Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2016 / 2017 - gegründet 1847

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Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2016 / 2017 - gegründet 1847
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden

Nassauischer
Kunstverein
Wiesbaden
gegründet 1847

2016 / 2017
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2016 / 2017 - gegründet 1847
Impressum / Bildnachweis
Herausgeber                       Künstlerische Leitung             Soweit nicht anders angegeben – Installationsansichten NKV Christian
Nassauischer Kunstverein          Elke Gruhn, M.A.                  Lauer
Wiesbaden e.V.
Wilhelmstraße 15                  Wissenschaftliches Volontariat    Titelseite Eliza Douglas: 2017 / Seite 3 © Janine Drewes / Seite 4-5 © NKV
65185 Wiesbaden                   für Kuratorische Assistenz /      Holger Schmidhuber, Evelyn König, Mike Carter, Christian Lauer und Axel
Tel.: +49 (0) 6 11 30 11 36       Presse- und Öffentlichkeits-      Graumann / Seite 6-7 © Simon Hegenberg und Christian Lauer, Courtesy:
info@kunstverein-wiesbaden.de     arbeit                            Kunst-Koffer, Sara Nabil / Seite 7 rechts © und Courtesy: Andrew de Frei-
www.kunstverein-wiesbaden.de      Janine Drewes                     tas / Seite 8-9 © Holger Schmidhuber, Courtesy: Christine Moldrickx, Hel-
                                  Ann-Kathrin Dübbers               ga Schmidhuber, Felix Schramm, Holger Schmidhuber, Tobias Hantmann,
Öffnungszeiten                                                      Dominik Halmer / Seite 10 links © und Courtesy: Hans Op de Beeck /
Di. / 14 bis 20 Uhr               Leitung der Geschäftsstelle       Seite 10-11 © Christian Lauer und Anna Zacharoff, Courtesy: Anna Zacha-
Mi. bis Fr. / 14 bis 18 Uhr       Evelyn König                      roff (Private Collection, Belgium) und Anna Zacharoff (Neue Alte Brücke,
Sa. und So. / 11 bis 18 Uhr                                         Frankfurt am Main) / Seite 12 links © und Courtesy: Wael Shawky (Galerie
                                  Empfangsteam                      Sfeir Semler, Beirut / Hamburg) / Seite 12-13 Courtesy: Valentin Beinroth
Vorstand                          Julia Berlitz                     / Seite 15 links © Mike Carter / Seite 15 rechts © und Courtesy: Calvin
Elke Gruhn, M.A.                  Ann-Kristin Hering                Bauer / Seite 16-17 © und Courtesy: Sammlung Michael Loulakis und Pino
Britta Fischer                    Annemarie Hinsche-Karg            Pascali / Seite 19 links © Janine Drewes und Courtesy: Tahani Munawar
Dipl. Des. Christian Lauer        Léonie Klotzbücher                / Seite 19 rechts © und Courtesy Jinoos Taghizadeh / Seite 20-21 Co-
RA Gerrit von Velsen              Tamina Müller                     urtesy: Julius von Bismarck (Alexander Levy), Mia Goyette, Elsa Salonen,
                                  Sophia Petri                      Thimo Franke, Anna-Lisa Theisen, Tiril Hasselknippe (DREI, Köln) / Seite
Emanuel von Bodman                Anne-Sophie Piper                 22-23 Courtesy: Julia Leichtenschlag, Ivana Matic, SoJung Kim, William
Michael Carter                    Thomas Reimann                    Metin Martin, Anne M. Ferguson / Seite 24 © und Courtesy: Luzie Meyer
Cornelia Jürgens-Leber            Pia Timaeus                       / Seite 25 links © Mike Carter / Seite 25 rechts © und Courtesy Alexan-
Martin Lüdemann                   Martin Wimmer                     der Paul Englert / Seite 26-27 © Stefan Fischer, Leipzig, Courtesy: Mirjam
Dr. Elke Ullrich                                                    Völker (Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin, Sammlung Hildebrand, Leipzig
Dr. Isolde Schmidt (Kulturamt)    Vermittlungsprogramm              und Sammlung Stahlberg, Nürnberg) / Seite 28-29 © und Courtesy Eliza
                                  Janine Drewes                     Douglas (Air de Paris) / Seite 30-31 © Christian Lauer und Janine Drewes,
Kuratorium / Beirat               Ann-Kathrin Dübbers               Courtesy: Adriana Lara (Air de Paris) / Seite 32-33 © und Courtesy: die
Emanuel von Bodman                Titus Grab                        Künstlerinnen und Künstler sowie deren Galerien: Adriana Lara (Air de Pa-
Dr. Michael Freytag               Evelyn König                      ris), Mehreen Murtaza (experimenter, Kalkutta), Taro Izumi (Take Ninagawa,
Sven Gerich                       Rita Loitsch                      Tokyo), Annette Krauss, Stefan Burger (Freymond Guth, Zürich), Aslı Sun-
Arno Goßmann                                                        gu (Galerie Lena Brüning, Berlin), Kateřina Šedá (ARRATIA BEER, Berlin),
Elke Gruhn M.A.                   Praktikanten 2016/17              Jimmy Robert (Diana Stigter, Amsterdam), Emily Wardill (Jonathan Viner,
Wolfgang Hessenauer               Giulia Cavallaro                  London und carlier | gebauer, Berlin) / Seite 34-35 © und Courtesy: Ben-
Dr. Matthias Hildner              Carina Diefenbach                 jamin Patterson / Seite 36-37 © und Courtesy: Ella Ziegler, Marcel Schiele,
Prof. Dr. Gottfried Kiesow (†)    Olga Inozemtceva                  Murray Gaylard, Maria Eichhorn (Galerie Barbara Weiss, Berlin), Benjamin
Dr. Helmut Georg Müller           Anette Loewen-Loeb                Patterson und Raffaël Rozendaal / Seite 39 © Christian, Lauer, Mike Car-
Helmut Nehrbaß                    Ilie Panis                        ter und Adriana Lara / Seite 40-41 © Mike Carter, Christian Lauer, Axel
Joachim Nolde                     Mohammad Tarin                    Graumann, Simon Hegenberg / Seite 42 © und Courtesy Dora Garcia /
Claudia Scholtz                                                     Seite 44-45 © und Courtesy: die Künstlerinnen und Künstler.
Rita Thies                        Work Art Kunstverein Fellowship
                                  Calvin Bauer / 2016
Finanzen
Britta Fischer                    Redaktion
Manuela Schlosser                 Janine Drewes
DornManhart                       Ann-Kathrin Dübbers
Steuerberater Wirtschaftsprüfer   Elke Gruhn
Partnerschaftsgesellschaft        Evelyn König
                                  Dr. Elke Ullrich
Marketing und Kommunikation
Christian Lauer                   Lektorat
                                  Axel Graumann
IT, Übersetzung und               Dr. Elke Ullrich
Mitgliederprogramme
Michael Carter                    Gestaltung
                                  Annalena Kluge
Kunstreisen
Dr. Elke Ullrich                  Druck
Cornelia Jürgens-Leber            Asterion
                                  Germany GmbH
Fotografen                        Heidelberger Str. 59
Mike Carter                       68519 Viernheim
Janine Drewes                     www.asterion-int.com
Axel Graumann
Christian Lauer                   Auflage 5.000
Nadia Said                        © Nassauischer Kunstverein
Holger Schmidhuber                Wiesbaden 2016
                                  Programmänderungen
Ausstellungstechnik und Aufbau    vorbehalten
Manu Diekmann
Frédéric Ecker
Claudius Edrich
Axel Graumann
Lukas Herok
Thomas Reimann

