Nassauischer Kunstverein Wiesbaden 2018 / 2019 - gegründet 1847
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Impressum / Bildnachweis Herausgeber Wissenschaftliches Volontariat Soweit nicht anders angegeben – Installationsansichten Nassauischer Nassauischer Kunstverein für Presse- und Öffentlichkeits- Kunstverein Wiesbaden Christian Lauer Wiesbaden e.V. arbeit Wilhelmstraße 15 Mara von Zitzewitz Titelseite Emma Eubanks, Big Shot, 2018 © und Courtesy: Emma Eubanks / 65185 Wiesbaden Seite 3 © Janine Drewes / Seite 4-5 © NKV, Sonja Borstner, Michael Carter, Tel.: +49 (0) 6 11 30 11 36 Geschäftsstelle Janine Drewes, Christian Lauer, Evelyn König / Seite 6-7 Courtesy: Dominik info@kunstverein-wiesbaden.de Evelyn König / Katharina Thewes Keggenhoff, Tom Król, Sertan Satan, Johanne Schröder, Malte Zenses und www.kunstverein-wiesbaden.de Galerie Fiebach & Minninger / Seite 7 rechts © und Courtesy: Nadia Perlov Empfangsteam / Seite 8-10 © Janine Drewes, Christian Lauer, Courtesy: Leda Bourgog- Öffnungszeiten Julia Berlitz ne und BQ, Berlin, Ryan Cullen, Diogo Duda, FORT und Sies + Höke, Düs- Di, Mi, Fr, 14 bis 18 Uhr Céline Breiter seldorf, Beate Engl, Andy Holden, Ulrike Königshofer, Hanne Lippard und Do, 14 bis 20 Uhr Anne-Marie Butzek LambdaLambdaLambda, Pristina, Isabell Ratzinger / Seite 11 links © und Sa und So, 11 bis 18 Uhr Michelle Heyer Courtesy: Bjørn Melhus und VG Bild-Kunst, Bonn / Seite 11 rechts © und Annemarie Hinsche-Karg Courtesy: Rahel Pötsch / Seite 12-13 © Janine Drewes, Kathrin Sonntag, Vorstand Courtesy: Felicity Hammond, Julian Irlinger, Galerie Thomas Schulte und Elke Gruhn Vermittlungsprogramm Privatsammlung, Bianca Pedrina, Kathrin Sonntag / Seite 14 links © Jugend Christian Lauer Janine Drewes malt / Seite 14 rechts © Janine Drewes, Courtesy: Emma Eubanks / Seite Britta Fischer Titus Grab 15 © Janine Drewes, Courtesy: Aline Ballero Schmidt, Raphael Zydak / Sei- Gerrit von Velsen Rita Loitsch te 16 links © Janine Drewes, Courtesy: Thomas Bo Nilsson &Julian Eicke / Katharina Thewes Seite 16-17 © Marcus Michaelis, Courtesy: Helga Schmidhuber / Seite Emanuel von Bodman Amador Vallina 18-19 © Janine Drewes, Christian Lauer, Courtesy: Sarah Nabil / Seite 19 Michael Carter Mara von Zitzewitz rechts © Janine Drewes / Seite 21 © Janine Drewes, Courtesy: Martha Cornelia Jürgens-Leber Atienza und Silverlens Galleries, Manila / Seite 22 © und Courtesy: Raffy Martin Lüdemann Ehrenamt Lerma / Seite 23 © und Courtesy: Kiri Dalena und 1335MABINI, Manila, © Dr. Elke Ullrich Irene Zander Janine Drewes / Seite 24 links © Janine Drewes / Seite 24 rechts © und Dr. Isolde Schmidt (Kulturamt) Courtesy: Song Ta und Beijing Commune / Seite 25 © und Courtesy: Drop- Praktikant*innen 2018/2019 stuff.nl / Seite 26 © und Courtesy: Rune Mields und VG Bild-Kunst, Bonn, Kuratorium / Beirat Kira Schmitt Foto: F. Rosenstiel, Köln / Seite 27 © und Courtesy: Pia Ferm / Seite 28 © Emanuel von Bodman und Courtesy: Viviana Abelson / Seite 29 © Janine Drewes, Plural | Frank Dr. Michael Freytag Work Art Kunstverein Fellowship Übler / Seite 31 © Jace Clayton und Harvard Art / Seite 32-33 © und Co- Sven Gerich Emma Eubanks / 2018 urtesy: Assaf Gruber, © Janine Drewes, Christian Lauer / Seite 34-35 © Arno Goßmann und Courtesy: die Künstlerinnen und Künstler sowie deren Galerien: Assaf Elke Gruhn Redaktion Gruber, Gerrit Frohne-Brinkmann (Galerie Noah Klink, Berlin und Jürgen Wolfgang Hessenauer Janine Drewes Becker Galerie, Hamburg), Adriana Lara (Air de Paris), Mehreen Murta- Dr. Matthias Hildner Elke Gruhn za (experimenter, Kalkutta), Taro Izumi (Take Ninagawa, Tokyo), Annette Prof. Dr. Gottfried Kiesow (†) Katharina Thewes Krauss, Stefan Burger (Freymond Guth, Zürich), Aslı Sungu (Galerie Lena Dr. Helmut Georg Müller Mara von Zitzewitz Brüning, Berlin), Kateřina Šedá (ARRATIA BEER, Berlin), Jimmy Robert (Dia- Helmut Nehrbaß na Stigter, Amsterdam), Emily Wardill (Jonathan Viner, London und carlier | Joachim Nolde Lektorat gebauer, Berlin) / Seite 36-37 © und Courtesy: Estate Benjamin Patterson Claudia Scholtz Dr. Elke Ullrich / Seite 38-39 © und Courtesy: Ella Ziegler, Marcel Schiele, Maria Eichhorn Rita Thies (Galerie Barbara Weiss, Berlin), Estate Benjamin Patterson und Raffaël Ro- Gestaltung zendaal / Seite 40-41 © Emma Eubanks, Johanna, Christian Lauer, NKV / Finanzen Annalena Kluge Seite 42-43 © und Courtesy: die Künstlerinnen und Künstler / Seite 44- Britta Fischer 45 © Michael Carter, Janine Drewes, Evelyn König, Christian Lauer. Manuela Schlosser Druck Dorn Manhart StB WP Part mbB Flyeralarm GmbH Alfred-Nobel-Str. 18 Marketing und Kommunikation 97080 Würzburg Christian Lauer www.flyeralarm.de IT, Übersetzung und Auflage 5.000 Mitgliederprogramme © Nassauischer Kunstverein Michael Carter Wiesbaden 2018 Programmänderungen vorbe- Kunstreisen halten Dr. Elke Ullrich Cornelia Jürgens-Leber Fotografen Michael Carter Janine Drewes Christian Lauer Ausstellungstechnik und Aufbau Henning Baumann Manuel Diekmann Claudius Edrich Axel Graumann Thomas Reimann Künstlerische Leitung Elke Gruhn Kuratorische Assistenz Janine Drewes 2
Editorial Herzlich willkommen im Die Kunstgeschichte Wiesbadens ist vor allem durch Jetzt! zwei Ereignisse geprägt: dem Sammler, Mäzen und Kunstvereinsmitglied Heinrich Kirchhoff, der – ne- „Kultur ist kein Sahne- ben vielen anderen wunderbaren Künstlern(!) – auch häubchen, sondern die Alexej von Jawlensky in die Stadt einlud, um hier seinen Hefe im Teig, die gesell- Lebensabend atemberaubend produktiv zu bestreiten; schaftlich notwendige zum anderen durch ein nur 10-tägiges Festival im Sep- Prozesse in Gang setzt tember 1962: FLUXUS Internationale Festspiele Neues- und gegen die Verfla- ter Musik. Während die Bedeutung des Malers an seinen chung des geistigen Le- wunderbaren Arbeiten im Museum Wiesbaden abzu- bens arbeitet.