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Die P 6510 F Jahrgang 70 PFALZ ISsn 1619-6562 Nr. 4, 4. Quartal 2019 Zum Wohl die Pfalz und Bayern: Die pfälzische Weinprinzessin Christina Fischer aus Göcklingen als Ehrengast bei der Wiedereröffnung der Pfälzer Residenz Weinstube am 8. November im Viersäulensaal der Münchner Residenz. (Foto: Redaktion) An der Spitze der Legislative Der Herzog und die Dogge Ein „Schatzhaus“ der Region Nur noch ein Pfälzer Zeitschrift für Politik, Kultur und Wirtschaft
I n h a l t Am 8. November war es geschafft. Die Pfälzer Resi- E d i t o r i a l denz Weinstube und der Landesverband der Pfälzer 1 Ilse Aigner in Bayern feierten mit der Öffentlichkeit und gela- An der Spitze der Legislative denen Gästen die offizielle Wiedereröffnung der Weinstube im Viersäulensaal. Aus der Pfalz war die pfälzische Weinprinzessin Christina Fischer ange- Spuren und Schätze reist und zum Auftakt spielten die Fürstenfeldbru- 3 der Pfalz in Bayern (24) cker Jagdhornbläser. Unter den geladenen Gästen Der Herzog und die Dogge begrüßte die erste Vorsitzende des Landesverbandes von Dirk Klose der Pfälzer in Bayern, Prof. Ursula Männle, die Vertreter der an der Sanierung beteiligten Insti- tutionen, darunter Josef Streun, Vorstand der Hanspeter Beißer / 4 Jonas Hertel Nur noch ein Pfälzer Verwaltung der Residenz München, Dr. Hermann Neumann aus der Bauabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung und Christoph Bohner vom Staatli- chen Bauamt. Weitere Ehrengäste waren der Pfalzreferent der Bayerischen Staatskanzlei, Georg Wagenländer, und 6 Ludger Tekampe Ein „Schatzhaus“ der Region der ehemalige Vizepräsident des Bayerischen Landtags und Staatsminister a. D., Reinhold Bocklet. Fast zweineinhalb Jahre, anstatt der geplanten eineinhalb Jahre, hatte die Sanierung der Räumlichkeiten und die Nutzung des Ausweichquartiers im Einsäulensaal der Resi- 8 Ursula Männle Wieder im Viersäulensaal denz mit nur knapp 120 Plätzen gedauert (s. dazu auch den Beitrag auf S. 8-9). Am Schluss trug auch die Insol- venz eines Küchenbauers zur Verzögerung bei. Die Sanie- rung und der Rückzug der Weinstube waren auch Thema auf der Mitgliederversammlung am 28. Oktober. 10 Birgit Heid „Worthelden“ Der Vorstand des Verbands, der die Traditionsgaststät- te führt, neben Prof. Ursula Männle, Wolfgang Ziegler (Schatzmeister) und Ralf Marthaler (Schriftführer), zeigte sich erleichtert über den Umzug und versicherte, dass die Volker John 12 Finanzen von Weinstube und Verband trotz der Durststre- Schwarznuss, Maulbeerbaum cke im Einsäulensaal solide seien. Man hoffe nun auf ein und Robine gutes Weihnachtsgeschäft. In diesem Sinne wünschen wir auch unseren Leserinnen und Lesern ein gutes Jahresende, ein frohes Weihnachts- Ulrich Magin 14 Ehrenpforten und „Lolosruhe“ fest und einen guten Start ins neue Jahr. I m p r e s s u m Dirk Klose „Die Pfalz“, Zeitschrift für Politik, Kultur und Wirtschaft Herausgeber: Landesverband der Pfälzer in Bayern e. V. 16 Angelika Schuster-Fox „Treue Freunde“ Wagmüllerstr. 18, 80538 München, Tel.: (089) 29 46 10 Fax: (089) 210 209 49 www.bayernpfalz.de E-Mail: info@bayernpfalz.de Redaktion und Anzeigen: Dr. Dirk Klose, Leiter der Geschäftsstelle (V. i. S. d. P.) Redaktionsmitglieder: Dr. Joachim Kemper (St. Martin/Pfalz), Dr. Angelika Schuster-Fox (München) 17 Hans von Malottki Druck: Chroma Druck & Verlag Gmbh, Römerberg/Speyer Das Werk ist vollendet Die „Die Pfalz“ erscheint vierteljährlich. Jahresabonnement: 10,– Euro. Landesverband der Pfälzer in Bayern e. V. 19 Berichte – Bücherschau Unser Titelbild Postbankkonto München Nr. 15466 803 BLZ 700 100 80 IBAN DE 83 70010080 0015466803 BIC PBNKDEFF
An der Spitze der Legislative Ilse Aigner Seit über einem Jahr als neue Bayerische Landtagspräsidentin im Amt und seit Mai erste Vorsitzende des Bundes der Pfalzfreunde in Bayern – Fragen an Ilse Aigner DIE PFALZ: Sehr geehrte Frau Landtagspräsi- technikerin und sind 1985 in die CSU dentin, Sie wurden in der Vollversammlung des eingetreten. Danach arbeiteten Sie in Bundes der Pfalzfreunde in Bayern am 28. Mai der Hubschrauberentwicklung. Was hat 2019 in der Pfalzstube des Bayerischen Landtags Sie veranlasst, sich politisch und in wel- zur neuen, ersten Vorsitzenden gewählt. Sie füh- chen Politikfeldern zu engagieren? Gab ren damit eine Tradition fort, die seit 1950 fast es eine elterliche Vorprägung? ununterbrochen besteht, nämlich dass der Baye- AIGNER: Auch meine Eltern haben rische Landtagspräsident oder die -präsidentin sich schon für das Allgemeinwohl enga- in Personalunion auch den Vorsitz des Bundes giert. Mein Vater war im Gemeinderat, innehat. Was hat Sie zu diesem Schritt, der auch beide waren stark im vorpolitischen uns Pfälzer in Bayern sehr freut, bewogen? Raum aktiv. Und ich bin ja durch AIGNER: Es ist mir eine Ehre, diese schöne meine Ehrenämter im Sport-Bereich Tradition fortzuführen. Ich übernehme die zur Politik gekommen. Auch als Schü- Aufgabe mit Freude und verstehe das Amt als lerin habe ich mich immer engagiert, als Auftrag, das historische Erbe der ein Dreiviertel Klassen- und SMV-Sprecherin. Mir war Jahrtausend währenden Einheit von Pfalz und es immer ein Bedürfnis, an den Ent- Bayern im Bewusstsein der Bürgerinnen und scheidungen in meinem Umfeld, meiner Bürger lebendig zu erhalten. Heimatgemeinde und in meinem hei- DIE PFALZ: Der Bund der Pfalzfreunde in matlichen Landkreis mitzuwirken. Landtag und Seit November Bayern, 1950 im Bayerischen Landtag gegrün- Bundestag, Ministerämter und die Aufgabe als 2018 im Amt: Land- det, hat im nächsten Jahr 70-jähriges Jubiläum. Präsidentin waren da noch weit weg und keines- tagspräsidentin Ilse Aigner. Was ist zum Jubiläum geplant? wegs das Ziel. Ich hatte schon damals Ideen und AIGNER: Die Verleihung der Hofenfels- Ziele. Ich wollte etwas bewegen – etwas, das für (Foto: BYL, Büro Aigner) Medaille wird im kommenden Jahr ganz im möglichst alle oder zumindest für viele ein Fort- Zeichen des 70-jährigen Jubiläums des Bundes schritt war. Politik ist ein schöpferischer Akt. der Pfalzfreunde stehen. In zeitlicher Nähe zum Man kann etwas wachsen sehen, dank der eige- Gründungsdatum werden wir bei der Veranstal- nen Mitwirkung. Das hat mich immer gereizt. tung im Bayerischen Landtag an die Geschichte DIE PFALZ: Ihre politische Karriere nahm des Bundes erinnern und das Wirken dieser Fahrt auf, als Sie von 1994 bis 1998 zunächst besonderen Institution angemessen würdigen! Abgeordnete im Bayerischen Landtag und ab DIE PFALZ: Sie wurden 1964 in Feldkirchen- 1998 bis 2013 als Mitglied des Bundestages in Westerham (Landkreis Rosenheim/Oberbayern) die Bundespolitik wechselten. 2008 bis 2013 geboren, haben 1981 bis 1985 eine Ausbildung schafften Sie als Bundesministerin für Ernäh- als Radio- und Fernsehtechnikerin absolviert, rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 1988 bis 1990 eine Weiterbildung zur Elektro- den Eintritt ins Kabinett Merkel II. Wie sehen Sie rückblickend Ihre Zeit in der Bundespolitik? AIGNER: Es waren interessante Jahre! Als Bun- desministerin für Ernährung, Landwirtschaft Die Landtagsprä- und Verbraucherschutz habe ich einen Bereich sidentin bei der Vollversammlung verantwortet, der die Lebenswelt aller Bürger- des Bundes der innen und Bürger in Deutschland ganz unmit- Pfalzfreunde in telbar betrifft. Mich hier einbringen zu können Bayern am 28. Mai und zu gestalten, habe ich als großes Privileg mit Dr. Hans von verstanden. Ich habe diese Aufgabe gerne Malottki, langjäh- riger Schatzmeister gemacht, auch weil mir immer bewusst war, dass des Bundes. dieses Politikfeld gerade für meine bayerische Heimat von ganz besonderer Bedeutung ist. (Foto: BYL, Rolf Poss) 1
