PFALZdie - Landesverband der ...

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PFALZdie - Landesverband der ...
Die
P 6510 F
Jahrgang 70

                                    PFALZ                                                                            ISsn 1619-6562
                                                                                                           Nr. 4, 4. Quartal 2019

          Zum Wohl die Pfalz und Bayern: Die pfälzische Weinprinzessin Christina Fischer aus Göcklingen als Ehrengast
                bei der Wiedereröffnung der Pfälzer Residenz Weinstube am 8. November im Viersäulensaal
                                                    der Münchner Residenz.
                                                       (Foto: Redaktion)

          An der Spitze der Legislative                            Der Herzog und die Dogge

              Ein „Schatzhaus“ der Region                          Nur noch ein Pfälzer

                                  Zeitschrift für Politik,
                                  Kultur und Wirtschaft
PFALZdie - Landesverband der ...
I n h a l t
                                                       Am 8. November war es geschafft. Die Pfälzer Resi-

                                                E d i t o r i a l
                                                       denz Weinstube und der Landesverband der Pfälzer

         1    Ilse Aigner                              in Bayern feierten mit der Öffentlichkeit und gela-
              An der Spitze der Legislative            denen Gästen die offizielle Wiedereröffnung der
                                                       Weinstube im Viersäulensaal. Aus der Pfalz war die
                                                       pfälzische Weinprinzessin Christina Fischer ange-
              Spuren und Schätze                       reist und zum Auftakt spielten die Fürstenfeldbru-

3             der Pfalz in Bayern (24)                 cker Jagdhornbläser. Unter den geladenen Gästen
              Der Herzog und die Dogge                 begrüßte die erste Vorsitzende des Landesverbandes
              von Dirk Klose                           der Pfälzer in Bayern, Prof. Ursula Männle, die
                                                       Vertreter der an der Sanierung beteiligten Insti-
                                                       tutionen, darunter Josef Streun, Vorstand der
              Hanspeter Beißer /
         4    Jonas Hertel
              Nur noch ein Pfälzer
                                                       Verwaltung der Residenz München, Dr. Hermann
                                                       Neumann aus der Bauabteilung der Bayerischen
                                                Schlösserverwaltung und Christoph Bohner vom Staatli-
                                                chen Bauamt. Weitere Ehrengäste waren der Pfalzreferent
                                                der Bayerischen Staatskanzlei, Georg Wagenländer, und

6             Ludger Tekampe
              Ein „Schatzhaus“ der Region
                                                der ehemalige Vizepräsident des Bayerischen Landtags und
                                                Staatsminister a. D., Reinhold Bocklet.
                                                Fast zweineinhalb Jahre, anstatt der geplanten eineinhalb
                                                Jahre, hatte die Sanierung der Räumlichkeiten und die
                                                Nutzung des Ausweichquartiers im Einsäulensaal der Resi-

         8    Ursula Männle
              Wieder im Viersäulensaal
                                                denz mit nur knapp 120 Plätzen gedauert (s. dazu auch
                                                den Beitrag auf S. 8-9). Am Schluss trug auch die Insol-
                                                venz eines Küchenbauers zur Verzögerung bei. Die Sanie-
                                                rung und der Rückzug der Weinstube waren auch Thema
                                                auf der Mitgliederversammlung am 28. Oktober.
10            Birgit Heid
              „Worthelden“                      Der Vorstand des Verbands, der die Traditionsgaststät-
                                                te führt, neben Prof. Ursula Männle, Wolfgang Ziegler
                                                (Schatzmeister) und Ralf Marthaler (Schriftführer), zeigte
                                                sich erleichtert über den Umzug und versicherte, dass die
              Volker John
        12
                                                Finanzen von Weinstube und Verband trotz der Durststre-
              Schwarznuss, Maulbeerbaum         cke im Einsäulensaal solide seien. Man hoffe nun auf ein
              und Robine
                                                gutes Weihnachtsgeschäft.
                                                In diesem Sinne wünschen wir auch unseren Leserinnen
                                                und Lesern ein gutes Jahresende, ein frohes Weihnachts-
              Ulrich Magin
14            Ehrenpforten
              und „Lolosruhe“
                                                fest und einen guten Start ins neue Jahr.

                                              I m p r e s s u m
                                                                                                 Dirk Klose

                                              „Die Pfalz“, Zeitschrift für Politik, Kultur und Wirtschaft
                                              Herausgeber: Landesverband der Pfälzer in Bayern e. V.