“¹ – Der lesen bleibt, war es für die überwiegend ephemeren Nassauische Kunstverein Relikte der weltweit hochanerkannten Kunstrichtung Wiesbaden befindet sich Fluxus wichtig, eine andere Form der Wahrnehmung zu direkt im Kern (oder um im Bild zu bleiben: in der Mitte entwickeln. Gemeinsam mit dem Kulturamt der Stadt der Teigkugel), der zentralen Achse und Kulturmeile der richten wir Wiesbadens höchst dotiertes Stipendium Landeshauptstadt, flankiert vom Museum Wiesbaden, Follow Fluxus – Fluxus und die Folgen bereits im 12. bald dem Museum Ernst, dem Literaturhaus Villa Cle- Jahr aus. Gleich drei permanente Arbeiten des Fluxus- mentine, dem etwas versteckten Stadtmuseum, dem Pioniers der ersten Stunde, Benjamin Patterson, sind Bellevue-Saal-Verein und schließlich dem Staatsthea- dauerhaft im Kunstverein zu erleben. ter. Während jede Institution entlang der Wilhelmstraße ihr eigenes Profil und ihre jeweiligen Schwerpunkte hat, Wir laden immer wieder neu dazu ein, sich von den treibt den Kunstverein die Frage an: Wie kann zeitge- Möglichkeiten der Kunst als Instrumentarium des nössische Kunst einen Raum etablieren, in dem experi- Andersdenkens, der Diversität und der Vielfalt überra- mentell, ergebnisoffen und frei über unsere Gegenwart schen zu lassen – die Kunst ist und bleibt Grundlage für nachgedacht und Neues gewagt werden kann? eine freie Gesellschaft! Die aktuelle Zeit erfordert es geradezu, über politische Wir wünschen einen anregenden Aufenthalt, kommen Entwicklungen und gesellschaftliche Veränderungen Sie wieder und sagen Sie es weiter! aktiv mitzudenken. Künstler*innen eröffnen uns durch ihren vielschichtigen und dabei hochsensiblen, sehr Ihre genauen Blick, oft noch verborgene Ebenen. Sie las- sen durch ihre Werke andere Erfahrungs-, Denk- und Elke Gruhn Reflexionsräume entstehen und sinnlich erfahren. Künstlerische Leitung In wechselnden, sehr heterogenen Ausstellungen und Dauerinstallationen auf vier Etagen der historischen Villa des Kunstvereins stellen wir aktuelle, regionale, nationale und internationale künstlerische Strömungen vor. Darüber hinaus kooperiert der Kunstverein mit vie- len großen Frankfurter Festivals, wie der Ray Fotografie Triennale oder der B3 Biennale des bewegten Bildes, aber auch den bedeutenden Highlights im Wiesbade- ner Kulturkalender, wie dem exground filmfest und der Wiesbaden Biennale. Zudem veranstalten wir Reisen zu verschiedenen wichtigen Ereignissen der Kunst, Kon- zerte und Diskussionsveranstaltungen sowie ein um- fangreiches Vermittlungsangebot für alle Generatio- nen. All dieses entsteht aus kollektivem Engagement, geboren aus Leidenschaft, honorarfrei und auf eigenes Risiko. Mithilfe ökonomischer Anerkennung seitens der Kulturpolitik und des Magistrates geht dieses Konzept bereits in sein 172. Jahr. Schnell können wir auf die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen reagieren und bieten ein reiches, intelligentes Programm frei von kommerziellen Interessen. ¹ Staatsminister Bernd Neumann, Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien 3
Nassauischer Kunstverein Wiesbaden Engagiert und konsequent zeigt und vermittelt der Nas- sauische Kunstverein Wiesbaden spannende zeitgenös- sische Kunst und bietet jungen, noch nicht etablierten Künstler*innen und Kulturschaffenden aus dem In- und Ausland ein Experimentierfeld und erstes Sprungbrett in die professionelle Laufbahn. Sowohl in Zusammen- arbeit mit dem Kunstvereins-Team, als auch gelegent- lichen Gastkuratoren, bieten wir jungen Kulturschaf- fenden eine Plattform für erste kuratorische Praxis. Im Bewusstsein der kulturellen Geschichte Wiesbadens fördern wir mit dem jährlichen und weltweit ausge- schriebenen Stipendium Follow Fluxus - Fluxus und die Folgen Künstler*innen, die mit Ihrer Arbeit an die Ideen der internationalen Kunstbewegung Fluxus anknüpfen. Unsere Ausstellungen werden durch ein umfangreiches Vermittlungsangebot mit Führungen, Diskussionsrun- den und Künstlergesprächen erweitert. Zusätzlich ver- anstalten wir Kunstreisen zu wichtigen Ausstellungen im In- und Ausland für unsere Mitglieder. Zum Teil in Kooperation mit anderen Institutionen realisieren wir interdisziplinäre Veranstaltungen wie Theater-, Film-, Musik- und Kinderprogramme. Zudem beheimaten wir einen Kontaktpunkt für fluchtbe- dingt neu in der Region angekommene Künstler*innen, sowie die Geschäftsstelle der Kulturinitiative RheinMain (kirm) für die Metropolregion FrankfurtRheinMain in unseren Räumen. »In der Kunstszene wird die Ar- beit des NKV geschätzt. Er wurde mehrfach zum besten Kunstverein Deutschlands gewählt.« Tobias M. Blank, Pepper, 15. September 2017 »Und es macht mir sehr viel Spaß, für den Nassau- ischen Kunstverein jetzt schon die zweite Ausstel- lung zu eröffnen. Ich finde, das ist eine großartige Einrichtung.« Patrick Burghardt, Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, im Inter- view mit Birgitta Lamparth Wiesbadener Kurier, 13. Mai 2018 4
170 Jahre / Wie alles begann … Der Nassauische Kunstverein Wiesbaden wurde am 16. Juli 1847 von Bürgern der Stadt als »Gesellschaft der Freunde bildender Kunst« im Herzogtum Nassau ge- gründet und zählt somit seit 170 Jahren zu den tradi- tionsreichsten Kunst- und Kulturinstitutionen der hes- sischen Landeshauptstadt. Die Gründungsmitglieder des Kunstvereins kamen überwiegend aus dem Groß- bürgertum Wiesbadens. Ihr Anliegen war es, bilden- de Kunst zu fördern, ohne dabei von Politik und Staat abhängig zu sein. Die erste Dauerausstellung wurde im Gemäldesaal der damals im Erbprinzenpalais (heute IHK) untergebrach- ten Bibliothek errichtet: »mit älteren und neueren Kunstwerken in- und ausländischer Künstler«, wie es im damaligen Protokoll festgehalten wurde. Innerhalb kür- zester Zeit wurde der Kunstverein zur mitgliederstärks- ten und populärsten Privatgesellschaft der Stadt. 1850 wurde der Verein mit der Aufgabe betraut, die Staatli- che Kunstsammlung zu verwalten – erst 1899 ging die- se Aufgabe an die Stadt über. Nachdem das Städtische Museum Wiesbaden 1973 von der Stadt an das Land übergeben wurde, wurde gleichzeitig der erste Schritt, der bereits bei der Gründung formulierten Bestrebung, einen eigenen Ausstellungsort für den Kunstverein zu finden, eingeleitet: 1979 bezogen wir unseren heutigen Sitz in der Wilhelmstraße 15, der »Prachtstraße« Wies- »Aber auch die Vorstellungen von der elitären badens, in einer großzügigen dreistöckigen Altbauvilla kaiserlichen Pracht oder der spießigen Beamten- mit inzwischen rund 350 m² Ausstellungsfläche. und Rentneridylle sind eben nur Klischees. Und Bereits 1994 mit dem Kulturpreis der Landeshauptstadt der Kunstverein arbeitet mit seinen Ausstellungen Wiesbaden ausgezeichnet, erreichten wir mit dem Ab- fleißig dagegen an.« schluss des Erbpachtvertrages im Frühjahr 2007 die Tobias M. Blank, bislang größte Anerkennung in unserer Geschichte Pepper, 15. September 2017 seitens der Stadt. Neben dem 2008 von der Landeshauptstadt Wiesbaden und dem Nassauischen Kunstverein Wiesbaden ins Le- ben gerufenen Stipendiums Follow Fluxus – Fluxus und die Folgen, dem höchst dotierten Stipendium Wiesba- dens, vergibt der Kunstverein seit 2013 in Kooperation mit den Kunstakademien der Universitäten von Min- nesota das WorkArt Kunstverein Fellowship an amerika- nische Kunststudent*innen. Auch mit den Kunsthoch- schulen der Region bestehen enge Kooperationen. Der Kunstverein ist zudem langjähriger Partner der B3 Bien- nale des bewegten Bildes, der RAY Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain und des exground filmfests. Der Nassauische Kunstverein ist Mitglied im Arbeits- kreis Stadtkultur, in der Kulturinitiative RheinMain so- wie in der ADKV, der Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine und wurde in den Jahren 2011, 2013, 2016 und 2017 für den ADKV-ART COLOGNE Preis für Kunst- vereine als bester Kunstverein Deutschlands nominiert. 5
