Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2017 / 2018 - gegründet 1847

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Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2017 / 2018 - gegründet 1847
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden

Nassauischer
Kunstverein
Wiesbaden
gegründet 1847

2017 / 2018
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2017 / 2018 - gegründet 1847
Impressum / Bildnachweis
Herausgeber                       Künstlerische Leitung             Soweit nicht anders angegeben – Installationsansichten
Nassauischer Kunstverein          Elke Gruhn                        Nassauischer Kunstverein Wiesbaden Christian Lauer
Wiesbaden e.V.
Wilhelmstraße 15                  Wissenschaftliches Volontariat    Titelseite Bjørn Melhus, FREEDOM & INDEPENDENCE, 2014, Courtesy und
65185 Wiesbaden                   für Kuratorische Assistenz /      ©: Der Künstler und VG Bild-Kunst, Bonn / Seite 3 © Janine Drewes / Sei-
Tel.: +49 (0) 6 11 30 11 36       Presse- und Öffentlichkeits-      te 4-5 © NKV, Michael Carter, Janine Drewes, Julian Gerchow und Chris-
info@kunstverein-wiesbaden.de     arbeit                            tian Lauer / Seite 6-7 Courtesy: Ivana Matic, Julia Leichtenschlag, William
www.kunstverein-wiesbaden.de      Janine Drewes                     Metin Martin, Anne M. Ferguson, SoJung Kim / Seite 7 rechts © und Cour-
                                  Ann-Kathrin Dübbers               tesy: Luzie Meyer / Seite 8-9 © Janine Drewes und Stefan Fischer, Cour-
Öffnungszeiten                                                      tesy: Galerie EIGEN + ART, Leipzig & Berlin, Sammlung Stahlberg, Nürnberg
Di., 14 bis 20 Uhr                Leitung der Geschäftsstelle       und Sammlung Hildebrand, Leipzig / Seite 10-11 © Janine Drewes und
Mi. bis Fr., 14 bis 18 Uhr        Evelyn König                      Christian Lauer, Courtesy: Eliza Douglas und Air de Paris / Seite 12 links ©
Sa. und So., 11 bis 18 Uhr                                          und Courtesy: Yama Rahimi / Seite 12-13 © Julian Gerchow und Christian
                                  Empfangsteam                      Lauer / Seite 14 links © und Courtesy: Jen Neville / Seite 14-15 © Janine
Vorstand                          Julia Berlitz                     Drewes und Christian Lauer, Courtesy: Magnus Andersen und Neue Alte
Elke Gruhn                        Céline Breiter                    Brücke, Frankfurt am Main / Seite 17 links © Ann-Kathrin Dübbers / Seite
Christian Lauer                   Annemarie Hinsche-Karg            17 rechts © Serra Gulyuz, Courtesy: Gülsün Karamustafa / Seite 18-20 ©
Britta Fischer                    Antja Karoli                      und Courtesy: Owen Gump und BQ, Berlin, Roee Rosen, Flame und Galerie
Gerrit von Velsen                 Léonie Klotzbücher                Noah Klink, Berlin, Paul Spengemann und Produzentengalerie Hamburg,
                                  Thomas Reimann                    Köken Ergun, Daniel Hartlaub, Mélodie Mousset und Galerie Barbara Sei-
Emanuel von Bodman                Pia Timaeus                       ler, © Atelier Yvonne Roeb, Courtesy: Galerie Rupert Pfab, Düsseldorf,
Michael Carter                                                      © Janine Drewes, Courtesy: Alvin Lucier / Seite 21 rechts © und Cour-
Cornelia Jürgens-Leber            Vermittlungsprogramm              tesy: Nadia Perlov / Seite 22-23 © und Courtesy: Carolin Liebl & Nicolas
Martin Lüdemann                   Janine Drewes                     Schmid-Pfähler, Malte Zenses, Rudi Weissbeck, Marc Krause, © Nikolaus
Dr. Elke Ullrich                  Ann-Kathrin Dübbers               Kockel, Mattis Kuhn, Courtesy: Dominik Keggenhoff, Johanne Schröder /
Dr. Isolde Schmidt (Kulturamt)    Titus Grab                        Seite 23 rechts © und Courtesy: Bjørn Melhus / Seite 24-25 © Achim
                                  Evelyn König                      Kukulies, Courtesy: FORT und Sies + Höke, Düsseldorf, (C) und Courtesy
Kuratorium / Beirat               Amador Vallina                    Ulrike Königshofer und Isabell Ratzinger / Seite 25 © Janine Drewes /
Emanuel von Bodman                                                  Seite 26 links © und Courtesy: Rahel Pötsch / Seite 26-27 © Serge Ha-
Dr. Michael Freytag               Praktikanten 2017/2018            senböhler, Courtesy: Bianca Pedrina, © und Courtesy: Felicity Hammond,
Sven Gerich                       Giulia Cavallaro                  Julian Irlinger und Galerie Thomas Schulte, Kathrin Sonntag / Seite 29 ©
Arno Goßmann                      Carina Diefenbach                 Julian Gerchow / Seite 30-31 © Janine Drewes, Courtesy: Galerie Noah
Elke Gruhn                        Anette Loewen-Loeb                Klink, Jürgen Becker Galerie und Gerrit Frohne-Brinkmann / Seite 32-33
Wolfgang Hessenauer               Ilie Panis                        © und Courtesy: die Künstlerinnen und Künstler sowie deren Galerien:
Dr. Matthias Hildner              Irene Zander                      Gerrit Frohne-Brinkmann (Galerie Noah Klink, Berlin und Jürgen Becker
Prof. Dr. Gottfried Kiesow (†)                                      Galerie, Hamburg) Adriana Lara (Air de Paris), Mehreen Murtaza (expe-
Dr. Helmut Georg Müller           Work Art Kunstverein Fellowship   rimenter, Kalkutta), Taro Izumi (Take Ninagawa, Tokyo), Annette Krauss,
Helmut Nehrbaß                    Jen Neville / 2017                Stefan Burger (Freymond Guth, Zürich), Aslı Sungu (Galerie Lena Brüning,
Joachim Nolde                     N.N. / 2018                       Berlin), Kateřina Šedá (ARRATIA BEER, Berlin), Jimmy Robert (Diana Stigter,
Claudia Scholtz                                                     Amsterdam), Emily Wardill (Jonathan Viner, London und carlier | gebauer,
Rita Thies                        Redaktion                         Berlin) / Seite 34-35 © und Courtesy: Estate Benjamin Patterson / Seite
                                  Janine Drewes                     36-37 © und Courtesy: Ella Ziegler, Marcel Schiele, Murray Gaylard, Maria
Finanzen                          Ann-Kathrin Dübbers               Eichhorn (Galerie Barbara Weiss, Berlin), Estate Benjamin Patterson und
Britta Fischer                    Elke Gruhn                        Raffaël Rozendaal / Seite 38-39 © Michael Carter und Janine Drewes /
Manuela Schlosser                 Evelyn König                      Seite 40-41 © Michael Carter / Seite 41 rechts © Janine Drewes / Seite
DornManhart                       Dr. Elke Ullrich                  42-43 © und Courtesy: die Künstlerinnen und Künstler / Seite 44 © Mi-
Steuerberater Wirtschaftsprüfer                                     chael Carter, Janine Drewes, Julian Gerchow und Christian Lauer / Seite
Partnerschaftsgesellschaft        Lektorat                          46 © Christian Lauer.
                                  Dr. Elke Ullrich
Marketing und Kommunikation
Christian Lauer                   Gestaltung
                                  Annalena Kluge
IT, Übersetzung und
Mitgliederprogramme               Druck
Michael Carter                    Flyeralarm GmbH
                                  Alfred-Nobel-Str. 18
Kunstreisen                       97080 Würzburg
Dr. Elke Ullrich                  www.flyeralarm.de
Cornelia Jürgens-Leber
                                  Auflage 5.000
Fotografen                        © Nassauischer Kunstverein
Michael Carter                    Wiesbaden 2017
Janine Drewes                     Programmänderungen
Christian Lauer                   vorbehalten

Ausstellungstechnik und Aufbau
Manuel Diekmann
Frédéric Ecker
Claudius Edrich
Axel Graumann
Lukas Herok
Timo Leitze
Thomas Reimann

