Bauwirtschaft in Belgien - Neubauten, Raumerweiterungen, Ausbauten auf Basis vorgefertigter Bauelemente - iXPOS
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Bauwirtschaft in Belgien Neubauten, Raumerweiterungen, Ausbauten auf Basis vorgefertigter Bauelemente 11 Zielmarktanalyse 2016 Durchführer
Impressum Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ist mit dem audit berufundfamilie® Herausgeber für seine familienfreundliche Personalpolitik Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von Öffentlichkeitsarbeit der berufundfamilie gGmbH, einer Initiative 11019 Berlin der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, verliehen. www.bmwi.de Text und Redaktion AHK debelux Avenue du Boulevard 21 1210 Brüssel T: (+32) 2 203 50 40 F: (+32) 2 203 22 71 E: ahk@debelux.org I: http://debelux.ahk.de Stefanie Heuer Stand August 2016 Bildnachweis Fotolia LLC Die Studie wurde im Rahmen des BMWi- Markterschließungsprogramms für das Projekt Geschäftsanbahnungsreise für handwerkliche und industrielle Hersteller von Neubauten, Raumer- weiterungen und Ausbauten auf Basis vorgefertigter Bauelemente in Belgien erstellt und aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Die Zielmarktanalyse steht der Germany Trade & Invest GmbH sowie geeigneten Dritten zur unentgeltlichen Verwertung zur Verfügung. Sämtliche Inhalte wurden mit größtmöglicher Sorgfalt und nach bestem Wissen erstellt. Der Herausgeber übernimmt keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Für Schäden materieller oder immaterieller Art, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen unmittelbar oder mittelbar verursacht werden, haftet der Herausgeber nicht, sofern ihm nicht nachweislich vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden zur Last gelegt werden kann.
Inhalt 1. Zusammenfassung ......................................................................................................................................................... 4 2. Länderprofil Belgien ..................................................................................................................................................... 5 2.1 Politischer Hintergrund......................................................................................................................................... 5 2.2 Wirtschaft, Struktur und Entwicklung .................................................................................................................. 7 2.3 Regionale Besonderheiten .................................................................................................................................... 9 2.4 Wirtschaftsbeziehungen Belgiens zu Deutschland ............................................................................................. 12 2.5 Investitionsklima und -förderung in Belgien ...................................................................................................... 14 2.6 SWOT-Analyse der belgischen Wirtschaft ......................................................................................................... 18 3. Bauwirtschaft in Belgien ............................................................................................................................................. 19 3.1 Marktentwicklung und -bedarf ........................................................................................................................... 19 3.2 Wichtigste Baufirmen und -vorhaben ................................................................................................................. 24 4. Holzbau ........................................................................................................................................................................ 27 4.1 Die Holzbauunternehmen ................................................................................................................................... 27 4.2 Holz im Neubau .................................................................................................................................................. 30 4.3 Holz in Renovation, Ausbau und Aufstockung .................................................................................................. 31 4.4 Die Errichtung von Holzhäusern ........................................................................................................................ 31 4.5 Holz im Systembau ............................................................................................................................................. 32 4.6 Herkunft des Holzes ........................................................................................................................................... 33 5. Einstiegs- und Vertriebsinformationen ..................................................................................................................... 34 5.1 Geschäftspraktische Hinweise ............................................................................................................................ 34 5.2 Öffentliche Aufträge ........................................................................................................................................... 37 5.3 Interkulturelle Aspekte im deutsch-belgischen Geschäftsumfeld ....................................................................... 38 6. Rechtliche Rahmenbedingungen ................................................................................................................................ 39 6.1 Allgemeine rechtliche Rahmenbedingungen ............................................................................................................... 39 6.2 Rechtliche Regelungen für die Tätigkeit im Baubereich ............................................................................................. 41 6.2.2 Umsatzsteuerliche Registrierung .............................................................................................................................. 42 6.2.3 Vertragsmeldungen zur Sozialversicherung ............................................................................................................. 42 6.2.4 Berufsspezifischer Qualifikationsnachweis .............................................................................................................. 42 6.2.5 Anwesenheitsregistrierung ....................................................................................................................................... 42 6.2.6 ConstruBadge ........................................................................................................................................................... 42 6.2.7 Treuemarkensystem .................................................................................................................................................. 42 7. Branchenrelevante Adressen ......................................................................................................................................... 44 7.1 Verwaltung .................................................................................................................................................................. 44 7.2 Wald & Holz ............................................................................................................................................................... 44 7.3 Ausbildung ................................................................................................................................................................. 47 7.4 Promotion .................................................................................................................................................................... 48 7.5 Forschung und Kontrolle ............................................................................................................................................ 49 7.6 Zertifizierung ............................................................................................................................................................... 50
BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 3 6. Rechtliche Rahmenbedingungen ................................................................................................................................ 39 6.1 Allgemeine steuerliche und rechtliche Rahmenbedingungen ............................................................................. 39 6.2 Rechtliche Regelungen für die Tätigkeit im Baubereich .................................................................................... 41 6.2.2 Umsatzsteuerliche Registrierung ..................................................................................................................... 42 6.2.3 Vertragsmeldungen zur Sozialversicherung .................................................................................................... 42 6.2.4 Berufsspezifischer Qualifikationsnachweis ..................................................................................................... 42 6.2.5 Anwesenheitsregistrierung .............................................................................................................................. 42 6.2.6 ConstruBadge .................................................................................................................................................. 42 7. Branchenrelevante Adressen ...................................................................................................................................... 44 7.1 Verwaltung ......................................................................................................................................................... 44 7.2 Wald & Holz ...................................................................................................................................................... 44 7.3 Ausbildung ........................................................................................................................................................ 47 7.4 Promotion ........................................................................................................................................................... 48 7.5 Forschung und Kontrolle .................................................................................................................................... 49 7.6 Zertifizierung ...................................................................................................................................................... 50 7.8 Messen................................................................................................................................................................ 50 7.9 Fachzeitschriften ................................................................................................................................................ 53 7.10 Zusätzliche Links.............................................................................................................................................. 54 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................................................................... 55 Abbildungsverzeichnis .................................................................................................................................................... 57 Tabellenverzeichnis ......................................................................................................................................................... 58 Quellenverzeichnis .......................................................................................................................................................... 59
4 BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 1. Zusammenfassung Die Baubranche ist nach wie vor ein Stabilitätsanker der belgischen Wirtschaft, die für deutsche Unternehmen nach- haltig attraktiv bleibt. Hierauf baut die aktuelle Geschäftsanbahnungsreise im Rahmen des BMWi Markterschließungs- programms für KMU „Bauwirtschaft in Belgien – Neubauten, Raumerweiterungen, Ausbauten auf Basis vorgefertigter Bauelemente“ auf. Die Geschäftsanbahnungsreise vom 26. bis 28. September 2016 nach Brüssel wird von der Deutsch- Belgisch-Luxemburgische Handelskammer (AHK debelux) organisiert und durchgeführt. Durch gezielte Einzel- gespräche sollen deutsche und belgische Baufirmen und Handwerker zusammengeführt werden und sich über mögliche oder bereits bestehende Kooperationen oder Zusammenarbeit austauschen. Die vorliegende Zielmarktanalyse ist Teil dieser Maßnahme und stellt die wichtigsten Fakten dar. Trotz der Nähe zu Belgien ist vielen deutschen Unternehmern das Land mit seinen Eigenheiten oftmals unbekannt. Wer in Belgien erfolgreich Geschäfte abschließen möchte, sollte sich aber auf die Kultur und Mentalität der Flamen, Wallonen und deutschsprachigen Belgiern einstellen und sich mit der Vielschichtigkeit des Landes vertraut machen. Nur wenige wissen, dass Deutschland der wichtigste Handelspartner für das Königreich darstellt. Neben den wichtigen Wirtschaftszweigen Eisen- und Stahlindustrie, Maschinen- und Fahrzeugbau, die chemische und petrochemische sowie pharmazeutische Industrie, Transport und Logistik, trägt auch die Baubranche ihren Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt des Landes bei. Auch wenn der Neubau in den vergangenen Jahren aufgrund verschärfter energetischer Bauanforderungen stagniert, nehmen die Anträge und Genehmigungen für Renovation, Um- und Ausbau zu. Gerade die strenger werdenden bau- technischen Anforderungen an energieeffizientes Wohnen bereiten den Weg für den ökologischen Baustoff Holz. Immer mehr öffentliche Gebäude, Wohn- und Bürohäuser entstehen in Holzbauweise. Dazu kommt der Werkstoff oft bei Modernisierungen zum Einsatz, da Belgien einen hohen Altbaubestand hat. Dies bietet gerade deutschen Anbietern gute Auftragschancen, denn Belgien hat 2014 aus Deutschland jeweils doppelt so viel Bautischler- und Zimmermanns- arbeiten importiert wie aus den Niederlanden und Frankreich. 1 Zwar ist die Holzbaubranche bisher noch unzureichend mit Zahlen belegt, Studien des föderalen Holzbauverbandes ‚Hout Info Bois‘ in den Jahren 2011 bis 2014 zeigen eindeutig, dass trotz sinkender Neubaugenehmigungen der Holzbau Jahr für Jahr zunimmt – Tendenz steigend. Branchenkenner schätzen, dass in Belgien inzwischen bis zu 8% aller neuen Wohngebäude in Holzbauweise errichtet werden. Bei Erweiterungen beziehungsweise Renovierungen beträgt dieser Anteil sogar um die 15%.2 Dabei findet Holz nicht zuletzt bei Nullenergie- oder Passivhäusern zunehmend Verwendung. Für Renovierungen, Aus- und Umbau sowie Aufstockungen ist der Holzrahmenbau die mit Abstand bevorzugte Bau- weise. Für deutsche Unternehmen, die bereits jahrelange Tradition und Expertise im Holz(rahmen)bau entwickelt haben, bietet der belgische Markt interessante Geschäfts- und Entwicklungschancen. 1 Germany Trade und Invest, „Holzbau gewinnt in Belgien an Bedeutung“, Februar 2016. 2 ebd.
BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 5 2. Länderprofil Belgien 2.1 Politischer Hintergrund Belgien ist ein politisches und wirtschaftliches Kernland Europas. Es ist ein Land mittlerer Größe (30.528 km²) mit einer relativ geringen Einwohnerzahl (11,258 Mio. Menschen in 2015). Sein politisches Gewicht ist indessen weitaus höher, vor allem wegen seiner führenden Rolle in Europas Einigungsprozess, die der Landeshauptstadt Brüssel den Hauptsitz der europäischen Institutionen eingebracht hat. Belgien zählt zu den wichtigsten Bestandsmärkten Europas, auch für die deutsche Wirtschaft: Belgien belegt aktuell den zehnten Rang3 unter den deutschen Exportmärkten. Überdies ist das Land politisch und wirtschaftlich überaus stabil (AA-Rating). Tabelle 1: Kennzahlen Belgien 2015 Fläche 30.528 qkm Einwohner 11,3 Mio. Bevölkerungsdichte 366,9 Einwohner/qkm Haushalte 4,77 Mio. Haushalte BIP nominal 409,4 Mrd. Euro BIP pro Kopf 36.500 Euro Quelle: Germany Trade and Invest: Wirtschaftstrends Jahresmitte 2016 – Belgien. Belgien ist als parlamentarische Monarchie 1830 gegründet worden Das Land ist gekennzeichnet durch ein jahrhunderte- altes Nebeneinander dreier unterschiedlicher Sprach- und Kulturgemeinschaften, die danach trachten, durch ein Dickicht von Vorschriften und Abgrenzungen ihre Eigenständigkeit zu bewahren. Dies hat naturgemäß auch Implikationen für jeden, der im Land Geschäfte machen will. Im Norden leben circa 6,5 Mio. Niederländisch sprechende Flamen in ihrer weitgehend autonomen Region Flandern, mit eigenem Parlament und Regierung. Im Süden leben etwa 4 Mio. Französisch sprechende Wallonen in ihrer autonomen Region Wallonien. In Wallonien befindet sich auch das Gebiet der kleinen deutschsprachigen Gemeinschaft (DG) mit etwa 80.000 Einwohnern, die ebenfalls über eine eigene Regierung verfügt, gelegen um Eupen und Malmedy an der Grenze zu Deutschland. Die DG ist neben der Französischen Gemein- schaft und der Flämischen Gemeinschaft eine der drei Gemeinschaften des Königreichs Belgien und somit ein Gliedstaat des belgischen Bundesstaates. Sie umfasst neun Gemeinden an der belgisch-deutschen Grenze.4 Dritte autonome Region ist Brüssel-Hauptstadt mit mehr als 1 Mio. Einwohnern, die zwar offiziell zweisprachig ist, wo aber Französisch stark dominiert.5 Die Deutschsprachige Gemeinschaft strebt im Zuge der künftigen Staatsreform die Ausgliederung des deutschen Sprachgebietes aus der Wallonischen Region und die Erhebung zum gleichberechtigten vierten belgischen Gliedstaat, neben Flandern, Wallonien und Brüssel, an.6 3 Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Aussenhandel/Handelspartner/Tabellen/RangfolgeHandelspartner.pdf 23.05.2016. 4 Wikipedia: Https://de.wikipedia.org/wiki/Deutschsprachige_Gemeinschaft, 23.05.2016. 5 Germany Trade & Invest „Wirtschaftsdaten kompakt: Belgien“, Mai 2016. 6 Vgl. hierzu Karl-Heinz Lambertz: Belgien, ein Land mit Zukunft? (PDF), 2012, S. 3: „Ein Bundesstaatsmodell mit den vier Gliedstaaten Flandern, Wallonien, Brüssel und Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens liegt in der logischen Kontinuität der bisherigen Entwicklung und entspricht ohne Zweifel den vier institutionellen Realitäten, die sich seit dem Ende des Einheitsstaates in Belgien gefestigt haben und mit denen sich eine sehr große Mehrheit der jeweiligen Bevölkerung eng verbunden fühlt.“
