Was die EU falsch macht - Mieterverband
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Editorial Inhaltsverzeichnis Liebe Leserinnen Politik Parlament lehnt und Leser Wohninitiative ab 3 Diskriminierung Auf den Namen kommt es an 5 EU Harter Kampf um die Gemeinnützigen 7 Basel Grossbank setzt brutal Wieder häufen sich die Massenkündigungen. Mietende vor die Tür 10 Wir berichten in diesem Heft über zwei aktuelle Fälle in Zürich und Basel. Beides Mal ist es die Zürich Erfolgreicher Grossbank Credit Suisse, die durch ein skrupel- loses Verhalten auffällt. Bei ihr zählt nur die Widerstand im Brunaupark 12 Rendite, Menschen zählen wenig. Unlängst fiel Haushalt Kennen Sie die der Bankkonzern durch seine Abzockerlöhne auf. Chef Tidjane Thiam garniert über 12,6 Mio. Stromfresser? 14 Franken im Jahr, trotz Börsenverlusten. Solche überrissenen Saläre zahlen die Mietenden in Hotline Haftet die Post den Liegenschaften der CS-Immobilienfonds bei der Zustellung? 17 mit. Und werden am Schluss dafür noch auf die Strasse gesetzt. Miettipp Wie es mit den Anstatt solches Unrecht zu verunmöglichen, lehnt die Rechtsmehrheit im Parlament in Bern Haustieren steht 19 auch noch die Initiative für mehr bezahlbare Letzte Fussballstar wirft Wohnungen ab. Sie folgt zudem teils willig dem Versuch der Immobilienlobby, die Mieterrechte Mieter raus 24 abzubauen. Die Lage ist haarsträubend, sie muss für alle Vernünftigen das Signal für eine Wende sein. Es braucht eine soziale Wohn- politik, es braucht bezahlbare Mieten, es braucht rigorose Schranken für das rendite- getriebene Finanzkapital, das sich immer mehr in den Wohnungsmarkt hineinfrisst. Die- ses hat beim existenziellen Gut Wohnen eigentlich gar nichts zu suchen. Hier muss das Herausgeber Titelbild Wohl der Bevölkerung im Zentrum stehen, Mieterinnen- und Mieterverband fotolia.com nichts anderes. Die Wende beginnt bei den Deutschschweiz Druck nächsten Wahlen im Herbst. Wer sich nicht klar Stämpfli AG, Bern Redaktion Beglaubigte Auflage für den Wohnschutz ausspricht, hat im Bundes- Ralph Hug, Pressebüro St.Gallen 126 466 Exemplare haus nichts zu suchen. Sorgen wir dafür, dass T 071 222 54 11 Erscheinen Administration und Adressverwaltung 6 mal pro Jahr an diesem Zahltag der Demokratie nur mieter- MieterInnenverband Deutschschweiz Abonnementspreis freundliche Kandidatinnen und Kandidaten Bäckerstrasse 52, 8004 Zürich Fr. 40.–/Jahr reüssieren. T 043 243 40 40 Inserate und Beilagen info@mieterverband.ch Judith Joss, www.mieterverband.ch judith.joss@mieterverband.ch Herzlich Ständige Mitarbeiter/innen T 043 243 40 40 Fabian Gloor, Zürich Natalie Imboden, Bern Balthasar Glättli, Zürich Beat Leuthardt, Basel hug@pressebuero-sg.ch Urs Thrier, Basel Walter Angst, Zürich Niklaus Scherr, Zürich Carlo Sommaruga, Genf www.facebook.com/Mieterverband Gestaltungskonzept Hubertus Design GmbH, Zürich Layout Hannah Traber, St.Gallen Gedruckt in der Schweiz Mieten + Wohnen Februar 2019 Nr. 2 2
Politik Text von Ralph Hug Jetzt entscheiden wir! Das Parlament lehnt die Wohninitiative kaltschnäuzig ab. Nun ist das Volk am Zug. Zeigen wir Bern die rote Karte. Bild fotolia.com Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 3
Kommentar Der Ständerat ist Anfang März dem Nationalrat gefolgt. Auch er lehnt die Wohninitiative des Mieterinnen- und Mieterver- Jetzt mobilisieren! bands ab, und zwar mit 31 Nein gegen 13 Ja. Parteipolitisch gesehen standen nur die SP/Grünen hinter dem Anliegen. Die CVP liess die Mietenden im Stich. Und SVP und FDP stimmen sowieso immer gegen die Mieteranliegen, so auch hier. Der Kommentar von Mieterpräsident Carlo Sommaruga: «Die Sorgen der Mehrheit der Bevölkerung werden nicht ernst genommen. Und auch die Spekulation wird nicht bekämpft.» Nach dem Nationalrat hat es auch der Ständerat verpasst, etwas zu tun, damit endlich mehr günstige Wohnungen entstehen. Die beiden Kammern wollen lediglich den Fonds de Das Parlament hat unsere Volksinitiative «Mehr roulement für die Wohnbaugenossenschaften beibehalten. bezahlbare Wohnungen» abgelehnt. Damit Dies nützt aber wenig. Denn diese Kreditkasse für die Gemein- hat die jetzige Mehrheit in Bern den Mietenden nützigen verändert den Wohnungsmarkt kein Jota. Der in diesem Land eine beispiellose Verachtung Marktanteil der Genossenschaften beträgt weiterhin weniger entgegengebracht. Sie hat sich nicht nur gewei- gert, dass 10% der neuen Wohnungen genos- «Die Entwicklung ist besorgniserregend.» senschaftlich und spekulationsfrei auf Basis der Kostenmiete erstellt werden. Sie wollte auch als 5 Prozent. 95 Prozent gehören den gewinnorientierten nicht den Fonds de roulement bedingungslos Immobilien- und Geldkonzernen, Fonds und Pensionskassen. um 250 Mio. Franken aufstocken, um den güns- So bleibt alles beim Alten, trotz steigender Mieten und stei- tigen Wohnbau zu fördern. Wie die neuesten gender Belastung für die Bevölkerung. Der Solothurner Stän- Statistiken des Bundes zeigen, machen die Woh- derat Roberto Zanetti sagte vergeblich: «Die Initiative fordert nungen, die genossenschaftlich sowie von der nichts Unmögliches.» Und der St.Galler Ständerat Paul Rech- öffentlichen Hand erstellt werden, nur 10% des steiner warnte ebenfalls vergeblich davor, dass die Wohnkosten Wohnungsbestandes aus. Will man dieses aus dem Ruder laufen: «Die Entwicklung ist besorgnis- Niveau beibehalten, ist es dringend nötig, min- erregend.» destens 10% der neuen Wohnungen für jene Auf der Seite der bürgerlichen Gegner tat sich besonders zu erstellen, die keine bezahlbare Wohnung auf der Aargauer Ständerat Philipp Müller hervor. Der ehemalige FDP- dem Markt finden. Parteipräsident sieht in den öffentlichen Geldern für den Wohn- Die Abstimmung über die Wohninitiative bau nur Verluste und keinen Gewinn. Müller wollte sogar den wird voraussichtlich im Februar 2020 stattfin- Fonds de roulement abschaffen. Was verfassungswidrig wäre, den. Damit wir gewinnen, ist auch Ihr Engage- denn dann hätte der Bund gar kein Instrument mehr, um seiner ment unerlässlich. Im Herbst werden wir Sie Pflicht in Art. 41 BV nachzukommen, wonach er dafür sorgen einladen, unsere Kampagne aktiv und finanziell muss, dass Wohnungssuchende für sich und ihre Familien eine zu unterstützen. Wir zählen auf Sie! Wir wer- angemessene Wohnung zu tragbaren Bedingungen finden den unsere ganze Energie aufwenden, denn die können. So radikalisiert sind gewisse Bürgerliche heute bereits. Gegner verfügen für ihre mieterfeindliche Auch am üblen Trick aus der Küche von ex-Bundesrat Schnei- Gegenpropaganda über enorme Mittel. Aber der-Ammann wollte die Mehrheit des Ständerats nichts ändern: wir müssen wissen, dass wir in unserem