Noch gut 20 Monate bis zum Schlüpftermin - AuguSt 2013 - Vogelwarte Sempach

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Noch gut 20 Monate bis zum Schlüpftermin - AuguSt 2013 - Vogelwarte Sempach
AVINEWS                                     august 2013

Noch gut 20 Monate bis zum Schlüpftermin
Nachdem die Finanzierung für das       Projekts zuständigen Christian        einen Nesthocker dagegen spricht      bauökologische Pionierleistung
neue Besuchszentrum durch zweck-       Marti und Felix Tobler. Mit grossen   die Aussicht, dass das frisch ge-     sein wird. Ökologische Leistungen
bestimmte Drittmittel weitgehend       Vogeleiern, die sie an der «Grund-    schlüpfte Besuchszentrum am An-       sind auch die Renaturierung des
gesichert war, fällte der Stiftungs-   Ei-Legung» am 23. August auf          fang seines Daseins von der Vogel-    Geländes am heutigen Standort
rat der Vogelwarte diesen Frühling     dem künftigen Gelände des Be-         warte-Mutter wohl noch fürsorg-       des Vogelwarte-Gebäudes und die
einstimmig den Baubeschluss für        suchszentrums im Garten der Vo-       lich gehudert und später behutsam     amphibiengerechte Umgestaltung
das neue Besuchszentrum. Die           gelwarte ablegten, brachten sie       in sein eigenes Leben geführt wer-    des Teiches unter Federführung
«Grund-Ei-Legung» am 23. August        dies symbolisch zum Ausdruck.         den muss. Wir werden es sehen.        des Basler Landschaftsarchitek­
markierte den Baubeginn und da-            In der so gestarteten, gut 20         So oder so gibt es aber auch      turbüros Fontana. Und was
mit den Start in die knapp zweijäh-    Monate dauernden Bauphase wer-        viele gesicherte Fakten zum Vogel-    schliesslich ganz sicher, aber kei-
rige Schlussphase dieses für die       den diese ganz besonderen Eier        warte-Besuchszentrum, in dem          neswegs selbstverständlich ist:
Vogelwarte epochalen Projekts.         nun ausgebrütet, auf dass im Mai      auch die Vogelpflegestation unter-    Unser grosses Ei können wir jetzt
                                       2015 das Küken «Besuchszent-          gebracht sein wird: Die in Zusam-     nur ausbrüten, weil uns Gönne­
Ideen, Visionen, Skizzen, Konzepte,    rum» schlüpfen kann. Ob dieses        menarbeit mit Steiner Sarnen          rinnen und Gönner, Stiftungen,
Ausführungs-, Finanzierungs- und       ein Nestflüchter oder ein Nest­       Schweiz konzipierte und realisierte   Kantone, Eidgenossenschaft,
Terminpläne für das Besuchszent-       hocker sein wird, können heute        Ausstellung wird ganz neuartige       Standortgemeinde und Firmen fi-
rum der Vogelwarte sind nach jah-      nicht einmal die Fachleute von der    Einblicke in die einheimische Vo-     nanziell sehr grosszügig bei unse-
relangen intensiven Vorarbeiten zu     Vogelwarte mit Sicherheit voraus-     gelwelt bieten. Gesichert ist auch,   rem Vorhaben unterstützten. Ih-
einer runden Sache geworden.           sagen. Für einen Nestflüchter         dass das vom Bieler Architektur-      nen danken wir an diesem ent-
Davon sind die Beteiligten über-       spricht die Tatsache, dass der Tag    büro :mlzd im Minergie-P-ECO-         scheidenden Punkt für das uns
zeugt, allen voran Stiftungsrats-      der Eröffnung mit grösster Wahr-      Standard projektierte Besuchszent-    entgegengebrachte Wohlwollen
präsident Richard Maurer und die       scheinlichkeit zu einem Sprung ins    rum als erstes dreigeschossiges       und Vertrauen sehr herzlich!
für die Gesamtkoordination des         kalte Wasser werden dürfte. Für       Lehmgebäude der Schweiz eine                                    Felix Tobler
Noch gut 20 Monate bis zum Schlüpftermin - AuguSt 2013 - Vogelwarte Sempach
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Wiesenbrüter in Nord- und Mittelbünden

Ein spezieller Vegetationstyp, nämlich die Bergfettwiese (Trisetion), wird vom Braunkehlchen bevorzugt – aber der Mahdzeitpunkt muss stimmen! Unterhalb von
ca. 1300 m ü.M. werden solche Wiesen heutzutage oft zu früh gemäht, so dass die Nester zerstört und häufig sogar die brütenden Weibchen getötet werden (Fotos:
links: Roman Graf, rechts: Mathias Schäf).

In Graubünden wird das Grünland          graphische Besonderheiten (bis in        wie Feldlerche, Braunkehlchen            kammern mit einem besonders
bis weit hinauf als Mähwiese ge-         grosse Höhen nur mässig geneigte         und Baumpieper wichtige Habi-            grossen Potenzial für Bodenbrüter.
nutzt. So liegen die höchst gelege-      Hänge in den Gebieten mit Bünd-          tate sind. Zu vermuten ist, dass sie     Es sind dies grossflächige Wiesen-
nen Mähder in den Bündner Tal-           ner Schiefer), anderseits aber auch      weit überregionale Bedeutung ha-         gebiete oberhalb von etwa
schaften verbreitet über 2100 m          kulturelle Traditionen, sowohl bei       ben und für die Erhaltung der            1000 m ü.M, die nur mässig steil
ü.M., vereinzelt (z. B. im Avers,        den Walsern als auch bei den Ro-         Wiesenbrüter im gesamten Alpen-          und nicht von allzu vielen Struktu-
Rheinwald und Val Schons) sogar          manen. Aus den Monitoringpro-            raum eine Schlüsselstellung ein-         ren wie Wäldchen, Hecken und
auf gegen 2400 m ü.M.                    grammen der Schweizerischen Vo-          nehmen.                                  Einzelbäumen durchsetzt sind. Zu-
                                         gelwarte wissen wir, dass die                Leider geraten wiesenbrütende        sammen mit der Ornithologischen
Grund für diese bemerkenswerte           hochgelegenen Bündner Mähwie-            Vogelarten aber auch in Graubün-         Arbeitsgemeinschaft Graubünden
Nutzungsform sind einerseits geo-        sen für bodenbrütende Vogelarten         den zusehends unter Druck. Die           (OAG) plante die Schweizerische
                                                                                  Resultate des langjährigen Moni-         Vogelwarte Sempach in diesen Po-
                                                                                  torings der Brutvögel im Engadin         tenzialgebieten eine vollständige
                                                                                  zeigen für die letzten zwanzig           Bestandsaufnahme. 55 Kartierer
                                                                                  Jahre beim Baumpieper eine Ab-           (Freiwillige der OAG, Mitarbeiter
                                                                                  nahme um 47 Prozent, bei der             der Vogelwarte) untersuchten in
                                                                                  Feldlerche um 58 Prozent und             den Jahren 2010 bis 2013 mehr
                                                                                  beim Braunkehlchen um 46 Pro-            als 150 km2 Bündner Wiesland.
                                                                                  zent (Korner et al. in Vorb.). Mit       Dabei legten sie zu Fuss mehr als
                                                                                  ein Grund für diese bedenklichen         1000 km zurück. Wegen der riesi-
                                                                                  Zahlen ist die beobachtete Nut-          gen Kartierfläche mussten Zuge-
                                                                                  zungsintensivierung unterhalb            ständnisse bei der Methode ge-
                                                                                  von ca. 1300 m ü.M (Graf et al.          macht werden. Um den Aufwand
                                                                                  in Vorb.)                                in Grenzen zu halten, wurden nur
                                                                                      Deshalb ist es höchste Zeit, die     2 Kartiergänge (anstatt drei wie
                                                                                  wichtigen Wiesenbrütergebiete im         üblich) durch­geführt, und die Po-
                                                                                  grössten Bergwiesenkanton zu             tenzialgebiete wurden lediglich
                                                                                  identifizieren, denn nur mit guten       auf einem Transekt durchschritten,
                                                                                  Daten können Schutzstrategien            anstatt wie gewohnt die ganze
                                                                                  effizient geplant und Schutzmass-        Fläche minutiös abzusuchen. Um
                                                                                  nahmen zielführend umgesetzt             die Resultate abzusichern wurden
Den Baumpieper kann man in ganz Graubünden beobachten. Seine Nester be­           werden.                                  zehn Gebiete im gleichen Jahr
finden sich meist an nicht mehr genutzten Böschungen, in Waldrandnähe oder            In einer Vorauswahl bestimm-         zweimal kartiert, einmal mit der
in extensivem Weideland (Foto: Mathias Schäf).                                    ten wir ca. 100 Landschafts­             abgespeckten und einmal mit der

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Norm-Methode. Nach der Analyse
der Resultate zeigte sich, dass mit
beiden Methoden die gleichen Ge-
biete als besonders wertvoll er-
kannt worden wären.