6 BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 Tabelle 2: Das föderale Belgien - Ein System der politischen Selbstverwaltung Bevölkerung Bruttoinlandsprodukt Hauptstadt Sprache Belgien 11,3 Mio. 390,7 Mrd. Euro Brüssel (nur Sitz) Niederländisch (NL), Französisch (F), Deutsch (D) Region Brüssel- 1,3 Mio. 70 Mrd. Euro Brüssel Zweisprachig NL, F Hauptstadt Region Flandern 6,4 Mio. 211 Mrd. Euro Brüssel (nur Sitz) NL Region Wallonien 3,6 Mio. 88 Mrd. Euro Namur F Deutschsprachige 80.000 k.A. Eupen D Gemeinschaft (DG)1) 1) Die DG ist Teil der Region Wallonien Quelle: Föderales Statistikamt Belgostat. Die gegenseitige Abgrenzung ist als „Sprachenstreit“ bekannt und hat maßgeblich dazu beigetragen dass sich der ur- sprüngliche Zentralstaat zu einem Föderalstaat weiterentwickelt hat. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Der Sprachenstreit prägt das Königreich Belgien seit Jahrzehnten. Die Rivalität zwischen den Regionen hat schon des Öfteren die Regierungsbildung blockiert oder jedenfalls stark erschwert.7 Zu den wichtigsten, der Föderalregierung verbliebenen Kompetenzen zählen: Erhebung der „großen“ Steuern (Einkommensteuer, Mehrwertsteuer); Verteilung der Steuereinnahmen auf die Regionen (Finanzausgleich); Erlass von (steuerlichen) Fördermaßnahmen; Durchführung von „nationalen“ Projekten der Infrastruktur; Maßnahmen auf den Gebieten der Verteidigung, der Justiz, sowie nationale Aspekte der Sozial- und Kulturpolitik Die seit Oktober 2014 amtierende Mitte-Rechts-Regierung unter dem wallonischen Liberalen Charles Michel polarisiert schon wegen ihrer Zusammensetzung. Dafür ist das komplexe belgische Proporzsystem zwischen Wallonen und Flamen verantwortlich. Die Wallonen fühlen sich in der Regierung zu wenig vertreten, denn Michels Liberale sind dort eine Minderheitspartei. Überdies haben die Wallonen Vorbehalte gegen den stärksten Koalitionspartner, die flämische N-VA (Neue Flämische Allianz unter Bart De Wever), da diese als Separatisten-Partei die Auflösung des belgischen Föderal- staates im Parteiprogramm hat. Die vielgerühmte „belgische Kompromissfähigkeit“ wird hierbei auf eine äußerst harte Probe gestellt. Auch das soziale Klima wird rauer. Die neue Regierung hat längst überfällige Reformen angestoßen und sich die Sanierung des Wohlfahrtsstaates, den Defizitabbau (Staatsverschuldung von mehr als 100% des BIP) sowie die Ver- besserung der leidenden Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zum Ziel gesetzt. Hierbei kommen auch altherge- brachte Besitzstände wie die automatische Anpassung der Löhne an die Inflation (Lohnindexierung) auf den Prüfstand. Die Kürzung von Sozialleistungen sowie die stärkere Belastung privater Einkommen geraten ebenfalls in den Blick. Das hat den Widerstand der Gewerkschaften hervorgerufen, die im Dezember 2015 landesweit den Generalstreik ausriefen und 2016 das Land bereits mit einer ersten Streikwelle überzogen haben. Die sozialistischen Parteien unterstützen die Proteste und Vorhaben und zeigen ihr Missfallen gegenüber der Regierung; wegen der Regierungsbeteiligung der N-VA hatten sie den Eintritt in die Regierung verweigert. Aktuell ist die siebte Staatsreform in der Umsetzung, die weitere wesentliche Kompetenzen der Föderalregierung aus den Bereichen der Steuer-, Sozial- und Außenpolitik sowie der Justiz auf die Regionen verlagert. Diesen Prozess begleitet ein starker Zulauf, den die rechtsnationale N-VA (Nieuw-Vlaamse Alliantie) in Flandern verzeichnet. Die Partei fordert die Auflösung des belgischen Föderalstaates. Die Mitte 2014 abgehaltenen Parlamentswahlen haben zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt. Belgien scheint sich zunehmend zu einer Art Konföderation weitgehend selbstständiger Teilstaaten zu entwickeln.8 7 Der Standard: http://derstandard.at/1378248185790/Bizarre-Auswuechse-im-belgischen-Sprachenstreit,05.09.2013. 8 Germany Trade & Invest; „Wirtschaftsdaten kompakt – Belgien“; Mai 2016.
BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 7 2.2 Wirtschaft, Struktur und Entwicklung Das wirtschaftliche Gewicht Belgiens ist weitaus höher als sein in der Größe überschaubarer Binnenmarkt vermuten ließe. Das Land gehörte zu den ersten Industriestaaten Europas und verfügt heute über einen stabilen Mix aus „Old“ und „New Economy“. Schon immer waren Außenhandel und Logistik die Motoren der Wirtschaftsentwicklung, spielten Export und Warenumschlag für die wirtschaftliche Entwicklung eine tragende Rolle: Neben den Niederlanden (Hafen Rotterdam) ist Belgien mit seinen Überseemärkten die zweitwichtigste Handelsdrehscheibe Europas (Hafen Antwerpen). Hieraus erklären sich das verglichen mit dem „kleinen“ Binnenmarkt hohe BIP des Landes und der hohe Wohlstand. Bruttoinlandsprodukt (BIP) In Belgien begann der Aufschwung 2014/2015 mit einem realen Wachstum von 1,4%. Für 2016 und 2017 wird ein stabiles, sich weiter positiv entwickelndes Wachstum mit 1,2% sowie 1,6% von der Europäischen Kommission prognostiziert. Dank seiner stabilen und hohen wirtschaftlichen Substanz ist Belgien noch immer ein Stabilitätsanker für die Eurozone. Für den deutschen Außenhandel liegt Belgien unter den weltweiten Top Ten der Partnerländer auf dem zehnten Rang bei den deutschen Exporten und auf dem elften Rang bei den deutschen Importen (jeweils 2015). Tabelle 3: Belgien BIP 2015-2018 (in %): Durch Stabilität zu Wachstum 2015 2016* 2017* 2018* 1,4 1,3 1,5 1,6 *) Prognose Quelle: Belgische Nationalbank; Stand: Mai 20169. 2013 war Belgien mit einem realen BIP-Rückgang von 0,2% als einer der wenigen EU-Staaten nicht so tief in die Rezession gerutscht wie der Durchschnitt der Eurozone mit -0,6%. Jedoch kann die Rezession der Euroländer gemäß EU-Frühjahrsprognose 2016 praktisch als überwunden angesehen werden – was die Zahlen für Belgien bereits 2014/2015 eindrucksvoll mit 1,4% verdeutlichten. Die Eurozone soll in den kommenden Jahren ein positives Wachstum ausweisen.10 Tabelle 4: Eurozone BIP 2015-2017 (Wachstum real in%): Widererstarken der europäischen Wirtschaft 2015 2016* 2017* 1,7 1,6 1,8 *) Schätzung Quelle: European Economic Forecast: Spring 2016, European Commission, May 2016, 23.05.2016. Daneben hat die belgische Wirtschaft aber auch mit einigen „hausgemachten“ Schwierigkeiten zu kämpfen. In manchen Industriebranchen vollzieht sich weiterhin ein starker Strukturwandel. Dieser wurde mit ausgelöst durch mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, vor allem durch im EU-Vergleich zu hohe Produktions- und Arbeitskosten. So lag Belgien 2015 im EU-Vergleich auf Platz zwei der höchsten Arbeitskosten mit 39,10 Euro pro Arbeitsstunde. Deutschland belegte mit 32,20 Euro pro Arbeitsstunde Platz neun im EU-Vergleich.11 Entsprechend schwieriger werden sich die Geschäfte für deutsche KMU mit dem betroffenen Kundenkreis gestalten. Betroffen sind vor allem die Industriebranchen Kfz sowie Eisen/Stahl.12 Sehr viel besser sieht die Lage bei den Dienstleistungen aus, vor allem bei der Logistik und den IT- Diensten. Hier herrscht überwiegend moderates Wachstum. Allerdings sind auch hier die Kosten (Produktion und Löhne) belgischer Anbieter sehr hoch – verglichen mit Deutschland und den Niederlanden. Deutsche Dienstleister und KMU genießen somit im Vergleich zu belgischen Konkurrenten einen signifikanten Wettbewerbsvorteil. 9 Vgl. https://www.nbb.be/fr/publications-et-recherche/economie-et-finances/projections-economiques-pour-la-belgique 10 European Economic Forecast: Spring 2016, European Commission, May 2016. 11 Europäische Kommission: Http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Labour_costs_per_hour_in_EUR,_2004- 2015_whole_economy_excluding_agriculture_and_public_administration.png, 24.05.2016. 12 So schlossen etwa Ford seine Montage 2014 in Flandern und der weltgrößte Stahlkocher Arcelor Mittal mehrere seiner Hochöfen und Walzanlagen in Lüttich, worunter auch eine steigende Zahl von Zulieferern zu leiden hat.
