Nahrungsmittelallergie - DGAKI
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Allergologie, Jahrgang 44, Nr. 7/2021, S. 487 Editorial Nahrungsmittelallergie Liebe Kolleginnen und Kollegen, bettet. Die Gruppe von Herrn Prof. Szépfa- lusi aus Wien stellt einen Fallbericht zum ich freue mich, dass in dieser Ausgabe die Einsatz von Omalizumab als Therapieoption aktualisierte S2K-Leitlinie zum Management bei schwerer Erdnussallergie vor. Herr Dr. IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien er- Lange und S. Gernert berichten über akute scheint. Die mit aktueller Literatur überarbei- FPIES-Reaktionen nach Provokation. Dies tete Leitlinie enthält viele Kernaussagen in ist gerade in der Pädiatrie ein Krankheitsbild, Bezug auf die Diagnostik, die sich im Ver- was nicht nur durch einen schweren Verlauf gleich zur Vorversion nicht verändert haben. gekennzeichnet sein kann, sondern in den Jedoch gibt es in Hinblick auf die Präven letzten Jahren auch an Häufigkeit zugenom- tion und Therapie der Nahrungsmittelallergie men hat. Frau Grünhagen und Dr. Dölle- Margitta Worm, Berlin Neuerungen, die in die neue Leitlinie imple- Bierke aus meinem Team berichten über die mentiert wurden. Aus aktuellem Anlass ha- kofaktorabhängige Nahrungsmittelanaphy- ben wir ein Kapitel zur Impfung hinzugefügt, laxie, die im klinischen Alltag gerade bei er- obgleich die bisher eingesetzten Impfstoffe wachsenen Patienten mit einer Nahrungsmit- gegenüber C OVID-19 in Bezug auf die Nah- telallergie eine wichtige Rolle spielt. rungsmittelallergie keine Relevanz haben. Last but not least freut es uns sehr, dass Zur Prävention einer Nahrungsmittel der Altvater der Nahrungsmittelallergie Herr allergie gibt es zahlreiche neue Daten und Prof. Wüthrich in einer Übersichtsarbeit auch eine aktuelle Leitlinie auf europäischer Aspekte der Nahrungsmittelallergie über Ebene. Aber auch die S3-Leitlinie zur Prä- 6 Dekaden zusammengestellt hat. vention von allergischen Erkrankungen wird Insgesamt werden Sie durch die Lektüre in den nächsten Wochen erscheinen. Neu ist des Heftes das Standardvorgehen für die Be- für den Bereich der Nahrungsmittel die frü- treuung von Nahrungsmittelallergiepatienten he Einführung von Hühnerei in verbackener in Form der Leitlinie lesen können und die Form sowie unter bestimmten Bedingungen Fallvorstellungen werden Ihnen eine aktu- die frühe Konfrontation der Kleinkinder mit elle Übersicht zu praxisrelevanter Themen Erdnuss. Ein weiterer neuer Aspekt der Leit- geben, die uns täglich beschäftigen. linie sind die Therapieempfehlungen. Seit Wir freuen uns sehr darüber, dass die letztem Jahr gibt es in Europa ein zugelas- Nahrungsmittelallergie derzeit so innovati- senes Präparat zur oralen Immuntherapie bei ve Entwicklungen mit sich bringt und somit schwerer Erdnussallergie für Kinder. die Versorgung unserer Patienten verbessert Obgleich die Leitlinie umfangreich ist, werden kann. liefert sie hoffentlich möglichst vielen Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Kolleg/-innen zahlreiche wichtige Hand- Lektüre und verbleibe mit herzlichen Grüßen lungsempfehlungen, die für die Betreuung von nahrungsmittelallergischen Patienten im Margitta Worm, Berlin Alltag relevant sind. © 2021 Wir haben die Leitlinie in diesem Heft in Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle Fallvorstellungen und eine Übersichtsarbeit ISSN 0344-5062 DOI 10.5414/ALX02260 zum Thema Nahrungsmittelallergie einge-
Leitlinie Allergologie, Jahrgang 44, Nr. 7/2021, S. 488-541 Guideline Update Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien S2k-Leitline der DGAKI M. Worm1, I. Reese2, B. Ballmer-Weber3, K. Beyer4, S.C. Bischoff5, B. Bohle6, K. Brockow7, M. Claßen8, P.J. Fischer9, E. Hamelmann10, U. Jappe11,12, J. Kleine- Tebbe13, L. Klimek14, B. Koletzko15, L. Lange16, S. Lau4, U. Lepp17, V. Mahler18, K. Nemat19, M. Raithel20, J. Saloga21, C. Schäfer22, S. Schnadt23, J. Schreiber24, Z. Szépfalusi25, R. Treudler26, M. Wagenmann27, T. Werfel28 und T. Zuberbier29 1-29 Institutsangaben siehe Auflistung am Ende des Artikels Schlüsselwörter Präambel ziert? Wie häufig sind Nahrungsmittelall- Nahrungsmittelallergie ergien? Was sind die Risikofaktoren einer – IgE-Diagnostik – Die Leitlinie aus dem Jahre 2015 wurde Provokationstestung – Nahrungsmittelallergie? Wie ist die Progno- Ernährungsberatung – von den Kapitelautoren nach Literatursuche se einer Nahrungsmittelallergie? Was sind Therapie in PubMed, Metaanalysen, klinischen Studi- die häufigsten Nahrungsmittelallergien? en und anderen wissenschaftlichen Untersu- Key words chungen aktualisiert. Die Konsentierung der Klassifikation food allergy – Überarbeitung erfolgte durch ein interdiszi IgE diagnostics – Immunglobulin-E(IgE)-vermittelte Nah- provocation testing – plinäres Expertengremium. rungsmittelallergien werden in primäre und nutritional counseling Sie berücksichtigt die methodischen Vor- sekundäre Nahrungsmittelallergien einge- – therapy gaben der Arbeitsgemeinschaft der Wissen- teilt, die unterschiedlich schwer verlaufen schaftlichen Medizinischen Fachgesellschaf- können. ten (AWMF) zur Entwicklung von Leitlinien –– Primäre Nahrungsmittelallergien entste- Erstpublikation in für Diagnostik und Therapie und entspricht ■■■ hen primär (am ehesten) in Folge gast- nach dem Dreistufenkonzept der AWMF ei- rointestinaler Sensibilisierungen auf vor- ner S2k-Leitlinie [1]. Die DELBI-Kriterien Entwicklungsstufe wiegend stabile Nahrungsmittelallergene S2k finden Berücksichtigung [2]. (Glyko-/Lipoproteine). Die Empfehlungsstärken der einzelnen AWMF-Leitlinien- –– Eine sekundäre Nahrungsmittelallergie Empfehlungen werden in dieser Leitlinie Register-Nummer entsteht infolge einer Sensibilisierung durch standardisierte Formulierungen ausge- (061-031) gegenüber Aeroallergenen (z. B. Pollen- drückt (Tab. 1) [3]. allergenen) mit anschließenden Reakti- Fertigstellung Juni 2021 onen (sog. Kreuzallergien) auf struktur- verwandte, häufig instabile Allergene in Gültigkeit (pflanzlichen) Lebensmitteln. Bis 31. Dezember 2024 1. Epidemiologie und häufigste ICD-10-Nummern Auslöser der Nahrungsmittel Prävalenz von Nahrungsmittelallergien T78.0, T78.1, L27.2, allergie Die Prävalenz von Nahrungsmittelall- L23.6, T78.2 ergien ist regional unterschiedlich und in M. Worm und U. Jappe einigen Ländern in den letzten Jahren ange- Wie werden Nahrungsmittelallergien stiegen. So hat sich die Häufigkeit der Erd- nach ihrem Sensibilisierungsweg differen- nuss- und Baumnussallergie in den letzten Zitierweise: Worm M, Reese I, Ballmer-Weber B, Beyer K, Bischoff SC, Bohle B, Brockow K, Fischer PJ, Hamelmann E, Jappe U, Kleine-Tebbe J, Klimek L, Koletzko B, Lange L, Lau S, Lepp U, © 2021 Mahler V, Nemat K, Raithel M, Saloga J, Schäfer C, Schnadt S, Schreiber J, Szépfalusi Z, Treudler R, Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle ISSN 0344-5062 Wagenmann M, Werfel T, Zuberbier T. ■■■Update of the guideline on the management of IgE-mediated DOI 10.5414/ALX02257 food allergies – S2k-Guideline of the DGAKI■■■. Allergologie select. ■■■. ■■■ ■■■. DOI: xxx
