PAULUSRUNDBRIEF N 486 - DEZEMBER 2017 - JANUAR 2018 - ST. MARTIN: DAS PFERD KAM SPÄTER - SANKT PAULUS
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PaulusRundbrief Afgiftekantoor 1150 Brussel – P900350 Tervurenlaan 221, 1150 Bxl verantw. uitgever: W. Severin N°486 bimestriel Dezember 2017 – Januar 2018 T e i l e n St. Martin: Das Wie wir teilen Teilen auf Pferd kam später lernen Social Media Seite 10 ff. Seite 13 f. Seite 25 ff.
EDI TORIAL IN H ALT Ein Wort voraus Liebe Leserinnen, Ein Wort voraus 3 liebe Leser des PaulusRundbriefs! Thema: Teilen 5 M an muss sein Glück teilen, um es zu Der Begriff „Teilen“ 5 multiplizieren, geteilte Freude ist Teilen und die Bibel 7 doppelte Freude, geteiltes Leid ist halbes Das Pferd kam später 10 Leid ... die Liste von Lebensweisheiten und Wie wir teilen lernen 13 Sprichwörtern rund um das Teilen ließe sich Globalisierung und Teilen I 15 problemlos fortsetzen und zeigt gleichzeitig, wie vielfältig dieser Begriff ist. Einiges davon Globalisierung und Teilen II 17 möchten wir im voliegenden PaulusRund- Gedicht: Die Teilung der Erde 19 brief näher beleuchten. Brot teilen 20 Im Anschluss an die vielen sprachlichen Geteiltes Leid ist halbes Leid? 22 Facetten des Begriffs Teilen begeben wir uns Teilen auf Social Media 25 auf Spurensuche zum Teilen in der Bibel. Den Weg teilen 29 Die historische Person, die bei uns vor allem Adventskalender zum Teilen 30 mit Teilen in Verbindung gebracht wird, ist der heilige Martin, dessen Lebensgeschich- Unsere Gottesdienste 32 te an dieser Stelle nicht fehlen darf. Doch Kurz notiert 34 Teilen will gelernt sein, wie ein Blick in die Liebe Gemeindemitglieder, Pädagogik zeigt. Im Zuge der Globalisierung Rückblick 36 Titelbild: St. Martin und der Bettler, El Greco, um 1600, Art Institute of Chicago © Wikipedia bekommt weltweites Teilen ein anderes Neues aus dem KGR 36 Gewicht, einige Aspekte davon kann man Vorstellung von G. Vásárhelyi 37 zwei weiteren Artikeln und einem Gedicht entnehmen. Kinderwochenende 38 Jugendwochenende 39 Im Zentrum der Eucharistie steht das Ausstellung E. Weissenberger 40 Teilen des Brotes, das in St. Paulus eine für alle diejenigen unter Ihnen, die schon einmal eine größere Veranstaltung (irgend- besondere, der Urkirche nachempfundene Firming 2017 42 Ausprägung hat. Dem Teilen von Zeit und Laternenbasteln 43 etwas zwischen Kindergeburtstag oder internationaler Konferenz) organisiert und vorbe- und Zuwendung hat sich die Hospizgruppe Vorschau 44 reitet haben, wird es ein bekanntes Phänomen sein: Bis kurz vor Beginn – oder noch über unserer deutschsprachigen Gemeinden Mini-Nikolausfeier/Adventssingen/ diesen hinaus – hat man tausend Sachen im Kopf, die noch bedacht werden müssen und verschrieben, deren wertvolle Arbeit eben- versucht, dies und das noch zu regeln. Dabei die Sorge, dass auch alle Beteiligten mehr falls vorgestellt wird. Dem Zusammenhang Kinderchristmette 44 zwischen Teilen im traditionellen Sinne und Sternsinger/Mini-Wochenende 45 oder weniger das tun, was sie tun sollten, und schließlich fallen einem siedend heiß Dinge dem Teilen auf Social Media widmet sich ein Lebenswoche/Skiferizeit 46 ein, die man vergessen hat, für die es jetzt aber zu spät ist. weiterer Beitrag. Christbäume/Miniaturkrippen 47 Unser thematischer Schwerpunkt schließt Adventsmusik/Kaminabende 48 Das beschreibt auch in etwa meinen Zustand, kurz nach dem Beginn des Firmgottesdiens- mit einer Meditation zum Teilen des Weges Gebetswoche/Neujahrsempfang 49 tes im Oktober und vermutlich auch den von vielen anderen, die an dem Gottesdienst sowie einem kleinen Adventskalender mit Katholikentag/Ökiki 50 teilgenommen haben: Das Chaos zuhause vor der Abfahrt in die Kirche, die hektische Impulsen zum Teilen für jeden Tag. Parkplatzsuche noch im Kopf und dazu die Sorge um das anschließende Familienfest. Ich wünsche Ihnen eine Aus der Emmausgemeinde 51 Der Einzug hatte geklappt wie geprobt, die ersten Begrüßungsworte an den Abt waren anregende Lektüre! Zehn Fragen 53 gesprochen und wir hatten das erste Lied gesungen: „Ich bin frei“. Und dann hat Abt Alo- Ihre Interna 55 ysius mit seiner Einführung kurz die Zeit angehalten: Gruppen & Kreise 56 Termine im Überblick 58 Er hat die Gemeinde gebeten, gemeinsam durchzuschnaufen – atmete selbst ein Pffffft ins Mikrofon – und dann gemeinsam zu sagen „Ich bin frei“. Das hat nicht jeder (A. Dohet-Gremminger) Kontakt 59 sofort mitgemacht, weil man sich ja doch etwas merkwürdig fühlt, mit ein paar hundert 2 3
Ein Wort voraus Thema: teilen Menschen gemeinsam in der Kirche Atemübungen zu machen, aber der Abt hat so lange nicht locker gelassen bis hinterm Altar ein kräftiges „Ich bin frei!“ aus der Gemeinde an- Ein Begriff so alt wie die Menschheit kam. Das hat er dann während der Predigt und zum Schluss noch einmal wiederholt, und so wurde es zu einer Art Motto über dieser Firmfeier. „teilen“ aus sprachwissenschaftlicher Sicht Mir geht es seitdem immer wieder durch den Kopf. Situationen im Alltag, in denen man In der Häufigkeitsliste der Wörter kommt Erde. Denn wo ein Ganzes ist, ist auch ein den Kopf voll hat und nicht weiß, wo man jetzt eigentlich anfangen soll mit all dem… da- aus der Wortfamilie „teilen“ das Substan- Teil. Wo Leben ist, muss auch geteilt wer- von gibt es ja genug. Und äußere Zwänge kennt jeder von uns – im Beruf, in der Familie, tiv „das Teil“ als häufigstes Wort vor. Das den. Die Tiere teilen: Sie teilen ihre Jagd- in der Freizeit. Da ist das Gefühl der Freiheit oft nicht besonders groß. Umso wichtiger Substantiv ist wahrscheinlich auch das bereiche auf sowie ihre Beute, manchmal scheint es mir, sich von Zeit zu Zeit dieses Durchatmen zu gönnen, in Gedanken oder auch älteste Element der Wortfamilie „teilen“. sogar ganz unbewusst, wenn z.B. Aasgeier ganz wörtlich, und sich der eigenen Freiheit zu versichern. Dies würde ganz der Beobachtung Wilhelm an den von Raubtieren abgenagten Kno- von Humboldts über die Sprachentwick- chen noch Reste finden, um überleben zu Dass Abt Aloysius diesen Einfall hatte, kam vermutlich nicht von ungefähr. Schließlich gön- lung entsprechen. Laut Humboldt steht können. Auch seit Beginn der Menschheit nen sich die Benediktiner mehrmals täglich diese inneren Auszeiten beim Psalmengebet. zu Beginn die isolierende Sprache mit der wird geteilt. Die Jäger und Sammler teil- Egal, was einen gerade beschäftigt, wer gerade noch was will oder was die Nachrichten Bezeichnung von Wörtern und Dingen. Mit ten ihre Beute unter der Familie oder dem bringen: Um 12 Uhr ist Mittagshore. Manchmal fällt es sicher auch den Mönchen schwer, zunehmender Sprachkompetenz werden Stamm; mit Beginn der Sesshaftigkeit der sich bei den Gebetszeiten auf die Psalmen zu konzentrieren