Kampf nämlich die Weiterführung des Fonds an die Ablehnung der für bezahlbare Wohnungen nicht allein sind. Wohninitiative zu knüpfen. Nur wenn das Volk die Initiative ver- Diverse Organisationen unterstützen uns. Und wirft, soll es weiteres Bundesgeld für die Genossenschaften in Brüssel lanciert eine breite Front von Orga- geben. Dabei hat ein Rechtsgutachten von Prof. Andreas Glaser nisationen unter dem Titel «Housing for all» (Woh- im Auftrag des SMV gezeigt, dass durch diese Verknüpfung nen für alle) eine europäische Bürgerinitiative «die freie Willensbildung der Stimmberechtigten im konkreten für bezahlbaren Wohnraum. Wer einen EU-Pass Fall ohne Notwendigkeit eingeschränkt wird». hat oder Doppelbürger ist, kann diesen Kampf Fazit: Im Parlament hat die Immobilienlobby gesiegt. Die mit der Unterschrift unterstützen (siehe dazu bürgerlichen Parteien können sich nicht aus ihrem Griff auch Seite 9). Diese Initiative verlangt, dass die lösen. Zu viele Milliarden stehen auf dem Spiel. Doch eine neue öffentliche Wohnpolitik nicht mehr den Maas- Wohnpolitik ist nötig – eine, die auf weniger Profit und mehr tricht-Regeln und damit ausschliesslich den Gemeinnützigkeit ausgerichtet ist. Die Abstimmung wird Regeln des Marktes unterstellt ist. Der SMV voraussichtlich im Jahr 2020 stattfinden. Das Volk kann dann visiert dasselbe Ziel an, indem wir fordern, dass die Weichen stellen. Also wir. die staatliche Wohnpolitik vom Rahmenab- kommen Schweiz-EU ausgenommen wird. Es gibt also auch bei der EU eine andere, soziale Perspektive! Carlo Sommaruga, Präsident SMV Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 4
Diskriminierung Text von Ralph Hug Ungleiche Chancen Wer einen fremd klingen- den Namen hat, hat es schwerer auf dem Woh- nungsmarkt. Das beweist eine neue Studie. Bildmontage M+W Auf dem Wohnungsmarkt sind nicht alle gleich. Es war immer wieder zu hören. Doch um eine kosovarische Herkunft zu signa- Namen eine ausländische Staatsbürger- meist fehlt der konkrete Beweis. Als lisieren, oder Celik, Kaya oder Yilmaz, um schaft hatten oder ob sie eingebürgerte M+W im September 2009 den Fall einer eine türkische Abstammung anzuzei- Schweizerinnen und Schweizer waren. Der exjugoslawischen Familie aufrollte, gen. Dies kontrastierte dann mit anderen rote Pass nützt also nichts. Wenn man die eine Wohnung offenkundig nur wegen Nachnamen aus der Schweiz (z.B. Aebi- einen fremd klingenden Namen hat, hat ihrer Herkunft nicht bekam, hiess es: scher, Gerber, Steiner), aus Deutschland man bei der Wohnungssuche allein des- Das ist ein Einzelfall! Leider nicht. Jetzt (Hoffmann, Schulz, Wagner) oder aus wegen schon Nachteile. beweist eine Studie, dass es ethnische Frankreich (Aubry, Gaillard, Rochat). Ob auch andere Nationen – zum Bei- Diskriminierung auch auf dem Schweizer Die Rückmeldungen der Vermieter spiel aus Asien oder aus Südamerika – Wohnungsmarkt gibt. Oder mit anderen wurden verglichen und ausgewertet. Es zur Diskriminierung führen, bleibt offen. Worten: Wer zum Beispiel einen koso- kamen verschiedene Muster zum Vor- Solche waren im Versuch nicht berück- varischen oder türkischen Namen trägt, sichtigt. Das statistische Ausmass der hat signifikant weniger Chancen, zu Es ist der Name, der zählt. Diskriminierung ist etwa gleich gross wie einer Besichtigung eingeladen zu werden. in andern Staaten. Dies hat das Forscher- Dies ist das Fazit eines Berichts, den schein. Eines war, dass Bewerberinnen team überrascht, denn die meisten an- das Bundesamt für Wohnungswesen und Bewerber mit Namen aus dem deren Staaten kennen im Gegensatz zur (BWO) bei einem Forscherteam der Uni- Kosovo oder der Türkei weniger häufig Schweiz Gesetze gegen Diskriminie- versitäten Neuenburg, Lausanne und zur Wohnungsbesichtigung eingela- rung. Offensichtlich ist deren Wirkung be- Genf in Auftrag gegeben hat. Und so ist den werden, als dies bei Bewerbungen der schränkt, fehlbare Vermieter haben kaum das Team vorgegangen: Es hat zwi- Fall ist, die auf eine Herkunft aus der etwas zu befürchten. Die Studie stellt schen März und Oktober 2018 über 11'000 Schweiz oder einem der Nachbarländer auch fest, dass ethnische Diskriminierung Anfragen an gut 5700 Vermieterinnen schliessen liessen. «Da die Personen auf dem Land grösser ist als in der Stadt. und Vermieter in allen Teilen der Schweiz abgesehen von ihrem Namen dieselben Am grössten ist sie in Gemeinden, in verschickt. Sowohl in Ballungszentren Eigenschaften besassen, kann gefolgert denen eine restriktive Stimmung gegen- als auch in eher ländlichen Regionen. Die werden, dass es sich um ethnische über Personen aus dem Ausland herrscht. Anfragen waren natürlich fiktiv, und Diskriminierung auf Grund ihres Namens Daniel Auer, Julie Lacroix, Didier Ruedin, Eva die anfragenden Personen auch. Wichtig handelt», hält das Forscherteam fest. Zschirnt: «Ethnische Diskriminierung auf dem Schweizer Wohnungsmarkt». Herausgegeben vom Bundesamt für waren nur die Namen. Und die hiessen Dabei spiele es keine wesentliche Rolle, Wohnungswesen. dann etwa Berisha, Krasniqi und Gashi, ob die Personen mit ausländischen Gratis-Download auf www.bwo.admin.ch Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 5
In Brüssel kämpft die Mieterlobby für den gemeinnützigen Wohnbau. Dieser ist in der EU akut gefährdet. Die EU muss umdenken Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 7
Es war eine Niederlage. Neun Jahre lang ship for affordable housing», eine Allianz Deutschland. Der Bericht hält auch fest, prozessierten die «Woningcorporaties» von Organisationen, die sich für den ge- dass Mietende durch hohe Mietkosten für ihre Rechte. Woningcorporaties – meinnützigen Wohnbau einsetzen. Unter stärker belastet sind als Wohneigentümer das sind die gemeinnützigen Wohnbau- dem Slogan «Wohnen für alle!» machte mit einer Hypothek oder einem Dar- genossenschaften in den Niederlan- die IUT im vergangenen Dezember an lehen. Fachleute sprechen von einem den. Sie haben eine starke Stellung auf einer grossen Wohnkonferenz in Wien auf Alarmzeichen, wenn jemand mehr als 40 dem Markt und sorgen für günstige die enorme Bedeutung von bezahlbaren Prozent seines Einkommens fürs Wohnen Wohnungen für breite Schichten. Doch Wohnungen aufmerksam. Wohnen ist ausgeben muss. Nach Ansicht der IUT das ist der Immobilienwirtschaft, die keine Ware, sondern ein Menschenrecht, ist diese Grenze aber viel zu hoch. Sie will auf Rendite baut, ein Dorn im Auge. Plötz- so die Überzeugung der Teilnehmenden. die Schwelle auf 25% senken. «Wir müs- lich sah sie einen Hebel, die lästige Kon- Der Bürgermeister von Wien, Michael sen ernste Risiken für Armut vermeiden kurrenz einzudämmen. Dieser