Update Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien 489 Jahrzehnten in den USA verdreifacht [4]. Konsentierte Aussagen Aktuelle Daten einer europäischen Präva- Die Prävalenz der Nahrungsmittelallergie ist altersabhängig. Eine starker Studie zur Prävalenz der Nahrungsmittelallergie in Deutschland zeigt Konsens lenzstudie, unter Beteiligung der Schweiz, eine Häufigkeit von 4,2% bei Kindern und 3,7% bei Erwachsenen. jedoch nicht Deutschland und Österreich, Bei der IgE-vermittelten Nahrungsmittelallergie gibt es primäre Konsens bestätigen frühere Daten zur Häufigkeit der (vorwiegend frühkindliche) und sekundäre (vorwiegend pollenas- Nahrungsmittelallergie [5]. Eine Nahrungs- soziierte) Allergien, die in ihrer Schwere unterschiedlich verlaufen. mittelallergie führt zu einer Einschränkung Eine Nahrungsmittelallergie kann die Lebensqualität stark Konsens einschränken und in seltenen Fällen tödlich verlaufen. der Lebensqualität der Betroffenen und kann in seltenen Fällen tödlich verlaufen [6]. Um die –– Inzidenz, Abkürzungen –– Prävalenz, AAAAI American Academy of Allergy, Asthma & Immunology –– aktuellen Entwicklungen, AGATE Arbeitsgemeinschaft Anaphylaxie – Training und Edukation –– potenziellen Risiken sowie ASS Acetylsalicylsäure –– prognostischen Faktoren BAT Basophilenaktivierungstest BK Berufskrankheit zur Nahrungsmittelallergie in Europa ab- CCD Cross-reactive carbohydrate determinants, kreuzreaktive zuschätzen, wurden Studien von 2000 – 2012 Kohlenhydratseitenketten zu dieser Frage in einer Metaanalyse ausge- CSACI Canadian Society of Allergy and Clinical Immunology wertet [7]. Die Punktprävalenz von selbst DBPCFC Double-blind placebo-controlled food challenge, doppelblind placebokontrollierte Nahrungsmittelprovokation berichteter Nahrungsmittelallergie war bis DGES Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland zu 6-mal höher als bei einer durch Provoka- DELBI Deutsches Instrument zur methodischen Leitlinien-Bewertung tionstestung überprüften Nahrungsmittelall- EAACI European Academy of Allergy and Clinical Immunology ergie. Die Prävalenz der primären Nahrungs- EGID Eosinophilic gastrointestinal disorders, eosinophilenassoziierte mittelallergie war grundsätzlich bei Kindern Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts höher als bei Erwachsenen. Die Zunahme FDA Food and drug administration der Häufigkeit sekundärer Nahrungsmittelal- FPIES Food protein-induced enterocolitis syndrome, nahrungsproteininduziertes Enterokolitissyndrom lergien infolge von Kreuzreaktionen mit In- GIT Gastrointestinaltrakt halationsallergenen ist auch auf ein erhöhtes HMO Humane Milcholigosaccharide Bewusstsein und eine verbesserte Diagnostik HMW High molecular weight zurückzuführen. IgE Immunglobulin E Studien zur Epidemiologie von Nah- IgG Immunglobulin G rungsmittelallergien in Deutschland liegen GÖR Gastroösophagealer Reflux begrenzt vor. Eine Studie von 2004 ergab KI Konfidenzinterval eine Prävalenz der Nahrungsmittelallergie, KU Kontakturtikaria LCPUFA Long-chain polyunsaturated fatty acids, langkettige mehrfach gesichert durch doppelblinde, placebokon- ungesättigte Fettsäuren trollierte Nahrungsmittelprovokation, von LJ Lebensjahr 3,7% bei Erwachsenen [8] und von 4,2% bei LMIV Lebensmittelinformationsverordnung Kindern [9]. Eine Studie zur Gesundheit Er- LoQ Limit of quantification, Quantifizierungsgrenze wachsener in Deutschland (DGES), durch- LTP Lipidtransferprotein geführt im Zeitraum 2008 – 2012, ergab eine MdE Minderung der Erwerbsfähigkeit Lebenszeitprävalenz der Nahrungsmittelal- NPV Negative predictive value, negativer prädiktiver Wert lergie von 6,4% bei Frauen und 2,9% bei NSAID Nichtsteroidale Entzündungshemmer nsLTP Non-specific lipid transfer protein, nichtspezifisches Männern sowie für die Gesamtkohorte der Lipidtransferprotein Erwachsenen von 4,7% (95%-Konfidenz OAS Orale Allergiesymptome intervall 4,1 – 5,4) [10]. OIT Orale Immuntherapie PKD Proteinkontaktdermatitis PPI Protonenpumpeninhibitor PPV Positive predictive value, positiver prädiktiver Wert Tab. 1. Empfehlungsstärken. PR-10 Pathogenesis-related protein family 10 Empfehlungsstärke Syntax SCIT Subcutaneous immunotherapy, subkutane Immuntherapie Starke Empfehlung soll SIT Spezifische Immuntherapie Empfehlung sollte SLIT Sublingual immunotherapy, sublinguale Immuntherapie Empfehlung offen kann WDEIA Wheat-dependent, exercise-induced anaphylaxis
Worm, Reese, Ballmer-Weber et al. 490 Einflussfaktoren für die Häufigkeit der Hauptauslöser der Nahrungs Nahrungsmittelallergie mittelallergie je nach Lebensalter Die Häufigkeit der Nahrungsmittelaller- Die häufigsten Auslöser einer Nahrungs- gie wird durch verschiedene Variablen be- mittelallergie sind bei Kindern und Jugend- einflusst: lichen Milch- und Hühnereiweiß, Soja, –– Alter und Geschlecht, Weizen, Erdnuss und Baumnüsse, bei Er- –– familiäre Atopieanamnese, wachsenen pollenassoziierte Nahrungsmit- –– Wohnort/geografische Lage, telallergenquellen (Apfel und anderes Kern- –– Ernährungsgewohnheiten, und Steinobst inkl. Hartschalenobst, s. auch –– Vorhandensein anderer allergischer Er- Tab. 7), Gemüse (Sellerie, Möhre) sowie krankungen. Krusten- und Schalentiere und Weizen. Das Geografisch betrachtet ist die Prävalenz Profil von Nahrungsmittelallergenen als bei Kindern im Vergleich zu Erwachsenen Auslöser schwerer allergischer Reaktionen in Nord-West-Europa am höchsten. Eine ist exemplarisch in Abbildung 1 dargestellt. geringere Häufigkeit der selbst berichte- ten und bestätigten Nahrungsmittelallergie wurde in Südeuropa gefunden. Allerdings sollten Daten zur Häufigkeit der Nahrungs- mittelallergie aufgrund der Heterogenität der 2. Prävention der Nahrungs Studien bezüglich methodischer oder diag- mittelallergie nostischer Unterschiede innerhalb einer und K. Beyer und I. Reese zwischen (unterschiedlichen) geografischen Region(en) Europas vorsichtig interpretiert Mit welchen Maßnahmen kann das Ent- werden. stehen einer Nahrungsmittelallergie