Leslie Bauer / Daniel Eyrich / Carolin Liebl & Nikolas Schmid-Pfähler / Stephanie Kayß / Dominik Keggenhoff / Jaewon Kim / Marc Krause / Tom Król / Daisy von Mitzlaff / Sertan Satan / Johanne Schröder / Rudi Weissbeck / Malte Zenses High Ends / Absolvent_innen Kunst 2017 der HfG Offenbach 19. Januar bis 25. Februar 2018 Malte Zenses / Installationsansicht »Die 13 Positionen starke HfG-Schau – eine Premiere, da HfG-Absolventen erstmals eine institutionelle Ausstellung be- Sertan Satan / „I love photography“ go to hell!!, 2017 streiten, was künftig die Regel sein soll -, überzeugt durchweg durch ästhetische Kraft bei Einzelleistungen wie kuratorischem Konzept.« Dorothee Baer-Bogenschütz, Wiesbadener Kurier, 25. Januar 2018 Diese Schau war eine Premiere für die Hochschule für von immer virtueller und schnelllebiger werdenden Gestaltung Offenbach, da erstmals die Abschlussarbei- Wirklichkeiten zu hören und zu lesen. Dieser Behaup- ten ihrer Diplomand*innen öffentlich im institutionellen tung stellten die jungen Künstlerinnen und Künstler Rahmen gezeigt wurden. Die HfG Offenbach steht für eine explizit multisensorische Erfahrung entgegen. Die eine dem Bauhaus entlehnte, übergreifende Lehre zwi- Malereien und Skulpturen, Videos, Installationen, Per- schen und mit den Künsten, die sich in der zeitgenös- formances und Fotografien intensivieren und irritieren sischen Lage zwischen postmedial, hybrid und digital das alltäglich Gehörte und Ertastete, bisweilen auch immer mehr als aktuell angemessen positioniert. Ent- das Gerochene, Geschmeckte und Erahnte. Zunächst grenzte wie erweiterte Künste sind hier ab dem ersten gleichförmig erscheinende Routinen unserer (Fort-) Semester Dauerthema. Der experimentelle Charakter Bewegungs- und Sehgewohnheiten im Digitalen wie im aller ausgestellten Arbeiten setzte neue Impulse in der Analogen verwandelten sich in den Arbeiten der Aus- Gegenwartskunst und spiegelte diese freie, modulare stellung in dynamische Rhythmen, die neue Sichtweisen Studienstruktur der Hochschule für Gestaltung wieder. bekannter Muster zulassen. Die Betrachtung des Selbst und der Umgebung wird in Die Ausstellung bildete in der Landeshauptstadt den den Arbeiten der Absolvent*innen als ein Wahrneh- Auftakt einer fortan jährlich stattfindenden Absol- mungsmodus gedacht, der bei Weitem nicht nur den vent*innenausstellung an verschiedenen Standorten Sehsinn herausfordert. Immer wieder ist in den Medien innerhalb des Rhein-Main-Gebiets. von einer angeblich vorrangig visuellen Wahrnehmung, 6
Nadia Perlov / Lost PARDESS – Maybe Paradise 19. Januar bis 25. Februar 2018 Nadia Perlovs (*1990, Tel Aviv, Israel) Video themati- siert auf teilweise absurde Weise die Bedeutung der Tom Król / Installationsansicht Jaffa-Orange für Israel. Deren Geschichte beginnt Anfang des 20. Jahrhunderts in der britischen Kolo- nie Palästina, in der arabische und jüdische Menschen »Die Ausstellung „High Ends“ lebt vom als Nachbarn und Geschäftspartner zusammen lebten Eigensinn der beteiligten Künstler.« und arbeiteten. Beide Gemeinden kooperierten in den Eugen El, Orangenfeldern der Hafenstadt Jaffa, heute Tel-Aviv- SchirnMag, 18. Januar 2018 Jaffa. Nach der Proklamation des Staates Israel im Jah- re 1948 wurde diese kollektive Erinnerung an Gemein- schaft und Gleichheit vergessen, der größte Teil der arabischen Bevölkerung floh während des Krieges und der neue israelische Staat übernahm die Orangenfelder, um die Produktion der Jaffa-Orangen neu zu definieren und als israelische Marke zu entwickeln. Dadurch wurde die Orange zu einem der wichtigsten Symbole des Nati- onalstolzes Israels, aber auch für Zerstörung, Schmerz und Leid. Nach einer Tanzausbildung und einem Studium der Freien Kunst an der Bezalel Academy of Arts and De- sign in Jerusalem studiert Nadia Perlov seit 2015 an der Dominik Keggenhoff / Dementia Hortensis, 2017 Städelschule Frankfurt bei Judith Hopf. Johanne Schröder / Idle Capacities, 2017 »Doch mit dem Nassauischen Kunstverein als Gastgeber zur Premiere der „High Ends“ genann- Nadia Perlov / Lost PARDESS, Maybe Paradise, 2017 (Videostill) ten Abschlussschau, haben es die beiden Kurato- ren alles andere als schlecht getroffen. Immerhin hat man dort mit den Präsentationen von Studen- tenausstellungen – der Klassen Rehberger an der Städelschule etwa, Andrea Büttner an der Kunst- »‚Lost Pardess – Maybe Paradise‘ – Pardess ist im hochschule Mainz oder der Schüler Adam Jankow- Persischen wie auch im Arabischen und Hebräi- skis von der HfG – nicht nur ein Faible, sondern schen der Orangengarten – dockt kongenial an die auch eine Menge Engagement für junge frische Absolventenparade „High Ends“ der Hochschule Positionen erkennen lassen.« für Gestaltung Offenbach (HfG) an.« Christoph Schütte, Dorothee Baer-Bogenschütz, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. Februar 2018 Wiesbadener Kurier, 25. Januar 2018 7
Leda Bourgogne / Ryan Cullen / Diogo Duda / Beate Engl / FORT / Andy Holden / Daniel Kemeny / Ulrike Königshofer / Tobias Krämer / Hanne Lippard / Isabell Ratzinger Rinnzekete bee bee nnz krr müü 16. März bis 29. April 2018 FORT / Sunny, 2017 Nur aus einzelnen Lauten bestehend verweist der Titel eine Negierung des herkömmlichen Kunstbegriffs Rinnzekete bee bee nnz krr müü sowohl methodisch und Komik als Mittel, scheinbar Unbegreifliches zu als auch onomatopoetisch auf die den ausgewählten verarbeiten. künstlerischen Positionen inhärenten Mechanismen. In der Gruppenausstellung waren Werke von elf Künst- Aktuelle regionale sowie internationale Positionen be- lerinnen und Künstlern vertreten, die sowohl in ihren gegneten sich im Parcours der Ausstellung, die in Skulp- Arbeitsweisen als auch in ihren Intentionen Parallelen turen, Videos und Installationen auf subtile Weise als zu Kunst- und Literaturbewegungen aufweisen, die Realität verstandene Mechanismen und Systeme un- zum Ende des ersten Weltkrieges aufkamen. Der Titel serer Gegenwart hinterfragen. Mit Humor werden ge- entstammt der Ursonate des Poeten Kurt Schwitters, sellschaftliche Zwänge, Bürokratie und Effizienz durch die auf literarischer Ebene als ein Sinnbild für die Des- Zweckentfremdung ihrer repräsentativen Symbole iro- truktion vorherrschender Sinngebung und bürgerlicher nisiert. Während in den künstlerischen Arbeiten vor Ordnung um 1918 gesehen werden kann. Hundert Jahre hundert Jahren dabei geradezu unsinnige Parodien der später befinden wir uns erneut in einem gesellschaftli- etablierten Kunst entstanden, griffen die ausgestell- chen und politischen Spannungsfeld, das bislang gelten- ten Künstlerinnen und Künstler gesellschaftliche und de Wertesysteme infrage stellt oder sogar ganz ablehnt. politische Missstände nicht unmittelbar und laut an, Dementsprechend lassen sich heute auch ähnliche Re- sondern entwarfen eine durch den aktuellen Zeitgeist aktionen innerhalb der Kunstproduktion beobachten: ausgelöste gesellschaftliche Stimmung. 8