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Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2017 / 2018 - gegründet 1847
Editorial
                               Herzlich willkommen!         documenta 14 sowohl in Athen als auch in Kassel hat
                                                            unsere Arbeit in 2017 stark geprägt.
                              Der Nassauische Kunst-
                              verein Wiesbaden be-          Ausgehend von seiner Partitur Pond, aus dem Fluxus-In-
                              findet sich direkt an         itialjahr 1962, bezog Patterson sich zudem auf zwei li-
                              Wiesbadens      zentraler     terarische Quellen: Der Froschkönig und Aristophanes
                              Achse und Kulturmeile         Komödie Die Frösche. Neben der mit dem Grimmschen
                              der Wilhelmstraße, flan-      Märchen verbundenen Moral wurde durch die in Grie-
                              kiert vom Museum Wies-        chenland sehr präsente Komödie nicht nur die Rückbe-
                              baden, hoffentlich bald       sinnung auf traditionelle, konservative und moralische
                              dem Museum Ernst, dem         Werte in Zeiten „der Krise“ thematisiert, sondern auch
                              Literaturhaus Villa Cle-      ein überraschend aktueller und politischer Blickwinkel
                              mentine, dem Bellevue-        mit faszinierenden Referenzen zu Europa und seiner
Saal und schließlich dem Staatstheater. Während je-         jüngsten Entwicklung, der Weltpolitik sowie zu aktuel-
des Haus sein eigenes Profil hat und ein entsprechend       len Themen der Gesellschaft auf die Bühne der zeit-
hochkarätiges Programm verfolgt, entwickelt sich            genössischen Kunst gebracht. Für das Projekt wurden
gleichzeitig eine zunehmende Synergie. Voller Vorfreu-      ausgewählte Textpassagen sowie onomatopoetische
de blicken wir schon auf die Wiesbaden Biennale, die        Froschlaute in drei Sprachen aufgenommen. Alle Text-
den Sommer 2018 in der hessischen Landeshauptstadt          und Sprachfragmente sind in der Komposition mit den
zum zweiten Mal bereichern wird.                            Stimmen der acht natürlichen Froscharten übermalt
                                                            und schließlich mit Zitaten und Originaltönen aus dem
In der Metropolregion FrankfurtRheinMain leben der-         umfangreichen Archiv Ben Pattersons rhythmisch kom-
zeit ca. fünf Millionen Menschen und es verwundert          biniert, ausgeweitet oder auch bis zur Unkenntlichkeit
nicht, dass alle Kulturinstitutionen ein erhöhtes Besu-     überlagert. Das Sonic Graffiti entwickelte sich zu einem
cherwachstum aufgrund des zunehmenden Interesses            Publikumsmagneten sowohl im Garten des Byzantini-
für zeitgenössische Kunst verzeichnen. Es sind zum ei-      schen und Christlichen Museum in Athen, als auch vis à
nen der Wunsch, die Vitalität der Kunst direkt und per-     vis der Orangerie in der Karlsaue Kassel.
sönlich zu erleben, sowie zum anderen die sich mehr
und mehr auflösenden Gattungsgrenzen, die das Publi-        Mit der Ausstellung Der Garten der Avantgarde des
kum immer weiter zusammenwachsen lassen.                    Museums Wiesbaden im Herbst / Winter 2017 wird in
                                                            beeindruckender Weise aufgezeigt, was in Wiesbaden
Mit kollektivem Engagement, geboren aus Leidenschaft,       durch den engagierten Sammler und das Kunstver-
honorarfrei und auf eigenes Risiko schaffen wir mit Hilfe   einsmitglied Heinrich Kirchhoff zu Beginn des letzten
ökonomischer Anerkennung seitens der Kulturpoli-            Jahrhunderts möglich wurde und weckt Hoffnung auf
tik und des Magistrates seit 170 Jahren ein vielfältiges    Kommendes! Es liegt in der Natur der Avantgarde, im-
Angebot. Schneller als die großen Tanker der Kultur         mer ein wenig Zeit zu benötigen, um allgemeine Aner-
können wir auf die aktuellen gesellschaftlichen Ent-        kennung zu erreichen – seien Sie heute gleich von An-
wicklungen reagieren und bieten ein reiches intelli-        fang an mit dabei!
gentes Programm frei von kommerziellen Interessen.
                                                            Wir wünschen einen anregenden Aufenthalt, kommen
Unser Anliegen ist es, einen Raum für zeitgenössische       Sie wieder und bringen Sie Freunde, Kollegen und /
Kunst zu etablieren, in dem experimentell, ergebnisof-      oder Familie mit! Wir freuen uns auf Sie!
fen und frei über unsere Gegenwart nachgedacht und
Neues gewagt werden kann. Im Kunstverein werden in          Ihre Elke Gruhn
wechselnden, sehr verschiedenen Ausstellungen und           Künstlerische Leitung
Dauerinstallationen auf vier Etagen aktuelle künstle-
rische Strömungen vorgestellt. Über die Vielseitigkeit
dieses Angebotes informiert die Broschüre.

Wiesbadens höchst dotiertes Stipendium Follow Flu-
xus – Fluxus und die Folgen richten wir bereits seit 10
Jahren aus. Gleich drei permanente Arbeiten des 2016
verstorbenen Fluxus-Pioniers der ersten Stunde Ben-
jamin Patterson sind dauerhaft bei uns im Haus zu se-
hen – die posthume Verwirklichung seiner Arbeit für die

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Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2017 / 2018 - gegründet 1847
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden
Engagiert und konsequent zeigt und vermittelt der Nas-
sauische Kunstverein Wiesbaden spannende zeitgenös-
sische Kunst und bietet jungen, noch nicht etablierten
Künstler/innen und Kulturschaffenden aus dem In- und
Ausland ein Experimentierfeld und erstes Sprungbrett
in die professionelle Laufbahn. Sowohl in Zusammen-
arbeit mit dem Kunstvereins-Team, als auch gelegent-
lichen Gastkuratoren, bieten wir jungen Kulturschaf-
fenden eine Plattform für erste kuratorische Praxis. Im
Bewusstsein der kulturellen Geschichte Wiesbadens
fördern wir mit dem jährlichen und weltweit ausge-
schriebenen Stipendium Follow Fluxus - Fluxus und die
Folgen Künstler/innen, die mit Ihrer Arbeit an die Ideen
der internationalen Kunstbewegung Fluxus anknüpfen.
Unsere Ausstellungen werden durch ein umfangreiches
Vermittlungsangebot mit Führungen, Diskussionsrun-
den und Künstlergesprächen erweitert. Zusätzlich ver-
anstalten wir Kunstreisen zu wichtigen Ausstellungen
im In- und Ausland für unsere Mitglieder. Zum Teil in
Kooperation mit anderen Institutionen realisieren wir
interdisziplinäre Veranstaltungen wie Theater-, Film-,
Musik- und Kinderprogramme.
Zudem beheimaten wir einen Kontaktpunkt für flucht-
bedingt neu in der Region angekommene Künstlerinnen
und Künstler, sowie die Geschäftsstelle der Kulturinitia-
tive RheinMain (kirm) für die Metropolregion Frankfurt­
RheinMain in unseren Räumen.

                                                            »Von der Präsentation aktueller Künstler allerdings
                                                            könne man heute vom nahen Nassauischen Kunst-
                                                            verein lernen: ‚Das ist ganz nah am Puls der Zeit-
                                                            genossenschaft.’ (Volker Rattemeyer)«
                                                            Birgitta Lamparth,
                                                            Wiesbadener Tagblatt, 8. April 2017

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Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2017 / 2018 - gegründet 1847
170 Jahre / Wie alles begann …