und nicht in Gedanken bei diese verknüpft, Verben oder Adjektive Menschen wird zudem auch der Grund, die dem zu bleiben, was gerade vorher war oder was nachher kommt. Aber auch da helfen gebildet, die Verben je nach Sprache kon- Erde selbst aufgeteilt und eingeteilt, erst in das regelmäßige Atmen beim Gesang und die Texte, die immer wieder wiederholen, was jugiert. Und durch Präfixe, wie im Deut- fruchtbares, gerodetes Land und ungero- Gottes Wille für uns Menschen ist: Dass wir in seiner Liebe frei sind. schen, werden Wörter sukzessive auch er- detes Land, später in Parzellen, die dem ei- gänzt und spezifiziert. nen oder anderen gehören. Besitztum ent- Möglicherweise ist das für Sie auch ein Gedanke, der Sie durch die Adventszeit begleiten Wenn man die Wortfamilie „teilen“ nä- steht und macht damit neue Formen des kann, wenn Sie zwischen Weihnachtsfeiern, Plätzchen-Backen und Deadlines sich manch- her betrachtet, wird man eine große Zahl an Teilens notwendig. Mit zunehmender Ent- mal fragen, worauf es eigentlich ankommt: Ich bin frei, frei – Dir, Gott, zu singen, dir zu Wörtern finden, in welchen das Wort „Teil“ wicklung der Menschheit nimmt der Besitz dienen, Gutes zu tun – ich bin frei! steckt. Es sind viele Substantive, Verben, von Dingen zu, es kann also immer mehr aber auch Adjektive oder Adverbien. Das verteilt oder geteilt werden. Das Teilen Eine gesegnete Adventszeit und eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Wort „Teil“ lässt sich etymologisch auf das nimmt andere Ausprägungen an, gewinnt germanische Wort daili- zurückführen, das neu an Bedeutung. Handwerkszeug, Häu- dieselbe Bedeutung trug (vgl. Friedrich ser, Tiere werden gemeinsam genutzt und Kluge, Etymologisches Wörterbuch der somit geteilt. Der Besitz eines Menschen deutschen Sprache, Berlin 1999). wird oft auch erst nach dessen Tod geteilt. Mit zunehmender Entwicklung werden Wo ein Ganzes ist, ist auch ein Teil nicht nur Dinge, aber auch immer mehr Das Verb „teilen“ wird ganz einfach Aufgaben geteilt, aufgeteilt und zugeteilt. durch das Anhängen der Verbendung „-en“ Niemand macht mehr alles: Die einen ja- an das Substantiv „Teil“ gebildet. Das Sub- gen, die anderen bauen Getreide an, die Wer ungetrübt und heiter sein will, stantiv wird somit einfach zum Verbstamm. dritten kümmern sich um das Vieh. Wo das der muss eines besitzen: Das Wort in seiner Grundbedeutung muss Teilen praktiziert wird, machen Menschen in der Sprache der Menschen schon seit immer etwas gemeinsam – man könnte sa- das ist die innere Freiheit. Beginn enthalten gewesen sein. Denn das gen, wo geteilt wird, herrscht Einigkeit und Meister Eckhart Teilen ist, so meine Behauptung, so alt wie Frieden. die Menschheit, sogar so alt wie unsere 4 5
Thema: Teilen Teilen und die Bibel Was die Bibel zum Teilen sagt Vaters (Lk15, 11-32), der seine Hälfte des Teilen – eine christliche Selbstverständlich- Erbes mit dem Bruder teilen soll, nachdem keit, ein Dauerbrennerthema, nicht nur zu dieser Bruder seine eigene verprasst hat. St. Martin. Dazu muss es doch auch in der Mal gern wie die Urkirche, deren Anfän- Bibel so einiges geben, oder? In der Tat fin- ge von recht kommunistisch anmutenden den sich nicht so enorm viele Textstellen, Ideen geprägt scheinen: Und alle, die gläu- in denen der Begriff „Teilen“ vorkommt. big geworden waren, bildeten eine Ge- Geteilt wird vor allem das Land: Das ver- meinschaft und hatten alles gemeinsam. heißene Land, verteilt unter den zwölf Sie verkauften Hab und Gut und gaben da- Stämmen (im Geschichtsbuch Josua na- von allen, jedem so viel, wie er nötig hatte. türlich, die Landnahme Israels, aber auch (Apg 2,44f) in einigen Prophetenbüchern wird darauf Großzügig und uneigennützig geteilt Bezug genommen). An einigen Stellen geht hat natürlich der barmherzige Samariter es um den Erbteil, wem welcher zusteht, (Lk 10,25-32). Dass Teilen sogar Überfluss Die Wortfamilie teilen © Annick Dohet-Gremminger wer was kriegt – unter Menschen, oder in Fülle produzieren kann, erzählt uns die Der Wortstamm entwickelt sich weiter wir etwas aus, verteilen wir etwas, vertei- auch von Gott. (Die Bücher Numeri, Deu- Geschichte von der Speisung der 5000 Die Sprache der Menschen entwickelt len wir etwas um, teilen wir etwas auf, tei- teronomium und Josua sprechen viel vom (Mk 6,35-44). Wenig gab es da zu teilen, sich parallel zu dieser Entwicklung der len wir etwas neu ein, teilen wir jemandem Erbteil.) Das Erbe, das verteilt wird, nach fünf Brote und zwei Fische für eine große Menschheit, aus einer einfachen Sprache etwas zu, … Maßstäben und gemäß unterschiedlicher Menschenmenge. Jesus fing an, das We- zu einer immer komplexeren, so auch die Auch Bedeutungen im übertragenen Vorstellungen von Gerechtigkeit. nige auszuteilen – eigentlich eine absurde deutsche Sprache. Reicht anfangs das Wort Sinne kommen hinzu. Mit der Informati- Geteilt wird in der Bibel wie im Leben: Idee – und diese Geste motivierte anschei- „teilen“, kommen mit der Zeit immer neue onsweitergabe der Menschen gewinnt das mal widerstrebend, wie der „brave“, da- nend viele, das, was sie hatten, allen zur Wortvarianten mit kleineren und größeren Verb „mitteilen“ an Bedeutung oder auch heim arbeitende Sohn des barmherzigen Verfügung zu stellen. Bedeutungsunterschieden hinzu. Dabei „erteilen“. Es wird nichts Materielles ge- gehört das Verb „teilen“ in der deutschen teilt, sondern Wissen. Durch Mitteilen wer- Sprache zu den Verben, welche durch Prä- den Wissen, Informationen geteilt oder, in- fixe (Vorsilben) erweitert und somit verän- dem das Wort jemandem erteilt wird, kann dert werden können. Bei einem Teil dieser er sich anderen mitteilen. Verben werden anschließend beim Kon- Während andere Sprachen für jede jugieren Wortstamm und Präfix getrennt Bedeutung neue Wörter finden müssen, (z.B. „ich teile auf“), andere bleiben zusam- bedient sich die deutsche Sprache u.a. der men (z.B. „ich verteile“). Dieses Phänomen Präfixe und bleibt so ganz in der Wortfami- der trennbaren und untrennbaren Verben lie. D.h. auch das Wort „Teil“ oder „teilen“ kennt auch die niederländische Sprache. teilt sich durch die Anfügung von Präfixen Durch die verschiedenen Präfixe ent- in viele Bedeutungen auf. Verschiedene stehen neue Bedeutungen, aber viele die- Wörter teilen sich so einen Wortstamm ser Bedeutungen behalten weiterhin einen und werden zu einer Wortfamilie! engen Zusammenhang mit der Grundbe- Birgitta Pabsch deutung „teilen“. Wenn wir teilen, teilen 6 7