Hebel Ludwig, meinte: «Der freie Markt wird und die staatlichen Beihilfen neu ausrich- ist das EU-Wettbewerbsrecht, das im Bin- niemals die breite Bevölkerung mit güns- ten», so die Forderung. nenmarkt für gleich lange Spiesse sor- tigen Wohnungen versorgen. Um dies zu Wie der Kampf um die Gemeinnützi- gen soll. Staatliche Subventionen für erreichen, braucht es Regeln durch die gen in Brüssel ausgeht, ist offen. Das Gemeinnützige würden den Markt verzer- Politik.» Tauziehen dauert an. Vielleicht läuft es ren und seien deshalb nicht zulässig – Ludwig muss es wissen. Wien gilt beim Wohnschutz wie beim Lohnschutz. so lautet ihr Argument. Damit fanden sie weltweit als die Vorzeigestadt für güns- Dort dämmert es in Brüssel, dass wirk- bei der Europäischen Kommission ein tiges Wohnen mit tiefen Mieten, dank same Schutzmassnahmen für Löhne nötig offenes Ohr. Diese wies die Niederlanden einem seit vielen Jahrzehnten gut ausge- sind und man diese nicht einfach als an, die Subventionen zu überprüfen. bauten kommunalen und gemeinnüt- «Eingriffe in den freien Markt» missver- Dagegen setzten sich wiederum die hol- zigen Wohnungsbau. 62 Prozent der Wie- stehen darf. Genauso darf der Wohnungs- ländischen Gemeinnützigen zur Wehr. Sie nerinnen und Wiener wohnen in ge- markt nicht dem Spiel der Marktkräfte befürchteten massive Einschnitte, ja das förderten Logen. Es gibt dort weniger überlassen werden. Das Gemeinwohl Ende des günstigen Wohnungsbaus im Mietpreisexplosion, geringere Makler- stellt sich eben nicht von selber ein, wenn Land. Das Verfahren nahm seinen Gang. gewinne und kaum Vertreibungen von der Eigennutz freie Bahn hat. Mietenden nur aus Renditegründen. Weil Beihilfen sind zulässig die Einkommensgrenzen vergleichs- Im letzten November hat nun das weise hoch angesetzt sind, profitieren höchste EU-Gericht, der Europäische breite Schichten und nicht nur sozial Be- Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, den nachteiligte. Mit einem Aktionsplan Fall entschieden. Und zwar gegen die machen die Wohnlobbyisten in Brüssel Gemeinnützigen. Die Richter befanden, nun Druck auf die EU-Kommission. dass Beihilfen für den gemeinnützi- Ihre Forderung aus dem Urteil des EuGH gen Wohnbau im EU-Binnenmarkt zwar ist klipp und klar: Die EU muss die Inter- grundsätzlich zulässig seien. Aber sie pretation, wonach der günstige Woh- müssten notwendig und verhältnismässig nungsbau nur für Bedürftige zulässig sei, sein. Das heisst konkret, sie müssten auf ersatzlos fallen lassen. Nur so könnten benachteiligte Schichten zugeschnitten unerwünschte Entwicklungen auf sein. Günstige Wohnungen also nur noch den Liegenschaftenmärkten der Mit- für Arme, und alle anderen sollen die gliedsländer verhindert werden. Renditen der Immobilienkonzerne finan- zieren, weil sonst der Markt verzerrt sei? Belastung steigt überall «Das ist eine bittere Niederlage für uns», Und Missstände gibt es viele. Zum Bei- kommentiert Barbara Steenbergen ohne spiel die Mietbelastung, die überall ge- Umschweife. Steenbergen leitet das fährlich ansteigt. Das wird in einem neuen Büro des Internationalen Mieterverbands Warnbericht der EU mit Zahlen belegt. (IUT) in Brüssel. Sie und ihr kleines Danach sind europaweit 85 Millionen Leu- Team machen Lobby für die Mieterinte- te von Armut bedroht. Stellt man auch ressen. In M+W berichtete sie schon die Wohnkosten in Rechnung, so sind es mehrfach über ihren langwierigen Kampf 156 Millionen. Im Jahr 2017 mussten Anzeige gegen die übermächtigen Wirtschafts- 10 Prozent der Haushalte in den EU-Län- interessen. dern über 40% ihres Einkommens fürs Vorzugskonditionen «Wir haben nun alle rechtlichen Mit- Wohnen aufwenden. Ein alarmieren- für MV-Mitglieder tel ausgeschöpft», bilanziert Steenbergen, der Befund. Der Index für diese Überbe- Buchen Sie mit der AVIS Worldwide Discount Nummer D935700 zu preisgüns-tigen Tarifen Autos und Lieferwagen. «uns verbleibt nur noch eine politische lastung durch die Mietkosten ist mit Lösung.» Und daran arbeitet die IUT in- 39,6% in Griechenland am höchsten, ge- Unter www.avis.ch, Tel. 0848 81 18 18 oder auf www.mieterverband.ch unter «Dienstleistungen». tensiv. So initiierte sie die «EU partner- folgt von Bulgarien, Dänemark und Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 8
EU-Rahmenabkommen Text von Ralph Hug So nicht! Kein Thema ausser dem Klima war in den kommen und einem neuen Freihandels- vergangenen Monaten heisser diskutiert abkommen mit der EU ausgeschlossen als das geplante Rahmenabkommen ist.» Nur so bleibe unsere Wohnbauförde- mit der EU. Weil es den Lohnschutz nicht rung auch für breite Schichten geschützt. garantiert, lehnen es die Gewerkschaften Der SMV erwartet vom Bundesrat, Das Rahmenabkommen ab. Doch auch dem Schweizerischen aber auch von der EU entsprechende mit der EU birgt für die Mieterinnen- und Mieterverband (SMV) Klarstellungen. Damit bietet der SMV der fehlen Sicherheiten. Und zwar beim Wirtschaftslobby Paroli. Diese will das Mietenden in der Schweiz Wohnschutz. Präsident Carlo Sommaru- Rahmenabkommen möglichst schnell erhebliche Risiken. Es ga fordert: «Unsere Wohnpolitik muss unterzeichnen – Lohn- und Wohnschutz braucht deshalb Garantien. vom Abkommen ausgenommen werden.» hin oder her. Der Bundesrat und allen Denn es bestehe die akute Gefahr, dass voran Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) die EU dereinst unser bewährtes System stehen immer mehr unter Druck. Fak- der Wohnbauförderung nicht mehr tisch ist das Abkommen in der vorliegen- akzeptiert. den Form bereits Makulatur – es würde niemals eine Mehrheit im Volk finden. Soziale Regulierung unerlässlich Alle Vernünftigen in Bern wissen das auch. Dieses Risiko ist hoch. Das zeigt der Der Bundesrat spielt daher auf Zeit. Streit zwischen Brüssel und den nie- Vor den nächsten Wahlen im Herbst wird derländischen Wohnbaugenossenschaf- in dieser Sache kaum mehr etwas pas- ten (siehe Artikel nebenan). Die EU will sieren. Da kann die EU der Schweiz noch staatliche Beihilfen – wir würden Sub- so viele Nadelstiche verpassen, etwa ventionen sagen – nur, wenn sie den wenn im Sommer die Anerkennung der Wettbewerb nicht verzerren. Das heisst Börsenäquivalenz erneuert werden muss. wenn sie sozial begründet sind. Im Wohnbau hiesse dies, dass die Förderung Brüssel bewegt sich durch Bund und Kantone nur noch für Der Druck steigt aber auch in der EU. einen ganz beschränkten Kreis von Die Allianz für soziales Wohnen fordert einkommensschwachen Personen zu- von der EU-Kommission unter Präsident lässig wäre. Dies steht jedoch im Gegen- Jean-Claude Juncker eine Revision der satz zur bisherigen Praxis in unserem