beein- Die Häufigkeit einer Nahrungsmittelall- flusst bzw. verringert werden? ergie ist aus verschiedenen Gründen schwer Primärprävention hat zum Ziel, das Ri- zu ermitteln: siko für das Auftreten von allergischen Sen- –– Vorhandensein von Augmentationsfak- sibilisierungen und allergischen Erkrankun- toren (Faktoren, die das Auftreten von gen zu vermindern. Dazu werden entweder Symptomen einer Nahrungsmittelallergie ursächliche oder prädisponierende Faktoren begünstigen), verändert oder die Toleranz des Einzelnen –– mangelhafte Reproduzierbarkeit von erhöht. Bei der Prävention allergischer Er- glaubhaft beschriebenen Symptomen, krankungen betreffen einige wenige Emp- –– Relevanz versteckter Allergene bzw. neu- fehlungen ausschließlich Risikopersonen, artiger Lebensmittel („novel food“), bei denen Vater, Mutter und/oder Geschwis- –– Berücksichtigung individueller Sensibili- ter bereits von einer allergischen Erkrankung sierungsprofile, betroffen sind. Die meisten Empfehlungen –– natürliche Toleranzentwicklung gelten genauso für Nichtrisikopersonen. Die deutschsprachige S3-Leitlinie [13] Prognose zur Allergieprävention wird zurzeit aktuali- Daten zum Verlauf der Nahrungsmittelal- siert. In der systematischen Literatur-Suche lergie zeigen, dass die frühkindliche Milch- für diese Leitlinie wurden alle allergischen eiweißallergie eine gute Prognose bezüglich Erkrankungen und nicht explizit die Nah- einer spontanen Toleranzentwicklung hat, rungsmittelallergie berücksichtigt. Da inzwi- während eher Erdnuss- und Baumnussaller- schen auch die Verhinderung von Nahrungs- gien bis in das Erwachsenenalter persistieren mittelallergien im Fokus der präventiven können. Weitere Studien sind notwendig, um Ansätze steht, wurden für die aktuelle Über- die Langzeitprognose einer Nahrungsmit- arbeitung dieser Leitlinie die Ergebnisse telallergie zukünftig besser zu definieren. eines systematischen Reviews der EAACI Eine Nahrungsmittelallergie kann in sehr berücksichtigt, die die Grundlage für die ak- seltenen Fällen tödlich verlaufen. Dies be- tuellen europäischen Empfehlungen bildet trifft vor allem Kinder und Jugendliche mit [14]. Erdnuss- und Baumnuss-, aber auch Milch- Eine Gegenüberstellung der deutschen eiweißallergie [11, 12]. und europäischen Empfehlungen findet sich
Update Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien 491 Abb. 1. Die häufigsten Auslöser Nahrungsmit- tel-induzierter Anaphyla- xien. Anaphylaxie-Regis- ter; Stand März 2019; Gesamt Nahrungsmittel- induzierte Anaphylaxie n = 4350 (n = 2481, Kin- der und Jugendliche 0 – 17 Jahre, n = 1869, Erwachsene ab 18 Jah- re). in Tabelle 2 im Anhang. Die deutschsprachi- Eipulver [16] gezeigt werden, während die gen Empfehlungen, die zur Prävention der Gabe von pasteurisiertem Vollei mit dem Nahrungsmittelallergie konsentiert wurden, Risiko anaphylaktischer Reaktionen ver- berücksichtigen auch die Prävention ande- bunden war [17, 18], aber keinen Vorteil für rer allergischer Erkrankungen, während, die die Interventionsgruppe zeigte [17, 18, 19]. Europäischen Empfehlungen der EAACI Da davon ausgegangen wird, dass verba- ausschließlich auf die Prävention von Nah- ckenes Hühnerei einen ähnlichen Effekt wie rungsmittelallergien bei Säuglingen und hartgekochtes Hühnerei oder hocherhitztes Kleinkindern fokussiert. Eipulver hat, wird die Einführung und An dieser Stelle werden nur die konsen- regelmäßige Gabe von durcherhitztem Ei tierten Empfehlungen zur gezielten Einfüh- (verbacken, hartgekocht) mit der Beikost rung von potenten Nahrungsmittelallergien empfohlen. Dazu zählen unter anderem aus- dargestellt und erläutert. Ausreichend Evi- reichend durchgebackene eihaltige Back- denzlage besteht für die Lebensmittel Hüh- waren (wie Hartkekse, Brot- und Brötchen- nerei und Erdnuss. spezialitäten sowie Muffins und Kuchen). Dagegen wird abgeraten, „rohes“ Hühnerei Hühnerei (einschließlich Rührei und weichgekochtem Hinsichtlich Hühnerei konnten günstige Ei) mit der Beikost einzuführen. Effekte durch die frühe Einführung von ge- kochtem Hühnerei [15] bzw. hocherhitztem Erdnuss Die EAACI Empfehlung zur gezielten Einführung von Erdnussprodukten für Län- der mit hoher Erdnussallergie-Prävalenz Konsentierte Aussagen wurde nicht übernommen, da Deutschland Zur Prävention der Hühnereiallergie sollte starker Konsens derzeit nicht als solches einzuordnen ist. durcherhitztes (z. B. verbackenes oder hartgekoch- tes), aber nicht „rohes“ Hühnerei (auch kein Rührei) Da bei Säuglingen mit atopischer Der- mit der Beikost eingeführt und regelmäßig gegeben matitis aus Familien mit regelmäßigem Erd- werden. nusskonsum ein erhöhtes Risiko für die Ent- Zur Prävention der Erdnussallergie kann bei Konsens wicklung einer Erdnussallergie besteht, kann Säuglingen mit atopischer Dermatitis in Familien bei dieser Konstellation eine gezielte Einfüh- mit regelmäßigem Erdnusskonsum im Zuge der Beikost-Einführung erwogen werden, Erdnusspro- rung von Erdnussprodukten in altersgerech- dukte in altersgerechter Form (z.B. Erdnussbutter) ter Form (wegen der Aspirationsgefahr nicht einzuführen und regelmäßig weiter zu geben. ganz oder in Stücken), gefolgt von einer Insbesondere bei Säuglingen mit moderater bis Konsens regelmäßigen Gabe erwogen werden. Auf- schwerer AD soll zunächst eine Erdnussallergie ausgeschlossen werden. grund der Tatsache, dass es bisher nur Daten zur präventiven Einführung von Erdnuss bei
Worm, Reese, Ballmer-Weber et al. 492 Tab. 2. Gegenüberstellung der deutschsprachigen Empfehlungen zur Prävention der Nahrungsmittelallergie und ggf. anderer aller- gischer Erkrankungen mit den EAACI Empfehlungen zur Prävention der Nahrungsmittelallergie bei Säuglingen und Kleinkindern. Update Leitlinie Allergieprävention DGAKI/ GPA 20/21 EAACI Recommendation 2020 Statement: Während Schwangerschaft und Stillzeit wird eine The EAACI Task Force suggests against restricting consumption ausgewogene, abwechslungsreiche und Nährstoff- of potential food allergens during pregnancy or breastfeeding in bedarfsdeckende Ernährung empfohlen. Diese beinhaltet auch order to prevent food allergy in infants and young children. den Verzehr von Gemüse, Milch/Milchprodukten (einschl. fermentierter Milchprodukte wie Joghurt), Obst, Nüssen, Eiern und Fisch. Empfehlung: Diätetische Restriktionen (Meidung potenter Nahrungsmittelallergenquellen) während der Schwangerschaft oder Stillzeit sollen aus Gründen der Allergieprävention nicht erfolgen. (A) Statement: Jegliches Stillen hat viele Vorteile für Mutter und There