DIE PFALZ: Ihre Rückkehr in die Bayerische AIGNER: Der CSU-Bezirksverband Ober- Landespolitik 2013 als Bayerische Wirtschafts- bayern hat innerhalb der Volkspartei CSU eine ministerin, stellvertretende Ministerpräsidentin besondere Verantwortung. Wirtschaftlich ist im Kabinett Seehofer, dann als Bauministerin Oberbayern der Motor des Freistaats und der im Kabinett Söder war auch geprägt von der vor stetige Zuzug stellt besonders den Ballungs- allem von den Medien inszenierten Rivalität zu raum München vor große Herausforderungen. Markus Söder. Was hat Sie bewogen, die aktive, Als Volkspartei hat die CSU den Anspruch, bayerische Regierungspolitik zu verlassen und Lösungen für alle wichtigen Problemfelder ab 2018 das Amt der Bayerischen Landtagsprä- unserer Zeit anzubieten. In Oberbayern haben sidentin anzutreten? wir kürzlich etwa eine „Nachhaltigkeitsagenda AIGNER: Ich habe die Regierungsverantwor- 2030“ erarbeitet mit konkreten Ideen, wie das tung gerne getragen und konnte in den insge- Thema in den Städten und Gemeinden umge- samt zehn Jahren als Ministerin auf Bundes- setzt werden kann. Mit Blick auf die Kommu- nalwahlen im März 2020 ist es mir wichtig, dass wir mehr Frauen in der Verantwortung vor Ort – sei es als Bürgermeisterin oder auch Gemein- derätin – haben. DIE PFALZ: Seit 2018 ist die AfD auch im Bayerischen Landtag mit 22 (derzeit 20) Abge- ordneten vertreten. Was wäre Ihrer Meinung nach der geeignete Weg, dieser Partei rechts der CSU entgegenzutreten? AIGNER: Im Amt der Landtagspräsidentin bin ich zunächst einmal parteipolitischer Neutralität verpflichtet. Wenn ich eine Plenarsitzung leite, behandle ich alle Abgeordneten gleich. Wenn es zu Regelverletzungen kommt, gehe ich kon- sequent dagegen vor. Und das werde ich auch künftig so halten. Die Würde des Hohen Hauses und ein angemessener Umgang miteinander muss immer gewährleistet sein. Ansonsten bin Blick in den Ple- und auf Landesebene Einiges voranbringen. Die ich der festen Überzeugung, dass wir den poli- narsaal des Baye- Arbeit im Kabinett ist mir aus dieser langen Zeit tischen Gegner am besten mit einer überzeu- rischen Landtags. in all ihren Facetten vertraut. Ich war und bin genden und erfolgreichen inhaltlichen Arbeit (Foto: Wikipedia RaBoe) immer offen für Neues! Darum war es letztlich stellen können: Wir müssen einerseits die Sorgen keine schwere Entscheidung, auf die Seite der und Nöte der Menschen ernst nehmen, prakti- Legislative zu wechseln. kable Lösungskonzepte entwickeln, umsetzen DIE PFALZ: Was reizt Sie am neuen Amt der und die Bürgerinnen und Bürger dabei mitneh- Landtagspräsidentin? men und andererseits den politischen Gegner an AIGNER: An der Spitze der Volksvertretung konkreten Aussagen messen. habe ich große Freiräume, wie ich diese Funk- DIE PFALZ: Ihre Vorgängerin als Landtags- tion ausfülle. Mein politischer Einfluss ist nicht präsidentin, Barbara Stamm, war von 2005 bis mehr so unmittelbar wie als Ministerin. Aber 2019 Vorsitzende des Bundes der Pfalzfreunde meine Wirkmöglichkeiten sind breit, ich habe und wurde mit dem Ehrenvorsitz ausgezeichnet. viel Spielraum und als Repräsentantin eines Ver- Sie hat in dieser Zeit auch mehrere Male die fassungsorgans finde ich immer Gehör – das ist Pfalz besucht. Inwieweit ist Ihnen das Gebiet zumindest meine Erfahrung aus dem ersten Jahr des ehemaligen 8. bayerischen Regierungsbe- als Präsidentin. zirks bekannt? DIE PFALZ: Sie sind nach wie vor Vorsitzende AIGNER: Als Bundes- und Staatsministerin des mächtigen CSU-Bezirksverbandes Ober- war ich öfter in der Pfalz zu Gast, und die bayern. In welchen Politikfeldern muss sich Reisen in diese wunderschöne Region sind mir Ihrer Meinung nach die CSU verbessern, ver- noch immer in ganz besonderer Erinnerung: Die ändern oder modernisieren (Stichworte: Klima- großartige Landschaft, die Lebensfreude der schutz oder Frauenquote)? Menschen, das hat mich alles sehr beeindruckt. 2
Der Herzog und die Dogge Spuren und Schätze der Pfalz in Bayern Die Alte Pinakothek präsentiert in einer umfassenden Ausstellung das Werk (24) des flämischen Malers Anthonis van Dyck (1599–1641), darunter das Porträt von Herzog Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (1578–1653) von Dirk Klose N un also doch: das bisher als Werk- darauf die Initialen stattbild van Dycks geltende Porträt ihres Herren, der Degen von Herzog Wolfgang Wilhelm von und im Hintergrund Pfalz-Neuburg ist ein eigenhändiges Werk des die Säule sowie die rote nach Rubens berühmtesten flämischen Barock- Draperie weisen auf den malers. Neueste Untersuchungen im Vorfeld der aristokratischen Stand Ausstellung und eine kürzliche Restaurierung des Porträtierten hin. legten es an den Tag: das Gemälde zeigt Ände- Das Goldene Vlies, das rungen im Entwurf. Die Dänische Dogge stand der Herzog und Pfalz- ursprünglich breitbeiniger, ihr rechtes Bein war graf, dessen Linie unter stärker ausgestellt und das Gewand des Herzogs seinem Sohn die Pfälzer wurde rechts vergrößert, also typische „Pen- Kurwürde erlangte und timenti“, die ein Original ausmachen und bei erst mit Kurfürst Karl einer Kopie keinen Sinn ergeben. Bisher galt die Theodor von Pfalz- Fassung des Porträts in der Bremer Kunsthal- Bayern (1724–1799) aus- le als Original van Dycks, auch augfrund des starb, wurde ihm 1615 schlechten Zustandes des Münchner Bildes, das vom spanischen König 1867 übel restauriert wurde. Dabei weist schon Philipp III. verliehen. die Provenienz des Bildes auf ein Original hin: Denn es blieb in Familienbesitz und stammt aus Zu sehen ist das Gemäl- der berühmten, ehemaligen Düsseldorfer Gale- de aus der Staatsgalerie rie, die der Enkel des Herzogs, Kurfürst Johann Neuburg nun bis 2. Wilhelm von der Pfalz, zusammengetragen hatte Februar in der umfas- und 1806 per Erbgang an Bayern fiel (darunter senden Schau, die die elf eigenhändige Werke van Dycks). Alte Pinakothek dem flämischen Malergenie Anthonis van Dyck, Wolfgang Wilhelm war eine der schillerndsten widmet. Ein mehrjähriges Forschungsprojekt Herzog Wolfgang Wilhelm, Öl/Lwd., Persönlichkeiten seiner Zeit. Um das Erbe seiner des