-Suisse- © Bio Suisse Richtlinien Was hat geändert an den Bio-Suisse-Richtlinien und Die Futtersojaproduktion wurde in den letzten Jahren ab wann gelten diese? zwar erhöht – die Übernahmemengen lagen gemäss Bio Seit dem 1. Januar 2022 muss die Wiederkäuerfütte- Suisse 2018 bei 120 Tonnen und 2021 bei 880 Tonnen. rung auf dem Bio-Betrieb gemäss Bio-Suisse-Richtlinien Zum Vergleich: 2018 wurden rund 6000 Tonnen impor- zu 100 % aus inländischen Knospe-Rohwaren bestehen. tiertes Soja für die Bio-Wiederkäuerfütterung eingesetzt. Zudem ist der Kraftfuttereinsatz auf maximal 5 % der Ration beschränkt. All diese Faktoren haben einen wesentlichen Einfluss auf die Gehalte des Bio-Ergänzungsfuttersortiments. Welche Auswirkungen hat die Vorschrift 100 % aus Die Rohproteingehalte der neuen Ergänzungsfutter sind Schweizer Knospe-Anbau? daher deutlich tiefer als früher. Für den Betrieb bedeutet dies einerseits, dass kein im- portiertes Raufutter, wie beispielsweise Luzerneballen, mehr zugekauft werden darf. Seit dem 1. Januar 2022 muss Die andere grosse Auswirkung hat diese neue Vorschrift auf die Zusammensetzung und die Gehalte der Ergän- die Wiederkäuerfütterung auf dem zungsfutter. Weil keine importierten Rohwaren mehr eingesetzt werden dürfen, sind die Eiweisskomponen- Bio-Betrieb gemäss Bio-Suisse- ten die begrenzenden Faktoren. Die angebaute Fläche an Bio-Futtersoja und anderen Körnerleguminosen ist Richtlinien zu 100 % aus inländi- nicht so stark angestiegen wie erhofft. Hinzu kommen schen Knospe-Rohwaren die zum Teil sehr tiefen Erntemengen und schlechte Qualität aufgrund der Wetterlage 2021, was das Prob- bestehen. lem zusätzlich verschärft. 16
Tipps für einen guten Start in die Weidesaison Der Frühling steht schon bald vor der Tür und das Gras- land fängt an zu grünen. Somit steht die Weidesaison Wie werden die maximal 5 % Kraftfutter berechnet? vor der Tür. Beim ersten Weidegang gilt es Folgendes Als Kraftfutter gelten bei Bio Suisse alle Futtermittel, die zu beachten. nicht unter Grundfutter aufgeführt sind. Dazu gehören seit dem 1. Januar 2022 auch Nebenprodukte aus der Weidebeginn Trocken- und Schälmüllerei. Das frühe Beweiden unmittelbar nach Vegetationsstart fördert die Bestockung der Gräser. So entstehen früh Da also gewisse Rohkomponenten in den Ergänzungs- trittfeste Grasnarben, die keinen Platz für unerwünschte futtern der UFA, wie beispielsweise Mühlennebenpro- Kräuter oder zu viel Kleeanteil bilden. Das Ziel der Früh- dukte, nicht als Kraftfutter gelten, haben diese unter- lingsweide soll sein, dass die Kühe möglichst viel fres- schiedliche Kraftfuttergehalte, die seit Januar auch sen. Die ausläuferbildenden Gräser, das Englische Rai- auf den Etiketten ausgewiesen sind. Mit dieser Angabe gras und die Wiesenrispe, sollen gefördert werden. Die kann errechnet werden, wie viel Ergänzungsfutter man Tiere fressen ausserdem im Frühling junge, aber auch einsetzen darf. Das Bio-Startphasenfutter hat beispiels- unerwünschte Pflanzen. Beim Bestossen der Weide soll weise einen Kraftfutteranteil von 80 %. Von diesem kann das Gras ca. 10 bis 15 cm hoch sein. mehr eingesetzt werden als