PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE - ANAPHYLAXIE SONDERHEFT - GESELLSCHAFT FÜR PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE UND ...
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Editorial Ein Heft zur Anaphylaxie Im vorliegenden Heft wird neben einem Kapitel zur Pathophy- siologie deshalb auch besonders auf die Diagnostik der durch Nahrungsmittel verursachten anaphylaktischen Reaktionen eingegangen. Die Hälfte des Heftes ist der Therapie und hier insbesondere dem Notfallmanagement gewidmet. Viele Fra- gen bleiben dennoch unbeantwortet – auch in diesem Heft. Unter anderem wissen wir immer noch nicht, wie viele Adrena lin-Injektoren übergewichtigen Patienten verschrieben werden sollen und von den Krankenkassen erstattet werden, oder wie Lehrer und Erzieher motiviert und legitimiert werden können, Liebe Kollegin, lieber Kollege, im Ernstfall einen Autoinjektor zu verabreichen. Hier liegen Aufgaben, deren sich die Arbeitsgruppe Anaphylaxie in den in der Reihe der Sonderhefte der GPA-Zeitschrift freue ich nächsten Jahren annehmen wird. mich, Ihnen heute ein Heft zum Thema „Anaphylaxie“ vor stellen zu dürfen, das die wissenschaftliche Arbeitsgruppe Herzliche Grüße Anaphylaxie der GPA erarbeitet hat. Ihr Der Begriff Anaphylaxie stammt von Charles Richet, einem französischen Physiologen, der mit dem Gift einer vor den Kapverdischen Inseln beheimateten Quallenart (Physialia physalis) experimentierte. Er spritzte des Gift einigen Hunden Dr. Ernst Rietschel und wiederholte die Injektion nach einigen Wochen, was aber Sprecher der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe Anaphylaxie nicht zu der von ihm erwarteten Immunität, sondern zu den typischen Symptomen einer Anaphyaxie führte. Für die 1904 erschienene Veröffentlichung mit dem Titel „De L ‘ Anaphy- laxie Ou Sensibilite Croissante Des Organism A Des Doses Successives De Poison“ erhielt er 1913 den Nobelpreis [1]. Die Anaphylaxie ist von allen allergischen Erkrankungen Literatur wahrscheinlich die bedrohlichste, nicht nur für den Patienten, sondern auch für den Arzt, der mit ihren Symptomen – meist [1] Richet CM: De L ‘ Anaphylaxie Ou Sensibilite Croissante Des Organism A Des unerwartet – konfrontiert wird. Epidemiologische Daten zu Doses Successives De Poison. Arch Fisiol 1904; 1: 129–142 Todesfällen sind uneinheitlich. So werden für Großbritannien [2] Sheikh A, Hippisley-Cox J, Newton J, Fenty J: Trends in national incidence, lifetime prevalence and adrenaline prescribing for anaphylaxis in England. 7,9 Todesfälle pro 100.000 Einwohnern/Jahr geschätzt [2], J R Soc Med 2008; 101: 139–143 für die USA 49,8 [3]. [3] Decker WW, Campbell RL, Mannivannan V, Luke A, St Sauver JL, Waever A, belloloio MF, Bergstralh, EJ, Stead LG, Li JT: Etiology and incidence of anaphylxis Die häufigsten Auslöser bei Kindern sind Nahrungsmittel, wie in Rochester Minnesota: a report from the Rochester Epidemiology Projekt. die in einem deutschsprachigen Register (NORA, www.ana J Allergy Clin Immunol 2008; 122: 1161–1165 phylaxie.net) erhobenen Daten zeigen, wohingegen bei Er- [4] Hompes S, Köhli A, Nemat K, Scherer K, Lange L, Rueff F, Rietschel E, Reese wachsenen Insektengifte am häufigsten als auslösende Aller T, Szepfalusi Z, Schwerk N, Beyer K, Hawranek T, Niggemann B, Worm M: Pro- gene gefunden werden. Unter den Nahrungsmitteln führen voking allergens and treatment of anaphylaxis in children and adolescents – data from the anaphylaxis registry of German-speaking countries. Pediatr Allergy Immu- Erd- und Baumnüsse vor Kuhmilch und Hühnerei deutlich vor nol 2011 Mar 16. doi: 10.1111/j.1399-3038.2011.01154.x. [Epub ahead of print] allen anderen Auslösern [4]. Die Sonderhefte der „Pädiatrischen Allergologie in Klinik und Praxis“ Seit 2001 sind verschiedene Sonderhefte der Zeitschrift „Pädiatrische Allergologie“ erschienen. Alle Ausgaben können von der Homepage der GPA, www.gpaev.de, Rubrik Asthma- und Neuro- Asthma- und Neuro- Nahrungsmittelallergie „Die Zeitschrift“, heruntergeladen werden. dermitisschulung 2001 dermitisschulung 2007 2009 Pädiatrische Allergologie ∙ Sonderheft Anaphylaxie 2011 3
Inhalt 3 Editorial Therapie Pathophysiologie 12 Therapie der Anaphylaxie Eine anaphylaktische Reaktion erfordert ein rasches therapeutisches Vorgehen. Neben allgemeinen Maßnahmen wie der korrekten Lagerung 6 Pathophysiologie und klinische Manifestation des Patienten zählen dazu vor allem die Volumensubstitution und die Verabreichung von Notfallmedikamenten wie Adrenalin. Pathophysiologisch wird zwischen der immunologisch ausgelösten, der nicht- immunologisch und der idiopathisch ausgelösten Anaphylaxie unterschieden. Der Beitrag nennt Risikofaktoren, beschreibt die klinischen Symptome und zeigt die gängigen Schweregrad-Einteilungen. 17 Notfall-Set und Prävention Wann sollte ein Adrenalin-Autoinjektor verschrieben werden und was muss dabei beachtet werden? Wann und wie wird der Autoinjektor richtig Diagnostik eingesetzt? Welche präventiven Maßnahmen stehen für die verschiedenen Ursachen von Anaphylaxien zur Verfügung? 9 Diagnostik der Anaphylaxie Nach jeder anaphylaktischen Reaktion sollte eine weitergehende Diagnostik durchgeführt werden, um den Auslöser möglichst zuverlässig zu identifizieren. Dies kann von der Anamnese über die Bestimmung von Tryptase oder spezi- 22 Bücher fischem IgE bis hin zur Allergenprovokation reichen. Johannes Ring (Hrsg.): Anaphylaxis. S. Karger Verlag Basel 2010. Das Titelbild dieser Ausgabe malte Sarah Sophia Rietschel, 7 Jahre, aus Erftstadt. IMPRESSUM Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis, 14. Jg./Sonderheft Anaphylaxie Herausgeber: Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e.V., Rathausstr. 10, 52072 Aachen, Tel.: 0241-9800-486, Fax: 0241-9800-259, E-Mail: gpa.ev@t-online.de, Web: www.gpaev.de Verlag: WURMS & PARTNER Public Relations GmbH, Bernrieder Straße 4, 82327 Tutzing, Web: www.wurms-pr.de. Verlagsleitung: Holger Wurms. Schriftleitung: Prof. Dr. Carl Peter Bauer, Fachklinik Gaißach, Dorf 1, 83674 Gaißach, Fax 08041-798-222, E-Mail: carl-peter.bauer@drv-bayernsued.de; Prof. Dr. Albrecht Bufe, Universitätsklinik Bergmannsheil, Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum, Fax 0234-3024-682, E-Mail: albrecht.bufe@rub.de; Dr. Ernst Rietschel, Klinik für Kinder und Jugendliche der Universitätsklinik Köln, Kerpener Str. 62, 50924 Köln, Fax 0221-478-3330, E-Mail: ernst.rietschel@uk-koeln.de; PD Dr. Christian Vogelberg, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Fetscherstr. 74, 01307 Dresden, E-Mail: Christian.Vogelberg@uniklinikum-dresden.de Ressortschriftleiter: Dr. P. J. Fischer, 73525 Schwäbisch Gmünd (Elternratgeber); Prof. Dr. J. Forster, St.