Isabell Ratzinger / Schuhe, 2017 Beate Engl / Einer für alle, 2009 Ulrike Königshofer / Wellenübersetzer, 2015 Diogo Duda / EQUÂNIME (EQUANIMOUS), 2014 »Dass die Schau vom Zeitgeist Etabliertes von rechtsnationalen Tendenzen bis zum Vorrang indi- vidueller Bedürfnisse intellektuell transferiert, löst erst das Lachen, dann das Nachdenken über das Unbehagen aus.« Christina Dressler, Wiesbadener Tagblatt, 26. März 2018 Hanne Lippard / 101 misspellings of Cappuccino, 2016 9
Beate Engl / Kolporteur, 2017 »Was wie die Aufwärmübung eines Nachrich- tensprechers klingt, ist in Wirklichkeit eine Zeile aus dem Lautgedicht „Ursonate“ von Kurt Schwitters. Man möchte die Wortkette immer weiterspinnen und sich dem Unsinn gänzlich vor die Füße werfen. Und wäre damit wohl ganz gut aufgehoben im Nassauischen Kunstverein Wiesbaden […].« BLAU, März 2018 Leda Bourgogne / Ventilation Carnation, 2017 Andy Holden / Laws of Motion in a Cartoon Landscape, 2011–2016 Ryan Cullen / The Reason All My Friends Are Depressed (United States), 2018 10
Bjørn Melhus / Rahel Pötsch / FREEDOM & 5 Eimer Weiß – INDEPENDENCE 3 Eimer Orange 16. März bis 29. April 2018 25. Mai bis 8. Juli 2018 Das Video zeigt die Malerin in Interaktion mit ihrem als Papierkulisse inszenierten Arbeitsplatz. Einerseits streicht sie in ruhiger, fast schon meditativer Bewegung, mit dem Pinsel über den für Fotoaufnahmen typischen Hintergrund einer Hohlkehle und scheint dabei selbst mit ihm malerisch zu verschmelzen. Andererseits wird sie unverhofft zum Gegenpol als agile Bewohnerin der geheimnisvollen künstlerischen Umgebung. Begleitet werden diese Stimmungswechsel durch kontemplative Geräusche und rituelle Gesänge. Bjørn Melhus / FREEDOM & INDEPENDENCE, 2014 (Videostill) Unter Verwendung von Stop-Motion-Technik scheint die Kulisse schließlich ein Eigenleben zu entwickeln und Der experimentelle Kurzfilm FREEDOM & INDEPENDENCE reagiert ihrerseits auf die Handlungen der Künstlerin. von Bjørn Melhus (*1966, Kirchheim unter Teck) hin- Das zweidimensionale Trägermaterial Papier umfasst terfragt das gegenwärtige globale ideologische Para- die Malerin und das Video wiederum erhält in ihrer digma hin zu neuen Formen des religiösen Kapitalis- ersten institutionellen Einzelausstellung durch die Pro- mus, indem er Ideen und Zitate der selbsternannten jektion auf einen raumeinnehmenden Paravent etwas objektivistischen Philosophin und Schriftstellerin Ayn Skulpturales. Rahel Pötsch bricht mit den eigentlichen Rand mit evangelischen Inhalten US-amerikanischer Eigenschaften ihrer gewählten Medien. Mainstream-Filme konfrontiert. Dieses zeitgenössische Märchen, in dem Melhus alle Charaktere selbst spielt, Rahel Pötsch (*1987, Berlin) studiert seit 2017 bei Amy wurde teilweise in einem Berliner Leichenschauhaus Sillman and Monika Baer an der Städelschule in Frank- und in neuen urbanen Umgebungen in Istanbul gedreht. furt. Nach einem Studium der Malerei bei Neo Rauch und H.C.Ottersbach an der HGB Leipzig studierte sie an Vor dem Hintergrund einer unergründlichen Megalopolis der Kunsthochschule für Medien bei Johannes Wohn- zitieren die Protagonisten in einer Geschichte, die den seifer and Raimund Krumme. Seither war sie bereits assoziativen Qualitäten einer Traumlogik folgt, aus Kon- an zahlreichen Ausstellungen beteiligt und erhielt 2015 zepten des neoliberalen Elitismus und einer Mischung den Preis der Freunde der Kölner Medienhochschule. aus religiösen Wahnvorstellungen und Halluzinationen der Apokalypse. Bjørn Melhus studierte an der HBK Braunschweig. Sein Werk umfasst Filme, Videos und Installationen, die in- ternational auf zahlreichen Festivals sowie in Gruppen- und Einzelausstellungen gezeigt wurden. Bjørn Melhus lebt und arbeitet in Berlin und ist seit 2003 Professor für Virtuelle Realitäten, Studiengang Bildende Kunst, an der Kunsthochschule Kassel. Rahel Pötsch / 5 Eimer Weiß – 3 Eimer Orange, 2017 (Videostill) 11
Julian Irlinger / props, 2016 »Kuratorin Janine Drewes hat ein internationales Quartett von Künstler_innen eingeladen und zeigt, wie Fotografie Räume erzeugen kann. Grenzen und Möglichkeiten werden ausgelotet.« Gesine Werner, Wiesbadener II/2018 Felicity Hammond / Private Collection Public Protection, 2016 Bianca Pedrina / Psychogeographie, 2018 Bianca Pedrina / Psychogeographie, 2018 »Auch Fotografie kann räumlich wirken. Und wie: Der Nassauische Kunstverein in Wiesbaden prä- sentiert in seinem Beitrag für die RAY-Fotoprojekte Frankfurt/Rhein-Main unter dem Thema „Extreme“ Kathrin Sonntag / Postscript, 2018 eine Schau mit hohen Schau- und Erlebniswerten.« Birgitta Lamparth, Wiesbadener Kurier, 30. Mai 2018 12
Felicity Hammond / Julian Irlinger / Bianca Pedrina / Kathrin Sonntag H×B×T RAY 2018 Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain 25. Mai bis 8. Juli 2018 Kathrin Sonntag / Postscript, 2018 Die RAY 2018 Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain trifft auf Simulation. So hinterfragt die Ausstellung vereinten herausragende internationale Positionen der auch, ob der grundsätzliche Unterschied zwischen zeitgenössischen Fotografie. Exklusive Neuproduktio- dreidimensionalem Raum und dessen zweidimensiona- nen und ortsspezifische Installationen im Nassauischen ler Simulation in der heutigen, digitalen Zeit tatsächlich Kunstverein als Wiesbadener Kooperationspartner noch entscheidend ist. Ist das permanente digitale „Be- ergänzten das Programm der Fotografieprojekte. gehen“ von fremden, unter Umständen weit entfernten Orten nicht längst zur Normalität geworden? Die international besetzte Gruppenausstellung H × B × T widmete sich, dem Leitthema EXTREME der Triennale Obwohl die dargestellten Räume stets lokal zu verorten folgend, der Grenzüberwindung des Mediums Fotogra- sind, sind sie ihrerseits entwurzelt – eine Parallele zur fie hin zu skulpturalen, performativen und installativen durch Globalität und Internet geprägten Gegenwart. In- Arbeiten. Die vier ausgewählten künstlerischen Positio- dem Verweise zu außerhalb liegenden Orten und Neu- nen schaffen auf Basis von zweidimensionalen Drucken produktionen mit einem Bezug zum konkreten Ausstel- – entgegen der ursprünglich der Fotografie inhärenten lungsort kombiniert werden, bewegt sich die Auswahl Abstraktion von dreidimensionalen Räumen in zweidi- der Arbeiten zwischen den Polen „in situ“ und „ex situ“, mensionale Flächen – neue Räume. Der Raum ist damit „regional“ und „international“. Fremde Räume migrie- nicht nur Ort der Präsentation der künstlerischen Ar- ren in den Kunstverein. Das Bekannte verschmilzt mit beiten, sondern ebenso ihr Inhalt. Die Arbeiten spielen dem „Fremden“ und extrem Anderen. mit Mimikry und Täuschungsmomenten sowie mit Ober- flächen und Spiegelungen und reflektieren so zugleich Zur Ausstellung erscheinen die Edition Elkes Keller von ihr eigenes Medium im Zeitalter der Post-Fotografie. Kathrin Sonntag und eine Edition von Julian Irlinger. Das tatsächliche Begehen von Räumen steht im Gegen- satz zu ihrer vermittelten Darstellung; reale Erfahrung 13