eigenen, umfangreichen van Dyck-Bestandes um 1628, 205,8 x Mutter Anna von Jülich-Kleve-Berg zu sichern, ging der Ausstellung voraus. Über 100 Gemäl- 132,7 cm. Bayer. trat er zum Entsetzen seines Vaters 1613 zum de, Skizzen und Druckgrafiken, darunter auch Staatsgemälde- katholischen Glauben über und Verbündete sich von Vorgängern (wie Tizian und Tintoretto) sammlungen. mit seinem bayerischen Cousin Maximilian I., oder des konkurrierenden Kollegen Peter Paul Eine Reprodukti- on des Gemäldes dessen Schwester Magdalena er heiratete. Der Rubens vereint die Ausstellung. Zahlreiche hängt im Viersäu- ehrgeizige Pfalz-Neuburger konnte so zumindest Leihgaben kamen aus anderen großen Museen lensaal der Pfälzer die Herzogtümer Jülich und Berg mit der Resi- (z. B. aus dem Louvre, Paris; der National Gal- Residenz Weinstu- denzstadt Düsseldorf dauerhaft gegenüber den lery, London; dem Metropolitan Museum, New be. brandenburgischen Hohenzollern sichern. York). Sie lassen nicht nur den Arbeitsprozess (Foto: BSGS) Als Kunstmäzen gab der konvertierte Katholik des Malers lebendig werden, sondern zeichnen bei Peter Paul Rubens, Hofmaler der benach- auch seine Karriere nach, die ihn von 1621 bis Dr. Dirk Klose ist ver- antwortlicher Redak- barten spanischen Statthalter Flanderns, große 1627 nach Italien und schließlich ab 1632 als teur des Magazins Altarwerke für die Hofkirche in Neuburg an englischer Hofmaler bis zu seinem frühen Tod „Die Pfalz“. Öffentliche der Donau in Auftrag (heute in der Alten 1641 nach London führte. Führungen des Autors in der Ausstellung am Pinakothek und in der Staatsgalerie Neuburg). Van Dyck. Bis 2. Februar 2020 in der Alten Pina- 26.12. um 14 Uhr, Das Porträt van Dycks entstand vermutlich kothek in München. Zur Ausstellung erscheint ein am 15.1. um 17 Uhr bei einem Besuch des Herzogs am Hof der Katalog zum Museumspreis von 39,90 Euro. (Themenführung) und am 19.1. um 16 Uhr spanischen Statthalterin Isabella in Brüssel Zum umfangreichen Rahmenprogramm siehe: (begrenzte Teilneh- um 1628. Die dänische Dogge mit Halsband, www.pinakothek.de/vandyck merzahl). 3
Hanspeter Beißer / Jonas Hertel Nur noch ein Pfälzer Fragen an den Vorstand der renommierten, bayerischen Studienstiftung „Maximilianeum“ in München, Hanspeter Beißer, und den derzeit einzig verbliebenen Pfälzer Stipendiaten DIE PFALZ: Sehr geehrter Herr Beißer, entfällt für Bewerberinnen und Bewerber aus die bekannte Studienstiftung „Maximi- der Pfalz. Dennoch hatten sie es zuletzt schwe- lianeum“, 1852 vom bayerischen König rer als früher, erfolgreich zu sein. Der zeitliche Max II. ins Leben gerufen, nimmt seit Abstand zum Abitur könnte eine Rolle spielen; ihrer Gründung auch Einser-Abituri- in der Pfalz legen viele das Abitur bereits im enten aus der Pfalz auf. Der Grund liegt Januar oder Februar ab, die Prüfung für das in der damaligen Zugehörigkeit der Pfalz Maximilianeum findet dagegen erst im Juli zu Bayern. Warum hat man an dieser statt. Vielleicht ist der Fragestil für manchen Tradition nach dem Zweiten Weltkrieg ungewohnt: vom Abiturstoff ausgehend, werden festgehalten, obgleich die Pfalz seit 1946 Probleme formuliert, die einen Transfer von nicht mehr zu Bayern gehört? Kenntnissen von einem in ein anderes Gebiet BEIßER: Für eine Stiftung ist der Wille erfordern. Wir suchen KandidatInnen, die nicht des Stifters die maßgebliche Richt- nur viel wissen, sondern sich mit dem Gelernten schnur, und danach sollten auch Stipen- auch auseinandergesetzt und dazu eine eigene diaten aus der Pfalz gefördert werden. Position gefunden haben. In Mathematik und Außerdem war es seit jeher für uns eine den Naturwissenschaften kommt es darauf an, Bereicherung, Pfälzerinnen und Pfälzer bekannte Methoden auf unbekannte Frage- Hanspeter Beißer, unter den Studierenden des Maximilianeums zu stellungen anzuwenden. Manchmal werde ich Vorstand der haben. So wollen wir es auch in Zukunft halten. gefragt, weshalb es nicht ausreicht, neben den Stiftung. DIE PFALZ: Im Interview mit Ihnen in „Die schulischen Leistungen auf soziale Kompetenz (Foto: BYL, Rolf Poss) Pfalz“ 2014 (Heft 1) sprachen Sie von 69 Pfäl- oder gesellschaftlich relevante Projekte verwei- zerinnen und Pfälzern (von insgesamt 850 Sti- sen zu können. Hier sind wir ein wenig altmo- pendiatinnen und Stipendiaten), die seit Grün- disch. So wichtig soziales Engagement auch dung der Stiftung aufgenommen wurden. Wie ist, für die Auswahlentscheidung kommt es vor viele Pfälzerinnen und Pfälzer konnten in den allem auf die Leistung an, die sich durch souve- zurückliegenden Jahren seither aufgenommen ränen Umgang mit fachlichen Themen erweist. werden und warum in den letzten beiden Jahren Entsprechende Persönlichkeiten sollten sich keine mehr? Woran könnte das liegen und wie doch auch an den Schulen in der Pfalz finden. sehen die Prüfungsbedingungen und das Prozedere für die Aufnahme genau aus? Sind die Pfälzer AbiturientInnen etwa schlechter vorbereitet als die bayerischen? BEIßER: Seit 2015 wurde nur noch ein Studierender aus der Pfalz in die Stif- tung Maximilianeum aufgenommen: Jonas Hertel. Über die Gründe kann ich nur Mutmaßungen anstellen. Eigentlich Luftaufnahme des sollten KandidatInnen aus der Pfalz Maximilianeums sogar im Vorteil sein: Wer in Bayern am Isarhochufer. das Abitur abgelegt hat, muss nach dem Die StipendiatInnen Vorschlag durch seine Schule zunächst wohnen sowohl im Altbau als auch im noch eine Prüfung zur Aufnahme in das südlichen Neubau. Max-Weber-Programm der Bayerischen Staatsregierung bestehen, bevor es in die (Foto: Wikimedia Com- Sonderprüfung für die Stiftung Maxi- mons, Maximilian Dörr- becker) milianeum geht. Dieser Zwischenschritt 4
DIE PFALZ: Fehlt es an Werbung für die um. Wie haben Sie von der Stiftung Maximi- Stiftung in der Pfalz, Unterstützung durch das lianeum erfahren? Wer hat Sie für die Stiftung rheinland-pfälzische Kultusministerium? Wie vorgeschlagen? erfahren die pfälzischen Gymnasien von Ihrer HERTEL: Unsere Oberstufenleitung hat mich Stiftung und der Möglichkeit einer Bewerbung? in der 13. Klasse mit einem Prospekt über die Was wäre Ihrer Ansicht nach verbesserungswür- Stiftung informiert und mich schließlich auch dig, damit wieder mehr StipendiatInnen aus der vorgeschlagen. Pfalz aufgenommen werden könnten? DIE PFALZ: Wie empfanden Sie die Aufnah- BEIßER: Die Stiftung Maximilianeum versen- meprüfungen in München? det alljährlich eine Informationsbroschüre an Wie verliefen diese für Sie? die Schulen in der Pfalz, die Kandidatinnen und Haben Sie sich darauf vorbe- Kandidaten für das Maximilianeum vorschlagen reitet? Wussten Sie, was auf Sie können. Ich fürchte, dass dieses Material nicht zukommt? immer diejenigen erreicht, für die es gedacht ist. HERTEL: Viele Fächer, noch Selbstverständlich kann man sich auch auf der mehr Lehrer, so viel hatte ich Website der Stiftung Maximilianeum über die gehört. Und so war es dann Aufnahmebedingungen