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Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2016 / 2017 - gegründet 1847
Editorial
                               Liebe Mitglieder                der Kunstverein und die Künstlerinnen und Künstler,
                               und Freunde                     sondern vor allem die Besucherinnen und Besucher,
                               des Kunstvereins,               denen immer wieder eine neue, ästhetische und oft-
                                                               mals überraschende Sicht auf Teilaspekte der Welt ge-
                              Willkommen im Nas-               boten wird! Anne Imhof aus Frankfurt war 2013 und 2015
                              sauischen Kunstverein            im Nassauischen Kunstverein zu sehen, jetzt schauen
                              Wiesbaden, der tradi-            wir voller Spannung auf die Gestaltung des deutschen
                              tionsreichsten   Kultur-       ­Pavillons in Venedig!
                              einrichtung der Landes-          2017 wird ein „Superkunstjahr“: Neben der Biennale in
                              hauptstadt Wiesbaden!            Venedig und den Skulptur Projekten in Münster zieht es
                              Der NKV wurde bereits            weltweit Besucher nach Kassel zur documenta. Hier ist
                              vor 170 Jahren vom               unsere Verbindung noch enger. Im Sommer 2016 ver-
                              Bürgertum der Stadt              starb der Fluxus-Mitbegründer und unser enger Freund
gegründet, um eine eigene Kunstsammlung für die                Benjamin Patterson; zu diesem Zeitpunkt stand bereits
Stadt zusammenzustellen, die dann später der Grund-            fest, dass er auf der kommenden documenta, sowohl
stock des Museum Wiesbaden werden sollte. Als eine             in Athen als auch in Kassel dabei sein sollte. Die Lan-
der ältesten Vereinigungen der Stadt ist unser The-            deshauptstadt Wiesbaden ermöglicht, dass sein Atelier
ma gleichzeitig eines der kulturell spannendsten: das          noch ein weiteres Jahr bestehen bleiben konnte, so
Z
­ eitgenössische.                                              dass wir zusammen mit seiner Tochter und dem Kom-
                                                               ponisten Bernd Schultheis aus dem bereits vorhande-
Der Kunstverein ist nicht nur ein Ort zeitgenössische          nen Material seine Idee für die Installationen in Kassel
Kunst zu betrachten; demnach geht es nicht lediglich           und Athen realisieren konnten: eine Froschsymphonie.
um ein reines zur Schau stellen, vielmehr erschaffen           Beide Orte sind öffentlich zugänglich, im Garten des
wir zusammen mit den Künstlerinnen und Künstlern               Byzantinischen und Christlichen Museums Athen so-
einen Raum, in dem die individuelle Bedeutung eines            wie in der Karlsaue am großen Hirschgraben vis à vis
Kunstwerks – egal welcher Gattung es sich zuordnen             der Orangerie - ein Picknickkorb, zumindest aber ein
lässt: Gemälde, Skulptur, Video, Fotografie oder Klang         von ihm so geschätzter „Pink Champagne“, sollte beim
– zu neuen Gedanken und einer neuen Perspektive               ­Erleben dieser Froschsymphonie dabei sein!
anregt und vor Augen führt, wie Kunst mit dem Alltag
­verbunden sein kann.                                        Unsere vielfältigen Ausstellungen und jedes Programm-
                                                             format stehen für unsere tiefe Überzeugung, dass ein
Neben der Förderung junger Künstlerinnen und Künstler        Kunstwerk die Wahrnehmung der Realität transportie-
wollen wir Verständnis, aber noch viel mehr Begeiste-        ren und transformieren kann. Wir ermöglichen immer
rung, für die Kunst unserer Zeit wecken! Was die Kunst       wieder neue Darstellungen, die deutlich machen, wozu
zu bieten hat, ist lebendig und vereinend, erschafft         die menschliche Vorstellungskraft – und der künstle-
Raum für interkulturelles Verständnis und das gerade         rische Ausdruck – in der Lage sind. Jede Begegnung
zu einem Zeitpunkt, an dem Abgrenzungströmungen              mit Kunst sollte bedeutsam sein, erkenntnisreich, aber
vermehrt Aufsplitterung und Trennung propagieren.            auch, und vor allem, Spaß machen.
Bereits vor 40 Jahren vernetzte Nam June Paik mit
seiner internationalen Fernsehübertragung während            Ihr Engagement und Ihr Interesse, das Sie bei jedem
der Eröffnung der documenta 6 ein Kunstereignis über         Besuch im Kunstverein einbringen, ermöglicht unsere
Satellit weltweit, Okwui Enwezor installierte 2002 für       Arbeit: Ob Sie an einer Kurzführung oder an einem un-
seine documenta 11 fünf Plattformen auf der gesamten         serer Vermittlungsprogramme teilnehmen, einfach eine
Erde. Auch zur documenta 13 wurden die Außenstand-           Ausstellung besuchen oder bei Performances, Diskus-
orte Kabul, Kairo-Alexandria und Banff als überregio-        sionen, Konzerten oder Kunstreisen dabei sind – Ihre
nale Orte beteiligt. 2017 soll nun schließlich die Hälfte    Neugier inspiriert und fordert uns!
der in Kassel initiierten Kunstschau nach Athen wan-
dern. Kunst und Kultur sind heute wichtiger als je zuvor,    Hierzu laden wir Sie in der 170. Saison des Nassauischen
denn die Kunst ist der Ort, an dem Menschen wirklich         Kunstvereins Wiesbaden sehr herzlich ein!
­Freiheit erleben können.

In unseren Ausstellungen kombinieren wir Arbeiten so-        Ihre Elke Gruhn
wohl regionaler als auch internationaler Künstlerinnen       Künstlerische Leitung
und Künstler, die häufig ihre erste institutionelle Aus-
stellung realisieren. Ideell profitieren hiervon nicht nur

                                                                                                                     3
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2016 / 2017 - gegründet 1847
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden
Engagiert und konsequent zeigt und vermittelt der Nas-
sauische Kunstverein Wiesbaden spannende zeitgenös-
sische Kunst und bietet jungen, noch nicht etablierten
Künstler/innen und Kulturschaffenden ein Experimen-
tierfeld und erstes Sprungbrett in die professionelle
Laufbahn. Einen Schwerpunkt unserer Ausstellungs-
tätigkeit bildet die Förderung junger experimenteller
Kunst aus dem In- und Ausland. Sowohl in Zusammenar-
beit mit dem NKV-Team, als auch gelegentlich mit Gast-
kuratoren, bieten wir jungen Kulturschaffenden eine
Plattform für erste kuratorische Praxis. Im Bewusstsein
der kulturellen Geschichte Wiesbadens fördern wir mit
dem jährlichen und weltweit ausgeschriebenen Stipen-
dium FOLLOW FLUXUS Künstler/innen, die mit Ihrer Ar-
beit an die Ideen der internationalen Kunstbewegung
Fluxus anknüpfen. Unsere Ausstellungen werden durch
ein umfangreiches Vermittlungsangebot mit Führungen,
Diskussionsrunden und Künstlergesprächen bereichert.
Zusätzlich veranstalten wir Kunstreisen zu wichtigen
Ausstellungen im In- und Ausland für unsere Mitglieder.
Zum Teil in Kooperation mit anderen Institutionen re-
alisieren wir überdies interdisziplinäre Veranstaltungen
wie Theater-, Film-, Musik- und Kinderprogramme.
Seit neuestem ist zudem ein erster Kontaktpunkt für
fluchtbedingt in der Region angekommene Künstlerin-
nen und Künstler, sowie die Geschäftsstelle der Kulturi-
nitiative RheinMain (kirm) für die Metropolregion Frank-
furtRheinMain im Haus des Nassauischen Kunstvereins
beheimatet.

                                                           »(...) der traditionsreiche ­Nassauische
                                                           Kunstverein Wiesbaden (...), eine innova-
                                                           tive Plattform für die ­Kunstproduktion.«
                                                           Christoph Schütte, FAZ, 29. Oktober 2016

4
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2016 / 2017 - gegründet 1847
170 Jahre / Wie alles begann …

 Der Nassauische Kunstverein Wiesbaden wurde 1847
 von Bürgern der Stadt als »Gesellschaft der Freunde
 bildender Kunst« im Herzogtum Nassau gegründet und
 zählt somit seit 170 Jahren zu den traditionsreichsten
 Kunst- und Kulturinstitutionen der hessischen Landes-
 hauptstadt. Die Gründungsmitglieder des Kunstvereins
 kamen überwiegend aus dem Großbürgertum Wiesba-
 dens. Ihr Anliegen war es, bildende Kunst zu fördern,
 ohne dabei von Politik und Staat abhängig zu sein.
 Die erste Dauerausstellung wurde im Gemäldesaal der
 damals im Erbprinzenpalais (heute IHK) untergebrach-
 ten Bibliothek errichtet: »mit älteren und neueren
 Kunstwerken in- und ausländischer Künstler«, wie es im
 damaligen Protokoll festgehalten wurde. Innerhalb kür-
 zester Zeit wurde der Kunstverein zur mitgliederstärks-
 ten und populärsten Privatgesellschaft der Stadt. 1850
 wurde der Verein mit der Aufgabe betraut, die Staatli-
 che Kunstsammlung zu verwalten – erst 1899 ging die-
 se Aufgabe an die Stadt über. Nachdem das Städtische
 Museum Wiesbaden 1973 von der Stadt an das Land
 übergeben wurde, wurde gleichzeitig der erste Schritt,
 der bereits bei der Gründung formulierten Bestrebung,
 einen eigenen Ausstellungsort für den Kunstverein zu
 finden, eingeleitet: 1979 bezogen wir unseren heutigen
 Sitz in der Wilhelmstraße 15, der »Prachtstraße« Wies-
 badens, in einer großzügigen dreistöckigen Altbauvilla
 mit inzwischen rund 350 m² Ausstellungsfläche.
 Bereits vor einundzwanzig Jahren mit dem Kulturpreis
 der Landeshauptstadt Wiesbaden ausgezeichnet, er-
 reichten wir mit dem Abschluss des Erbpachtvertra-
 ges im Frühjahr 2007 die bislang höchste Anerkennung
 in unserer Geschichte seitens der Stadt. Bundesweit
 wurde der Nassauische Kunstverein Wiesbaden be-
 reits viermal für den ADKV-Art Cologne Kunstpreis
 nominiert und damit als einer der besten Kunstverei-
 ne Deutschlands identifiziert. Der NKV ist Mitglied im
 Arbeitskreis Stadtkultur sowie Vorstandsmitglied in der
­Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine (ADKV).