Resultate
Das Braunkehlchen wurde wäh-
rend der Kartierung in ca. 70 %
der untersuchten Gebiete ange-
troffen. Etwa die Hälfte aller
Braunkehlchen-Beobachtungen
gelangen in einem Höhenbereich
zwischen ca. 1600 und 1920 m
ü.M. In dieser Höhenlage gibt es
noch relativ üppige Goldhaferwie-
sen, wie das Braunkehlchen sie
mag. Aus klimatischen und ar-
beitstechnischen Gründen werden
diese Bergwiesen oft erst im Juli
gemäht, so dass die Bruten nicht          Bergwiesen ob Partnun / Sankt Antönien auf über 2000 m ü.M. Dass solche Lagen trotz sehr geringen Erträgen noch gemäht
                                          werden, hat viel mit dem Traditionsbewusstsein der Bündner Bergbauern zu tun (Foto: Roman Graf).
vermäht werden. Besonders gute
Braunkehlchengebiete wurden im
Tujetsch, bei Vrin, bei Vals, im obe-
ren Safiental, bei Langwies (Schan-       ganzen Kanton verteilt, gehäuft in        vos) sowie in den Hochlagen des           Rahmen der Vernetzungsprojekte
figg), bei St. Antönien, im Val           der Surselva und im obersten Teil         Schanfiggs. Im übrigen hat die            der Fokus auf den grossflächigen
Schons, im oberen Rheinwald und           des Hinterrheintals (Val Schons,          Lerche die Bündner Mähwiesen              Abschluss von Spätmahd-Verträ-
bei Bivio festgestellt. Weil sich die     Rheinwald). Da der Baumpieper             ebenso verlassen wie die Futter-          gen gelegt werden. In Zusammen-
Vorauswahl der Untersuchungs­             nicht an gemähte Gebiete gebun-           baugebiete im Unterland. Sie sie-         arbeit mit den Naturparks (Parc
gebiete vor allem an den An­              den ist, sondern in extensivem            delt meist nur noch weit oben,            Ela, Parc Adula, Parc Beverin) kön-
sprüchen des Braunkehlchens               Weideland oft noch besser vertre-         im Grenzbereich der Mähwiesen             nen hoffentlich ortsansässige Per-
orientierte, können wir davon aus-        ten ist, können wir nicht davon           und in den angrenzenden, heide­           sonen gefunden werden, welche
gehen, dass wir mit unserer Me-           aus­gehen, dass wir die Hotspot-          artigen Magerweiden. Deshalb              die Schutzmassnahmen in diesen
thode praktisch alle Bündner              Gebiete für diese Art vollständig         ist auch bei der Feldlerche nicht         Gebieten koordinieren. Der Ent-
Braunkehlchen-Hotspots identifi-          erfasst haben.                            auszuschliessen, dass gewisse             scheid über das weitere Vorgehen
zieren konnten.                               Besonders bedenklich sieht die        Populationen in ausgedehnten,             liegt zu einem grossen Teil bei den
    Der Baumpieper wurde eben-            Situation bei der Feldlerche aus.         mageren Alpweidegebieten mit              kantonalen Behörden. Die Schwei-
falls in etwa 70 % der besuchten          Nur in 30 % aller untersuchten            unserer Methode nicht erfasst             zerische Vogelwarte Sempach bie-
Gebiete gefunden. Er bevorzugt            Flächen konnte diese Art über-            wurden.                                   tet aber ihre Hilfe gerne an, denn
geringfügig tiefere Höhenlagen            haupt noch festgestellt werden.                                                     es ist eines unserer Hauptziele,
(50 % der Beobachtungen zwi-              Die besten Bestände findet man            Umsetzung                                 den Schutz der Wiesenbrüter im
schen ca. 1600 und 1850 m ü.M.).          noch im Val Schons, am Heinzen-           Jetzt müssen Taten folgen. In den         Alpenraum voranzutreiben.
Gute Gebiete findet man über den          berg, im Lumnez bei Parsenn (Da-          Bündner Hotspot-Gebieten soll im                                  Roman Graf

In den ausgedehnten heideartigen Flachmooren ob Peist im Schanfigg gibt es noch Feldlerchen; diese Flächen werden nur alle 2–4 Jahre gemäht (Fotos: links: Pierre
Mollet, rechts: Mathias Schäf).

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                                                                                                                            seeschwalbe und einer männli-
                                                                                                                            chen Flussseeschwalbe. Am 21.
                                                                                                                            Juni beobachtete er die Fütterung
                                                                                                                            zweier 8–9 Tage alter Küken. Im
                                                                                                                            Gebiet Fanel/Chablais de Cudrefin
                                                                                                                            waren ab Ende Juni ebenfalls zwei
                                                                                                                            Küstenseeschwalben anwesend,
                                                                                                                            die auch die dortige Flusssee-
                                                                                                                            schwalbenkolonie besuchten. Ein
                                                                                                                            baldiger Brutversuch könnte also
                                                                                                                            bevorstehen.
                                                                                                                                Der Seidenreiher hat den Sprung
                                                                                                                            in den Atlas noch nicht geschafft.
                                                                                                                            In der Petite Camargue alsacienne
                                                                                                                            nördlich von Basel wurden zwei
                                                                                                                            Horste mit je drei Jungen entdeckt.
                                                                                                                                Auf der anderen Seite gibt es
                                                                                                                            auch Hiobsbotschaften: So blieben
                                                                                                                            die ehemaligen Brutgebiete des
                                                                                                                            Rotkopfwürgers verwaist. Auch
                                                                                                                            bei der Beutelmeise liegt bisher
                                                                                                                            keine Meldung vor, die auf eine
                                                                                                                            Brut deutet.
Noch Anfang Juni lag in den Alpen verbreitet Schnee bis auf 1900 m. Einige hoch gelegene Kilometerquadrate konnten
erst ab Juli bearbeitet werden und waren selbst dann noch nicht schneefrei (Foto: Peter Knaus).                             Seltene Arten trotz nasskal-
                                                                                                                            tem Frühling
                                                                                                                            Unter den seltenen Arten ist ein
Kurz vor Abschluss der ersten Feld-         Das kühle Wetter verzögerte           wurde der Brutversuch durch das           singender Brachpieper während
saison für den neuen Brutvogelat-        die Vegetationsentwicklung. Auch         Hochwasser vereitelt.                     über drei Wochen im Südtessin
las lässt sich trotz des misslichen      auf die Vögel hatte es grössere             Auch beim Silberreiher gelang          bemerkenswert. Eine weibliche
Frühlings ein erfreuliches Fazit zie-    Auswirkungen. Viele Kurzstre-            der erste Brutnachweis. Am 9. Au-         Rohrweihe wurde in Chavornay
hen: In über 750 Kilometerquadra-        ckenzieher wie Hausrotschwanz,           gust beobachtete Jacques Jeanmo-          beim Nestbau beobachtet. Ob es
ten wurden Kartierungen durchge-         Rotkehlchen, Heckenbraunelle             nod am Südufer des Neuenburger-           zu einem Brutversuch gekommen
führt und aus 466 (von 467) Atlas-       und Drosseln gerieten durch den          sees die Fütterung zweier flügger         ist, ist nicht bekannt.
quadraten gingen Meldungen ein.          hartnäckigen Spätwinter arg in           Jungvögel ausserhalb des Nests.               Der nasskalte Frühling schien
In über 40 Atlasquadraten wurden         Bedrängnis. Der reichliche und           An selber Stelle hatte Pascal Rapin       einigen Arten nichts auszumachen.
bereits nach der ersten Saison           späte Schnee in den Bergen hat           schon am 2. Juni und 12. Juli einen       So wurden rund um den Bodensee
gleich viele oder sogar mehr Arten       den Brutbeginn vieler Brutvögel          warnenden Altvogel gesichtet.             auf deutscher Seite und im Rhein-
als 1993–1996 nachgewiesen.              durcheinander gebracht. So hat              Eine weitere neue Brutvogelart         delta sechs Sänger des Kleinen
                                         die Tannenmeise gebietsweise             schaffte es (noch) nicht über die         Sumpfhuhns festgestellt. Erfreulich
Vom Wetter wurden die Atlas-Mit-         deutliche Einbussen erlitten. Ge-        Grenze: Im Vorarlberger Rhein-            ist eine Brut der Zwergohreule im
arbeitenden mindestens zu Beginn         nau aus diesem Grund werden              delta entdeckte Daniel Bruderer           Solothurner Jura mit mindestens
der ersten Atlassaison kaum unter-       für den Brutvogelatlas die Daten         wie im Jahr zuvor ein Mischpaar           einem Jungen. Auch sonst ist bei
stützt. In den Klimabulletins von        über vier Feldsaisons ermittelt.
MeteoSchweiz finden sich zum             Die Resultate werden somit nicht
gefühlten kalten und nassen Früh-        durch ein Extremjahr zu stark
ling auch die entsprechenden Fak-        beeinflusst. Gespannt darf man
ten: In den Niederungen war es           auf die diesjährigen Ergebnisse
verbreitet der kälteste März seit        des Monitorings Häufige Brutvögel
1987. Ab Mitte März bis Anfang           (MHB) sein, mit dem die jährliche
April herrschte kaltes Wetter mit        Bestandsentwicklung verfolgt
Schneelagen bis in die Niederun-         wird.
gen. Nach Mitte April kam es er-
neut zu einem Temperatursturz            Überraschungen im ersten
und vor allem in der Westschweiz         Jahr
fiel Schnee bis unter 1000 Meter.        Der Frühling bot auch einige or­
Auch der Mai war der kühlste seit        nithologische Highlights: Erstmals
1991. Zudem war er verbreitet            brütete der Stelzenläufer in der
nass, ein Unwetter am Monats-            Schweiz. Am Flachsee Unterlunk-
ende brachte regional sogar Re-          hofen balzten ab Mitte Mai zwei
kordniederschläge. Erst im Juni          Paare. Am 30. Mai entdeckten An-
stellte sich allmählich sommerli-        ders Storensten und Martin Hüsler        Erstmals kam es zu einem Brutversuch des Stelzenläufers in der Schweiz (Foto:
ches Wetter ein.                         ein Nest mit einem Ei. Leider            Anders Storensten).

