Mittendrin - kath-oberursel.de

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Ostern 2021

mittendrin
Pfarrbrief von St. Ursula, der katholischen Kirche
in Oberursel und Steinbach (Taunus)

                                                                                 en
                                                          egen der Maßnahm
                                   Bitte beachten Sie:W       vid -19 /S ar s-C oV -2
                                                       von Co
                                   zur Eindämmung                         n  un d
                                                        zu den Termine
                                   bitten wir Sie, sich
                                                 n  üb er unsere Homepage
                                   Gottesdienste                                eren.
                                                        ursel.de zu informi
                                    www.kath-ober

      Ökumene                                      Seite   3

      leben in unserer pfarrei Seite 40
      Gemeindecaritas aktuell Seite 47
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      aus den gemeinden Seite 52
      ausblick Seite 57
      termine Seite 61
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LIEBE LESERINNEN UND LESER,
Sie halten die neue Ausgabe des         dem Thema befassen, und auch mit
mittendrin in Ihren Händen. Im          Anika Rehorn und Daniel Dere,
Schwerpunktthema berichten wir          die ganz konkret in der Ausbildung
über Ökumene, weil eigentlich im        von Jugendleiterinnen und -leitern
Mai der Ökumenische Kirchentag          neue ökumenische Schritte in Ober-
(ÖKT) in Frankfurt gefeiert werden      ursel und Steinbach gehen.
sollte. Zwei Jahre Arbeit – und
jetzt: alle Präsenz ins digitale Was-   Corona bestimmt noch unser Leben
ser gefallen. Und Ökumene? Auch         – uns ist es Anlass, als nächstes
ins Wasser gefallen? Die vielen Bei-
träge, die ein kleines Redaktions-
                                        Schwerpunktthema „Freiheit“ zu
                                        wählen – weil wir viel Freiheit ver-         3. Ökumenischer Kirchentag 2021
team aus Hansjörg Reick, Claudia
und Herrmann Paulus, Peter Hei-
                                        missen, weil wir als Christen noch
                                        anders Freiheit wahrnehmen, weil
                                                                                     in Frankfurt a. Main
demann, Christof Reusch, Susanne        wir uns nach ihr sehnen. Haben Sie           Eigentlich sollte es ein buntes Fest werden und das direkt vor unserer
Körber und Harald Schwalbe zu-          Lust, uns einen Beitrag zu schik-            Haustür in Frankfurt: Der 3. Ökumenische Kirchentag am Himmelfahrts-
sammengetragen haben, spiegeln          ken? Oder im Redaktionsteam für              wochenende im Mai. 50.000 Teilnehmende wurden erwartet. Auch wir in
ein anderes Bild wider: Ökumene         diese eine Ausgabe mitzuarbeiten?            Oberursel und Steinbach hatten bereits die ersten Vorbereitungen für
ist quick lebendig. Und trotz Ver-      Dann melden Sie sich bitte unter             Übernachtungsgäste und lokale Veranstaltungen gestartet. Viele von uns
druss, Wünschen und Sehnsüchten         mittendrin@kath-oberursel.de.                hatten sich schon so sehr darauf gefreut, den ÖKT in unserer Heimat zu
wird Ökumene als bereichernd            Wir freuen uns mit Ihnen, Ostern             erleben. Von Hansjörg Reick und Mathias Wolf, ÖKT-Beauftragte Oberursel
wahrgenommen.                           2021 feiern zu können – wie wir              und Steinbach
                                        es auch feiern können, Christus
In der Ausgabe kommen ganz un-          wird bei uns sein – im Fest der
terschiedliche Stimmen zu Wort:
Junge Erwachsene, Ehepaare in
                                        Auferstehung.                                E     igentlich sollte es ein buntes Fest
                                                                                           werden und das direkt vor unserer
                                                                                     Haustür in Frankfurt: Der 3. Ökumenische
                                                                                                                                   so sehr darauf gefreut, den ÖKT in unserer
                                                                                                                                   Heimat zu erleben.
                                                                                                                                       Aber leider zwingt auch hier das kleine
konfessionsverbindenden Ehen, die
Pfarrerinnen und Pfarrer in evan-
                                        IHR REDAKTIONSTEAM                           Kirchentag am Himmelfahrtswochenende im
                                                                                     Mai. 50.000 Teilnehmende wurden erwartet.
                                                                                                                                   Virus zu einer neuen, hybriden Ausrichtung
                                                                                                                                   mit wenigen zentralen Veranstaltungen in
                                                                                     Auch wir in Oberursel und Steinbach hatten    Frankfurt, verschiedenen digitalen Angebo-
gelischen Gemeinden, Theologen.
                                                                                     bereits die ersten Vorbereitungen für Über-   ten und dem Aufruf, ökumenische Gottes-
Wir haben Interviews geführt mit        P.S.: Wie bei jeder Ausgabe von mittendrin
                                        können Sie uns schreiben:                    nachtungsgäste und lokale Veranstaltungen     dienste und Veranstaltungen dezentral in
Menschen, die sich schon lange mit      mittendrin@kath-oberursel.de                 gestartet. Viele von uns hatten sich schon    ganz Deutschland zu gestalten.

                                                                                                                                                                            3
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Ökumene                                                                                                                                                                              Ökumene

So wird der Kirchentag am Donnerstag, den         Leitwort quer über die vier Hauptthemen-
13. Mai mit einem ökumenischen Himmel-            bereiche:
fahrts-Gottesdienst starten. Am Freitag geht
es weiter mit einem Gedenken zu Beginn,           - Glaube, Spiritualität, Kirche
einem Festakt und Kulturveranstaltungen.
Für den Samstag steht ein digitales Pro-
                                                  - Lebensräume, Lebenswelten,
                                                    Zusammenleben
                                                                                                     Ökumene ist ein Abenteuer
gramm mit Bibelarbeiten, Podien, Work-            - Schöpfung, Frieden, Weltgemeinschaft             Von Jutta Schmidt
shops, Gesprächsrunden und einem Meet&            - Wirtschaft, Macht, Verantwortung
Greet-Bereich an. Am Abend sollen in den
Gemeinden konfessionelle Gottesdienste,
ökumenisch sensibel gestaltet und Kultur-
veranstaltungen mit regionalem Schwer-
                                                  Immer geht es auch um Gerechtigkeits-
                                                  fragen: Schutz, Teilhabe, Verteilung von Gü-
                                                  tern, Verteilung von Rechten, Verantwor-
                                                                                                     I   ch erlebe Ökumene als vielseitig, span-
                                                                                                         nungsreich, manchmal widersprüchlich.
                                                                                                     Ich erfahre Geschwisterlichkeit im Glauben
                                                                                                                                                      Und wenn ich
                                                                                                                                                      auf Biegen und Brechen
                                                                                                                                                      mich winde,
punkt stattfinden. Der Ökumenische Schluss-       tung. „schaut hin“ ist aber genauso die            und in der Liebe. Aber es gibt auch Span-        um Dir auszuweichen –
gottesdienst wird dann am Sonntag im Fern-        Anfrage: Was übersehen wir? Wovor ver-             nungen und manchmal frage ich mich, wo sie       Du findest mich,
sehen übertragen. Trotz aller Umstände war-       schließen wir die Augen? Wo schauen wir            herkommen. Haben wir einen anderen               Du holst mich ein,
tet also ein reichhaltiges Programm auf alle      weg? Die Botschaft des „schaut hin“ be-            Fokus? Es gibt Traditionen, da hat sich etwas    Du richtest mich auf.
Interessierte - eine ökumenische Begegnung        schränkt sich nicht auf das bloße Hinsehen,        bewährt im gemeinsamen Tun und Wirken.
ganz neuer Art!                                   sondern fordert zum Perspektivwechsel und          Rätselhaft ist mir manchmal, wie viel Nähe,      Lehre mich, Herr,
    Der ÖKT steht unter dem Leitwort „schaut      zum aktiven Handeln auf. Wir haben die             wie viel Distanz gut ist. Manche Reformwün-      was es heißt,
hin” (Mk 6,38). Gerade in Krisenzeiten muss       Freiheit, Entscheidungen zu treffen und sind       sche kann ich nicht teilen. Leider gehen teil-   gerettet zu werden,
der Blick auf unsere gemeinsame christliche       deshalb selbst verantwortlich, Änderungen          weise auch Risse durch die Beziehungen. Mir      durch Dich.
Verantwortung für unsere Welt und unser Zu-       herbeizuführen. Diese Verantwortung kann           scheint eines wichtig: Vielleicht müssen wir
sammenleben geschärft werden: für ein fried-      nicht leichtfertig an eine übergeordnete In-       schmerzliche Unterschiede aushalten, sie         Lehre mich, Herr,
liches Miteinander, ein nachhaltiges Leben        stitution oder Organisation abgeschoben            nicht übertünchen - Gott zuliebe!                was es heißt,
und die demokratische Grundordnung. Diese         werden. Jeder Mensch kann etwas bewirken.                                                           in meinen Grenzen
drei Schwerpunkte stehen im Mittelpunkt des       Das Leitwort will eine Ermutigung sein,                                                             Deine Freiheit zu entdecken.
Kirchentages.                                     selbst tätig zu werden.                            beten
    Das Leitwort „schaut hin” (Mk 6,38) ist           Die vielen dezentralen Gottesdienste vor                                                        Nichts bin ich ohne Dich,
kein reines Zitat, sondern eine Interpretation    Ort bergen auch die Chance, einander in            Herr, ich bringe mich vor Dich,                  alles mit Dir:
des „geht hin und seht nach“ aus der Ge-          Gastfreundschaft zu begegnen und weitere           so, wie ich bin.
schichte der Speisung der 5.000 mit fünf Bro-     Schritte auf die Einheit der Kirchen zu gehen.     Ich bitte Dich:                                  Eine Kleinigkeit
ten und zwei Fischen. „,schaut hin' ist ein           Das endgültige ÖKT Programm wird erst          Berühre mich – rühre mich an.                    in Deiner Ewigkeit.
Appell – an uns alle“, sagt die Präsidentin des   im späteren Frühjahr, nach Redaktions-                                                              in Deiner Kostbarkeit.
Ökumenischen Kirchentages, Bettina Lim-           schluss und Druck von Mittendrin, veröf-           Denn bin ich stark,                              in Deiner Wahrheit.
perg, bei der Veröffentlichung im Oktober         fentlicht. Bitte informieren Sie sich direkt auf   Du bist stärker.
2019. „Schauen ist mehr als sehen. Schauen        der Internetseite www.oekt.de über den ak-         Und bin ich schwach,                             Nicht für mich und
nimmt wahr und geht nicht vorbei. Schauen         tuellen Stand der Planungen sowie die An-          Du bist schwächer.                               nicht nur für Dich –
bleibt stehen und übernimmt Verantwortung.        meldungen zum Newsletter und einzelnen
Aktiv Verantwortung zu übernehmen, ist            Veranstaltungen. Zeitnah werde wir unsere                                                           für alle.
unser Auftrag als Christinnen und Christen.“      Programmpunkte für Steinbach und Oberur-
    Als Grundlage für die einzelnen Ver-          sel über die Webseiten und Gemeindebriefe
anstaltungen des ÖKT, spannt sich das             kommunizieren.