        16    Angelika Schuster-Fox
              „Treue Freunde“
                                              Wagmüllerstr. 18, 80538 München, Tel.: (089) 29 46 10
                                                               Fax: (089) 210 209 49
                                                               www.bayernpfalz.de
                                                               E-Mail: info@bayernpfalz.de
                                              Redaktion und Anzeigen: Dr. Dirk Klose, Leiter der Geschäftsstelle (V. i. S. d. P.)
                                              Redaktionsmitglieder: Dr. Joachim Kemper (St. Martin/Pfalz),
                                                                    Dr. Angelika Schuster-Fox (München)

17            Hans von Malottki               Druck: Chroma Druck & Verlag Gmbh, Römerberg/Speyer

              Das Werk ist vollendet          Die „Die Pfalz“ erscheint vierteljährlich. Jahresabonnement: 10,– Euro.
                                              Landesverband der Pfälzer in Bayern e. V.

        19    Berichte – Bücherschau
              Unser Titelbild                 Postbankkonto München Nr. 15466 803 BLZ 700 100 80
                                              IBAN DE 83 70010080 0015466803 BIC PBNKDEFF
PFALZdie - Landesverband der ...
An der Spitze der Legislative                                                                           Ilse Aigner

 Seit über einem Jahr als neue Bayerische Landtagspräsidentin im Amt und
     seit Mai erste Vorsitzende des Bundes der Pfalzfreunde in Bayern –
                             Fragen an Ilse Aigner
DIE PFALZ: Sehr geehrte Frau Landtagspräsi-         technikerin und sind 1985 in die CSU
dentin, Sie wurden in der Vollversammlung des       eingetreten. Danach arbeiteten Sie in
Bundes der Pfalzfreunde in Bayern am 28. Mai        der Hubschrauberentwicklung. Was hat
2019 in der Pfalzstube des Bayerischen Landtags     Sie veranlasst, sich politisch und in wel-
zur neuen, ersten Vorsitzenden gewählt. Sie füh-    chen Politikfeldern zu engagieren? Gab
ren damit eine Tradition fort, die seit 1950 fast   es eine elterliche Vorprägung?
ununterbrochen besteht, nämlich dass der Baye-      AIGNER: Auch meine Eltern haben
rische Landtagspräsident oder die -präsidentin      sich schon für das Allgemeinwohl enga-
in Personalunion auch den Vorsitz des Bundes        giert. Mein Vater war im Gemeinderat,
innehat. Was hat Sie zu diesem Schritt, der auch    beide waren stark im vorpolitischen
uns Pfälzer in Bayern sehr freut, bewogen?          Raum aktiv. Und ich bin ja durch
AIGNER: Es ist mir eine Ehre, diese schöne          meine Ehrenämter im Sport-Bereich
Tradition fortzuführen. Ich übernehme die           zur Politik gekommen. Auch als Schü-
Aufgabe mit Freude und verstehe das Amt als         lerin habe ich mich immer engagiert, als
Auftrag, das historische Erbe der ein Dreiviertel   Klassen- und SMV-Sprecherin. Mir war
Jahrtausend währenden Einheit von Pfalz und         es immer ein Bedürfnis, an den Ent-
Bayern im Bewusstsein der Bürgerinnen und           scheidungen in meinem Umfeld, meiner
Bürger lebendig zu erhalten.                        Heimatgemeinde und in meinem hei-
DIE PFALZ: Der Bund der Pfalzfreunde in             matlichen Landkreis mitzuwirken. Landtag und        Seit November
Bayern, 1950 im Bayerischen Landtag gegrün-         Bundestag, Ministerämter und die Aufgabe als        2018 im Amt: Land-
det, hat im nächsten Jahr 70-jähriges Jubiläum.     Präsidentin waren da noch weit weg und keines-      tagspräsidentin Ilse
                                                                                                        Aigner.
Was ist zum Jubiläum geplant?                       wegs das Ziel. Ich hatte schon damals Ideen und
AIGNER: Die Verleihung der Hofenfels-               Ziele. Ich wollte etwas bewegen – etwas, das für    (Foto: BYL, Büro
                                                                                                        Aigner)
Medaille wird im kommenden Jahr ganz im             möglichst alle oder zumindest für viele ein Fort-
Zeichen des 70-jährigen Jubiläums des Bundes        schritt war. Politik ist ein schöpferischer Akt.
der Pfalzfreunde stehen. In zeitlicher Nähe zum     Man kann etwas wachsen sehen, dank der eige-
Gründungsdatum werden wir bei der Veranstal-        nen Mitwirkung. Das hat mich immer gereizt.
tung im Bayerischen Landtag an die Geschichte       DIE PFALZ: Ihre politische Karriere nahm
des Bundes erinnern und das Wirken dieser           Fahrt auf, als Sie von 1994 bis 1998 zunächst
besonderen Institution angemessen würdigen!         Abgeordnete im Bayerischen Landtag und ab
DIE PFALZ: Sie wurden 1964 in Feldkirchen-          1998 bis 2013 als Mitglied des Bundestages in
Westerham (Landkreis Rosenheim/Oberbayern)          die Bundespolitik wechselten. 2008 bis 2013
geboren, haben 1981 bis 1985 eine Ausbildung        schafften Sie als Bundesministerin für Ernäh-
als Radio- und Fernsehtechnikerin absolviert,       rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
1988 bis 1990 eine Weiterbildung zur Elektro-       den Eintritt ins Kabinett Merkel II. Wie sehen
                                                    Sie rückblickend Ihre Zeit in der Bundespolitik?
                                                    AIGNER: Es waren interessante Jahre! Als Bun-
                                                    desministerin für Ernährung, Landwirtschaft         Die Landtagsprä-
                                                    und Verbraucherschutz habe ich einen Bereich        sidentin bei der
                                                                                                        Vollversammlung
                                                    verantwortet, der die Lebenswelt aller Bürger-
                                                                                                        des Bundes der
                                                    innen und Bürger in Deutschland ganz unmit-         Pfalzfreunde in
                                                    telbar betrifft. Mich hier einbringen zu können     Bayern am 28. Mai
                                                    und zu gestalten, habe ich als großes Privileg      mit Dr. Hans von
                                                    verstanden. Ich habe diese Aufgabe gerne            Malottki, langjäh-
                                                                                                        riger Schatzmeister
                                                    gemacht, auch weil mir immer bewusst war, dass
                                                                                                        des Bundes.
                                                    dieses Politikfeld gerade für meine bayerische
                                                    Heimat von ganz besonderer Bedeutung ist.           (Foto: BYL, Rolf Poss)