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Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2016 / 2017 - gegründet 1847
Aeham Ahmad / Ibrahim Alawad / Mohammad Alsaadi / Khawaja Habibulla Jami / Emad Korkis /
Mariam Nabil Kamal / Sara Nabil / Zohra Noori / Okbai Tesfamichael

Curriculum Vitae (C.V.) –
Intellektuelle Freihandelszone /
Neue künstlerische Positionen in der
Rhein-Main-Region
16. Januar bis 28. Februar 2016

2016 öffnete der Nassauische Kunstverein Wiesbaden         neue sowie bereits bestehende Arbeiten aller beteilig-
mit dem Projekt Curriculum Vitae (C.V.) – Intellektuel-    ten Künstlerinnen und Künstler. Auf ein überlagerndes,
le Freihandelszone im Januar seine Ausstellungsräu-        titelgebendes Thema wurde bei der Konzeption der
me im Zentrum der hessischen Landeshauptstadt für          Ausstellung bewusst verzichtet, um die Künstlerinnen
Künstler­innen und Künstler, die fluchtbedingt neu in      und Künstler thematisch nicht einzuengen. Vielmehr
der Rhein-Main-Region leben. Zunächst wurden die           waren zehn künstlerische Einzelpositionen zu sehen,
Ausstellungsräume bereits ab Mitte November 2015           die zwar die Erfahrung von Flucht und Vertreibung mit-
als Atelierraum zur Verfügung gestellt und boten den       einander teilten, aber jeweils sehr individuelle künstle-
Künstlerinnen und Künstlern damit Freiraum zur indi-       rische Positionen vertraten. Zudem wurde jeweils eine
viduellen künstlerischen Entfaltung in ihrer beengten      Publikation für die Beteiligten erstellt, um ein professi-
Lebenssituation in den Flüchtlingsunterkünften. Auf die    onelles Anknüpfen an den beruflichen Werdegang und
Atelierphase folgte im zweiten Schritt die Realisierung    für eine sinnvolle Fortführung des persönlichen C.V. im
der Ausstellung Curriculum Vitae (C.V.) – Intellektuelle   neuen Umfeld zu ermöglichen.
Freihandelszone. Zu sehen waren vor Ort entstandene,

                                                                                          „Es sind intime Einblicke in
                                                                                          Kinder- und Künstlersee-
                                                                                          len, denen der Nassauische
                                                                                          Kunstverein Wiesbaden
                                                                                          (NKV) Raum bietet.“ (Ute
                                                                                          Fiedler, Frankfurter Rund-
                                                                                          schau, 17.Januar 2016)

              Installationsansicht 2016

6
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2016 / 2017 - gegründet 1847
NKVextra
                                                         Andrew de Freitas /
                                                         The Bends
                                                         16. Januar bis 28. Februar 2016

Sara Nabil / 206, 2016

                                                         Andrew de Freitas / The Bends, 2015 (Filmstill)

                                                         Andrew de Freitas (*1986, Auckland), Absolvent der
                                                         Frankfurter Städelschule, setzt sich in seiner mehrtei-
                                                         ligen Videoinstallation The Bends mit den zahlreichen,
                                                         verschieden und simultan verlaufenden Schichten von
                                                         alltäglicher Wahrnehmung und Gefühlen auseinander.
                                                         Das komplexe Werk in elf Kapiteln ohne chronologi-
                                                         sche Reihenfolge wurde kollaborativ zwischen Kana-
                                                         da, Deutschland, Brasilien, Youtube, Portugal, Ma-
                                                         rokko und den Vereinigten Staaten produziert und
                                                         verfolgt den ­Ansatz zwischen Sinn und Bedeutung ab-
                                                         zutauchen. Andrew de Freitas schloss mit seiner ersten
                                                         ­institutionellen Einzelpräsentation direkt an die gleich-
                                                          namige Virtual ­Reality-Installation, die im Kunst­verein
                                                          bereits ein Jahr zuvor innerhalb der vielbeachteten
Aeham Ahmad bei der Eröffnung 2016                        Gruppenausstellung New Frankfurt Internationals: Solid
                                                          Signs zu sehen war, an.

                 »Es sind intime Einblicke in ­Kinder-
                 und Künstlerseelen, denen der
                 Nassauische Kunstverein Wiesbaden
                 (NKV) Raum bietet.«
                 Ute Fiedler, Frankfurter Rundschau,
                 17. Januar 2016

                 »Hier leistet der bereits 1847 aus
                 dem Demokratieverständnis gegrün-
                 dete Nassauische Kunstverein einen
                 wesentlichen Beitrag über die Will-
                 kommenskultur hinaus und trägt aktiv
                 zur Integration der (…) Künstlerinnen
                 und Künstler bei.«
                 Sensor, 14. Januar 2016

                                                                                                                 7
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2016 / 2017 - gegründet 1847
Carsten Fock / Dominik Halmer / Ann-Kristin Hamm / Tobias Hantmann / Simon Hemmer / Christine Moldrickx /
Joshua Reiman / Patricia Reinhart / Helga Schmidhuber/ Holger Schmidhuber / Felix Schramm

My Castle is your Home
12. März bis 1. Mai 2016

Installationsansicht 2016

In My Castle is your Home kuratierte Helga ­Schmidhuber   ­ underkammer und Salon gleich, in der unter anderem
                                                          W
(*1972, Wiesbaden), die bereits 2002 mit ihrer ers-       Kunstwerke der folgenden Künstlerinnen und Künstler
ten institutionellen Einzelausstellung im Nassauischen    zu sehen waren: Joseph Beuys, Paul Donda, Christi-
Kunstverein beeindruckte, eine Gruppenausstellung mit     an Eisenberger, Berend Hoekstra, Ragnar Kjartansson,
einer vielfältigen Auswahl von Werken aktueller Künst-    Dieter Krieg, Guido Ludes, Sigmar Polke und Santiago
lerinnen und Künstler.                                    Sierra. Der Fokus der Ausstellung lag allerdings auf ihren
                                                          Kollegen und Weggefährten, die sie während des Studi-
Frei nach dem Motto „Daran glaube ich. Das will ich       ums und auf diversen Residencies ­kennenlernte.
Euch zeigen.“ öffnete die in Wiesbaden geborenen
Künstlerin als Gastkuratorin das Haus. In Form einer      Mit My Castle is your Home zeigte eine intensive, kon-
Art von künstlerischem Glaubensbekenntnis zeigte          trastreiche und sehr persönliche Ausstellung, bei der
die Ausstellung private Einblicke in Helga Schmidhu-      unverwechselbare Positionen und eine große Band-
bers eigene Sammlung – sozusagen in ihr „Gästezim-        breite an künstlerischen Medien zu sehen waren.
mer“. Die Installation kam einer ­Präsentation zwischen

8
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2016 / 2017 - gegründet 1847
Felix Schramm / accumulated (Encounter), 2015, Holger Schmidhuber / o.T., 2016

                                                                                 Dominik Halmer / Ansichten gestellt, 2011

Tobias Hantmann / Flutlicht, 2016, Felix Schramm / accumulated
(Two Of One), 2016

                                                                                 »Aber ohnehin ist Helga Schmidhuber
                                                                                 hier eine Schau gelungen, die einen
                                                                                 frischen Blickwinkel und interessante
                                                                                 Solitäre zeigt. Die kann man in sein
                                                                                 Castle lassen.«
                                                                                 Birgitta Lamparth,
                                                                                 Wiesbadener Kurier, 23. März 2016

Helga Schmidhuber / My Castle is your Home, 2016

                                                                                                                             9
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2016 / 2017 - gegründet 1847
NKVextra                                                    »Kunst, die sich frei krabbelt von den
                                                            Seherwartungen an der Wand.«

Hans Op de Beeck /                                          Birgitta Lamparth,
                                                            Wiesbadener Kurier, 11. Juni 2016

Night Time
12. März bis 1. Mai 2016

Hans Op de Beeck (*1969, Turnhout) arbeitet in nahezu
allen künstlerischen Medien von großen Installationen
über Skulptur, Fotografie, Aquarell, Zeichnung bis hin zu
Musik, Text und Animation. Dabei berührt er oft uni-
verselle Themen wie die Beziehung zu Zeit und Raum,
Melancholie und die Absurdität der menschlichen
­
­Existenz.
                                                            Anna Zacharoff / That feeling when you put fresh bedsheets on, 2015
Für seine Schwarzweiß-Animation Night Time (2014)
nutzte der belgische Künstler Aquarelle, an denen er
über sechs Jahre hinweg, meistens nachts, gearbeitet
hat. In ruhigen, zurückhaltenden und rätselhaften Bil-
dern zeigt Op de Beeck eine Reise durch urbane Set-
tings, surreale Situationen und nächtliche Umgebun-
gen, die manchmal von mysteriösen Figuren bevölkert
sind. In einer zeitlosen Bildsprache fängt der Künstler
in seiner Arbeit Orte zwischen Fiktion und Realität ein.