-Josefskrankenhaus, 79104 Freiburg (Leitlinien); Dr. F. Friedrichs, 52072 Aachen (Berufspolitik); Prof. Dr. M. Kopp, UKSH Campus Lübeck, 23538 Lübeck (Fragen an den Allergologen); Dr. Th. Lob-Corzilius, Kinderhospital Osnabrück, 49082 Osnabrück (Umweltmedizin); PD Dr. H. Ott, Kathol. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, 22149 Hamburg (Pädiatrische Dermatologie); Prof. Dr. J. Seidenberg, Elisabeth- Kinderkrankenhaus, 26133 Oldenburg (Pädiatrische Pneumologie); Prof. Dr. V. Wahn, Charité Campus Virchow, Klinik m. S. Pädiatrische Pneumologie und Immunologie, 13353 Berlin (Pädiatrische Immunologie) Wissenschaftlicher Beirat: Dr. A. von Berg, Prof. Dr. J. Forster, PD Dr. G. Frey, Dr. A. Grübl, Prof. Dr. J. Kühr, Dr. W. Lässig, Dr. W. Rebien, Dr. S. Scheewe, Dr. K. Schmidt, PD Dr. S. Schmidt, Prof. Dr. A. Schuster, Prof. Dr. V. Stephan. Redaktion: Ingeborg Wurms M.A., Dr. Albert Thurner, Bernrieder Straße 4, 82327 Tutzing, Tel. 08158-9967-0, Fax 08158-9967-29, E-Mail: info@wurms-pr.de Bildnachweis: privat (3), O. Laub (10), B. Niggemann (19), Dr. Beckmann Pharma (20 li), MEDA Pharma (20 re) Anzeigenleitung: Holger Wurms, Tel. 08158-9967-0, Fax 08158-9967-29. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1.1.2011. Erscheinungsweise: Die Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis erscheint vierteljährlich jeweils am Beginn des Quartals. Bezugspreise: Einzelheft: 12,50 €, Jahresabonnement: 36,00 €, Jahresabonnement für Studenten (bei Vorlage einer Bescheinigung) 27,00 € (jeweils zuzügl. Versandkosten). Für Mitglieder der vier regionalen pädiatrisch-allergologischen Arbeitsgemeinschaften ist das Abonnement im Mitgliedsbeitrag enthalten. Druck: F&W Mediencenter GmbH, 83361 Kienberg Gedruckt auf Papier aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern ISSN: 1435-4233 und kontrollierten Quellen. www.pefc.de Pädiatrische Allergologie ∙ Sonderheft Anaphylaxie 2011 5
Pathophysiologie Pathophysiologie und klinische Manifestation Jürgen Seidenberg, Elisabeth-Kinderkrankenhaus Oldenburg • Jutta Hammermann, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden Pathophysiologie Per definitionem ist die Anaphylaxie ei- ne schwere, lebensbedrohliche generali- sierte oder systemische Hyperreaktivitäts- reaktion (Nomenclature Review Commit- tee, World Allergy Organisation, 2004). Pa- thophysiologisch wird zwischen der im- munologisch ausgelösten (IgE, Immun- komplexe), der nicht-immunologisch und der idiopathisch ausgelösten Anaphyla- xie unterschieden (Abb. 1). Der am häufigsten beschriebene Me- chanismus der Anaphylaxie ist die IgE- vermittelte Freisetzung des vasoak- tiven Histamins aus Mastzellen und Ba- sophilen. Hierbei bewirken die Aller- Abb. 1 gene ein Bridging der oberflächenstän- digen IgE-Moleküle mit nachfolgender z. B. Toxine, Aeroallergene, Nahrungsmit- tor, gilt als möglicher Mechanismus der Freisetzung vieler zellulärer Mediatoren: tel, Enzyme (Streptokinase), heterologes Anaphylaxie [3]. das sofort wirkende Histamin, die verzö- Serum (Tetanusantitoxin), menschliche Auch nicht-immunologisch können gert einsetzenden Leukotriene, Trypta- Proteine (Insulin, Vasopressin, Serum), anaphylaktische Symptome erzeugt wer- se, Carboxypeptidase, Cathepsin G, He- Antibiotika (Penicillin, Cephalosporine, den. Entweder erfolgt eine direkte Stimu- parin, Zytokine, Prostaglandine, PAF und Sulfonamide), Desinfektionslösungen lation der Mastzellen bzw. Basophilen viele weitere mehr. Die dadurch bedingte (Äthylenoxid) und andere (Protamin, La- oder eine direkte Aktivierung der Kom- Vasodilatation, Erhöhung der Gefäßper- tex) sein. plementkaskade oder anderer vasoak- meabilität, Kontraktion der glatten Mus- Andere Immunmechanismen sind tiver Substanzen wie z. B. Bradikinin. Diese kulatur und Stimulation des peripheren ebenfalls beschrieben, die zum gleichen Mechanismen werden auch als „pseudo- Nervensystems erklären die Hauptsym- Ergebnis führen. So können Immunkom- allergische Reaktion“ oder anaphylakto- ptome Flush mit Blutdruckabfall, Urtika- plexe aus IgG- oder IgM-Antikörpern und ide Reaktion bezeichnet, da sich hierbei ria bzw. Schleimhautödem und Juckreiz. dem Allergen über eine Komplementak- (noch) keine zielgerichteten Antikörper Patienten mit chronisch erhöhter Freiset- tivierung mit Freisetzung von C3a und nachweisen lassen. Bei der „exercise-in- zung von Mastzellinhalten (Mastozytose, C5a ebenso die Mastzellen oder baso- duced anaphylaxis“ (EIA) kommt es z. B. erkennbar an erhöhten Tryptasewerten philen Leukozyten zur Mediatorfreiset- zum Auftreten von Urtikaria, Larynxödem im Serum) neigen vermehrt zu anaphy- zung triggern. Immunglobuline und Blut- und anderen Symptomen der Anaphyla- laktischen Reaktionen, z. B. auch bei ei- produkte sind hier im Kindesalter seltene xie nach oder während körperlicher An- ner spezifischen Immuntherapie mit In- Auslöser. Auch eine Makrophagenaktivie- strengung. Sie tritt bevorzugt in der Ado- sektengiften. rung, ausgelöst z. B. durch Kontrastmittel, leszenz auf. Auslöser einer IgE-vermittelten Mast- Dextrane, Mannitol und Opiate mit Frei- Als „Summations-Anaphylaxie“ wird zell- und Basophilenaktivierung können setzung von Platelet-aktivierendem Fak- das Phänomen bezeichnet, dass die Ana- 6 Pädiatrische Allergologie ∙ Sonderheft Anaphylaxie 2011
phylaxie oft erst durch das Zusammen- ten Urtikaria, Lippenschwellung bis zum wirken mehrerer Augmentationsfaktoren Betroffene Organe Quincke-Ödem, lokalisierter oder genera- ausgelöst wird [4]. So wird z. B. ein be- lisierter Juckreiz. Bei 20 bis 30 Prozent der stimmtes Nahrungsmittel toleriert, nicht Entsprechend einer Symptomanalyse bei Anaphylaxien fehlt eine Urtikaria. aber bei Genuss unmittelbar nach einer Anaphylaxie in einer pädiatrischen Not- Die Atemwege zeigen ihre Beteiligung fallaufnahme [6] sind folgende Organe körperlichen Belastung oder während betroffen: durch Niesen und trockenen Reizhusten, eines viralen Infekts. Auch die gleichzei- Heiserkeit und Larynxödem, bei stärkerer 98 % Haut tige Einnahme mehrerer Allergene, die Ausprägung auch mit inspiratorischem einzeln toleriert werden, kann zur Ana- 81 % Atemwege Stridor und/oder ausgeprägten Asthma- phylaxie führen. Die wichtigsten Aug- 37 % Magen-Darm-Trakt beschwerden bis zum Atemversagen. mentationsfaktoren für die Auslösung 9 % Herz-Kreislauf Gastro-intestinale Beschwerden sind einer Summationsanaphylaxie sind kör- Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe, aku- perliche Belastung, Medikamente, Infek- Tab. 1 te Diarrhoen, gelegentlich begleitet von tionen, Alkohol, erhöhte Körpertempera- unwillkürlichem Harndrang oder Spas- tur, hormonelle Faktoren (Menstruation), 3. Blutdruckabfall rasch nach Kontakt mit men des Uterus. psychogene Faktoren und selten das Vor- einem bekannten Allergen. Das Herz-Kreislaufsystem wird über- liegen einer Mastozytose. Bereits innerhalb weniger Minuten kön- flutet von vasodilatierenden Substanzen, Risikofaktoren für schwere oder wie- nen den typischen Anaphylaxiesympto so dass der Blutdruck abfällt mit zunächst derholte anaphylaktische Reaktionen sind men unspezifische Prodromi vorausge- reflektorischer Tachykardie. Eine noch Anaphylaxie in der Eigenanamnese, Asth- hen: Juckreiz an Handinnenseiten und funktionierende Gegenreaktion – even- ma bronchiale, höhergradige Sensibilisie- Fußsohlen oder im Genitalbereich, Übel- tell stressinduziert – kann zunächst noch rung gegen aggressive Allergene, Ado- keit, Schwindel, Kopfschmerzen, Benom- eine transiente Hypertonie bewirken, die leszentenalter und höherer Atopiegrad. menheit, Schweißausbrüche, Angstzu- aber bei zunehmender Anaphylaxie in ei- Bei IgE-vermittelten anaphylaktischen stände, Müdigkeit, Verwirrtheit, Krib- nen profunden „warmen hypotensiven Reaktionen spielt die Menge des Aller- beln und Hitzegefühl im Mundbereich, Schock“ übergeht. Zusätzlich zu einem gens keine Rolle für den Schweregrad der Geschmackssensationen, z. B. metallisch relativen Volumenmangel durch Gefäß- Reaktion, im Gegensatz zu nicht IgE-ver- oder fischartig. Bei Kindern fällt oft eine dilatation addiert sich ein echter Volu- mittelten Reaktionen, bei denen das Aus- ungewöhnliche Apathie auf (hören auf zu menmangel durch die vermehrte Gefäß- maß der Reaktion häufig mit der Menge spielen oder zu laufen). permeabilität und extravasale Ödembil- des auslösenden Agens korreliert. Im Mittel nach zehn Minuten [1], gele- dung. Sekundärfolgen wie Minderperfu- Eine aktuelle detaillierte Übersicht zu gentlich aber auch verzögert um ca. ein sion der Koronarien und Herzinfarkt sind den pathophysiologischen Mechanismen bis zwei Stunden, folgen mit unterschied- ebenso beschrieben wie Herzrhythmus- der Anaphylaxie findet sich unter [5]. licher Variabilität und Schweregrad ana- störungen. phylaktische Symptome, die bevorzugt Die Beteiligung der unterschiedlichen Klinische Symptome die Haut und den Atemwegstrakt betref- Organsysteme bei anaphylaktischen Re- fen (siehe Tab. 1). Der Beginn der Sympto- aktionen ist altersabhängig. So stehen im Eine klinische Definition der Anaphyla- matik ist abhängig von der Art des Aller Kindesalter Symptome der Haut und des xie besagt, dass eine Anaphylaxie hoch- gens und der Applikation. Nach Insekten- respiratorischen Systems im Vordergrund, wahrscheinlich ist, wenn eines der fol- stichen oder subkutaner Allergeninjekti- wohingegen mit zunehmendem Alter kar- genden drei Kriterien erfüllt ist [7]: on im Mittel zehn bis 15 Minuten, nach diale und Kreislauf-Symptome an Bedeu- 1. Akuter Beginn mit Beteiligung von oraler Allergenaufnahme im Mittel 30 tung gewinnen. Haut und/oder Schleimhaut und min- Minuten und nach systemischer Medi- Differenzialdiagnostisch ist häufig die destens einem der folgendem Sym- kamentenapplikation im Mittel fünf Mi- vasovagale Synkope zu erwägen, z. B. ptome: Atemstörung (Dyspnoe, Gie- nuten [2]. nach erfolgter subkutaner Hyposensibi- men, Stridor, Zyanose u. a.), Blut- Das Maximum der Symptomatik ist lisierung. Die Haut ist hierbei häufig blass- druckabfall oder andere Symptome der meist nach 30 bis 60 Minuten erreicht, da- kühl und kaltschweißig, der Puls eher bra- Endorgan-Dysfunktion (Kollaps, Synko- nach klingen die Beschwerden innerhalb dykard und die Kreislaufschwäche bessert pe, Inkontinenz u. a.). von Stunden ab. Der schnelle Beginn ei- sich rasch nach Positionierung in die Ho- 2. Mehr als zwei der folgenden Symptome ner anaphylaktischen Reaktion ist häufig rizontale. Außerdem fehlen Atemwegs- rasch nach Kontakt mit einem wahr- mit einem höheren klinischen Schwere- symptome, Urtikaria und akute Diarrhoe. scheinlichen Allergen: Haut- und/oder grad assoziiert. Ähnlich fehlen diese Symptome bei Pa- Schleimhautsymptome, Atemstörung, Zu den Hautsymptomen gehören nikattacken, wobei zusätzlich durch Hy- Blutdruckabfall, persistierende gastro- Überwärmung und Rötung bis zum Flush, perventilation eine Tetanie beobachtet enterale Symptome einzelne Quaddeln bis zur generalisier- werden kann. 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Pathophysiologie Schweregradeinteilung der Anaphylaxie nach Ring und Messner 1977 Schwere- Symptome grad Haut Abdomen Atemwege Herz-Kreislauf Juckreiz, Flush, Urtikaria, 1 Angioödem Pulsanstieg > 20/Min., Blutdruckanstieg Schnupfen, Heiserkeit, 2 s.o., kann fehlen Übelkeit, Bauchkrämpfe > 20 mm Hg (Abfall?) syst., Rhythmus- Dyspnoe störungen Larynxödem, Broncho 3 s.o., kann fehlen Erbrechen, Stuhlabgang Schock spasmus, Zyanose 4 s.o., kann fehlen s.o. Atemstillstand Herzstillstand Tab. 2 Schweregradeinteilung anaphylaktischer Reaktionen im Kindesalter nach Muraro A et al. 2007 Schwere- Symptome grad kutan gastro-intestinal respiratorisch kardio-zirkulatorisch neurologisch Oraler Juckreiz, milde Nasale Symptome Pruritus, Flush, Lippenschwellung, (Kongestion, Niesreiz, Tachykardie Wechsel des Aktivitäts- leicht Urtikaria, Angioödem Übelkeit, Erbrechen, Rhinorrhoe), mildes (HF-Anstieg > 15/min) niveaus und Angst milde Bauchschmerzen Giemen, Dysphagie + Heiserkeit, bellender + krampfartige Bauch- Husten, Stridor, Dys- Benommenheit, „Gefühl mittel s.o. schmerzen, Diarrhoe, s.o. pnoe, mittelgradiges nahenden Unheils“ rez. Erbrechen Giemen Blutdruckabfall, Be- + Zyanose, wusstlosigkeit, Arrhyth- Verwirrtheit, Bewusst- schwer s.o. + Stuhlinkontinenz SaO2 < 92 %, mien, schwere Brady- losigkeit Atemstillstand kardie/Asystolie Tab. 3 Klassifikation systemischer Reaktionen nach SIT [nach Alvarez-Cuesta E 2006, EAACI Immunotherapy Task Force] Stadium Symptome Stadium Symptome 0 Keine oder nur unspezifische Symptome Schwere Allgemeinreaktion Beginn < 15 min nach Injektion Milde Allgemeinreaktion 3 Generalisierte Urtikaria, Angioödem und/oder schweres 1 Lokalisierte Urtikaria, Rhinitis und/oder mildes Asthma Asthma (PF < 60 %) (PF > 80 %) Moderate Allgemeinreaktion Anaphylaktischer Schock Beginn > 15 min nach Injektion Fast sofortiger Beginn 2 4 Generalisierte Urtikaria und/oder moderates Asthma Juckreiz, Flush, Erythem, generalisiere Urtikaria, (PF > 60 %) Angioödem, Stridor, Asthma, arterielle Hypotension Tab. 4 8 Pädiatrische Allergologie ∙ Sonderheft Anaphylaxie 2011