 4                                                                                                                                            Avinews 2013 / 2
Noch gut 20 Monate bis zum Schlüpftermin - AuguSt 2013 - Vogelwarte Sempach
At L A S N E W S

                                         dass die Gesamtverbreitung schon           grosser Einsatz der Mitarbei-
                                         jetzt gut mit dem Areal 1993–              tenden
                                         1996 verglichen werden kann.               Angesichts der Wetterverhältnisse
                                         So liegen beim Grünspecht Nach-            war der Einsatz der Atlas-Mitarbei-
                                         weise aus 398 Atlasquadraten               tenden grossartig! Obschon ab
                                         (10 × 10 km-Quadrate) vor; 1993–           Mitte April manches Wochenende
                                         1996 waren 452 Quadrate be-                buchstäblich ins Wasser fiel, wur-
                                         setzt. Auch der Turmfalke weist            den über 750 Kilometerquadrate
                                         fast schon eine ausgeglichene              (1 × 1 km-Quadrate) kartiert. Am
                                         Bilanz auf (409 bzw. 460 Atlas-            Schluss dürfte diese Zahl deutlich
                                         quadrate). Auffällig bei dieser            höher sein, denn noch immer er-
                                         Art sind Lücken im östlichen               halten wir täglich Feldkarten zuge-
                                         Mittelland. Die weiteren Jahre             schickt. Unter den kartierten Kilo-
                                         werden zeigen, ob dort die Dichte          meterquadraten sind auch rund
                                         wirklich tiefer ist oder ob dies           320 Quadrate aus dem MHB-/
                                         durch die geringe Beobachter-              BDM-Netz. Diese Langfristprojekte
                                         dichte bedingt ist.                        mit jährlichen Bestandserfassun-
Im Südtessin war während über                Bei der Zippammer gelang               gen (MHB) bzw. Kartierungen alle          Erfreuliche Meldung beim Sperlings­
drei Wochen der Gesang eines             zwar kein Brutzeitnachweis im              fünf Jahre (Biodiversitätsmonito-         kauz: Er brütete dieses Jahr erfolgreich
Brachpiepers zu hören (Foto: Beat                                                                                             in der Region Winterthur (Foto: Marcel
                                         Jura. Dafür wurde die Art in den           ring Schweiz BDM) laufen weiter,
Rüegger).                                                                                                                     Burkhardt).
                                         Alpen an mehreren Stellen neu              und die Ergebnisse fliessen vollum-
                                         entdeckt, vor allem in Graubün-            fänglich in den Atlas ein.
                                         den. Beim Mittelspecht ist eine                An dieser Stelle gebührt allen
dieser Art in den nächsten Jahren        eindeutige Bestandsentwicklung             Mitarbeitenden und ornitho-Mel-
mit Überraschungen zu rechnen.           zu verzeichnen. Die Art wurde in           derinnen und -Meldern ein grosses
Zwei Vorstösse der speziellen Art        über 30 Quadraten neu gefunden,            Dankeschön für den enormen Ein-             Auswertungen der re-
gab es im Mittelland: Vom Hasel-         so dass sich das Areal nun vom             satz und die vielen Daten! Fast             vierkartierungen
huhn wurde wie im Vorjahr ein            Genfer- bis zum Bodensee er-               2000 Beobachterinnen und Beob-
Revier in der Umgebung von Zo-           streckt. Massiv ausgebreitet haben         achter haben ihre Brutzeitmeldun-           Das Atlasteam wäre froh,
fingen gefunden. Und beim Sper-          sich auch Mittelmeermöwe und               gen auf www.ornitho.ch erfasst              wenn Sie die Auswertungen
lingskauz gab es in der Region           Saatkrähe.                                 und damit zur Datensammlung                 der Revierkartierungen mit
Winterthur sogar eine erfolgreiche           Auch der Rotmilan dehnt sein           des Atlas beigetragen. In diesem            «Terrimap online» demnächst
Brut mit zwei Jungen! Dagegen            Areal weiter aus und ist nun an            Jahr wurden bisher über 880 000             abschliessen könnten, damit
blieben Vorstösse von anderen al-        zahlreichen Stellen am Alpennord-          Meldungen erfasst (nicht nur aus            wir die Ergebnisse kontrollie-
pinen Arten wie beispielsweise des       rand anwesend. In den grösseren            der Brutzeit). Damit werden 2013            ren können. Jede Kartiererin
Dreizehenspechts bislang aus. Im-        Alpentälern kommt es ebenfalls             erstmals deutlich mehr als eine Mil-        bzw. jeder Kartierer wird da-
merhin wurden die Juravorkom-            vermehrt zu Beobachtungen bis              lion Datensätze zusammenkom-                nach persönlich Bescheid so-
men dieser Art bestätigt und sie         weit in die Brutzeit hinein. Hier          men; 2012 lagen wir knapp unter             wie eine Zusammenfassung
wurde erstmals im Misox auf der          wäre es besonders aufschlussreich,         der Millionengrenze. Wir freuen             der Ergebnisse pro Kilometer-
Alpensüdseite nachgewiesen.              wenn in diesen Regionen auch               uns unter diesen Umständen be-              quadrat erhalten. Wir bitten
                                         Nachweise gelingen würden, die             reits auf das zweite Atlasjahr und          um Verständnis, wenn Sie die
Erfreulicher Zwischenstand               mindestens auf ein wahrscheinli-           sind überzeugt, dass viele Löcher           Rückmeldung trotz terminge-
bei einigen Arten                        ches Brüten hindeuten (z.B. bal-           in den Verbreitungskarten dann              rechtem Abschluss erst in ein
Bei einigen Arten wurden im ers-         zendes Paar, Transport von Nist-           bereits gestopft werden können!             paar Wochen erhalten werden.
ten Jahr so viele Daten gesammelt,       material).                                                         Peter Knaus

  1993–1996
  2013

Beim Mittelspecht ist die positive Bestandsentwicklung auf der Verbreitungskarte schon nach der ersten Atlassaison klar erkennbar (Foto: Jean­Lou Zimmermann).