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Ökumene                                                                                                                                                                          Ökumene

                                                                                              Erfahrung, die Anika beschreibt, nicht ma-      schiedene Ansätze, das Reich Gottes erfahr-
                                                                                              chen kann. Wir Katholiken sind immer ein-       bar zu machen. Diese Verschiedenartigkeit
                                                                                              geladen. Im Katholizismus geht es immer         ist bereichernd. Meine Hoffnung ist, dass
                                                                                              noch zu viel um „Erlaubnis“. Das ist mir ab-    wir wirklich aufhören, die Unterschiede zu
                                                                                              grundtief peinlich. Zwar mag es theologisch     suchen, sondern dass wir anfangen, uns als

„Können wir das nicht                                                                         Begründungen geben. Gerade bei der
                                                                                              Eucharistie geht es aber für mich um die
                                                                                                                                              ein Leib Christi zu verstehen.
                                                                                                                                              Als Ehrenamtlicher frage ich noch-

auch ökumenisch machen?“                                                                      Erlaubnis des Herzens. Und die genau
                                                                                              meint die katholische Dogmatik unterbin-
                                                                                                                                              mal nach? Ich glaube, Chancen wer-
                                                                                                                                              den nicht genutzt. Als kath. Kirche
                                                                                              den zu müssen. Da streikt dann mein Herz.       machen wir Kirchenentwicklung al-
                                                                                              Jenseits dessen würde ich mir wünschen,         lein. Wir setzen neue Gemeindelei-
Im Interview: Daniel Dere (kath.), Leiter der katholischen Fachstelle
                                                                                              dass wir uns wechselseitig „ökumenisch“         tungen ein, aber lernen nicht von der
für Jugendarbeit (KFJ) in Oberursel, und Anika Rehorn (evangelische),                         mehr zutrauen. Wir könnten so vieles ge-        ev. Erfahrung der Kirchenvorstände.
Pfarrerin in Oberursel-Oberstedten. Geführt von Harald Schwalbe                               meinsam machen, ohne dass der Sache Jesu        Wir bauen keine Kindergärten zu-
                                                                                              ein Schaden entstünde, im Gegenteil. Oft        sammen. Wäre dann nicht noch viel
                                                                                              sind es gerade wir im Hauptamt, die einer       Raum für mehr Gemeinsames?
mittendrin: Wo seid Ihr ökumenisch            meinsame Kinderbibeltage haben mich mo-         ökumenischen Basisgemeinschaft im Weg
„drauf“, in Familie und Beruf?                tiviert. Und so ist meine ökumenische Neu-      stehen, weil wir immer noch das subtile Ge-     Rehorn: Unbedingt sollte mehr drin sein.
                                              gier und Sehnsucht im Tun gewachsen.            fühl in uns tragen, dass das „Unsere“ geret-    Aber: beide Institutionen sind schwere
Anika Rehorn: Überall, wo geht. Ich bin       Jetzt sind wir soweit, dass wir in den Oster-   tet werden müsste.                              Schiffe, deren Kurs nur schwierig zu verän-
klassisch evangelisch in einer Landeskirche   ferien immerhin eine ökumenische Jugend-                                                        dern ist. Und es steht mir doch auch zu zu
groß geworden, habe aber auch Teile der       leiterinnen und leiter-Ausbildung auf den       Viele sagen: die Zukunft der Kirche             sagen, dass die Unterschiede auf der insti-
Familie, die in eine Freikirche gehen. Im     Weg bringen. Das ist ein substantieller         muss ökumenisch sein? Wie steht Ihr             tutionellen Ebene sehr sehr groß sind. Die
Beruf: alles, was christlich unterwegs ist,   Schritt nach vorne, weil wir die Ehrenamtli-    dazu?                                           Ortsgemeinden sind nicht das Problem.
sind Kolleginnen, Kollegen, Geschwister.      chen nicht in Segmenten ausbilden, son-                                                         Die Institutionen mit ihrem Selbstver-
Dies klappt sehr gut in Oberursel-Ober-       dern gemeinsam.                                 Dere: Die Zukunft der Kirche liegt in Jesus     ständnis oder auch Amtsverständnis sind
stedten und zusammen mit Daniel in der                                                        Christus und seiner Botschaft. Meinem           das Problem.
Jugendarbeit, zum Beispiel im Projekt:        Wo habt Ihr als aktive Christen rich-           Christusbild nach ist Konfession völlig egal.   Dere: Da stimme ich zu. Es gibt für mich
Mutausbruch, das wir jährlich seit 2017       tig schlechte Erfahrungen gemacht               Das klingt etwas kitischig, vielleicht etwas    zwei Ebene: Auf der einen Ebene wollen wir
machen.                                       beim Thema Ökumene? Oder ist das                „freikirchlich-charismatisch “. Für mich       immer auch unsere eigene Vergangenheit
Daniel Dere: Ich bin absolut katholisch       gar kein Thema?                                 stimmt‘s aber. In der Jugendarbeit ist ein      retten. Das was mich in meiner Kindheit
mit klassischer volkskirchlicher Prägung                                                      Stempel „Ökumene“ völlig egal. Den Ju-          und Jugend in Kirche geprägt hat, genau
aufgewachsen. Dachte ich. Zu Beginn mei-      Rehorn: Ja, und es ist das Thema, das           gendlichen ist es wichtig, sich mit ihren       das will ich weitergeben. Dieser Wunsch
nes Studiums habe ich dann die Erfahrung      immer kommt: Im Lutherjahr 2017 haben           Freunden zu treffen, Gemeinschaft zu            kollidiert mit meinem gleichzeitigen
gemacht, dass ich gar nicht so katholisch     wir Kanzeltausch in St. Petrus Canisius         leben. Welcher Kirche sie dann angehören,       Wunsch, mich wirklich auf was Neues ein-
war, mich fast schon „evangelisch“ gefühlt.   durchgeführt. Ich habe dort im Gottesdienst     ist dann eher Zufall.                           zulassen. Da nivellieren sich oft die Sehn-
Mit dem überritualisierten Katholizismus,     gepredigt, durfte aber nicht am Abendmahl       Rehorn: Ich stimme allem, was Daniel ge-        süchte und es passiert: Nichts!
der mir im Studium begegnete, hatte meine     teilnehmen. Das war für mich und für die        sagt hat, zu. Ich will aber nochmal einen an-       Und auf der anderen Seite ist die insti-
bisherige Prägung nichts zu tun. Wirklich     Gemeinde schmerzlich. Das Gemeinsame            deren Aspekt einbringen: die Zukunft der        tutionelle Kluft sehr groß. Hier vor Ort
auseinandergesetzt mit anderen Christen       hört am Tisch des Herrn auf.                    Ökumene bedeutet ja nicht Einheitsbrei. Es      glauben und hoffen und sagen wir Katholi-
habe ich mich erst nach der Ausbildung.       Dere: Ich habe keine schlechte Erfahrung.       ist wunderbar, dass es verschiedene Fröm-       ken doch, dass wir gar nicht so schlimm
Erste ökumenische Erfahrungen wie ge-         Das liegt daran, dass ich als Katholik die      migkeit gibt, verschiedene Formen, ver-         sind, wie katholische Kirche öffentlich