Diagnostik Akute Ereignisse im Bereich der Atem- auch Empfehlungen zur Weiterführung wege wie Asthmaanfälle, Fremdkörper der SCIT und eventuellen Dosisreduktio Literatur aspiration, Pseudokrupp und Vocal Cord nen ab. Dysfunktion müssen differenzialdiagnos- Neben einer Akutreaktion ist in bis [1] De Silva IL, Mehr SS, Tey D, Tang ML: Paediatric anaphylaxis: a 5 year retrospective review. Allergy tisch ebenso in Betracht gezogen werden zu 20 Prozent der Fälle mit einer signifi- 2008; 63 (8): 1071–76. wie akute kardiale Ereignisse (supravent- kanten Spätreaktion nach vier bis sechs [2] Pumphrey RS: Lessons for management of rikuläre Tachycardie) und das Hereditäre Stunden, in Einzelfällen noch nach 47 anaphylaxis from a study of fatal reactions. Clin Exp Angioödem. Stunden zu rechnen; entsprechend muss Allergy 2000; 30 (8): 1144–1150 Die Abgrenzung milder systemischer der Patient stationär überwacht werden. [3] Kalesnikoff J, Galli SJ: Anaphylaxis: Mechanisms allergischer Reaktionen mit generalisier- Solche biphasischen Reaktionen treten of mast cell activation. In: Ring J (ed): Anaphylaxis. ter Urtikaria und Angioödem ohne Betei- bei Kindern häufiger auf als bei Erwach- Chem Immunol Allergy. Basel, Karger, 2010: vol 95, S. 45–66. ligung von respiratorischem System und senen. Risikofaktor für eine signifikante Kreislauf ist oft schwierig. Spätreaktion ist eine zu geringere Thera- [4] Przybilla B, Rietschel E, Ring J: Anaphylaxie, in: Ring J, Bachert C, Bauer CP, Czech W (Hrsg): Der Schweregrad einer anaphylak- pie mit Epinephrin [8]. Weißbuch Allergie in Deutschland, Springer Medizin tischen Reaktion richtet sich nach den be- Urban und Vogel GmbH, München 2010, 104–108. obachteten Symptomen, die retrospektiv Prof. Dr. med. Jürgen Seidenberg [5] Ring J (Hrsg): Anaphylaxis. Chem Immunol Aller- zusammengefasst werden. Nach Ring und Klinikum Oldenburg, Zentrum für Kinder- gy. Basel, Karger, 2010. Messner werden vier Schweregrade klas- und Jugendmedizin, Elisabeth-Kinder- [6] Russel S, Monroe K, Losek JD: Anaphylaxis sifiziert (siehe Tab. 2). Eine weitere Klassi- krankenhaus management in the pediatric emergency department: fikation von Muraro, die sich speziell auf Rahel-Straus-Str. 10, 26133 Oldenburg opportunities for improvement. Pediatr Emerg Care 2010; 26 (2): 71–76. anaphylaktische Reaktionen bei Kindern E-Mail: seidenberg.juergen@klinikum- bezieht, unterscheidet drei Schweregrade oldenburg.de [7] Sampson HA, Munoz-Furlong A et al.: Second symposium on the definition and management of (Tab. 3). Alvarez-Cuesta hat sich 2008 dem anaphylaxis: summary report – second National speziellen Problem der anaphylaktischen Dr. med. Jutta Hammermann Institute of Allergy and Infectious Disease/Food Reaktionen nach subkutaner Immunthe- Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an Allergy and Anaphylaxis Network Symposium. Ann Emerg Med 2006; 47 (4): 373–380. rapie gewidmet und hierfür eine eigene der TU Dresden, Klinik und Poliklinik für Kin- Klassifikation unter Berücksichtigung der- und Jugendmedizin [8] Ellis AK, Day JH: Incidence and characteristics of biphasic anaphylaxis: a prospective evaluation of des Zeitpunkts des Beginns der Reaktion Fetscherstr. 74, 01307 Dresden 103 patients. Ann Allegy Asthma Immunol 2007; 98 und der gemessenen Peak-Flow-Werte E-Mail: jutta.hammermann@uniklini- (1): 64–69. aufgestellt (Tab. 4). Hieraus leitet er dann kum-dresden.de Diagnostik der Anaphylaxie Lars Lange, St. Marienhospital Bonn • Otto Laub, niedergelassener Kinder- und Jugendarzt, Rosenheim • Radvan Urbanek, Univ.-Klinikum Freiburg, Zentrum für Kinder und Jugendmedizin Anaphylaxie ist eine rasch beginnende, gische Zeichen wie auffällige Erregung, Nach jeder eindeutigen anaphylakti schwere allergische Reaktion, die tödlich Verwirrung oder Benommenheit und schen Reaktion sollte weitergehende Dia verlaufen kann. Meistens treten kutane gastrointestinale Beschwerden im Sinne gnostik durchgeführt werden, um den Symptome auf, die auch die Schleimhäu- von Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen Auslöser möglichst zuverlässig zu iden- te gleichermaßen betreffen können (Ery- und Durchfall innerhalb von Minuten bis tifizieren. Dies ist für eine sichere Mei- them, Urtikaria, Quincke-Ödem). Atem- wenigen Stunden nach dem auslösenden dungsempfehlung unerlässlich. Die Dia- beschwerden, Blutdruckabfall, neurolo- Ereignis sind weitere Symptome. gnostik besteht aus einer sorgfältig erho- Pädiatrische Allergologie ∙ Sonderheft Anaphylaxie 2011 9
Diagnostik kardiologische Beschwerden erfasst wer- Diagnostische Schritte bei Anaphylaxieabklärung den. Diese Informationen sind im Verlauf entscheidend für die Zusammenstellung eines Notfallsets. Die häufigsten Auslöser anaphylak- tischer Reaktionen werden gezielt erfragt. Bei den Nahrungsmitteln stehen bei Kin- dern an erster Stelle Erd- und Baumnüsse, bei Säuglingen eher Kuhmilch und Hüh- nerei. Weitere, jedoch deutlich seltener relevante Allergene sind Fisch, Soja und Weizen. Zunehmend werden auch Reak tionen gegen Kiwi und Sesam berichtet. Mit höherem Lebensalter spielen im Nahrungsmittelbereich Allergene eine Rolle, die eher bei Erwachsenen zu Re aktionen führen wie Krustentiere und Früchte. Hier liegen häufig Kreuzsensi- bilisierungen zugrunde, die sowohl zu oralem Allergiesyndrom als auch – wenn auch sehr selten – zu anaphylaktischen Reaktionen führen können: Birkenpollen- allergie mit Kernobst (Apfel, Pfirsich), So- ja oder Nüssen (Hasel-, Para-, Walnuss), Hausstaubmilbe mit Krusten-/Weichtie- ren. Versteckte Substanzen wie Nah- rungsmittel-Additiva (Nahrungsmittel- Abb. 1 farben, Fischgelatine) wurden nur sehr selten als Ursache für anaphylaktische benen Anamnese und der Untersuchung kation oder Genuss von Nahrungsmitteln Reaktionen beschrieben und dann auch hinsichtlich einer Sensibilisierung, meist vor dem Auftreten der anaphylaktischen mehrheitlich bei Erwachsenen. in Form der Bestimmung spezifischer IgE- Symptome müssen gründlich erfragt wer- Medikamente, die zu Symptomen der Antikörper. den. Hierbei ist ein Zeitraum von bis zu Anaphylaxie führen, sind im Kindes- und In der Akutsituation kann aus der Be- vier Stunden retrospektiv interessant, wo- Jugendalter vor allem Antibiotika (Beta- stimmung verschiedener Mediatoren der bei die meisten, vor allem schweren Re- Lactame) und nicht steroidale Antiphlo- Akutreaktion eine zusätzliche Information aktionen innerhalb von 30 Minuten nach gistika sowie in der letzten Zeit auch Bio gewonnen werden. dem Kontakt zum auslösenden Allergen logika (polyklonale oder monoklonale An- Bei nicht sicher zu klärender Anamne- auftreten. tikörper). se oder schon lange zurückliegender Wichtig für die Risiko-Einschätzung Eine anaphylaktische Reaktion kann anaphylaktischer Reaktion kann in be- sind außerdem mögliche Augmenta selten auch nach einer Hyposensibilisie stimmten Fällen eine standardisierte tionsfaktoren einer