Thema: Teilen Jesus hat grundsätzlich viel geteilt. Sei- lichen Amt betraut ist. Eine Gruppe von Leben jeder Christin und jedes Christen ha- Hier kommt eine besonders wertvolle nen Weg, mit den Jüngerinnen und Jün- Menschen findet sich zusammen und nä- ben kann und sollte. Und zwar nicht nur so, Dimension des Teilens zum Tragen: Wenn gern. Seine Erfahrungen mit Gott, seinem hert sich gemeinsam einem Textabschnitt. wie es von Priestern in Katechesen ausge- alle ihre Erfahrungen und Gedanken und Vater, teilte er mit allen Menschen, denen legt wird, sondern auch in einer unmittel- Gefühle in Bezug auf einen biblischen Text er begegnete und die ihn hören wollten. baren Begegnung. Genau diese ermöglicht mitteilen, entsteht daraus eine Fülle, aus Seine Tränen teilte er mit den Weinenden, das Bibel-Teilen. Denn es kommt hier nicht der alle sich etwas mitnehmen können in seine Heilkraft verteilte er an die Lei- auf das Können und Verstehen an, sondern ihr privates Leben. denden. Seine Gedanken teilte er, seine vielmehr darauf, sich ganz persönlich im ei- Karin Gotthardt Gebete, sein Bild von Gott. Das Brot teilte genen Lebenskontext mit einem biblischen er beim Pessachmahl, unmittelbar vor sei- Text zu konfrontieren und sich davon be- nem Tod, um damit zugleich sein Leben, rühren zu lassen. Bewegend, bereichernd sich selber, zu teilen. und vielleicht auch motivierend sind natür- lich besonders auch die Beiträge der ande- Gott hat nur eine Freude: Bibel-Teilen in einem afrikanischen Dorf © Image ren Teilnehmenden. Auszuteilen. Also ist der am willkommensten, Die Bibel als Wort Gottes war lange Zeit den „Gelehrten“ vorbehalten und in der am meisten braucht! der Theologie vor allem Gegenstand der Sören Kierkegaard Wissenschaft. Die historisch kritische Bi- belexegese, derzufolge man die Worte der 7 Schritte des Bibel-Teilens heiligen Schriften nicht mehr als wortwört- Bibel-Teilen lich zu verstehende auffasste, war eine 1. Einladen/Sich öffnen Nichts Überraschendes, wenn wir die große Errungenschaft. Die Texte werden in In einem Gebet oder Lied lädt die Gruppe den Herrn ein, unter ihnen zu sein, und Bibel nach dem „Teilen“ durchforsten. In- Abschnitte und in einzelne Verse zerlegt, öffnet sich für ihn. teressant und durchaus überraschend man sucht nach den genauen Umständen 2. Lesen kann es jedoch werden, wenn wir die Bibel der Entstehung, Verfasser und Autoren- Ein Teilnehmer oder eine Teilnehmerin liest den Text laut vor. teilen. Nicht im Sinne von Vorlesen, Wei- gruppen werden unterschieden, Überset- 3. Verweilen/Vertiefen tergeben, Verschenken, sondern in einem zungen verglichen, außerbiblische Doku- Jede und jeder kann einzelne Wörter oder kurze Satzabschnitte mehrmals sehr persönlichen Sinn. mente nach parallelen und zusätzlichen kommentarlos laut aussprechen; anschließend wird der Text erneut vorgelesen. Bibel-Teilen ist eine Methode der Bi- Informationen durchforstet... mit einer 4. Schweigen bellektüre, die in den 70er Jahren in Süd- Textstelle von einigen Versen kann man so Für einige Minuten in Stille überdenken die Teilnehmenden erneut den Text und afrika entwickelt wurde und von dort aus ganze Bücher füllen. Zweifellos war diese was er für sie und ihr Leben bedeutet. weltweite Verbreitung fand. Vor allem in Methode, die zu Beginn in kirchlichen Krei- 5. Mitteilen afrikanischen und lateinamerikanischen sen höchst umstritten war und geradezu Jeder teilt den anderen seine Überlegungen mit. Basisgemeinden wurde nach der 7-Schrit- als ketzerisch galt, ein großer Gewinn für 6. Austauschen te-Methode, wie das Bibel-Teilen auch ge- das Verständnis der biblischen Texte und Im Gespräch suchen die Teilnehmenden nach der Bedeutung des Textes für die nannt wird, in der Bibel gelesen und, vor ist heute, zumindest in der christlichen Gemeinschaft und für den und die einzelnen; neue Vorsätze zum Handeln können allem, über den Text nachgedacht und ihm Theologie (Kreationisten ausgenommen), formuliert und ältere reflektiert werden. auf spirituelle Weise nachgespürt. Für die- selbstverständlich und unverzichtbar. 7. Beten se spirituelle und sehr persönliche Art, die Die Ebene der Wissenschaft ist das eine Das Bibel-Teilen wird mit einem Gebet, Lied oder Segensspruch abgeschlossen. Bibel zu lesen, braucht man weder Fach- – und daneben steht aber immer auch die leute noch jemanden, der mit einem kirch- Bibel als Wort Gottes, das Relevanz für das 8 9
Thema: Teilen folgenden Nacht erscheint Christus dem ab, um dem Armen zu helfen. Er bleibt Das Pferd kam später Martin im Traum und verkündet: „Martin, oben, die Distanz bleibt erhalten. Auch ist der noch Katechumene ist, hat mich [also wichtig, dass Martin sein Schwert nimmt, Der heilige Sankt Martin und was aus ihm (gemacht) wurde Christus] mit diesem Gewand bedeckt.” um den Mantel zu teilen. Ein Instrument und er fügt hinzu: „Wahrhaft eingedenk des Tötens verwandelt sich in ein Werk- Heilige haben ihr Schicksal. Die einen sind verehrt und wurde am 11. November un- seiner [Christi] Worte [...] ‘Was immer zeug der Barmherzigkeit und Nächsten- total vergessen, andere wiederum fristen ter großer Anteilnahme der Bevölkerung ihr einem meiner dieser Geringsten getan liebe so wie die Schwerter, die beim Pro- ihre Existenz in irgendwelchen Ecken in der beigesetzt. Zahllose Legenden ranken sich habt, das habt ihr mir getan.’” Der Akt des pheten Amos zu Pflugscharen werden. Die Regel barocker Kirchen und zumeist in süd- um sein Wirken. Jener besagte Sulpicius Teilens war also im Kern Dienst an Gott und Tatsache, dass Martin Soldat ist, macht die europäischen Ländern. Eine dritte Gruppe, Severus, ein Zeitgenosse und Landsmann, Teil der Verheißung auf einen Platz später Tat ebenso bemerkenswert, denn Soldaten sehr viel kleiner, hat zumindest hierzu- hat ihm dann mit seiner Vita Sancti Martini im Himmelreich. Severus weiter: „Durch waren damals und noch lange danach auch lande ein spezielleres Los ereilt, nämlich ein Denkmal gesetzt, das prägend war für diese Vision ließ sich der glückselige Mann bei der eigenen Bevölkerung eher gefürch- Heilige speziell für Kinder zu werden. Ein zahllose andere Heiligenviten im Mittel- [nicht der Bettler] nicht zur Begierde nach tet und nicht gerade für karitative Hand- Beispiel hierfür ist der heilige Nikolaus, ein alter. Severus macht Martin zu dem Hei- menschlichem Ruhm hinreißen, sondern lungen bekannt. anderes der heilige Martin. ligen schlechthin, bei dem alle Gaben des erkannte in seinem Werk die Güte Gottes; Durch die Jahrhunderte kam es zu zahl- Geistes zusammenkommen, wie Paulus sie so beeilte er sich, als er achtzehn Jahre war, losen bildlichen Darstellungen der Mantel- Das Leben des Martin von Tours im Korintherbrief 1,28-30 aufzählt: Pro- die Taufe zu empfangen.” Man könnte fast teilungsszene, die in unvergleichlich kom- Wer war eigentlich dieser Martin oder phetische Kräfte, Lehrer, Wunderbewirker, meinen, Gott habe Martin den Bettler vor pakter, kondensierter Form die Botschaft genauer Martin von Tours, einer Stadt an Krankenheiler, Spender mildtätiger Gaben die Füße gelegt, um seinen Weg ins Heil zu des Teilens und der christlichen Barm- der Loire? Geboren wurde er dort nicht, und nicht zuletzt das Reden „in allen Zun- beschleunigen. Martin begeht im übrigen herzigkeit ausdrückt. Ein Beispiel hierfür vielmehr kam er um 316 in Pannonien, gen” (vgl. S. Severus, Vita sancti Martini.