8 BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 Konsum, Preise und Löhne Der private Konsum ist und bleibt wichtige Stütze der belgischen Konjunktur, aber die Zeiten des relativ sorglosen Konsums scheinen vorerst zu Ende zu gehen. Die Konsumausgaben legten zwar 2015 real um 1,3% zu, für 2016 wird aber seitens der EU-Kommission nur noch ein Plus von 1,0% und 2017 von 1,3% erwartet; 2017 wird erneut mit 1,3% gerechnet. Tabelle 5: Privater Verbrauch (Steigerung in %) 2015-2017: Konsumausgaben steigen langsamer 2015 2016 * 2017 * 1,3 1,0 1,3 *) Schätzung Quelle: European Economic Forecast: Spring 2016, European Commission, May 2016. Es hat ein schleichender Kaufkraftschwund eingesetzt, der wegen des hohen Wohlstands (Pro-Kopf-Einkommen) und des hohen Lohnniveaus vom lokalen Einzelhandel unterschätzt wurde. So schloss die Lebensmittelkette Delhaize 2014 14 Filialen13 und entließ rund 2.500 Mitarbeiter. Der Verbraucher stellt jetzt den Preis an die erste Stelle. Dies wiederum begünstigt gerade deutsche Konkurrenten, die regelmäßig über Kostenvorteile verfügen. Tabelle 6: Inflation (Wachstum in %) 2015-2017: Das Preisniveau ist hoch 2015 2016* 2017* 0,6 1,7 1,6 *) Schätzung Quelle: European Economic Forecast: Spring 2016, European Commission, May 2016. Die Kehrseite des bisher robusten Konsumklimas in Belgien sind die europaweit höchsten Lohn- und Lohnnebenkosten für Arbeitgeber. Lohnindexierung, im internationalen Vergleich hohe Sozialabgaben und starre Branchentarife haben die Wettbewerbsfähigkeit Belgiens erodiert. Die regierungsseitig vorgesehenen Maßnahmen (s. u.) dürften die Kaufkraft und -laune deutlich dämpfen. Jedenfalls zeigen sich Konsumenten verunsichert und Gewerkschaften geben sich streik- und kampfbereit. Die Kostenentlastung der Unternehmen setzt zwar Beschäftigungsimpulse, doch der Strukturwandel in der Industrie sowie Kürzungen im öffentlichen Dienst führen dazu, dass sich die Arbeitslosenrate bis 2017 nur geringfügig von 8,5% auf 7,7% bewegen wird.14 Tabelle 7: Arbeitslosigkeit (Quote in %) 2015-2017: Nur ein langsamer Rückgang 2015 2016* 2017* 8,5 8,2 7,7 *) Prognose Quelle: EU-Prognose, Germany Trade and Invest; Lohn- und Lohnnebenkosten – Belgien; Stand: 10.06.2016. Allerdings sollten laut Frühjahrsprognose der Belgischen Nationalbank von 2015 bis 2017 94.000 neue Jobs geschaffen werden.15 Investitionen Laut Berechnungen der EU erreichten die Bruttoanlageinvestitionen in Belgien 2015 mit einem realen Zuwachs von 2,0% einen Spitzenwert. Hierfür waren vor allem einige große Transaktionen verantwortlich. Nach einem voraus- sichtlichen Rückgang 2016 auf 0,0%, prognostizieren die Statistiker für 2017 wieder ein Anziehen der Investitions- tätigkeit auf 3,1%. Im Vergleich dazu bleibt die Entwicklung in der EU 2016 und 2017 mit 3,0% bzw. 3,8% auf einem höheren Wachstumskurs.16 Tabelle 8: Bruttoanlageinvestitionen (Wachstum real in %) 2015-2017: Wiederbelebung im Jahr 2017 2015 2016* 2017* 2,0 0,0 3,1 *) Schätzung Quelle: Europäische Kommission, European Economic Forecast: Spring 2016; Mai 2016. 13 Belgischer Rundfunk: Http://brf.be/national/764080/. 14 Germany Trade & Invest: „Wirtschaftstrends kompakt Jahreswechsel 2015/2016 Belgien“, November 2015. 15 Grenzecho: Http://www.grenzecho.net/ArtikelLoad.aspx?aid=26bc4d6b-c30e-470a-a28e-68015770a5e1 16 Europäische Kommission, European Economic Forecast: Spring 2016; Mai 2016.
BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 9 Belgien gehört nach wie vor weltweit zu den Ländern mit den höchsten ausländischen Direktinvestitionen (nach UNCTAD-Definition), wozu auch vorteilhafte Regelungen zur Steueroptimierung beitragen. Belgiens Kreditwürdig- keitsrating von AA (drittbeste Kategorie) wurde im Januar 2015 von Standard and Poor‘s bestätigt sowie, damit ver- bunden, finanzielle Stabilität prognostiziert.17 18 Belgiens Realwirtschaft ist hochgradig von exportorientierten aus- ländischen Investitionen abhängig. Umso härter traf das Land der europaweite Strukturwandel in der Industrie, der zur Schließung von Produktionen und dem Rückzug einiger Investoren führte, etwa bei Kfz, Eisen/Stahl und manchen Chemiefirmen. Allerdings haben hierzu auch hausgemachte Probleme beigetragen, wie hohe Produktionskosten sowie in einigen Branchen Überkapazitäten und eine geringe Produktivität.19 2.3 Regionale Besonderheiten Die autonomen Regionen Die strikte Regionalisierung Belgiens ist eine charakteristische Besonderheit – politisch wie auch wirtschaftlich. Sie zeigt sich besonders in der weitgehenden Selbständigkeit der drei autonomen Regionen in Wirtschaftsfragen. Die wirtschaftspolitischen Kompetenzen des Zentralstaates stellen demgegenüber mittlerweile eher die Ausnahme dar. Die Regionen verfügen über die wesentlichen Kompetenzen für das Wirtschaften: Budgetrecht, Erhebung von „kleinen“ und regionalen Steuern Wirtschaftspolitiken – Gesundheit, Raumplanung, Umweltfragen Wohnungsbau, Infrastruktur Arbeitsmarktpolitik Sicherheit/Polizeiwesen Kulturpolitik Außenhandel Die Regionen Flandern und Wallonien mit ihren jeweils fünf Provinzen stellten in den vergangenen Zeiten stärkerer Zentralmacht die eigentlichen Gegengewichte zur Zentralregierung dar. Auch heute noch haben die Regierungen der Regionen sich in vielen Fragen, so etwa im Baurecht, oder bei Bau- bzw. Umweltprojekten, mit den Organen der Provinzen ins Benehmen zu setzen, sprich deren Zustimmung oder Genehmigung einzuholen. Tabelle 9: Regionen und Provinzen 2014 BIP (Mio. Euro) BIP pro Kopf (in Euro) Beschäftigte (Anzahl) Belgien insgesamt 400.642 35.836 4.549.328 Anteil in % Region Wallonien 93.550 26.109 26,7 - Brabant wallon 15.483 39.465 3,4 - Hainaut (Charleroi) 30.797 23.092 9,3 - Liège (Lüttich) 28.637 26.195 8,3 - Luxembourg 6.425 23.129 2,0 - Namur (Namur) 12.207 25.120 3,6 Region Flandern 233.432 36.318 58,0 - Antwerpen (Antwerpen) 75.417 41.713 17,2 - Limburg (Hasselt) 25.507 29.720 7,3 - Oost-Vlaanderen (Gent) 48.210 32.726 12,6 - Vlaams-Brabant (Leuven) 43.229 38.918 9,7 - West-Vlaanderen (Brügge) 41.067 34.884 11,3 Region Brüssel-Hauptstadt 73.381 62.755 15,2 Quelle: Statistik der Belgischen Nationalbank; Comptes régionaux 2014. 17 Trading Economics: Http://www.tradingeconomics.com/belgium/rating. 18 Statistikamt Belgien: Http://premier.fgov.be/de/standard-poor%E2%80%99s-best%C3%A4tigt-aa-rating-von-belgien-und-die-prognose-der-finanziellen-stabilit%C3%A4t. 19 Germany Trade & Invest „Wirtschaftstrends kompakt Jahreswechsel 2015/2016 Belgien“, November 2015.
10 BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 Region Flandern: Aufstieg in höhere Regionen Die Regionen unterscheiden sich stark in ihrem politischen und wirtschaftlichen Gewicht, auch ist der Wohlstand deutlich ungleich verteilt. Die dominierende Region ist eindeutig Flandern (vgl. Tabelle 9) mit 58% Anteil am BIP und an den Beschäftigten. Das BIP pro Kopf ist beträchtlich. Dabei sticht die Provinz Antwerpen als Wohlstandszone heraus. Zweifellos bietet Flandern sowohl potenziell als auch real die meisten Geschäftschancen. Region Brüssel-Hauptstadt: wo das Kapital sitzt Die Anziehungskraft der Region Brüssel-Hauptstadt ist sehr hoch, denn dort ist das BIP pro Kopf mit 62.755 Euro fast doppelt so hoch wie in Flandern. Dort lebt eine sehr wohlhabende Klientel aus Kaufleuten, Angestellten internationaler Konzernzentralen und EU-Beschäftigten. Region Wallonien: Strukturwandel schafft neue Chancen Die Wallonen schmerzt ihr Verlust der wirtschaftlichen Führerschaft, die sich in der Nachkriegszeit auf die Schwer- industrie (vergleichbar dem deutschen Ruhrgebiet) stützte. Mit der Schließung der letzten Hochöfen in Lüttich 2012/13 ist die Ära endgültig vorbei. Allerdings schafft der schon begonnene umfassende Wandel neue Chancen. Wenn auch von niedrigem Niveau ausgehend, werden zurzeit höhere Wachstumsraten als in Flandern erzielt. Die Sprachgemeinschaften Zugleich mit den Regionen, Provinzen und Kommunen sind die drei autonomen Sprachgemeinschaften die eigentlichen Hüter der kulturellen Identitäten: die französischsprachige, die niederländischsprachige und die deutschsprachige Gemeinschaft. Sie verfügen über eigene Rechtspersönlichkeiten mit Regierungen und Parlamenten – zusätzlich zu denen der Regionen, die sich lediglich territorial definieren. Um die sich so ergebende komplexe Lage zu vereinfachen, haben die Flamen ihre Institutionen in Sprach- und Territorialgemeinschaften zusammengelegt. Die französische Sprachen- gemeinschaft ist indessen selbstständig geblieben, erstreckt sich auch auf die französisch-sprachigen Bürger von Brüssel und bildet mit diesen eine Föderation. Die Region Wallonien hat in ihrem Gebiet auch die sich selbst verwaltende deutschsprachige Gemeinschaft. Abbildung 1: Die Provinzen Belgiens Quelle: Internetportal der DG; http://dg.be/
BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 11 Abbildung 2: Die Sprachgemeinschaften Belgiens Quelle: AHK debelux; http://debelux.ahk.de/maerkte/belgien/politisches-system/ „Wessen Auftrag ich habe, dessen Sprache ich spreche“ Die Sprachregelung hat also in Belgien eine hochsensible Bedeutung, die ein deutsches Unternehmen streng beachten sollte. Ist man der Sprache der Region nicht mächtig, dann führt zunächst einmal kaum etwas an Dolmetschern vorbei. Auch bieten sich Kooperationen mit belgischen Partnern in der Region an, die einem helfen können, etwaige Klippen zu umschiffen. Kritik an dem „Sprachenstreit“ verbietet sich von deutscher Seite, selbst wenn der belgische Partner diese ausspricht, ist Zurückhaltung angezeigt. Auf einer Baustelle kommt der Sprachregelung erhöhte Bedeutung zu - wenn zur Arbeiter-schaft Angehörige verschiedener Sprachgemeinschaften zählen. Der deutsche Geschäftspartner trachtet des Öfteren danach, auf Englisch als „neutrale Sprache“ auszuweichen. Englisch wird aber nicht überall verstanden, die größten Chancen hat man hierbei noch in Flandern und bei der internationalen Klientel in Brüssel. Deutsch ist Trumpf in der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG) Zwar ist Deutsch die amtliche dritte Sprache in Belgien, wird aber außerhalb der DG kaum verstanden oder praktiziert. Entspannung vom „Sprachenstress“ bietet daher die DG, hier wird deutsch geredet. Alle amtlichen Dokumente sind in Deutsch auch die in Wallonien sonst ausgegebenen Dokumente, so dass quasi eine „amtliche“ Übersetzung gleich mitgeliefert wird. Die deutschsprachigen Papiere gelten nur auf dem Gebiet der DG, ansonsten ist in Wallonien Französisch Pflicht. Zum Standort siehe das Portal der DG: www.dglive.be bzw. www.dg.be. Die Gemeinden Über 500 Gemeinden stellen die ältesten volkstümlichen Wurzeln der Selbstverwaltung dar. An ihrer Spitze stehen die gewählten „bourgmestre“. Noch immer verfügen die Gemeinden in kommunalen Angelegenheiten über eine hohe Autonomie. Bei Baufragen führt an ihnen daher kaum ein Weg vorbei, selbst bei nationalen Vorhaben der Infrastruktur haben sie ein Mitspracherecht.