anaphylaktischen rungs-Injektion auftreten, sowohl bei der Allergenprovokation notwendig werden. Reaktion: Steigerung als auch bei der wiederholten n Infekte Gabe von Erhaltungsdosen. Anamnese n körperliche Anstrengung Patienten, die plötzlich verfallen, ei- n psychische Belastungssituationen ne Urtikaria, Atemnot und/oder eine Eine Risikoabschätzung wie auch n Einsatz von Medikamenten, besonders Kreislaufhypotonie entwickeln, zum Bei- das therapeutische Vorgehen werden nicht-steroidalen Antiphlogistika (Ace- spiel bei chirurgischen Interventionen aus dem berichteten Zeitverlauf, dem tylsalicylsäure, Ibuprofen, Paracetamol oder aufgrund unklarer Ursachen, sind Schweregrad der Symptome und der Ve- etc.). zunächst auch immer anaphylaxie-ver- rifizierung der auslösenden Umstände ab- n Alkoholgenuss (Jugendliche) dächtig. geleitet. Zudem müssen Begleiterkrankungen Insgesamt muss also bei der ärztlichen Anamnestische Angaben über mög- wie Asthma und dessen aktueller Kontroll- Untersuchung von Patienten mit Anaphy- liche Insektenstiche, Medikamentenappli- grad, allergische Rhinitis, Ekzeme oder laxie eine genaue Erhebung der mög- 10 Pädiatrische Allergologie ∙ Sonderheft Anaphylaxie 2011
Diagnostik lichen Begleitumstände erfolgen, deren glichen wird, lässt sich auch ein Elimina- 10-Proteine gehört. In mehreren Kollek- Kenntnis sowohl für die aktuelle Thera- tionsprofil erstellen. tiven wurde gezeigt, dass eine Sensibi- pie wie auch für die nachfolgende Vor- Dies ist wichtig, da Patienten mit einer lisierung gegen Ara h 2 mit einer hohen beugung eine entscheidende Bedeu- Mastozytose andauernd erhöhte Trypta- Wahrscheinlichkeit mit dem Auftreten ei- tung hat. sekonzentrationen im Blut aufweisen. ner allergischen Reaktion und schweren Symptomen einer Anaphylaxie vergesell- Diagnostische Hilfe Suche nach anaphylaxie- schaftet ist. durch Mediatorenbestimmung auslösenden Allergenen Ara h 8 als pollen-assoziiertes PR-10- Allergen ist hingegen hitze- und diges Um den Pathomechanismus „Ana Die Basis der Diagnostik ist der Nach tionslabil und führt daher nach Verzehr phylaxie“ als Ursache zu belegen, ist in weis einer IgE-vermittelten Sensibilisie deutlich seltener und dann nur zu mil- erster Linie der Nachweis einer entspre- rung. Prinzipiell wird dies mit Hilfe eines deren Symptomen. Derartig zuverlässige chenden IgE-Sensibilisierung geeignet. Nachweises von spezifischem IgE im Se- Vorhersagen, geprüft an über Fallserien Unter Umständen können Mediatoren rum durchgeführt, da beim Haut-Prick- hinausgehenden Kollektiven sind für an- der anaphylaktischen Reaktion unter- Test eine theoretische Gefährdung des dere Allergen-Komponenten noch nicht sucht werden. Patienten gegeben ist. Bei einigen Aller verfügbar, es sind aber zum Teil hinwei- Histamin bewirkt eine Vasodilata genen, z. B. vielen Medikamenten, ist eine sende Daten vorhanden. tion, beschleunigt die Herzfrequenz und Prick-Testung geeignet. Nach den derzeit So genannte Lipid-Transferproteine steigert die glanduläre Sekretion. Leu gängigen Empfehlungen ist eine stattge- (LTP) in Pflanzen sind in der Regel hitze- kotriene (LT) und Plättchen-aktivie habte Anaphylaxie jedoch eine Kontra- und digestionsstabil und können daher render Faktor (PAF) führen zu Broncho- indikation für die Durchführung eines einfacher unzerstört im Dünndarm resor- konstriktion und erhöhen die vaskuläre Hautestes mit dem beschuldigten Aller- biert werden und dort schwere allergische Permeabilität. gen. Symptome induzieren. Zu den LTP gehört Tryptase wird in Mastzellen gespei- Es konnte gezeigt werden, dass die Hö- das Cor a 8 aus Haselnuss und das Pru p 3 chert und bei Reaktionen ausgeschüttet. he der IgE-Antikörper weder zuverlässig aus dem Pfirsich. Beide zeigen bei nach- Eine Freisetzung wurde nach anaphylak- mit der Schwere der Reaktion noch mit gewiesener Sensibilisierung ein erhöhtes tischer Reaktion auf Insektenstiche und der Menge des Allergens, das eine Reak- Risiko für das Auftreten schwerer Reak Medikamente (vor allem Muskelrelaxan- tion auslöst, korreliert. Auch ist über die tionen an. Pru p 3 aus Pfirsich kann dabei tien, Antibiotika, Plasmaexpander) be- Spiegelhöhe der spezifischen IgE-Anti- stellvertretend für alle Steinobstallergien schrieben. körper keine zuverlässige Aussage über bestimmt werden, da eine große Struk- Die Bestimmung von freigesetzten Me- die klinische Relevanz der Sensibilisie- tur-Homologie innerhalb dieser Gruppe diatoren kann daher auch diagnostisch rung möglich. besteht. herangezogen werden. Die Etablierung von so genannten „cut- Eine Anaphylaxie nach Obstgenuss, Früher hat man sich vor allem mit dem off-Werten“ solcher IgE-Antikörper, ab de- ausgelöst durch eine Allergie gegen LTP, Nachweis von Histamin und N-Methylhis- nen man von einer Reaktion ausgehen ist ein typisches Phänomen des mediter- tamin im Serum bzw. Harn befasst. Die kann, ist nicht möglich, da Einflussfak- ranen Raumes. In Mitteleuropa kommt sie kurze Halbwertszeit von Histamin und ei- toren wie Alter, Zeitspanne seit letztem nur selten vor. ne Interferenz mit den bakteriellen Pro- Allergenkontakt, Grunderkrankungen (Ek- Weitere, auf ein erhöhtes Risiko hin- dukten bei Harnwegsinfektionen hat die zem), Augmentationsfaktoren oder Co- weisende Allergen-Komponenten sind se Bestimmung als diagnostische Metho- Sensibilisierungen die Reaktionswahr- Tri a 19 aus Weizen (Omega-5-Gliadin), de im klinischen Alltag verdrängt. Der scheinlichkeit verändern. das bei Allergie unter Umständen mit ei- Nachweis von Prostaglandinen D2 und ner anstrengungs-induzierten Anaphyla- PAF hat sich bei Verdacht auf Anaphyla- Rekombinante Antikörper xie vergesellschaftet ist, und Gly m 4 aus xie ebenfalls nicht als eine praktikable Soja. Letzteres ist zwar ein PR-10-Protein, diagnostische Hilfe bewährt. Lediglich Neue Antikörper gegen rekombinante ist aber deutlich stabiler als andere Vertre- Tryptase (im Serum), die eine biologische oder natürlich gewonnene Proteine der ter seiner Gruppe und daher ebenfalls auf Halbwertszeit von zwei Stunden hat und Allergene können nach neuesten Studi- erhöhte Anaphylaxie-Gefahr hinweisend. 15 bis 120 Minuten nach Anaphylaxiebe- en helfen, Kreuzreaktivitäten und Reak Da die zuletzt erwähnten Allergen- ginn ihren Spitzenwert erreicht, kann zur tionsmuster besser einzugrenzen. Komponenten nicht den Major-Aller- Abklärung herangezogen werden. Dies konnte am besten für die Erdnuss genen der Pflanze entsprechen bezie- Wenn eine Blutprobe zu Beginn der gezeigt werden: Ara h 2 ist ein Speicher- hungsweise spezielle Extraktionsverfah- Anaphylaxie (15 bis 120 Minuten nach protein aus der Erdnuss, Ara h 8 ein Pro- ren zur Anreicherung erforderlich sind, Beginn der klinischen Symptome) mit tein, das dem Hauptallergen der Birke sind sie daher in den Allergen-Extrakten der zweiten Probe nach 24 Stunden ver- (Bet v 1) ähnelt und zur Familie der PR- nur gering vorhanden. Dies kann dazu 12 Pädiatrische Allergologie ∙ Sonderheft Anaphylaxie 2011