Jugend malt 2018 / Emma Eubanks / Heimat Hessen - For the Culture markante Städte, 13. bis 15. Juli 2018 Dörfer & Landschaften In ihrer ersten Einzelausstellung in Europa zeigte Emma Eubanks (*1996, St. Paul) eine Auswahl an Illustrationen 16. bis 24. Juni 2018 und einen Animationsfilm, anhand derer sie den pop- kulturellen Einflüssen zur Konstruktion einer afroame- rikanischen Kultur in den USA kritisch nachspürt. Als 2013 die internationale Black Lives Matter-Bewegung von der afroamerikanischen Gemeinschaft zum Schutz vor Gewalt gegen Schwarze in den USA gegründet wur- de und dadurch öffentliche Diskussionen und Handlun- gen folgten, war Emma Eubanks gerade 18 Jahre alt. Der landesweite Aufschrei über die Misshandlung von Afroamerikaner*innen wurde mit jeder Tötung einer schwarzen Person durch die Polizei weiter angeheizt. Während dieser Zeit des Protests und politischer Re- formen entfachte ein akutes und ständiges Bewusst- sein für die Probleme schwarzer Amerikaner*innen bei ihr. Diese Spannungen und das daraus resultierende Hyperbewusstsein von Ethnizität bilden den Kontext ihrer Arbeit. Emma Eubanks studiert Illustration und Animation am Minneapolis College of Art and Design. Ihre Arbeiten wurden in mehreren Galerien innerhalb der Hochschule sowie in der Public Functionary (Minneapolis) und der BI Worldwide Gallery (Edina) ausgestellt. Sie war Stipen- diatin des Programms WorkART Kunstverein Fellows- hip 2018, das von der Arbeitsgemeinschaft deutscher Jugend malt 2018 Kunstvereine (ADKV) in Kooperation mit dem Center for German and European Studies (DAAD) der Twin Cities (Minneapolis / St. Paul) 2011 ins Leben gerufen wurde. Der Kunst- und Kulturminister Boris Rhein bemerk- te zum Wettbewerb: „Städte unterscheiden sich in »Ein besonderes Highlight ist eine kleine Ausstel- ihrer Größe, ihre Bebauungen machen das Stadtbild lung, für die man bis unters Dach steigen muss. aus. Manchmal steht gar ein Gebäude für den ganzen Dort erzählt die junge Amerikanerin Emma Eu- Ort. Landschaften sind geprägt von Bergen, Flüssen, banks, Stipendiatin des Kunstvereins, von ihrer Tälern, Flora und Fauna – das macht sie auch für Kin- Faszination für die Popkultur.« der interessant. Unser Thema regt junge Menschen an, Ingeborg Toth, sich mit unserer Heimat auseinanderzusetzen und zu Wiesbadener Tagblatt, 14. Juli 2018 erkunden.“ Bereits zum 17. Mal prämierte das Hessische Ministeri- um für Wissenschaft und Kunst die Arbeiten von Kin- dern und Jugendlichen zwischen 6 und 16 Jahren aus ganz Hessen. Die Organisation und Durchführung des Wettbewerbs übernahm auch dieses Mal die Kinder- Akademie Fulda im Auftrag des Ministeriums. Eine Jury wählte aus 1.656 Bildern die Gewinner*innen in den Altersgruppen sechs bis acht, neun bis zwölf und 13 bis 16 Jahre aus. Pro Gruppe wurden fünf Ge- winner*innen ermittelt, deren Bilder anschließend im Kunstverein zu sehen waren. Installationsansicht 2018 14
Sabrina Heder / Lucas Bitter / Kevin Renninghoff / Aline Baliero Schmidt / Corinna Bayer / Mirjam Munstein / Ivo Mandov / Hannes Praast / Nils Bilse / Jiyeon Cha / Laurence Opp / Liz Kummer / Verena Lütkemeier / Mimi Park / Anne Riemer / Kevin Truhöl / Jan Allendörfer / Lisa Mohr / Lena Becker / Raphael Zydek / Laura Mauterer / Julia Reutershahn / Mustafa Özkan / Monika Tu Anh Tran / Bastian Brand / Tobias Bergmann / Jan Paschen / Moritz Bischoff / Josephine Gudakow / Gereon Weber und Ari Estavillo IMAGO / Gewachsen. Verpuppt. Entfaltet. Kommunikationsdesign Hochschule RheinMain 13. bis 15. Juli 2018 Aline Baliero Schmidt / Daughters, 2018 Raphael Zydek / Dialab, 2018 Der Titel IMAGO bezeichnet das Erwachsenwerden von Insekten nach der Verpuppung. Damit nahmen die Stu- dierenden Bezug auf ihre individuelle Entwicklung bis hin zu den im Kunstverein gezeigten Arbeiten. Als Se- mester- und Abschlussarbeiten entwickelten sie, für tatsächliche Kunden oder zuvor selbst erdachte und konzipierte Firmen oder Produkte, Entwürfe aus den Bereichen digitales Design, Printmedien und Typogra- fie, Corporate Design sowie Werbekampagnen. Unter der Leitung von Prof. Börries Müller-Büsching vereinte die Ausstellung die dabei entwickelten Lösungen und präsentierte die dahinterstehenden Konzepte. Zum sechsten Mal fand die Ausstellung rund um die Projekte der Bachelorabsolvent*innen nicht auf dem Campus, sondern in der Stadtmitte statt. Installationsansicht 2018 15
Thomas Bo Nilsson & Julian Eicke / Betreutes Leben - Ezzelino Web Cams Wiesbaden Biennale - Bad News 23. August bis 2. September 2018 Die Wiesbaden Biennale, ausgerichtet vom Hessischen Installationsansicht 2018 Staatstheater und unter der Leitung von Maria Magdale- na Ludewig und Martin Hammer, brachte auch 2018 wie- der eine Mischung aus Theater, Performance und zeit- genössischer Kunst in die Hessische Landeshauptstadt. Die Arbeit Betreutes Leben - Ezzelino Web Cams des Regisseurs, Architekten und Installationskünstlers Tho- mas Bo Nilsson und des Bühnenbildners Julian Eicke konfrontiert die Besucher*innen mit einer vielfach ver- strickten Fantasiewelt. Ein anonymer Auftraggeber hat eine immersive Visualisierung seiner intimsten Fantasi- en bestellt. Ein Filmset in der Spielhalle der City Passa- ge diente als Kulisse, in der zwei comichafte Charaktere elf Tage lang 24 Stunden am Tag, die Fantasien des Auf- traggebers umsetzten. Wer wirklich eintauchen wollte, kletterte in das im Nassauischen Kunstverein installier- Installationsansicht 2018 te Baumhaus und nahm über einen Chat Kontakt zur Filmcrew auf. Als Inspiration für die beiden Künstler diente der 1992 unter dem Pseudonym Nikanor Teratologen veröffent- lichte Roman Assisted Living. Dieser löste, gespickt mit expliziter Gewalt, Pädophilie, Inzest und Rassismus, einen Skandal aus und erreichte schnell Kultstatus. Doch was lange Zeit als radikale Provokation gelesen wurde, erschien 2016 in neuem Licht. Journalist*in- nen entdeckten Verbindungen zwischen dem explizit neo-nazistischen Netzprofil Ezzelino und dem Autor. Geniales Erstlingswerk eines ästhetischen Provoka- teurs oder vielmehr sadistische Fantasie eines aktiven Neonazis? Installationsansicht 2018 Thomas Bo Nilsson & Julian Eicke / Betreutes Leben - Ezzelino Web Cams, 2018 16