Hans Op de Beeck / Night Time, 2014 (Filmstill)             Anna Zacharoff / Lured Lines, 2015

Hans Op de Beeck / Night Time, 2014 (Filmstill)

»Op de Beecks Aquarelle verschmelzen im Video.«
Volker Watschounek, Wiesbaden Aktuell, 8. März 2016         Anna Zacharoff / Untitled, 2015

10
Anna Zacharoff /
Regular Co.
21. Mai bis 3. Juli 2016

Anna Zacharoff / Winning by penalties und to be titled, 2016

Anna Zacharoff (*1987, Stockholm) arbeitet in einem            neu entstandene Serie, in der Anna Zacharoff sich mit
breiten Spektrum künstlerischer Medien. In ihrer ers-          unterschiedlichen Ansätzen der malerischen Umset-
ten institutionellen Einzelausstellung lag der Fokus auf       zung im Bild beschäftigt. Dafür übersetzte sie Arbeiten
Malerei und wurde ergänzt um gemalte Skulpturen der            von befreundeten Künstlerinnen und Künstlern in ihre
Künstlerin, die 2015 ihren Abschluss an der Frankfurter        eigene Bildsprache. Zur Ausstellung erschien eine Edi-
Städelschule machte.                                           tion.
Ein wiederkehrendes Thema ihrer künstlerischen Pro-
duktion ist das Leben auf dem Meeresgrund. Die in der          Anna Zacharoff studierte an der Hochschule für Bilden-
Ausstellung präsentierten Gemälde zeigten Unterwas-            de Künste – Städelschule, Frankfurt am Main bei Micha-
serkreaturen wie Muscheln, Fische, Krabben, Schne-             el Krebber und an der Royal Academy of Art in Stock-
cken und Schildkröten, ausgeführt in Öl und Pigment.           holm bei Ann-Sofi Sidén. Nach ihrem Abschluss im Jahr
Durch Maßstabsverschiebungen, isoliert von ihrer na-           2015 zeigte sie Werke in zahlreichen Ausstellungen, da-
türlichen Umgebung und ihrem angestammten Kontext              runter auch Einzelpräsentationen in den Galerien Neue
dargestellt, begegneten die Kreaturen dem Betrach-             Alte Brücke in Frankfurt am Main, Vilma Gold in London
ter mit einer befremdlichen Präsenz. Sie erzählten             und STANDARD in Oslo. Anna Zacharoff lebt und arbei-
von einer Welt, die dem Menschen letztlich fremd und           tet derzeit in Brüssel, Belgien.
­unzugänglich bleibt.
                                                                                   »Zacharoff spielt mit den Er-
Die Ausstellung Regular und Co. spielte mit den Er-                                wartungen des Betrachters
wartungen des Betrachters. Traditionelle Genres                                    und schafft es dabei, nicht
wie ­Landschaft und Stillleben wurden vermischt und                                abzuschrecken, sondern zieht
stereotype Repräsentationsmodelle der klassischen
­                                                                                  ­unaufdringlich in ihren Bann.«
Malerei hinterfragt. Erste Einblicke gab es auch in eine                           Nicole Opitz, STUZ, Juni 2016

                                                                                                                   11
NKVextra
Wael Shawky /
Cabaret Crusades:
The Path to Cairo
21. Mai bis 3. Juli 2016

Cabaret Crusades: The Path to Cairo ist der zweite Teil
einer epischen Videotrilogie des ägyptischen Künstlers
Wael Shawky (*1971, Alexandria). Bereits 2012 bei seiner              Valentin Beinroth / GSAE Karton, 2014
Premiere auf der documenta 13 erregte der Film großes
Aufsehen.

Inspiriert durch das Buch „Der Heilige Krieg der Bar-
baren: Die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber“ des li-
banesischen Historikers Amin Maalouf, erschafft Wael
Shawky in diesem Video ein eindrückliches Bild von den
zahlreichen europäischen Feldzügen in das Heilige Land
aus arabischer Perspektive. Ausgehend von den frühen
Kreuzzügen zwischen 1096 und 1099, die im ersten Teil
behandelt wurden (Cabaret Crusades: The Horror Show
Files, 2010), zeigt Cabaret Crusades: The Path to Cairo
(2012) den Ersten und Zweiten Kreuzzug zwischen 1099
und 1145.

Aus dem Off spricht eine autoritäre Stimme in klassi-                 Valentin Beinroth / Messfoto Charts, 2016
schem Arabisch Texte aus Newslettern und aus dem Ko-
ran. Protagonisten sind 120 teils furchterregende und
                                                                                 »Methoden der Wissenschaft wie Messen,
groteske Tonmarionetten, die vom Künstler selbst ent-
                                                                                 Ordnen, Sammeln oder Archivieren und
worfen wurden. In der mystischen und surrealen Atmo-
                                                                                 Kunst klingen wie ein Paradoxon – müssen
sphäre des Films verbinden sich Drama und Zynismus.
                                                                                 es aber nicht sein.«
Dem fehlenden Dialog stellt Shawky ­charakteristische
                                                                                 Anett Göthe, Journal Frankfurt, Juni 2016
Musik der Bahraini Tradition gegenüber.

                                                                                 »Nichts ist unmöglich.«
                                                                                 Christoph Schütte, FAZ,
                                                                                 27. Juni 2016

Wael Shawky / Cabaret Crusades: The Path to Cairo, 2012 (Filmstill)

12
Valentin Beinroth /
In the Field
21. Mai bis 3. Juli 2016

                                                                                          »Das hat echten
                                                                                          Schauwert, hinter dem
                                                                                          ein ausgeklügeltes
                                                                                          System steckt, dem
                                                                                          man – fast – glauben
                                                                                          könnte (...)«
                                                                                          Birgitta Lamparth,
                                                                                         ­Wiesbadener Kurier,
                                                                                          11. Juni 2016

Installationsansicht 2016

In seinen Arbeiten kombiniert Valentin Beinroth (*1974,    blümt zeigt diese Skulptur die narzisstische Verschmel-
Stuttgart) künstlerische und naturwissenschaftliche        zung von Betrachter und Welt.
Strategien und Ästhetiken. In the Field zeigte eine die
gesamte Ausstellungsetage ausfüllende Installation, die    Im Vorfeld der Expedition gründete Valentin B ­ einroth,
seine Feldforschungs-Expedition nach Neuseeland do-        der an der Hochschule für Gestaltung Offenbach bei
kumentierte. Ausgehend von klassischen Formen und          Professor Heiner Blum und Alexander Oppermann stu-
Vorstellungen von Forschung und Wissenschaft, über-        diert hat, das International Institute for General Sur-
trägt der Frankfurter Künstler diese in seine künstle-     vey (IIfGS), das als vermeintlicher Auftraggeber des
rische Arbeit und hinterfragt spielerisch die Autorität    gesamten Vorhabens in Erscheinung trat. Die damit
                                                           ­
scheinbar objektiver Methoden der Forschung sowie          verbundene, scheinbar institutionelle Legitimation er-
deren musealer Präsentationsformen.                        zeugte allerdings nur eine vorgetäuschte Loslösung vom
                                                           Individuum, denn das gesamte Projekt wäre ohne Va-
2014 begab sich der Künstler-Forscher im Rahmen ei-        lentin Beinroth als zentralen Akteur nicht denkbar ge-
nes Reisestipendiums der Hessischen Kulturstiftung auf     wesen.
eine dreimonatige Expedition zum anderen Ende der
Welt. Auf den beiden Hauptinseln Neuseelands erfasste      Mit der Präsentation der Daten und der fotografischen
er spezielle, empirische Daten im Zuge einer Feldstu-      Dokumentation der Ausstellung trat das Projekt in sei-
die zur „allgemeinen Vermessung“. Zu diesem Zweck          ne nächste Phase ein. Beinroth spielte hier einerseits
entwickelte er ein besonderes optisch-mechanisches         auf die Faszination der Wissenschaft sowie auf die
Messinstrument, das bewusst zwischen einer Skulptur        Abenteuerlust und Forscherromantik von Expeditionen
und einem wissenschaftlichem Instrument changiert.         und Entdeckungen an. Die Ausstellung eröffnete damit
Wie in einem Spiegelkabinett verzerrt die makellose        Fragen zu kolonialistischen Motiven, wie die der Land-
Oberfläche alles, was sich in ihrem Umkreis befindet. In   vermessungen als Sicherung der territorialen Einfluss-
dem multiplen Spiegelbild erscheint das Umfeld: Klei-      nahme. Begleitend zur Ausstellung produzierte Valentin
nes wirkt ­riesig, Weite wird komprimiert. Ganz unver-     Beinroth eine Edition sowie ein Künstlerbuch.