Avinews 2013 / 2                                                                                                                                                   5
Noch gut 20 Monate bis zum Schlüpftermin - AuguSt 2013 - Vogelwarte Sempach
At L A S N E W S

Immer aktuell dank ornitho.ch
                                                                                                                      dem artspezifischen Stichdatum
                                                                                                                      erfolgte, möchten wir Sie darauf
                                                                                                                      aufmerksam machen, dass damit
                                                                                                                      noch kein gültiger Nachweis für
                                                                                                                      den Atlas vorliegt (Meldungen mit
                                                                                                                      Fragezeichen erscheinen nicht auf
                                                                                                                      den Verbreitungskarten).
                                                                                                                          Durch die rasche Mitteilung
                                                                                                                      hoffen wir, dass es in möglichst
                                                                                                                      vielen Fällen noch gelingt, die
                                                                                                                      Beobachtung im Feld zu bestäti-
                                                                                                                      gen. Auch möchten wir vermei-
                                                                                                                      den, dass wir erst nach der Brut-
                                                                                          In ornitho.ch erleichtern   saison solche Nachfragen machen
                                                                                          Quadratübersichten          müssen. Dann sind die Erinnerun-
                                                                                          zwischen den beiden
                                                                                                                      gen an die Details möglicherweise
                                                                                          Atlanten 1993–1996 und
                                                                                          2013–2016 die Übersicht     längst verflogen. Wir haben von
                                                                                          erheblich.                  den meisten Beobachterinnen und
                                                                                                                      Beobachtern viel Verständnis für
                                                                                                                      dieses Vorgehen erhalten und
Die Datenzentrale des Brutvogelat-       und die Exkursionsziele gezielt zu     code. Eine Meldung wird also auf      werden es auch in den kommen-
las ist die Internetplattform www.       planen. Dank der Aktualisierung        der Karte dargestellt, wenn sie       den Feldsaisons anwenden.
ornitho.ch. Damit lässt sich der         der Karten und Quadratübersich-        den minimalen Atlascode der be-
aktuelle Stand für jedes Atlasqua-       ten in Echtzeit können Sie prüfen,     treffenden Art erfüllt, selbst wenn   direkte kontrollen erwünscht
drat und jede Art stets abrufen.         welche Arten schon von anderen         sie vor dem Stichdatum erfolgte.      Atlasquadrat-Verantwortliche und
Wir bemühen uns, die hier verfüg-        Beobachtern nachgewiesen wor-          Wir haben daher die erfassten Da-     ihre Mitarbeitenden können übri-
baren Karten möglichst fehlerfrei        den sind. Dadurch sollte verhin-       ten laufend überwacht. In ver-        gens auf ornitho.ch selber die Ar-
zu halten, damit sie möglichst           dert werden, dass Sie überflüssige     schiedenen Fällen haben wir im        tenliste und die Meldungen kon-
jenen im künftigen Buch «Schwei-         Sucharbeit leisten müssen.             Sinne der Qualitätssicherung nach     trollieren und bei Fragen direkt die
zer Brutvogelatlas 2013–2016»                Die als geschützt erfassten Beo-   weiteren Details nachgefragt und/     betreffenden Beobachterinnen
entsprechen.                             bachtungen bleiben indes weiter-       oder uns erlaubt, ein blaues Frage-   und Beobachter kontaktieren.
                                         hin unterdrückt, auch für die Ver-     zeichen zu setzen. Hiermit zwei-      Oder Sie melden sich beim Atlas-
Der Brutvogelatlas 2013–2016 ist         antwortlichen der Atlasquadrate        feln wir nicht die Artbestimmung      team (atlas@vogelwarte.ch).
der erste Atlas, der «live» ent-         und ihre Mitarbeitenden. Die ein-      an. In Fällen, wo eine Meldung vor                            Peter Knaus
steht. Alle Beobachtungen werden         zige abrufbare Information ist, ob
auf www.ornitho.ch oder auf «Ter-        diese Arten schon im Atlasquadrat
rimap online» erfasst. Die Daten-        (also auf Niveau 10 × 10 km) nach-
eingabe ging in der ersten Feldsai-      gewiesen worden sind.                   Spezialfunktionen für den Atlas auf ornitho.ch
son sehr zügig vorwärts. Dafür
möchten wir Ihnen schon jetzt            regelmässige durchsicht der             Die Atlas-Funktionen sind im gelben Menü «Brutvogelatlas 2013–
herzlich danken! Zudem sind die          daten                                   2016» verfügbar. Es handelt sich um die folgenden:
vielen punktgenauen Meldungen            Aus technischen Gründen ist es          • Im Untermenü «Verbreitungskarten» kann man die Karte mit der
bei seltenen Arten und Kolonie-          auf ornitho.ch leider nicht mög-          Artenzahl pro Atlasquadrat sowie die Artkarten für den neuen At-
brütern sehr wertvoll.                   lich, die Artkarten gemäss Stichda-       las (2013–2016) aufrufen, aber auch für die früheren Atlanten
    Diese Daten erleichtern es Ih-       tum und Atlascode zu erzeugen,            (1972–1976 und 1993–1996). Die den Karten zugrunde liegenden
nen, die Feldarbeit zu optimieren        sondern nur gemäss dem Atlas-             Meldungen sind zudem auf einfache Weise abrufbar.
                                                                                 • Mit den «Vergleichskarten» lässt sich die Verbreitung von Arten
                                                                                   zwischen zwei Perioden vergleichen.
                                                                                 • Die «Karte der Quadratverantwortlichen» zeigt die Verantwortli-
                                                                                   chen und Mitarbeitenden der Atlasquadrate.
                                                                                 • Die «Atlasdokumente» sind nur für die Verantwortlichen der Atlas-
                                                                                   quadrate und ihre Mitarbeitenden verfügbar. Hier können unter
                                                                                   anderen die Artenlisten der Atlanten abgerufen werden, z.B.
                                                                                   2013–2016 im Vergleich zu 1993–1996. Zudem finden Sie hier
                                                                                   neu die zum Atlasquadrat gehörigen Dokumente (Übersichtskarte
                                                                                   über das Atlasquadrat; Artenliste 1972–1976 und 1993–1996 inkl.
                                                                                   die verschiedenen Kategorien pro Art: seltene Arten gelb, Kolonie-
                                                                                   brüter grün usw.). Wir werden Anfang 2014 eine aktualisierte Liste
                                                                                   mit den Nachweisen 2013 aufschalten.
                                                                                 • Unter «Terrimap online» besteht ein direkter Zugang zur Internet-
                                                                                   seite http://atlasdata.vogelwarte.ch, so dass man sich dort nicht
Beim Pirol erschweren vor allem im Alpenraum späte Durchzügler die Zuordnung,      mehr einloggen muss.
ob es sich um einen möglichen Brutvogel handelt (Foto: Tomi Muukkonen).

 6                                                                                                                                    Avinews 2013 / 2
Noch gut 20 Monate bis zum Schlüpftermin - AuguSt 2013 - Vogelwarte Sempach
At L A S N E W S

Aussicht auf die weitere Atlasarbeit
  Nachweise
  Grenze Mittelland/Jura – Alpen                                                                                                   längere Anwesenheit deutet schon
  Mittelland,
  Nachweise Jura – Alpen
  Atlasquadrate
  Atlasquadrate
                                                                                                                                   viel mehr auf eine mögliche Brut
                                                                                                                                   hin als eine isolierte Beobachtung.

                                                                                                                                   Neue Erkenntnisse bei
                                                                                                                                   Weiden- und Alpenmeise
                                                                                                                                   Bei der Mönchsmeise wird von
                                                                                                                                   vielen Mitarbeitenden nach Mög-
                                                                                                                                   lichkeit Weiden- und Alpenmeise
                                                                                                                                   unterschieden. Das einzige Be-
                                                                                                                                   stimmungsmerkmal der beiden
                                                                                                                                   Meisenformen ist der Gesang
                                                                                                                                   (http://atlas.vogelwarte.ch/
                                                                                                                                   moenchsmeise).
                                                                                                                                       Gemäss der letzten detaillierten
Der Kuckuck ist hoffentlich vor allem im Jura noch deutlich verbreiteter als es sich auf der provisorischen Karte zeigt (Foto:     Verbreitungsstudie von Willy Thö-
Pascal Rapin).                                                                                                                     nen 1962 verläuft die Arealgrenze
                                                                                                                                   von Alpen- und Weidenmeise ent-
                                                                                                                                   lang einer Linie vom Genfersee
2014 gibt es neben den Kartierun-           fer, Zitronengirlitz und Alpenbir-          Beispielsweise können Fitis, Trau-         über Thuner- und Brienzersee zum
gen in den Kilometerquadraten               kenzeisig), wo wir die Verbreitung          erschnäpper und Pirol im Alpen-            Vierwaldstätter- und Walensee bis
und der weiteren Artensuche in              in diesen beiden biogeografischen           raum bis in die Brutzeit hinein            zum Rheintal bei Sargans. Nun
den Atlasquadraten zwei Schwer-             Regionen so vollständig wie mög-            festgestellt werden. Ohne Hinweis          zeigt sich schon nach einer Feld-
punkte: Es soll eine möglichst voll-        lich haben möchten. In den Alpen            auf eine wahrscheinliche Brut in           saison, dass die Weidenmeise
ständige Erfassung der Koloniebrü-          zählen diese Vogelarten zu den              der Umgebung würden solche Be-             auch in den tiefen Lagen des Chu-
ter durchgeführt werden. Zudem              verbreiteten Arten.                         obachtungen unter Umständen                rer Rheintals vorkommt. An ande-
sollen die Lebensräume von selte-                                                       bei der Schlussbereinigung weg-            ren Stellen der Alpennordseite
nen Arten und von Koloniebrütern            Nachweise abseits des be-                   gelassen werden, wie das auch              wurden ebenfalls Weidenmeisen
kontrolliert werden, damit für              kannten Brutareals                          beim Atlas 1993–1996 gemacht               ausserhalb des erwarteten Areals
diese Arten auch die Verbreitung            Bei Feststellungen ausserhalb des           worden ist. Daher sind wir Ihnen           notiert. Man darf auf weitere neue
pro Kilometerquadrat so vollstän-           Areals, wie es im Atlas 1993–1996           dankbar, wenn Sie solche Beob-             Erkenntnisse in den kommenden
dig wie möglich bekannt ist.                dargestellt war, hätten wir gerne           achtungen nach 1–2 Wochen wie-             Jahren gespannt sein!
                                            möglichst konkrete Bruthinweise.            der zu bestätigen versuchen. Eine                                  Peter Knaus
Bei den Koloniebrütern steht im
Schwerpunktjahr 2014 eine voll-
ständige Erfassung an. Damit wer-                                                                            Weidenmeise
                                                                                                             Weidenmeis e
                                                                                                             Alpenmeise
den wir eine Richtgrösse für den                                                                             beide Gesangsformen
                                                                                                                   Gesangsformen