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Mittendrin - kath-oberursel.de
Ökumene                                                                                                                                                                             Ökumene

wahrgenommen wird. Das mediale Bild der         Gleichberechtigung, Kontrolle von Macht,
Kirche ist ein selbstverursachtes Desaster,     die Frauenfrage, nicht binäre Sexualität sind
die Verantwortungsscheu der Bischöfe eine       in der ev. Kirche kein strukturelles Problem
Katastrophe. Aber hier vor Ort machen wir
doch alles gut … Und so zerfallen wir in eine
                                                mehr. Als Katholik muss ich ja eine gewisse
                                                Bereitschaft zur Schizophrenie mitbringen.      „Auf Umwegen zum Ziel“
„high church“ und eine „low church“. Die        Ich muss die Normalität meines Alltags,
öffentliche Wahrnehmung wird von der            meiner Lebenswelt mit den überkommenen          Im Gespräch mit Eva Reiß, stellvertretende Dekanin im Dekanat Kronberg
„high church“ geprägt. Die exponentiell         Ansprüchen meiner Kirche auseinanderhal-        und Pfarrerin in der evangelischen Gemeinde in Liederbach.
steigenden Austrittszahlen machen klar,         ten, weil es zwischen diesen Positionen
                                                                                                Geführt von Claudia und Hermann Paulus
dass das „Gute“ der Kirche vor Ort nicht        keine Brücke, keine Versöhnung gibt. Je län-
mehr vermittelbar ist gegenüber dem             ger ich das tun muss, desto belastender und
„schlechten“ des öffentlichen Gesamtbildes.     unnatürlicher empfinde ich das.
                                                                                                mittendrin: Im Januar 2020 hatten               sich eilends (wie die Hirten von Bethlehem)
Meine religiöse Prägung ist zutiefst            Letzte Frage: Was machen wir jetzt              einige Mitglieder des Arbeitskreises            aufmachen nach Jerusalem, um den ande-
ökumenisch. So will ich Euch fragen:            in Oberursel und Steinbach, um noch             Ökumene in Steinbach die Gelegen-               ren von ihrer Erfahrung zu berichten. Jesus
Was findest Du, Anika, richtig toll             mehr ökumenisch zu machen?                      heit, Ihren Vortrag mit dem Thema               lebt und wir haben ihn erlebt beim Brotbre-
am katholischen, und Du, Daniel, am                                                             „Auf Umwegen zum Ziel“ in Kron-                 chen.
protestantischen?                               Rehorn: Wir sind schon auf einem sehr           berg zu hören. Sie sprachen seiner-
                                                guten Weg. Wir sollten noch mehr versu-         zeit über eine Möglichkeit, ein                 Was unterscheidet das Mahl in der
Rehorn: Ich bin in Mainz groß geworden,         chen, Parallelstrukturen abzubauen, statt-      gemeinsames Abendmahl zwischen                  Emmaus-Geschichte von den derzeit
da kenne ich viel Katholisches. Im katholi-     dessen gemeinsam zu leben. Wir fangen           katholischen und evangelischen                  in unseren Kirchen gefeierten For-
schen Gottesdienst gelingt die Mischung         irgendwo an und bauen darauf auf, Schritt       Christinnen und Christen zu feiern,             men des Abendmahls, bzw. der Eu-
zwischen Festlichkeit und Ehrfurcht bes-        für Schritt.                                    dass durch einen neuen Fokus die                charistie und wie könnten damit die
ser, er ist ganzheitlicher. Im ev. Gottes-      Dere: Es wäre gut, wenn wir bei allem,          unterschiedlichen Sichtweisen über-             dogmatischen Grenzen überwunden
dienst legen wir sehr viel Wert auf das         was wir tun, die Frage stellen: „Können wir     winden könnte. Auf welcher bibli-               werden?
Wort. Mich hat es immer schon fasziniert,       das nicht auch ökumenisch machen?“ Und          schen Grundlage gründet Ihre Idee?
dass es im kath. Gottesdienst auch Ge-          es geht nicht nur um Ökumene, sondern es                                                        Reiß: In den Geschichten, von denen wir
heimnisvolles mitschwingt, was auch zur         geht auch darüber hinaus. Aus dem Jesus-        Eva Reiß: Meine Idee basiert auf der Em-        die Eucharistie und das Abendmahl ablei-
Demut einlädt. Gott ist Freund, aber er         bild heraus gilt es, das Evangelium erfahr-     maus-Geschichte im Lukasevangelium (Lk          ten, fällt der Blick auf Jesus als den, der
auch Geheimnis, er ist unendlich größer,        bar zu machen. Das Ziel muss sein, der          24, 13-35). Der Auferstandene begleitet die     verraten und verleugnet wird, der stirbt und
und macht uns ehrfürchtig.                      Stadt Gutes zu tun! Ohne Rücksicht darauf,      traurigen Jünger. Obwohl sie ihn nicht er-      allein gelassen wird. Unser Blick wird auf
Dere: Was ich bewundere an ev. Kirche: Sie      ob es jetzt evangelisch, katholisch, vom        kennen, merken sie, dass seine Begleitung       das Ende seines Lebens, auf den Gekreuzig-
kann ernst gemeinte Demokratie. Viel frü-       Sportverein oder von der Kulturszene moti-      ihnen guttut und bitten ihn bei ihnen zu        ten gelenkt. Er feiert das letzte Mal mit den
her als die kath. Kirche ist die ev. Kirche     viert ist. Hauptsache, es ist gut.              bleiben. Erst beim Brotbrechen erkennen         Weggefährten. Daran erinnern uns die Ge-
dem Menschen auf Augenhöhe begegnet.            Rehorn: Amen dazu!                              sie, dass Jesus die ganze Zeit bei ihnen war.   schichten rund um das Abendmahl. Solches
                                                                                                Das ist doch genau unsere heutige Situation     tut zu meinem Gedächtnis - zitieren wir bei
                                                                                                in den Gemeinden. Wir spüren: Gott ist da       der Feier. Somit gehen unsere Gedanken
                                                                                                und ist doch nicht greifbar. Gott ist präsent   zurück in die Vergangenheit.
                                                                                                in Abwesenheit. Wir wenden uns vergewis-            Das Essen in Emmaus beleuchtet stär-
                                                                                                sernd einander zu, so wie die Jünger, und       ker die Gegenwart, in der wir leben. Wir
                                                                                                erzählen uns, wo unser Herz gebrannt hat.       entdecken Zeichen der Nähe Gottes und ge-
                                                                                                Erstaunlich ist, dass die Jünger, die gerade    winnen Vertrauen, dass Gott unseren Weg
                                                                                                noch müde waren und einkehren wollten,          mitgeht und bei uns bleibt, auch wenn
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Ökumene                                                                                                                                                                           Ökumene