                                                                                                                13
So gut fühlt sich
Vertrauen an.
Vertrauen ist die Basis für jede Art von Beziehung,
ob privat oder geschäftlich. Es ist ein Gefühl
von Sicherheit, das entsteht wenn wir einander
gut kennen. Dabei gibt es ganz unterschiedliche
Arten von Vertrauen. Manchmal bekommt
man es geschenkt, muss es sich erarbeiten,
unter Beweis stellen oder sogar wiedergewinnen.
Wie die SCHUFA Vertrauen schafft, erfahren Sie
auf www.schufa.de/vertrauen.

 Wir schaffen Vertrauen
SCHÜLER ENTDECKEN                                            NKVextra
ZEITGENÖSSISCHE                                              Calvin Bauer /
KUNST 2016 /                                                 63 Days of Wands
Ein A
    ­ usstellungsprojekt                                     9. Juli bis 17. Juli 2016

mit geflüchteten
­Jugendlichen
9. Juli bis 17. Juli 2016

In Kooperation mit der Kerschensteinerschule Wiesba-
den und dem Künstler Emad Korkis

Für die bereits siebte Ausgabe von Schüler entdecken
zeitgenössische Kunst konnte der Nassauische Kunst-
verein Wiesbaden in Kooperation mit der SCHUFA Hol-
ding AG erneut ein hochaktuelles Projekt entwickeln,
dessen Resultat in einer Ausstellung mit Werken von
mehr als 170 geflüchteten Jugendlichen mündete. Die
im Rahmen des Sprachförderprogramms „InteA – Inte-
gration und Abschluss“ des Hessischen Kultusministeri-
ums an der Wiesbadener Kerschensteinerschule unter-
richteten Schülerinnen und Schüler knüpften damit an
die im Kunstverein zu Beginn des Jahres gezeigte Aus-
stellung Curriculum Vitae (C.V.) – Intellektuelle Freihan-
delszone an.

Durch und über die Kunst unterstützt der syrisch-grie-
chischstämmige Künstler und Initiator des Projekts
Emad Korkis die Schülerinnen und Schülern dabei eine
mündliche Sprachkompetenz zu entwickeln, um sich in
Deutschland zurechtzufinden. Die Jugendlichen im Al-
ter von 16 bis 18 Jahren setzten sich im Unterricht ma-
lerisch mit gesellschaftlichen und persönlichen Themen
auseinander, mit dem Ziel, sich angstfrei auf Deutsch
äußern zu können.

In einer großen, das gesamte Haus umfassenden, Aus-
stellung wurden die künstlerischen Arbeiten, die im
                                                             Calvin Bauer / Let It Be What It Is, 2016
Rahmen des Sprachförderprogramms entstandenen
Werke sowie zahlreiche Neuproduktionen der Jugend-           In seinen Werken untersucht WorkART Stipendiat Calvin
lichen präsentiert. Ein Raum für Begegnungen wurde           Bauer (*1994, Geneva, Illinois) Phänomene des Inter-
geschaffen, der die Schülerinnen und Schüler für ihren       nen und Externen, Psychischen und Physischen sowie
weiteren Weg motivierte.                                     Gefühle von Verbundenheit und Trennung, er kreist um
                                                             Fragen der Selbstfindung und -verortung in fremder
                                                             Umgebung. Eine wichtige Rolle in seinen Illustrationen
                                                             und Zeichnungen spielen Tarotkarten – insbesondere
                                                             die des Magiers. Dieser ist ein Erkunder von Gedan-
                                                             kenwelt, Körper und Geist; Vergangenheit, Gegenwart
                                                             und Zukunft; Unbewusstem, Bewusstem und Überbe-
                                                             wusstem. Für Calvin Bauer strebt die Figur des Magiers
                                                             „nach kreativer Manifestation und Kontrolle über die
                                                             Elemente und ist dennoch an einem frühen Punkt der
                                                             eigenen Entwicklung und somit selbstverloren, über-
Ausstellungsaufbau                                           fordert und unentschlossen.“

                                                                                                                15
Richard Artschwager / Monika Baer / Miquel Barceló / Robert Barry / Georg Baselitz / Thomas Bayrle /
Herbert Behrens-Hangeler / Peter Blake / Ross Bleckner / John Bock / Shannon Bool / Jonathan Borofsky /
Mike Bouchet / Wolfgang Breuer / Daniel Buren / Michael Buthe / André Butzer / Ernst Caramelle /
Nathan Carter / Diego Castro / Sandro Chia / Francesco Clemente / Dawn Clements / Walter Dahn /
Hanne Darboven / Enrico David / Helmut Dorner / Felix Droese / Marcel van Eeden / Günther Förg /
Katharina Fritsch / Murray Gaylard / Antony Gormley / Richard Hamilton / Jochem Hendricks / David Hockney /
Karl-Horst Hödicke / Jörg Immendorff / Alex Katz / Martin Kippenberger / Fritz Köthe / Jannis Kounellis /
Michael Krebber/ Uwe Lausen / Markus Lüpertz / Kris Martin / Lucy McKenzie / Richard Allen Morris /
Bruce Nauman / Cady Noland / Marcel Odenbach/ Albert Oehlen / Paulina Olowska / C.O. Paeffgen /
Blinky Palermo / Pino Pascali / Raymond Pettibon / Michael Pfrommer / Sigmar Polke / Att Poomtangon /
Josephine Pryde / Tobias Rehberger / Daniel Richter/ Michael Riedel / Larry Rivers / David Robilliard /
Peter Roehr / Dieter Roth / Sterling Ruby / Ed Ruscha / Norbert Schwontkowski / Dierk Schmidt /
John Stezaker / Helen Schiffer / Elaine Sturtevant / Stephen Suckale / Susa Templin / André Thomkins /
Rosemarie Trockel / James Turrell / Richard Tuttle / Luc Tuymans / Franz Erhard Walther / Andy Warhol /
Fritz Winter / Carl Emanuel Wolff / Gustav Wunderwald / Heimo Zobernig

Woher soll ich wissen, was ihr gefällt? /
Papierarbeiten aus der Sammlung Michael Loulakis
3. September bis 9. Oktober 2016

Installationsansicht 2016

                                                           »Die Liebhaberstücke, darunter hochkarätige
                                                           Papierarbeiten, repräsentieren eine individu-
                                                           elle Sammellust, die Zuneigung zu jedem einzel-
                                                           nen Bild verrät. Gewitzt sind sie nach Alphabet
                                                           gehängt – von Richard Artschwager bis Heimo
                                                           Zobernig. Eine schöne Würdigung.«
                                                           Birgitta Lamparth,
                                                           Wiesbadener Kurier, 7. September 2016

16
Installationsansicht 2016

Eine außergewöhnliche Gelegenheit bot sich, eine
hochkarätige Auswahl aus dem Konvolut von über 3.000
Papierarbeiten des Frankfurter Sammlers Michael Lou-
lakis zeigen zu können. Der facettenreiche Einblick in
unterschiedliche künstlerische Strömungen vom letzten
Jahrhundert bis heute vereinte thematische Gruppen,
aber auch hervorragende Einzelstimmen und spannte
einen intelligenten Bogen durch die jüngere und vor
allem zeitgenössische Kunstgeschichte in enzyklopädi-
scher Hängung entlang eines durchgehenden Strangs:                    Pino Pascali / Notturno con Jonny Scicchettoso
Der Fokus der Ausstellung lag auf Lieblingsstücken mit                (I Killers), 1966
Papier als Arbeitsmaterial, besonders als Bildträger.
Papier ist zunächst ein alltägliches Material, welches
dennoch in höchstem Maß künstlerische Verwendung
findet. Ein Medium, das mit Informationsaustausch,
Wissen, Dokumentation, aber auch mit Kurzlebigkeit,
Unvollkommenheit und Fragilität assoziiert wird. Ob als
Zeichnung, Grafik, Aquarell, Collage oder Buchmalerei,
Papier als Bildträger hat schon immer einen festen Platz
in der Kunst. Zuweilen dient es sogar als Arbeitsstoff für
Skulpturen und Assemblagen. Dabei ist seine zurück-
haltende Art ein integraler Bestandteil dieses Mediums,
das durch seine Leichtigkeit selten aufdringlich und laut
ist, aber stets eine leise Präsenz besitzt.
Enzyklopädisch geordnet entstanden neue Bezüge und
Sinnzusammenhänge jenseits der üblichen kunsthisto-
rischen Kategorisierungen.                                   Installationsansicht 2016

                                                                                                                       17
Here! And now?                   www.kunstverein-wiesbaden.de/hier-und-jetzt.html

     We are building a network for
     refugee artists. Get in touch!