is no recommendation for or against using breastfeeding Kind. to prevent food allergy in infants and young children, but Empfehlung: Für den Zeitraum der ersten 4 – 6 Monate soll breastfeeding has many benefits for infants and mothers and nach Möglichkeit ausschließlich gestillt werden. (A) should be encouraged wherever possible. Auch mit Einführung von Beikost soll weitergestillt werden. (A) Empfehlung: Ein Zufüttern von kuhmilchbasierter Formulanah- The EAACI Task Force suggests avoiding supplementing with rung in den ersten Lebenstagen sollte bei Stillwunsch der cow’s milk formula in breastfed infants in the first week of life to Mutter vermieden werden. (B) prevent cow’s milk allergy in infants and young children Empfehlung: Wenn nicht oder nicht ausreichend gestillt For infants who need a breastmilk substitute, there is no werden kann, soll eine Säuglingsanfangsnahrung gegeben recommendation for or against the use of regular cow’s milk werden. Für Risikokinder sollte geprüft werden, ob bis zur based infant formula after the first week of life to prevent food Einführung von Beikost eine Säuglingsanfangsnahrung mit in allergy. Studien zur Allergieprävention nachgewiesener Wirksamkeit There is no recommendation for or against using partially or verfügbar ist. (B) extensively hydrolysed formula to prevent food allergy in infants and young children. When exclusive breastfeeding is not possible many substitutes are available for families to choose from, including hydrolysed formulas. Empfehlung: Soja-basierte Säuglingsnahrungen sind zum The EAACI Task Force suggests against introducing soy Zweck der Allergieprävention nicht geeignet und sollen folglich protein-based formula in the first six months of life to prevent nicht zu diesem Zweck gegeben werden. (A) cow’s milk allergy in infants and young children. Stellungnahme: Sojaprodukte können losgelöst vom Zwecke der Allergieprävention im Rahmen der Beikost gegeben werden. Empfehlung: Da es keine Belege für eine allergiepräventive Wirkung von anderen Tiermilchen, wie Ziegen- (auch nicht als Basis von Säuglingsnahrungen), Schafs- oder Stutenmilch gibt, sollten diese ebenfalls nicht zum Zweck der Allergieprävention gegeben werden. (B) Statement: Es gibt Hinweise darauf, dass die Vielfalt der Ernährung des Kindes im ersten Lebensjahr einen protektiven Effekt auf die Entwicklung atopischer Erkrankungen hat. Eine vielfältige Ernährung beinhaltet auch, dass Fisch und eine begrenzte Menge (bis zu 200 ml pro Tag) Milch bzw. Naturjo- ghurt sowie Hühnerei im Rahmen der Beikost eingeführt werden. Empfehlung: Abhängig von der Bereitschaft des Säuglings sollte mit der Fütterung von Beikost frühestens ab Beginn des fünften und spätestens ab Beginn des siebten Lebensmonats begonnen werden. (B) Für einen präventiven Effekt einer diätetischen Restriktion durch Meidung potenter Nahrungsmittelallergenquellen im ersten Lebensjahr gibt es keine Belege. Sie sollte deshalb nicht erfolgen. (A) Empfehlung: Zur Prävention der Hühnereiallergie sollte The EAACI Task Force suggests introducing well-cooked hen’s durcherhitztes (z. B. verbackenes oder hartgekochtes), aber egg, but not pasteurised or raw egg, into the infant diet as part of nicht „rohes“ Hühnerei (auch kein Rührei) mit der Beikost complementary feeding to prevent egg allergy in infants. eingeführt und regelmäßig gegeben werden. (B)
Update Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien 493 Fortsetzung Tab. 2. Update Leitlinie Allergieprävention DGAKI/ GPA 20/21 EAACI Recommendation 2020 Empfehlung: Zur Prävention der Erdnussallergie kann bei In populations where there is a high prevalence of peanut allergy, Säuglingen mit atopischer Dermatitis in Familien mit regelmäßi- the EAACI Task Force suggests introducing peanuts into the gem Erdnusskonsum im Zuge der Beikost-Einführung erwogen infant diet in an age-appropriate form as part of complementary werden, Erdnussprodukte in altersgerechter Form (z. B. feeding in order to prevent peanut allergy in infants and young Erdnussbutter) einzuführen und regelmäßig weiter zu geben. children. (C) Empfehlung: Insbesondere bei Säuglingen mit moderater bis schwerer AD soll zunächst eine Erdnuss-Allergie ausgeschlos- sen werden. (A) Hintergrund: Aufgrund der Heterogenität der Studienlage kann There is no recommendation for or against vitamin supplementa- keine abschließende Empfehlung zur Supplementierung von tion or fish oil supplementation in healthy pregnant and/or Ω-3 LCPUFAs für Schwangere, Stillende und Säuglinge zur breastfeeding women and/or infants to prevent food allergy in Allergieprävention gegeben werden. infants and young children. Statement: Einige Studien zeigen, dass ein niedriger Versor- gungsgrad mit Ω-3 LCPUFAs bei Schwangeren, Stillenden und Säuglingen mit einem höheren Risiko für allergische Erkran- kungen beim Kind, insbesondere Asthma und Wheezing, einhergeht und dass dieses Risiko durch Supplementierung von Ω-3 LCPUFAs gesenkt werden kann (1++ bis 2++). Statement: Daten aus z. T. großen, randomisierten, doppel- There is no recommendation for or against prebiotics, probiotics blinden Interventionsstudien zeigen übereinstimmend keine or synbiotics for pregnant and/or breastfeeding women and/or präventiven Effekte von Pre- und Probiotika für die Endpunkte infants alone or in combination with other approaches to prevent Allergische Rhinitis (AR) und Asthma bronchiale. Die food allergy in infants and young children. überwiegende Mehrzahl aktueller Interventionsstudien zeigen auch für das Atopische Ekzem keinen präventiven Effekt nach Gabe von Prä- und/oder Probiotika. Empfehlung: Präbiotika und/oder Probiotika sollen zu Zwecken der Allergieprävention weder den Schwangeren noch den Säuglingen verabreicht werden, auch nicht als Teil der Säuglingsnahrung. (A) Hintergrund: Aus Sicht der Leitliniengruppe ist trotz heteroge- There is no recommendation for or against using emollients as ner Interventionen in den unterschiedlichen Studien nicht skin barriers to prevent food allergy in infants and young gezeigt worden, dass eine Primär-Prävention bei Säuglingen children. mit atopischer Familienanamnese durch tägliche rückfettende Ganzkörper Behandlung der gesunden Haut erreicht werden kann. Statement: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann aufgrund der vorliegenden Evidenz keine Empfehlung für eine tägliche Rückfettung der gesunden Säuglingshaut mit dem Ziel der Primär-Prävention von Ekzemen und Allergien – auch bei Familien mit erhöhtem Allergierisiko – ausgesprochen werden. Empfehlung: Säuglinge und Kinder mit sichtbar trockener Haut sollten regelmäßig – auch mit dem Ziel der Prävention von Ekzemen und Allergien – eingecremt werden. (Experten- meinung) Säuglingen mit leichter oder fehlender Sen- 3. Klinik und Differenzial sibilisierung im Haut-Prick-Test gegenüber diagnostik der Nahrungs Erdnuss gibt [20], wird empfohlen, bei Säug- mittelallergie lingen mit moderater bis schwerer atopischer Dermatitis vor gezielter Einführung von Erd- L. Lange, B. Koletzko, M. Raithel und nuss eine Erdnussallergie auszuschließen. S.C. Bischoff Zusätzlich zu den Empfehlungen der S3- Leitlinie gibt es Hinweise, dass die Einnah- 3.1. Klinische Symptome me von Antazida die Sensibilisierung und Was sind die (häufigsten) Symptome ei- Ausprägung einer Nahrungsmittelallergie ner Nahrungsmittelallergie? Abhängig von fördern kann [21, 22]. –– der Aufnahme (Expositionsort) des Nah- rungsmittelproteins,