Der Nassauische Kunstverein Wiesbaden wurde am 16.
Juli 1847 von Bürgern der Stadt als »Gesellschaft der
Freunde bildender Kunst« im Herzogtum Nassau ge-
gründet und zählt somit seit 170 Jahren zu den tradi-
tionsreichsten Kunst- und Kulturinstitutionen der hes-
sischen Landeshauptstadt. Die Gründungsmitglieder
des Kunstvereins kamen überwiegend aus dem Groß-
bürgertum Wiesbadens. Ihr Anliegen war es, bildende
Kunst zu fördern, ohne dabei von Politik und Staat ab-
hängig zu sein.
Die erste Dauerausstellung wurde im Gemäldesaal der
damals im Erbprinzenpalais (heute IHK) untergebrach-
ten Bibliothek errichtet: »mit älteren und neueren
Kunstwerken in- und ausländischer Künstler«, wie es im
damaligen Protokoll festgehalten wurde. Innerhalb kür-
zester Zeit wurde der Kunstverein zur mitgliederstärk-
sten und populärsten Privatgesellschaft der Stadt. 1850
wurde der Verein mit der Aufgabe betraut, die Staatli-
che Kunstsammlung zu verwalten – erst 1899 ging die-
se Aufgabe an die Stadt über. Nachdem das Städtische         »Der Nassauische
Museum Wiesbaden 1972 von der Stadt an das Land              Kunstverein – frisch
übergeben wurde, wurde gleichzeitig der erste Schritt,       170 Jahre jung
der bereits bei der Gründung formulierten Bestrebung,       ­g eworden.«
einen eigenen Ausstellungsort für den Kunstverein zu         Perlen des Monats,
finden, eingeleitet: 1979 bezogen wir unseren heutigen       Sensor, 09/17
Sitz in der Wilhelmstraße 15, der »Prachtstraße« Wies-
badens, in einer großzügigen dreistöckigen Altbauvilla      »Aber auch die Vorstellungen von der elitären
mit heute rund 350 m² Ausstellungsfläche.                   kaiserlichen Pracht oder der spießigen Beamten-
Bereits 1994 mit dem Kulturpreis der Landeshauptstadt       und Rentneridylle sind eben nur Klischees. Und
Wiesbaden ausgezeichnet, erreichten wir mit dem Ab-         der Kunstverein arbeitet mit seinen Ausstellungen
schluss des Erbpachtvertrages im Frühjahr 2007 die          ­fleißig dagegen an.«
bislang größte Anerkennung in unserer Geschichte sei-        Tobias M. Blank,
tens der Stadt.                                              Pepper, 15. September 2017
Neben dem 2008 von der Landeshauptstadt Wiesbaden
und dem Nassauischen Kunstverein Wiesbaden ins Le-
ben gerufenen Stipendiums Follow Fluxus – Fluxus und
die Folgen, dem höchst dotierten Stipendium Wiesba-
dens, vergibt der Kunstverein seit 2013 in Kooperation
mit den Kunstakademien der Universitäten von Min-
nesota das WorkArt Kunstverein Fellowship an amerika-
nische Kunststudent/innen. Auch mit den Kunsthoch-
schulen der Region bestehen enge Kooperationen. Der
Kunstverein ist zudem langjähriger Partner der B3 Bien-
nale des bewegten Bildes, der RAY Fotografieprojekte
Frankfurt/RheinMain und des exground filmfests.
Der Kunstverein ist Mitglied im Arbeitskreis Stadtkul-
tur, in der Kulturinitiative RheinMain sowie in der ADKV,
der Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine und
wurde in den Jahren 2011, 2013, 2016 und 2017 für den
ADKV-ART COLOGNE Preis für Kunstvereine als bester
Kunstverein Deutschlands nominiert.

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Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2017 / 2018 - gegründet 1847
Bibiana Desteny / Simon Ertel / Anne Ferguson / Florian Glaubitz / Philipp Jung / SoJung Kim /
Charlotte Klein / Ji Yun Lee / Julia Leichtenschlag / Sabeth Magon / Ivana Matic / William Metin Martin /
Brit Meyer / Simon Mielke / Uta Pfrengle / Esther Poppe / Sophia Rausch / Carmen Schaich /
Daniela Schmidt / Susanne Schmitt / Claudia Schuh / Lena Sielaff / Veronika Weingärtner

Konvergenz (Bergbau), eine Annäherung von
Hängendem und Liegendem /
Klasse Andrea Büttner
14. Januar bis 5. März 2017

                                                                                           »All das ist deutlich
                                                                                           mehr als nur eine
                                                                                           Talentprobe oder ein
                                                                                           schneller Blick ins
                                                                                           Atelier.«
                                                                                           Christoph Schütte,
                                                                                           Frankfurter Allgemeine
                                                                                           Zeitung, 23. Februar
                                                                                           2017

Ivana Matic / Korb, 2016

In der Gruppenausstellung trafen ehemalige auf aktu-         Grenzen aus und überführten es in andere Medien. Die
elle Studierende der Klasse Andrea Büttner der Kunst-        klassische Zeichnung wurde auf interdisziplinäre Weise
hochschule Mainz. Die Arbeiten eröffneten so einen           neu interpretiert.
zwei Generationen von Kunststudierenden übergrei-            Dieses selbstreflexive Moment wurde thematisch auf
fenden Dialog und zeigten die Vielschichtigkeit zeitge-      Fragen nach Repräsentation und Originalität in der
nössischer künstlerischer Positionen.                        Kunst sowie die Rolle der Künstlerin/des Künstlers oder
Andrea Büttner, aktuell nominiert für den renommier-         den Konflikt zwischen Künstlichkeit und Natürlichkeit
ten Turner Preis und Maria Sibylla Merian-Preisträgerin      erweitert. Die ausgestellten Arbeiten ­   hinterfragten
für Bildende Künstlerinnen in Hessen, ist seit 2011 Pro-     Wahrnehmungs- und Erinnerungsvorgänge sowie Hierar-
fessorin für Zeichnung an der Kunsthochschule Mainz.         chien, Normen und Wertesysteme der heutigen Gesell-
Die Arbeiten ihrer (ehemaligen) Student/innen, die im        schaft. Im Zusammenspiel eröffneten die Werke neue
Kunstverein zu sehen waren, erstreckten sich über die        assoziative Räume und Bedeutungszusammenhänge,
Bereiche der Zeichnung, Malerei und Bildhauerei sowie        die von der Mikrowelt der Kunst auf die Makrowelt der
Fotografie und Video bis hin zu Mixed-Media-Installati-      Gesellschaft verwiesen.
on und Performance. Dabei erkundeten sie das Medi-           Der Titel der Ausstellung entstammt der Geologie
um der Zeichnung und seine Materialität, loteten seine       und bezieht sich auf Begriffe, mit denen Positionen,

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Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2017 / 2018 - gegründet 1847
NKVextra
                                                                        Luzie Meyer /
                                                                        Unerringly she pinned it
                                                                        down. She does not like
                                                                        to put it there.
                                                                        14. Januar bis 5. März 2017

    Julia Leichtenschlag / Kleines Haus, 2016/2017                      Die Filme, Videos, Performances und Soundarbeiten
                                                                        von Luzie Meyer (*1990, Tübingen) thematisieren die
                                                                        Möglichkeit und Unmöglichkeit eines Selbst in verschie-
                                                                        denen Kontexten. Philosophische Ideen werden alltäg-
                                                                        lichen Vorgängen gegenübergestellt und konventionelle
                                                                        Konstrukte von Bedeutung und Sinn in Frage gestellt.
                                                                        Wiederkehrende Thematiken wie das Fleischwerden
                                                                        des Wortes Sadomasochismus, Absurdität, Nonsens
                                                                        und Solipsismus werden gebraucht, um die Gegenwart
                                                                        nach ihrem Selbstverständnis zu befragen. Die neu ent-
                                                                        standene Videoarbeit Unerringly she pinned it down.
                                                                        She does not like to put it there. der Städelschulabsol-
                                                                        ventin bildete den Ausgangspunkt einer Serie von ex-
                                                                        perimentellen Arbeiten, die ein Misstrauen gegenüber
    Anne M. Ferguson / O.T., 2015, William Metin Martin / O. T., 2016   einem poetischen als auch wissenschaftlichen Sprach-
                                                                        gebrauch thematisieren.
                                                                        Was ist Sprache? Wie verständlich muss sie sein und wel-
                                                                        che Bedeutung kommt der Autorschaft und Selbst-Nar-
                                                                        ration im Gebrauch von Sprache zu?

                                                                        Luzie Meyer lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Sie
                                                                        studierte Philosophie an der Goethe-Universität Frank-
                                                                        furt und hat 2016 die Städelschule als Meisterschüle-
                                                                        rin bei Judith Hopf abgeschlossen. Ihre Arbeiten waren
                                                                        bereits international zu sehen, so auch auf der Montreal
                                                                        Biennale of Contemporary Art. Zudem ist sie 2017/18
                                                                        Stipendiatin der Hessischen Kulturstiftung für einen
                                                                        neunmonatigen Atelieraufenthalt in Paris.
    SoJung Kim / (NA)rcissism, 2017

­ chichtungen und Verhältnisse von Materialien zuein-
S
ander beschrieben werden. Generell beschreibt eine
Konvergenz das Sich-Aufeinander-zu-Entwickeln von
zwei oder mehreren divergierenden Ausgangszustän-
den auf einen gemeinsamen Endzustand hin. Ähnlich
mussten sich die künstlerischen Arbeiten dieser Grup-
penausstellung zueinander und zum Medium der Zeich-
nung positionieren, so dass immer neue Beziehungen
und Kontexte entstanden.