Gesamtbestand von Kormoran,
Graureiher, Kiebitz, Lach- und Mit-
telmeermöwe, Flussseeschwalbe,
Alpensegler, Uferschwalbe, Dohle
und Saatkrähe erhalten. Auch bei
den beiden Koloniebrütern in
Siedlungen, Mauersegler und
Mehlschwalbe, ist eine solche Zäh-
lung anzustreben, allerdings nur
für die Kolonien mit mindestens
10 Brutpaaren.
    Bei den seltenen Arten sind                                                                              Nachweise

zwar schon viele Meldungen ein-                                                                              Atlasquadrate

gegangen. Jedoch sollte in den
kommenden Atlassaisons noch
vermehrt darauf geachtet werden,
pro Atlasquadrat alle möglichen
Lebensräume abzusuchen. Das
Ziel ist, dass die Verbreitung für
diese Arten auf der Basis von
1 × 1 km so vollständig wie mög-
lich erfasst wird.
    Dasselbe Ziel gilt für die selte-
nen Arten im Mittelland und Jura
(Kuckuck, Wendehals, Felsen-                Oben: Verbreitungskarte der Mönchsmeise 2013, aufgeschlüsselt in die beiden Gesangsformen Weiden­ und Alpenmeise.
schwalbe, Bergpieper, Stein-                Unten: Auf der Punktkarte des Schwarzkehlchens zeichnen sich die Verbreitungsschwerpunkte bereits nach dem ersten Atlas­
schmätzer, Ringdrossel, Mauerläu-           jahr ab (Fotos: Marcel Burkhardt).

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Noch gut 20 Monate bis zum Schlüpftermin - AuguSt 2013 - Vogelwarte Sempach
a k t u elles a u s d e r v o g elwel t

Energiewende: Gehen die Verfassungsziele im
Landschaftsschutz den Bach runter?

Der Rheinfall und zahlreiche weitere Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung werden durch überrissene Projekte gefährdet. Die Vogelwarte ist
überzeugt, dass die Ziele der Energiewende sich anderweitig realisieren lassen (Foto: KEYSTONE/Steffen Schmidt).

Die Idee für ein Kraftwerkprojekt        dienen. Begründet wird dies mit          lerte Erhaltung nationaler Natur-        ein verheerender Rückschritt in die
am Rheinfall hat eine Welle der          der Energiewende, die neben Pho-         und Kulturdenkmäler fordert, wird        Zeit vor dem Artikel zum Natur-
Em­pörung hervorgerufen, steht           tovoltaik und Windkraft insbeson-        ausgehebelt. Denn die neue Be-           und Heimatschutz in der Bundes-
doch der Rheinfall für Naturmonu-        dere den Ausbau der Wasserkraft          stimmung würde bedeuten, dass            verfassung. Unter dem Vorwand
mente, die in den Augen der              erfordere.                               es gar kein schweizerisch bedeu-         der Energiewende soll eine hart
Schweizer Bevölkerung Schutz ver-                                                 tendes Natur- oder Kulturerbe            erarbeitete Errungenschaft von
dienen. Das national wichtigste          Zerstörerische Wirkung                   gäbe, das ungeschmälert zu be-           Bund, Kantonen und Gemeinden
Natur- und Kulturerbe der Nach-          Die Wirkung dieser Initiative ist al-    wahren ist. Was sind «öffentliche        weggefegt werden. Die unge-
welt zu erhalten, ist einer der we-      lerdings noch verheerender als bis-      Interessen»? Das sind längst nicht       schmälerte Erhaltung nationalen
sentlichen Eckpfeiler der schweize-      her angenommen: Der einschlä-            nur Energieanlagen. Dabei wurden         Naturerbes gälte nur noch, so-
rischen Landschaftspolitik seit dem      gige Absatz im Natur- und Hei-           gerade diese von der ENHK in             lange kein Projekt von «öffentli-
Bundesverfassungsartikel über den        matschutzgesetz verlangt heute,          zwei Dritteln als realisierbar einge-    chem Interesse» realisiert werden
Natur- und Heimatschutz vor 50           dass die national bedeutenden            stuft, denn das BLN bedeutet kein        soll – eine glatte Pervertierung des
Jahren. Diese Gebiete sind in In-        Objekte «ungeschmälert» erhalten         absolutes Veränderungsverbot.            Verfassungsauftrags. Es gibt offen-
ventaren des Bundesrats aufge-           bleiben, jedenfalls grösstmögliche           Der Staats- und Verwaltungs-         bar Verfassungsbestimmungen,
führt.                                   Schonung verdienen. Davon darf           rechtler Alain Griffel hat in einem      die man einfach ins Gegenteil dre-
                                         nur abgewichen werden, wenn              Gutachten die zerstörerische Wir-        hen kann. Abgesehen von dieser
Ins Schussfeld der Kritik gekom-         bei Erfüllung einer Bundesaufgabe        kung dieser parlamentarischen Ini-       merkwürdigen Rechtsauffassung
men ist das Bundesinventar der           gleich- oder höherwertige Interes-       tiative offengelegt. Für die Gebiete     ist es unverständlich, dass gegen
Landschaften und Naturdenkmäler          sen von ebenfalls nationaler Be-         im BLN-Inventar kann dies sogar          Energieverschwendung zögerlich
von nationaler Bedeutung (BLN-In-        deutung entgegenstehen. Diese            einen schlechteren Schutz als für        vorgegangen, Landschaftszerstö-
ventar, u. a. mit Ruinaulta, Jung-       «gleich- oder höherwertigen Inter-       kommunale Landschaftsschutzge-           rung aber legitimiert wird.
frau-Aletsch, Oberengadin, Made-         essen» sollen nun nach dem Wil-          biete bedeuten. Denn zahlreiche              Gekürzte Fassung des in der
ranertal usw.): Die parlamentari-        len der Kommissionsmehrheiten            BLN-Gebiete sind nicht formell als       Neuen Zürcher Zeitung vom
sche Initiative von Ständerat            von Stände- und Nationalrat er-          Landschaftsschutzzonen in Nut-           28.5.2013 erschienenen Beitrags.
Joachim Eder, von beiden Kommis-         setzt werden durch «öffentliche          zungsplänen bezeichnet, weil sich
sionen der eidgenössischen Räte          Interessen des Bundes oder der           viele Behörden darauf verlassen
angenommen, will den genannten           Kantone», es ist gar von öffentli-       haben, dass der Schutz mit der
Eckpfeiler wegbrechen. Die Gut-          chen Interessen der Gemeinden            Verpflichtung zu obligatorischen
achten der Eidgenössischen Natur-        die Rede. Damit wird die vorange-        Gutachten der ENHK aus­reiche.
und Heimatschutzkommission               hende Gesetzesverpflichtung zur
(ENHK), welche den Grad der Be-          «ungeschmälerten Erhaltung» fak-         Pervertierung des Ver­
                                                                                                                                                  Richard Maurer,
einträchtigung eines Vorhabens zu        tisch ausser Kraft gesetzt. Mehr         fassungsauftrags                                                Stiftungsrats­
beurteilen hat, sollen nur noch als      noch: Auch der Verfassungsartikel,       Es geht beim Vorstoss Eder um viel                              präsident der
unverbindliche Stellungnahmen            welcher ebenfalls die ungeschmä-         mehr als um die ENHK. Es erfolgt                                Vogelwarte

 8                                                                                                                                           Avinews 2013 / 2
Noch gut 20 Monate bis zum Schlüpftermin - AuguSt 2013 - Vogelwarte Sempach
N e u es a u s d e r f o r s c h u n g