und das Leben in der auch. Gefolgt von zwei Dut- Stiftung informieren. Vor allem sollte niemand zend Lehreraugen springt sich von vorneherein scheuen, ein Studium in man in 30 Minuten von einer dem großen und teuren München in Erwägung französischen Karikatur über zu ziehen: Das Stipendium des Maximilianeums die deutsche Finanzpolitik zur ermöglicht ein sorgenfreies Studium, und gegen Funktionsweise der Mikrowel- die Einsamkeit des Großstadtlebens hilft die le, in einer selbst zu wählenden Hausgemeinschaft, die den Neuling hier erwar- Rolle auf die Theaterbühne und tet. Ich stehe auch selbst immer gerne für Fra- dann hoch hinaus zu Gott und gen möglicher Kandidatinnen und Kandidaten dem Problem seiner Beweis- zur Verfügung. barkeit. Gefragt wird punktuell. Das Ganze ist Derzeit zum Studi- DIE PFALZ: Was bietet Ihre Stiftung „außer“ auch Glückssache. Letzlich hat es geklappt. um in Paris: Jonas Hertel vor dem Por- Kost und Logis in Bestlage im Maximilianeum DIE PFALZ: Sie studieren Philosophie und tal der École Norma- in München: ein historistischer Prachtbau im Romanistik. Von welchen Vorteilen der Stif- le Supérieure. Besitz der Stiftung, wo sich seit 1949 der Baye- tung, außer Kost und Logis, profitieren Sie? rische Landtag eingemietet hat? Welche Studi- HERTEL: Ganz besonders von der hauseigenen (Foto: Hertel) enfächer sind erlaubt oder nicht zugelassen? Bibliothek, von Studienfahrten, Lesekreisen und BEIßER: Wer in München lebt, kennt in der den Auslandskontakten der Stiftung. Zum einen Regel das prachtvolle Gebäude des Maximi- haben sie mich nach England und Frankreich lianeums. Die meisten wissen nicht, dass sich geführt, zum anderen machen unsere Gäste aus dahinter – neben der Politik im Bayerischen Pavia, Oxford, Paris und Salamanca das Maxi- Landtag – Studentenleben abspielt. Darauf milianeum jedes Jahr zu einem internationalen kommt es für uns an. Studierende mit ganz Haus. Man ist als Nichtbayer also keineswegs unterschiedlichen Erfahrungen leben hier allein ... zusammen, ähnlich wie an den Colleges von Eli- DIE PFALZ: Ihr Studium absolvierten Sie an teuniversitäten in Oxford, Cambridge, Harvard der LMU und Jesuitenhochschule in München oder Stanford. Die Gemeinschaft mit anderen, und erhielten 2018 den pro-philosophia-Bache- vielfältig interessierten Hausbewohnern macht lor-Preis für Ihre Abschlussarbeit zu Wittgen- das Besondere am Maximilianeum aus. Mit steins Privatsprachenargument. Derzeit führen Ausnahme von Medizin und Theologie kann Sie Ihre Studien an der ENS (École Normale man alle Fachrichtungen studieren, die von den Supérieure) in Paris fort. Welche Forschungen beiden Münchner Universitäten und der Hoch- betreiben Sie dort und wie lange haben Sie vor, schule für Philosophie angeboten werden. in Paris zu bleiben? Der Jurist Hanspeter Beißer ist seit 1998 DIE PFALZ: Sehr geehrter Herr Hertel, Sie HERTEL: Ich verbringe das Wintersemester in Vorstand der Stiftung wurden 1996 in Speyer geboren, haben dort Paris und schreibe hier eine Arbeit über Identi- Maximilianeum. das Hans-Purrmann Gymnasium besucht und tätsbildung in Marcel Prousts „Auf der Suche Jonas Hertel, in Speyer geboren, ist seit 2015 erfolgreich mit einem 1,0 Abitur abgeschlossen. nach der verlorenen Zeit“. Stipendiat der Stif- 2015 folgte die Aufnahme in das Maximiliane- Im Internet: www.stiftung-maximilianeum.com tung. 5
Ludger Tekampe Ein „Schatzhaus“ der Region 150 Jahre Historisches Museum der Pfalz in Speyer Siebert (1829–1901), der später in München zum Leiter der bayerischen Bauverwaltung avancierte. Der dreigeschossige Schulbau konnte 1868 fertig gestellt werden. Das oberste Geschoss umfasste nur wenige ausgebaute Räume u.a. für technische und naturhistorische Sammlungen. Die Initiative zur förmlichen Gründung eines Museums ging vom Rat der Stadt Speyer aus, der damit die Stadt dauerhaft als kulturelles Zentrum etablieren wollte. Die Pläne mussten allerdings vom königlichen Regierungspräsidi- um in Speyer und vom Kreistag (vergleichbar heute dem Bezirkstag der Pfalz) genehmigt werden. Außerdem musste ein Träger gefunden werden, der die Sammlungen dauerhaft betreu- D Ansicht des Muse- ie 1826 nördlich des Speyerer Kaiser- en sollte. Man geht gewiss nicht fehl, wenn man ums von Südosten, doms vom königlich bayerischen Regie- die Wiederbegründung des Historischen Vereins im Vordergrund der rungspräsidenten Joseph von Stichaner der Pfalz im Jahr 1869 in einen direkten Zusam- sanierungsbedürf- tige Anbau, 1992 errichtete „Antikenhalle“ darf als das erste menhang mit der Gründung des Historischen eingweiht. öffentlich zugängliche Museum der Pfalz gelten, Museums der Pfalz stellt. auch wenn der Begriff „Museum“ im Namen Ab dem Sommer 1869 wurde das Obergeschoss (Foto: HM Speyer, Peter nicht explizit auftaucht. Die Antikenhalle wurde des Schulgebäudes dem Historischen Verein der Haag-Kirchner) für die Sammlungen des damaligen bayerischen Pfalz als Museum zur Nutzung überlassen. Der Rheinkreises und der Stadt Speyer schnell zu Name „Historisches Museum der Pfalz“ tauchte klein. Zusätzliche Depotflächen mussten ab erstmals 1870 in einem Bericht des Historischen etwa 1850 im Rathausinnenhof und im Heiden- Vereins der Pfalz auf. türmchen angelegt werden. Eine förmliche Eröffnung hat es im Jahre 1869 Vor 150 Jahren, im Jahr 1869, wurde dann in offenkundig nicht gegeben. Das Museum im der bayerischen Kreishauptstadt Speyer das Realgymnasium am Platz des alten Augustiner- Historische Museum der Pfalz gegründet. Das klosters stand zunächst ganz in der Tradition Museum sollte fortan alle historischen, kunst- der 1826 errichteten Antikenhalle. Die Samm- historischen und naturhistorischen Sammlungen lungen erfuhren jedoch schnell eine Erweiterung der Stadt Speyer, des Kreises (heute vergleich- auf allen kulturhistorisch relevanten Expo- bar mit dem Bezirksverband Pfalz) und des natebenen. Kostbare Bücher und Archivalien Historischen Vereins aufnehmen. gehörten damals noch zum selbstverständlichen Sammelgebiet des Museums. Vor allem aber Wie kam es zur Gründung? 1865 hatte die Stadt Speyer auf dem Grundstück zwischen Wormser Straße Vorläufer des Muse- ums: die Antiken- und Breite Straße (heute: Armbrust- halle im nördlichen straße) das ehemalige Augustinerklos- Domgarten von ter abreißen lassen und 1866 dort den 1826, Lithographie, Grundstein für ein Realgymnasium, Historisches Muse- eine Gewerbe- und Handelsschule und um der Pfalz. eine Höhere Töchterschule gelegt. Der (Foto: HM Speyer) Entwurf zu dem Schulbau stammte vom städtischen Bauschaffner Max 6