Zeitgleich mit dieser Ausstellung eröffnete das Museum
Wiesbaden die Kabinettausstellung Maria Sibylla Merian
der Naturhistorischen Sammlungen anlässlich des 500.
Todestages der Frankfurter Naturwissenschaftlerin und
Künstlerin.                                                             Luzie Meyer / Unerringly she pinned it down. She does not like to
                                                                        put it there., 2016 (Videostill)

                                                                                                                                            7
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2017 / 2018 - gegründet 1847
Mirjam Völker /
Vorposten
18. März bis 30. April 2017

In den surrealen Gemälden und Zeichnungen von Mir-        Dies evoziert eine große Instabilität, die in den Arbeiten
jam Völker (*1977, Wiesbaden) entbrennt ein span-         zum Ausdruck kommt. Die surrealen Landschaftsbilder
nungsgeladener Kampf zwischen Natur und zivilisatori-     erinnern in ihrem Detailreichtum an Fotografien. Das
schen Artefakten.                                         Spiel mit dem Dokumentationscharakter wird noch auf
                                                          die Spitze getrieben, wenn der Hintergrund in einigen
In Acryl und Kohle entwickelt Mirjam Völker teils leise   Bildern zwischen Himmel und Fotostudio-Hohlkehle
hoffnungsvolle, teils apokalyptische Bilder. Die Hütten   changiert. Die Grenzen zwischen Natur und Kultur ver-
und Wohnwagen in ihnen sind menschenleer. Stattdes-       schwimmen. So warf die Ausstellung auch die Frage auf,
sen ist die Natur Hauptakteur, die sich bedrohlich ge-    ob Zivilisation und Natur in Einklang gebracht werden
gen die kleinen Hütten erhebt. Auf technischer Ebene      können. Siegt die leise Hoffnung über die drohende Ka-
wird dieser Kampf, der durch die Verwendung starker       tastrophe?
Komplementär- bzw. Schwarzweißkontraste noch un-
terstrichen wird, zum Spiel mit verschiedenen, sich       Mirjam Völker studierte an der Kunsthochschule Mainz
überlagernden Ebenen und Perspektiven. So verschie-       bei Klaus Vogelsang und war anschließend Meisterschü-
ben sich in vielen Arbeiten Vorder- und Hintergrund,      lerin in Leipzig bei Neo Rauch. Im Nachgang der Aus-
Transparenz und Finsternis wechseln sich ab und dy-       stellung entsteht eine Edition.
namische Bewegungen treffen auf statische Elemente.

Mirjam Völker / Bann, 2015

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Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2017 / 2018 - gegründet 1847
NKVextra
                                                 Alexander Paul Englert /
                                                 Traumdiebstähle
                                                 Mit einem Text von Silke Scheuermann

                                                 18. März bis 30. April 2017

Mirjam Völker / Biwak, 2015 & Lunte, 2014

                                                 Alexander Paul Englert / Traumdiebstähle, 2017

                                                 Eine fotografische Erzählung Alexander Paul Englerts
                                                 (*1960, Freiburg/Breisgau) trifft auf eine literarische
                                                 Erzählung Silke Scheuermanns – oder umgekehrt?
                                                 Beide verweben sich zu einer fantastischen Geschich-
                                                 te über den fließenden Übergang zwischen Wirklichkeit
                                                 und Traum und die Flucht aus dem Alltag. Eine Ge-
                                                 schäftsreise führt den Unternehmensberater und Held
Mirjam Völker / Quartier, 2011                   der Erzählung in die Auberge de Rêve, einem Hotel ir-
                                                 gendwo zwischen Bayern und Hessen, in dem sich Gäste
                                                 aus aller Welt einfinden. An diesem Ort entdeckt er sei-
                                                 ne spezielle Fähigkeit wieder… Die Installation basierte
»Eine Welt des Vielleicht erschafft die          auf dem gleichnamigen gemeinsamen Buchprojekt, das
­fotorealistisch finessenreiche Malerin, ein     2016 bei Edition Faust, Frankfurt am Main, erschienen
 Universum des Als ob, des Womöglich oder        ist. Zu der Videoprojektion der Fotografien war eine von
 des Wer weiß.«                                  Armin Nufer gesprochene Textfassung zu hören. Stefan
 Dorothee Baer-Bogenschütz,                      Fricke produzierte hieraus mit Klanginseln des Kompo-
 Wiesbadener Kurier, 17. März 2017               nisten Andreas Wagner eine Hörspiel-Fassung des Tex-
                                                 tes von Silke Scheuermann, die als Zweiteiler am 18.9.
                                                 und 25.9.2017 (23-24 Uhr) auf hr2-kultur gesendet wird.

Mirjam Völker / Verschlag, 2016 & Stiege, 2016

                                                                                                       9
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2017 / 2018 - gegründet 1847
Eliza Douglas /
My Gleaming Soul / I am a Fireball
20. Mai bis 2. Juli 2017

Zwei Gemälde-Serien der Frankfurter Künstlerin und           oder in konzeptuelle Arroganz zu verfallen. Stattdessen
Städelschulabsolventin Eliza Douglas (*1984, New York),      kommuniziert sie mit dem Betrachter durch die Genüg-
My Gleaming Soul und die für diese Ausstellung entstan-      samkeit einer kleinen Auswahl an formalen Elementen.
dene Serie I am a Fireball, standen sich auf den beiden      Tatsächlich wirkt ihre Arbeit fast feierlich, wie sie die
Ebenen des Hauses gegenüber. Obwohl den ausgestell-          historische Bürde der Malerei hinter sich lässt – aller-
ten Werken das Interesse an den verschiedenen Genres         dings voller Humor und Schwung.
der malerischen Praxis, insbesondere der des Porträts,           (Auszug aus einem Text von Nathaniel Cunningham)
gemein ist, schöpfen sie ihre Inspiration gerade nicht
aus konkreten Werken von Künstler/innen der Vergan-          Eliza Douglas lebt und arbeitet in Frankfurt am Main,
genheit. Ebenso wenig verortet Douglas ihre Gemälde          wo sie an der Städelschule bei Monika Baer, Willem de
in zeitgenössischen Diskursen, die sich auf visuelle Stil-   Rooij und Amy Sillman studierte. Als Performance-Ak-
mittel wie digitale Technologie stützen. Ihre Besonder-      teurin ist sie in den Stücken von Anne Imhof omniprä-
heit liegt darin, Arbeiten zu schaffen, die frisch wirken,   sent. Diese institutionelle Einzelausstellung knüpfte an
ohne gerade dabei aktuellen Trends zu folgen. Dazu           ihre Präsentation im Museum Folkwang (Essen) an, im
entwickelt sie ein Vokabular, das einerseits die Ge-         Herbst folgt eine Ausstellung im Schinkelpavillon Berlin.
schichte des Mediums aufgreift, ohne andererseits da-
bei die Malerei als ein historisches Phänomen abzutun.

Die Stoiker beschäftigten sich mit Ataraxie, einer Art       »Wenn Eliza Douglas nicht gerade im Deutschen
Gelassenheit und Ruhe, die man erreicht, indem man al-       Pavillon von Venedig auftritt, malt sie junge Män-
les Unnötige meidet. Dieses Konzept kommt am nächs-          ner in spärlich möblierten Räumen.«
ten an das Gefühl der von Eliza Douglas v­ erwendeten        Katinka Fischer,
Technik heran. Sie malt, ohne dabei lehrhaft zu sein         Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Juni 2017

Eliza Douglas / Weird, the Real Kind, 2017

10
Installationsansicht 2017

»Man lässt sich auf die Manöver
dieser s­ ensiblen Seele, die in Venedig
das Raubtier gibt, nachdenklich ein.«
Dorothee Baer-Bogenschütz,
Kunstzeitung, Juli 2017

                                               Eliza Douglas / Hurtling Towards the Sky, 2017 & Little Feverish Butterfly, 2017

                                               Installationsansicht 2017

                                                                                                                            11
NKVextra
Yama Rahimi /
San
20. Mai bis 2. Juli 2017

                                                          Installationsansicht 2017

                                                          Installationsansicht 2017

Yama Rahimi / I and You!, 2015 (Videostill)

Die Dominanz patriarchalischer Strukturen in Afghanis-
tan, und die damit verbundenen Aspekte der Unterdrü-
ckung der Frau, werden in den Videos von Yama Rahimi
(*1992, Maidan Wardak, Afghanistan) thematisiert. Un-
ter dem Dari-Titel San, der im Deutschen „Frau“ be-
deutet, waren zwei seiner Videoarbeiten, I and You!
und Creation Song, zu sehen.
Obwohl die demokratische Verfassung Afghanistans
gleiche Rechte für Mann und Frau garantiert, ist es
Frauen weiterhin nicht gestattet, am politischen und      Installationsansicht 2017
gesellschaftlichen Leben aktiv teilzunehmen. Zwischen
den konstitutionellen Richtlinien und dem realen Le-
bensalltag liegt eine unüberwindbare Kluft. Zwar sind
Frauen in der Öffentlichkeit physisch anwesend, intel-
lektuell werden sie jedoch nach wie vor von Männern       „Ein Blick hinein lohnt!“
bevormundet.                                              Laura Olivia Ehlenberger,
                                                          Sensor, 20. Juli 2017
Yama Rahimi machte 2014 seinen Bachelorabschluss in
Filmregie an der Fakultät für Bildende Kunst der Uni-
versität Kabul. Seine künstlerische Arbeit konzentriert   »Semester-Rundgang einmal anders.«
sich auf Videokunst, konzeptuelle Fotografie und Kurz-    Hendrik Jung,
filme. Er hat bereits an mehr als 20 Ausstellungen in     Wiesbadener Kurier, 22. Juli 2017
über 15 Ländern teilgenommen und ist zurzeit Mitglied
des Center for Contemporary Arts Afghanistan und des
3rd Eye Photojournalism Center. Yama Rahimi lebt und
arbeitet in Geisenheim.