Altersbestimmung bei Rauchschwalben Rebhühner und Umwelteinflüsse
Die Altersbestimmung von Nestlin-           Dann stossen die Federschäfte zu         Um bedrohten Vogelarten helfen            fangenschaft gehalten wurden,
gen ist ein wichtiger Bestandteil           verschiedenen Zeiten an verschie-        zu können, müssen wir verstehen,          teilweise besser auf das Leben im
von Studien, in denen das Wachs-            denen Körperpartien durch die            wie sie auf Veränderungen ihrer           Käfig angepasst. Unsere Studie
tum von Vögeln untersucht wird.             Haut. In einem schön illustrierten       Umwelt reagieren. Wir haben               zeigt auf, dass man mit einfachen
Da eine genaue Altersbestimmung             Artikel werden hier die verschiede-      beim Rebhuhn (Perdix perdix) un-          Mitteln den Gesundheitszustand
mit regelmässigen Nestbesuchen              nen Entwicklungsschritte für             tersucht, wie sich die genetische         der Rebhühner beeinflussen und
häufig schwierig ist, werden dazu           Rauchschwalben-Nestlinge be-             Herkunft und die Umweltbedin-             somit die Erfolgschancen einer
Entwicklungskurven verwendet.               schrieben, so dass deren Alter zu-       gungen vor und nach dem Schlupf           Rebhuhn-Wiederansiedlung ver-
Vorsicht ist aber bei Nahrungs-             verlässig bestimmt werden kann.          auf die körperliche Entwicklung           bessern kann.
knappheit geboten, da dann das                 Morales, J. et al. (2012):            auswirken. Vögel aus wilder Her-              Homberger, B. et al. (2013):
Wachstum verlangsamt stattfin-              Ageing nestling Barn Swallows            kunft waren physiologisch gut ge-         The impact of pre- and post-natal
det. Am besten eignen sich die             ­Hirundo rustica: an illustrated          rüstet für ein Überleben in freier        contexts in wild and domesticated
frühen Stadien der Gefiederent-             guide and cautionary comments.           Wildbahn. Hingegen waren Vögel,           grey partridges. Functional Ecology:
wicklung zur Altersbestimmung.              Ringing & Migration, 27:2, 65–75.        die seit vielen Generationen in Ge-       doi: 10.1111/1365-2435.12092.

3-tägiger Rauchschwalbennestling (Zeichnung: Judith Morales).                        Bereits Rebhuhnküken reagieren auf Umweltveränderungen (Foto: Markus Jenny).

Windkraftanlagen als Risiko?                                                         Steinschmätzer reisen vorsichtig
In der Schweiz werden zuneh-               wir eine Risikokarte für die              Viele Vogelzugfragen sind noch            für ein Mehrfaches einer Nacht-
mend Windenergieanlagen ge-                Schweiz entwickeln. Diese be-             offen. Mit wie viel Energie und           flug-Etappe haben. Zudem sind sie
plant und gebaut. Das Bestreben,           zeichnet Gebiete mit hohem bzw.           wann verlassen Zugvögel einen             schnelle Reisende, bereits ca. eine
den Klimaschutz mit erneuerbaren           tiefem Konfliktpotenzial. Da viele        Rastplatz? Um dies zu beantwor-           Stunde nach Sonnenuntergang
Energieformen voranzutreiben,              gute Windstandorte im Bereich             ten, rüstete Heiko Schmaljohann           ziehen sie ab. Dadurch wird die
führt immer häufiger zu Konflik-           mit hohen Zugintensitäten liegen,         Steinschmätzer mit an der Vogel-          nächtliche Flugzeit optimiert und
ten mit dem Vogelschutz. Wir zei-          empfehlen wir ein System, welches         warte entwickelten Telemetriesen-         Reisedistanzen von 300–400 km
gen auf, wo die Technologie Risi-          die Anlagen automatisch abstellt,         dern aus. Er stellte fest, wie sich       können pro Nacht erreicht werden.
ken für die Vogelwelt bietet und           wenn viele Vögel durchziehen.             Vögel verhalten, die von Alaska zu            Schmaljohann, H. et al. (2013):
wie diese gesenkt werden können.               Liechti, F. et al. (2013): Model­     ihren in Ost-Afrika gelegenen Win-        Stopover optimization in a long-­
Von Windturbinen betroffen sind            ling the spatial concentrations of        terquartieren aufbrechen. Zum ei-         distance migrant: the role of fuel
insbesondere Zugvögel. Dank un-            bird migration to assess conflicts        nen sind sie vorsichtige Reisende,        load and nocturnal take-off time
seren langjährigen Beobachtungen           with wind turbines. Biological            da sie beim Start der nächsten            in Alaskan northern wheatears.
und Forschungsresultaten konnten           Conservation 162: 24–32.                  Flug­etappe genügend «Treibstoff»         Frontiers in Zoology, 10:26.

Auf Pässen können hohe Vogelzugkonzentrationen auftreten. Ein vorübergehendes        Ein mit einem Radiosender versehener Steinschmätzer in Alaska, der sich auf seinen
Abstellen der Windturbinen könnte den Konflikt entschärfen (Foto: Daniela Heynen).   15 000 km langen Zugweg nach Ost-Afrika vorbereitet (Foto: Heiko Schmaljohann).

Avinews 2013 / 2                                                                                                                                                    9
Noch gut 20 Monate bis zum Schlüpftermin - AuguSt 2013 - Vogelwarte Sempach
VogELSchutZthEMEN ErkLÄrt