von Seidl neu geschaffenen Museumsbau am Der prächtige Domplatz umziehen konnte, wo es 1910 für Wappensaal des das Publikum feierlich eröffnet wurde. 1987 bis Weinmuseums im Historischen 1990 erfuhr dann das Museum eine wesentliche Museum der Pfalz. Erweiterung seiner Betriebs- und Ausstellungs- flächen durch den Bezug von Teilen der alten (Foto: HM Speyer) Baumwollspinnerei als Sammlungszentrum für Deponierung und Restaurierung sowie durch den im Süden des alten Museumsbaus errichte- ten, modernen Anbau. Das Museum hat heute einen Exponatbestand von annähernd einer Million Objekten. 150 Jahre nach der Gründung geht es heute – wurden jetzt auch Gemälde und Grafiken sowie im Jahr 2019 – um die Herausforderung, den Er hielt den Festvor- historische Objekte aller Art aus nichtarchäolo- Ende der 1980er-Jahre errichteten – inzwischen trag zum Jubiläum: gischen Zusammenhängen gesammelt. aber bereits maroden – Anbau zu sanieren und der bayerische Landeshistoriker Die Sammlung vereinte von Anfang an die ihn im Hinblick auf die Anforderungen des 21. Prof. Dr. Ferdinand Sammlungen der Stadt Speyer, des Kreises und Jahrhunderts museums- und energietechnisch zu Kramer am des Historischen Vereins der Pfalz. Ein Haupt- ertüchtigen. Daher sind derzeit von den Dau- 7. November im bestandteil der „Städtischen Sammlung“ war erausstellungen „Urgeschichte“, „Römerzeit“, Forum des Muse- damals schon die „Sammlung Heydenreich“, „Mittelalter“, Neuzeit“, „Dom- und Diözesan- ums. der Brüder Eduard und Ludwig Heydenreich. museum“ sowie „Weinmuseum“, nur die beiden (Foto: HM Speyer, Sie wurde der Stadt 1877 offiziell übereignet. Sie letzten noch uneingeschränkt zu sehen. Der Karoline Kälber) enthielt vor allem Bodenfunde aus Speyer und Wechselausstellungsbetrieb wird der nächsten Umgebung (lokalgeschichtliche aber fortgeführt: gezeigt werden Sammlung), daneben aber auch Bildende Kunst derzeit bis 21. Juni 2020 „Der und kunsthandwerkliche Objekte der Neuzeit, Medicus – die Macht des Wis- z. B. Porzellan. Das bürgerliche Element mit sens“, bis 15. März die Kabinett- entsprechenden Exponaten aus dem 18. und ausstellung „Kaiser Valentinian I. 19. Jahrhundert wurde damit allmählich in den und die Pfalz in der Spätantike“ Beständen des Museums aufgewertet. Genau und noch bis 12. Januar „Marilyn hierin lag sicherlich auch eine Motivation der Monroe“. Gebrüder Heydenreich. Eduard Heydenreich Zum 150-jährigen Jubiläum des war der erste (ehrenamtliche) Konservator des Museums wurde bis 6. Novem- neugegründeten Museums. Nach 1869 gelangten ber eine kleine Ausstellung in der 230 Gemälde der Bayerischen Staatsgemälde- ehemaligen Hauptstelle der Kreis- sammlungen als Leihgabe nach Speyer, 1887 und Stadtsparkasse Speyer (heute musste ein Großteil davon allerdings wieder Hauptstelle Speyer der Sparkasse zurückgegeben werden, offensichtlich aufgrund Vorderpfalz) präsentiert, die auf des widrigen Raumklimas im Realgymnasi- dem Geländes des ehemaligen um. Bis 1908 belegte das Museum das gesamte Realgymnasiums, des Augusti- Obergeschoss und Teile des Hofes. Sogar ein nerklosters und eben auch des Außendepot musste in einem Schuppen auf Gründungsbaus des Historischen dem Gelände der 1906 abgerissenen Kaserne Museums der Pfalz steht. Auf drei am Domplatz eingerichtet werden. Dort sollte doppelseitigen Stelltafeln wurde an die Geburts- Dr. Ludger Tekam- dann auch später der Museumsneubau realisiert stunde des Historischen Museums der Pfalz pe studierte an der Universität Mainz werden. mit historischen Fotografien erinnert. Unter Kulturanthropologie/ den ausgestellten Exponaten aus der Frühzeit Volkskunde und Kunstgeschichte. Neubau von Gabriel von Seidl des Museums sind besonders bemerkenswert Seit 1987 ist er am der im Mai 1869 als erstes Objekt in die neuen Historischen Museum Über 40 Jahre, von 1869 bis um 1909, befand Sammlungen aufgenommene Meteorit von Krä- der Pfalz tätig, derzeit sich das Historische Museum der Pfalz im Real- henberg und einige der Grundsteine des Augus- als Sammlungsleiter Kulturanthropologie/ gymnasium, bevor es ab 1909 allmählich in den tinerklosters aus der Zeit um 1275. Volkskunde und Wein- nach Plänen des Münchner Architekten Gabriel Im Internet: https://museum.speyer.de museum. 7
Ursula Männle Wieder im Viersäulensaal Nach knapp zweieinhalb Jahren der Sanierung ist die Pfälzer Residenz Weinstube wieder in die Räume in und um den Viersäulensaal der Münchner Residenz zurückgekehrt – Fragen an Ursula Männle, „Wirtin“ der Weinstube und erste Vorsitzende des Landesverbandes der Pfälzer in Bayern Die pfälzische Wein- DIE PFALZ: Welche Sanierungsmaßnahmen prinzessin Christina wurden genau durchgeführt? Welches sind die Fischer und gravierendsten, auch positiv spürbaren Verän- Prof. Ursula Männle derungen für die Besucher und welche bleiben am Eröffnungstag, dagegen eher unsichtbar? dem 8. November. MÄNNLE: Die meisten Sanierungsmaßnahmen (Foto: Redaktioin) sind unsichtbar im Boden und in den Mauern verborgen. Nach und nach wurde seit Jahren das „Innenleben“ von Teilen der Münchner Residenz saniert. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und dem Wiederaufbau war nach 70 Jahren Vieles marode geworden. Und nun war unser Flügel und Bereich an der Reihe. Wir waren als Pächter nicht Bauherr, sondern Betroffene, nutzten jedoch die Baustel- DIE PFALZ: Sehr geehrte Frau Professor le, um einige Verbesserungen durchzuführen. Männle, fast 2 ½ Jahre (von April 2017 bis Bauseits wurden alle Leitungen (Elektro, Was- September 2019) hat nun die Sanierung des ser, Heizung, Lüftung) erneuert. Das erforderte Viersäulensaals und der angrenzenden Räume tiefgreifende Eingriffe. Wir rüsteten die Küche gedauert und damit auch die Nutzung des Ein- auf und unternahmen zahlreiche Bemühungen, säulensaals als Provisorium durch die Pfälzer um die Akustik zu verbessern. Letzteres sieht Residenz Weinstube. Ursprünglich waren man nicht auf den ersten Blick, aber man hört 1 ½ Jahre für sie Sanierung angedacht. es. Besonders auffällig ist der neu geschaf- Was hat die Arbeiten so lange verzögert? fene barrierefreie Zugang für mobilitätsein- MÄNNLE: Zunächst einmal sind wir sehr geschränkte Personen und der Einbau einer glücklich, dass die Pfälzer Residenz Weinstube Behindertentoilette durch den Bauherrn. wieder in den Viersäulensaal, der im alten Glanz DIE PFALZ: Wie verlief die Zusammenarbeit Blick in den Viersäu- erstrahlt, zurückgezogen ist. Der Viersäu- lensaal während der lensaal und die anderen Erdgeschossstu- Sanierungsarbeiten. ben konnten schon am 30. September und (Foto: a+p Architekten) die drei weiteren Stuben im Obergeschoss am 4. November öffnen. Die lange Zeit des Provisoriums und der Einschrän- kungen ist nun vorbei. Bezüglich Bau- verzögerungen ist bei einem historischen Gebäude wie der Münchner Residenz immer mit Überraschungen zu rech- nen. Natürlich wurden auch in unserem Gebäudeteil historische Funde entdeckt, die die Archäologen und der Denkmal- schutz erst begutachten mussten. Und auf der Zielgerade – der Termin für die Wiedereröffnung im Frühjahr stand schon fest – musste der beauftragte Küchenbau- er Insolvenz anmelden. Das kostete Zeit. 8