Helga Schmidhuber / A Heady, Hefty Upload. 31. August bis 21. Oktober 2018 Installationsansicht 2018 In der Ausstellung A Heady, Hefty Upload. zeigte die Tiefenpsychologische, das Fantastisch-Traumhafte und Künstlerin Helga Schmidhuber (*1972, Wiesbaden) eine das Magisch-Okkulte ziehen sich beständig durch ihre aktuelle Bestandsaufnahme ihres Schaffens. Der von ihr Werke. Und schließlich finden sich da die ganz unmittel- gewählte Titel der Schau bezieht sich dabei auf den Pro- baren sinnlichen Wahrnehmungen der Orte, an denen zess der Ausstellungskonzeption, der sich zeitlich sehr die jeweiligen Bildideen ihren Ursprung fanden und sie so komprimiert und mit großer Intensität vollzog. Wie ein maßgeblich prägten. „ungestümer, unbesonnener“ (engl. heady) und „hefti- (Auszug aus einem Text von Michael Neser) ger“ (engl. hefty) Datenstrom nahm die Präsentation der Werke für die Räume des Kunstvereins Gestalt an, wo- Helga Schmidhuber (*1972, Wiesbaden) schloss ihr Stu- bei sich einige der darin versammelten Arbeiten zu die- dium an der Kunstakademie Düsseldorf als Meisterschü- sem Zeitpunkt sogar noch im Entstehen befanden und lerin Albert Oehlens ab. 2002 war Heimspiel, ihre erste erstmals öffentlich gezeigt wurden. institutionelle Ausstellung, im Nassauischen Kunstver- ein Wiesbaden zu sehen. Es folgten Ausstellungen u.a. Die formale Bandbreite der Schau erstreckte sich – durch- in Frankfurt am Main, Köln, Zürich, Reykjavik, Wien, aus programmatisch für das Schaffen der Künstlerin – München und Brescia. 2016 kehrte sie als Kuratorin der von großformatigen gestisch-figurativen Malereien über Ausstellung My castle is your home in den Nassauischen Objekte und Schaukästen bis hin zu zeichnerisch-male- Kunstverein zurück, zu der sie 10 international agierende rischen Miniaturen, Collagen und Tätowierungen. All dem Künstlerinnen und Künstler in die hessische Hauptstadt liegt jedoch ein intimes verbindendes Geflecht von Ideen einlud. Helga Schmidhuber lebt und arbeitet in Berlin und und Empfindungen zugrunde und Helga Schmidhubers Bad Schwalbach. bildnerische Sprache speist sich aus den immer gleichen Quellen. Da ist vor allem die Natur. […] Die Künstlerin be- Zur Ausstellung erschien die Edition Alexander aus der dient sich bisweilen in der volkstümlichen Votivtraditi- Serie Buben. on oder dem Religiös-Sakralen anderer Ethnien und das 17
Sara Nabil / No Objection Possible 21. September bis 21. Oktober 2018 In ihren Arbeiten verbindet Sara Nabil (*1994, Kabul) Wie wirkt sich das Votum der Mächtigen an einem Erinnerungen an ihre Kindheit in Afghanistan mit per- Tisch auf das Leben von Millionen Menschen aus? Wel- sönlichen Beobachtungen zum aktuellen Zeitgesche- che Spuren hinterlassen diese Entscheidungen in in- hen. In der Ausstellung No Objection Possible nimmt dividuellen Lebensgeschichten? Und nicht zuletzt: Ist die Künstlerin mit der Zivilgesellschaft diejenigen in Widerspruch möglich? den Fokus, die die Auswirkungen wichtiger politi- scher Entscheidungen zu spüren bekommen, und ver- Sara Nabil studierte von 2013 bis 2015 Politikwissen- weist indirekt auf die hinter diesen Entscheidungen schaften an der Karwan University in Kabul, seit 2016 stehenden, teilweise auch wirtschaftlichen, Interessen. ist sie in der Klasse Heiner Blum für experimentelle Raumkonzepte an der Hochschule für Gestaltung in Die gleichnamige Installation, die speziell für die Aus- Offenbach am Main. 2018 gewann sie dort den Rund- stellung entstanden ist, kombiniert Videos mit skulptu- gangspreis der Frankfurter Künstlerhilfe. 2016 nahm ralen Elementen. Das Zentrum der Arbeit bildet dabei Sara Nabil an der Gruppenausstellung Curriculum Vitae ein überdimensionierter Tisch, der über den Köpfen zu (C.V.) – Intellektuelle Freihandelszone im Nassauischen schweben scheint. Verhandlungstische, die als archi- Kunstverein Wiesbaden teil. 2017 wurde eine Arbeit der tektonisches Element in politischen Interieurs weltweit Künstlerin von der Artothek des Deutschen Bundesta- in Verwendung sind, dienen Sara Nabil dabei als Sinnbild ges angekauft. 2018 war sie für den ars viva–Preis nomi- für Machtstrukturen und politische Handlungen. niert. Sara Nabil lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Sara Nabil / Enduring of..., 2018 18
Schüler*innen entde- cken zeitgenössische Kunst 2018 / Ein Kunstvermittlungsprojekt im Rahmen der Ausstellung Sara Nabil / No Objection Possible mit Schüler*innen der Sophie-und-Hans-Scholl-Schule in Wiesbaden Die Kooperation zwischen dem Nassauischen Kunst- verein Wiesbaden und der SCHUFA Holding AG Sara Nabil / No Objection Possible, 2018 fand 2018 zum neunten Mal in Folge statt. In ei- nem Workshop mit der Künstlerin Sara Nabil ent- wickelten Schülerinnen und Schüler der 10. Klas- se der Sophie-Hans-Scholl-Schule in Wiesbaden Klarenthal multimediale Arbeiten, die anschließend im Nassauischen Kunstverein präsentiert wurden. Das Kunstvermittlungsprogramm ermöglicht den Teil- nehmer*innen die gestalterische Auseinandersetzung mit einer aktuellen Ausstellung des Kunstvereins, im Jahr 2018 mit der Ausstellung Sara Nabil / No Objecti- on Possible, in der die Künstlerin Teile ihrer Lebensge- schichte mit aktuellen Zeitgeschehnissen kombiniert. Die Frage nach der eigenen Persönlichkeit, nach dem Ich, durchaus auch im Kontext des aktuellen Zeitge- schehens, war der Ausgangspunkt des Workshops. So lädt das Projekt die Schüler*innen dazu ein, gleicher- maßen das eigene Leben sowie die gesellschaftlichen und politischen Aussagen von Sara Nabils Ausstellung zu reflektieren. Sara Nabil / My Worlds, 2017/2018 »Mit ihrer kritischen Kunst sorgte die junge Afgha- nin Sara Nabil in ihrer Heimat für Aufregung, wurde von der Taliban bedroht und musste – nachdem sie einen Selbstmordanschlag überlebte – fliehen. In ihrer neuen Heimat Hessen zeigt sie nun neue Arbeiten – erstmalig in einer Einzelausstellung.« Hauptsache Kultur, hr, 2. Oktober 2018 »Die Künstlerin Sara Nabil aber, die vor drei Jah- ren vor der Taliban geflohen ist, scheint mit dieser Ausstellung in Deutschland angekommen.« Christoph Schütte, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. Oktober 2018 Sara Nabil mit Melissa Gündogan, Arianna Le Donne Marquez, Sofia Sbigoli und Homaira Wahed / Kannst Du erkennen, wer ich bin?, 2018 19
So gut fühlt sich Vertrauen an. Vertrauen ist die Basis für jede Art von Beziehung, ob privat oder geschäftlich. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Arten von Vertrauen. Manchmal bekommt man es geschenkt, muss es sich erarbeiten, unter Beweis stellen oder sogar wiedergewinnen. Wie die SCHUFA Vertrauen schafft, erfahren Sie auf www.schufa.de/vertrauen. Wir schaffen Vertrauen 20