- seine gute Tat nicht als Bischof (da gab es ist der sogenannte Bassenheimer Reiter, dem heutigen Ungarn bzw. der Slowakei, Stuttgart, Reclam 2010). noch viele andere Wundertaten), sondern ein frühgotisches Sandsteinrelief, das ur- als Sohn eines römischen Offiziers zur Welt. noch in seiner Zeit als sehr junger Soldat sprünglich um 1240 für den Mainzer Dom Sohn eines Soldaten zu sein, bedeutete da- ... und er teilte seinen Mantel und im Rahmen der Vorbereitung auf sei- erstellt wurde und heute in der Pfarrkirche mals, ebenfalls Soldat werden zu müssen. Wie vielsprachig der heilige Martin ne Taufe. Die aus damals christlicher Sicht von Bassenheim bei Koblenz zu sehen ist. Wider willen, schreibt sein Biograph Sul- war, ist nicht so recht überliefert, sein bedenkliche Jugend als Soldat galt es durch picius Severus, denn Martin bekannte sich wohltätiges Wirken für die Armen um so passende Zeugnisse eines bereits schon schon in seiner Jugend zum Christentum. mehr. Und damit sind wir auch bei dem damals vorbildlichen Lebenswandels aus- Angeblich weigerte er sich sogar einmal, in Ereignis angelangt, ohne dass der heilige zugleichen. die Schlacht zu ziehen mit dem Argument, Martin eventuell nicht mehr so bekannt Interessant ist, dass das Pferd erst im er sei nun ein miles Christi, ein Soldat Chri- und verehrt wäre. Es handelt sich um die 10. Jahrhundert in den bildlichen Darstel- sti, und nicht mehr ein miles Caesaris, ein Szene, bei dem Martin im strengen Winter lungen auftaucht. Dies hatte inhaltliche Soldat des Kaisers. Sein Dienst in der kai- dem Bettler begegnet und für ihn seinen Vorteile. Pferde konnten sich nur Reiche serlichen Palastgarde brachte ihn nach Mantel teilt. Die Bedeutung des Mantels leisten oder waren dem Adel vorbehalten, Nordfrankreich und damit in die Gegend für das Überleben wird übrigens schon somit bekommt das Bild ein klare Zielrich- seines zukünftigen Wirkens. Als Bischof im Buch Exodus hervorgehoben, wo es tung, von wem hier ein Almosen verlangt von Tours zeichnete er sich durch große heißt: „Nimmst von einem Mitbürger den wurde („Eher geht ein Kamel durch ein Tatkraft und Askese aus. Er schreckte auch Mantel zum Pfand, dann sollst du ihn bis Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich nicht davor zurück, sich mit seinem frühe- Sonnenuntergang zurückgeben; denn es ist Gottes gelangt”, Mk 10,25). Auf der an- © Lothar Spurzem ren Arbeitgeber, dem Kaiser, anzulegen, seine einzige Decke, der Mantel, mit dem deren Seite bleiben die gesellschaftlichen als es um innerkirchliche Angelegenheiten er seinen bloßen Leib bedeckt. Worin soll Verhältnisse gewahrt, denn der Reiter Gänzlich anders ist ist die Interpretati- ging. Am 8. November 397 starb er hoch- er sonst schlafen?” (Ex 22, 25-26). In der steigt auf den meisten Darstellungen nicht on der Martinsgeschichte bei El Greco. Hier 10 11
Thema: Teilen handelt es sich um wurden geschlachtet. Zum anderen bedeu- ein 1598 von einem tete der Martinstag das Ende des bäuer- Wie wir teilen lernen gewissen Martin Ra- lichen Wirtschaftsjahres, wo der Kirchen- mirez für die Sankt zehnt entrichtet, die Knechte entlohnt, der Josefs-Kapelle in To- erste Wein probiert und viele Rechtsge- Auch wenn wir in der gegenwärtigen poli- „Von den Drei- bis Vierjährigen waren ledo in Auftrag gege- schäfte geregelt wurden. Zu Martini zeigte tischen Weltlage den Eindruck bekommen, weniger als zehn Prozent zum Teilen bereit, benes Gemälde. Man es sich also, ob das Jahr erfolgreich war. dass Eigensinn und Egoismus oft die Ober- gleich, ob sie sich aus einer Kindergarten- mag noch akzeptie- Dementsprechend gab es auch Martins- hand gewinnen und die am meisten selbst gruppe kannten oder nicht. Bei den Fünf- ren, dass der heilige feuer, Martinsjahrmärkte, Martinsessen bezogenen Menschen in Debatten als bis Sechsjährigen waren knapp zwanzig Martin in der Gestalt (wo dann die Martinsgans verzehrt wurde) Sieger vom Platz gehen, sind wirklich we- Prozent, bei den sieben- bis achtjährigen © Wikipedia eine spanischen Edel- und sogenannte Heischebräuche, bei de- sentliche Entwicklungen der Menschheit Schulkindern aber schon fast die Hälfte mannes daherkommt. nen Kinder von Haus zu Haus zogen und oft nur durch gemeinsames abgestimmtes und sogar annähernd achtzig Prozent zum Fast befremdlich ist indes die Darstellung um Gaben bettelten. Die Sitte, am 11.11. Handeln und das Teilen von Ressourcen Teilen bereit, sofern der potentielle Partner des Bettlers, der mit seinem athletischen die Karnevalssaison einzuläuten, scheint hervorgebracht worden. Nur wenn wir be- aus derselben sozialen Gruppe kam. Vor und fast unnatürlich in die Vertikale ge- erst im frühen 20. Jahrhundert aufgekom- reit sind, etwas von unserem Überschuss allem Jungen neigten offenbar dazu, ihre zerrten Körper wie ein Hinweis auf die men zu sein. abzugeben und unsere Mitmenschen teil- Süßigkeiten mit Mitgliedern aus der eige- Traumszene gelesen werden kann, in der Im 19. Jahrhundert begann man das haben lassen, machen wir gesellschaftliche nen Gruppe – weniger mit fremden – zu tei- Christus in der Gestalt des Bettlers dem eher spontane und etwas wilde, volks- Fortschritte und sind in der Lage, größere len. Einzelkinder übrigens legten eine deut- heiligen Martin erscheint. Fast sieht es aus, tümliche Martinsbrauchtum zu ordnen. Vorhaben anzugehen. Wenn wir Ideen tei- lich größere Bereitschaft zum Teilen an den als würde sich dieser, man muss es sagen, Insbesondere erkannte man in kirchlichen len und unsere Mitmenschen dazu bewe- Tag als Geschwisterkinder.“ Jüngling zum Himmel erheben. Interessant Kreisen, dass sich die Person des heiligen gen können, bei gemeinsamen Vorhaben ist auch, dass der Mantel die Farbe Grün Martin und die von ihm so prägnant prak- mitzumachen, erreichen wir mehr als viele als Zeichen der Hoffnung hat anstatt des tizierte Nächstenliebe in der Legende mit Einzelkämpfer. üblichen Rot, das für Liebe steht. dem Bettler gut für die katechetisch-päda- Schon sehr früh lernen wir und beloh- gogische Unterweisung der Kinder eignete. nen Teilen zwischen Kindern. Sprichwörter Brauchtum um St. Martin wie: „Geteiltes Leid ist halbes Leid!“, „Ge- Um den 11. November, dem Tag des teilte Freude ist doppelte Freude!