keine Schulden an. Aber nun hoffen wir auf Auftritt der einen ausgezeichneten Besuch in den sanierten Fürstenfeldbrucker Jagdhornbläser zur Räumen. Wir müssen Gas geben. Wiedereröffnung. DIE PFALZ: Der Umzug vom Einsäulensaal in den Viersäulensaal erfolgte am 30. Septem- (Foto: Heinz Hoffmann) ber ohne einen Tag der Schließung. Das war eine große Leistung. Allerdings war die Küche noch nicht ganz fertig gestellt und die Räume des Obergeschosses noch nicht geöffnet. Daher fand erst am 8. November die offizielle Eröff- nung statt. Ist der Betrieb nun wieder ganz funktionstüchtig und für das Weihnachtsge- schäft gut gewappnet? MÄNNLE: Ein großer Dank gilt der Beleg- schaft, die das Provisorium, den Umzug und des Vorstandes des Landesverbandes der Pfälzer den Neubeginn gestemmt hat. Unser Personal in Bayern, der seit 1950 dem Betrieb vorsteht, mit Rückkehrgarantie ist wieder dabei und Erst seit Anfang mit den Behörden (etwa dem Bayerischen neue Kräfte sind dazu gekommen. Aber es ist November geöffnet: Finanzministerium, der Residenzverwaltung bekannt: gute Arbeitskräfte im Bereich Gastro- die Komtureistube oder dem Staatlichen Bauamt)? nomie sind rar. im Obergeschoss, MÄNNLE: Die Zusammenarbeit war sehr DIE PFALZ: Einige Stammgäste befürchten benannt nach der konstruktiv. Wir wurden zu den betreffenden nach der Sanierung massive Preiserhöhungen. Großkomturei Mün- chen der Weinbru- Bausitzungen eingeladen und daran beteiligt. Ist das zu erwarten oder bleibt die Weinstube derschaft der Pfalz. Insbesondere in der letzten Phase versuchte die ihrem Credo „Gut, gepflegt, preiswert“ treu? Residenzverwaltung, weitere Bauverzögerungen MÄNNLE: Natürlich werden wir dafür sorgen, (Foto: Redaktion) vor allem infolge der Insolvenz des Küchenbau- ers zu vermeiden. DIE PFALZ: Können Sie etwas zu den Kosten der Sanierungsmaßnahmen sagen? 2003 bis 2006 wurde bei einer Sanierung der Weinstube ein Großteil des Verbandsvermögens aufge- braucht. Ist der Verband auch diesmal an den Kosten beteiligt? MÄNNLE: Wie gesagt: der Bauherr war die Residenzverwaltung und übergeordnet das Finanzministerium. Diese trugen die Kosten, über die ich nichts sagen kann. Der Verein trug die Ausgaben für die oben erwähnten Verbes- serungen (Akustik) und andere „Verschöne- rungen“, die aber kostenmäßig nicht unerheb- lich waren. Aber wir hatten hierfür Rücklagen gebildet. DIE PFALZ: Die Gäste haben der Pfälzer Resi- dass das Preisleistungsverhältnis wie bisher denz Weinstube auch im Provisorium des Ein- stimmt und bleiben unserem bisherigen Credo säulensaals die Treue gehalten. Die nur knapp oder Motto treu. Probieren Sie es aus! über 120 Personen fassende Räumlichkeit war DIE PFALZ: Im nächsten Jahr, im September Die 1944 in Lud- wigshafen geborene in den letzten 2 ½ Jahren oft überfüllt. War 2020, besteht die Pfälzer Residenz Weinstube CSU-Politikerin und man rückblickend mit dem dort erwirtschaf- 70 Jahre in der Münchner Residenz. ehemalige Staatsmi- teten Ergebnis zufrieden? Gibt es schon Planungen zum Jubiläum? nisterin Prof. Ursula Männle ist seit 2009 MÄNNLE: Wir freuten uns sehr, dass unsere MÄNNLE: 70 Jahre Erfolg der Pfälzer Resi- erste Vorsitzende des Stammgäste geblieben und neue Gäste in den denz Weinstube ist ein Grund zum Feiern und Landesverbandes Einsäulensaal gekommen sind. Mit dem Umsatz Anlass unserem treuen Publikum zu danken. der Pfälzer in Bayern und steht seit 2014 dort konnten wir zufrieden sein. Obgleich wir In der Regel feiert man ja 75 Jahre besonders – auch an der Spitze der viele Fixkosten stemmen mussten, fielen für uns also wir werden sehen. Hanns-Seidel-Stiftung. 9
Birgit Heid „Worthelden“ Seit 1878 bietet der Literarische Verein der Pfalz e.V. eine Plattform für Autorinnen und Autoren, regional und überregional D er Literarische Ver- Klappstuhllesungen und Poetenfest ein der Pfalz e.V. zählt mit seinen 141 In der Landauer Autorengruppe „Worthelden“ Jahren zu den ältesten, Lite- beispielsweise sind derzeit zwölf Mitglieder ratur fördernden Organisa- aktiv, von denen meist acht an den monatlichen tionen in ganz Deutschland. Treffen teilnehmen. Es werden zwischen vier Gegründet wurde er am und sechs Veranstaltungen pro Jahr durchge- 15. September 1878 in Neu- führt, die in der Regel ein bestimmtes Motto stadt/Weinstraße als „Verein haben. In diesem Jahr steht Theodor Fontane, pfälzischer Schriftsteller, der vor 200 Jahren in Neuruppin geboren wur- Künstler und Freunde von de, im Vordergrund. Auch Gruppenlesungen Kunst und Wissenschaft“. von Texten zu jahreszeitlichen Themen finden Pfälzer Löwe mit 15 Mitglieder, darunter Kaufleute, Lehrer und ein interessiertes Publikum. Literarische Spa- Feder: das Logo des Pfarrer, prägten die Anfangsjahre. Obwohl die ziergänge, bei denen die Schreibenden ihre Literarischen Ver- Begeisterung für das Schaffen heimatlicher Lite- Textideen vor Ort entwickeln und diese später eins der Pfalz. ratur seinerzeit groß war, blieb das Interesse der vor Publikum lesen sowie Klappstuhllesungen (Foto: LVP) Allgemeinheit für Literatur recht gering, was in Parks runden die Aktivitäten ab. Außer in damals auch an der weit verbreiteten Armut lag. Landau finden sich Sektionen in Speyer und Während viele Jahrzehnte lang das Schreiben Kaiserslautern. In Neustadt, Pirmasens, Zwei- landeskundlich-historischer Werke, auch in brücken und Ludwigshafen sind dagegen die Mundart, den Schwerpunkt literarischen Schaf- Sektionsleiterstellen derzeit vakant. fens bildete, konnten sich im Lauf der Zeit auch andere Stilrichtungen entfalten (etwa Belletristik Der Literarische Verein der Pfalz sieht sich als und Poesie). Als vor etwa 100 Jahren regionale ein Dach der pfälzischen Literaturszene, das Ortsgruppen eingeführt wurden, stieg die Mit- jeden Interessierten fördern möchte. Er bietet gliederzahl deutlich an (1920: 450 Mitglieder). zwei überregionale Veranstaltungen an: das In der Nazizeit wurde der Literarische Verein Autorenseminar sowie das Pfälzer Poeten- der Pfalz gleichgeschaltet und nach dem Zwei- fest. Im Autorenseminar, das ganztägig in der ten Weltkrieg 1951 in Landau wieder begründet. Pfalzakademie (des Bezirksverbandes Pfalz) Leider nutzten ihn ehemalige NS-Funktionäre in Lambrecht durchgeführt wird, stehen der wie Kurt Kölsch (ehemals Gaukul- turleiter) oder ehemals NS-partei- nahe Autoren, wie Leopold Reitz, zunächst als Plattform. Ab den 1960er-Jahren setzten sich zunehmend jüngere Talente, wie Susanne Faschon oder Gerd Forster, durch. Damals wie heute werden die geselligen Gruppen- treffen in den Sektionen genutzt, „Klappstuhllesung“ um sich gegenseitig eigene Texte in der Markward- vorzutragen, Gespräche über For- anlage in Annweiler mulierungen und Spannungsbögen mit Christel Heil im August 2019. zu führen und um gemeinsame Veranstaltungen in die Wege zu (Foto: Peter Herzer) leiten und durchzuführen. 10