Beihilfe-Richtlinien. Der Slogan heisst Land. Und zu einer Politik, die dringend «Housing for all» (Wohnen für alle). Um- nötig wäre: Denn nicht nur Arme brau- fassende staatliche Massnahmen im chen günstige Wohnungen, sondern Allgemeininteresse sollen möglich sein, breite Kreise sind darauf angewiesen. Die insbesondere solche für bezahlbares Bevölkerung ist nicht dazu da, mit dem Wohnen. Vor allem die Städte brauchten Segen der Wettbewerbshüter überzogene Spielraum, um die Entmischung und Renditen der Immobilienwirtschaft zu die Gettoisierung zu verhindern. Dazu Jean-Claude Juncker finanzieren. Wir brauchen bezahlbare wird auch eine Europäische Bürgerini- Mieten. Der Wettbewerb muss hinter tiative lanciert. Sie fordert Zugang zu güns- einer sozialen Marktregulierung zurück- tigen Wohnungen für alle. Innert eines stehen. Jahres müssen eine Million Unterschrif- Der SMV hat zur Frage des Rahmen- ten aus sieben Mitgliedsländern gesam- abkommens und seinen Folgen ein Gutach- melt werden. Die EU-Kommission muss ten beim Genfer Experten Prof. Nicolas dann dazu Stellung nehmen, ist aber Levrat in Auftrag gegeben. Levrat kommt nicht gebunden. Bereits hat auch ein zum Schluss, dass das Abkommen zwar Treffen mit EU-Kommissar Günter Oet- keinen direkten Einfluss auf die Wohn- tinger stattgefunden. Er ist zuständig Barbara Steenbergen baupolitik habe. Es könne aber in Zukunft für Haushalt und Personal und soll die nicht ausgeschlossen werden, dass sich Notwendigkeit einer guten sozialen dies ändere. Levrat verweist auf die Durchmischung in den Quartieren aner- Rechtsprechung des Europäischen Ge- kannt haben. Es ist nun ein weiteres richtshofs (EuGH) im Bereich der Staats- Treffen mit den Kommissaren für Sozia- beihilfen. Der Fall Niederlande zeigt les und Wettbewerb geplant. klar die Gefahren auf, die uns drohen. SMV-Präsident Sommaruga sagt daher: «Es gilt sicher zu stellen, dass der Ignazio Cassis Wohnbereich aus sektorbezogenen Ab- Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 9
Basel Text von Ralph Hug Was gilt bei der CS der Volkswille? Diese Wohntürme in Basel gehören der Credit Suisse – jetzt will die Bank mehr Rendite sehen. Bild Roland Schmid Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 10
Auch in Basel setzt die Grossbank Credit Suisse Mietende in Massen vor die Tür. Ein Testfall für die künftige Wohnpolitik am Rhein. Zwei Doppel-Hochhäuser, je 16 Stock- der Wiedervermietung nach der Reno- Eingriffe. Dieses Standardargument, das werke, 192 Mietende, darunter viele vation die Rede. Doch das entspannt stets vorgebracht wird, wenn es darum Ältere und Langjährige: So sieht das die Lage kein Jota. Rund die Hälfte der geht, Mieter möglichst bald loszuwerden, jüngste Mieterdrama in Basel aus. Der Betroffenen hat deshalb die Kündigung stösst beim MV Basel jedoch auf Skepsis. Fall Schorenweg bewegt die Gemüter. mit Fristen bis Februar 2020 bzw. April Dieser setzt nun mächtig Druck auf. Besitzerin der Hochhäuser ist die Gross- 2021 mit Hilfe des MV Basel angefochten. Gemäss Patrizia Bernasconi, Geschäfts- bank CS bzw. einer ihrer Immobilien- Das verschafft ihnen wenigstens zeitlich leiterin des MV Basel, denkt man sogar an fonds mit Sitz in Zug. Sie will die bald etwas Luft. die Lancierung einer «Korrekturinitia- 60jährigen Türme sanieren. Als Begrün- tive». Dies weil die Basler Regierung ver- dung muss unter anderem die Erdbeben- Verwässerung droht lauten liess, sie wolle den vom Volk ver- sicherheit herhalten. Das macht stut- Wollte der Bankkonzern mit dem bru- langten besseren Wohnschutz «inves- zig. Zumal im Jahr 2002 Bäder und Kü- talen Vorgehen den schärferen Wohn- torenfreundlich» umsetzen, d.h. im Klar- chen saniert wurden und die Bausub- schutz aushebeln, für den sich die Basler text verwässern. Es ist auch die Forde- stanz gut erhalten ist. Die Mieten sind Stimmberechtigten im Juni 2018 ausge- rung auf dem Tisch, dass der Kanton die eher günstig. Sie liegen für Zwei- bis sprochen haben? Diese Frage beherrscht Schoren-Hochhäuser erwerben und so Dreizimmerwohnungen zwischen 1000 jetzt die politische Debatte. Beat Leut- dauerhaft der Spekulation entziehen soll. und 1700 Franken. Da liegt der Verdacht hardt, Leiter der MV-Rechtsabteilung, for- Eine mieterfreundliche Sanierung könn- nahe: Die Modernisierung soll höhere dert von der Basler Regierung, dass te dann durch einen gemeinnützigen Bau- Mieten und eine noch höhere Rendite sie den vom Volk gutgeheissenen Wohn- träger erfolgen, an den der Kanton die bringen. Eine soziale Sanierung in Abstim- schutz sofort umsetzt. So müsse eine beiden Grossliegenschaften abgeben könn- mung mit den Betroffenen ist für die CS- Baubewilligung verweigert werden, wenn te. Dazu bietet das bestehende Wohn- Fondsmanager offenbar ein Fremdwort. aus einem Umbau massiv höhere Mieten raumfördergesetz die Grundlage. Dieses resultierten. Gemäss der vom Volk an- sieht vor, dass der Kanton Grundstücke Ein Alptraum genommenen Wohnschutzinitiative hat im Finanzvermögen erwerben und an Die blauen Briefe sind bereits ver- der Kanton die verfassungsmässige Genossenschaften abgeben kann, um güns- schickt. Viele Mietende durchleben einen Pflicht, die Bevölkerung wirksam vor Ver- tigen Wohnraum zu erhalten. Ein ent- Alptraum. Der Rauswurf beschert ihnen drängung zu schützen. Ausdrücklich ist sprechender Antrag ist im Kantonsparla- schlaflose Nächte, Ältere wissen nicht das Mittel der Mietzinskontrolle erwähnt. ment bereits eingereicht worden. Darin mehr weiter und sind verzweifelt. Eine Die Ausführungsgesetzgebung ist aber heisst es: «Ein Kauf der CS-Liegenschaften Rentnerin soll einen Nervenzusammen- erst in Arbeit. Gut möglich, dass die CS mit Weitergabe an eine Wohngenossen- bruch erlitten haben. Einige leben schon genau diese Situation ausnützt, um durch schaft wäre für die betroffenen Mietpar- seit Beginn, also seit fünf Jahrzehnten eine rasche Totalsanierung mit Leer- teien ein Segen.» dort und sind im Quartier beim Schwimm- kündigung einem rechtlich fixierten bes- So entpuppt sich der Fall Schorenweg bad Eglisee fest verwurzelt. Die Verwal- seren Wohnschutz zuvorzukommen. als Testfall für die Basler Wohnpolitik: tung Wincasa bietet zwar eine Entschädi- Wincasa meint, eine Sanierung unter Bei- Setzt der Kanton den Willen des Volkes gung sowie Hilfe bei der Wohnungssuche behaltung der Mietverhältnisse sei nicht um oder hintergeht er ihn? Das ist hier an. Auch ist von einer Bevorzugung bei möglich, wegen der tiefen baulichen die Gretchenfrage. Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 11