12 BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 2.4 Wirtschaftsbeziehungen Belgiens zu Deutschland Die Wirtschaftsbeziehungen Deutschlands und Belgiens sind sehr eng, was sich auch im bilateralen Außenhandels- volumen 2015 von knapp 79 Mrd. Euro niederschlägt.20 Belgien gehört zu den führenden Außenhandelsnationen Europas. Die Exporte sind der Motor der Wirtschaftsentwicklung. Das Königreich weist – wie auch Deutschland – traditionell einen Außenhandelsüberschuss aus. 2015 zeichnete sich ab, dass in Belgien mit um lediglich 1,0% sinkenden Importen aber um 1,1% moderat wachsenden Exporten die schwachen Trends der beiden Vorjahre umgekehrt werden konnten.21 Deutschland als zweitwichtigstes Lieferland (2015: 13,1% Anteil an den Importen) und wichtigstes Abnehmerland (16,8%) ist von dieser Entwicklung unmittelbar betroffen. Deutsche Geschäftsleute bekamen die Flaute mit Rückgängen ihrer Exporte nach Belgien 2014 um 1,0% und 2015 um 1,5% zu spüren. Dennoch verzeichnet der deutsche Gesamtexport auch 2015 mit einem Ergebnis von über 41 Mrd. ein gutes Ergebnis. Tabelle 10: Außenhandel Belgiens (in Mio. Euro) 2014/2015 2014 2015 Veränderung in % Importe 342.755 338.780 -1,0 Exporte 355.377 359.460 1,1 Überschuss 12.622 20.680 k.A. Quelle: Germany Trade and Invest „Wirtschaftsdaten kompakt: Belgien“, Mai 2016. Tabelle 11: Deutschland ist führender Handelspartner Belgiens 2015 Rang Lieferland | Anteil in % Rang Abnehmerland | Anteil in % 1 Niederlande 19,9% 1 Deutschland 16,8% 2 Deutschland 13,1% 2 Frankreich 15,7% 3 Frankreich 10,2% 3 Niederlande 11,8% Quelle: Statistisches Bundesamt; Germany Trade and Invest „Wirtschaftstrends: Belgien“, November 2015. Sehr positiv entwickelten sich (nach dem internationalen Warenverzeichnis für den Außenhandel SITC, siehe Tabelle 12) insbesondere die Lieferungen der Chemie- (SITC 5, +7,6%) und Elektroindustrie (SITC 77, 1,7%). Maschinen (SITC 71-74) hatten wieder zulegen können. Auch die Kfz/Teile (SITC 78) konnten ihren stabilen Beitrag mit einem Wachstum der deutschen Lieferungen um 9,8% erneut bewiesen. Wachstum hatten auch die Mess-, Prüf- und Kontroll- instrumente (SITC 87, 18,7%) aufweisen können. Auch 2015 weisen die deutschen Lieferungen im Wesentlichen ein hohes Niveau aus, das sich für 2016 weiter steigern soll. Deutschland befindet sich unter den Lieferanten und Ab- nehmern Belgiens in führender Position (siehe Tabelle 11). Umgekehrt gehört Belgien zu den wichtigsten Bestands- märkten Deutschlands; nach Angaben von Destatis22 wurden 2015 Waren im Wert von etwa 42 Mrd. Euro exportiert und für knapp 37 Mrd. Euro importiert.23 20 Statistisches Bundesamt: Außenhandel: Rangfolge der Handelspartner im Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland 2015; Stand: 18.08.2016. 21 Statistisches Bundesamt: Destatis; Germany Trade & Invest „Wirtschaftstrends kompakt Jahreswechsel 2015/2016 Belgien“. 22 Statistisches Bundesamt: Https://www.destatis.de/DE/Startseite.html . 23 Germany Trade & Invest; Wirtschaftstrends Belgien – Jahreswechsel 2015/2016; Stand: November 2015.
BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 13 Tabelle 12: Einfuhren Belgiens nach Warengruppen (in Mio. Euro; Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in %)24 SITC Warengruppe 2014 2015 Veränderung 1. Halbjahr 1. Halbjahre 2015/14 0 Nahrungsmittel/ lebende Tiere 24.128 11.768 -1,9 5 Chemische Erzeugnisse 82.087 43.224 7,6 .51 Organische Chemikalien 24.591 13.519 12,7 .54 Arzneimittel 32.285 16.963 10,4 .57 Kunststoffe in Primärformen 8.885 4.288 -4,8 6 Vorerzeugnisse 48.839 25.287 1,6 .67 Eisen/Stahl 7.981 4.163 2,0 7 Maschinen und Fahrzeuge 76.422 40.170 4,1 .71 Kraftmaschinen 4.864 2.321 -1,7 .72 Arbeitsmaschinen 6.028 2.932 -6,6 .74 Maschinen für verschiedene 10.130 5.074 -1,6 Zwecke .77 Elektrische Maschinen 9.200 4.651 1,7 .78 Kraftfahrzeuge 33.277 17.590 9,8 8 Fertigerzeugnisse 32.597 15.573 6,5 .87 Mess-, Prüf- und Kontroll- 6.565 3.754 18,7 instrumente, -apparate und -geräte Quelle: Statistisches Bundesamt; Germany Trade and Invest: „Wirtschaftstrends Belgien – Jahreswechsel 2015/2016“. Tabelle 13: Deutsche Aus- und Einfuhren von und nach Belgien (in Mrd. Euro)25 2013 Veränderung % 2014 Veränderung % 2015 Veränderung % Dt. Ausfuhr 42,4 -3,1 42,0 -1,0 41,4 -1,5 Dt. Einfuhr 39,0 3,5 39,5 1,4 36,9 -6,7 Saldo 3,4 2,9 3,5 4,5 Quelle: Statistisches Bundesamt; Germany Trade and Invest: „Wirtschaftstrends Belgien – Jahreswechsel 2015/2016“. Tabelle 14: Deutsche Direktinvestitionen in Belgien26 2012 2013 2014 Bestand (kumuliert in Mio. Euro) 35.220 37.204 38.256 Nettotransfers (Saldo in Mio. Euro) +5.590 +3.179 +999 Quelle: Statistisches Bundesamt; Statistisches Jahrbuch 2015. Belgien ist, wie der gesamte BeNeLux-Raum, ein bevorzugter Standort für deutsche Niederlassungen und Investitionen. Knapp die Hälfte der deutschen Investitionen in Belgien entfällt auf den Finanzsektor. Deutsche Projekte im Realsektor finden sich in den Branchen Chemie, Elektro/Elektronik, Kfz und Kfz-Teile, Pharma/LifeSciences und im Bereich einer weiten Palette unternehmensorientierter Dienstleistungen, angeführt von Handel und Logistik. Großinvestoren sind etwa BASF Antwerpen, Siemens Belux, Audi Brüssel, Bayer Belgien, Bayer BioScience Antwerpen und Robert Bosch Belux. 24 Germany Trade and Invest „Wirtschaftsdaten kompakt: Belgien“, Mai 2016. 25 Germany Trade and Invest „Wirtschaftstrends kompakt Jahreswechsel 2015/2016 Belgien“, November 2015. 26 Deutsche Bundesbank: „Direktinvestitionen lt. Zahlungsbilanzstatistik für den Berichtszeitraum 2012 bis 2015“, Juli 2016.