revision Waldgesetz 2013 und Agrarpolitik 2014 –17
                                                                               allgemeine «Massnahmen zur För-
                                                                               derung der Artenvielfalt im Wald»
                                                                               finanziell unterstützen. Im Gegen-
                                                                               zug gelten Jungwaldpflege und
                                                                               die «Gewinnung von forstlichem
                                                                               Vermehrungsgut» neu nicht mehr
                                                                               als Massnahmen, die zur Erhal-
                                                                               tung der biologischen Vielfalt im
                                                                               Wald beitragen. Sie werden weiter
                                                                               finanziell unterstützt, doch neu in
                                                                               einem separaten Absatz, als Mass-
                                                                               nahmen, welche die Anpassung
                                                                               des Waldes an die Klimaerwär-
                                                                               mung begünstigen. Dies sind
                                                                               durchaus zweckmässige Änderun-
                                                                               gen. Letztlich ist aber für die Er-
                                                                                                                      In Ackerbaugebieten ist der Anteil an
Die Berglandwirtschaft wird von der AP14–17 profitieren. Zu hoffen ist, dass   haltung und Förderung der Bio-         Biodiversitätsförderflächen sehr gering.
auch die bedrohten Bodenbrüter im Berggebiet zu den Gewinnern der Reform       diversität im Wald anderes ent-        Ob sich mit der AP14–17 viel ändern
gehören werden (Foto: Markus Jenny).                                           scheidend. Für die Etablierung         wird, ist fraglich (Foto: Markus Jenny).
                                                                               von Waldreservaten und die Um-
                                                                               setzung von anderen zweckmässi-
Noch bevor die letzte Revision des       Massnahmen an die Klimaerwär-         gen Massnahmen müssen auch in          lücken bestehen. Insgesamt füh-
Eidgenössischen Waldgesetzes             mung, die vermehrte Nutzung           Zukunft genügend Mittel vorhan-        ren die VS zu einer Verwässerung
(WaG) am 1. Juli 2013 in Kraft trat,     von Holz als nachwachsender           den sein.                              in Bezug auf das Ziel der AP14–17,
stand schon die Vernehmlassung           Rohstoff sowie die Förderung der                                             die Direktzahlungen stärker an
zur nächsten Revision an. Im Früh-       Wald-Biodiversität. Die vorgeschla-   Agrarpolitik 2014–17 – das             Leistungen zu koppeln.
jahr 2013 hatte das Parlament mit        genen Gesetzesänderungen ste-         resultat ist ernüchternd                   Die Vogelwarte forderte in ih-
grosser Mehrheit die Gesetze zur         hen fast alle im Zusammenhang         Positiv zu werten ist, dass zahl-      rer Stellungnahme, dass die Bei-
neuen Agrarpolitik (AP14–17) ver-        mit den Zielen der Waldpolitik        reiche Verordnungen wesentliche        tragssätze aller leistungsbezoge-
abschiedet. Ende Juni ging die Ver-      2020. Von «punktuellen Ergän-         Verbesserungen gegenüber heute         nen Direktzahlungsprogramme
nehmlassung zu den Verordnungs-          zungen» zu reden ist jedoch un-       bringen werden und den Entschei-       im Minimum wieder auf das Ni-
entwürfen zu Ende.                       tertrieben. In nicht weniger als      den des Parlamentes Rechnung           veau der Botschaft zu korrigieren
                                         20 von insgesamt 57 Artikeln des      tragen. Einige wichtige Paragra-       sind. Die bei einer erhöhten Nach-
Gemäss dem erläuternden Bericht          WaG sind Änderungen geplant.          phen in den Verordnungen bewir-        frage allenfalls zusätzlich notwen-
des Bundesamtes für Umwelt               Allerdings sind nur wenige davon      ken jedoch gegenüber der bun-          digen Mittel sind aus den Versor-
(BAFU) will der Bundesrat das            für die Biodiversität im Wald und     desrätlichen Vorlage (Botschaft)       gungssicherheitsbeträgen zu fi-
Waldgesetz «punktuell ergänzen»          für die Artenförderung Vögel di-      deutliche Verschlechterungen, vor      nanzieren.
und damit die gesetzlichen Grund-        rekt relevant.                        allem für die Berglandwirtschaft
lagen zur Umsetzung der «Wald-               Beispielsweise kann der Bund      und ökologisch wirtschaftende          AP14–17 stärkt Qualitätspro-
politik 2020» schaffen. Genannt          gemäss Artikel 38, in welchem es      Betriebe. Diese zählen wohl trotz-     duktion
werden als wichtigste Ziele für die      um die biologische Vielfalt des       dem zu den Gewinnern, aber             Da das von zwei bäuerlichen
Bundes-Waldpolitik bis 2020 die          Waldes geht, nicht nur «Schutz        nicht mehr in dem Mass wie es          Komitees ergriffene Referendum
Abwehr biotischer Gefahren durch         und Unterhalt», sondern neu auch      aufgrund der Botschaft zu erwar-       nicht zu Stande gekommen ist,
eingeschleppte Schadorganismen,          die «Schaffung» von Waldreserva-      ten war. Ein Grossteil der Beitrags-   soll die AP14–17 wie vorgesehen
die Anpassung waldbaulicher              ten sowie nicht näher definierte      höhen für die Leistungszahlungen       auf 1.1.2014 in Kraft treten. Das
                                                                               wurde gekürzt, teilweise um mehr       Bundesamt für Landwirtschaft
                                                                               als die Hälfte. Insbesondere für die   (BLW) wird die Verordnungen nach
                                                                               ökologischen Ausgleichflächen –        Auswertung der Stellungnahmen
                                                                               neu Biodiversitätsflächen genannt      nochmals in eine Ämterkonsul-
                                                                               – gehen die Beiträge zurück, und       tation schicken und anschliessend
                                                                               zwar nicht nur gegenüber der Bot-      dem Bundesrat zur Verabschie-
                                                                               schaft, sondern auch gegenüber         dung vorlegen. Gespannt sind
                                                                               heute. Von einer Ökologisierungs-      wir, wie die Bäuerinnen und Bau-
                                                                               vorlage kann also in keiner Weise      ern auf die neuen Rahmenbedin-
                                                                               die Rede sein.                         gungen agieren werden. Zu hof-
                                                                                   Umgekehrt bleiben die viel zu      fen bleibt, dass die Schweizer
                                                                               hohen und nicht begründbaren           Landwirtschaft auf ihre Innovati-
                                                                               Pauschalzahlungen der «Versor-         onskraft vertraut und einen wei-
                                                                               gungssicherheitsbeiträge» (VS) un-     teren Schritt in Richtung einer
                                                                               angetastet. Für diesen Zielbereich     wertschöpfenden Qualitätspro-
                                                                               sollen am meisten Mittel zur Ver-      duktion mit starker Gewichtung
Gemäss Waldgesetz sollen neu auch nicht näher definierte «Massnahmen zur       fügung stehen, obwohl im Gegen-        der Ökologie und des Tierwohls
Förderung der Artenvielfalt im Wald» finanziell unterstützt werden können,     satz zu den anderen Bereichen          gehen wird.
z.B. die Pflege solcher Lärchen­Weidewälder (Foto: Pierre Mollet).             (Ökologie, Tierwohl) keine Ziel-              Pierre Mollet & Markus Jenny

 10                                                                                                                                     Avinews 2013 / 2
u n t e r we g s mi t . . .

... Jungforscher Jakob Hochuli und Nikolai Orgland
                                                                                  arbeitungsflächen – je eine Tro-
                                                                                  cken-, Feucht- und Mosaikfläche
                                                                                  sowie eine intensiv bewirtschaf-
                                                                                  tete Wiese – auf das Heuschre-
                                                                                  ckenvorkommen und verglich die
                                                                                  Flächen anhand verschiedener
                                                                                  Aspekte. Während in den extensi-
                                                                                  ven Flächen zwischen fünf und
                                                                                  zehn Arten nachgewiesen werden          Sumpfgrashüpfer Chorthippus monta-
                                                                                  konnten, wurden in der Fettwiese        nus aus Gais (Foto: Jakob Hochuli).
                                                                                  keine Arten gefunden. Dies spricht
                                                                                  im von intensiver Landwirtschaft        standsschwankungen des Boden-
                                                                                  dominierten Appenzellerland eine        sees waren Brutflösse als künstli-
                                                                                  deutliche Sprache.                      che Brutplätze den Inseln vorzuzie-
                                                                                                                          hen, denn nur dort wurden gute
Zwei erfolgreiche Jungforscher: Die beiden ID-Mitarbeiter Jakob Hochuli (links)   Nikolai Orgland wird zum                Reproduktionsraten erreicht.
und Nikolai Orgland haben je eine Arbeit bei «Schweizer Jugend forscht» ein­      «Lachmöwen-Spezialisten»                   Der Bestand der Lachmöwe in
gereicht und damit ein Prädikat «sehr gut» bzw. «hervorragend» erreicht.          Den engagierten Jungornitholo-          der Schweiz und ihren Grenzge-
                                                                                  gen Nikolai Orgland haben wir           bieten ist gefährdeter als ange-
                                                                                  bereits im Dezember-Avinews             nommen, da sich die Kolonien nur
«Schweizer Jugend forscht»: Wäh-           station auf dem Col de Bretolet        2011 vorgestellt. Im Rahmen sei-        dank Zuwanderung aus dem Aus-
rend Jakob Hochuli Heuschrecken-           und entfachte in ihm eine riesige      ner Arbeit für «Schweizer Jugend        land halten können.
Bestände in unterschiedlich inten-         Begeisterung für die Vögel. Seit       forscht» eruierte er die wichtigs-
siv genutzten Habitaten unter-             diesem Zeitpunkt verbringt er          ten Faktoren zum Bruterfolg einer
suchte, befasste sich Nikolai              seine Freizeit mit Birden und          wenig untersuchten Kolonie im
Orgland mit dem Bruterfolg von             durfte dabei wunderbare Mo-            Vorarlberger Rheindelta.
Lachmöwen.                                 mente erleben.                             Die mehr als tausend Brutpaare
                                                                                  zählende Kolonie verteilte sich auf
Seit klein auf hat Jakob Hochuli           Heuschrecken-Bestände im               eine Vielzahl von unterschiedli-
aus Gais ein grosses Interesse an          Appenzell                              chen Brutplätzen. Sie waren aus-
der Tierwelt. 2008 lernte er die or-       In seiner Arbeit, die er 2011 im       nahmslos künstlich und befanden
nithologisch ausgerichtete Jugend-         Rahmen eines schulischen Projekts      sich auf aufgeschütteten Inseln         Als Förderungsmassnahme ist das Ins­
gruppe Natrix kennen. Die erste            durchführte, untersuchte Jakob in      und speziell angefertigten Flössen.     tallieren von künstlichen Brutflössen zu
Exkursion führte zur Beringungs-           Gais (AR) vier unterschiedliche Be-    Aufgrund der grossen Wasser-            empfehlen (Foto: Nikolai Orgland).