Zürich Text von Walter Angst Bild Reto Schlatter Die vom Rausschmiss bedrohten Mietenden im Zürcher Brunaupark wehren sich mit Erfolg. Mieter gegen Als im Sommer 2018 Gerüchte über den Abbruch der 405 zwischen 1980 und müssen. Sie haben sofort gehandelt: Der Verein IG Leben im Brunaupark ist ge- Grossbank: 1996 bezogenen Wohnungen im Zürcher gründet worden, und schon am 27. März Brunaupark herumgereicht wurden, stand eine bunte Gruppe von Betroffenen wiegelte die Verwaltung Wincasa ab: Man vor dem Zürcher Rathaus. Sie forderten 1:0 prüfe verschiedene Optionen für die Neugestaltung des Areals. Die Abklärun- gen seien in vollem Gange. Sobald eine Denkpause in der Planung des Brun- auparks, um über den Erhalt von bezahl- baren Wohnungen und eine Bleibe- genügend Fakten auf dem Tisch lägen, garantie für die Mietenden diskutieren zu Die Pensionskasse der würden die Mietenden informiert. können. Und sie wiederholten den schon Credit Suisse will den gröss- Als die Liegenschaftenverwalterin der eine Woche zuvor von SP, Grünen und CS dieses Schreiben verfasst hat, war AL erhobenen Appell an den Stadtrat, auf ten Teil der Mietenden aus der Entscheid für ein Projekt, das den Ab- die vorzeitige Entlassung von Woh- dem Brunaupark vertreiben. riss von 240 der 405 Wohnungen vorsah, nungen aus der Mietzinskontrolle zu ver- Doch der Widerstand bereits gefallen. Man wusste, dass 170 der zichten. In der unmittelbar an die Kund- zum Abriss freigegebenen Wohnungen gebung anschliessenden Sitzung des wächst und hat Erfolg. bis September 2023 beziehungsweise Gemeinderats kam die gute Nachricht: 2026 der dreissigjährigen Mietzinskon- Der Stadtrat hat der CS eine Absage trolle der Stadt Zürich unterstanden. Und erteilt. Die betroffenen 170 Wohnungen man ging auch davon aus, dass der Stadt- dürfen bis zum Ablauf der Mietzins- rat diese Mietzinskontrolle mit einem kontrolle nicht abgebrochen werden. Federstrich vorzeitig löschen würde. Der Ball lag bei der CS. Diese hat ihn nicht aufgefangen. Am 28. März hat die Denkpause gefordert Medienstelle des Bankgiganten bekannt- All das haben die Mietenden des gegeben, dass man im Brunaupark ab Brunauparks am 15. März aus einer Ant- 2021 bzw. 2023 abreissen werde, davon 78 wort des Zürcher Stadtrats herauslesen Wohnungen, die zum Zeitpunkt des Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 12
Abrisses noch der Mietzinskontrolle Mitarbeitenden üblich ist, als Blaupause Menschen der Meinung, dass sich private unterstehen. Die ersten Kündigungen für den Umgang mit Mietenden am Investoren dem öffentlichen Willen sind schon am Tag zuvor abgeschickt Werk. Auch für Kenner der Szene ist das stellen müssen, wenn ihre Bauprojekte worden. Ob man die von langer Hand ein Novum. Hunderte von Mieterinnen und Mietern geplante Kommunikation nicht stoppen betreffen, Nachbarschaften auflösen wollte oder nicht stoppen konnte, Kündigungen zurücknehmen und ganze Quartiere umpflügen. Wenn bleibt das Geheimnis der CS. Es war einer Ob diese Geschäftspolitik in Zürich sich dieses Konzept einer demokrati- jener Momente, in denen die Bank eine Zukunft hat, wird sich weisen. schen Stadtplanung in der Praxis durch- zeigte, wie sie ihr Verhältnis zu Staat und Der MV Zürich verlangte nach dem Vor- setzen könnte, würde das die weitere Gesellschaft sieht. Die Bedürfnisse preschen der CS einen umgehenden Entwicklung der Stadt nachhaltiger ver- von Menschen – interessiert uns nicht. Rückzug der voreilig ausgesprochenen ändern als alle Partizipationsprojekte. Ein Beschluss des Stadtrats von Zürich – Kündigungen und einen runden Tisch, Alle Infos zur Kampagne: www.ig-brunaupark.ch kein Grund zum Nachdenken. an dem über die Zukunft des Areals Das im Sommer 2018 von der Wincasa diskutiert wird. Der Stadtrat kündigte an, abgegebene Versprechen, man werde dass man das Gespräch mit der CS auf- die Mieterschaft «rechtzeitig und ausführ- nehmen wolle. Auch dem Wunsch der lich» informieren, ist auf sehr eigenwil- IG Leben im Brunaupark nach einer Aus- lige Art umgesetzt worden. Ein grosser sprache will der Stadtrat nachkommen. Teil dieser Mieterschaft musste die News Und der Forderung des MV nach einem von Nachbarn und Freunden entge- runden Tisch dürfte man ebenfalls positiv gennehmen. Einige hatten am Abend eine gegenüberstehen. Abholungseinladung der Post im Brief- Was diese Gespräche ergeben, wird kasten. Andere staunten, dass bei ihnen unter anderem davon abhängen, wie stark noch nichts im Briefkasten lag. Hier der öffentliche Druck auf die CS in den ist die Hire-and-Fire-Mentalität, wie sie nächsten Wochen anwachsen wird. Eine in der angelsächsisch geprägten Bank- Petition ist lanciert. Sie dürfte auf ein po- welt bei der Entlassung von langjährigen sitives Echo stossen. In Zürich sind viele Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 13
Haushalt Text von Stefan Hartmann/Topten Kennen Sie Ihre Stromfresser? Nehmen Sie einmal Ihren Haushalt unter die Lupe und sortieren Sie die Stromfresser aus! Das nützt dem Klima und schont auch Ihr Portemonnaie. Tumbler trocknen gut. Aber sie verbrauchen immer sehr viel Strom. Bild fotolia.com Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 14
Wir werden in Zukunft häufiger Hitzewel- richtig und gezielt eingesetzt wird. So genheit hat, Wäsche im Freien aufzu- len haben, sagt die Klimaforschung. praktisch die Backöfen sind, so gross ist hängen, kann dies mit kleineren Wäsche- Deshalb werden Klimageräte an Bedeu- nämlich auch ihr Energiehunger. Mög- stücken notfalls auch in der Wohnung tung gewinnen. Auch im Haushalt. Doch lichst mit Umluft backen senkt die tun. Doch Vorsicht: Eine gute und regel- diese Kühle-Spender sind extrem strom- Stromkosten. Bei der Beschaffung sollte mässige Lüftung ist dann absolut not- intensiv. Sie brauchen rund zwanzig ein Modell mit Energieetikette A++ wendig, damit die Feuchte entweichen Mal mehr Strom als Ventilatoren. Wenn zum Zug kommen – ohne Schnick- kann. Sonst steigt das Risiko, dass sich schon ein Klimagerät, dann sollten es schnack, ohne Pyrolyse und dergleichen. Schimmel festsetzen kann. wirksame Split-Geräte sein. Diese werden Bei den Waschmaschinen haben praktisch Elektroboiler machen bis zur Hälfte fest installiert, der Kondensationsteil alle Modelle heute das Energieetikett der Stromrechnung aus. Sie gehören samt Kompressor befindet sich ausser- A+++. Die von Topten empfohlenen Ge- also zu den Strom-Monstern im Haus- halb des Raums. Die unabhängige Ener- räte sind sogar 30 Prozent effizienter halt. Als Mieter hat man hier wenig Ein- giespar-Webseite www.topten.ch gibt als der Grenzwert von A+++. Beim Kauf flussmöglichkeiten, ausser neue Ener- dazu mehr Auskunft. Man kann sich Klima- sollte man auch auf die Schleuder-Effi- giegesetze verbieten den Elektroboiler