historische oder regionalbezogene Ehrenmitglied und „Urgestein“ der Pfäl- Erzählungen und Romane sowie zer Literaturszene: Krimis. Dazu gehören: Wolfgang Diehl, Winfried Anslinger aus Homburg 2016 bei einer (Jahresgabe 2019 „Der Luther- Lesung in Landau. turm“), Ute Bales aus Freiburg (Foto: Birgit Heid) (Martha-Saalfeld-Preisträgerin 2018), Michael Bauer aus Herx- heim b. Landau (zahlreiche Preise), Lilo Beil aus Birkenau/Odenwald (verschiedene Regionalkrimis), Monika Böss aus Mörsfeld (Martha-Saalfeld-Preisträgerin 2003, zahlreiche Regionalerzäh- lungen), Renate Demuth aus Kai- serslautern (viele Mundartpreise), Austausch und die gemeinsame intensive Arbeit Wolfgang Diehl aus Landau (Ehrenmitglied an den eigenen Prosastücken oder Gedichten und Verfasser der Chronik des Vereins von im Vordergrund. Das Pfälzer Poetenfest (an 2003, zudem zahlreiche Regionalerzählungen wechselnden Orten) verbindet regional ansässige und Sachbuchveröffentlichungen), Andreas Schreibende miteinander und lädt nachmittags Dury aus Saarbrücken (Romane), Gerd Forster und abends zum fünfstündigen, kurzweiligen aus Eulenbis (Erzählungen), Albert H. Keil aus Hören viertelstündlicher Texte ein. Im Wech- Dirmstein (zahlreiche Mundartpreise), Regina sel von vier Lesungen (und gelegentlichen Pfanger aus Herxheim b. Landau (Erzählungen, Musikbeiträgen) pro Stunde und halbstündigen Jahresgabe 2015 „Moussa oder das Bilder- Pausen entsteht eine Atmosphäre des Kennen- verbot“), Helga Schneider aus Kaiserslautern lernens und der Vernetzung. Auch AutorInnen (zahlreiche Mundartpreise) und Matthias Zech aus Würzburg, Kitzingen und Freising standen aus Speyer (ebenfalls Mundartpreise). bei den Poetenfesten bereits auf der Bühne. Seit 2023 ist zum 145-jährigen Jubiläum eine Prosa- 1981 veröffentlicht der Verband einmal im Jahr Anthologie geplant. die Zeitschrift „Neue Literarische Pfalz“ (NLP) Im Internet: https://literatur.dipago.de/ und gibt seit 1953 die Jahresgabe eines/r förder- Festschrift zum ungswürdigen Autors oder Autorin heraus. 125. Jubiläum des Vereins von Wolf- gang Diehl, Landau, Die Bedeutung der Kreativität und des litera- 2003. rischen Schaffens kann in der heutigen schnell- lebigen Zeit nicht hoch genug bewertet werden. (Foto: LVP) Autoren gestalten beim Schreiben innere Räume und formulieren eigene Ideen. Das innere Visua- lisieren und Schreiben sowie das (Vor-)Lesen und aufnehmende Hören sind menschliches All- gemeingut, das durch Kenntnis und Üben ver- vollkommnet wird. Dieses gemeinsame Streben nach guter Literatur in der Heimat ist es, was die Autorinnen und Autoren antreibt. Die Mitglieder setzen sich heute zu etwa drei Vierteln aus Gelegenheitsschreibenden zusam- men, die eigene Buchveröffentlichungen sowie Textpräsentationen anstreben. Das übrige Die in Landau/Pfalz Viertel der Mitglieder schreibt seit vielen Jah- lebende Schriftstelle- ren entweder erfolgreich Mundarttexte, die rin Birgit Heid ist seit 2016 erste Vorsitzen- auf Wettbewerben Preise gewinnen, oder in de des Literarischen Verlagen veröffentlichte Bücher, vorzugsweise Vereins der Pfalz. 11
Volker John Schwarznuss, Maulbeerbaum und Robine Über exotische Bäume in der Pfalz, deren Herkunft und Besonderheiten Früchte der Mandelbäume gegessen werden. Dieses Wissen, die säuerlichen Steinfrüchte der „Dürkheimer Krachmandel“ zu nutzen, haben uns die Türken, die hier leben, voraus. Die reifen Mandelkerne werden heute nicht mehr geerntet. In der Regel steht bei der Pflanzung eines Baumes immer die Nutzung oder zumindest der Nutzen im Vordergrund. Die Robine (Robinia pseudacacia), die aus Nordamerika stammt und 1675 erstmals in Deutschland auftauchte, dient beispielsweise der Befestigung von Hängen und Sandflächen, zudem wird das sehr harte Holz gerne als Zaunpfahl genutzt. Als botanische Besonderheit trägt die Robinie als einziger ein- heimischer Baum an der Basis seiner Blätter E Blühende Man- ine Wanderung durch die Pfälzer Land- Nebenblattdornen. Beim entwicklungsgeschicht- delbäume am schaften oder ein Spaziergang durch lich ursprünglichen Tulpenbaum (Liriodendron Haardtrand, seit einen beliebigen Ort in der Pfalz beinhal- tulipifera) und dem Trompetenbaum (Catalpa 2000 Jahren in der Pfalz heimisch. tet fast stets eine Begegnung mit einem exotisch bignonioides), der erste 1663, der zweite 1726 anmutenden Baum. Meist erzählen diese Bäume aus dem Osten der USA nach Europa gebracht, (Foto: 100 Prozent Pfalz) eine landesbezogene, historisch begründete bewegte eher die exotische Schönheit der Blüten Geschichte. Oft genug bergen sie aber auch zur Anpflanzung in Parks und Vorgärten. Konfliktstoff als invasive Neophyten, mit Dor- Während man heute von Kohlendioxid und nen bewehrte, gefährliche oder giftige Pflanzen Feinstaub spricht, war noch vor wenigen Jahr- oder als gebietsfremde Arten, die von Nutzern zehnten Schwefeldioxid ein allgegenwärtiger und Naturschützern konträr bewertet werden. Luftschadstoff. Bei der Suche nach immissions- Wenn in der Pfalz die ursprünglich aus Mit- resistenten Baumarten ist man auf den Ginkgo- tel- und Ostasien stammenden Mandelbäume baum (Ginkgo biloba) aus China und die Gle- (Prunus dulcis) blühen, findet in Gimmeldingen ditschie (Gleditsia triacanthos) aus dem Osten das erste Weinfest des Jahres, das „Mandelblü- der USA gestoßen. Beide haben zudem ihren tenfest“ statt. Sie wurden, wie die Edelkastanien ganz eigenen Reiz. Der Ginkgo, ein „lebendes (Castanea sativa), aus Kleinasien vor etwa 2.000 Fossil“, kann aber auch ein stinkender Lästling Jahren von den Römern in die Pfalz gebracht werden, wenn die reifen Früchte der weiblichen und sind weit über die Landesgrenzen bekannt. Bäume unter anderem ihre Buttersäure ausströ- Die essbaren Früchte zu sammeln, ist eine solch men lassen. Von den Dornen der Gleditschie selbstverständliche Gewohnheit, dass es schwer- fällt, sich vorzustellen, dass die Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) erst 1665 in Leipzig, somit in Deutschland, angepflanzt wurde. Sie hat ihre Heimat im Balkan. Während die Man- delbäume mit ihren rosa Blüten hauptsächlich Forstwirtschaftlich den Frühling symbolisieren sollen, dienen die besonders wert- Alleen aus Rosskastanien als Schattenspender voll: Das Holz des Schwarznussbaums. und die Früchte, die für uns giftig sind, als Futterpflanzen für die Pferde. Dagegen kön- (Foto: Autor) nen schon die unreifen, noch nicht verholzten 12