unser Lebensabend kommt und die Lebens-        schon anfänglich darstellen und nachbil-       Reiß: Der Austausch über die Idee mit dem       bis 2040 in Bezug auf die Ökumene
tage sich zu Ende neigen. Die Emmaus-Ge-       den. Gott lädt alle Menschen ein. Sie kom-     Emmausmahl (oder auch einem Morgen-             und ein gemeinsames Mahl erreicht?
schichte zeigt Jesus als Auferstandenen. Ich   men von weit her, von den Rändern der          mahl) ist für den ökumenischen Kirchentag
habe immer Sorge, dass wir sozusagen ste-      Gesellschaft, aus allen Völkern und auch ich   meines Wissens nicht geplant. Nun findet        Reiß: Das ist in der Tat ein Wagnis! Wir
hen bleiben vor dem Kreuz, vor Leid und        werde da sein. Können wir da Regeln auf-       der Kirchentag auch ganz anders statt als       sind zurzeit sehr kreativ aus der Not heraus.
Tod Halt machen und darüber nachdenken,        stellen, die andere ausschließen?              wir uns das in der Region erhofft hatten.       Ich traue uns allen zu, getrieben aus der
was Jesu Tod uns zu sagen hat. Das ist                                                        Trotzdem bleibt die Idee in der Welt. Ich       Sehnsucht nach Gemeinsamkeit, hier vor-
wichtig, aber ich möchte da nicht stehen       Sie beschreiben auch, dass bei einem           denke, die Idee lebt mehr durch Ausprobie-      anzugehen - auch wenn wir einen Umweg
bleiben. Ich möchte die Hoffnung auf das       gemeinsamen Mahl, auf Grundlage                ren und Handeln als durch Diskussionen          beschreiten - und nicht locker zu lassen,
Leben angesichts und jenseits des Todes in     der Emmaus-Geschichte, sich die                auf großer Bühne. Deswegen möchte ich           damit wir Gottes Handeln an uns einladend
meinem Glauben stark machen.                   Menschen um einen Tisch versam-                mich auch bei Ihnen bedanken, dass Sie die      sichtbar und erlebbar machen können.
    Mit der Emmaus-Geschichte werden           meln und die Gemeinschaft im Mit-              Idee des Emmausmahls durch dieses Inter-
keine Einsetzungsworte verbunden. Unsere       telpunkt steht. Die Menschen wenden            view publik machen und die Überlegungen         Liebe Frau Reiß, ganz herzlichen
Eucharistie und Abendmahlsfeiern zitieren      sich mehr einander zu. Wird dieses             dazu lebendig halten.                           Dank für das interessante Gespräch,
Deuteworte Jesu beim Mahl über deren In-       ökumenische gemeinsame Mahl be-                                                                das uns zuversichtlich stimmt.
terpretation und Wirkkraft unsere Kirchen      reits in Gemeinden praktiziert?                In dieser Ausgabe von mittendrin
unterschiedliche Auffassungen haben, die                                                      wagen wir auch einen Blick in die               Weitere Informationen finden Sie unter:
unversöhnlich scheinen und kein Miteinan-      Reiß: Es gibt keine festen Traditionen, je-    Zukunft. Was glauben Sie haben wir              www.theomag.de Heft 118 / Impuls.
der zulassen. In der Mahlgeschichte in Em-     doch ab und zu höre ich von Vorschlägen
maus ist das Handeln Jesu bedeutsam. Er        für gemeinsame Agapefeiern bei besonde-
bricht das Brot und die Menschen am Tisch      ren Festen und Gelegenheiten. Meistens
erkennen ihn. Ich nenne das den theologi-      wird bei solchen Gelegenheiten eine andere
schen Umweg. Bei einer gemeinsamen Feier       Mahlgeschichte Jesu in den Mittelpunkt ge-
miteinander zu teilen, was uns das Leben       stellt. Zum Beispiel ein Speisungswunder
aufgetischt hat. Sich zu erzählen, wo wir      oder das Essen mit Zachäus. In der Schweiz
traurig und frustriert sind, wo unser Herz
gebrannt hat, das würde uns nicht nur an
                                               feiern Gemeinden ökumenisch am Oster-
                                               montag ein Morgenmahl (nach Johannes
                                                                                              Aktivitäten im Rahmen
Jesus erinnern, sondern darin vergegen-
wärtigt sich der Auferstandene. Da keimt
                                               21, 1-13) am See. Neben Brot und Fisch ist
                                               ein besonderer Teil im Gottesdienst das ge-
                                                                                              der Ökumene in St. Crutzen
Zukunft auf und wird sichtbar. Gott wird       genseitige Erzählen biblischer Lieblingsge-    Von Elke Benner
unser Gastgeber sein am Tisch in Ewigkeit.     schichten, aus denen der Glaube genährt
                                               wird. Ökumenische Gruppen entwickeln je-
Es ist sehr interessant, dass Jesus
hier als Auferstandener zu uns
spricht, das hat etwas Tröstliches
                                               weils passende Varianten für die beteiligten
                                               Gemeinden.                                     S     eit vielen Jahren pflegt St. Crutzen in
                                                                                                    Weißkirchen einen regen Austausch
                                                                                              mit der evangelischen Versöhnungsgemeinde
                                                                                                                                              vorbereitet und ökumenisch gefeiert, und
                                                                                                                                              auch zu den Gesprächsabenden in St. Crut-
                                                                                                                                              zen finden sich regelmäßig interessierte
und Hoffnungsvolles und er ist ja              Der Ökumenische Kirchentag 2021                Stierstadt/Weißkirchen und der katholi-         evangelische Christen ein. Bei dem Advents-
weiterhin unser Gastgeber. Welche              bietet wieder für die Kirchen eine Ge-         schen Gemeinde St. Sebastian in Stierstadt.     markt von St. Crutzen am Samstag vor dem
Möglichkeiten ergeben sich dadurch             legenheit sich auszutauschen. Gibt es          Zur Tradition geworden ist der ökumenische      1. Advent, ist die evangelische Versöhnungs-
für unsere Gemeinden?                          konkrete Pläne das gemeinsame Em-              Gottesdienst im Mai, an dem sich ein ge-        gemeinde mit einem Stand dabei und ver-
                                               mausmahl näher in den Fokus zu                 meinsames Essen im Gemeindezentrum St.          kauft allerlei Leckeres, Süßes und
Reiß: Unser Mahl kann zeichenhaft die ge-      rücken?                                        Crutzen anschließt. Auch der Weltgebetstag      Gebackenes. Für die Kinder spielt natürlich
glaubte Wirklichkeit in Gottes Welt jetzt                                                     im März wird stets von einer Gruppe Frauen      der Martinszug eine große Rolle, bei dem alle

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Mittendrin - kath-oberursel.de
Ökumene                                                                                                                                                                      Ökumene

                                            bei der Einstimmung auf die Adventszeit        zu Buß- und Bettag, in und mit der örtli-             In der Kommune selbst haben beide
                                            zum Ausdruck. Da aufgrund der Pandemie         chen Grundschule, den Weltgebetstag, den
                                                                                                                                           4     christlichen Gemeinden einen sehr
                                            am Samstag vor dem 1. Advent kein Ad-          Bühnengottesdienst im Rahmen des Stadt-             guten Ruf. Die vielfältigen ökumeni-
                                            ventsmarkt stattfinden konnte, traf man sich   festes sowie viele Andachten des Arbeits-      schen Beiträge werden gerade bei kommu-
                                            auf dem Labyrinth vor dem Gemeindezen-         kreises Ökumene und weitere Andachten in       nalen Festen und Veranstaltungen sehr
                                            trum von St. Crutzen. Diakon Mathias Wolf      der Passionszeit und im Rahmen der Frie-       geschätzt.
                                            und Pfarrer Klaus Hartmann stimmten mit        densdekade.
                                            Gebeten und Texten aus der Bibel auf die           Die ökumenischen Kinderbibeltage fin-      Ökumene ist nicht immer einfach oder
                                            Adventszeit ein und entzündeten die erste      den seit über 25 Jahren am Wochenende          selbstverständlich. Es braucht zu einer ge-
                                            Kerze am Adventskranz. Voller Hoffnung         des 1. Fastensonntags statt. Diese Kinderbi-   glückten Ökumene viele Menschen, die das
gemeinsam mit ihren Laternen zum Schul-     und Zuversicht schauen wir auf die nächsten    beltage werden von einem sehr aktiven Vor-     Verbindende der Konfessionen in den Vor-
hof der Grundschule ziehen. Die besondere   Monate, in denen es bei fallenden Inzidenz-    bereitungsteam gestaltet.                      dergrund stellen und das Trennende kritisch
Verbundenheit der Gemeinden St. Crutzen     werten vielleicht wieder gemeinsame Tref-          Auch während der Pandemie entstan-         betrachten.
und der Versöhnungsgemeinde kam 2020        fen geben kann.                                den neue Formate: ökumenische Videogot-            Es werden immer wieder Kompromisse
                                                                                           tesdienste und die Aktion „Weihnachten auf     geschlossen werden müssen auf dem Weg zu
                                                                                           Rädern“ an Heiligabend.                        einer gemeinsamen Kirche.

Ökumene in Steinbach
Von Christof Reusch
                                                                                           Ökumene – mehr als Du siehst
Was ist das Besondere an der Ökumene in     dem stark besetzten Arbeitskreis Ökumene
                                                                                           Von Jakob Schorr
Steinbach?                                  mit über 15 Mitarbeiter*innen. Dort werden
                                            neue Themen erschlossen sowie aktuelle
 1    Die Ökumene in dieser kleinen Tau-    Ereignisse und Fakten in und außerhalb der
      nusstadt hat eine lange Tradition.
Schon in den 70-ger Jahren gab es rege
Kontakte zwischen den damaligen Pfarrern
                                            Kirchen diskutiert. Ausdruck dieser ökume-
                                            nischen Gesprächskultur ist ein jährlich
                                            stattfindendes Wochenende mit vielen
                                                                                           U     nter dem Begriff „Ökumene“ verstehen
                                                                                                 wir das Miteinander von katholischer
                                                                                           Kirche mit den verschiedenen protestanti-
                                                                                                                                          geht; in unserer globalisierenden Welt kann
                                                                                                                                          Ökumene gleichsam als gesellschaftliches
                                                                                                                                          Motto ausgegeben werden. Aber Ökumene ist
und den Gemeinden. Diese vertieften sich    Menschen, die an Themen zur Ökumene in-        schen Kirchen. Gelebt wird Ökumene in ver-     nicht nur ein Motto, sondern auch eine Auf-
und fanden ihren eigenen Ausdruck u.a. in   teressiert sind.                               schiedenen Formen, in ökumenischen             gabe: In der Amtskirche ist die Ökumene eine
einem gemeinsamen Gemeindebrief mit                                                        Gottesdiensten, gemeinsamen Festen, etc.       Aufgabe, die nicht nur den Gläubigen in den
dem Titel „Gemeinden im Gespräch“.           3     Die Früchte der ökumenischen Zu-        Aber das Wort „Ökumene“ hat eine viel grö-     Gemeinden vor Ort, sondern auch und vor
                                                   sammenarbeit zwischen der katholi-      ßere Tragweite als das bloße Miteinander der   allem den Bischöfen aufgetragen ist, um die
 2     Die Qualität der Ökumene hat aber    schen Gemeinde St. Bonifatius und der          beiden christlichen Konfessionen. Das Wort     Einheit der Christen zu fördern. Aus dem
       nicht nur etwas mit dem Willen der   evangelischen Gemeinde St. Georg sind          Ökumene leitet sich vom griechischen           freundschaftlichen Miteinander soll sich eine
Hauptamtlichen zur Zusammenarbeit zu        vielfältig:                                    οἰκουμένη/oikouménē ab und bedeutet „die       fruchtbare Einheit bilden. Das dies den Hir-
tun, sondern zeigt sich in Steinbach ganz       Im liturgischen Bereich gibt es eine       ganze bewohnte Erde“ oder „der Erdkreis“.      ten als oberster Instanz aufgetragen wird,
besonders in dem intensiven Austausch und   große Anzahl ökumenischer Gottesdienste:       Die Übersetzung deutet bereits an, dass Öku-   zeugt davon, als wie wichtig die Kirche und
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Miteinanders  der synodalen Gremien und     im Advent, an Weihnachten und Silvester,       mene über den religiösen Bereich hinaus-       insbesondere das II. Vatikanische Konzil