12
Chris Appl / Belinda Baade / Ludwig Blaumer / Sina Elbrecht / Silvia Frank / Pia Friese / Mirjam Geiß /
Merry Gette / Gloria Alexandra Grimm / Philipp Grimm / Shirley Heim / Charlotte Hesse / Sarah Hodges /
Katrin Hotschicke / Jude Hussein / Vanessa Dorena Jahnke / Jacqueline Keim / Lena Kilian / Julius Kolberg /
Andreas Kunkel / Sebastian Loba / Christina Lommer / Athanasios Nasopoulos / Eduard Rausch /
Jakob Reinhard / Celina Reiß / Patricia Schad / Philipp Schäfer / Almut Schmidt / Rebekka Schönefuß /
Jörg Sommer / Monika Theune / Carina Trimus / Alexander Völkle / Arghawan Zahedi

Drang Strenge Muse / Semesterrundgang 2017
Kommunikationsdesign Hochschule RheinMain
21. Juli bis 23. Juli 2017

Installationsansicht 2017, St. Augustine of Canterbury

Unter dem Anagramm Drang Strenge Muse des Wortes
„Semesterrundgang“ zeigte sich eben dieser des Studi-
engangs Kommunikationsdesign der Hochschule Rhein-
Main. Die ungewöhnliche Titelbildung dient als Meta-
pher für den kreativen Denkprozess – Ideen sammeln
– verwerfen – sammeln. Im Mittelpunkt der Ausstellung
standen die Abschlussarbeiten der Bachelor-Absol-
vent/innen, die einen prägnanten Querschnitt aus der
Welt des Kommunikationsdesigns boten: Transzendenz
der klassischen Kunst zurechtgeschnitten auf den Nut-
zen für Unternehmen, Privatnutzer und Institutionen in
allen Formaten, auf allen Medien. Responsiv und pro-
fessionell war von Corporate Design über Foto, Film und
Print bis hin zu Produktdesign die gesamte ­Bandbreite
zu sehen.

Neben den Abschlussarbeiten wurden auch weitere Se-
mesterprojekte vorgestellt. Fotografien von digital bis
analog gaben Einblicke in die Vielfalt des Kommunika-
tionsdesigns und die benachbarte Kirche St. Augustine
of Canterbury erhob sich zur Filmbühne spannender
­Projekte der Filmkurse.

                                                                                                              13
NKVextra
Jen Neville /
Proxy
21. Juli bis 15. Oktober 2017

 In einer Mehrkanal-Videoinstallation untersucht die Ka-
 binettausstellung Proxy der diesjährigen WorkART-Sti-
pendiatin Jen Neville (*1996, Sac City, Iowa, USA) das
Verhältnis von digitalem zu realem Raum. Der Stellen-
wert des digitalen Bildes wird vor dem Hintergrund ei-
nes zunehmenden Bedürfnisses nach medialer Selbst-
darstellung hinterfragt. Auch das Mobilitätsversprechen
zeitgenössischer Technologien, jederzeit einen Infor-
mationszugang und -austausch zu ermöglichen, stellt
Jen Neville auf den Prüfstand und wirft die Frage auf,
inwiefern die physische Unabhängigkeit durch eine
­psychische Abhängigkeit ersetzt wird.

                                                            Magnus Andersen / un pour tous tous pour un, 2017

Jen Neville / Proxy, 2017 (Videostill)

Die Künstlerin verwendet eine iPhone-Kamera für ihre
Kurzvideos, um durch das bekannte Medium eine Ver-
trautheit zwischen Betrachter/innen und dem Bild-
schirm herzustellen. Eine tatsächliche Interaktion, wie
es bei touch-basierten Smartphones üblich ist, ist al-      Magnus Andersen / un pour tous tous pour un II, 2017
lerdings bei ihrer Videoinstallation nicht möglich. Damit
verhält sich Proxy genau reaktionär zu den aktuellen
Entwicklungen in der zeitgenössischen Technologie.
                                                            »Doch nichts ist hier so einfach, nichts so eindi-
Jen Neville studiert Web & Multimedia Environment am        mensional vor allem, wie es zunächst scheint.«
Minneapolis College of Art and Design. Sie ist Stipen-      Christoph Schütte,
diatin des Programms WorkART Kunstverein Fellows-           Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. September 2017
hip 2017, das von der Arbeitsgemeinschaft deutscher
Kunstvereine (ADKV) in Kooperation mit dem Center for
German and European Studies (DAAD) der Twin Cities
(Minneapolis / St. Paul) 2011 ins Leben gerufen wurde.

14
Magnus Andersen /
L‘éducation régionale
2. September bis 15. Oktober 2017

Magnus Andersen / Cupido, 2017

Heranwachsende, die in einem gesellschaftlichen Spiel       Bedrohlich inszenierte industrielle Unpersönlichkeit
die Rollen von Erwachsenen einnehmen und so Formen          trifft auf melancholisch ländliche Romantik, eine auf
staatlicher Organisation durchexerzieren, sind zen-         den ersten Blick harmlos wirkende Familienszene ent-
traler Bestandteil der ersten institutionellen Einzelaus-   puppt sich als Gewaltakt inmitten einer kosmisch ver-
stellung L’éducation régionale von Magnus Andersen          hagelten Szenerie, traditionelle kunsthistorische Mo-
(*1987, Elsinore, Dänemark). Die sich aus Gemälden und      tive werden reinterpretiert und mit zeitgenössischer
Soundinstallationen zusammensetzende Ausstellung            Mode kombiniert. Damit bewegen sich Magnus Ander-
hebt die Bedeutsamkeit von Bildung und Erziehung her-       sens figurative Gemälde inhaltlich in einem Spannungs-
vor. Wie in seinen zuvor entstandenen Arbeiten isoliert     feld aus Gegensätzen, das sich auch in seiner Malweise
Andersen für L’éducation régionale einzelne Symbole         fortsetzt: Komplementärkontraste laden die Gemälde
und Anekdoten der europäischen Geschichte, die als          auf und der Wechsel zwischen flachem und pastosem
pseudo-erzieherische Mittel ein moralisches Regelwerk       Farbauftrag lässt Bildelemente je nach Blickwinkel aus
aufstellen. Dabei wirft das intereuropäische Konglome-      der Leinwand hervortreten.
rat aus griechischer Mythologie, englischem Rokoko,
sowjetischer Propaganda und der im Titel anklingenden       Magnus Andersen studierte an der Royal Danish Aca-
regionalen Bildung, die beispielsweise in Frankreich na-    demy of Fine Arts bei Martin Erik Andersen und bis 2016
tionalen Interessen untergeordnet ist, Fragen auf: Soll-    an der Städelschule Staatliche Hochschule für Bildende
ten künftige Generationen sich an Althergebrachtem          Künste in Frankfurt bei Judith Hopf. Einzelausstellungen
orientieren oder es negieren? Welche Werte, welche          waren bereits in Wien, Kopenhagen, Frankfurt am Main
politischen und sozialen Prinzipien, welche Symbole         und zuletzt in New York zu sehen.
der Macht werden ihnen vermittelt?

                                                                                                                 15
So gut fühlt sich
Vertrauen an.
Vertrauen ist die Basis für jede Art von
Beziehung, ob privat oder geschäftlich.
Dabei gibt es ganz unterschiedliche Arten
von Vertrauen. Manchmal bekommt man es
geschenkt, muss es sich erarbeiten, unter
Beweis stellen oder sogar wiedergewinnen.
Wie die SCHUFA Vertrauen schafft, erfahren
Sie auf www.schufa.de/vertrauen.