“ kon- heiligen Martin, haben sich im Laufe der ditionieren uns zu einem sorgsamen und Jahrhunderte eine große Anzahl von Bräu- aufmerksamen Miteinander. Starke Legen- chen herausgebildet. Erst im 19. Jahrhun- den von Heiligen wie z.B. Sankt Martin, der dert wurden sie mit der Person und den seinen Mantel mit dem Bettler teilt, gelten Taten des Bischofs Martin von Tours selber geradeheraus als Vorbilder für unsere Ju- in Verbindung gebracht wurden. Lange gend. © Nina Müller Zeit bedeutete der Tag im November ei- nen wichtigen Einschnitt im Kalenderjahr. Nun kommt es auch zu dem noch vieler- Gibt es einen Automatismus, eine Zum einen markiert der Tag in byzantinisch orts praktizierten Martinsumzug mit Bett- Programmierung, die uns dazu bringt zu Die Psychologinnen Nadia Chernyak beeinflussten Gebieten den Anfang der ler und Mantelteilung mit anschließender teilen? und Tamar Kushnir von der Cornell Uni- Fastenzeit vor Weihnachten. Zu Martini kleiner Bescherung und einem Martinsfeu- Eine Gruppe Schweizer Experimental- versity attestierten ihren drei- und vier- konnte demnach noch einmal so richtig er. Kinder ziehen anschließend durch den ökonomen um Ernst Fehr von der Universi- jährigen Probanden „Wenn sich die Kinder geschlemmt werden. Ein Teil der Tiere, die Ort und bitten beim sogenannten Martins- tät Zürich untersuchte 229 nicht miteinan- einmal zum Teilen durchgerungen hatten, man nicht lebend durch den Winter brin- singen um Süßigkeiten. der verwandte Drei- bis Achtjährige und zeigten sie sich später großzügiger“. Jene gen konnte, wie zum Beispiel die Gänse, Ulrich Hüschen fand folgendes heraus: Kinder, die zuvor zum Teilen aufgefordert 12 13
Thema: Teilen worden waren oder die einfachere Wahl warten. Natürlich geht es auch hier nicht zwischen Teilen oder Wegwerfen gehabt ganz ohne Ermahnungen ab, aber die Frei- Globalisierung heißt auch teilen! hatten, behielten durchschnittlich mehr willigkeit führt zu den besten Ergebnissen Dinge für sich. Übrigens sei auch die Aus- wie auch der soziale Effekt, dass derjenige, „Eure Lebensweise hat etwas mit unserem Lebensalltag zu tun“ sicht auf Belohnung keine nachhaltige Mo- der teilt, mehr Mitmenschen für sich und tivation fürs Teilen. Bleibe die Belohnung seine Sache gewinnt. Und im Alter von sie- Ende September 2017 besuchte Bischof Globalisierung auf mehreren Ebenen nämlich einmal aus, könne auch die Bereit- ben bis acht funktioniert das dann eigent- Kubi Paul Ponen aus Bangladesch unsere Ja, was hat dies denn nun mit mir zu schaft zum Teilen schnell verschwinden. lich ganz gut. Familie hier in Brüssel. Bei den vielfältigen tun? Sicher, wir leben in einer sogenann- Beiden Studien gemeinsam ist, dass Nur, warum verlieren wir die Fähigkeit Gesprächen, die wir mit ihm geführt ha- ten „globalisierten Welt“. Aber was bedeu- Teilen erst ab einem bestimmten Alter dann später im Leben wieder – im Wirt- ben, fiel ein Satz, der mir ganz besonders tet dies eigentlich genau? funktioniert. Vor dem dritten bis vierten schaftsleben, als Nachbar, in der Familie in Erinnerung geblieben ist: „Es muss Euch Unter dem Begriff der Globalisierung Lebensjahr z.B. erscheint das unrealistisch. oder der Politik? Vielleicht hilft dann wie- schon klar sein, dass Eure Lebensweise wird ein Prozess verstanden, bei dem welt- Etwa um das zweite Lebensjahr hat das der die Mahnung „Wenn Ihr nicht werdet auch etwas mit unserem Lebensalltag in weite Beziehungen in zahlreichen Ebenen Kind erst sein Ich im Spiegelbild entdeckt: wie die Kinder …“ (Matt 18,3), um zu früh Bangladesch zu tun hat.“ intensiviert werden . Dabei entsteht eine Ich bin jemand Eigenständiges und unter- erlernten Mustern und Verhaltensweisen Kubi Paul Ponen ist seit 2006 Bischof weltumfassende Verflechtung in Bereichen scheide mich von den Anderen. Dieses Ich zurückzufinden. Wie oft wäre uns Erwach- der Diozöse Mymensingh im Nordosten wie Wirtschaft, Politik, Kultur und Um- hat noch keine klaren Grenzen. So kann senen das zu wünschen. von Bangladesch. Die Diozöse ist 16.500 welt. Bereits in historisch zurückliegenden das Kuscheltier durchaus noch als Teil der Matthias Rollmann km² gross, und es leben dort ungefähr 18 Zeiten konnten immer wieder solche Ten- eigenen Persönlichkeit angesehen wer- Millionen Menschen, 76.000 davon sind denzen der Verflechtungen erkannt wer- den. Entsprechend existenziell wäre die Katholiken. Die meisten Bewohner dieser den. Beispielhaft sind in der Antike die grie- Bedrohung, wenn das Kind sein geliebtes Region leben als arme Bauern oder Tage- chischen Fernhandelsbeziehungen nach Kuscheltier mit jemandem teilen müsste. löhner. Ihr Alltag ist bestimmt von der dra- Eurasien. Es erscheint wohl sinnvoll, Glo- Das aber hat mit dem Eigentumsdenken matischen Veränderung ihrer Lebensum- balisierung nicht als ein Ereignis, sondern von Erwachsenen wenig zu tun. stände. Die ungeheure Überbevölkerung als einen laufenden Prozess anzusehen mit ist Ursache für die landwirtschaftliche Nut- den historisch entstandenen Handelsver- Teilen will geübt sein zung von immer mehr Bodenfläche. Die flechtungen als Motor. Und doch können schon früh Anlagen damit einhergehende starke Abholzung Sinnvollerweise muss der allgemeine gefördert werden, die später das Teilen der Wälder führt zu großer Bodenerosion Begriff der Globalisierung unterteilt wer- erleichtern. In der Montessori-Erziehung in der Regenzeit. Der Klimawandel bedingt den in eine wirtschaftliche Globalisierung, wird mit sehr einfachen, aber wirkungs- eine Veränderung der Jahreszeiten und eine politische Globalisierung und zuneh- vollen Mitteln das Teilen geübt. Jeden Tag eine Zunahme der Regenmengen. Über- mend wohl auch in eine kulturelle Globa- bringt jedes Kind ein beliebiges Obst mit schwemmungen, die große Teile der Ernte lisierung. Sieht man eine wirtschaftliche in den Kindergarten (Die Rede ist von 3-6 vernichten und das Leben in den Dörfern Verflechtung von Gesellschaften als trei- jährigen Kindern), das es in einen gemein- ungeheuer belasten, sind die Folge. Bereits bende Kraft des Prozesses, so hat in den samen Fruchtkorb legt. Später am Tag kann die Perspektivlosigkeit der Menschen auf letzten Jahrzehnten ein politischer Prozess jedes Kind davon nehmen, was es möchte. dem Land lässt die städtische Bevölkerung eingesetzt, der das weltweit komplizierte Die Kinder schneiden das Obst und teilen ansteigen. Die Bekleidungsindustrie in Wirtschaftsgeflecht begleitet. Staaten es untereinander. Bangladesch hat sich zudem in den letzten müssen heute intensiv zusammenarbei- Alle Spiel- und Übungsmaterialien gibt zwei Jahrzehnten derartig entwickelt, dass ten und durch Übereinkommen und In- es immer nur einmal. Es entstehen also viele Bengalen in den Fabriken der größe- stitutionen den internationlen Austausch unentwegt Situationen, in denen das Kind ren Städte ihre Zukunft suchen. flankieren. Ein weiterer Faktor dieses Aus- bereit sein muss abzugeben, zu teilen, zu tausches und der starken internationalen 14 15