                                                                           Sara Nabil
                                                                           Democracy
                                                                           2014

e x g r o u n d f i l m f e s t / / 17 - 2 6 no v 2 017

                            30
                    Länderschwerpunkt//TÜRKEI

18
NKVextra                                                   NKVextra
Tahani Munawar /                                           Jinoos Taghizadeh /
Ansichten aus Syrien                                       Black Box
3. September bis 9. Oktober 2016                           5. November bis 11. Dezember 2016

                       »‘Ansichten aus Syrien‘ heißt
                       diese Ausstellung bezeichnend
                       – vielleicht auch als ursprüng-
                       licher Titel gedacht, aber nun
                       umso wirkungsvoller. Ansichten,
                       die auch in Schwarz, Gelb und
                       Blutrot von Menschen erzählen,
                       die es nicht geschafft haben,
                       die in Damaskus geblieben
                       sind.«
                       Birgitta Lamparth, Wiesbadener
                       Kurier, 7. September 2016           Jinoos Taghizadeh / Good Night, 2009

                                                           Eine Kompilation von Jinoos Taghizadehs (*1971, Tehe-
                                                           ran) filmischen Arbeiten parallel zum exground Film-
                                                           festival, mit dem diesjährigen Länderschwerpunkt Iran,
                                                           zeigte einen Ausschnitt ihrer künstlerischen Vielseitig-
                                                           keit. In den zum Teil sehr humorvollen Arbeiten sucht
                                                           sie einen Weg der Schlichtungen zwischen der Realität,
                                                           den Tatsachen und den Spinnfäden des gesellschaftli-
                                                           chen Systems ihrer Heimat. Dabei rückt sie stets die ira-
                                                           nische Gesellschaft ins Blickfeld. Sie versteht ihre Arbeit
                                                           als eine multisensorische Erfahrung, die nicht zwischen
                                                           Bildern, Wörtern, Texten und Klängen unterscheidet.
                                                           Die Schwierigkeiten als Künstlerin im Iran ihre Arbeit öf-
                                                           fentlich wirksam zu visualisieren, umgeht sie, indem sie
                                                           durch die geschickte Verknüpfung bereits vorhandener
Tahani Munawar / Sara, 2016                                Narrative (Tondokumente) mit ­      persönlichen ­  Bildern
                                                           scheinbar harmlose Collagen produziert.

Ansichten aus Syrien zeigte Arbeiten von Tahani M
                                                ­ unawar
(*1990, Damaskus), die erstmals in Europa zu sehen wa-
ren. Nach dem Studium der Kunstpädagogik arbeitete
sie zunächst, neben ihrer freien Tätigkeit, mit Kindern
als Kunstlehrerin; beides war auf Grund der politischen
Lage und der Zensurproblematik mit zunehmend gro-
ßen Gefahren verbunden. Die Kunst war die einzige
Möglichkeit einem individuellen Lebensgefühl Ausdruck
zu verleihen. Die Ausstellung zeigte nur zwei Werke, die
nach ihrer Ankunft in Deutschland entstanden sind, da
im Juli 2016 das Atelier der Künstlerin in Syrien durch
gezielte Brandlegung zerstört wurde. Neben der ak-
tuellen Situation in Syrien werden jetzt verstärkt auch
die vorangegangene, lange Phase der Ungewissheit und
­Unsicherheit sowie persönliche Themen ­verarbeitet.

                                                                                                                   19
Julius von Bismarck / Janusch Ertler / Zoë Field / Thimo Franke / Mia Goyette / Tiril Hasselknippe /
Mathias Kessler / Rachel Pimm / Elsa Salonen / Andreas Wißkirchen

It’s all natural ...
5. November bis 11. Dezember 2016

Thimo Franke / o.T., 2015-2016                                              Mia Goyette / Pro tempore (drain), 2016

Natur - wie ist heute das Verständnis von und das Ver-     Ausgehend von dem weiten Bedeutungsspektrum des
hältnis zu ihr? Wie spiegelt sich der Einfluss der tech-   Begriffs „Natur“ als Gegensatz zum Menschen, als kul-
nologischen und ökologischen Entwicklungen und Dis-        turell relatives, letztlich gesellschaftlich produziertes
kurse in der künstlerischen Praxis wieder? Natur und       Konstrukt, bis hin zur Idee der Natur als symbiotische
Natürliches wird mittels Computeranimationen, digi-        Mitwelt, werden in der Gruppenausstellung zahlreiche
talen 2D- oder 3D-Prints und Fotobearbeitung sowie         Facetten eines aktuellen Naturbegriffes beleuchtet.
anderer technischer Verfahren zitiert, neu interpre-       Unterschiedliche Pfade eröffnen den Blick auf visionäre
tiert, aber auch weiterhin durch klassische malerische     Lichtungen zeitgenössischer Positionen und führen bis
­Techniken in industriell gefertigte Objekte übersetzt.    ins dichte Unterholz des Beziehungsgeflechtes Mensch
 Natur als wildes und ungezähmtes Gegenüber zur Kul-       und Natur. Natürliche Ausgangsmaterialien werden
 tur ist aus der Perspektive des 21. Jahrhunderts nicht    durch Computeranimationen, digitale Prints und Foto-
 mehr haltbar, vielmehr knüpft die Ausstellung an die      bearbeitungen sowie andere technische Verfahren neu
 unterschiedlichen ­Perspektiven ­eines neuen Naturbe-     interpretiert, in industriell gefertigten Objekten nach-
 griffs an.                                                geahmt oder symbolisiert, analog durch malerische
                                                           oder bildhauerische Techniken zitiert oder schließlich
Was bedeutet es, wenn die Nachahmung natürlicher           vollständig ersetzt. Die Grenzen zwischen Natürlichem
Elemente zum künstlerischen Sujet wird? Welche Aus-        und Technisch-Künstlichem werden erforscht und das
sage treffen zeitgenössische „Naturbilder“ über das        Einwirken des Menschen auf Naturphänomene hinter-
­Verhältnis Natur – Kultur?                                fragt.

20
»Und doch, man mag es sentimental nennen
        oder hoffnungslos romantisch: Als Bild einer
        verdinglichten, entzauberten und dem Men-
        schen übereigneten Natur stimmt es doch
        auch seltsam melancholisch.«
        Christoph Schütte, FAZ, 4. Dezember 2016

                                                                                  Julius von Bismarck / Fluchtgeschwindigkeit
                                                                                  (Escape Velocity), 2016

Anna-Lisa Theisen / Waste-vest, 2016, Tiril Hasselknippe / n.y.t., 2016,                                     Elsa Salonen / Study of
Anna-Lisa Theisen / Coral bleaching, 2016                                                                    ­Eternal Cycle, 2014