Martha Atienza / Fair Isles exground filmfest 31 9. November bis 16. Dezember 2018 Die Ausstellung Fair Isles verdichtet die drei Videoins- Filmszenen die Ausstellungsräume. Ausschnitte aus dem tallationen Fair Isle 59°41’20.0”N 2°36’23.0”W, Anito alljährlich stattfindenden, ursprünglich animistischen 1 und Anito 2 zu einer präzisen Beobachtung der Phi- Fest Ati-Atihan auf der Insel Bantayan, demonstrieren lippinen unter gesellschaftlichen und umweltpoliti- den humorvollen Umgang der philippinischen Bevölke- schen Aspekten. Der Blick auf prekäre, und auf den rung mit tagespolitischen Ereignissen. Ob Naturkatast- ersten Blick unvertraute, Phänomene und Situationen rophen, der Drogenkrieg des Präsidenten Rodrigo Du- wirft unser eigenes Leben betreffende Fragen auf. terte oder Arbeitslosigkeit und Abwanderung – einmal im Jahr werden diese ernsten Themen der Region auf Wiederkehrende Elemente in den Arbeiten Martha Ati- dem Umzug in einfallsreichen Kostümen karikiert, die enzas (*1981, Manila) sind die bildliche Erforschung des das Streben nach Überleben, die Suche nach Identität Meeres und ein ethnografisches Interesse an den Ein- und das Bedürfnis nach Kreativität widerspiegeln. wohner*innen ihrer Heimat, der philippinischen Insel Bantayan, wobei ihre künstlerische Praxis untrennbar Martha Atienza studierte an der AKI Academy of Art and mit einem großen sozialen und ökologischen Engage- Design in Enschede und nahm am Kunstprogramm der ment verbunden ist. Im Gegensatz zur kontemplativen Kuvataideakatemia of the University of the Arts Helsinki Form des Slow-Motion-Videos Fair Isle, das die Instru- teil. 2017 wurde sie mit dem Baloise Art Prize der Art mentalisierung der Seewege als nautische Güterauto- Basel ausgezeichnet. Die Künstlerin lebt und arbeitet bahn mit den damit einhergehenden Auswirkungen auf auf Bantayan und in Rotterdam. sensible Ökosysteme in den Fokus nimmt, vereinnahmt das Langzeitprojekt Anito mit klang- und bildgewaltigen Martha Atienza / Fair Isle 59°41‘20.0“N 2°36‘23.0“W, 2016 21
Raffy Lerma / Nightshift exground filmfest 31 9. November bis 16. Dezember 2018 Raffy Lerma (*1978, Manila) bezeugt als Teil der Night- Umsetzung der Politik von Präsident Rodrigo Duterte. shift Group, einer Gruppe von nachtaktiven Fotojour- Erstmals wurden Raffy Lermas Fotografien in einer nalisten, in eindringlichen Bildern die Umsetzung und institutionellen Einzelausstellung gezeigt. Auswirkung der Anti-Drogen-Politik des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte. Die dokumentarischen Der Fotojournalist Raffy Lerma begann seine Karriere Fotografien nehmen die Opfer des strikten Regierungs- bereits während seines Studiums für Visuelle Kommuni- kurses in den Blick. Kurze beschreibende Texte zu den kation am College of Fine Arts der University of the Phi- Ereignissen legen die Zusammenhänge der Fotografien lippines Diliman mit Berichterstattungen über Straßen- offen. proteste, die 2001 zum Sturz des früheren Präsidenten Joseph Estrada führten. 2007 schloss er sein Diplom in Sein Foto von Jennilyn Olayres, die ihren Lebensge- Fotojournalismus am Konrad Adenauer Asian Centre for fährten Michael Siaron, einen Rikscha-Fahrer und be- Journalism an der Ateneo de Manila University ab. Raffy schuldigten Drogenhändler, im Arm hält, der am 23. Juli Lerma arbeitete zwölf Jahre lang als Fotograf für den 2016 von bewaffneten Unbekannten erschossen wurde, Philippine Daily Inquirer, bevor er sich 2017 selbststän- erlangte internationale Aufmerksamkeit. Die Fotografie dig machte, um sich als Teil der Nightshift Group auf erinnert an christliche Pietà-Darstellungen und diente seine Dokumentation des Krieges gegen die Drogen auf so als Symbolbild für das Leid der vornehmlich armen den Philippinen zu konzentrieren. Er lebt und arbeitet Bevölkerung der Philippinen unter der gewaltsamen in Manila. Raffy Lerma / Jennilyn Olayres hält ihren Partner Michael Siaron, 2016 22
Kiri Dalena / From the Dark Depths exground filmfest 31 9. November bis 16. Dezember 2018 Kiri Dalena / Gikan sa Ngitngit nga Kinailadman (From the Dark Depths), 2017 (Videostill) Kiri Dalena, Künstlerin, Filmemacherin und Aktivistin, Nach einem Studium der Humanökologie an der kämpft für Menschenrechte inmitten staatlicher Ver- University of the Philippines in Los Baños studierte Kiri folgung auf den Philippinen. Auf dieser Grundlage un- Dalena Dokumentarfilm am Mowelfund Film Insitute in terstreicht ihre Kunstpraxis die Relevanz von Protest Quezon City. Dalenas Arbeiten sind in den Sammlungen und zivilem Ungehorsam in der heutigen Gesellschaft. des Lopez Museum and Library in Manila, des Singapo- Ihre erste Einzelausstellung in Deutschland vereint re Art Museum, sowie der Queensland Art Gallery ver- erstmals die zwei zusammengehörigen Videos mit dem treten. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Manila und Titel Gikan Sa Ngitngit Nga Kinailadman über Leid und Mindanao (PHL). Widerstand der philippinischen Bauern. In ihren filmischen Arbeiten kombiniert Dalena (*1975, Manila) Dokumentationen und kritische Kommentare zur historischen und aktuellen Lage ihrer Heimat mit fiktionalen, oftmals poetischen Elementen. Ihre Vi- deos entstehen häufig in Kooperation mit sogenannten Grassroot-Bewegungen, die, im wörtlichen Sinne, so- ziale Themen von der Wurzel ausgehend reflektieren. Diese politisch und gesellschaftlich engagierten Ini- tiativen entstehen aus der Mitte der Bevölkerung und betrachten soziale Missstände von einem innseitigen Kiri Dalena / Gikan sa Ngitngit nga Kinailadman – Blickwinkel heraus. Mag-uuma (From the Dark Depths – Farmers), 2014 23
Yoshiaki Kaihatsu / Song Ta / Thank You Art Day Who is the Loveliest Guy 9. März 2019 5. April bis 9. Juni 2019 39 Thank You Art Day wurde durch den in Deutschland lebenden, japanischen Künstler Yoshiaki Kaihatsu (*1966, Yamanashi, Japan) im Jahr 2000 initiiert, um die Anerkennung der zeitgenössischen Kunst in Japan voranzutreiben. Im Japanischen klingt »thank you« ähnlich wie 3 / 9 (san kyuu). Daher ist der Tag 3 / 9 (9. März) der auserwählte Tag. Zum 19. Thank You Art Day wird im Nassauischen Kunst- verein schwarzer Tee serviert, passend zu Assaf Gru- bers Ausstellung wahlweise auch mit kubanischem Rum. Der Eintritt ist frei. www.39art.com 19. Kurze Nacht der Galerien und Museen in Song Ta / Who Is The Loveliest Guy, 2014 (Videostill) Wiesbaden Die Dreikanal-Videoinstallation Who Is the Loveliest Guy (2014) ist vom Essay Who Are the Most Beloved Peop- 6. April 2019 le? (1951) des chinesischen Journalisten Wei Wei, ei- ner sehr wohlwollenden Darstellung von Soldaten der Volksfreiwilligenarmee Chinas während des Koreak- rieges, inspiriert und zeigt eine Gruppe uniformierter Marineoffiziere in unterschiedlichen Kameraperspekti- ven während einer Achterbahnfahrt. Bleiben sie ihrem tapferen und heroischen Image während der