                                                                                                                                            P e r s o nelles

Veränderungen im Vogelwarte-Team
Anfang August durfte das Vogel-                                                                                           beiten an der Vogelwarte zu be-
warte-Team gleich zwei neue Kolle-                                                                                        enden und vermehrt Französisch-
ginnen begrüssen.                                                                                                         kurse durchzuführen. Wir danken
                                                                                                                          beiden ganz herzlich für ihr Enga-
Unsere Marketingabteilung wird                                                                  Wir heissen Sophie Ja­    gement und wünschen ihnen für
bei der Medien- und Öffentlich-                                                                 quier (links) und Tabea   ihre Zukunft alles Gute!
keitsarbeit in der Romandie neu                                                                 Kölliker herzlich will­
von Sophie Jaquier unterstützt.                                                                 kommen und wün­
                                                                                                schen Ihnen viel Spass    AGENDA
Sie absolvierte ihr Biologiestudium
                                                                                                und Erfolg an unserem
an der Universität Münster und
                                                                                                Institut.
schrieb eine Masterarbeit über
Lerchen. Nach Abschluss des Stu-                                                                                            22.9.2013
                                                                                                                            Anlass auf dem Col de Bretolet
diums arbeitete sie als Übersetze-         den nächsten vier Jahren eine sehr     In all den Jahren engagierte sie
                                                                                                                            zum Jubiläum von Nos Oiseaux
rin und beim Schweizer Vogel-              abwechslungsreiche Lehre absol-        sich mit viel Herzblut für die Buch-
schutz. Sophie wird dank ihrem             vieren und sich in den Bereichen       haltung und das Personal und              18.–20.10.2013
ornithologischen Wissen und ihren          Informatik, Buchhaltung, Sekreta-      baute beide Bereiche gemeinsam            Festival Salamandre à Morges
guten Sprachkenntnissen eine               riat und Marketing ein grosses         mit dem Betriebsleiter zu moder-          16.11.2013
grosse Stütze für das Team sein.           Wissen aufbauen können.                nen Bereichen aus. Francine Volet         Beringertagung in Bern
    In unserer IT-Abteilung nimmt              Wir müssen uns Ende August         möchte in Zukunft wieder eine
mit Tabea Kölliker erstmals eine           aber auch von zwei Kolleginnen         Arbeit mit einem engeren Publi-           8./9.2.2014
                                                                                                                            Tagung der Mitarbeiterinnen und
Lernende die Ausbildung zur Me-            verabschieden. Nach 14 Jahren          kumskontakt. Sie hat sich daher
                                                                                                                            Mitarbeiter in Sempach
diamatikerin in Angriff. Sie wird in       verlässt Irene Fehr die Vogelwarte.    entschlossen, die Übersetzungsar-

Avinews 2013 / 2                                                                                                                                              11
h E r A u S g E P I c k t. . .

                                                                                     Ideen für eine europäische datenbank
                                                                                     Dank online-Plattformen wie orni-         besprochen, ob und wie eine eu-
                                                                                     tho.ch boomt seit ein paar Jahren         ropäische Datenbank betrieben
                                                                                     die Beobachtungs- und Meldetä-            werden könnte. Erste Versuche
                                                                                     tigkeit. In vielen europäischen Län-      mit Daten aus rund einem Dut-
                                                                                     dern sind mittlerweile solche Por-        zend Ländern zeigten vielverspre-
                                                                                     tale installiert, teils national, teils   chende Ergebnisse. Unsere Vision
                                                                                     regional. Deren Aufbau und Struk-         ist, dass es dereinst möglich sein
                                                                                     tur ist allerdings überall anders –       wird, Invasionen, Zugabläufe oder
                                                                                     ein europäisches Babylon! Trotz-          die Winterverbreitungen zeitnah
                                                                                     dem schlummert ein enormes Po-            für weite Teile Europas abzurufen.
                                                                                     tenzial in diesen Daten. Auf              Ein Gelingen hängt davon ab, ob
                                                                                     Initiative der Vogelwarte haben           die europäischen Portale wirklich
                                                                                     sich Ende Juni in Sempach rund 20         zur Zusammenarbeit gewillt sind,
                                                                                     Betreiber und Entwickler von sol-         und ob entsprechenden Finanz-
                                                            Foto: Nicola Bormolini
                                                                                     chen Plattformen getroffen und            quellen gefunden werden können.

daniel hegglin – geschäftsführer
der Stiftung Pro Bartgeier                                                                                                                                              Betreiber
                                                                                                                                                                        und Ent­
Welches sind die hauptaufga-            Wie sieht die Zusammenarbeit                                                                                                    wickler von
ben der Stiftung Pro Bartgeier?         mit der Vogelwarte aus?                                                                                                         Melde­
Unsere Stiftung hat das Ziel im Al-     Die Vogelwarte ist für uns eine                                                                                                 portalen
                                                                                                                                                                        trafen sich
penraum wieder eine vitale Bart-        sehr wichtige Partnerin, die uns
                                                                                                                                                                        an der
geierpopulation anzusiedeln, die        tatkräftig beim Monitoring unter-                                                                                               Vogelwarte.
aus eigener Kraft langfristig über-     stützt. Über das Netzwerk der
leben kann. Dabei steht die Aus-        OrnithologInnen und die gemein-
wilderung junger Bartgeier im Vor-      same Organisation der Interna-
dergrund. Doch nur mit einem            tionalen Bartgeierzähltage erhal-            300 Jahre alter Steinadlerhorst!
umfassenden Monitoring ist es           ten wir viele Beobachtungen, die
möglich, den Erfolg des Projekts        zentral sind, um die Bestandesent-           Steinadler bauen und benutzen             Studie. Im Rahmen einer Diplom-
zu beurteilen und bei allfälligen       wicklung gut abschätzen zu kön-              mehrere Horste im Kernbereich ih-         arbeit sollten die ältesten Äste die-
Problemen frühzeitig einzuschrei-       nen. Zudem ist für uns die fach-             res Reviers. Einige besonders             ser Horste dendrochronologisch
ten. Zentral ist auch die Öffentlich-   liche Zusammenarbeit bei der                 mächtige Horste im Engadin, wel-          datiert werden. Felix Fischer hat
keitsarbeit, denn Bartgeier sind        wissenschaftlichen Analyse unse-             che bis zu 1.60 m hoch aufgebaut          kürzlich die Ergebnisse seiner an
empfindlich und brauchen eine           rer Monitoringdaten äusserst                 waren, weckten das Interesse der          der WSL und der Universität Würz-
starke Lobby.                           wertvoll.                                    Ornithologie. Es ging insbesondere        burg durchgeführten Arbeit prä-
                                                                                     um die Frage nach dem Alter die-          sentiert: demnach weisen die un-
Welche Projekte haben mo-               Besteht eine internationale                  ser Horste. Die Vogelwarte initi-         tersten Äste zweier Horste im
mentan Priorität?                       Vernetzung?                                  ierte daher in Zusammenarbeit mit         Oberengadin auf ein erstaunliches
In den Alpen entwickelt sich der        Die grossen Raumansprüche des                Ulf Büntgen, Dendrochronologe             Horstalter von gut 300 Jahren hin.
Bartgeierbestand inzwischen aus         Bartgeiers machen eine internatio-           an der WSL, im Herbst 2011 eine
eigener Kraft. Doch die genetische      nal gut abgestimmte Zusammen-
                                                                                                                               IMPrESSuM
Basis der Wildpopulation ist noch       arbeit zwingend. So arbeiten wir
viel zu klein. Um dieses Problem        mit verschiedenen Partnerorgani-
zu lösen, werden nun zwei Strate-       sationen aller Alpenländer zusam-
gien verfolgt. Mit Auswilderungen       men. Auf europäischer Ebene en-                                                         Redaktion: Maria Nuber
                                                                                                                                Mitarbeit: R. Graf, M. Grüebler, B. Hom-
in geeigneten Regionen Südfrank-        gagieren wir uns zudem stark in                                                         berger, D. Jenny, M. Jenny, M. Kesten-
reichs wird versucht, die Alpenpo-      der Vulture Conservation Founda-                                                        holz, P. Knaus, F. Liechti, R. Maurer, P.
pulation mit der Population in den      tion, deren Präsidium ich zurzeit                                                       Mollet, B. Naef, H. Schmid, F. Tobler, B.
                                                                                                                                Trösch. Bild Titelseite: Marcel Burkhardt
Pyrenäen zu verbinden. Gleichzei-       führe. Diese Stiftung engagiert                                                         Auflage: 4000 Ex.
tig wildern wir in der Schweiz, wo      sich für den Schutz aller vier euro-                                                    Ausgaben: April, August und Dezember
das Projekt besonders erfolgreich       päischen Geierarten und koordi-                                                         ISSN: 1664-9451 (elektronische Aus-
verläuft, gezielt Bartgeier aus, die    niert als Eigentümerin der meisten           Die untersten Äste dieses mächtigen        gabe: 1664-946X)
                                                                                     Horsts im Val Susauna (mit fast flüggem    Papier: Gedruckt auf 100 % Recycling-
sehr viel zur genetischen Diversität    Bartgeier des internationalen                                                           papier
                                                                                     Jungadler (Pfeil)) wurden auf das frühe
beitragen. Nur so kann ein nach-        Zuchtstocks die verschiedenen                17. Jahrhundert datiert. Der Einbau der             PERFORMA NCE

haltiger Erfolg der Wiederansied-       Bartgeier-Wiederansiedlungspro-              Zweige in den Horst fand ca. 100 Jahre                  neutral    01-13-618972

lung sichergestellt werden.             jekte.                                       später statt (Foto: David Jenny).                    Drucksache    myclimate.org

                 Schweizerische Vogelwarte                                    Tel. 041 462 97 00
                 Station ornithologique suisse                                Fax 041 462 97 10
                 Stazione ornitologica svizzera                               info@vogelwarte.ch
                 Staziun ornitologica svizra      CH-6204 Sempach             www.vogelwarte.ch          PC 60-2316-1
 12                                                                                                                                                     Avinews 2013 / 2
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