geräte aber auch sparen, mit einfachen gänzlich. Hauseigentümer und Vermieter Massnahmen: morgens die Aussenstoren «Cool» waschen lohnt sich. sollten solche Boiler durch Wärme- runterlassen, nachts und morgens gut pumpenboiler oder Sonnenkollektoren lüften, nicht benötigte Geräte wie Dru- zienz achten, denn Schleudern spart ersetzen, kombiniert mit einer Wärme- cker etc. ausschalten. Energie zum Trocknen. Auch hier ist die pumpe. Das bedeutet, dass die Überschuss- Ein weitere Tipp: Glühbirnen durch Grösse des Haushalts zu beachten. Für wärme der Kollektoren im Sommer LED ersetzen. Gute LED-Leuchten sind einen Einpersonen-Haushalt reicht zur Regeneration des Erdwärmespeichers heute überall zu günstigen Preisen zu eine 7 kg-Trommel. Eine Maschine halb- beitragen kann. Solche umweltfreund- haben. Langfristig kostet eine LED-Leuch- voll laufen zu lassen, ist ineffizient lichen Heizsysteme sind auch bei Mehr- te trotz höheren Anschaffungskosten und verschwenderisch. Tipp: «Cool» familienhäusern äusserst sinnvoll. Wie fünf Mal weniger als eine Halogenbirne, waschen bei 20 Grad statt bei 60 Grad, wärs mit einem diskreten Tipp an die weil sie viel länger hält. Stromsparen lässt das spart bis zu 70 Prozent an Energie. Verwaltung? sich auch bei den Kühlschränken. Hier Bei den heutigen Waschmitteln und Es gibt weitere Stromverbraucher im heisst die Devise «A+++ beschaffen». Die- bei normaler Verschmutzung wird die Haushalt. Geschirrspüler zum Beispiel. se Energieetikette zeigt ein besonders Wäsche einwandfrei sauber. Sie brauchen pro Waschgang rund 0.75 sparsames Modell an. Ein A+++-Kühl- Tumbler sind wahre Energiefresser. kWh Strom und zirka 7 Liter Wasser. schrank ist rund 30 Prozent besser als ein Sie benötigen zum Trocknen im Extrem- Es lohnt sich, sie nur gut gefüllt laufen zu A++. Energetisch sinnvoll ist ein Kühl- fall drei- bis vier Mal so viel Strom wie lassen. Auch bei Computern kann man schrank ohne Gefrierfach. Den Gefrierer fürs Waschen. Geräte mit eingebauter sparen. Laptops mit externem Bildschirm für den Keller sollte man separat anschaf- Wärmepumpe gewinnen die Wärme zu- brauchen klar weniger Energie, nämlich fen. Tipp: Kühlgeräte sollten nie neben rück und nutzen sie erneut zum Auf- total 50 Watt, als ein stationärer PC mit einen Geschirrspüler oder einen Heizkör- heizen. Topten rät vom Kauf von Kombi- Bildschirm, total 110 Watt. Vorteil: Den per gestellt werden. Und je nach Haus- Geräten aus Waschmaschine und Tum- Laptop kann man überall mitnehmen. haltgrösse sollte das Gerät die richtige bler ab. Eine bewährte Alternative ist im- Schliesslich die Fernseher: Sie gehören zu Dimension haben. Die Temperatur des mer noch, die Wäsche an der Sonne den wenigen Produktkategorien, wo der Kühlschranks kann man übrigens immer und an der frischen Luft zu trocknen. Das Stromverbrauch steigt statt sinkt – wegen so einstellen, dass die Butter genau die gibt ihr nicht nur einen guten Geschmack, der 4K-Auflösung und den grösseren Bild- richtige Härte hat. Beim Backofen lässt sondern ist auch dank der UV-Strah- schirmdiagonalen. sich ebenfalls viel Energie sparen, wenn er lung ein guter Keimkiller. Wer keine Gele- Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 15
Zürich Text von Ralph Hug «Hellmi» ist überall Hannes Lindenmeyer hat ein Lehrstück zur Zürcher Stadtgeschichte geschrieben. In seinem Buch «Hellmut. Die lange Geschichte einer kurzen Strasse» schildert Lindenmeyer den Umbruch im einstigen Arbeiterquartier Aussersihl. Heute wandelt es sich zum Trend- quartier. Die Gentrifizierung schreitet voran. Alte Häuser und günstige Mieten verschwinden. Hat also alles nichts ge- nützt? Aussersihl war lange Zeit ein Zentrum des Widerstands gegen Abriss, Spekulantentum und Quartierzerstörung. Die Hellmutstrasse («Hellmi») stand mitten drin. Und auch Autor Hannes Lindenmeyer. Er erlebte die be- wegten Zeiten, als sich Jugendliche gegen die Bagger stemmten und mit Protestaktionen und Besetzungen gegen die Rendite- wirtschaft zu Felde zogen. Plötzlich gab es «selbstkontrollierte» Bild zVg Wohnungen, autonome Räume und die Vision einer solidari- schen Gesellschaft. Es gab aber auch unglaubliche Projekte, an Einst Protest, jetzt Idylle: Erkämpfter Lebensraum in Zürich-Aussersihl. denen sich der Widerstand entzündete. Etwa der Plan, in der Bäckeranlage eine riesige Telefonzentrale zu bauen. Sie kam Anzeigen nicht, zum Glück für Zürich. Auch die Wohnsiedlung für Bes- serverdienende mitten im Park blieb Papier. Die Weniger- Stockwerkeigentum: verdienenden hatten etwas dagegen und erreichten vor dreissig Glücklich nach dem Kauf Jahren mit List den Erhalt von Altbauten, die damals als Dienstag, 21. Mai 2019, 18.15 bis 20.45 Uhr «Abbruchliegenschaften» galten, dann aber renoviert wurden. Zürich, Aki, Hirschengraben 86 Und die heute noch gut aussehen. In diesem Kurs erfahren Sie, worauf Sie beim Kauf einer Eigentumswohnung achten müssen, wie Sie eine Lindenmeyers Buch zeigt: Man kann sich gegen unerwünsch- Stockwerkeigentums-Gemeinschaft gründen und te Veränderungen wehren, wenn man sich zusammentut. verwalten können. Wir erklären Ihnen die Fachbegriffe Aber man muss aufmerksam beobachten und entschlossen Quoten, Gemeinschafts- und Sonderrechte – und Sie lernen die häufigsten Ursachen von Konflikten sowie handeln, wenn Gefahr im Verzug ist. In diesem Sinne: Die mögliche Lösungen kennen. «Hellmi» ist überall! Referentin: Karin Weissenberger, Hannes Lindenmeyer: «Hellmut. Die lange Geschichte einer kurzen Weissenberger Immobilien, Zürich Strasse». 255 Seiten, reich bebildert. Rotpunktverlag Zürich 2018, ca. Fr. 42.– Anmeldung bis 14. Mai an: kurse@hausverein.ch, 031 311 50 55 Kosten: Mitglied Fr. 85.–, Nichtmitglied Fr. 125.–/ Weitere Infos: Paare 120.–/190.– www.hausverein.ch Die Alternative zum Hauseigentümerverband. Haben Sie Mietprobleme? H O T L I N E 0900 900800 (CHF 4.40/Min.) Wir vermitteln Ihnen ?! Krise Für Nichtmitglieder und Mietende, die es eilig tatkräftige Arbeitshilfen haben. beim Wohnungswechsel, Auf der Hotline beantworten FachjuristInnen Ihre beim Putzen, bei Räumungen, mietrechtlichen Fragen. im Garten etc. Werktags 9 bis 12.30 h, montags bis 15 h www.etcetera-zh.ch Legen Sie vor dem Anruf allfällige Unterlagen Dietikon 044 774 54 86 Thalwil 044 721 01 22 (Mietvertrag, Kündigung usw.) bereit. Glattbrugg 044 403 35 10 Zürich 044 271 49 00 Ein Angebot des SAH ZÜRICH Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 16