Worm, Reese, Ballmer-Weber et al. 494 3. Klinik und –– der zugrunde liegenden Erkrankung, me. Bei schweren Nahrungsmittelallergien Differenzial –– der Häufigkeit und Art der Exposition können respiratorische und/oder Herzkreis- diagnostik der sowie laufsymptome auftreten. Bei Kindern treten Nahrungs –– der Dosis respiratorische Symptome häufiger auf (z. B. mittelallergie Giemen oder Dyspnoe), bei Erwachsenen können unterschiedliche Symptome ei- Herzkreislaufsymptome. Interessanterwei- ner IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergie se sind die gastrointestinalen Symptome bei hervorgerufen werden [23, 24]. Die meisten systemischer Nahrungsmittelallergie weniger Symptome werden nicht ausschließlich bei häufig. Bei seronegativen IgE-vermittelten einer Nahrungsmittelallergie beobachtet und Nahrungsmittelallergien kann nur lokal im können auch durch andere Erkrankungen Gewebe ortsständiges IgE (Entopie) zu iso- bzw. nicht-IgE vermittelte Allergietypen ent- lierten Organreaktionen führen (z. B. orale stehen. Schleimhautschwellung etc. [26, 27, 28, 29, Der Kontakt von Nahrungsmittelprotei- 30]. Obwohl die IgE-vermittelte Reaktion nen mit dem Immunsystem erfolgt am häu- eine Sofortreaktion ist, kann an dem Gastroin- figsten oral/gastrointestinal, kann aber auch testinaltrakt (GIT) je nach Digestion, Resorp- –– perkutan (über die Haut, z. B. Kontakt tions- und/oder Reaktionsort die Symptoma- urtikaria), bzw. Sensibilisierungsweg für tik rasch (oberer GIT) oder erst mit mehreren Erdnussallergie [20] Stunden Verzögerung (mittlerer und unterer –– inhalativ (über die Atemwege, z. B. Bä- GIT) auftreten [26, 27, 29, 31, 32]. ckerasthma, s. unter 7.) oder –– parenteral (über das Gefäßsystem, z. B. bei Kontamination von Injektionslösung mit Nahrungsproteinen) 3.2. Manifestationen und erfolgen. Differenzialdiagnosen Der Expositionsweg spielt für die klini- Welche anderen Erkrankungen können schen Symptome eine wichtige Rolle. Je nach die Symptome einer Nahrungsmittelallergie beteiligtem Organsystem können diverse verursachen? Welche klinischen Manifesta- Symptome – oft in Kombination – beobach- tionen einer Nahrungsmittelallergie gibt es? tet werden (modifiziert nach [25]) (Tab. 3 und 4). Bei seropositiven IgE-vermittelten Aller- Nahrungsmittel können zahlreiche Er- gien mit positivem IgE-Nachweis im Haut- krankungen hervorrufen. Diese beruhen auf test und/oder im Blut (oft Atopie) finden sich unterschiedlichen pathophysiologischen Me- variable Symptombilder aus extraintestinalen chanismen mit Beteiligung zum Teil mehre- und intestinalen Symptomen. Am häufigsten rer verschiedener Organsysteme (s. auch 7., treten Haut- und Schleimhautsymptome auf, Tab. 18). zum Beispiel als Urtikaria oder Angioöde- Eine Übersicht über die Manifestationen von Nahrungsallergien und Differenzialdiag- nosen findet sich in Tabelle 5. Konsentierte Aussagen Symptome IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien sind starker Nichtallergische Mechanismen vielgestaltig und betreffen verschiedene Organsysteme (vor Konsens Nahrungsmittelzusatzstoffe und natür- allem Haut und oropharyngeale Schleimhaut, Magen-Darm- liche Aromastoffe können möglicherwei- Trakt, Atemwege, Herz-Kreislauf-System). se ebenfalls Mastzellen aktivieren und das Für die Diagnose einer Nahrungsmittelallergie sollte eine klare starker und reproduzierbare Assoziation der Beschwerden zur Konsens klinische Bild einer IgE-vermittelten Nah- Aufnahme definierter Nahrungsmittel und eine Besserung der rungsmittelallergie imitieren (postuliert wer- Symptome bei Karenz, u.a. in Verbindung mit einer IgE-Sensibi- den u. a. Aktivierung G-Protein-gekoppelter lisierung an Haut, Blut oder Darm etc. vorliegen. Rezeptoren, Veränderungen im Eicosanoid- Bei im Blut oder an der Haut IgE-negativen Patienten sind u.a. auch lokale seronegative IgE-vermittelte Allergiereaktionen stoffwechsel, verstärkte Mediatorenbildung/- möglich. ausschüttung). Natürliche Aromastoffe, Bei intermittierender Verträglichkeit gegenüber Nahrungsmitteln Konsens Schwefelverbindungen, Verbindungen der sollten u. a. auch augmentationsfaktorenabhängige Allergien Benzoesäure, histaminhaltige Nahrungsmit- wie die nahrungsabhängige anstrengungsinduzierte Anaphyla- xie erwogen werden. tel und Glutamat sind vereinzelt als Auslö- ser nichtallergischer Nahrungsmittelunver-
Update Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien 495 Tab. 3. Symptome einer Nahrungsmittelallergie. Tab. 4. Symptome bei verzögerter Reaktion oder chronischer Exposition. Zielorgan Symptome Systemisch; Kreislauf Anaphylaxie Übelkeit Hypotension, Schock Erbrechen Tachykardie (selten Bradykardie bei Anaphylaxie) Bauchschmerz Benommenheit, Schwindel Gastroösophagealer Reflux (GÖR), Dysphagie Synkope und Bolusereignisse Haut (flüchtiges) Erythem („flush“) Inappetenz und Nahrungsverweigerung Ekzem(-verschlechterung) Diarrhö, Malassimilation, Enterocolitis Urtikaria Hämatochezie (Blut im Stuhl) Juckreiz Gedeihstörung und Gewichtsverlust Angioödem Exanthem Augen Juckreiz Rötung (konjunktivale Injektionen) Tränenfluss Die Bedeutung von salicylathaltigen Nah- periorbitales Ödem rungsmitteln bei Acetylsalicylsäure(ASS)- Oberer nasale Kongestion Intoleranz ist aufgrund eines geringen Respirationstrakt Juckreiz Vorkommens der Salicylsäure in Nahrungs- Schnupfen (Rhinorrhö) mitteln unwahrscheinlich [33, 34]. Eine Mei- Larynxödem, Stridor dung salizylathaltiger Gemüse- und Obstsor- Heiserkeit ten ist nicht zu empfehlen [34]. trockener Husten Unterer Husten Respirationstrakt thorakales Engegefühl Schweratmigkeit, Atemnot (Dyspnoe) pfeifende Atemgeräusche (Giemen) 4. Diagnostik der Nahrungs Zyanose mittelallergie Oropharynx Schwellungen der Lippen, Zunge und/oder des Gaumens (Angioödeme) J. Kleine-Tebbe oraler und/oder pharyngealer Juckreiz (Pruritus) Zungenschwellung Wie kann eine Nahrungsmittelallergie Gastrointestinaltrakt Übelkeit zuverlässig diagnostiziert werden? Erbrechen kolikartige Bauchschmerzen Vorgehen bei Verdacht auf Nahrungsmit gastroösophagealer Reflux (GÖR) telallergie Diarrhö Bei Verdacht auf eine IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergie beruht die Diagnos- tik auf mehreren Komponenten (Abb. 2): Konsentierte Aussagen Differenzialdiagnostisch sollten bei Verdacht auf Nahrungs starker –– Anamnese (ggf. mit Ernährungs- und mittelallergie vor allem Infektionen, chronisch entzündliche Konsens Symptomprotokoll) (4.1.), Erkrankungen inkl. eosinophile Gastroenteritiden und Mastozyto- –– Sensibilisierungstest (umgangssprach- se, Kohlenhydratmalabsorptionen oder funktionelle bzw. lich „Allergietest“), somatoforme Störungen in Betracht gezogen werden. – IgE-Bestimmung (4.2.) und/oder Für die Differenzialdiagnostik bei Verdacht auf Nahrungsmittel starker allergie sollten in Abhängigkeit der Symptome und des Alters des Konsens – Haut-Prick-Test (4.3.), Patienten andere Erkrankungen berücksichtigt werden. –– Ermittlung der klinischen Relevanz (In- Bei Verdacht auf nicht-IgE-vermittelte gastrointestinale Unverträg- Konsens terpretation), lichkeitsreaktionen sollte ein Gastroenterologe (bzw. pädiatrischer – Plausibilität anhand der (anamnesti- Gastroenterologe) in die Diagnostik einbezogen werden. schen) klinischen Angaben, – ggf. diagnostische Eliminationsdiät und – Provokationstest (4.4.). träglichkeitsreaktionen beschrieben worden. Zusätzlich können Augmentationsfaktoren Die Testreihenfolge und die Auswahl der erforderlich sein, sodass orale Provokationen Testreagenzien orientieren sich an negativ ausfallen, wenn diese nicht berück- –– der Anamnese, sichtigt werden. –– dem Alter des Patienten und
Worm, Reese, Ballmer-Weber et al. 496 Konsentierte Aussagen Spezifische Tests auf IgE-Sensibilisierungen sollen durch die Anamnese gelenkt werden. starker Konsens Der Nachweis einer IgE-Sensibilisierung gegenüber Nahrungsmitteln und Aeroallergenen soll mittels spezifischer Konsens IgE-Bestimmung und/oder Haut-Prick-Test erfolgen. Spezifische IgE-Bestimmung und Haut-Prick-Test unterstützen die Diagnose einer Nahrungsmittelallergie im Zusam- starker menhang mit der Anamnese und/oder Nahrungsmittelprovokation. Konsens Der Nachweis einer Sensibilisierung mittels spezifischer IgE-Bestimmung oder Haut-Prick-Test beweist nicht die starker klinische Relevanz des getesteten Nahrungsmittels und soll allein nicht zu einer therapeutischen Elimination führen. Konsens Der fehlende Nachweis einer Sensibilisierung (negatives spezi- Konsens fisches IgE/Haut-Prick-Test) schließt eine klinisch relevante IgE- vermittelte Nahrungsmittelallergie häufig, aber nicht sicher aus. Tab. 5. Manifestationen und Differenzialdiagnosen der Nahrungsmittelallergie. Modifiziert nach [24]. Immun Erkrankung Klinische Charakteristika Typische Prognose pathologie Altersgruppe IgE-vermittelt akute Urtikaria/ ausgelöst durch Ingestion oder direkten Kinder > abhängig vom Angioödem Hautkontakt Erwachsene auslösenden Nahrungsmittel Rhinokonjunktivitis/ begleitet nahrungsproteinbedingte Säugling > abhängig vom Asthma bronchiale allergische Reaktionen, selten isolierte Erwachsener, außer auslösenden Atemwegssymptome (Ausnahme: bei berufsbedingten Nahrungsmittel inhalative Exposition gegen Aerosol des Erkrankungen Nahrungsproteins, oft berufsbedingt) Anaphylaxie rasch progrediente Multisystemreaktion jedes Alter abhängig vom auslösenden Nahrungsmittel und Grunderkrankung verzögerte nahrungs- Anaphylaxie drei bis sechs Stunden Erwachsene > unklar mittelinduzierte nach Ingestion; ausgelöst durch Kinder Anaphylaxie gegen Antikörper gegen Galactose-α-1,3- Säugetierfleisch [267] Galactose nahrungsabhängige, Nahrungsmittel löst Anaphylaxie nur dann Beginn im späten vermutlich dauerhaft risikofaktorabhängige aus, wenn Augmentationsfaktoren wie Kindesalter/ Anaphylaxie Anstrengung, aber auch Alkohol oder Erwachsenenalter Acetylsalicylsäure (ASS) vor oder nach Nahrungsaufnahme vorhanden sind sekundäre oropharyngealer Juckreiz; mildes, auf Beginn nach der kann persistieren; kann Kreuzallergie die Mundhöhle beschränktes Ödem, Manifestation der mit den Jahreszeiten (vorwiegend seltener Urtikaria perioral oder Pollenallergie variieren pollenassoziierte generalisiert, (Erwachsener > Nahrungsmittel Atemwegssymptome (Husten); junges Kind) allergien) – selten systemische Reaktionen (inkl. Anaphylaxie) bei manchen pollenasso- ziierten Allergien gastrointestinale nach Ingestion, – je nach Resorptions- jedes Alter abhängig vom allergische und/oder Reaktionsort – auftretendes auslösenden Sofortreaktion Bolusgefühl, Erbrechen, Übelkeit, bzw. Nahrungsmittel (allergische abdominelle Koliken, Diarrhö oder Ösophagitis, Gastritis, Enterocolitis Enteritis oder Colitis) gemischt atopisches Ekzem/ mit Nahrungsmittel assoziiert bei 30 bis Säugling > Kind > in der Regel IgE- und Dermatitis 50% [268] der Kinder mit moderatem/ Erwachsene Toleranzentwicklung zellvermittelt schwerem Ekzem eosinophilenassoziierte Symptome variieren; abhängig vom jedes Alter wahrscheinlich Erkrankungen des betroffenen Teil des Gastrointestinal- persistierend Gastrointestinaltraktes traktes und dem Grad der eosinophilen (EGID) Entzündung
Update Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien 497 Fortsetzung Tab. 5. Immun Erkrankung Klinische Charakteristika Typische Prognose pathologie Altersgruppe Zellvermittelt nahrungsprotein schleimige, blutige Stühle bei Säuglinge in der Regel Toleranz- induzierte Proktitis/ Säuglingen entwicklung Proktokolitis nahrungsprotein akute Exposition: schwere Manifestation Säuglinge – in der Regel induziertes mit Erbrechen, (blutiger) Diarrhö und Kleinkinder, seltener Toleranzentwicklung Enterokolitis-Syndrom Exsikkose bis Schock; Erwachsene [269] (FPIES) chronische Exposition: Erbrechen, Diarrhö, Gedeihstörung, Lethargie, Reexposition nach Karenz: Erbrechen, Diarrhö, Hypotension ein bis drei Stunden nach Ingestion nahrungsprotein Diarrhö, Erbrechen, Gedeihstörung, Säuglinge – in der Regel Toleranz- induzierte Enteropathie Ödeme; keine Kolitis Kleinkinder > entwicklung bei Erwachsene Kindern Zöliakie multiple Manifestationen, mono-, jedes Lebensalter persistierend