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Ökumene                                                                                                                                                                               Ökumene

Ökumene erachtet. Für uns als gläubige Chri-     Fragen bisher nicht gehört wurden, obwohl         reich mein Praktikum abschließen. Zufälli-           Aber wenn ich mir schon darüber Ge-
sten kann Ökumene ein Ansporn sein, als          sie auch betroffen sind. Alle müssen gehört       gerweise gefiel es mir dort so gut, dass ich     danken machen muss, dann sind es fol-
Kirche in der Gesellschaft präsent zu sein.      und berücksichtigt werden, um globale Pro-        mich als Ehrenamtliche weiterhin dort en-        gende:
Viele aktuelle gesellschaftliche Themen sind     bleme in einem ökumenischen Sinn zu lösen.        gagierte.                                        Für mich bedeutet ökumenische und auch
„ökumenisch“, da sie die ganze Welt betref-      Nur durch ein gemeinschaftliches Miteinan-            Als dann eine Stelle frei wurde, war es      überkonfessionelle Arbeit nicht mehr und
fen: der Klimawandel, die Frage nach Krieg       der kann eine fruchtbare Einheit entstehen –      für mich kaum einen grübelnden Gedanken          nicht weniger als Bereicherung. Wir sind
und Frieden, Migration, Rassismus und vie-       die christlichen Kirchen haben das (trotz aller   wert, schon gar nicht über die Konfession,       alle Menschen. Alle Menschen glauben an-
les mehr. Auf alle diese wichtigen Fragen        historischen Zwistigkeiten und Vorbelastun-       und ich bewarb mich. Ich war in meinem           ders und wir können alle voneinander profi-
muss eine globale, eine ökumenische Ant-         gen) erkannt. Vielleicht ist es gerade jetzt an   Bewerbungsgespräch verwundert darüber,           tieren und lernen, wenn wir einander
wort getroffen werden. Eine Aufgabe für uns      der Zeit, die Idee der Ökumene aus den Kir-       dass es bei einer richtigen Anstellung doch      akzeptieren. Natürlich indem wir so viele
als Christen könnte es also sein, auf diejeni-   chenmauern hinauszutragen.                        ein recht großes Thema zu sein schien, dass      Fragen, wie möglich stellen. Und das habe
gen aufmerksam zu machen, die in all diesen                                                        ich jetzt nicht katholisch bin. Und auch an      ich getan. Ich war offen gegenüber allen
                                                                                                   meiner Hochschule, an der ich die Qualifi-       Konfessionen, die mir bisher begegnet sind
                                                                                                   kation zur Gemeindepädagogin vollende,           und habe so viele Fragen wie möglich ge-
                                                                                                   waren alle höchst verwirrt über den Um-          stellt.
                                                                                                   stand, dass eine Protestantin bei der katho-         Und zwar weil ich daran glaube, dass
                                                                                                   lischen Kirche arbeitet.                         wir alle besser dran sind, wenn wir weniger
                                                                                                       Nun Sie sehen: Ich habe mir auf mei-         Grenzen zwischen uns ziehen und mehr Ge-

Ökumene und                                                                                        nem Weg keine großen Gedanken darüber
                                                                                                   gemacht – erst als ich mich rechtfertigen
                                                                                                   musste.
                                                                                                                                                    meinsamkeiten zwischen uns suchen, um
                                                                                                                                                    Gemeinschaft zu schaffen.

junge Erwachsene
                                                                                                   Mathias Wolf im Gespräch
Nadine Bahr                                                                                        mit Elisa Geißler, 26 Jahre
Mein Name ist Bahr. Nadine                                  nem Praktikumsplatz echt spät          Deine Eltern sind in unterschiedlichen           nen in Deinem Lebensumfeld konkret
Bahr, 26, evangelisch und ja,                                 dran und informierte mich            Konfessionen beheimatet. Inwiefern               erlebt?
ich arbeite für die katholi-                                   beim Evangelischen Stadtju-         hat das bei Euch zu Hause eine Rolle
sche Kirche. Um genau zu                                       gendpfarramt in Wiesbaden,          gespielt? Bei welchen Gelegenheiten              Zu Hause war es einfach normal. In der Kir-
sein für die Katholische                                       wo ich ehrenamtlich tätig bin,      wurde das zum Thema?                             che habe ich auch schon als Kind mitbe-
Fachstelle für Jugendarbeit                                    über geeignete Plätze – also                                                         kommen, dass es Unterscheide gibt und die
im Taunus. Ja stimmt – Ju-                                   natürlich Vitamin B. Dort wurde       Es hat nie eine Rolle gespielt. Mein Vater ist   Annäherung nicht immer funktioniert hat.
gendarbeit. „Die Konfession ist                            mir wärmstens die Katholische           meistens mit in den katholischen Gottes-         Das fand ich schon immer schade.
dort nicht so relevant“, mag so                         Jugendkirche KANA empfohlen. Ge-           dienst gegangen. Wir haben lediglich beide
mancher nun sagen, aber die Verwirrung ist       sagt, getan, beworben, genommen. Lief             Pfarrblätter erhalten und konnten dadurch        Deine Eltern haben sich für Dich in
dennoch bei einigen groß.                        auch soweit sehr gut, bis mein Anleiter die       beide Veranstaltungen wahrnehmen.                der Taufe für eine der beiden Konfes-
    Deswegen erkläre ich wohl lieber, wie so     Stelle wechselte. Nach viel hin und her                                                            sionen entschieden. Wie stehst Du zu
oft, wie es dazu kam:Wie jede*r Andere im        wechselte ich meine Praktikumsstelle zur          Wie hast Du als Kind, als Jugendli-              dieser Entscheidung? Was schätzt Du
Studium war ich für die Suche nach mei-          KFJ Taunus und konnte dort sehr erfolg-           che das Miteinander der Konfessio-               an Deiner Konfession? Was schätzt

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Ökumene                                                                                                                                                                            Ökumene