14 BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 Abbildung 3: Deutsche Ausfuhrgüter 2015 (in Prozent) Chemische 22,90% Erzeugnisse 36,80% Kfz und –Teile 16,10% Maschinen 6,40% 9,70% Nahrungsmittel 4,00% 4,10% Quelle: Destatis; Germany Trade and Invest „Wirtschaftsdaten kompakt Mai 2016: Belgien“. Bevorzugte Partner für deutsche KMU Für deutsche KMU ist Belgien eine gute Adresse, wenn es um Niederlassungen, Kooperationen und Liefergeschäfte geht. Ein enger bilateraler Wirtschaftsaustausch besteht bei Dienstleistungen. Darunter sind die Baudienstleistungen ein lang und erfolgreich etablierter Geschäftszweig. Die erprobten Geschäftsbeziehungen werden nicht zuletzt durch die räumliche Nähe angeregt. Gerade für die angrenzenden deutschen Bundesländer NRW und Rheinlad-Pfalz ist Belgien ein wichtiger Handelspartner. Unterstützt wird die gegenseitige Verflechtung durch die von der EU geförderten grenz- überschreitenden Europaregionen („Euregios“). Hier ist ein allmähliches grenzübergreifendes Zusammenwachsen der wirtschaftlichen Strukturen zu beobachten. Die Basis für die gegenseitigen Geschäfte mit Belgien ist damit sehr solide und verlässlich und wird auf deutscher Seite von den Industrie und Handelskammern (IHKs), den Handwerkskammern (HWKs), den deutschen Bundesländern und anderen deutschen Institutionen laufend weiter gestärkt. 27 2.5 Investitionsklima und -förderung in Belgien Ohne Auslandsinvestoren ist Belgiens offene, exportorientierte Wirtschaft nicht denkbar. Daher kommt einem guten Investitionsklima und starker Investitionsförderung eine entscheidende Bedeutung zu. 2013 hatte sich das Klima für Investoren wegen der rückläufigen Exportgeschäfte deutlich eingetrübt. 2014 zeigte sich bei den Unternehmen ein vorsichtig abwartendes Stimmungsbild, das 2015 zu einem moderaten Aufschwung der Konjunktur und der Investitionen in Europa führte. Hierdurch hat sich auch das Investitionsklima in Belgien und zugleich die Attraktivität Belgiens für ausländische Direktinvestitionen verbessert (Tabelle 15).28 Tabelle 15: Indizes und Rankings, Belgien, 2015 Index Jahr Rang und Wert Webseite TI Corruption Perceptions Index 2015 15 von 168 www.transparency.org/cpi2015/results Heritage Foundation’s Economic 2015 40 von 178 www.heritage.org/index/ranking Freedom index World Bank’s Doing Business 2015 41 von 189 www.doingbusiness.org/rankings Report „Ease of Doing Business“ Global Innovation Index 2015 25 von 141 www.globalinnovationindex.org/analysis- indicator World Bank GDP per capita 2015 40.538 US-Dollar http://data.worldbank.org/indicator/NY.GDP. PCAP.PP.CD 27 Germany Trade and Invest „Wirtschaftstrends kompakt Jahreswechsel 2015/2016 Belgien“, November 2015. 28 Doing Business in Belgium: 2015 Country Commercial Guide for U.S. Companies.
BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 15 Gewerbliche Strategien Die regionalen Wirtschaftsfördergesellschaften haben sich auf Schlüsselsektoren wie Chemikalien, Plastik und Verbundwerkstoffe, Fahrzeuge und Transportmittel, Umwelttechnologien, Lebensmittelverarbeitung und -verpackung, Medizintechnik, Kommunikations- und Informationssysteme sowie Service spezialisiert.29 Leistungsanforderungen und Fördergelder Nach der belgischen Verfassung liegt die Anwerbung ausländischer Direktinvestoren in der Verantwortung der belgischen Regionen (Brüssel, Flandern, Wallonien) durch regionale Investmentagenturen (Brussels Invest and Export, FIT, AWEX). In ihrer Standort- und Investitionswerbung betonen die Regionen die Förderung von Innovationen, Forschung und Entwicklung, Energiesparen, Umweltbewusstsein, Exporten und vor allem Arbeitsplätzen. Die Agenturen sind auf bestimmte Regionen der Welt spezialisiert und mit ihren Büros in verschiedenen Ländern vertreten. Zusätzlich hat das Finanzministerium im Jahr 2000 eine Steuerabteilung für Auslandsinvestitionen eingerichtet, um die Steuerverwaltung für ausländische Investoren benutzerfreundlicher zu gestalten. 30 Stresstests von World Economic Forum (WEF) und Weltbank Im Vergleich zu den Einschätzungen des World Economic Forum in den Jahren 2012/2013 vermittelt der „Global Competitiveness Report 2014/15“ (WEF; Ranking unter 144 Ländern) tendenziell ein positiveres Bild des Investitions- klimas. Trotz der Herabstufung um eine Stelle auf Rang 18 (im Vergleich zu 2013/2014) konnte Belgien seine Wettbe- werbsfähigkeit leicht stärken, dank einer besseren gesamtwirtschaftlichen Leistung und eines niedrigeren Budgetdefizits, das sich auf unter 3% des BIP beschränkt.31 Dennoch bleibt der Abstand zu Deutschland (Rang fünf) und dem Nachbarn Niederlande (acht) deutlich. Sehr gute Noten erhalten das Gesundheitswesen (zwei) sowie Erziehung/Bildung/ Ausbildung (fünf). Infrastruktur, Innovationskraft und Wirtschaftsklima werden ebenfalls gut bewertet. Somit bleibt Belgien für Auslandsinvestoren interessant: Insgesamt nahmen die durchgeführten Auslandsprojekte um 13% auf 198 Projekte im Vergleich zum Vorjahr zu.32 Belgien hatte damit einen ausgezeichneten Rang fünf in Europa inne; Deutschland belegte Rang zwei. In Wallonien waren zwar nur bescheidene 54 Projekte realisiert worden, dennoch bedeutete dies eine Steigerung um 50% im Vergleich zu 2013. Brüssel-Hauptstadt (22 Projekte) musste geringe Einbußen hinnehmen, wohingegen Flandern (121 Projekte) eine Steigerung in der Anzahl der Projekte verzeichnen konnte.33 Die steuerliche Investitionsförderung obliegt dem Föderalstaat Zu den genannten Erfolgen trägt die Investitionsförderung durch Föderalstaat und Regionen wesentlich bei. Die Maß- nahmen für ausländische Investoren sind umfangreich und durch die aktuelle Sparpolitik des Staates kaum gefährdet. Kernstück der Förderung durch den Föderalstaat sind steuerliche Anreize, die über die „großen“ Steuern (Mehrwert-, Unternehmen-, Einkommensteuer) gegeben werden. Sie wirken tendenziell stimulierend auf ausländische Direkt- investitionen neben den unverzichtbaren sonstigen günstigen Rahmenbedingungen wie ausgezeichneter Infrastruktur, zentraler Lage und bestens ausgebildeten Arbeitskräften.34 Damit rückt Belgien, allerdings wie auch etwa Luxemburg, in eine Grauzone der Förderpolitik, die von der OECD als „Fiscal Engineering“ bzw. als „Steuervermeidung“ kritisiert wird. Im Februar 2015 eröffnete die EU-Kommission daher ein eingehendes Prüfverfahren zur belgischen Steuer- vorschrift zu Gewinnüberschüssen.35 29 Germany Trade and Invest „Wirtschaftstrends kompakt Jahreswechsel 2015/2016 Belgien“, November 2015. 