Therapie führen, dass das spezifische IgE gegen einer derartigen Untersuchung kein das Hauptallergen, in diesem Fall Soja und erhöhtes Risiko gegeben ist. Als Unter- Weizen, negativ ist. In diesem Fall gelingt suchungsstandard wurde vor kurzem der Sensibilisierungsnachweis nur durch ein Manual zur Durchführung von die Bestimmung der IgE-Antikörper ge- Nahrungsmittelprovokationen von gen die Komponenten. der Arbeitsgruppe Nahrungsmittel- Liegt eine klare Anamnese vor, zu der allergie der GPA veröffentlicht. passend eine Sensibilisierung nachgewie- sen werden kann, ist die Diagnostik ab- Korrespondenzadresse: geschlossen. Dr. med. Lars Lange Sehr häufig ist aber die Anamnese St.-Marien-Hospital nicht so klar und es zeigen sich Sensibi- Robert-Koch-Str. 1, 53115 Bonn lisierungen gegen mehrere potentielle E-Mail: Lars.Lange@marien- Allergene. Teilweise liegt die Reaktion hospital-bonn.de auch schon Jahre zurück und eine zwi- schenzeitlich eingetretene Toleranzent- wicklung ist möglich. In diesen Fällen ist die Durchführung einer standardisierten Das Manual zur Durchführung von Nah rungsmittelprovokationen aus dem 2009 Nahrungsmittelprovokation sinnvoll und erschienenen Sonderheft „Nahrungs notwendig. Es konnte gezeigt werden, mittelallergie“ (Download unter www. dass beim standardisierten Vorgehen in gpaev.de, Rubrik Stellungnahmen) Therapie der Anaphylaxie Christian Vogelberg, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden Da eine anaphylaktische Reaktion im- umfeldes sowie einer notärztlichen Ver- gung wichtig, um insbesondere die wei- mer eine Notfallsituation darstellt, ist ein sorgung. Erweiterte therapeutische Op tere medikamentöse Behandlung zu pla- rasches diagnostisches und therapeu- tionen, die ein intensivmedizinisches Um- nen. Hier bietet sich die Orientierung an tisches Vorgehen erforderlich. Mögliche feld voraussetzen, werden nicht im De- der Schweregradeinteilung nach Ring und Algorithmen hierzu wurden in den ver- tail besprochen; hier ist bei Bedarf auf die Messmer an [6]. Dazu gehört eine zügig gangenen Jahren in zwei wesentlichen Stellungnahme der Leitlinie zu verweisen. durchgeführte Untersuchung der Atem- Arbeiten veröffentlicht, nämlich einer- Die durch den Patienten oder Dritte selbst wege mit Inspektion des Mund-Rachen- seits in der gemeinsamen S2-Anaphyla- durchführbaren Sofortmaßnahmen wer- raumes (Zungengrundschwellung?) so- xie-Leitlinie der deutschsprachigen aller- den im Kapitel „Notfallset und Prävention“ wie der Auskultation der Lunge (Hinwei- gologischen Fachgesellschaften [5], ande- abgehandelt. se auf bronchiale Obstruktion), der Kreis rerseits im Positionspapier der European laufsituation (Hypotension?, Tachykardie?) Academy of Allergy and Clinical Immu- Allgemeine Maßnahmen sowie der Haut (Urtikaria?). Sofern mög- nology [4]. Die in diesem Beitrag bespro- lich, muss die Allergenzufuhr sofort be- chenen Maßnahmen beziehen sich vor- Beim Auftreten einer Anaphylaxie ist endet werden. Maßnahmen hierfür wie nehmlich auf die ärztliche Akutbehand- vor Beginn erster therapeutischer Maß- beispielsweise Abbinden der entspre- lung im Rahmen eines Praxis- oder Klinik nahmen die rasche Erfassung der Ausprä- chenden Extremität oder aber Unter- Pädiatrische Allergologie ∙ Sonderheft Anaphylaxie 2011 13
Therapie spritzung mit Adrenalin gelten aber nicht rische Insuffizienz vor, sollte bei entspre- an Schweregrad und klinischer Sympto- als gesichert und sollten im Zweifelsfalle chender Übung frühzeitig intubiert und matik der anaphylaktischen Reaktion nicht zu einer Zeitverzögerung der wei- mit 100 % Sauerstoff beatmet werden. He- (Abb. 1). Dabei wird zwischen echten Not- teren Maßnahmen beitragen. roische wiederholte Versuche einer Intu- fallmedikamenten, die sich gegen kardio Die korrekte Lagerung des Patienten bation sollte der Ungeübte im Zweifels- respiratorische Insuffizienz wenden (Adre- hat einen wesentlichen Einfluss auf die fall aber besser unterlassen und stattdes- nalin, β2-Sympathomimetikum), und an- kardiorespiratorische Symptomatik. Aus sen lieber eine Beatmung mit Beutel und tiallergischen Medikamenten (Antihista- diesem Grund muss der Patient grund- Maske durchführen. minikum, Glukokortikoid) unterschieden. sätzlich in einer für ihn bequemen Posi tion gelagert werden. Bei Überwiegen re- Medikamentöse Therapie Adrenalin spiratorischer Symptome erfolgt dies be- In der Auswahl der verschiedenen me- vorzugt mit aufrechter Positionierung des Das Ausmaß und die Auswahl der me- dikamentösen Therapieoptionen steht Oberkörpers, bei deprimierter Kreislauf dikamentösen Therapie orientieren sich das Adrenalin an erster Stelle [3, 8] und situation sollte der Patient flach mit erhobenen Bei- nen (Trendelenburg) gela- Algorithmus zum therapeutischen Vorgehen gert werden [1]. Sofern es die Kreislaufsituation zu- bei einer anaphylaktischen Reaktion lässt, wird ein möglichst großlumiger i.v.-Zugang Patient mit anaphylaktischen gelegt. Der Versuch hier- Symptomen zu sollte zeitnah möglichst 2 noch mit Beginn der ana- 1 3 phylaktischen Reaktion er- Reanimation, Adrenalin i.m., Verlegung auf Schweregrad IV ja i.v. Zugang, Adrenalin i.v., folgen, da hier aufgrund Intensivstation ggf. wie Schweregrad III der Kreislaufsituation die Chancen für ein Gelin- nein gen höher sind. Sollte die 4 Platzierung eines i.v.-Zu- Basismaßnahmen, ganges nicht möglich sein, i.v. Zugang, Kristalloid 6 stellt ein intraossärer Zu- gang eine Alternative dar Adrenalin i.m., Kolloid [12]. Inzwischen existie- 5 evtl. Adrenalin i.v., Glukokortikoid i.v., ren hierfür kleine Kanülen- Sauerstoff, Antihistaminikum H1 + H2 i.v., Schweregrad III ja ggf. wie Schwergrad II bohrmaschinen, mit deren Hilfe die Platzierung ein- 10 facher gelingt. Bereits an nein 9 dieser Stelle sei aber da- 8 Adrenalin i.m., Vorwiegend rauf hingewiesen, dass mit Volumen, Schweregrad II ja kardiovaskulär? ja Glukokortikoid i.v., frustranen Versuchen, ei- Sauerstoff, Antihista- nen intravenösen Zugang 11 minikum H1 + H2 i.v., nein zu legen, nicht zu viel Zeit 13 Vorwiegend verschwendet werden Atemwege darf, sondern dann zu- Schweregrad I nächst eine erste Gabe ja Adrenalin intramuskulär 12 ja appliziert werden sollte. Adrenalin inhalativ evtl. i.m., 14 Bei respiratorischer Be- b2-Agonisten inhalativ, einträchtigung oder arte- Antihistaminika H1 i.v., Antihistaminikum H1 i.v., 7 rieller Hypotonie wird sup- Glukokortikoid i.v., Glukokortikoid i.v., Stationäre plementärer Sauerstoff Nachbeobachtung evtl. b2-Agonisten i.v., Sauerstoff Überwachung appliziert. Liegen Hin- weise auf eine drohende oder manifeste respirato- Abb. 1 14 Pädiatrische Allergologie ∙ Sonderheft Anaphylaxie 2011