Thema: Teilen Zusammenarbeit ist eine große Vereinheit- lichung von Lebensverhältnissen. Essen, Die Zahl der weltweit agierenden Hilfs- werke ist umfangreich. Die Bereitschaft Und wie teilen wir weltweit? Kleidung, digitaler Konsum – es ist sicher der europäischen Bevölkerung für die Not Was Elefanten mit der Globalisierung zu tun haben notwendig, auch teilweise von kultureller und das Elend von Menschen am anderen Globalisierung zu sprechen. Ende der Welt zu spenden ist sehr groß. Globalisierungsgegner argumentieren sehr mensentwicklung in den Jahren 1988 bis Die Zahl der jungen Menschen, die einen häufig, dass die Verteilung von Vermögen 2008 vergleicht. Bei seiner Analyse fasst Die persönliche Verantwortung jedes Freiwilligendienst weltweit verrichten und und Einkommen durch die Globalisierung Milanović die Einkommensperzentile welt- einzelnen Christen sogar einen Teil ihrer Lebenszeit teilen, ist immer ungleicher werde. Nach Schät- weit zusammen und untersucht deren je- Ja, aber inwieweit beinhaltet denn die- so hoch wie noch nie! Aber die weltweiten zungen von Oxfam besaßen 2016 die acht weilige über 20 Jahre kumulierte Einkom- se allgemein sich entwickelnde Globalisie- Probleme sind eben auch gewaltig! Mit reichsten Menschen der Erde genauso mensentwicklung. Das Ergebnis ist die sog. rung eine Verantwortung für mich, mich den einhergehenden weltweiten Verflech- viel wie die ärmere Hälfte der Weltbe- Elefantenkurve, weil mit einigen ergän- noch mehr mit dem Gedanken des Teilens tungen wachsen auch weltweite Verant- völkerung, im Vorjahr waren es noch die zenden Strichen ein Rüsseltier entsteht – zu beschäftigen? Gibt es nicht bereits eine wortungen. Papst Franziskus hat Ende Ok- 62 reichsten. Vergleicht man zudem das wobei der Rüssel ein großes Problem dar- gute Reaktion weltweit auf die beschrie- tober in einer bemerkenswerten Rede zu durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in stellt (aber dazu später mehr). benen Prozesse der Globalisierung und Europa auf einen wesentlichen Kerninhalt den ärmsten Ländern mit dem der wohl- Aus der Elefantenkurve lässt sich able- der damit auch weltweit erkennbaren Pro- der christlichen Botschaft hingewiesen: habendsten, so kommt man schnell zu der sen, dass der überwiegende Teil der welt- bleme der Not und des Elends? „Zu erkennen, dass der andere vor allem Annahme, die Menschen auf der südlichen weiten Haushaltsgruppen sein Einkommen eine Person ist, bedeutet, das wertzuschät- Erdhalbkugel, insb. in Afrika, gehörten während der beobachteten 20 Jahre stei- Faith App zen, was mich mit ihm verbindet. Das Per- zu den Verlierern der Globalisierung, ein gern konnte. Die Gewinner der Globalisie- sonensein bindet uns an die anderen, lässt Grund für die zunehmende Migration. rung sind vor allem in den Perzentilen 20 uns Gemeinschaft werden. �…� Die Christen bis 70 zu finden. Eine genauere Analyse er- erkennen , dass ihre Identität vor allem re- Einkommensentwicklung weltweit gibt, dass es sich dabei um die neuen Mit- Fifty-fifty – lational ist. Sie sind als Glieder eines Leibes �…�, in dem jeder mit seiner Identität und Dem widerspricht eine groß angelegte Studie des ehemaligen Weltbank-Öko- telschichten der Schwellenländer, allen vo- ran China und Indien handelt. Hier stiegen so teilt Martin mit dem Bettler. Eigenart frei am gemeinsamen Aufbau teil- nomen Branko Milanović, die die Einkom- die Realeinkommen (abzüglich Inflation) Warum nur den halben Mantel?, nimmt.“ Somit muss ich mir immer wieder verantwortungsbewusst deutlich machen, fragen die Theoretiker für welche Gemeinschaft ich als Christ der Nächstenliebe. Steigerung des Realeinkommens in % eben auch Verantwortung trage. Die Praktiker wissen: Friederike Ladenburger Fifty-fifty lässt dem Gebenden und dem Empfangenden seine Würde. Fifty-fifty lässt Raum für Zukunft. Denn fifty-fifty sind immer 100 Prozent – an Liebe, an Wärme, an Zeit. Perzentil der globalen Verteilung der Haushaltseinkommen Die Elefantenkurve: Veränderung des Realeinkommens zwischen 1988 und 2008 bei verschiedenen globalen ©Bild: Image, picture alliance/Godang/Philippe Lissac Haushaltsgruppen © Ch. Lakner & B. Milanović, http://documents.worldbank.org/curated/en/914431468162277879/pdf/WPS6719.pdf 16 17
Thema: Teilen um bis zu knapp 80 %. Der Einkommens- zählt, führt die Einkommensspreizung vor Die Teilung der Erde zuwachs dieser globalen Mittelschicht ist allem in den USA, aber auch in Europa vor allem auf die weltweite Produktion sowie in vielen Schwellenländern bei den »Nehmt hin die Welt!« rief Zeus von seinen Höhen und das damit verbundene Outsourcing weniger Glücklichen zu einem Gefühl des Den Menschen zu. »Nehmt, sie soll euer sein! jener Industriearbeitsplätze zurückzufüh- Abgehängtseins und zu erheblicher Un- Euch schenk ich sie zum Erb und ewgen Lehen, ren, die aus den Industrieländern abge- zufriedenheit und birgt großen sozialen Doch teilt euch brüderlich darein.« wandert sind. Sprengstoff. Sicher, ein gewisses Maß an Aber auch sehr vielen Armen im un- Ungleichheit ist notwendig, ja sogar för- Da eilt, was Hände hat, sich einzurichten, teren Drittel der Elefantenkurve geht es derlich, um die Leistungsbereitschaft der Es regte sich geschäftig jung und alt. spürbar besser, über 500 Mio. Menschen Menschen zu wecken und zu erhalten. Al- Der Ackermann griff nach des Feldes Früchten, konnten sich aus einem Leben am Exi- lerdings ist darauf zu achten, dass soziale Der Junker pirschte durch den Wald. stenzminimum (< 1,25$ pro Tag) befreien. Härten abgemildert werden und Bildungs- Allerdings bekommt der ärmste Teil der gerechtigkeit, d.h. gleiche Bildungschan- Der Kaufmann nimmt, was seine Speicher fassen, Weltbevölkerung noch immer nur sehr we- cen für alle, gewährleistet ist, damit der so- Der Abt wählt sich den edeln Firnewein, nig vom größer werdenden Kuchen ab. ziale Aufstieg nach wie vor möglich bleibt. Der König sperrt die Brücken und die Straßen Eine zweite Gruppe von Haushalten, die Und sprach: »Der Zehente ist mein.« nur geringe Einkommenssteigerungen ver- Migration ist nahezu unvermeidlich buchen konnten, befindet sich im oberen Insgesamt sind sich die Wirtschaftswis- Ganz spät, nachdem die Teilung längst geschehen, Drittel der Haushalte. Hier sind vor allem senschaftler weitgehend einig, dass die Naht der Poet, er kam aus weiter Fern; Menschen der unteren und mittleren Ein- Globalisierung die Ungleichkeit des Einkom- Ach! da war überall nichts mehr zu sehen, kommensklassen aus den Industriestaaten mens der Menschen weltweit verringert Und alles hatte seinen Herrn! angesiedelt. Im weltweiten Vergleich sind hat, und dass sich dieser Prozess auch fort- sie zwar durchaus wohlhabend, jedoch setzen wird. Absolut betrachtet bleiben die »Weh mir! so soll ich denn allein von allen stagnieren ihre Einkommen, während die Einkommensunterschiede jedoch nach wie Vergessen sein, ich, dein getreuster Sohn?