Du an der Konfession deines anderen             der den christlichen Konfessionen in             war die Familie meines Vaters kaum anwe-       Messdienern in Bonifatius weitergemacht.
Elternteils?                                    unserem Land mit auf den Weg                     send, sie lehnten das ab. Bei den Erstkom-     Dennoch bin weiter im evangelischen Reli-
                                                geben?                                           munionfeiern war ein kleiner Teil der          gionsunterricht geblieben, weil ich mich da
So blöd das jetzt klingen mag: mir ist es                                                        Familie meines Vaters dabei, bei der Fir-      wohlgefühlt habe.
egal. Ich bin einfach Christin. Ich finde so-   Ich finde es schade, dass Ökumene noch           mung nur mein Vater. Dementsprechend               Dafür habe ich mich dann in der weiter-
wohl in der einen als auch in der anderen       nicht selbstverständlich geworden ist. Ein-      bin ich katholisch aufgewachsen.               führenden Schule auch entschieden. Ich
Konfession Punkte, die ich befürworte oder      fach handeln und aufeinander zugehen.                                                           finde, dadurch erhält man Einblicke in die
eben nicht. Für mich gibt es da einfach         Auch mal von den eigenen (manchmal auch                                                         beiden Kirchen und zumindest in der
keine großen Unterschiede, denn die Bot-        eingefahrenen) Traditionen absehen und                                                          Schule beim Religionsunterricht gibt es in-
schaft ist dieselbe.                            auch für Neues öffnen. Und vor allem: nicht
                                                                                                 Paula Späth                                    haltlich und thematisch eh keine großen
                                                immer nur auf die Unterschiede schauen,          (15 ½ Jahre)                                   Unterschiede. Die Themen und die Art des
Welchen Ratschlag möchtest Du im                die Gemeinsamkeiten überwiegen und soll-                                                        Unterrichts sind sowieso von den jeweiligen
Blick auf das ökumenische Miteinan-             ten einfach gelebt werden.                       Ich wachse in einer kirchlich gemischten,      Lehrern*innen abhängig. Ich finde ihn zur
                                                                                                 „ökumenischen“ Familie auf.                    Zeit beim evangelischen Pfarrer sehr inter-
                                                                                                     Mein Vater ist katholisch, meine Mutter    essant und gut.
                                                                                                 evangelisch. Zumindest „auf dem Papier“.           Gerne habe ich als Kind die ökumeni-
                                                                                                 Beide sind auch Religionslehrer. Andere        schen Kinderbibeltage besucht, mittlerweile
                                                                                                 aus unserem erweiterten Familienkreis          helfe ich dort auch mit. Ob wir in den evan-
                                                                                                 gehen in Freie Gemeinden.                      gelischen oder katholischen Familiengottes-
Annabel Reick                                   Abendmahl bin fühle ich mich immer
                                                                                                     In der Grundschule war ich im evangeli-    dienst gehen, macht für mich außer dem
                                                ebenso willkommen und in die Gemeinde
(24 Jahre)                                      aufgenommen. Einzig beim Glaubensbe-             schen Religionsunterricht, da ich bei Schul-   Ort, Uhrzeit und der Art des Gottesdienstes
                                                kenntnis muss ich mich sehr konzentrieren        beginn noch nicht getauft war. Meine           keinen wichtigen Unterschied. Die Themen
Ich fand es immer toll, ökumenisch aufge-       im jeweiligen das richtige aufzusagen. Mir       Eltern wollten nämlich gerne, dass wir als     sind sehr ähnlich.
wachsen zu sein. Ich vergleiche es gerne        ist schon so manches Mal ein “an die heilige     Kinder unsere Taufe bewusst erleben kön-           Der kirchliche Ausdruck Ökumene spielt
damit in zwei verschiedenen Kulturen auf-       katholische Kirche” im evangelischen Got-        nen und haben uns nicht als Baby taufen        bei mir und meinen Freunden*innen ei-
zuwachsen. Man lernt beide kennen und           tesdienst herausgerutscht und umgekehrt.         lassen.                                        gentlich gar keine Rolle. Ob meine Freun-
kann sich die Aspekte und Traditionen bei-                                                           Als ich dann zur Erstkommunion-Vor-        dinnen und ich eine kirchliche
behalten, die einem am besten gefallen. Das                                                      bereitung gegangen bin, wurde ich in Stein-    Veranstaltung besuchen, hängt davon ab,
gleiche passiert auch wenn man ökume-                                                            bach katholisch getauft. Zu dem Zeitpunkt      ob sie für uns Jugendliche interessant und
nisch aufwächst. Es gibt Aspekte, die ich an                                                     witzigerweise sogar in der evangelischen       gut gemacht ist. Wichtig ist auch, dass wir
der katholischen Religion sehr schätze wie      Alissa Baginski                                  Kirche vom katholischen Pfarrer, denn die      die Veranstaltungen mit Freunden besu-
zum Beispiel die ausgeprägte Jugendge-          (18 Jahre)                                       neue Kirche St.Bonfatius war zu dem Zeit-      chen können. Egal in welcher Kirche.
meinschaft der Messdiener. Wiederum ge-                                                          punkt noch nicht fertig gebaut.
fällt mir an der evangelischen Ausübung         Ich komme zwar aus einer ökumenischen            Nach der Erstkommunion habe ich bei den
auch Gottesdienste von Pfarrerinnen besu-       Ehe, habe relativ wenig Kontakt zu der Kon-
chen zu können.                                 fession meines Vaters gehabt. Er hatte nicht
Obwohl ich selber katholisch getauft bin        so eine enge Beziehung zur evangelischen
und sehr viel in der katholischen Gemeinde      Kirche und ist eigentlich nie mit uns in seine
aktiv war, ist mir der evangelische Ablauf      Kirche gegangen. Durch meine Freunde und
genauso vertraut. Wenn ich mit meinen           bei ökumenischen Veranstaltungen habe ich
Großeltern oder anderen Verwandten im           erst Kontakt zur evangelischen Kirche be-
evangelischen Gottesdienst oder beim            kommen. Bei katholischen Veranstaltungen

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Ökumene                                                                                                                                                                          Ökumene

                                                                                             Was mir sehr lieb an der Ökumene in Ober-       nungsgemeinde angeboten haben. Die Be-
                                                                                             ursel ist, sind unsere gemeinsam vorberei-      gegnungen mit den Frauen und ihren Kin-
Frag nach bei evangelischen                                                                  teten Weltgebetstags- Gottesdienste. Seit
                                                                                             Jahrzehnten ist der Ökumenische Gottes-
                                                                                                                                             dern führten zu Freundschaften und waren
                                                                                                                                             wichtige und gute Integrationshilfen.

Pfarrerinnen und Pfarrern                                                                    dienst am 1.Freitag im März ein schöner
                                                                                             Anlass, für eine Gruppe von Frauen aus
                                                                                                                                             Ebenso kam Ende 2015 von der Pfarrei St.
                                                                                                                                             Ursula die Idee den Holocaust- Gedenktag
                                                                                             Weißkirchen und Stierstadt, sich mit der        mit einem Interreligiösen Gebet für den
Was gefällt Ihnen sehr gut an der Ökumene in Oberursel und Steinbach?
                                                                                             Lebenssituation von Frauen in einem fer-        Frieden auch in Oberursel zu begehen. Seit-
                                                                                             nen Land zu beschäftigen und deren Litur-       dem findet das Gedenken an die Opfer des
Das ist Arbeit, die sich lohnt! Um den un-    An der Ökumene in Oberursel und Stein-         gie und Gebete mitzusprechen. Wir Frauen        Nationalsozialismus mit einem Ökumeni-
terschiedlichsten Menschen in unserer         bach gefällt mir, dass sich Christinnen und    aus dem Vorbereitungsteam, freuen uns           schen Friedensgebet Ende Januar in der
Stadt persönlich und verständlich zu begeg-   Christen unterschiedlicher Konfessionen        auch jedes Jahr im Wechsel gute Gastgebe-       Hospitalkirche statt. Dieses noch junge
nen, dafür braucht es heute ganz verschie-    auf Augenhöhe begegnen. Sie alle verbindet     rinnen zu sein. Und so gibt im Anschluss an     Pflänzchen der Ökumene schätze ich,
dene Formen und Orte. Durch die Ökumene       der EINE Glaube an den auferstandenen          den Gottesdienst immer leckere Kostproben       ebenso aber auch die alltägliche ökumeni-
sind wir gemeinsam sichtbarer als einsam -    Herrn. Ich wünsche mir, dass wir die Hoff-     aus dem jeweiligen Weltgebetstags-Land zu       sche Verbundenheit bei Gesprächen in der
eine einladende Kirche für andere, hier und   nung nicht aufgeben, das EINE Brot und         genießen. Große Freude hat mir die ökume-       Nachbarschaft oder auf Festen, wo wir ein-
heute.                                        den EINEN Wein an dem EINEN Tisch zu           nische Zusammenarbeit gemacht, die              ander in den Gemeinden besuchen.
                                              teilen, den Jesus uns Menschen bereitet        Herbst 2015 (bis Ende 2019) begann, als
Lennart Claus,                                hat. Die Tischtücher unserer jeweiligen Al-    wir das Projekt „Näh- und Stricktreff“ für      Pfarrerin Elke Neumann-Hönig,
Pastor New Life Church e.V.                   täre wieder zusammenzunähen bleibt für         die Frauen aus der Flüchtlingsunterkunft        Evangelische Versöhnungsgemeinde,
                                              mich eine Aufgabe ökumenischen Miteinan-       Alte Grundschule Stierstadt in der Versöh-      Oberursel
                                              ders, der wir uns nicht verschließen dürfen.
Ökumene, ja das sind wir alle, Schwestern
und Brüder vor Ort hier in Stierstadt und     Christopher Weber, Pfarrer der Alt-
Weißkirchen! Ökumene steht dabei für uns      Katholischen Kirche in Oberursel.
drei Gemeinden St. Crutzen, St. Sebastian
und Versöhnungsgemeinde nicht nur auf
dem Papier, wird in gemeinsamen Sitzun-
gen und Verlautbarungen verkündet, son-
                                              Vor 31 Jahren wurde ich in Steinbach vom
                                              damaligen kath. Pfarrer Schäfer mit offenen
                                                                                             Dank an Ökumene
dern sie wird vielmehr von uns gelebt,        Armen begrüßt: "Seien Sie auch bei uns will-   Von Ursula Reinl
praktiziert und gefeiert. Das schon seit      kommen! In Steinbach ist die ökumenische
Jahrzehnten! Wir teilen miteinander Freud     Gastfreundschaft verwirklicht!" Diese Groß-

                                                                                             N
und Leid des Lebens. Wir loben und ehren      zügigkeit hat damals die Steinbacher Öku-            un gibt es schon mehr als 50 Jahre ge-    der Osternacht in St. Hedwig und in Heilig-
unseren Gott das ganze Jahr über mit unse-    mene ausgezeichnet und ist für mich auch             lebte Ökumene in den Kirchengemein-       Geist, ökumenische Gesprächsabende, ge-
ren vielen ökumenischen Gottesdiensten für    heute noch Zuspruch und Anspruch für die       den St. Hedwig und Heilig-Geist im Norden       meinsame ökumenische Gemeindefeste, die
Jung und Alt und mit anderen gemeinsa-        weitere ökumenische Zusammenarbeit.            von Oberursel. 40 Jahre, die geprägt sind von   Feier von Gottesdiensten mit Elementen der
men Aktivitäten. Wir sind dankbar für die-                                                   dem Bewusstsein, in der gemeinsamen Taufe       Limaliturgie, die Andacht zum Volkstrauer-
ses gute und vertrauensvolle Miteinander!     Herbert Lüdtke, Pfarrer der                    auf Jesus Christus nicht das Trennende zu       tag, der Biker-Gottesdienst, Open -Airgottes-
                                              evangelischen Gemeinde St-Georg                suchen, sondern im gegenseitigen Respekt        dienste im Camp King-Park und vor dem
Klaus Hartmann, Pfarrer der                   in Steinbach                                   vor der Verschiedenheit der Konfessionen        ehemaligen Kirchenladen im Rosengärtchen,
Ev. Versöhnungsgemeinde Stierstadt                                                           das Gemeinsame im Glauben zu finden und         Buß- und Bettaggottesdienste, der ökumeni-
und Weißkirchen                                                                              erlebbar zu machen. Die gemeinsame Feier        sche Stammtisch, Klappstuhlgottesdienste