30 Doing Business in Belgium: 2015 Country Commercial Guide for U.S. Companies. 31 World Economic Forum: Http://www3.weforum.org/docs/WEF_GlobalCompetitivenessReport_2014-15.pdf . 32 Ernst & Young „European Attractiveness Survey 2015”, http://www.ey.com/Publication/vwLUAssets/EY-european-attractiveness-survey-2015/$FILE/EY-european- attractiveness-survey-2015.pdf . 33 Ernst & Young: Http://www.ey.com/Publication/vwLUAssets/Barometre_de_lAttractivite_belge_2015/$FILE/attractiveness2015_FR_lowres.pdf . 34 Webseite der Föderalregierung: Http://www.business.belgium.be . 35 Pressestelle der EU-Kommission: Http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-4080_de.htm.
16 BAUWIRTSCHAFT IN BELGIEN – ZIELMARKTANALYSE 2016 Folgende Maßnahmen kommen zum Einsatz, die ansonsten in der EU nicht üblich sind:36 Steuerlicher Sonderstatus für Unternehmenshauptquartiere und „Koordinierungszentren“; Advance Ruling: Im Vorfeld eines Projekts kann das Finanzministerium innerhalb von drei Monaten nach Antragsstellung eines Investors bereits einen Steuersatz festlegen, der bis zu fünf Jahre bindend sein kann. Dies kann auch bei Niederlassungen von KMU interessant sein; Notional Interest Deduction (NID): Eine Alleinstellung in der EU stellt das Verfahren der NID dar. Hierunter versteht man einen Steuerabzug für Risikokapital, der die Unterschiede in der steuerlichen Behandlung zwischen Fremdkapital- und Eigenkapitalfinanzierung aufhebt. Dieses System ermöglicht es Unternehmen, von ihrer Besteuerungsgrundlage einen „fiktiven Zinssatz“ entsprechend eines spezifischen Prozentsatzes ihres „angepassten“ Eigenkapitals abzuziehen (2013 auf 3,0% festgelegt, für KMU 3,5%).37 Hinzu kommt eine Palette von Maßnahmen, die auch andere EU-Staaten anwenden: Körperschaftsteuernachlässe für bestimmte Investitionsarten, etwa für Forschung und Entwicklung von Patenten (entspricht Minderung von 80% der ansonsten bestehenden Steuerschuld); Nachlässe bei der Einkommensteuer können bei nach Belgien entsandten Mitarbeitern, Managern und Führungskräften (Expatriates) bis hin zur vollständigen Steuerfreiheit gewährt werden. Die Förderungen durch die Regionen Die drei Regionen und die Deutschsprachige Gemeinschaft vergeben alle nicht-steuerliche Begünstigungen, etwa direkte Subventionen wie Zuschüsse und Beteiligungen an Kosten von Krediten. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die mehr oder weniger in allen EU-Ländern durchgeführt werden. Die Begünstigungen bei den Lohn- und Lohnneben- kosten gehen zwar von den Regionen aus, werden aber (noch) von der Föderalebene durchgeführt. Bei den Regionen zu beantragen sind etwa Minderungen bei den hohen Nachtschicht- oder Überstundenzuschlägen von 15,6%, wenn gewisse Bedingungen vorliegen. Auch Minderungen von Lohnkosten für den Arbeitgeber sind unter bestimmen Umständen möglich (etwa Beschäftigung von Behinderten).38 Die regionalen Maßnahmen betreffen ein weites Spektrum an Förderzielen, zum Beispiel Forschung und Entwicklung, Schaffung von Arbeitsplätzen, Erschließung von Gebieten (Provinzen) und energetische Entwicklungsziele (Energie- einsparungen, erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Materialeffizienz). Das Zusammenfügen von Clustern, die nach Hightech-Branchen oder Querschnittsaktivitäten (etwa Life Sciences) organisiert sind, ist ein relativ neues Instrument. Oftmals sind auch Hochschulen eingeschlossen.39 Flandern Flandern ist der größte Investitionsstandort mit einer umfassenden Förderpolitik. Hierbei ist vergleichsweise wenig starr geregelt vielmehr wird eine flexible „pragmatische“ Förderungspolitik verfolgt, die ich an den Besonderheiten des Einzelfalls orientiert. Die Investitionsschwerpunkte in Flandern sind: Chemie – um Antwerpen befindet sich der weltweit zweitgrößte Petrochemiehub (nach Huston/USA), Logistik, Kfz, Informationstechnologie, Life Sciences. Zu den Sektoren und den Fördermaßnahmen in Flandern siehe bei „Flanders Investment & Trade (FIT)“ unter www.investinflanders.com. Förderung von Niedrigenergiehäusern; Prämien und Zuschüsse für verschiedenste Baumaßnahmen, die mit den zuständigen Stellen verhandelt werden müssen; Renovations-Prämie, wenn die Immobilie älter als 25 Jahre ist. Energie- Prämie für Neubauten und für Bestandsbauten; Wichtig: mit der Renovierungsprämie dürfen andere Prämien kumuliert werden, die hierzu geeignet sind. Informationen: www.premiezoeker.be 36 Deutsch-Belgisch-Luxemburgische Auslandshandelskammer: Http://debelux.ahk.de. 37 Statistikamt Belgien: Http://www.minfin.fgov.be/portail2/belinvest/downloads/en/publications/bro_notional_interest.pdf 38 Webseite der Föderalregierung: Http://www.business.belgium.be. 39 Germany Trade and Invest: Nationale Investitionsförderung - Belgien, 2015; Februar 2015.
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