« Einkommen der Gutverdiener in der ersten vor auf sehr hohem Niveau, ein Deutscher So ließ er laut der Klage Ruf erschallen Welt im Schnitt beträchtlich gewachsen hat z.B. im Monat durchschnittlich noch Und warf sich hin vor Jovis Thron. sind. Am allermeisten profitierten jedoch immer das Fünffache eines Bulgaren oder die Menschen an der Spitze des Elefan- Chinesen zur Verfügung, von den Be- »Wenn du im Land der Träume dich verweilet«, tenrüssels, d.h. das reichste Prozent der wohnern des südlichen Afrikas ganz zu Versetzt der Gott, »so hadre nicht mit mir. Weltbevölkerung von der Globalisierung. schweigen. Selbst wenn also jemandem Wo warst du denn, als man die Welt geteilet?« – Zu diesen gehören, sowohl in den USA als aus einem der mittleren Länder der soziale »Ich war«, sprach der Poet, »bei dir. auch in Europa, allerdings nicht nur weni- Aufstieg gelingt, so wird er doch niemals ge Superreiche, sondern auch die oberste der Wohlstand der Bewohner der reichen Mein Auge hing an deinem Angesichte, Mittelschicht, also Leute, die zusätzlich zu Länder erlangen. Die einzige wirkliche An deines Himmels Harmonie mein Ohr – ihrem Erwerbseinkommen noch hohe Ka- Chance, um die persönliche Lage zu ver- Verzeih dem Geiste, der, von deinem Lichte pitaleinkünfte haben. Diese verstärken das bessern, besteht im Verlassen der Heimat Berauscht, das Irdische verlor!« Auseinanderdriften zwischen Reichen und und der Migration in wohlhabendere Län- Normalbevölkerung nochmals. der. Die eigentliche Herausfoderung der »Was tun?« spricht Zeus. »Die Welt ist weggegeben, nächsten Jahre wird sein, hier geeignete Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein. Wahrung des sozialen Friedens Lösungsansätze zu finden. Willst du in meinem Himmel mit mir leben: Da für die Menschen vor allem der Ein- Annick Dohet-Gremminger So oft du kommst, er soll dir offen sein.« kommensvergleich innerhalb eines Landes Friedrich Schiller 18 19
Thema: Teilen Brot teilen: „das Volk erhält kleinere gestanzte Hostien aus ungesäuertem Brot, eher geschmacks- Wie ginge es richtig? Wie aber müsste „biblisch verantwor- Das tun wir schon seit fast zwanzig Jahren… arm, manchmal so dünn, dass sie am Gau- tet“ das Herrenmahl gefeiert werden? men kleben bleiben und mühsam mit der Dazu bringt die Theologin konkrete Vor- (MK) Als ein kleiner Kreis, der mit dem Neubau unserer St. Pauluskirche vor etwa 20 Zunge wieder gelöst werden müssen.“ schläge: Das eucharistische Mahl sollte ein Jahren beauftragt war, auch die Form der Kommunion in unserer Gemeinde diskutier- echtes Essen und Trinken sein – mit Brot, te, kamen wir nach ausführlicher theologischer Diskussion zu der aktuellen Form des Auf „Esst und trinkt“ folgt lange nichts das man miteinander brechen und essen Kommunionkreises. Die Kommunion als Brot und Wein für alle, gemeinsam im Kreis Hecht kritisierte, dass den Einsetzungs- kann. Hecht wies darauf hin, dass beim stehend kommunizieren und die Tatsache, dass es länger dauert, als «meditativen worten „Esst und trinkt“ keine entspre- Jesus-Wort „Das ist mein Leib“ nicht das Moment» bewusst in die Feier aufnehmen. Diese Sichtweise wurde nicht von allen chenden Handlungen folgen. „Man be- Brot, sondern dessen Brechen gemeint Gemeindemitgliedern fraglos angenommen, aber mit der Zeit ist diese Form der Kom- kommt da noch lange nichts, weil zwischen sei: „Es verdeutlicht Jesu Hingabe bis ins munion «unsere Form» geworden. Dass sie nicht ganz «theologisch fragwürdiger Ei- der Aufforderung Jesu und dem Essen noch Gebrochensein im Tod.“ Es sollte einen genbau» (so eine Wortmeldung in der damaligen Debatte) und abwegig ist, sondern eine Menge stattfindet: ein Hochgebet, ein Tisch geben, um den man sich versam- der erste richtige Schritt zu einem neuen Verständnis der Kommunion, wird aus fol- Vaterunser mit Einschub des Priesters vor melt, keinen Altar mit einem einzigen Brot gendem Artikel deutlich, den wir dankenswerter Weise vom Informationsdienst der dessen Schlusslob, ein Gebet um Frieden und einem einzigen Kelch. „Dafür bräuchte KATHPRESS übernehmen dürfen. und Friedensgruß, das Agnus Dei, das Ge- es überschaubare Mahlgemeinschaften, bet zur Vorbereitung der Kommunion, häu- die von Gemeinschaft nicht nur sprechen, 06.10.2017 (KAP-ID) „Vom Brotbrechen ändern an unserer Weise, Eucharistie und fig die Priesterkommunion, eventuell auch sondern sie in einer überschaubaren sozi- zum Steh-Imbiss?“ – Auch als Frage ver- Abendmahl zu feiern. die Kommunion der Kommunionhelfer.“ ologischen Größe auch spüren können.“ harmlost klingt dieser Titel eines Artikels Doch zurück ad fontes, zu den Vor- Und auch dann folge weder ein wirk- Das sei angesichts der an das Zölibats- über den üblichen Kommunionempfang gaben der Bibel: Bei Paulus, im ältesten liches Essen noch ein Trinken, weil i.d.R. priestertum gebundenen Eucharistiefeier in der Eucharistiefeier noch provokant. Bericht vom eucharistischen Mahl (1 Kor die Gläubigen nicht aus dem Kelch trinken aufgrund des Priestermangels allerdings Und auch was Anneliese Hecht vom deut- 10,16f), wird laut Hecht „deutlich, dass dürfen, der Priester hingegen den Wein schwer realisierbar. Das Mahl selbst sollte schen Katholischen Bibelwerk in der Folge es eine österliche Feier und ein wirkliches vor den Augen der Gemeinde trinkt. „Ist laut Hecht wieder mehr Raum einnehmen, ausführt, mag manch frommes Gemüt zu- Mahl war“. Der Völkerapostel fordere die so etwas ein Mahl, das Gemeinschaft aus- Wort und Zeichen sollten enger beieinan- mindest irritieren. Ihre Kernthese, die sie Mahlteilnehmenden ausdrücklich zum Es- drücken soll mit Jesus Christus und unterei- der sein: nach dem Brot- und Kelchwort auf der theologischen Feuilleton-Website sen und Trinken auf. „Erst durch beides ist nander?“, so die rhetorische Frage Hechts. unmittelbares Essen und Trinken. feinschwarz.net (29.9.) darlegt, lautet: Die es ein echtes Mahl.“ Sie zitierte ein enttäuschtes kleines Mäd- Für die Autorin ist klar, dass eine lan- heutige Art und Weise, Eucharistie und Eine „verheerende Entwicklung“ habe chen aus einem der Bibelwerkskurse: „Der ge, vielen kostbare Praxis nicht radikal ge- Abendmahl zu feiern, hat sich weit von den eingesetzt, als nach und nach – „je größer Priester lügt immer in der Messe. Er sagt: ändert werden kann. „Aber es sind nicht biblischen Ursprüngen und der frühkirch- der Graben zwischen Amt und Laien wur- ‚Esst alle davon‘, und wir Kinder bekommen wenige, denen die gegenwärtige Form zu lichen Tradition des Herrenmahles entfernt; de“ – dem Gottesvolk die volle Teilhabe am nichts. Und ‚Trinkt alle daraus‘, und ihr Er- schaffen macht.