ist bei Auftreten jeglicher respiratorischer oder kardiovaskulärer Symptome indiziert Medikamentendosierung bei anaphylaktischer Reaktion (d. h. spätestens ab Schweregrad II), ferner bei schweren abdominellen Symptomen Medikament Dosierung oder dem Vorhandensein eines Asthma Kristalloide Infusionslösung (z.B. NaCl 0,9%) 10–20 ml/kg KG über 20 min bronchiale. Frühzeitiger sollte Adrenalin bei bekannter anaphylaktischer Reaktion Adrenalin i.m. 0,01 mg/kg KG in der Vergangenheit oder aber bekannter Adrenalin i.v. 0,05–1 μg/kg KG/min Nahrungsmittelallergie mit vorangegan- Prednisolon (-äquivalent) 1–2 mg/kg KG gener Anaphylaxie (z. B. Erdnussallergie) Dimetinden 0,05–0,1 mg/kg KG bei versehentlicher Aufnahme des Aller- Clemastin 0,03 mg/kg KG gens bereits ab dem Schweregrad I gege- ben werden. Die Applikation erfolgt initi- al bevorzugt i. m. [11] mit einer Dosis von Tab. 1 0,01 mg/kg Körpergewicht (entspricht 0,01ml/kg einer 1:1.000-Verdünnung) in für die Indikation Anaphylaxiebehand- Tachykardie im Rahmen der Anaphylaxie den anterolateralen Oberschenkel (ma- lung zugelassen. wird daher neben der Gabe von Adrena- ximale Einzeldosis 0,5 mg). Je nach An- Die Bedeutung der frühen Gabe von lin die Volumensubstitution empfohlen. sprechen kann die Gabe nach zehn bis 15 Adrenalin liegt in seiner pharmakolo Dies kann durch kristalloide Elektrolytlö- Minuten wiederholt werden. Liegt bereits gischen Wirkweise begründet. Der α- sungen mit 10–20 ml/kg KG über 20 Minu- ein intravenöser Zugang oder ist die Re- adrenerge Effekt führt zu einer Erhöhung ten erfolgen, ggf. bei ausbleibender Wir- aktion auf die intramuskuläre Applikation des peripheren Gefäßwiderstandes, zu kung Wiederholung. insuffizient, so kann dann die i. v.-Appli- einem Anstieg des Blutdruckes, zu ei- kation in einer Verdünnung von 1:10.000 ner Zunahme der coronararteriellen Per- Antihistaminika mit einer Start-Dosierung von 0,01 mg/ fusion und sekundär zu einer Abnahme Die Gabe eines H1-Antihistaminikums kg KG (entspricht 0,1 ml/kg KG) erfolgen. eines Angioödems oder einer Urtikaria. gehört zu den medikamentösen Sofort- Die Applikation sollte nicht als Bolus, son- Durch die β1-adrenerge Wirkung kommt maßnahmen bei ersten Anzeichen einer dern fraktioniert und unter kardiorespira- es einerseits zu einem Anstieg der Herz- anaphylaktischen Reaktion, bei höherem torischem Monitoring durchgeführt wer- frequenz und zu einer positiv inotropen Schweregrad nach kardiorespiratorischer den. Anschließend kann die Dauerinfu Reaktion, durch die β2-adrenerge Wirkung Stabilisierung. Wenngleich auch bei dieser sion in einer Dosierung von 0,05–1,0 µg/ wird andererseits eine Bronchodilatation Substanzgruppe die Evidenz für die Wir- kg/min fortgeführt werden. sowie eine Verminderung der Ausschüt- kung im Rahmen der Anaphylaxie um- Die inhalative Applikation ist im Be- tung von Mediatoren der Inflammation stritten ist [7], was sich unter anderem in handlungsregime definitiv von unterge- u. a. aus Mastzellen und basophilen Gra- den unterschiedlichen Stellenwerten der ordneter Bedeutung und in der Praxis le- nulozyten erreicht. Antihistaminika innerhalb der verschie- diglich bei der Therapie des Larynxödems Im Gegensatz zur Anwendung von Ad- denen internationalen Leitlinien nieder- von Relevanz, weniger auch noch bei renalin bei Erwachsenen existieren im Kin- schlägt, so kann ihnen doch ihr zentraler der asthmatischen Reaktion. Der Grund desalter hierzu keine relevanten Kontra- Angriffspunkt im Rahmen der patho- hierfür liegt einerseits in der hohen An- indikationen, da die Rate von Komorbidi- physiologischen Abläufe der Anaphyla- zahl notwendiger Inhalationen, um ei- täten wie koronaren Erkrankungen oder xie nicht abgesprochen werden. Ein Effekt nen systemischen Wirkspiegel zu erzie- Herzrhythmusstörungen vernachlässig- zumindest bei der Urtikaria und der aller- len, und andererseits in der nachgewie- bar ist. In einzelnen Fällen wie dem Vor- gischen Rhinokonjunktivitis scheint als senen Schwierigkeit, insbesondere bei liegen einer hypertrophen obstruktiven gesichert zu gelten [9, 13]. Dennoch muss pädiatrischen Patienten Inhalationen im Kardiomyopathie oder einer tachykarden auch hier wieder auf die Gefahr hingewie- Bedarfsfall durchzuführen [10]. Als inha- Herzrhythmusstörung muss eine indivi- sen werden, dass bei leichten anaphylak- latives Epinephrin stehen InfectoKrupp® duelle Nutzen-Risiko-Abwägung vorge- tischen Reaktionen möglicherweise durch Inhal als Zerstäubersystem (2–4 Hub al- nommen werden. das Abwarten des therapeutischen Ef- le 3–5 min) oder aber als Inhalationslö- fektes einer alleinigen Gabe eines H1-An- sung zur Verneblung via Kompressions- Volumensubstitution tihistaminikums die Applikation von Adre- vernebler (1 ml/10 kg KG) bzw. Taschen- Eine Anwendung von Adrenalin ohne nalin unnötig lange herausgezögert wer- vernebler zur Verfügung. Primatene Mist® Volumensubstitution macht keinen Sinn. den kann. als Dosieraerosol ist nur noch über eine Zur Behandlung der durch Vasodilatation Im Gegensatz zum Adrenalin besitzen internationale Apotheke zu beziehen. Kei- und Plasmaexsudation bedingten Hypo- H1-Antihistaminika eine größere thera- nes der inhalativen Adrenalinpräparate ist volämie mit resultierender Hypotonie und peutische Breite. Für die zu empfehlende Pädiatrische Allergologie ∙ Sonderheft Anaphylaxie 2011 15
Therapie i.v.-Applikation sind für diese Indikation lation. Die Dosierungsempfehlungen lie- Kind wird in Rückenlage positioniert, der nur Dimetinden (Fenistil® 0,05–0,1 mg/ gen bei 1–2 (–10) mg Prednisolonäquiva- Kopf mit einer Hand leicht rekliniert und kg KG) und Clemastin (Tavegil® 0,03 mg/ lent/kg KG. der Mund mit der anderen Hand geöff- kg KG) zugelassen. Wegen der als Neben- net. Für nicht länger als zehn Sekunden wirkung möglichen Hypotension sollte Kardiopulmonale Reanimation wird festgestellt, ob eine Eigenatmung die intravenöse Gabe langsam, am besten Bei einer anaphylaktischen Reaktion vorliegt (Beobachtung einer Thoraxexkur- als Kurzinfusion, vorgenommen werden. vom Schweregrad IV mit Atem- oder sion, Hören eines Atemgeräusches oder Während bereits im Erwachsenenalter Kreislaufstillstand wird mit der Reanima- Fühlen eines Atemstromes). Sollten keine die Empfehlung, ab dem Schweregrad II tion entsprechend der aktuellen Leitlinie suffiziente Atmung vorliegen oder Zwei- zusätzlich zu H1-Antihistaminika H2-Anti- (European