Hotline Muss sie auch Haftet die Post vegan leben? bei der Zustellung? Frage Frage haupt oder zumindest rechtzeitig Ich bin Untermieterin in einer Ende März kündigte ich meine beim Empfänger ankommt, Wohngemeinschaft. Meine Mit- Wohnung. Um auf Nummer sicher besteht aber leider nicht einmal, bewohnerin und ich leben vegan. Die zu gehen, schickte ich die Kündi- wenn er eingeschrieben ver- Fabian Gloor beantwortet Ihre Fragen vegane Ernährungsweise war einer gung per Einschreiben. Als ich zwei schickt wurde. Denn laut den all- der Hauptgründe, wieso wir uns Wochen später beim Vermieter nach- gemeinen Geschäftsbestim- überhaupt dazu entschlossen haben, fragte, wusste dieser nichts von mungen der Post haftet sie nur bei gemeinsam zu wohnen. Ich ziehe meiner Kündigung. Fünf Tage spä- Verlust oder Beschädigung des nun ausserterminlich aus. Meine ter erreichte der Brief ihn doch eingeschriebenen Briefes oder bei Mitbewohnerin hat mir bereits an- noch. Leider viel zu spät, denn die nicht korrekter Zustellung bis gekündigt, sie werde nur eine vegane Kündigungsfrist war bereits ab- zu einem Betrag von 500 Franken. Nachmieterin oder einen veganen gelaufen. Der Brief sei wohl über die Bei verspäteter Zustellung be- Nachmieter akzeptieren. Kann sie Osterfeiertage vergessen gegangen, schränkt sich die Haftung gar auf das verlangen? mutmasste die Post. Da sich mein den Transportpreis. Von einem Hotline neuer Mietvertrag mit dem alten Staatsbetrieb mit Briefmonopol Grundsätzlich ja. Denn gemäss Mietvertrag überschneidet, werde würde man anderes erwarten. Gesetz sind Sie erst von Ihren ich wohl doppelt Miete zahlen müs- Es ist zu hoffen, dass sich wenigs- mietrechtlichen Verpflichtungen sen. Kann ich von der Post ver- tens Ihr Vermieter kulant zeigt befreit, wenn Sie Ihrer Mitbe- langen, dass sie für den Mietzins und die Kündigung trotz der fremd- wohnerin eine Person vorschlagen, meiner alten Wohnung aufkommt? verschuldeten Verspätung akzep- die an Ihrer Stelle Ihr bisheriges Hotline tiert. Andernfalls können Sie Zimmer mietet. Dieser Nachmieter Das ist tatsächlich sehr ärger- sich aus Ihren Verpflichtungen be- muss zudem zahlungsfähig und lich. Eigentlich müsste die Post freien, wenn Sie dem Vermieter zumutbar sein. Ob ein Nachmieter für die finanziellen Folgen ih- einen zumutbaren und zahlungs- zahlungsfähig ist, lässt sich mit rer Schlamperei aufkommen. Eine fähigen Nachmieter vorschlagen. einem Blick in das Betreibungsre- Sicherheit, dass der Brief über- gister leicht feststellen. Die Frage der Zumutbarkeit ist dagegen schwieriger zu beant- worten. Grundsätzlich dürfen an den Nachmieter nicht höhere Anforderungen als an den auszie- henden Mieter gestellt werden. In einer Wohngemeinschaft wird diese Faustregel allerdings etwas strenger gehandhabt. Man lebt Die Post kommt immer an, jedoch nicht immer zum versprochenen Zeitpunkt. auf verhältnismässig engem Raum. Mitbewohner sollten deswegen «das Heu auf derselben Bühne haben». Deshalb müssen auch die Lebensgewohnheiten ihrer Mit- bewohnerin wie beispielsweise eine vegane Lebens- und Ernäh- rungsweise als Kriterium berück- sichtigt werden. Der Nachmieter sollte auch ernährungstechnisch zu ihrer Mitbewohnerin passen. Dies insbesondere dann, wenn die vegane Lebensweise so wichtig für das gemeinsamen Wohnen war. Bild M+W Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 17
Miettipp Text von Fabian Gloor Illustration Patric Sandri Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 18
Darf mir der Vermieter meinen «Roy» verbieten? Ob Stubentiger, Schosshündchen oder Papagei: Viele Mietende lieben ihr Haustier sehr. Doch da redet der Vermieter ein Wörtchen mit. Ein letztes Mal streichelt Patrick Steiner anderer Ansicht. Gemäss gegenwärtiger Auch eine besondere Begründung ist den Wuschelkopf seines Königspudels schweizerischer Rechtsprechung ist nicht nötig. Holen Sie also unbedingt die «Roy» und blickt in dessen treuselige ein Tierhalteverbot im Mietvertrag ver- Zustimmung vor der Anschaffung des Augen. Zwölf Jahre lang gingen sie durch bindlich. Wer sich nicht daran hält, Tieres ein. Ansonsten riskieren Sie, dass dick und dünn. Steiners langjähriges riskiert im Extremfall die Kündigung. Sie Ihren neuen Mitbewohner gleich Mietverhältnis wurde gekündigt. «Total- Enthält der Mietvertrag keine Bestim- wieder weggeben müssen. Denn nicht je- sanierung», verkündete die Verwaltung. mung über die Haustierhaltung, ist des Vermieterherz erweicht beim An- Trotz unzähliger Bewerbungen fand sie grundsätzlich erlaubt. Eine Ausnahme blick eines putzigen Welpen. Eine einmal Steiner erst im letzten Moment eine be- gilt für aussergewöhnliche Arten mit erteilte Einwilligung kann der Vermie- zahlbare Wohnung. Leider nur für sich einem hohen Stör- oder Gefährdungspo- ter aber nicht ohne triftigen Grund wider- selbst: «Hundehaltung ist hier nicht tenzial, wie etwa Papageien und Schlan- rufen. Das wäre ein Verstoss gegen das erlaubt», erklärte der Vermieter katego- gen, oder für Haustiere, die in grosser Gebot von Treu und Glauben. Die Ein- risch. Steiner bleibt nichts anderes übrig, Zahl gehalten werden. Gibt ein Tier im willigung zur Tierhaltung ist trotzdem als seinen vierbeinigen Gefährten im kein Freipass. Gibt das Tier immer wieder Tierheim abzugeben. Ein Wohnungswech- Der Papagei hat ein hohes zu Klagen Anlass, kann der Vermieter sel ist einer der häufigsten Gründe, wieso Störpotenzial. sein Einverständnis zum Wohl der übri- Haustierbesitzer ihre Lieblinge ins Tier- gen Hausbewohner zurücknehmen. heim abschieben müssen. Einzelfall zu Klagen Anlass, so kann der Um über die Trennung mit Roy hin- Darf ein Vermieter die Tierhaltung Vermieter in jedem Fall dessen Entfer- wegzukommen, will sich Patrick Steiner überhaupt verbieten? An dieser Frage nung verlangen. Im Normalfall hat er zu- ein Meerschweinchen anschaffen. Gegen scheiden sich die Geister. Namhafte Ju- erst schriftlich zu mahnen, bevor er die dieses kann der Vermieter nichts ein- ristinnen und Juristen meinen nein, definitive Beseitigung des Störenfrieds wenden. Denn unproblematische Klein- weil Tierhaltung ein unveräusserliches verlangt. tiere wie Meerschweinchen, Hamster, Persönlichkeitsrecht sei. Auch das deut- Die meisten Mietverträge verbieten Wellensittiche und Zierfische sind in sche Bundesverfassungsgericht teilt die Tierhaltung nicht von vornherein, jedem Fall erlaubt. Auch wenn die Tier- diese Auffassung. Es entschied im Jahr sondern machen sie von der Zustimmung haltung im Mietvertrag ausdrücklich 2013, dass Vermieter die Tierhaltung nicht des Vermieters abhängig. Dieser kann verboten wurde. Dies allerdings nur, so- ohne sachlichen Grund verbieten kön- die Zustimmung zur Tierhaltung jedoch lange die Tierchen nicht in grosser Anzahl nen. Hierzulande sind die Richter aber nach Belieben erteilen oder verweigern. gehalten werden und nicht zu Klagen Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 19