“ Den behutsamen und die liturgische Einladung zur Mahlgemein- regelmäßigen und vollen Mahl vorenthal- wachsenen erhaltet auch nichts.“ beachtenswerten Versuch einer Änderung schaft erscheint geradezu als leere Formel ten worden sei. Als extremste Ausformung Ein Festmahl nimmt man heute – so sieht Hecht in der Praxis, im Gottesdienst ohne allzu viel Realitätsgehalt, nimmt man erinnerte Hecht an die bloße „Augenkom- Hecht – um einen festlich gedeckten Tisch Stehkreise zu bilden, in denen Brot und das geschmacklose „Brot“ und den meist munion“ mit dem Anschauen eines Bildes. sitzend ein, bei der Eucharistiefeier dage- Wein geteilt werden. Damit werde die Ge- unzugänglichen Kelch als Maßstab. Schlan- Bis zum Zweiten Vatikanum habe der zele- gen erfolge das Essen des Brotes im Stehen meinschaft zeichenhaft spürbar, der Emp- ge stehen zum Kommunionempfang sei brierende Priester das Brot dem Volk zwar oder gar im Gehen. „Denn viele lassen sich fang des Abendmahls dauert etwas an. Je- eine „absurde Praxis“ gemessen an dem gezeigt, es dann aber allein gegessen. „Und die Hostie in die Hand geben und stecken denfalls soll laut Hecht gelten: „So wie es ursprünglich Gemeinten und Praktizierten, bis heute bricht und isst in der Regel nur sie dann im Weggehen in den Mund, um ist, sollte es nicht bleiben.“ so das Urteil der wissenschaftlichen Mitar- der Priester die ihm vorbehaltene größere dem Nächsten Platz zu machen, damit alles beiterin des Bibelwerks. Einiges müsse sich Hostie“, wies die Bibelwerks-Expertin hin; möglichst schnell vonstatten geht.“ 20 21
Thema: Teilen Kommunikation. Es ist unmöglich, einem In den sich daran anschließenden in- Geteiltes Leid ist halbes Leid? anderen sein Sterben oder seine Trauer ternen Seminaren konnten die HORZIONT- abzunehmen, doch das ist kein Grund, ihn Mitglieder entsprechende Gesprächssi- Über die Arbeit der Hospizgruppe HORIZONT in Brüssel allein zu lassen. Wir können präsent sein, tuationen üben. Gegenseitiges Vertrauen körperlich wie geistig. Wir können aktiv und Offenheit sind die Grundlage dieser „Ich will mich mit dem Thema Sterben und In regelmäßigen Abständen trifft sich zuhören, also die Botschaften, die die Ge- Treffen. Sie bieten Raum für Berichte über Tod befasst haben, wenn es in meinem Um- die Gruppe für Austausch und Weiterbil- fühle des anderen betreffen, aufnehmen. gelungene und misslungene Besuche, über feld einen Todesfall gibt oder ich selbst be- dung. Es gibt Fragen denen wir uns stellen. Wir können uns Mühe geben, diese Ge- gute, aber auch über die Schwierigkeit, ein troffen bin.“ Das ist die häufigste Antwort Kann man das Gefühl der Hilflosigkeit an- fühle auszuhalten. Wir können es zulassen Familienmitglied in Gelassenheit zu beglei- auf meine Frage, warum die Mitglieder von gesichts eines Leidenden oder Sterbenden mitzufühlen – und mit etwas Glück teilen ten. HORIZONT sich als SterbebegleiterInnen überwinden? Wie kann man sich der Angst wir einen Moment der Nähe. Nähe, die Vor einem guten Jahr fassten das öku- haben ausbilden lassen. vor dem eigenen Tod oder der vor dem den aktiven Prozess des Trauerns oder Ab- menische Besuchsteam und HORIZONT Verlust eines geliebten Menschen stellen? schiednehmens unterstützen kann. den Beschluss zusammenzuarbeiten. Die Unsere Ziele Was können wir überhaupt leisten? Es gibt Diese Ansätze lassen sich bei der Hos- beiden Gruppen laden sich gegenseitig zu Vor 20 Jahren, im Herbst 1997, grün- immer neue Fragen und neue Antworten. pizarbeit anwenden, aber auch im Umgang Sitzungen und Fortbildungen ein und or- dete Heidi Mauthner in Brüssel eine mit Demenz- und Alzheimerpatienten. ganisieren gemeinsam Veranstaltungen. deutschsprachige Hospizgruppe. Ziel ist es Wohl durch den Anstieg der Lebenser- HORIZONT bleibt dabei ein unabhängiger, bis heute, kranke und sterbende deutsch- wartung steigt deren Anzahl beständig. überkonfessioneller eingetragener Verein sprachige Menschen in Brüssel zu besu- HORIZONT hat deshalb in den vergange- in Belgien chen. Auch für die Angehörigen wollen nen beiden Jahren zu seinen öffentlichen Friederike Gänßlen die Hospizhelfer Ansprechpartner sein. Veranstaltungen Referentinnen zum The- Über öffentliche Vorträge soll HORIZONT ma Demenz und Alzheimer eingeladen. zudem zu einem offenen Umgang mit Ster- ben, Tod und Trauer beitragen. Das Thema Sterbehilfe, die in Deutschland diskutiert Was uns bewegt hat mitzumachen und in Belgien unter bestimmten Bedin- gungen möglich ist, bleibt vom Katalog der Stimmen aus dem Team Vorträge und Arbeitsbereiche ausgeschlos- sen. Dafür gibt es in Belgien andere Ein- Meine Motivation, Horizont beizutreten war, richtungen wie die Palliativverbände, an mich mit dem Thema ‚Sterben‘ auseinandersetzen. die Anfragen weitergeleitet werden. Trotz Ich hatte Erfahrungen mit dem Sterben Ich finde es wichtig, mich dem Thema dieser Einschränkung: Es sind große Ziele im Familien- und Freundeskreis unter zu stellen und beispielsweise bei Krank- für einen Kreis von maximal zwei Handvoll Das Horizont-Team © privat schweren Umständen: Krebs, Sterben von heitsfällen, die sicher zum Tode führen, aktiven ehrenamtlichen Mitarbeitern. Kindern, Unfälle, Suizid, Verlangen nach und bei Trauerfällen nicht auszuweichen. Es gibt eine Website, ein Facebookpro- Unsere Arbeitsweise Euthanasie, Dahinsiechen im Alter und Zuzuhören und anwesend zu sein bedeu- fil und eine Emailadresse, aber die Kon- Die Beschäftigung mit dem Sterben gewaltsamer Tod. Mein Umgang damit tet, dem anderen die Möglichkeit zu eröff- taktaufnahme mit HORIZONT geschieht eines anderen kann helfen, im eigenen Le- war teilweise hilflos. Im Näherrücken an nen, sein Leid mit-zu-teilen. Es ist wichtig großteils über die Mobiltelefonnummer. ben andere Schwerpunkte zu setzen – und den eigenen Tod wächst mir der Gedanke, sich bewusst zu sein, dass man dem ande- In den letzten Jahren kamen Anfragen um das Bewusstsein um die eigene Sterblich- beim eigenen Sterben nicht alleingelassen ren das Leid nicht abnehmen und es auch Unterstützung häufig in einer späten Phase keit kann den Austausch mit Menschen zu werden und gleichzeitig das Bedürfnis, nicht schmälern kann. des Sterbeprozesses, so dass die Unterstüt- am Ende ihres Weges ermöglichen. Es geht aus der eigenen Lebenskraft heraus ande- zung der Verbliebenen mehr Zeit einnahm. wie fast in allen Bereichen des Lebens um ren beistehen zu wollen. 22 23
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