 Wir schaffen Vertrauen
SCHÜLER/INNEN ENT-                                        NKVextra
DECKEN ZEITGENÖSSI-                                       Gülsün Karamustafa /
SCHE KUNST 2017 /                                         The City and the Secret
Ein Projekt im Rahmen                                     Panther Fashion /
der Ausstellung                                           Insomniambule
Magnus Andersen /                                         4. November bis 17. Dezember 2017

L’èducation régionale
2. September bis 15. Oktober 2017

In Kooperation mit der Diltheyschule Wiesbaden

Im Rahmen der Ausstellung Magnus Andersen / L’éduca-
tion régionale kann der Nassauische Kunstverein Wies-
baden mit Unterstützung der SCHUFA Holding AG in der
achten Ausgabe von Schülerinnen und Schüler entde-
cken zeitgenössische Kunst ein künstlerisches Projekt
entwickeln, dessen Resultat während der gesamten
Laufzeit der Einzelausstellung zu hören sein wird.

Gemeinsam mit dem dänischen Künstler Magnus An-           Gülsün Karamustafa / The City and the Secret Panther Fashion,
dersen besuchen 21 Schülerinnen der Pop-Song AG der       2007 (Videostill)
Diltheyschule unter Leitung von Eberhard Metsch das
professionelle Living Room Tonstudio von Peter Richter.
Die dabei entstehenden Aufnahmen dienen als Grund-        Im Rahmen des exground filmfestes 30 mit dem Län-
lage für die Soundinstallation On conduct and manners     derschwerpunkt Türkei werden zwei Videos der türki-
of children within the union of supranational transfer.   schen Künstlerin Gülsün Karamustafa über Frauen, über
                                                          ihr Leben, ihre Identität und ihre Rolle in der türkischen
                                                          Gesellschaft, über ihre Gefühle und ihren Mut gezeigt.

                                                          Die fiktionalen Videos The City and the Secret Panther
                                                          Fashion (2007) und Insomniambule (2011) thematisieren
                                                          die Rolle der modernen Frau in der heutigen Türkei. Die
                                                          Protagonistinnen bewegen sich in einem Spannungsfeld
                                                          aus Macht und Ohnmacht in Traumwelten abseits des
                                                          Alltags.

                                                          Gülsün Karamustafa (*1946, Ankara, Türkei) zählt zu den
                                                          bedeutendsten Künstlerinnen der zweiten Hälfte des
                                                          20. Jahrhunderts in der Türkei. Nach einem Studium an
                                                          der Kunstakademie Istanbul begann sie ihre künstleri-
                                                          sche Laufbahn in den 1970er Jahren. Seitdem fanden
                                                          Einzelausstellungen u. a. im Kunstmuseum Bonn, im
                                                          National Museum of Contemporary Art, Athen, im SALT,
                                                          Istanbul, in der Villa Romana, Florenz und im Hambur-
                                                          ger Bahnhof, Berlin statt. Ihre Arbeiten bewegen sich
                                                          in den Medien Malerei, Installation, Performance und
                                                          Video. Dabei setzt sie sich künstlerisch mit den The-
                                                          men Migration, Identität, Erinnerung und Geschichte,
                                                          Privatheit und Öffentlichkeit, Gender sowie mit dem
                                                          westlichen Blick auf die Länder des Nahen Ostens aus-
                                                          einander.

                                                                                                                          17
Köken Ergun / Flame / Owen Gump / Daniel Hartlaub / Alvin Lucier / Mélodie Mousset / Yvonne Roeb /
Roee Rosen / Paul Spengemann / Pinar Yoldas

The Desire Called Utopia and
Other Science Fictions
B3 Biennale des bewegten Bildes

4. November bis 17. Dezember 2017

Pinar Yoldas / The Kitty Al: Artifical Intelligence for Governance, 2016

Mit der Gruppenausstellung The Desire Called Uto-                          Ausgangspunkt für eine international besetzte Grup-
pia and Other Science Fictions beteiligt sich der Nas-                     penausstellung. Die Künstlerinnen und Künstler blicken
sauische Kunstverein bereits zum dritten Mal an der                        mit kritischem, aber auch ironischem Blick aus der Ge-
B3 Biennale des bewegten Bildes, deren diesjähriges                        genwart auf diese zukunftsgerichteten „Verbesserung-
Leitthema ON DESIRE ist.                                                   en“ der Vergangenheit oder schaffen weitere Utopien
                                                                           beziehungsweise Lösungsansätze für die Zukunft.
Das Verlangen des Menschen, in unbekannte Sphären
vorzudringen, aber auch neue Ideen zu entwickeln,                          Die gesellschaftliche Bedeutung der Entwicklung von
um (vermeintliche) Probleme zu lösen und sich somit                        atemberaubenden neuen Technologien sowie das Ver-
das Leben zu vereinfachen, führte und führt zu absur-                      hältnis von Science-Fiction und Utopie werden durch
den Ausuferungen. The Desire Called Utopia and Other                       die Repräsentation des Anderen, des Lebens in frem-
Science Fictions richtet den Blick auf Zukunfts(wunsch)-                   den Welten und durch die Entlarvung gescheiterter
visionen verschiedener, auch in der Vergangenheit lie-                     Visionen ironisch kommentiert. Die fremden oder zu-
gender Generationen der Menschheit. Eine Dekade                            künftigen Welten bewegen sich zwischen Sphären von
nach der gleichnamigen Veröffentlichung des ameri-                         mythisch angehauchtem, realem Nationalismus und
kanischen Theoretikers Frederic Jameson, der sich mit                      sterilen, rosaroten bis violetten virtuellen Räumen, in
zwei polarisierenden Merkmalen des Zeitalters der Glo-                     denen sich mit Superkräften behaftete Avatare bewe-
balisierung auseinandersetzt, dienen seine Thesen als                      gen. Geheimnisvolle High-Tech-Anlagen stehen Inter-

18
Köken Ergun / I Soldier, 2005 (Videostill)

Flame / Al, 2016

Alvin Lucier / Directions of Sounds from the Bridge, 1978

                                                                    Yvonne Roeb / NeoZoon II, 2017

nierungslagern und Staubsaugern gegenüber. Geister-
hafte Stabschrecken treffen auf sprechende Artificial
Intelligence-Kätzchen, quietschend fröhliche Popkul-
tur auf Katastrophen, die über eine Smartphone-App
ausgelöst werden können. Am Ende siegt die Liebe
und Streichinstrumente kommunizieren mit dem Licht.
Selbst ohne die entsprechende Filmkulisse verbin-
den sich in diesen Welten auf vielfache Art und Weise
Schrecken und Humor.

In Videos, Fotografien, Digitalprints, Graphic Novels so-
wie Virtual Reality- und Soundinstallationen werden die           Paul Spengemann / Walking Stick, 2017 (Videostill)
Realisierbarkeit von Utopien und der Realitätsgehalt
von Science Fiction auf den Prüfstand gestellt. Steckt
in Science Fiction – gerade aus der Zukunft betrach-
tet – ein viel größerer Realitätsgehalt als es der Begriff
zunächst vermittelt?

                                                                                                                       19
Roee Rosen / The Dust Channel, 2016 (Videostill)

                                                       Daniel Hartlaub / 2048- When It All Began, 2015

Owen Gump / The Narrows, 2016

                                                                  »Denn ‚The Desire Called
                                                                  Utopia and Other Science
                                                                  Fictions’ […] entfaltet we-
                                                                  niger ein Panorama der
                                                                  Verheißungen, Sehnsüchte
                                                                  und Wünschbarkeiten, als
                                                                  vielmehr ein Kaleidoskop
                                                                  der Dystopien.«
                                                                  Christoph Schütte,
                                                                  Frankfurter Allgemeine
                                                                  Zeitung, 15. November 2017

Mélodie Mousset / HanaHana 花華, 2017 (VR-Spiel-Still)