vom Proteinausgleichsfut- ter, das einen Kraftfutteranteil von 95 % aufweist. Futterumstellung Der Weidebeginn bringt eine Fütterungsumstellung für Was bedeutet die Begrenzung auf 5 % Kraftfutter für die Tiere mit sich. Abrupte Futterumstellungen können die Fütterung? das Verdauungssystem aus der Bahn werfen. Die Um- Der Fokus der Ergänzungsfütterung sollte unbedingt stellung von der Winterfütterung aufs Weiden sollte auf die ersten 120 Tage der Laktation gelegt werden. deshalb langsam erfolgen. Während dieser Zeit müssen die Kühe bedarfsgerecht versorgt werden, und es dürfen keine Kompromisse Junges Gras im Frühling ist sehr zuckerreich und arm gemacht werden. Am besten werden die Mengen tier- an Magnesium. Dadurch sinkt innerhalb kurzer Zeit der individuell zugeteilt. Mit Mais hohe Energiemengen in Pansen-pH-Wert, was zu einer akuten oder versteck- die Ration zu bringen, ergibt keinen Sinn, weil man keine ten Übersäuerung, mit Auswirkungen auf den Organis- Proteinkonzentrate mehr hat, um diese hohen Energie- mus, führen kann. Anzeichen einer Übersäuerung des gehalte auszugleichen. Organismus können der Abfall des Milchfettgehaltes, wechselhafter Appetit und veränderte Kotkonsistenz, Da das Ergänzungsfutter tiefere Gehalte aufweist, ist es vermehrte Klauenprobleme, Leberabszesse oder Stö- schwieriger, Schwankungen bei der Grundfutterqualität rungen und Schädigungen des Pansens sein. Diese Pro- auszugleichen. Deshalb sollte qualitativ hochwertiges bleme lassen sich mit einfachen vorbeugenden Mass- und möglichst proteinreiches Grundfutter produziert nahmen verhindern. werden. www.ufa.ch/bio/wiederkaeuerfuetterung-2022 Langsame Umstellung von der Winterfütterung auf das Weiden Kleine Futtermengen zur Verfügung stellen mit frühem Weidebeginn Vorfütterung im Stall vor dem Weide- austrieb, z. B. mit Heu oder anderen Futtermitteln Ergänzung Mineralfutter mit erhöhtem Magnesiumgehalt zum Weideaustrieb
FO K U S Per 1. Januar 2022 gab es Anpassungen bei den Zulagen für Milch. Die vielen Anfragen bei der VMMO-Geschäftsstelle deuten darauf hin, dass noch einige Unklarheiten bestehen. Milchzulage November 2021 Dezember 2021 Bundesrat beschliesst Erhöhung Verkehrs- Wie von der SMP und den Teilverbänden ge- milchzulage um 0,5 Rp./kg (von 4,5 auf 5 Rp./ fordert, erhöht das Parlament das Budget für kg) und Reduktion der Verkäsungszulage um die Milchwirtschaft um 8 Millionen Franken, 1 Rp./kg (von 15 Rp./kg auf 14 Rp./kg). um so die Verkäsungszulage in der bisheri- gen Höhe zu bewahren. Auswirkungen Milchgeldabrechnung «Molkereimilch» Zulage bis 31.12.2021 seit 1.1.2022 Differenz Verkehrsmilchzulage 4,5 Rp./kg 5 Rp./kg + 0,5 Rp./kg Total Zulagen 4,5 Rp./kg 5 Rp./kg Differenz = + 0,5 Rp./kg Den Milchproduzenten wird seit dem 1. Januar 2022 pro produziertes Kilo Milch vom BLW 5 Rappen ausbezahlt (vorher 4,5 Rappen). Auswirkungen Milchgeldabrechnung «Käsereimilch» Zulage bis 31.12.2021 seit 1.1.2022 Differenz Verkäsungszulage 10,5 Rp./kg 10 Rp./kg -0,5 Rp./kg Verkehrsmilchzulage 4,5 Rp./kg 5 Rp./kg + 0,5 Rp./kg Total Zulagen 15 Rp./kg 15 Rp./kg Differenz = 0 Auswirkungen Milchgeldabrechnung «Käsereimilch»: Zulage bleibt insgesamt unverändert, setzt sich seit Januar aber anders zusammen. Die Verkäsungszulage wurde also nicht gekürzt. 18