oligo- und polysymptomatisch, (lebenslange strenge ausgelöst durch Gluten bei genetischer Glutenmeidung Prädisposition notwendig) nichtallergisch Kohlenhydrat Diarrhö (osmotisch), Meteorismus, Laktasemangel meist persistierend (nichtimmuno- malassimilation/- Bauchschmerz ein bis vier Stunden typischerweise ab (Laktose, Glukose- logische absorption (Laktose, nach Aufnahme, auch Obstipation Schulalter, sonst Galaktose); Fruktose, Intoleranz) Fruktose, Sorbit, möglich jedes Alter Fruktose- Sorbit selten: Saccharose, malabsorption/ Glukose-Galaktose) Sorbit: jedes Alter, sehr selten: kongenitaler Laktasemangel, Glukose-Galaktose- Intoleranz, Saccharose- Isomaltase- Malabsorption –– den verfügbaren Testungen (Darstellung korrespondierenden Symptomen klinisch in den Unterabschnitten). relevant ist. Die diagnostischen Tests ermitteln eine Ein einzelner Test (IgE-Test oder Haut- erhöhte Allergiebereitschaft (d. h. Sensibili- test) kann ausreichen, um die Sensibilisie- sierung). Das gelingt durch: rung gegen ein Nahrungsmittel zu prüfen. –– direkten Nachweis von allergenspezifi- Häufig werden mehrere Tests zum Sensibi- schem IgE gegen Nahrungsmittelextrak- lisierungsnachweis eingesetzt (Abb. 2). Ihre te-/allergene im Serum (4.2.) oder durch Ergebnisse stimmen qualitativ nicht immer überein; in dem Fall ist das positive Ergeb- –– positive Hauttests (Prick-Test) (4.3.) mit nis eher richtig als das (falsch-)negative. Nahrungsmittel(extrakte)n als indirek- Bei gleichgerichteten Ergebnissen (konkor- ter Hinweis auf funktionelles, d. h. zur dant positiv oder negativ) erhöht sich die Kreuzvernetzung fähiges, allergenspezi- diagnostische Treffsicherheit, zumal meist fisches IgE auf Mastzellen in der Haut. unterschiedliche Reagenzien eines Nah- Grundsätzlich sind die qualitativen Aus- rungsmittels (Nativzubereitungen, Extrakte, sagen (positiv vs. negativ) von IgE-Tests und Einzelallergene) im Haut- bzw. IgE-Test ein- Prick-Test ebenbürtig: gesetzt werden. –– Ein negatives Ergebnis dient dem Aus- schluss einer Sensibilisierung. Interpretation der Testungen –– Ein positives Ergebnis entspricht einer Bei der Interpretation von Sensibilisie- Sensibilisierung, die allerdings nur bei rungstests haben die Vorgeschichte, Anam-
Worm, Reese, Ballmer-Weber et al. 498 4. Diagnostik der nese sowie Klinik eine zentrale Bedeutung: Welche Aspekte sind bei der Anamnese bei Nahrungs Nur bei eindeutiger Übereinstimmung zwi- Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie zu mittelallergie schen den klinischen Angaben des Patienten berücksichtigen? und dem Testergebnis (Prick-Test/IgE-Be- stimmung) kann eine Nahrungsmittelaller- Praktisches Vorgehen bei der Erhebung gie diagnostiziert bzw. ausgeschlossen wer- der Anamnese den. Ist eine solche Übereinstimmung (z. B. Die allergologische Anamnese bei Ver- durch unklare oder unergiebige Anamnese) dacht auf eine Nahrungsmittelallergie folgt nicht oder nicht eindeutig gegeben, soll die allgemeinen Grundsätzen der Gesprächsfüh- klinische Relevanz mithilfe einer oralen Pro- rung. Hilfreich ist es, Patienten bereits vor vokation überprüft werden (Abb. 2) (s. auch dem ersten Termin einen speziellen Fragebo- bei 4.4.). gen auszuhändigen, der zum ersten anamnes- Der Begriff „Allergietest“ (für Haut- oder tischen Gespräch mitgebracht oder während IgE-Tests) ist in diesem Zusammenhang der Wartezeit ausgefüllt werden kann. missverständlich und birgt die größte Quelle Die Anamneseerhebung (Tab. 6) umfasst: für Fehlinterpretationen diagnostischer Er- –– die Familienanamnese, gebnisse: Ein positives Ergebnis zum Beispiel –– die Eigenanamnese und gegenüber Nahrungsmitteln (d. h. Sensibili- –– die spezielle Ernährungsanamnese. sierung) kann nur bei Kenntnis der klinischen Reaktion erfolgreich interpretiert werden. Berichtete Symptome sollten mit ihrem Als Faustregel gilt, dass nur die Hälfte örtlichen, zeitlichen und situativen Auftreten der in der Bevölkerung nachweisbaren atopi- erfasst werden. Für die Einordnung der Pati- schen Sensibilisierungen wirklich mit Symp- entenangaben ist es wichtig zu erfahren, ob tomen assoziiert und damit klinisch relevant Zeiten völliger Beschwerdefreiheit vorkom- sind. Dadurch zeigen sämtliche Sensibili- men, aber auch welche Nahrungsmittel üb- sierungstests eine unbefriedigende diagnos- licherweise verzehrt und vertragen werden. tische Spezifität (etwa 50%) und begrenzte positive Vorhersagekraft („positive predictiv Unterstützende Maßnahmen value“, PPV), die stark von der jeweiligen Ein Ernährungs- und Symptomtagebuch Allergenquelle und der Prävalenz einer Nah- ist sinnvoll, damit Patienten ihre Gewohnhei- rungsmittelallergie bei den untersuchten Ko- ten und Beschwerden gezielter selbst beob- horten abhängt. achten. Vor allem bei chronischen Beschwer- Bei gastrointestinaler Allergiemanifesta- den sind Aufzeichnungen des Patienten bzw. tion können spezielle lokale Diagnostikmaß- dessen Eltern über zwei bis drei Wochen nahmen in Betracht gezogen werden, wie mithilfe eines Ernährungs- und Symptom- zum Beispiel mukosale oder endoskopische tagebuchs hilfreich. Ein solches Tagebuch Provokation und endoskopische Lavage. berücksichtigt die Aufnahme von Speisen, Getränken, aber auch Süßigkeiten, Kaugum- 4.1. Anamnese und Ernährungs- mis etc., Besonderheiten (z. B. Essen im Restaurant) sowie in zeitlichem Zusammen- und Symptomprotokoll hang auftretende Beschwerden. Symptom M. Worm, I. Reese und L. Klimek art und -intensität sollten mit Datum, ggf. Uhrzeit, Dauer der Beschwerden aufgelistet Welche Bedeutung hat die Anamnese bei werden. Im Tagebuch sollte auch der Medi- Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie? kamentenverbrauch aufgezeichnet werden. Die Aufzeichnungen werden anschließend Konsentierte Aussagen durch eine allergologisch erfahrene Ernäh- Eine detaillierte Anamnese soll Grundlage für die Diagnostik der starker Nahrungsmittelallergie sein. Konsens rungsfachkraft oder einen Allergologen aus- Die strukturierte Anamnese soll Auslöser, den Zeitverlauf, Symp- starker gewertet. So können die Bedeutung vorlie- tome, Schweregrad, Reproduzierbarkeit, Risiko- und Augmenta- Konsens gender (oder fehlender) Sensibilisierungen tionsfaktoren, die Familienanamnese, Begleiterkrankungen und relativiert oder bestätigt und die Entschei- andere allergische Erkrankungen berücksichtigen. dung für spezifische Provokationstestungen Bei chronischen Symptomen kann ein Ernährungs- und starker Symptomprotokoll geführt werden. Konsens oder andere Maßnahmen erleichtert werden. Weiterhin sollte berücksichtigt werden, dass