20
NKVextra
Nadia Perlov /
Lost PARDESS – Maybe Paradise
19. Januar bis 25. Februar 2018

Nadia Perlovs (*1990, Tel Aviv, Israel) Video thematisiert   einem der wichtigsten Symbole des Nationalstolzes Isra-
auf teilweise absurde Weise die Bedeutung der Jaffa-         els, aber auch für Zerstörung, Schmerz und Leid.
Orange für Israel. Deren Geschichte beginnt Anfang des
20. Jahrhunderts in der britischen Kolonie Palästina, in     Nach einer Tanzausbildung und einem Studium der
der arabische und jüdische Menschen als Nachbarn und         Freien Kunst an der Bezalel Academy of Arts and Design
Geschäftspartner zusammen lebten und arbeiteten.             in Jerusalem studiert Nadia Perlov seit 2015 an der Stä-
Beide Gemeinden kooperierten in den Orangenfeldern           delschule Frankfurt bei Judith Hopf.
der Hafenstadt Jaffa, heute Tel-Aviv-Jaffa. Vermutlich
war dies ein Ergebnis der britischen kolonialistischen
Vision, dass es unter ihrer Verwaltung ein gemein-
schaftliches Leben geben würde, in dem jüdische Men-
schen, die in ihre Herkunftsländer zurückkehrten, den
„Goldenen Apfel“ – Symbol für Modernität und Quali-
tät – nach Europa mitbringen würden. Nach der Pro-
klamation des Staates Israel im Jahre 1948 wurde diese
kollektive Erinnerung an Gemeinschaft und Gleichheit
vergessen, der größte Teil der arabischen Bevölkerung
floh während des Krieges und der neue israelische
Staat übernahm die Orangenfelder, um die Produktion
der Jaffa-Orangen neu zu definieren und als israelische
Marke zu entwickeln. Dadurch wurden die Orangen zu           Nadia Perlov, Lost PARDESS - Maybe Paradise, 2017 (Videostill)

   Hier! Und jetzt?                                                     www.kunstverein-wiesbaden.de/hier-und-jetzt.html

   We are building a network for
   refugee artists. Get in touch!

                                                                                                               Sara Nabil
                                                                                                               Democracy
                                                                                                               2014

                                                                                                                              21
Leslie Bauer / Daniel Eyrich / Carolin Liebl & Nikolas Schmid-Pfähler / Stephanie Kayß / Dominik Keggenhoff /
Jaewon Kim / Marc Krause / Tom Król / Daisy von Mitzlaff / Sertan Satan / Johanne Schröder / Rudi Weissbeck /
Malte Zenses

High Ends /
Absolvent_innen Kunst 2017 der HfG Offenbach
19. Januar bis 25. Februar 2018

Johanne Schröder / Idle Capacities, 2017

Diese Schau ist eine Premiere für die Hochschule für       von immer virtueller und schnelllebiger werdenden
Gestaltung Offenbach, da erstmals die Abschlussarbei-      Wirklichkeiten zu hören und zu lesen. Dieser Behaup-
ten ihrer Diplomand/innen öffentlich im institutionellen   tung stellen die jungen Künstlerinnen und Künstler eine
Rahmen gezeigt werden. Die HfG Offenbach steht für         explizit multisensorische Erfahrung entgegen. Die Ma-
eine dem Bauhaus entlehnte, übergreifende Lehre zwi-       lereien und Skulpturen, Videos, Installationen, Perfor-
schen und mit den Künsten, die sich in der zeitgenös-      mances und Fotografien intensivieren und irritieren
sischen Lage zwischen postmedial, hybrid und digital       das alltäglich Gehörte und Ertastete, bisweilen auch
immer mehr als aktuell angemessen positioniert. Ent-       das Gerochene, Geschmeckte und Erahnte. Zunächst
grenzte wie erweiterte Künste sind hier ab dem ersten      gleichförmig erscheinende Routinen unserer (Fort-)
Semester Dauerthema. Der experimentelle Charakter          Bewegungs- und Sehgewohnheiten im Digitalen wie im
aller ausgestellten Arbeiten setzt neue Impulse in der     Analogen verwandeln sich in den Arbeiten der Ausstel-
Gegenwartskunst und spiegelt diese freie, modulare         lung in dynamische Rhythmen, die neue Sichtweisen
Studienstruktur der Hochschule für Gestaltung wieder.      bekannter Muster zulassen.

Die Betrachtung des Selbst und der Umgebung wird in        Die Ausstellung bildet in der Landeshauptstadt den Auf-
den Arbeiten der Absolvent/innen als ein Wahrnehm-         takt einer fortan jährlich stattfindenden Absolvent/in-
ungsmodus gedacht, der bei Weitem nicht nur den            nenausstellung an verschiedenen Standorten innerhalb
Sehsinn herausfordert. Immer wieder ist in den Medien      des Rhein-Main-Gebiets.
von einer angeblich vorrangig visuellen Wahrnehmung,

22
NKVextra
                                             Bjørn Melhus /
                                             FREEDOM &
                                             INDEPENDENCE
                                             16. März bis 29. April 2018

                                             Der experimentelle Kurzfilm FREEDOM & INDEPENDENCE
                                             von Bjørn Melhus (*1966, Kirchheim unter Teck) hinter-
Rudi Weissbeck / interrobang, 2017           fragt das gegenwärtige globale ideologische Paradigma
                                             hin zu neuen Formen des religiösen Kapitalismus, in-
                                             dem er Ideen und Zitate der selbsternannten objekti-
                                             vistischen Philosophin und Schriftstellerin Ayn Rand mit
                                             evangelischen Inhalten US-amerikanischer Mainstream-
                                             Filme konfrontiert. Dieses zeitgenössische Märchen, in
                                             dem Melhus alle Charakter selbst spielt, wurde teilwei-
                                             se in einem Berliner Leichenschauhaus und in neuen
                                             urbanen Umgebungen in Istanbul gedreht.

                                             Vor dem Hintergrund einer unergründlichen Megalopo-
                                             lis zitieren die Protagonisten in einer Geschichte, die
                                             den assoziativen Qualitäten einer Traumlogik folgt, aus
                                             Konzepten des neoliberalen Elitismus und einer Mi-
                                             schung aus religiösen Wahnvorstellungen und Halluzi-
                                             nationen der Apokalypse.

                                             Bjørn Melhus (*1966, Kirchheim unter Teck) studierte
                                             an der HBK Braunschweig. Sein Werk umfasst Filme,
                                             Videos und Installationen, die international auf zahlrei-
Carolin Liebl & Nicolas Schmid-Pfähler /
Object C, 2017
                                             chen Festivals sowie in Gruppen- und Einzelausstellung-
                                             en gezeigt wurden. Bjørn Melhus lebt und arbeitet in
                                             Berlin und ist seit 2003 Professor für Virtuelle Reali-
                                             täten, Studiengang Bildende Kunst, an der Kunsthoch-
                                             schule Kassel.

                                             Bjørn Melhus / FREEDOM & INDEPENDENCE, 2014, (Videostill)

Marc Krause / Now we are fluid And form is
ambiguous. Did we escape?, 2017

                                                                                                         23
Leda Bourgogne / Ryan Cullen / Diogo Duda / Beate Engl / FORT / Andy Holden / Daniel Kemeny /
Ulrike Königshofer / Tobias Krämer / Hanne Lippard / Isabell Ratzinger

Rinnzekete bee bee nnz krr müü
16. März bis 29. April 2018

Isabell Ratzinger / Schuhe, 2017

Rinnzekete bee bee nnz krr müü - Der Titel der Ausstel-    Infrage­stellung, oder sogar Ablehnung, bislang gelten-
lung folgt einem dekonstruktiven Prinzip, in dem das       der Wertesysteme. In der Konsequenz wird das Kunst-
Zerlegen von Worten die Bedeutung von Sprache selbst       werk im herkömmlichen Sinne damals wie heute negiert
hinterfragt und zu Gunsten von sprachlicher Form und       und traditionelle Kunstformen teilweise ironisch und
Klang ihres Sinns enthebt. Die Zeile aus dem Lautge-       satirisch weiterentwickelt. Alltagsgegenstände werden
dicht Ursonate von Kurt Schwitters, das seit den frühen    durch menschliche Eingriffe von ihren ursprünglichen
1920er Jahren in verschiedenen Varianten erschien,         Aufgaben befreit. Komik wird zum Mittel, scheinbar Un-
verweist sowohl methodisch als auch lautmalerisch auf      begreifliches zu verarbeiten. Aktuelle Positionen aus
die Mechanismen der gezeigten Arbeiten. Deutliche Pa-      dem regionalen und internationalen Bereich begegnen
rallelen zu Dada und Fluxus, die sich in den Arbeitswei-   sich im Parcours der Ausstellung und verbinden Skulp-
sen und Motiven der hier gezeigten Werke finden, ru-       tur, Video und Installationen. Gemeinsam hinterfragen
fen nach einem Vergleich der historischen Einbettung.      sie als Realität verstandene Mechanismen und Systeme.
Ähnlich der Umbruchphase nach dem ersten Weltkrieg,        Anders als vor hundert Jahren übernimmt das maschi-
dessen Ende sich 2018 zum hundertsten Mal jährt, be-       nelle Element dabei keine beängstigende Rolle, sondern
finden wir uns erneut in einem gesellschaftlichen und      wird zum Repräsentanten des Menschlichen.
politischen Spannungsfeld, einhergehend mit einer

24
Yoshiaki Kaihatsu /
                                         Thank You Art Day
                                         9. März 2018

                                         39 THANK YOU ART DAY
                                         wurde durch den in
                                         Deutschland lebenden,
                                         japanischen Künstler
                                         Yoshiaki Kaihatsu (*1966,
                                         Yamanashi, Japan) im
                                         Jahr 2000 initiiert, um
                                         die Anerkennung der
                                         zeitgenössischen Kunst
                                         in Japan voranzutreiben.
                                         Im Japanischen klingt
                                         »thank you« ähnlich wie
                                         3 / 9 (san kyuu). Daher
                                         ist der Tag 3 / 9 (9. März)
                                         der auserwählte Tag.