M I LC H PRO D UZ E N T AU S 8808 PFÄ F FI KO N S Z Sepp Bingisser mit Sohn Roman und Grosskind Sepp Bingisser Milchproduzent aus Pfäffikon SZ «Als Landwirt muss Was sind deine Zukunftspläne? Am Horizont zeichnet sich der Generatio- Machst du Ferien? Ja. Als die Kinder noch kleiner waren, fuhren man heutzutage nenwechsel ab. Trotzdem werde ich wei- wir in den Sportferien jeweils für vier bis fünf terhin in den Betrieb investieren, damit ich Tage zum Skifahren in die Flumserberge. innovativ sein und der nächsten Generation einen gut funktio- Jetzt unternehme ich mit meiner Frau gerne mit der Zeit gehen.» nierenden Betrieb übergeben kann. Danach freue ich mich auf die Zeit, wo ich mehr Ver- Tagesausflüge, und wenn möglich darf es auch mal ein paar Tage länger sein. antwortung abgeben kann. Nutzt du Apps für deine Arbeit? Was würdest du einem Berufseinsteiger Nein, ich nutze mein Handy fast nur zum Te- Im Bezirk Höfe im Kanton Schwyz bewirt- mit auf den Weg geben? lefonieren. SMS lese ich zwar, aber zurück- schaftet Sepp Bingisser zusammen mit sei- Wer sich für die Landwirtschaft entscheidet, schreiben ist nicht so meins (lacht). ner Familie einen Betrieb mit rund 20 Milch- hat die Chance, einen sehr vielfältigen und kühen. Sepp führt den Hof in der dritten schönen Beruf auszuüben. Aber wie fast Welches ist der schönste Ort in deiner Generation, in absehbarer Zeit soll Roman, überall herrscht nicht immer nur eitel Son- Region? der älteste Sohn, den Betrieb übernehmen. nenschein. Als Landwirt ist man viel vom Ein Besuch der Insel Ufenau lohnt sich, die Neben der Milchproduktion sind die eigene Wetter abhängig. Freud und Leid ist manch- Insel ist nur mit dem Schiff erreichbar (Ap- Aufzucht und eine Lohnmosterei weitere Be- mal nahe, wenn man mit Tieren arbeitet. Als ril bis Oktober). Die Ufenau ist übrigens die triebszweige. Landwirt muss man heutzutage innovativ die grösste Insel der Schweiz, die nicht über sein und mit der Zeit gehen. eine Brücke mit dem Festland verbunden ist. Sepp, warum bist du Milchbauer geworden? Eine tolle Aussicht bietet der Höhenweg von Die Arbeit mit den Tieren hat mir schon als Dein Lieblingsmilchprodukt? Schindellegi über den Etzel nach Oberegg. Kind gefallen. Ich durfte auf dem Betrieb Joghurt und milder Käse. Unterwegs hat es verschiedene Einkehr- aufwachsen, für mich war eigentlich schon möglichkeiten, und der Fernblick von Ein- immer klar, was ich werden möchte. Ich Welche Musik läuft bei dir im Stall? siedeln über Zürich bis zum Säntis ist sehr kann mir die Arbeit selber einteilen. Bis zum Beginn der Pandemie habe ich Ra- eindrücklich. dio Central gehört, aber die vielen Wortbei- Wenn nicht Bauer, was dann? träge (Covid) wurden mir dann zu viel, und Fondue oder Raclette? Vermutlich wäre ich im Baugewerbe gelan- ich habe den Sender umgestellt. Nun höre Raclette esse ich das ganze Jahr, Fondue det, eventuell im Tiefbau. ich Schlager-Radio. nur im Winter. 19
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