Resuscitation Council Guide- fel an einer suffizienten Atmung beste- histaminika zu geben, auf dünner Daten- lines for Resuscitation 2010) begonnen hen, werden nach Ausschluss einer Atem lage beruht, kann diese Empfehlung für (Abb. 2). Bezüglich der medikamentösen wegsobstruktion (z. B. durch Erbrochenes) das Kindesalter nicht wirklich gerechtfer- Behandlung gelten die o. g. Richtlinien. fünf Beatmungen durchgeführt; anschlie- tigt werden, zumal im Kindesalter nur Ra- Wiederum gilt, sich zügig einen Über- ßend wird erneut die Eigenatmung des nitidin als injizierbares Medikament zu- blick über den kardio-respiratorischen Kindes überprüft. Die Beatmung erfolgt gelassen ist. Zustand des Kindes zu verschaffen. Das bevorzugt mit einem Beutel und pas- sender Gesichtsmaske mit 100 % Sau- β2-Sympathomimetika erstoffsupplementation. Eine Intuba- Beim Auftreten einer Bronchokon- Kardiopulmonale Reanimation tion auch im Verlauf der Reanimation striktion sollte neben der Adrenalin- bei Anaphylaxie sollte prinzipiell nur von erfahrenen gabe zusätzlich mit einem inhalativen im Kindes- und Jugendalter Personen durchgeführt werden, an- β2-Sympathomimetikum behandelt sonsten stellt eine suffizient durch- werden. Dies kann entweder als Do- geführte Maskenbeatmung in jedem sieraerosol (vornehmlich mit Inhalier- Nicht ansprechbar? Fall eine sicherere Maßnahme dar als hilfe), z. B. beginnend mit Salbutamol heroische Fehlversuche. Sollten Re- 2 Hub, Fortführung der Applikation je aktionen des Kindes wie Husten oder nach klinischem Effekt, oder aber über Einsetzen einer Eigenatmung ausblei- einen Kompressionsvernebler appli- Hilfe herbeirufen ben, wird innerhalb von zehn Sekun- ziert werden. den der Puls entweder an der A. ca- rotis (bei Kindern > 1 Jahr) oder an Glukokortikoide der A. brachialis (Säuglinge) ertastet Atemwege öffnen Aufgrund der fehlenden Studien- (alternativ altersunabhängig an der lage zur Bedeutung der Glukokorti- A. femoralis). Ist ein Puls tastbar, wird koidgabe in der Behandlung der Ana- solange die Beatmung fortgeführt, phylaxie wird die Anwendung nicht in Keine normale Atmung? bis eine Eigenatmung einsetzt. Bei allen internationalen Leitlinien emp- Pulslosigkeit oder einem Puls < 60/ fohlen. In Deutschland wird die Gabe min wird sofort mit der Thoraxkom- aufgrund der unterschiedlichen Wirk- pression und Beatmung im Verhältnis effekte vertreten, wenngleich explizit 5 Atemstöße 15:2 (bei zwei Helfern) oder 30:2 bei auf den verzögerten Eintritt derselben einem Helfer fortgeführt. Der Hand- hingewiesen werden muss; eine spe- ballen der einen Hand wird eine Fin- zifische Wirkung tritt frühestens nach gerbreite oberhalb des Xyphoids auf 30 Minuten ein. Vor diesem Hinter- Keine Lebenszeichen? die untere Sternumhälfte aufgesetzt, grund ist die Gabe von Glukokortiko- so dass der Druck nicht auf die Rip- iden auch nicht als Therapie der aku- pen übertragen wird. Durch Kompres- ten Phase zu verstehen, wenngleich sion mit durchgestreckten Armen in dies in der Praxis häufig irrtümlich so 10 Thoraxkompressionen senkrechter Position über dem Thorax gehandhabt wird. Ein Effekt besteht des Kindes wird am ehesten gewähr- möglicherweise eher in der Behand- leistet, dass die Thoraxkompression lung der protrahierten oder der bipha- ausreichend tief (mindestens 1/3 des 2 Atemstöße sischen Reaktion sowie beim Asthma 15 Thoraxkompressionen anterio-posterioren Thoraxdurchmes- bronchiale [2]. Dieser besteht in einer sers, ca. 4 cm bei Säuglingen, ca. 5 cm antiinflammatorischen Wirkung sowie bei Klein- und Schulkindern) mit einer in einer Verbesserung der Mikrozirku- Abb. 2 Frequenz von 100–120/min erfolgt. 16 Pädiatrische Allergologie ∙ Sonderheft Anaphylaxie 2011
abläufe im gesamten Team durchgespro- Notfallausrüstung zur Behandlung anaphylaktischer Reaktionen in der Praxis chen und praktisch geübt werden. Eine Hilfe ist ferner die Platzierung einer „Not- Monitoring Stethoskop, Blutdruckmessgerät fallkarte“ oder eines „Notfallposters“ mit i.v.-Zugang Stauschlauch, Spritzen, Venenverweilkanülen, Infusions- allen wichtigen Handlungsschritten sowie besteck der Medikamentendosierungen an einer Atemwegsmanagement Sauerstoff mit Maske/Brille, Guedel-Tubus, Ambu-Beutel, zentralen Stelle. Absaugvorrichtung, Intubationsbesteck Bronchodilatator (rasch wirksames β2-Sympathomimetikum Schlussfolgerung zur Inhalation) Kardiovaskuläres Management Adrenalin zur Injektion Eine anaphylaktische Reaktion stellt im- mer eine Notfallsituation dar, die eine zü- Infusionslösungen (physiologische NaCl-/Elektrolyt lösungen, kolloidale Lösungen) gige Erfassung des Ausmaßes und der be- teiligten Organe erfordert. Dadurch wird Management der allergischen H1- und H2-Antihistaminika zur intravenösen Injektion Inflammation Zeit für eine suffiziente Therapie gespart. Glukokortikoid zur intravenösen Injektion Adrenalin ist die zentrale Substanz für die Behandlung der anaphylaktischen Reak- Tab. 2 tion, die Applikation ist praktisch zu kei- nem Zeitpunkt der Behandlung kontra- Nach jeder Kompression muss der Druck Organisation indiziert und erfolgt bevorzugt intramus- komplett vom Thorax genommen wer- kulär. Klare Absprachen und eine vorbe- den. Frühzeitig sollte ein intravenöser Zu- Noch vor Eintritt des Falls der Fälle ist sprochene Organisation des Handlungs- gang gelegt werden, bei frustranen Ver- neben der Vorhaltung des entsprechen ablaufes mit dem Praxis- oder Klinikteam suchen aufgrund deprimierter Kreislauf- den Instrumentariums und der Medika- sind eine wichtige Voraussetzung für ei- situation kann alternativ ein intraossärer mente eine klare Organisation (wo ist der nen glatten Ablauf der Behandlung. Zugang gewählt werden (s. o.). Notfallkoffer lokalisiert) sowie eindeu- Sind mehr als ein Helfer anwesend, tige Absprache der Zuständigkeiten (wer PD Dr. med. Christian Vogelberg sollte ein erster mit den Reanimations- überprüft in welchen Abständen die Halt- Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an maßnahmen beginnen, während der barkeit der Notfallmedikamente sowie die der TU Dresden, Klinik und Poliklinik für Kin- zweite Hilfe herbeiruft. Für den Fall, dass Funktionstüchtigkeit des Instrumentari- der- und Jugendmedizin, Bereich Broncho- nur ein Helfer vor Ort ist, sollte dieser zu- ums, wer übernimmt welche Aufgabe in- pneumologie/Allergologie nächst mit der Reanimation beginnen, nerhalb der Notfallbehandlung) im Klinik- Fetscherstr. 74, 01307 Dresden nach einer Minute aber dann unterbre- oder Praxisteam notwendig. In regelmä- E-Mail: christian.vogelberg@uniklinikum- chen und Hilfe anfordern. ßigen Abständen sollten die Handlungs- dresden.de
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