der gleich mit zwei Arten in der Pfalz vertreten Die Platanen in ist. Die schwarze Maulbeere (Morus nigra) aus der Klosterruine Limburg stehen an Westasien diente neben dem Frischverzehr dem der Stelle der verlo- Färben von Nahrungsmitteln und Rotwein. Die renen Pfeilerreihe. weiße Maulbeere (Morus alba) stammt als Neo- phyt aus China und ist unter Schutz gestellt. (Foto: Autor) Das mag auch an der besonderen Historie des Baumes in der Pfalz liegen. Im 18. Jahrhun- dert ließ Kurfürst Karl Theodor etwa 300.000 Bäume in der Pfalz pflanzen, um die Seidenpro- duktion zu fördern. Zwischenzeitlich gerodet, erlangte der Baum im Dritten Reich wieder nimmt man an, dass daraus die Dornenkrone Bedeutung in der Seidenproduktion, um Fall- Christi geflochten wurde. schirme herzustellen. Die Blätter des schwarzen Maulbeerbaums sind dagegen als Futterpflanze Aus China, Westasien und Nordamerika für die Seidenraupe ungeeignet. Im Gegensatz zum Maulbeerbaum wird dem Heute setzt vor allem die Klimaerwärmung Schwarznussbaum unserem Baumbestand zu. Baumarten wie die (Juglans nigra) von Fichte leiden besonders darunter, aber es gibt Seiten des Naturschut- auch Nutznießer. Hierzu gehört ein beliebter zes wenig Sympathie Parkbaum: der Blauglockenbaum (Paulownia entgegengebracht, weil tomentosa) aus China. Noch verstärkt durch der Baum aus Nord- das innerstädtische Stadtklima breitet sich der amerika stammt und Baum mittlerweile in Großstädten aus. In der als nicht heimisch ein- Pfalz nutzt er das milde Weinklima in Winzer- gestuft wird. Er liefert höfen, um nach der notwendigen sommerlichen ein sehr wertvolles Holz heißen Trockenperiode zu keimen. Den jungen und ist ein vom Forst Sprossen reicht ein schmaler, wenige Zentimeter geschätzter Wirtschafts- breiter Spalt in befestigten Innenhöfen, um die baum. Die Untersu- Blätter zu entfalten. chung der gesamten Eine außergewöhnliche Aufgabe haben die Pla- Bäume inklusive ihrer Kronenräume an meh- Die Raupe des tanen (Platanus occidentalis), die ursprünglich reren Standorten in der Rheinaue hat gezeigt, Seidenspinners am aus Amerika stammen, im Hauptschiff der dass diese Baumart sehr gut von einheimischen Maulbeerbaum (mit Früchten). Klosterruine Limburg bei Bad Dürkheim. In Flechten und Moosen, die oft substratspezifisch zwei Reihen erinnern sie an die ehemals vorhan- reagieren, als Lebensraum angenommen wird. (Foto: Wikimedia Com- mons) denen Pfeilerreihen, doch reichen sie nicht an Die Artenvielfalt war sogar reicher als bei den deren einstige Mächtigkeit heran. anderen einheimischen Baumarten im Unter- Karl May-Leser erinnern sich sicher noch an suchungsgebiet. Übrigens wurden Fruchtscha- die Osagen, den mit den Apachen befreunde- len und Blätter von den nordamerikanischen ten Indianerstamm. Nach den Osagen ist der Indianern, wie beim Osagedorn, zum Färben Osagedorn aus dem Süden der USA benannt, verwendet. Wie eingangs erwähnt, findet man aus dessen Holz die Eingeborenen einen roten nicht nur in der Pfalz problematische, exotische Farbstoff gewonnen haben, um sich die Haut Neophyten, wie den Götterbaum (Ailanthus zu färben; daher rührt die Bezeichnung Rot- altissima) aus China, der 1780 erstmals nach haut. Der auch Milchorangenbaum (Maclura Berlin gelangte. Dessen Samen und Rinde sind pomifera) genannte bis 15 m hohe Baum wird giftig und können bei Tieren durch Atemläh- wegen seiner Dornen in seiner Heimat auch mung zum Tod führen. Für solche invasive als lebender Zaun angebaut. In der Pfalz fin- Arten wurde eine Schwarze Liste eingerich- Der Biologe und Bota- det man die ungenießbaren, gelben, runzeligen tet, in Deutschland durch das Bundesamt für niker Dr. Volker John und orangengroßen Früchte des Zierbaums Naturschutz (seit 2010). Die Relevanz zeigt sich war bis 2018 Leiter z. B. im Park von Neustadt an der Weinstra- auch in der Erstellung einer EU-Liste invasiver, der botanischen Abtei- lung des Pfalzmuse- ße. Der Osagedorn gehört in die Familie der gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeu- ums für Naturkunde in Maulbeergewächse, wie der Maulbeerbaum, tung (seit 2016). Bad Dürkheim. 13
Ulrich Magin Ehrenpforten und „Lolosruhe“ 1250 Jahre Edenkoben und König Ludwig I. auf der Ludwigshöhe H euer konnte und derselbe auf den 6ten Mai zum König auf das pfälzische die Villa erboten worden ist. Dieser Mann hatte Edenkoben sein nämlich dem König und der Großherzogin 1250-jähriges Jubiläum Mathilde von Hessen auf einem Spaziergange begehen. Hauptveran- am Tage vor der königlichen Abreise aus der staltung war die Festwo- Pfalz frisch vom Baum gebrochene Aepfel prä- che vom 23. August bis sentirt und der König, nach einer freundlichen 1. September 2019 mit Unterhaltung, ihm zu schreiben versprochen.“ Schlossfest, Oldiekon- zert und Erlebnistag der Neben der Leutseligkeit von Ludwig I. wird Deutschen Weinstraße, auch von konkreten Präsenten der königlichen einem Festabend im Familie berichtet. So schenkte die Schwieger- Kurpfalzsaal und einem tochter Ludwigs, Auguste Ferdinande von Weindorf auf dem Lud- Österreich, die Gemahlin des späteren Prinz- wigsplatz. Bis 27.Okto- regenten Luitpold von Bayern, wie die Baye- ber wurde zudem im rische Landbötin am 3. Januar 1854 berichtete, „Museum für Weinbau der katholischen Kirche von Edenkoben ein und Stadtgeschichte“ prachtvolles, selbstgefertigtes Messgewand. die Ausstellung „Eden- Das war kein Einzelfall: Die ausführliche koben und der Wein- Berichterstattung in den Blättern erwähnt bau“ gezeigt. In seiner viele solcher Geschenke. Das Volk dankte mit gesamten 1250-jährigen braver Anhänglichkeit und Fahrten zur Lud- Feuerwerk über der Geschichte dürfte jedoch das Pfälzer Städtchen wigshöhe. Auch sonst bekamen der König und Villa Ludwigshöhe kaum einen solchen Glanz gesehen haben wie seine Familie Kontakt zum Volk. Edenkoben bei Edenkoben. Mitte des 19. Jahrhunderts. Damals versammel- organisierte eine bunte Willkommensfeier, die (Foto: GDKE Rheinland- te sich hier der europäische Hochadel um den wohl jedes Mal ähnlich ablief. Das Zweibrücker Pfalz) seit 1848 abgedankten König Ludwig I. von Wochenblatt berichtet am 15. Juni 1860 von Bayern, seine Gemahlin Therese und ihre Toch- einem Empfang durch „k. Beamten, Geistlich- ter, die Großherzogin Mathilde von Hessen. Die keit, Bürgermeister, Stadt- und Armenpfleg- Gäste und Verwandtschaft empfing der König schaftsräthe und viele andere Einwohner“ am in der „Villa Ludwigshöhe“ – zum ersten Mal Bahnhof und „an der untern Ehrenpforte“. im Sommer 1852, dann alle zwei Jahre im Juli Jungfrauen „überreichten ein Blumenbou- und August, zum letzten Mal 1866. quet mit einem Bewillkomm- Volksnah, gütig und altersmild nungsgedicht und kredenzten Sr. Ein Blick in zeitgenössische Zeitungen zeigt, wie Majestät einen sehr der Besuch des Königs die Region beschäf- Ehrentrunk. Aller- tigte. Spekulationen begannen bereits früh im höchstdiselben Winter. leerten den Pokal Am 10. Januar 1854 meldete die Bayerische bis zur Neige [...] Landbötin, dass „eine bedeutende Quantität Eis Ueberall wurde Altersporträt König vom Rhein nach Ludwigshöhe gebracht“ wor- der geliebte Fürst Ludwigs I. von Hoffo- den sei, was einen Aufenthalt Ludwigs zu bestä- mit Herzlichkeit tograf Joseph Albert tigen scheine. Und ergänzt am 31. Januar 1854: und Freundlich- um 1860. „Bezeichnend für die Leutseligkeit des Königs keit begrüßt; [...] (Foto: Wikimedia-Com- ist es, daß die allerhöchste Ankunft einem sichtlich von dem mons) armen Maurer zu Edenkoben brieflich notifizirt Empfange befrie- 14
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