Update Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien 499 Berücksichtigung von Augmentations faktoren In der Anamnese sollten auch Augmen- tationsfaktoren berücksichtigt werden. Diese können eine allergische Reaktion verstärken und sind in einigen Fällen sogar obligato- risch für die Auslösung von Symptomen (z. B. bei der weizenabhängigen anstren- gungsinduzierten Anaphylaxie). Die bekann- testen Augmentationsfaktoren sind: –– körperliche Anstrengung und –– die Anwendung nichtsteroidaler Entzün- dungshemmer (NSAID). Aber auch Alkohol, Fieber, akute Infekti- onen, allergische Beschwerden während der Pollensaison und Schlafentzug [36] wurden als Augmentationsfaktoren beschrieben [37]. Abb. 2. Diagnostisches Vorgehen bei Verdacht auf Nahrungsmittelallergie: im Erwachsenenalter 4.2. Auslösende Allergene und Sensibilisierungsnachweis häufig mit Hauttests (linke Hälfte), im Kindesalter bevorzugt mithilfe der In-vitro-Diagnostik spezifischen IgE-Bestimmung (rechte Hälfte, zu- sätzliche Erläuterung s. Text). J. Kleine-Tebbe, B. Ballmer-Weber, U. Jappe, J. Saloga und M. Wagenmann Wie kann der Schweregrad einer nah- bestimmte Medikamente (z. B. Protonen- rungsabhängigen allergischen Reaktion be- pumpeninhibitoren (PPI) oder alkalisierende stimmt werden? Was sind sinnvolle Indikati- Medikamente) die Entstehung einer Sen- onen für eine sIgE-Bestimmung? Wie ist die sibilisierung begünstigen können [22, 35]. Bedeutung der Diagnostik mit Einzelallerge- Nach erfolgter Diagnostik wird mithilfe ei- nen einzustufen? Welche Bedeutung haben ner Nachanamnese das weitere diagnostische Sensibilisierungen gegenüber bestimmten und therapeutische Vorgehen geplant. Einzelallergenen? Welches sind die wich- Tab. 6. Vorgehen bei der Erhebung der Anamnese. Anamnese Eigenanamnese bekannte allergische Erkrankungen Medikamente körperliche Anstrengung akute Infektionserkrankungen psychische Belastung Familienanamnese allergische Erkrankungen bei Verwandten ersten Grades Symptome bzw. wann spezifische Auslöser wo wodurch wie lange wie oft wiederholt Ernährungsanamnese Karenzmaßnahmen und Umfang, Toleranz von Nahrungsmitteln mit nachge- wiesener Sensibilisierung erfassen Ernährungs- und Dokumentation von Ernährung und Beschwerden Symptomtagebuch
Worm, Reese, Ballmer-Weber et al. 500 4. Diagnostik der tigsten Allergene bei einer Nahrungsmittelal- Die diagnostische Tauglichkeit wird ge- Nahrungs lergie? Was muss bei der Interpretation der trennt je nach Allergenquelle, Allergen und mittelallergie serologischen Diagnostik beachtet werden? Testverfahren bewertet (Tab. 13). 4.2.1. Serologische IgE-Bestimmung 4.2.1.1. Indikation zur IgE-Bestimmung zum Sensibilisierungsnachweis Abhängig vom Allergenspezifisches IgE im Serum gegen –– Alter, Nahrungsmittel entspricht einer Sensibilisie- –– den Symptomen und rung. Fehlendes spezifisches IgE schließt sie –– verdächtigten Allergenquellen (Tab. 7) (meistens) aus, sofern ein Extrakt verwendet ergeben sich verschiedene Indikationen wird, in dem sämtliche wichtigen Allergene für die In-vitro-Diagnostik [40]: enthalten sind [38]. Abhängig von Testaufbau, Reagenzien Verdacht/Ausschluss einer und verwendeten Allergenen können die Nahrungsmittelallergie spezifischen IgE-Ergebnisse verschiedener Hersteller voneinander abweichen. Bei begründetem Verdacht oder zum ge- Zur IgE-Testung werden zielten Ausschluss einer Nahrungsmittelal- –– einzelne Nahrungsmittel (Allergen lergie ist die spezifische IgE-Bestimmung quellen, Tab. 7), sinnvoll. Diese Indikation setzt allerdings –– eine Kombination diverser Nahrungsmit- voraus, dass im verwendeten Extrakt sämt- tel (Such- oder Panel-Test) und zuneh- liche relevanten Allergene repräsentiert sind. mend Gruppentests für spezifisches IgE (z. B. –– Einzelallergene (Tab. 8, 9, 10, weitere In- gegen Erdnuss, Fisch, Hühnereiweiß, Kuh- formationsquellen in Tab. 11) verwendet milcheiweiß, Soja und Weizen) gestatten [39]. einen rationellen Ausschluss oder Nachweis einer Sensibilisierung im Sinn einer erhöhten Allergiebereitschaft. Sie dienen so als Basis für die Aufschlüsselung nach Einzelallergen- Konsentierte Aussagen quellen. Ein ungezieltes Screening ohne be- Statt am quantitativen Testergebnis sollte der Schweregrad starker der klinischen Reaktion anhand der Anamnese und/oder Konsens gründeten Verdacht einer Nahrungsmittelall- Provokationstestung bestimmt werden. ergie wird nicht empfohlen. Sinnvolle Indikationen zur IgE-Bestimmung sind: Konsens ––der begründete Verdacht einer IgE-vermittelten Nahrungs- Bedrohliche Reaktionen auf mittelallergie, ––der gezielte Ausschluss einer IgE-vermittelten Nahrungs- Nahrungsmittel mittelallergie, Bei schweren anaphylaktischen Reaktio- ––eine bedrohliche Reaktion auf Nahrungsmittel, nen ist die spezifische IgE-Bestimmung ge- ––der Verdacht der Sensibilisierung auf hauttestungeeignete Nahrungsmittel, gen das verdächtige bzw. auszuschließende ––Bedingungen, die eine Hauttestung bzw. ihre Auswertung Nahrungsmittel vorzuziehen und ein Haut- nicht zulassen (z. B. Urticaria factitia, generalisierte test nach individueller Risiko-Nutzen-Erwä- Hauterkrankung, Gabe von Medikamenten, die das gung durchzuführen. Hauttestergebnis beeinträchtigen), ––sehr junge Patienten (Säuglings- oder Kleinkindesalter), Sensibilisierung gegenüber Hauttestung ––ein zu erwartender diagnostischer Mehrwert molekularer geeigneten Nahrungsmitteln Allergiediagnostik. Ist der Hauttest als Sensibilisierungs- Gesamt-IgE sollte als Interpretationshilfe bestimmt werden. Konsens Bei bestimmten Fragestellungen sollte die IgE-Diagnostik starker nachweis nicht geeignet, wird eine spezifi- mit Einzelallergenen zum Nachweis einer Sensibilisierung Konsens sche IgE-Bestimmung empfohlen (z. B. bei eingesetzt werden. hautirritierenden Nahrungsmitteln wie Ge- Die In-vitro-Diagnostik mit Einzelallergenen kann besonders Mehrheitliche würzen). bei instabilen oder unterrepräsentierten Nahrungsmittelaller- Zustimmung genen die Testempfindlichkeit erhöhen. Sensibilisierungen gegen bestimmte Allergenkomponenten Starker Bedingungen, die eine Hauttestung bzw. (s. Tab. in 4.2.) können mit systemischen allergischen Konsens deren Auswertung nicht zulassen Reaktionen assoziiert sein. Ihre Bestimmung erhöht die Spezifische IgE-Bestimmungen sind bei analytische Spezifität im Vergleich zu den Nahrungsmittel- extrakten. unzureichender Hauttestfähigkeit sinnvoll. Dazu gehören urtikarieller Dermographis-
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