Die Arbeiten der elf internationalen Künstlerinnen und                      von technischen Errungenschaften zu natürlichen Res-
Künstler verorten sich dabei aus einer zeitgenössischen                     sourcen scheint hier angedeutet. Andererseits klingt
Perspektive in diesem Diskurs, der sich beispielsweise                      ausgehend von der illusionären Idee der Überwindung
mit der steigenden Einflussnahme des Menschen im                            aller Bindungen des Menschen an Naturgesetze in der
geoglobalen Sinn oder dem Rückgang natürlicher Res-                         Praxis des Imitierens sowie in offensichtlichen Momen-
sourcen befasst. Dieses neue, vom Menschen geprägte                         ten der Täuschung eine Dissonanz in der Beziehung
Erdzeitalter wird unter dem nicht unumstrittenen Kon-                       von Mensch und Natur an. In nachgestellten Szeneri-
zept des Anthropozäns zusammengefasst, welches zum                          en oder der Metamorphose von Materialien entsteht
einen auf die Verantwortung aufmerksam macht, die                           ein Spannungsfeld von Abbild und Realität, das auf ein
mit der Intervention des Menschen einhergeht und zum                        möglicherweise gestörtes Verhältnis hindeutet – auf
anderen die politische und gesellschaftliche Brisanz der                    den Konflikt zwischen „natürlicher“ und „menschli-
Frage nach dem Verhältnis zwischen Kultur und Natur                         cher“ Ordnung. Denn wenn der Mensch mit seiner Kul-
verdeutlicht.                                                               tur in nahezu alle Bereiche der Natur einwirkt, ist eine
                                                                            Trennung aufgehoben und somit die Kultur der Natur
Innerhalb der Gruppenausstellung offenbart sich in den                     ­zugehörig – und umgekehrt.
zum Teil poetischen Transkriptionen einerseits eine zu-
kunftsweisende Einheit von Mensch und Natur, indem
Natur künstlerisch in eine neue Materialität übersetzt
wird. Die symbiotische Verknüpfung und Abhängigkeit

                                                                                                                                       21
Bibiana Desteny / Simon Ertel / Anne Ferguson / Florian Glaubitz / Philipp Jung / SoJung Kim /
Charlotte Klein / Ji Yun Lee / Julia Leichtenschlag / Sabeth Magon / Ivana Matic / William Metin Martin /
Brit Meyer / Simon Mielke / Uta Pfrengle / Esther Poppe / Sophia Rausch / Carmen Schaich / Daniela Schmidt /
Susanne Schmitt / Claudia Schuh / Lena Sielaff / Veronika Weingärtner

Konvergenz (Bergbau), eine Annäherung von
­Hängendem und Liegendem /
 Klasse Andrea Büttner, Kunsthochschule Mainz
14. Januar bis 5. März 2017

Julia Leichtenschlag / Kleines Haus, 2016/2017             Anne M. Ferguson / O. T., 2015, William Metin Martin / O. T., 2016

In der Gruppenausstellung treffen ehemalige auf aktu-      Fotografie und Video bis hin zur Mixed-Media-Installa-
elle Studierende der Klasse Andrea Büttner der Kunst-      tion und Performance. Dabei erkunden sie das Medium
hochschule Mainz. Die Arbeiten eröffnen so einen zwei      der Zeichnung und seine Materialität, loten seine Gren-
Generationen von Kunststudierenden übergreifenden          zen aus und überführen es in andere Medien. Die klas-
Dialog und zeigen die Vielschichtigkeit aktueller künst-   sische Zeichnung wird dabei auf interdisziplinäre Weise
lerischer Positionen.                                      neu interpretiert.
Andrea Büttner, Maria Sibylla Merian-Preisträgerin für     Dieses selbstreflexive Moment wird thematisch auf Fra-
Bildende Künstlerinnen in Hessen, ist seit 2011 Profes-    gen nach Repräsentation und Originalität in der Kunst
sorin für Zeichnung an der Kunsthochschule Mainz. Die      sowie die Rolle der Künstlerin / des Künstlers oder den
Arbeiten ihrer (ehemaligen) Studenten, die im Kunst-       Konflikt zwischen Künstlichkeit und Natürlichkeit erwei-
verein zu sehen sein werden, erstrecken sich über die      tert. Die ausgestellten Arbeiten hinterfragen Wahrneh-
Bereiche der Zeichnung, Malerei und Bildhauerei sowie      mungs- und Erinnerungsvorgänge sowie Hierarchien,

22
SoJung Kim / (NA)rcissism, 2017

                                         Ivana Matic / Korb, 2016

Normen und Wertesysteme der heutigen Gesellschaft.                  sich die künstlerischen Arbeiten dieser Gruppenaus-
Im Zusammenspiel eröffnen die Werke neue assoziati-                 stellung zueinander und zum Medium der Zeichnung
ve Räume und Bedeutungszusammenhänge, die von der                   positionieren, so dass immer neue Beziehungen und
Mikrowelt der Kunst auf die Makrowelt der Gesellschaft              Kontexte entstehen.
verweisen.
Der Titel der Ausstellung entstammt der Geologie und                Zeitgleich mit dieser Ausstellung eröffnet das Museum
bezieht sich auf Begriffe, mit denen Positionen, Schich-            Wiesbaden die Kabinettausstellung Maria Sibylla Merian
tungen und Verhältnisse von Materialien zueinander                  der Naturhistorischen Sammlungen anlässlich des 500.
dargestellt werden. Generell beschreibt eine Konver-                Todestages der Frankfurter Naturwissenschaftlerin und
genz das Sich-Aufeinander-zu-Entwickeln von zwei                    Künstlerin. Zur Ausstellung erscheint eine 24-teilige
oder mehreren divergierenden Ausgangszuständen auf                  ­Edition.
einen gemeinsamen Endzustand hin. Ähnlich müssen

                                                                                                                       23
NKVextra
Luzie Meyer /
Unerringly she pinned it down.
She does not like to put it there.
14. Januar bis 5. März 2017

                                                                    Die Filme, Videos, Performances und Soundarbeiten
                                                                    von Luzie Meyer (*1990, Tübingen) thematisieren die
                                                                    Möglichkeit und Unmöglichkeit eines Selbst in verschie-
                                                                    denen Kontexten. Philosophische Ideen werden alltäg-
                                                                    lichen Vorgängen gegenübergestellt und konventionelle
                                                                    Konstrukte von Bedeutung und Sinn in Frage gestellt.
                                                                    Wiederkehrende Thematiken wie das Fleischwerden
                                                                    des Wortes Sadomasochismus, Absurdität, Nonsens
                                                                    und Solipsismus werden gebraucht, um die Gegenwart
                                                                    nach ihrem Selbstverständnis zu befragen. Die neu ent-
                                                                    standene Videoarbeit Unerringly she pinned it down.
                                                                    She does not like to put it there. der Städelschulabsol-
                                                                    ventin bildet den Ausgangspunkt einer Serie von ex-
                                                                    perimentellen Arbeiten, die ein Misstrauen gegenüber
                                                                    einem poetischen sowie wissenschaftlichen Sprachge-
                                                                    brauch thematisieren.
                                                                    Was ist Sprache? Wie verständlich muss sie sein und
                                                                    welche Bedeutung kommt der Autorenschaft und
                                                                    Selbst-Narration im Gebrauch von Sprache zu?

                                                                    Luzie Meyer lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Sie
                                                                    studierte Philosophie an der Goethe-Universität Frank-
                                                                    furt und hat 2016 die Städelschule als Meisterschüle-
                                                                    rin bei Judith Hopf abgeschlossen. Ihre Arbeiten waren
                                                                    bereits international zu sehen, so auch auf der Mon-
                                                                    treal Biennale of Contemporary Art. Außerdem ist sie
                                                                    2017/18 Stipendiatin der Hessischen Kulturstiftung für
                                                                    einen neunmonatigen Atelieraufenthalt in Paris.

Luzie Meyer / Unerringly she pinned it down. She does not like to
put it there., 2016 (Filmstills)

24
Yoshiaki Kaihatsu /                                       NKVextra
Thank You Art Day                                         Alexander Paul Englert /
9. März 2017                                              Traumdiebstähle
39 THANK YOU ART DAY                                      Mit einem Text von
                                                          Silke Scheuermann
wurde durch den in
Deutschland lebenden,
japanischen       Künstler
                                                          18. März bis 30. April 2017
Yoshiaki Kaihatsu (*1966,
Yamanashi, Japan) im                                      Eine fotografische Erzählung Alexander Paul Englerts
Jahr 2000 initiiert, um                                   (*1960, Freiburg/Breisgau) trifft auf eine literarische
die Anerkennung der                                       Erzählung Silke Scheuermanns – oder umgekehrt?
zeitgenössischen Kunst                                    Beide verweben sich zu einer fantastischen Geschich-
in Japan voranzutreiben.                                  te über den fließenden Übergang zwischen Wirklichkeit
Im Japanischen klingt                                     und Traum und die Flucht aus dem Alltag. Eine Ge-
»thank you« ähnlich wie                                   schäftsreise führt den Unternehmensberater und Held
3 / 9 (san kyuu). Daher                                   der Erzählung in die Auberge de Rêve, einem Hotel ir-
ist der Tag 3 / 9 (9. März)                               gendwo zwischen Bayern und Hessen, in dem sich Gäs-
der auserwählte Tag.                                      te aus aller Welt einfinden. An diesem Ort entdeckt er
                                                          seine spezielle Fähigkeit wieder.
www.39art.com
                                                          Die Installation basiert auf dem gleichnamigen, gemein-
                                                          samen Buchprojekt das 2016 bei Edition Faust, Frank-
                                                          furt am Main, erschienen ist. Zu der Videoprojektion
                                                          der Fotografien ist eine von Armin Nufer gesprochene
                                                          Textfassung zu hören. Stefan Fricke produziert hieraus

17. Kurze Nacht der                                       mit Klanginseln des Komponisten Andreas Wagner eine
                                                          Hörspiel-Fassung des Textes von Silke Scheuermann,

Galerien und Museen in                                    die als Zweiteiler am 18.9. und 25.9.2017 (23–24 Uhr) auf
                                                          hr2-kultur gesendet wird.