Anlass geben. Steiner sollte aber beden- lungsgebot. Erschüttert über die traurige allerdings widerrufen werden, wenn der ken, dass Meerschweinchen auf die Geschichte von Roy macht sich Verena Hund zu Klagen Anlass gibt. Gesellschaft von Artgenossen angewiesen Wolf nun ihrerseits Sorgen um ihren Viele Vermieter erlauben die Haustier- sind. Deshalb müssen sie von Gesetzes Sugar. Denn auch in ihrem Mietvertrag ist haltung deshalb nicht, weil die Rechte wegen zu zweit gehalten werden. Vorge- das Halten eines Hundes ausdrücklich und Pflichten für die Tierhaltung nirgends schrieben ist auch die Mindestgrösse verboten. Als sie den niedlichen Welpen genau geregelt sind. Wenn sie einmal einer Meerschweinchenbehausung. Für zum ersten Mal sah, hat sie sich darüber Ja zu einem Tier gesagt haben, ist unklar, andere Heimtiere gelten ähnliche Vor- keinerlei Gedanken gemacht. welche Regeln nun gelten. Hier kann schriften. Sie finden die erforderlichen Könnte der Vermieter nun plötzlich der Vertragszusatz des IEMT Abhilfe schaf- Informationen dazu auf der Webseite des verlangen, dass sie Sugar weggibt? Dies fen: Das Institut für Interdisziplinäre Bundesamts für Veterinärwesen und obwohl er keine Gelegenheit auslässt, Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung Lebensmittelsicherheit (www.blv.admin. um ihn zu knuddeln und mit Hunde- (www.iemt.ch) hat Regeln erarbeitet, ch). Unklar ist, ob auch Katzen als un- biskuits zu verwöhnen? Nein, denn hier die sowohl die Interessen von Vermietern problematische Kleintiere gelten können, kann sich Verena Wolf auf das Gewohn- und Mietenden als auch das Bedürfnis solange sie die Wohnung nicht verlas- heitsrecht berufen. Besitzen Sie als der Tiere nach artgerechter Haltung sen. Wer seinen Stubentiger nicht hinaus- Mieterin oder Mieter seit längerer Zeit berücksichtigen. Schlagen Sie deshalb lässt, müsste den Vermieter demnach Ihrem Vermieter diesen Vertragszu- nicht um Erlaubnis fragen. Nicht alle Wohnungen sind für satz vor, wenn er mit der Erteilung der Als ihm die Nachbarin Verena Wolf Tiere zumutbar. Zustimmung zögert. stolz ihren Chihuahua-Rüden «Sugar» Mit einem Tier zu leben und eine Be- vorstellt, schäumt Patrick Steiner regel- einen Hund, dürfen Sie ihn behalten. Dies ziehung zu ihm aufzubauen, ist zweifellos recht vor Wut. Kann ihm der Vermieter jedenfalls, wenn der Vermieter oder der bereichernd. Auch Mietende sollten die Hundehaltung verbieten, obwohl Liegenschaftsverwalter von Ihrem vier- die Möglichkeit dazu haben. Zu beden- die Nachbarin auf demselben Stockwerk beinigen Mitbewohner wusste. In einem ken ist allerdings, dass eine Mietwohnung ebenfalls einen Hund hält? Seine Empö- solchen Fall spielt es keine Rolle, was nicht jedem Tier eine artgerechte Um- rung über diese Ungerechtigkeit ist im Mietvertrag steht oder ob der Vermie- gebung bietet. Echte Tierliebhaber und verständlich. Leider lässt sich rechtlich ter die Hundehaltung ausdrücklich er- -liebhaberinnen verzichten deshalb eher nichts dagegen tun. Denn im Mietrecht laubt hat. Das Tier gilt als stillschweigend einmal darauf, in ihrer Wohnung ein Tier gibt es grundsätzlich kein Gleichbehand- genehmigt. Diese Genehmigung kann zu halten. Stubentiger kennen keine Mietverträge, doch manche Mietverträge kennen ein Tierhalteverbot. Bild M+W Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 20
Urteile Zu tiefe Akonto- beiträge für Nebenkosten Den Vermieter trifft keine Aufklä- rungspflicht über die abschätzbare Höhe der Nebenkosten. Hohe Nachforderungen wegen zu tief angesetzter Akontobeiträge sind daher vollumfänglich geschuldet. Art. 257a und 257b OR Bild: M+W In einer Siedlung im Kanton Zürich wei- recht keine ausdrückliche Bestimmung indirekt aus dem Schutzzweck des Miet- gerten sich die Mietparteien von 16 vor, die den Vermieter verpflichtet, rechts ableiten. Es sei erkennbar, dass es Wohnungen, die Nachzahlungen aus den die Mieter über die mutmassliche Höhe sich bei Akontobeiträgen nur um vor- Nebenkostenabrechnungen in voller der Nebenkosten aufzuklären. Doch läufige Zahlungen handle und sich die tat- Höhe zu begleichen. Sie waren nur bereit, stehe die Verneinung einer generellen Auf- sächlichen Kosten erst aus der jährlichen 20% der Akontozahlungen zu leisten. Vor klärungspflicht in einem Spannungsver- Abrechnung ergeben. Schliesslich können Mietgericht Horgen erzielten sie einen hältnis zu den übrigen Schutzbestim- zu tief angesetzte Akontobeiträge nicht Teilerfolg. Die Nachzahlungen wurden auf mungen des Mietrechts, die sicherstel- zu einem missbräuchlichen Mietzins füh- 30% begrenzt. Das Obergericht schütz- len sollen, dass sich der Mieter über ren, da de Nebenkosten nur nach tat- te dagegen die Forderungsklagen der Ver- die tatsächliche Höhe des Mietzinses eine sächlichem Aufwand überwälzt werden mieterin im vollen Umfang. Der Fall verlässliche Meinung bilden kann. können. ging ans Bundesgericht. Dieses verwies Das Bundesgericht verwies auf seinen Bundesgericht, I. zivilrechtliche Abteilung, 4A_339/2016, 29. Januar 2019 auf seine Rechtsprechung und wies die Leitentscheid 132 II 24, der später mit Beschwerden ab. Urteil 4A_268/2009 vom 9. Februar 2010 Die Nachforderungen überstiegen die bestätigt wurde. Eine Praxisänderung PS. Dieses ausgesprochen mieterfeindliche Akontozahlungen um 102% bzw. 119%. dränge sich nur auf, wenn sie durch ernst- Urteil des Bundesgerichts wird in der Innert weniger Monate mussten die Mie- hafte, sachliche Gründe gerechtfertigt Fachzeitschrift Mietrechtspraxis/mp kri- terinnen und Mieter Nachzahlungen von wird, die zu einer besseren Erkenntnis der tisch kommentiert und als praxisfremd total Fr. 6300.– und Fr. 10'000.– leisten. ratio legis führen, sowie bei veränderten bezeichnet. Strittig war im Wesentlichen, ob die Verhältnissen oder gewandelten Rechts- Akontozahlungen bewusst nicht kosten- anschauungen. Nach Auffassung des deckend angesetzt wurden bzw. ob die Bundesgerichts liegen diese Vorausset- Vermieterin eine Aufklärungspflicht zungen nicht vor. Die Argumente der verletzte und sich die Mieterinnen und Mieter seien bereits in der zitierten Recht- Mieter deswegen bei Vertragsabschluss sprechung geprüft und verworfen wor- in einem Irrtum befanden. Das Miet- den. Der Vermieter habe keine generelle gericht Horgen stellte fest, dass der über- Aufklärungspflicht über die tatsäch- wiegende Teil der Nebenkosten budge- liche Höhe der Nebenkosten. Eine derar- tiert werden konnte. Zwar sehe das Miet- tige Pflicht lasse sich weder direkt noch Mieten + Wohnen April 2019 Nr. 2 21
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