                                         www.39art.com

Ulrike Königshofer / Hören hören, 2012

                                         18. Kurze Nacht der
                                         Galerien und Museen in
                                         Wiesbaden
                                         14. April 2018

FORT / Sunny, 2017

                                         In der Nacht vom 14. auf den 15. April 2018 laden die
                                         Wiesbadener Kunstinstitutionen zur 18. Kurzen Nacht
                                         ein. Die Besucher erwartet während der Kurzen Nacht
                                         neben vielen Ausstellungen ein facettenreiches Pro-
                                         gramm und wie immer ist der Eintritt in allen Institutio-
                                         nen kostenfrei. Das vollständige Programm aller betei-
                                         ligten Institutionen ist aktuell unter www.kurze-nacht.
Hanne Lippard / FOAM, 2016               de aufgeführt.

                                                                                               25
NKVextra
Rahel Pötsch /
5 Eimer Weiß –
3 Eimer Orange
25. Mai bis 8. Juli 2018

                                                          Julian Irlinger / props, 2016

Rahel Pötsch / 5 Eimer Weiß – 3 Eimer Orange, 2017

Die Projektion auf einem Paravent zeigt eine raumgrei-
fende Papierkulisse als Arbeitsplatz der Malerin, der
beim Arbeiten zugesehen werden kann. Der Körper der
Künstlerin interagiert in Wechselwirkung mit dem um-
gebenden Material. Eine klickende Kamera und das hör-
bare An-Aus-Schema des Lichts strukturieren im Film-
schnitt ihre körperlichen Handlungen, dabei scheint
ihre Stimme allein ihre Entscheidungen zu animieren.
Die Arbeitsszenen spiegeln sich durch malerisch ver-
spielte Szenen in Stop-Motion.

Rahel Pötsch (*1987, Berlin) studiert seit 2017 bei Amy
Sillman and Monika Baer an der Städelschule in Frank-     Felicity Hammond / The Language of Living, 2016
furt. Nach einem Studium der Malerei bei Neo Rauch
und H.C.Ottersbach an der HGB Leipzig studierte sie an
der Kunsthochschule für Medien bei Johannes Wohn-
seifer and Raimund Krumme. Seither war sie bereits
an zahlreichen Ausstellungen beteiligt und erhielt 2015
den Preis der Freunde der Kölner Medienhochschule.

                                                          Bianca Pedrina / Cipollino Galaxy, 2017

26
Felicity Hammond / Julian Irlinger / Bianca Pedrina / Kathrin Sonntag

H×B×T
RAY 2018 Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain

25. Mai bis 8. Juli 2017

Kathrin Sonntag / o. T., 2018 (Skizze)

Herausragende internationale Positionen der zeitge-        sentation der künstlerischen Arbeiten, sondern ebenso
nössischen Fotografie vereinen die RAY 2018 Fotogra-       ihr Inhalt. So spielen diese Arbeiten mit Täuschungsmo-
fieprojekte Frankfurt/RheinMain, dessen Wiesbadener        menten sowie Oberflächen und Spiegelungen und re-
Parcourspartner der Nassauische Kunstverein ist. Das       flektieren zugleich ihr eigenes Medium im Zeitalter der
Leitthema dieser nach 2012 und 2015 zum dritten Mal        Post-­Fotografie.
stattfindenden Triennale lautet EXTREME. In diesem
Rahmen widmet sich die Ausstellung H × B × T der Grenz­     Zwei- und Dreidimensionalität, Fläche und Raum ­stehen
überwindung des Mediums Fotografie hin zu skulptura-        sich in diesem Ausstellungsprojekt gegenüber. Das tat-
len, performativen und installativen Arbeiten und damit     sächliche Begehen von Räumen steht im Gegensatz
in technischer Hinsicht extremen Randbereichen der          zu der vermittelten Darstellung von Räumen; Realität
Fotografie. Die ausgewählten Positionen versuchen sich      und reale Erfahrung treffen auf Simulation. So schließt
spielerisch an der Quadratur des Kreises: der Loslösung     sich die Ausstellung der Frage an, ob der grundsätzlich
der Fotografie von der Z
                       ­ weidimensionalität.                extreme Unterschied zwischen realem, dreidimensi-
                                                            onalem Raum und dessen Simulation in der heutigen,
Die Ausstellung führt künstlerische Positionen zusam-       digitalen Zeit tatsächlich noch entscheidend ist. Ist
men, die – entgegen der ursprünglich der Fotografie in-     nicht das permanente digitale „Begehen“ von fremden,
härenten Abstraktion von dreidimensionalen Räumen in        unter Umständen weit entfernten Orten i­nzwischen
zweidimensionale Flächen – unter Verwendung flächi-        ­Normalität?
ger Prints auf ganz unterschiedliche Weise neue Räume
schaffen. Damit wäre der Raum nicht nur Ort der Prä-

                                                                                                                27
Hello
WIESBADEN BIENNALE
23.8.—2.9.2018

28
Vorschau

Jugend malt 2018 /                                       Installationsansicht 2017

Heimat Hessen -
markante Städte,
Dörfer & Landschaften                                    Wiesbaden Biennale
16. bis 24. Juni 2018                                    23. August bis 2. September 2018

Bereits zum 17. Mal prämiert das Hessische Ministeri-    Im Sommer 2018 bringt die Wiesbaden Biennale, aus-
um für Wissenschaft und Kunst die Arbeiten von Kin-      gerichtet vom Hessischen Staatstheater, nach der Neu-
dern und Jugendlichen zwischen sechs und 16 Jahren       konzeption im letzten Jahr wieder eine Mischung aus
aus ganz Hessen. Die Organisation und Durchführung       Theater, Performance und zeitgenössischer Kunst in die
des Wettbewerbs übernimmt auch dieses Mal die Kin-       Hessische Landeshauptstadt. Vom 23. August bis zum
der-Akademie Fulda. Auf die Prämierung im Hessischen     2. September wird die Biennale unter der Leitung von
Landtag am Freitag dem 15. Juni sind die „Gewinnerbil-   Maria Magdalena Ludewig und Martin Hammer nicht nur
der“ vom 16.-24. Juni im Kunstverein zu sehen.           in den traditionellen Spielstätten beheimatet sein, son-
                                                         dern mit internationalen Positionen aus unterschiedli-
                                                         chen Sparten auch den Stadtraum bespielen. Mit einer
                                                         Sonderaustellung ist der Kunstverein Teil des Parcours.

Semesterrundgang 2018
Kommunikationsdesign
Hochschule RheinMain                                     exground filmfest
13. bis 15. Juli 2018                                    16. bis 25. November 2018

Im Jahr 2018 wird die gelungene Kooperation zwischen     Nach erfolgreicher und langjähriger Zusammenarbeit
dem Nassauischen Kunstverein und dem Studiengang         geht die Kooperation zwischen dem Nassauischen
Kommunikationsdesign der Hochschule RheinMain            Kunstverein und dem exground filmfest im Herbst 2018
fortgesetzt.                                             in die nächste Runde. Das internationale Filmfestival
                                                         zieht mit seinem außergewöhnlichen Filmprogramm
Als Semester- und Abschlussarbeiten entwickeln die       jedes Jahr zahlreiche Besucher nach Wiesbaden. Der
Studierenden, für tatsächliche Kunden oder zuvor         Länderschwerpunkt des exground filmfest 31 ist dem
selbst erdachte und konzipierte Firmen oder Pro-         Film- und Kulturschaffen der Philippinen gewidmet. Der
dukte, Entwürfe aus den Bereichen digitales Design,      Kunstverein zeigt ein Video von Martha Atienza.
Printmedien und Typografie, Corporate Design sowie
Werbekampagnen. Die Ausstellung vereint die dabei
entwickelten Lösungen und präsentiert die dahinter
stehenden Konzepte.

                                                                                                              29
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