Wiesbaden
1. April 2017

In der Nacht vom 1. auf den 2. April 2017 laden die
Wiesbadener Kunstinstitutionen zur 17. Kurzen Nacht
ein. Die Besucher erwartet neben vielen Ausstellun-
gen ein facettenreiches Programm und wie immer
ist der Eintritt in allen Institutionen kostenfrei. Zu
Gast im Nassauischen Kunstverein wird das Weingut                      Alexander Paul Englert / Auberge de Temple

Diefenhardt aus Martinsthal sein. Das vollständige Pro-                während der Renovierung, 2013

gramm aller beteiligten Institutionen ist aktuell unter
www.kurze-nacht.de aufgeführt.

                                                                                                                    25
Mirjam Völker / Vorposten
18. März bis 30. April 2017

Mirjam Völker / Bann, 2015

In den surrealen Gemälden und Zeichnungen von Mirjam       Die Künstlerin hat mit großer Präzision surreale Land-
Völker (*1977, Wiesbaden) entbrennt ein spannungsge-       schaftsbilder geschaffen, die an den Detailreichtum
ladener Kampf zwischen Natur und ­    zivilisatorischen    der Fotografie erinnern. Dieses Spiel mit dem Doku-
­Artefakten.                                               mentationscharakter wird noch auf die Spitze getrie-
                                                           ben, wenn der Hintergrund in einigen Bildern zwischen
In Acryl und Kohle hat Mirjam Völker teils leise hoff-     Himmel und Fotostudio-Hohlkehle changiert. Die Gren-
nungsvolle, teils apokalyptische Bilder geschaffen. Die    zen zwischen Natur und Kultur verschwimmen. So wirft
Hütten und Wohnwagen in ihnen sind menschenleer.           die Ausstellung auch die Frage auf, ob Zivilisation und
Stattdessen ist die Natur Hauptakteur, die sich bedroh-    Natur in Einklang gebracht werden können. Siegt die
lich gegen die kleinen Hütten erhebt. Auf technischer      leise Hoffnung über die drohende Katastrophe?
Ebene wird dieser Kampf, der durch die Verwendung
starker Komplementär- bzw. Schwarzweißkontraste            Mirjam Völker studierte an der Kunsthochschule Mainz
noch unterstrichen wird, zum Spiel mit verschiedenen,      bei Klaus Vogelsang und war anschließend Meisterschü-
sich überlagernden Ebenen und Perspektiven. So ver-        lerin in Leipzig bei Neo Rauch.
schieben sich in vielen Arbeiten Vorder- und Hinter-       Im Nachgang der ­Ausstellung entsteht eine Edition.
grund, Transparenz und Finsternis wechseln sich ab
und dynamische Bewegungen treffen auf statische Ele-
mente. Dies evoziert eine große Instabilität, die in den
Arbeiten zum Ausdruck kommt.

26
Mirjam Völker / Lunte, 2014

Mirjam Völker / Biwak, 2015

                              27
Eliza Douglas / My Gleaming Soul
20. Mai bis 2. Juli 2017

Malerei als Metakommentar zu den Bedingungen des           unterkühlten Räumen. Die Interieurs e    ­ntnimmt die
Malens selbst – oder was ist Malerei heute? Dies scheint   ­Künstlerin Stockfotografien aus dem Internet, die pas-
die Ausgangsfrage für die Malerei von Eliza Douglas        siven männlichen Akteure sind malerische Kopien der
(*1984, New York) zu sein.                                 Fotos, die die Künstlerin von Kunst-Messebesuchern
                                                           machte.
Neben den großformatigen Gemälden von kopf- und
körperlosen „Wesen“, deren von anonymer Hand na-           Indem Eliza Douglas mit ihrer arbeitsteiligen Technik
turalistisch gemalte Hände und Füße einzig durch Eliza     auf die Tradition der großen Malerwerkstätten verweist,
Douglas malerischen Gestus schwungvoll, spielerisch        reflektieren alle Bilder zugleich den heutigen Kontext
und manchmal auch ironisch miteinander auf weißem          und Entstehungsprozess von Malerei, schließen sich je-
Grund verbunden werden, soll die Ausstellung der Frank-    doch dem nach neuen Richtungen suchenden Diskurs
furter Städelschülerin noch zwei weitere Werkgruppen       keinesfalls an.
­vorstellen: Wesen aus der Popkultur wie Monster, Ro-
 boter oder tierische Kinderzeichentrickfiguren, die von   Eliza Douglas lebt und arbeitet als Bildende Künstlerin
 großen Malwerkstätten in China produziert werden,         und Musikerin in Frankfurt am Main, ist Studentin an der
 präsentieren auf kleinen Tableaus von der Künstlerin      Städelschule bei Willem Rooij, sowie in New York, an
 geschaffene abstrakte, aber nicht minder farbenfrohe      der New School of Social Research. Zuvor studierte sie
 Kunst. Die dritte Werkgruppe schließlich, ebenfalls aus   in New York Film am Bard College.
 chinesischen Werkstätten, zeigt junge, häufig andro-
 gyne Männer, wie vor einer Kulisse in atmosphärisch

                                                                   Eliza Douglas / I Am the Horse You Should Bet On (I), 2016

Eliza Douglas / Glittering with Decay, 2016

28
Eliza Douglas / The Potential of Being, 2016

                                               29
Follow Fluxus 2016 / Adriana Lara
The Product & The Post-product
Part 1 / 3. September bis 9. Oktober 2016

Part 2 / 5. November 2016 bis 28. Mai 2017

                                             Adriana Lara / Trink Coca-Cola, 2016 (Part 2)

                                             Adriana Lara (*1978, Mexiko-Stadt), neunte Stipendi-
                                             atin des von der Landeshauptstadt Wiesbaden und
                                             dem Nassauischen Kunstverein Wiesbaden ins Leben
                                             gerufenen Stipendium Follow Fluxus – Fluxus und die
                                             Folgen, legt ihr Ausstellungsprojekt The Product & the
                                             Post-product zweiteilig an. Über die Verbindung von
                                             Fluxus zur Alltagskultur erschließt sich Adriana Lara den
                                             Begriff des Postproduktes zunächst in einem ersten Teil
                                             in Form einer Neufassung der von ihr 2015 kuratierten
                                             Ausstellung The Product in Kopenhagen. Eine Präsenta-
                                             tion von eigenen Arbeiten sowie von anderen Künstle-
                                             rinnen und Künstlern – (Gene Beery, Little Joes Gang,
                                             Esferas Perdidas, Juni Radames, Julia Rublow, Laura
                                             Schusinski, Björn Segschneider, Ezara Spangl, Esme
Adriana Lara / A‘s, 2016 (Part 2)            Toler, Nikolaus Weitzer) zeigte sie unter dem Gesichts-
                                             punkt des Produkts. Innerhalb der Ausstellung erfuhr
                                             ein weiteres Projekt eine Wiederbelebung: Dinner for 1
                                             war eine Ausstellung innerhalb der Ausstellung, ein Pro-
                                             jekt, das ursprünglich von Julia Rublow konzipiert wur-
»‘Follow Fluxus‘ heißt das Motto unter dem   de. Diese Ausstellung fand im Jahr 2015 inmitten des
im ­D achgeschoss des Nassauischen Kunst-    Gentrifizierungsprozesses in einem Gartenhaus im Sü-
vereins in der Wilhelmstraße Innovatives     den von London statt. Um die Arbeiten zu sehen, muss-
entsteht.«                                   ten die Besucher in die oberste Etage gehen. Dort war
Ulrike Brandenburg, Wiesbadener Kurier,      ein Teller mit warmem Essen vorbereitet; jedem stand
30. Juni 2016                                frei, sich zum Essen zu setzen, es könnte die letzte
                                             Mahlzeit vor dem Ende des guten Lebens in London ge-
»Man darf also gespannt sein (...)«          wesen sein. In Wiesbaden wurde die Ausstellung in der
Jutta Feiling, art kaleidoscope, März 2016   Stipendiatenwohnung erneut installiert.

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