18                                                                                                                                                                                      19
Ökumene                                                                                                                                                                               Ökumene

vor der Buchhandlung im Einkaufszentrum          tätige Hilfe zu all dem beigetragen und durch   Anfang dieses Jahrhunderts wurden katholi-      Die aktuelle Situation der Ökumene hat auch
Nord und die ökumenische Apfelsinenaktion        die Zeit getragen haben.                        schen Priestern und Professoren, die Vor-       die Strukturen in den Kirchen aufgebrochen.
in der Adventszeit. All dies war und ist nicht       Dafür ist es wieder einmal Zeit DANKE       stöße beim gemeinsamen Abendmahl                In der katholischen Kirche sind neben ver-
selbstverständlich und viele Hoffnungen          zu sagen allen, die sich hier eingebracht       wagten, aus dem Kirchendienst entfernt und      heirateten Männern auch erste Frauen zu
waren und sind damit verbunden. Gelingen         haben und die zu uns kamen. Wir schauen         Rom erteilte den verschiedenen Vorschlägen      Priester*innen geweiht worden. In der evan-
konnte dies nur über die persönlichen Be-        mit Respekt in die Vergangenheit, aber vor      der Öffnung regelmäßig eine Absage. Doch        gelischen Kirche haben sich viele kleine Ge-
gegnungen der Gemeindemitglieder und             allem mit Zuversicht in die Zukunft, die wie-   dann kam die einschneidende, weltweite Co-      meinden         zu     großen       Verbänden
deren Gemeindeleitungen: Franz Glitz, Klaus      der nur durch gemeinsame erlebte Zeit und       ronapandemie. Auch in Deutschland muss-         zusammengeschlossen, um gesellschaftspo-
Fedler, Norbert Schmidt-Weller, Jan Kle-         den Blick aufeinander gestaltet werden kann.    ten Kirchen über viele Monate schließen,        litisch eine gewichtigere Rolle spielen zu kön-
mentowski, Cornelia Synek, Andreas Un-           Gehen wir den Weg zusammen weiter im            rückblickend wirkte das wie ein Turbolader      nen. Somit können beide Kirchen
fried, Tanja Sacher und Pater Matthäus und       Glauben an Jesus Christus auf der Suche         für die ökumenische Sache. Die verschiede-      nachhaltiger und auf “Augenhöhe” miteinan-
besonders die Gemeindemitglieder aus bei-        nach dem, was uns eint und versöhnt.            nen Konfessionen arbeiteten in der Seelsorge    der und mit der Politik auch auf regionaler
den Gemeinden, deren Präsenz und vor allem       Dazu bitten wir um den Segen Gottes.            und der Fürsorge für die Schwächeren in der     Ebene kommunizieren.
                                                                                                 Gesellschaft in enger Partnerschaft. Die Men-   Nachdem 2030 zwei Bischöffinnen (eine ka-
                                                                                                 schen haben sich in allen Lebensbereichen       tholische und eine evangelische) den ersten
                                                                                                 auf das Wesentliche konzentriert, auch im       gemeinsamen Kirchenbau eröffnet hatten –
                                                                                                 Glauben. Dabei entwickelten sich oft sehr       wegen des drastischen Mitgliederschwunds
                                                                                                 kreative und alternative Formen des Christ-     mussten anfangs der Zwanziger Jahren noch
                                                                                                 seins. In vielen Gottesdiensten beim 3. Öku-    etliche viel zu große Bauten geschlossen wer-
                                                                                                 menischen Kirchentag 2021 in Frankfurt          den – und Differenzen über einige theologi-
                                                                                                 wurden erste gemeinsame Einladungen zum         sche Fragen als nicht übermäßig wichtig zur
                                                                                                 Mahl am Tisch des Herren ausgesprochen,         Seite gelegt worden waren, stiegen in den
                                                                                                 virtuell per Video oder dezentral in kleinen    Folgejahren die Neueintritte stark an.
                                                                                                 Gruppen über ganz Deutschland verstreut.        Mitte der dreißiger Jahre fasste die inzwi-
                                                                                                     Nach der Überwindung der Krise gab es       schen jährlich tagende gemeinsame Sitzung
                                                                                                 für viele kein Zurück zum Althergebrachten      von DBK und dem Rat EKD den Beschluss,
                                                                                                 mehr. Das Experimentieren und Gestalten         nur noch ökumenische Kirchentage zu ver-
                                                                                                 von neuen christlichen statt der konfessi-      anstalten. Auch die Gespräche mit den or-
                                                                                                 onsgebundenen Formate in Gottesdiensten,        thodoxen Gemeinden über gemeinsame
                                                                                                 Gemeinschaft, Für- und Seelsorge ging ein-      Aktivitäten und den ersten ökumenischen
                                                                                                 fach weiter. So entstanden viele neue, öku-     Kirchentag „zu dritt“ kamen gut voran.
                                                                                                 menische Formate, einschließlich der            Das Ergebnis lässt sich sehen: nach vielen
                                                                                                 gemeinsamen Abendmahle, die bald auch           Jahrzehnten des Mitgliederschwundes ver-
                                                                                                 auf Ebene der Bischöfe in Deutschland vor-      zeichnen die Kirchen seit 2035 wieder stei-

Es ging schneller als gedacht
                                                                                                 gelebt wurden. Konfessionsübergreifende         gende Zahlen über alle Altersgruppen
                                                                                                 Religionsunterricht an den Schulen und ge-      hinweg.
                                                                                                 meinsam genutzten Kirchenimmobilien
Von Hansjörg Reick + Peter Pischke                                                               stärkten die christliche Gemeinschaft und
                                                                                                 Ökumene weiter.

D     ie meisten von uns hatten sie schon ab-
      geschrieben, die Ökumene. Trotz vie-
ler internationaler Konferenzen und den
                                                 ersten beiden Ökumenischen Kirchentagen
                                                 war sie ins Stocken geraten und wurde zum
                                                 Pingpongball von Kirchendogmatikern. Noch

20                                                                                                                                                                                            21
Ökumene                                                                                                                                                                          Ökumene

                                                                                              det. In meiner Jugend fand ich die             Kirchenfürsten. Wieviel ist göttlich, wieviel
                                                                                              Diskussion um die Unterschiede zwischen        göttliche Inspiration, wieviel zutiefst
                                                                                              katholischer und protestantischer Abend-       menschlich, mit allen dazugehörigen sünd-

Abendmahlsgemeinschaft                                                                        mahlsauffassung noch interessant. Heute
                                                                                              finde ich das komplett esoterisch. Oder: hi-
                                                                                                                                             haften Abgründen? Die Gemeinsamkeit der
                                                                                                                                             abrahamitischen Religionen ist – neben

ganz groß                                                                                     storisch interessant und wichtig, für mein
                                                                                              Seelenleben aber ohne Belang. Inzwischen
                                                                                                                                             dem gleichen Gott – die herausragende Be-
                                                                                                                                             deutung der Barmherzigkeit. Daran muss
                                                                                              habe ich so viel religionswissenschaftlich     sich alles messen lassen.
Hansjörg Reick im Dialog mit Christian Breitsprecher                                          gelesen und gehört (…natürlich nur ama-
                                                                                              teurhaft), dass mir die gemeinsamen Wur-       Hansjörg: Was ist dann Deine Perspek-
                                                                                              zeln aller Religionen, insbesondere des        tive auf ein gemeinsames Abendmahl?
Hansjörg: Was denkst Du, wird der Stand        lischen Doktrin zu unterwerfen. Aber das       Juden-, Christentums und des Islam, viel
der Ökumene und der Diskussion um das          Angebot der Gastfreundschaft bei den evan-     wichtiger erscheinen und alles Dogmatische     Christian: Das Abendmahl ist für mich
gemeinsame Abendmahl in 50 Jahren sein?        gelischen Brüdern will man lieber nicht an-    immer fremder wird. Und wenn man die           das Angebot, die Gemeinschaft mit Gott
                                               nehmen, um eine Provokation zu                 Entwicklung des Christentums ansieht,          durch ein gemeinsames Mahl zu erfahren.
Christian: Vielleicht so: „Nachdem im          vermeiden.                                     dann ist schon etwas erschreckend, wie         Dieses Angebot müsste alle umfassen, Ka-
Großraum Frankfurt der letzte katholische                                                     wenig davon auf Jesus zurückgeht und           tholiken, Protestanten, Juden, Muslime,
Pfarrer gestorben ist, erkennt die katholi-    Hansjörg: Also muss doch weitergearbei-        wieviel auf Paulus, auf spätere Theologen      Gläubige, Nichtgläubige. Große Ökumene!
sche Kirche das evangelische Abendmahl         tet werden, damit sich mehr verändert!         und – was die Machtstrukturen angeht –
als vollwertige Notkommunion an.“
                                               Christian: Vor 40 Jahren war mir die
Hansjörg: Ist das nicht sehr negativ?          Ökumene noch ein Herzensanliegen, inzwi-
                                               schen bin ich ermüdet. Die praktische Öku-
Christian: Ich befürchte, die katholische      mene hier vor Ort finde ich toll und schön,
Kirche wird sich erst bewegen, wenn sie        ein wunderbarer Teil unseres kirchlichen
richtig am Abgrund steht, und dann auch
immer nur etwas, pragmatisch aber ohne
                                               und städtischen Lebens. Aber wirklich re-
                                               formatorischer Kampfgeist mit dem Willen
                                                                                              Ökumene 2050 – meine Vision?
am Dogma zu rütteln. Dein Text in dieser       zur Konsequenz? Eher nicht. Das, was wir
Ausgabe hat einen Optimismus, den ich mal      haben mit unseren Kirchen, und was eh          Ingo Schütz,
vor 40 Jahren hatte, als ich in der katholi-   schon massiv erodiert, wollen wir nicht
                                                                                              Pfarrer der Kreuzkirchengemeinde, Oberursel-Bommersheim
schen Jugendarbeit aktiv war. Aber bewegt      wirklich zusätzlich unter Druck setzen. Zu
hat sich nichts. Auch bei der sehr interes-    viel hängt auch wieder daran, viele Dinge,