rasanten Fahrt treu? In den Nahaufnahmen lässt sich nicht nur ihre Mimik auf Anspannung und Angst überprüfen, son- dern auch rätseln, wer denn nun der hübscheste von ihnen sein könnte. Song Ta (*1988, Leizhou, Guangdong, CHN) studierte In der Nacht vom 6. auf den 7. April 2019 laden die Malerei an der Guangzhou Academy of Fine Arts. Seine Wiesbadener Kunstinstitutionen zur 19. Kurzen Nacht Arbeiten waren u. a. im New Museum, New York, in der ein. Die Besucher*innen erwartet während der Kurzen Julia Stoschek Collection Foundation, Düsseldorf, dem Nacht neben vielen Ausstellungen ein facettenreiches Para Site Art Space, Hong Kong, dem Guangdong Times Programm und wie immer ist der Eintritt in allen Ins- Art Museum, dem Ullens Center for Contemporary titutionen kostenfrei. Das vollständige Programm aller Art, Beijing und dem Marres, Huis voor Hedendaagse beteiligten Institutionen ist unter www.kurze-nacht.de Cultuur, Maastricht sowie auf der Shenzhen Sculpture aufgeführt. Biennale zu sehen. Er lebt und arbeitet in Guangzhou. 24
The Fair Grounds 1.0 / 5. bis 7. April 2019 Dropstuff.nl / The Fair Grounds 1.0, 2017 The Fair Grounds 1.0 schickt die Besucher*innen auf die Reise auf Motorrad, Pferd, Rennwagen, Hubschrau- eine nostalgische Reise zurück in ihre Kindheit und ber, Pokémon oder Clown-Wippe antreten wollen. Wird zugleich auf einen futuristischen Ausflug zu zwei der der große rote Knopf betätigt, setzen sich die Fahrge- beliebtesten europäischen Reiseziele. Die Installation stelle im 1. Obergeschoss des Nassauischen Kunstver- besteht aus sechs ausgedienten „Kiddy-Rides“, die an eins in Gang. Kirmes-Besuche der Kindheit erinnern. Zu neuem Glanz gelangen sie durch einen Anstrich in den Farben der Das Designkolletiv DROPSTUFF.nl ist ein Pionier im niederländischen „De Stijl“-Bewegung, zu dessen be- Mediendesign und für Kunstinstallationen bekannt, in kanntesten Vertretern Piet Mondrian und Gerrit Riet- denen die Grenzen zwischen digitalem und analogem veld zählen. Die Fahrgestelle laden dazu ein, sich via Raum verschwimmen. The Fair Grounds 1.0 wurde wäh- Virtual Reality auf eine Reise in zwei europäische Met- rend der Venedig-Biennale 2017 in Zusammenarbeit ropolen zu begeben, die trotz aller Gegensätzlichkeiten mit der niederländischen Botschaft in Italien lanciert. erstaunlich viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Jeder Während des Cinekid Amsterdam Media Festival 2017 Automat bewegt sich auf seine eigene Weise autonom gewann die Installation den Golden Lion Audience von den anderen. In der virtuellen Realität angekom- Award. Das Fair Grounds-Projekt wird mit dem NICE men, werden die Teilnehmer*innen in einer rasanten Award 2019 für soziale Innovationen in der europäischen Achterbahnfahrt durch Venedig und Amsterdam ge- Kreativwirtschaft ausgezeichnet. schickt. Die Besucher*innen entscheiden selbst, ob sie 25
Rune Mields / ZEITEN UND ZEICHEN 12. April bis 9. Juni 2019 Rune Mields / Die Koordinaten des Universums/Das Netz der Kulturwelt, 1981 Rune Mields (*1935, Münster) übersetzt ordnende Schaffen von Rune Mields. Zudem werden neue Arbei- Strukturen und Schemata in Kunst, wobei sich Logik und ten aus zwei erstmals ausgestellten Serien zu sehen Ratio mit Poesie und Magie verbinden. Die Einbindung sein. Der Fokus der gezeigten Arbeiten liegt einerseits von Symbolen der Ordnungssysteme, auf denen unse- auf der Darstellbarkeit von Zeit in Form von Zahlen, an- re Gesellschaft basiert, wie Zahlen, Worte, Noten, aber dererseits auf der Darstellung von Zahlen und anderen auch abstrakte Zeichen und Ornamente, kennzeich- Zeichen in unterschiedlichen Zeiten und Systemen. nen ihre meist in Schwarz, Weiß und Grau gehaltenen und bei aller Konzeptualität sehr stark visuell gepräg- Rune Mields begann ihre künstlerische Laufbahn Ende ten Gemälde. Der Erforschung und Visualisierung von der 1960er. 1968 war sie Mitbegründerin des Kunst- Zahlensystemen stellt sie die in vielen Kulturen existie- vereins Zentrum für aktuelle Kunst – Gegenverkehr in rende magische oder rituelle Bedeutung der Zahlen zur Aachen. 1977 nahm sie an der documenta 6 in Kassel Seite, wissenschaftliche Konzepte und Fragestellungen teil und erhielt 1984 eine Gastprofessur an der Hoch- werden von mythischen oder metaphysischen Überle- schule der Künste in Berlin. 1989 war sie Ehrengast der gungen überlagert. So stellen sich als zugrundeliegen- Villa Massimo in Rom. Ihre Arbeiten sind u.a. in den de Elemente ihrer Arbeiten die Visualisierbarkeit der Sammlungen des Ludwig Museums, des Kunstmuseums Unendlichkeit und die Limitierung unseres Denk- und Bonn, des Landesmuseums Mainz und der Nationalga- Vorstellungsvermögens heraus. lerie Berlin vertreten. Sie erhielt u.a. den Harry Graf Kessler-Preis, den Kulturpreis der Stadt Köln, den Gab- Die Einzelausstellung ZEITEN UND ZEICHEN vereint Ar- riele Münter Preis und zuletzt den Zonta Cologne Art beiten unterschiedlicher Werkgruppen aus dem insge- Award 2016. Sie lebt und arbeitet in Köln. samt sechs Jahrzehnte umfassenden künstlerischem 26
Pia Ferm / good breed 12. April bis 12. Mai 2019 Pia Ferm / Baldino, 2018 (Detail) Pia Ferms (*1986, Lysekil, SE) reduzierte Stillleben sind der Schwere des wollenen Objekts entgegenstellen. präzise Auseinandersetzungen mit den von ihr verwen- Dieser Gegensatz findet sich ebenfalls in den Skulptu- deten Medien und Materialien. Ihre Wandteppiche aus ren Pia Ferms. Trotz der Schwere des massiven Marmors Wolle bewegen sich zwischen Skulptur und Malerei, ist ihr Ausdruck leicht und spielerisch, wie sie popartig verbinden sie doch die Traditionen der Bildteppiche die Alltagsobjekte der Teppichmotive aufnehmen und und des malerischen Stilllebens. Gehört die traditio- das gewichtige Erbe der antiken Skulptur unbeschwert nelle Teppichwirkerei oder -weberei zu den ältesten untergraben. Handwerkskünsten der Menschheit, bedient sich die Künstlerin mit dem Tufting einer relativ modernen in- Pia Ferm studiert seit 2014 in der Klasse Tobias Rehberger dustriellen Technik. Vor allem der gestische Ausdruck an der Städelschule, Frankfurt am Main, nachdem sie der Teppiche sowie die Präsentation an der Wand rufen zuvor ein Studium an der Dômen artschool, Göteborg eine größere Nähe zur Malerei hervor, erweitert aller- absolvierte. Sie stellte bereits in Schweden, Österreich dings um eine räumliche und verführerisch haptische und Deutschland aus. Qualität. Grundlage für die Motive Pia Ferms sind, der Tradition der Wandteppiche folgend, Gemälde, wobei die Über- setzung von abstrakten Motiven in textiles Gewebe bereits von den Künstler*innen des Bauhauses weiter- entwickelt wurde. Dazu schafft sie abstrahierte Aqua- rellstillleben, die sich motivisch mit ihrer Leichtigkeit 27
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