                                                                                              V
santen Videokonferenz des Steinbacher          die wir lieben und die wir nicht gefährden           om Wortsinn her bezeichnet „Öku-         Christinnen und Christen sich dafür zusam-
Ökumenekreises zum Thema gegenseitiger         wollen, für viele auch Lohn und Brot, beruf-         mene“, abgeleitet vom griechischen       menfinden und andere Menschen mitneh-
Gastfreundschaft bei Kommunion und             liche und soziale Existenz.                    „oikos“ (Haus), die „ganze bewohnte Welt“.     men, ist das ein Segen für alle.
Abendmahl wurde klar, dass die katholische                                                    Und so beinhaltet sie auf lokaler Ebene alle      Wie schön, dass es dieses Miteinander
Amtskirche sich nicht bewegt. Und selbst       Hansjörg: Trotzdem. Muss die theologi-         Menschen, die zu einer Dorfgemeinschaft,       schon gibt: Vor wenigen Wochen haben
hier an der Basis scheint mir zu gelten: Ein   sche Diskussion nicht geführt werden und       wie z.B. Oberursel oder Steinbach, dazuge-     wir „Weihnachten unterwegs“ ganz bewusst
evangelischer Pfarrer kann gerne an der        auch Gegensätze benannt werden, um sie         hören. Deshalb denke ich bei der Gestaltung    ökumenisch gestaltet. Nach einem ersten
Kommunion teilnehmen, wenn es ihm das          dann auch irgendwann zu überwinden?            einer ökumenischen Zukunft zuerst an das       kreativen Brainstorming haben viele Ehren-
Gewissen erlaubt. Überspitzt gesagt: wenn                                                     gelebte Miteinander über alle Grenzen hin-     amtliche Lust bekommen, bei der besonde-
es ihm das Gewissen erlaubt, sich der katho-   Christian: Ich bin auch theologisch ermü-      weg. Wenn katholische und evangelische         ren Aktion dabei zu sein. Hauptamtliche

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Ökumene                                                                                                                                                                                 Ökumene

haben ermöglicht und unterstützt. Wer zu           glieder-Zahlen sogar ganz entspannt wahr-
welcher Gemeinde gehört – oder am Ende             nehmen: Wo wir als Kirchen für die ganze
bei gar keiner Kirche Mitglied ist –, war dabei    Dorfgemeinschaft da sind, gibt es sehr viele
egal. Das hat gezeigt: Die Potenziale sind         Menschen, die sich mit uns verbunden wis-
groß und letztlich leben wir aus der Fülle!        sen, auch wenn sie keiner Kirche angehören.
In einer Gesellschaft, die gerne den Mangel
betont, ist dieser Hinweis für die kirchlichen
                                                   Nicht zuletzt die finanzielle Unterstützung
                                                   von entsprechenden Projekten, die Men-            Ökumene 2050 –
Projekte in der Ökumene vielleicht eine der
wichtigsten und vornehmsten Aufgaben.
                                                   schen am Leib und an der Seele guttun, zeigt
                                                   das immer wieder. So bleiben unsere Ge-           meine Vision?
Nicht alles ist perfekt, aber letztlich sind wir   meinden mitunter quietschlebendig, wo
alle reich beschenkt, jeder Einzelne und wir       Menschen mit Leidenschaft zusammenleben           Tanja Sacher,
als Gemeinschaft. Das zu feiern bedeutet           und teilen, was ihnen anvertraut ist. Vom
                                                                                                     Pfarrerin der Ev. Heilig-Geist-Kirchengemeinde, Oberursel
auch anzuerkennen, dass Gott es gut mit uns        Blick auf mancherlei Mangel möchte ich mir
meint. Wenn wir uns gegenseitig mit dieser         die Freude daran nicht verderben lassen.
frohen Botschaft anstecken und Menschen                Im Kern aller am Gemeinwesen orien-

                                                                                                     Z
einladen, die das in ihrem Leben nicht mehr        tierten Projekte lebt aber immer unsere                  um Thema "Ökumene 2050" fällt es        beim ökumenischen Stammtisch, in den
sehen können oder noch nicht entdeckt              Überzeugung, dass Gott es ist, der uns her-              mir ehrlich gesagt sehr schwer, eine    zahlreichen ökumenischen Gottesdiensten
haben, dann sind wir Gott selber auf den           ausfordert, trägt und nie alleine lässt. Diesen   konkrete Vision zu formulieren. Ich habe na-   und auch in unserer gemeinsamen Post an
Spuren. Eine schöne Beschreibung für Nach-         Ankerpunkt geben wir als Kirchen nicht auf,       türlich die große Hoffnung, dass wir eines     alle Neuzugezogenen. Da wir unsere Kirche
folge und Mission, finde ich.                      und deshalb kann Kirche auch immer neu            Tages gemeinsam Abendmahl feiern können.       in der Pandemie nur eingeschränkt nutzen
    Klar ist auch: Wenn wir mit Projekten,         wachsen, neue Blüten treiben, neue Früchte        Auch hoffe ich sehr, dass ich im Jahr 2050     konnten / können, waren wir wirklich dank-
Festen und Gottesdiensten feiern, dass Gott        bringen. Mit Sicherheit sehen sie anders aus      auch weibliche katholische Kolleginnen         bar und froh über die tolle Unterstützung
uns liebt und das Leben spürbar bereichert,        als das, was früher, oder gar „schon immer“       haben werde. Ich hoffe auch, dass wir als      durch unsere katholischen Geschwister und
dann strahlt dieser Glaube auch aus. Er infi-      so war. Mit Sicherheit schmeckt nicht alles       christliche Kirchen enger zusammenarbeiten,    das Angebot, die kath. Kirche St. Hedwig für
ziert andere und wird zu einer Pandemie im         jedem. Aber nach Apg 10f dürfen wir darauf        intensiver im Gespräch miteinander stehen,     unsere Gottesdienste nutzen zu dürfen, wo
besten Sinne, die „das ganze Volk“ (so die         vertrauen, dass Gott Gutes in den unter-          zusammen Strategien entwickeln, gemein-        wir uns überaus willkommen und wohl füh-
wörtliche Übersetzung) erfasst. Seit zwei-         schiedlichsten Gestalten hervorbringt und         sam Gebäude nutzen und vieles mehr. Aber       len. Ich persönlich freue mich immer über
tausend Jahren facht der Geist Gottes den          zuletzt auch durch unsere Arbeit „jene, die       das sind alles Hoffnungen. Eine Vision kann    jede Zusammenarbeit und den Austausch mit
Glauben bei immer neuen Menschen an, auf           wir Heiden nennen, zum Leben führt!“ (Apg         ich das nicht nennen.                          dem bunten, engagierten, kompetenten und
allen Kontinenten, Generation für Genera-          11,18)                                                                                           kreativen Team der Haupt- und Ehrenamtli-
tion. Übrigens auch in unserer Zeit: Dass die          Kirche wird in Zukunft kein „Wir und die      Daher möchte ich mich nur zu Ihrer ersten      chen von St. Ursula. Hier im Norden arbeite
Zahl der Kirchenmitglieder bei Katholiken          anderen“ sein (und ist es oft schon jetzt nicht   Frage äußern: „Was gefällt Ihnen sehr gut an   ich als Pfarrerin besonders oft mit Pater Mat-
und Protestanten zurückgeht, heißt ja nicht,       mehr), sondern Ermöglichung und Unter-            der Ökumene in Oberursel und Steinbach?"       thäus zusammen und finde, dass wir uns aus-
dass die Zahl der Christenmenschen welt-           stützung des gemeinsamen Lebens innerhalb                                                        gezeichnet ergänzen und ein tolles Team
weit nicht steigen würde und auch in               und außerhalb ihrer Mauern. Wenn wir an           Bei uns im Oberurseler Norden wird die Öku-    bilden. Dafür bin ich sehr dankbar!
Deutschland eine Sehnsucht nach Spiritua-          diese bewährte Tradition anknüpfen und vor-       mene seit 50 Jahren gelebt. Sie zeigt sich
lität wach ist und bleibt.                         angehen, wird das zu einem Segen für alle.
    Wenn wir Ökumene ernst nehmen, dann            Und ich wette: Auch für uns selbst.
können wir beim Blick auf die sinkenden Mit-

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