                                                                                                                       1
PFALZdie - Landesverband der ...
DIE PFALZ: Ihre Rückkehr in die Bayerische           AIGNER: Der CSU-Bezirksverband Ober-
                          Landespolitik 2013 als Bayerische Wirtschafts-       bayern hat innerhalb der Volkspartei CSU eine
                          ministerin, stellvertretende Ministerpräsidentin     besondere Verantwortung. Wirtschaftlich ist
                          im Kabinett Seehofer, dann als Bauministerin         Oberbayern der Motor des Freistaats und der
                          im Kabinett Söder war auch geprägt von der vor       stetige Zuzug stellt besonders den Ballungs-
                          allem von den Medien inszenierten Rivalität zu       raum München vor große Herausforderungen.
                          Markus Söder. Was hat Sie bewogen, die aktive,       Als Volkspartei hat die CSU den Anspruch,
                          bayerische Regierungspolitik zu verlassen und        Lösungen für alle wichtigen Problemfelder
                          ab 2018 das Amt der Bayerischen Landtagsprä-         unserer Zeit anzubieten. In Oberbayern haben
                          sidentin anzutreten?                                 wir kürzlich etwa eine „Nachhaltigkeitsagenda
                          AIGNER: Ich habe die Regierungsverantwor-            2030“ erarbeitet mit konkreten Ideen, wie das
                          tung gerne getragen und konnte in den insge-         Thema in den Städten und Gemeinden umge-
                          samt zehn Jahren als Ministerin auf Bundes-          setzt werden kann. Mit Blick auf die Kommu-
                                                                               nalwahlen im März 2020 ist es mir wichtig, dass
                                                                               wir mehr Frauen in der Verantwortung vor Ort
                                                                               – sei es als Bürgermeisterin oder auch Gemein-
                                                                               derätin – haben.
                                                                               DIE PFALZ: Seit 2018 ist die AfD auch im
                                                                               Bayerischen Landtag mit 22 (derzeit 20) Abge-
                                                                               ordneten vertreten. Was wäre Ihrer Meinung
                                                                               nach der geeignete Weg, dieser Partei rechts der
                                                                               CSU entgegenzutreten?
                                                                               AIGNER: Im Amt der Landtagspräsidentin bin
                                                                               ich zunächst einmal parteipolitischer Neutralität
                                                                               verpflichtet. Wenn ich eine Plenarsitzung leite,
                                                                               behandle ich alle Abgeordneten gleich. Wenn
                                                                               es zu Regelverletzungen kommt, gehe ich kon-
                                                                               sequent dagegen vor. Und das werde ich auch
                                                                               künftig so halten. Die Würde des Hohen Hauses
                                                                               und ein angemessener Umgang miteinander
                                                                               muss immer gewährleistet sein. Ansonsten bin
    Blick in den Ple-     und auf Landesebene Einiges voranbringen. Die        ich der festen Überzeugung, dass wir den poli-
  narsaal des Baye-       Arbeit im Kabinett ist mir aus dieser langen Zeit    tischen Gegner am besten mit einer überzeu-
  rischen Landtags.       in all ihren Facetten vertraut. Ich war und bin      genden und erfolgreichen inhaltlichen Arbeit
(Foto: Wikipedia RaBoe)   immer offen für Neues! Darum war es letztlich        stellen können: Wir müssen einerseits die Sorgen
                          keine schwere Entscheidung, auf die Seite der        und Nöte der Menschen ernst nehmen, prakti-
                          Legislative zu wechseln.                             kable Lösungskonzepte entwickeln, umsetzen
                          DIE PFALZ: Was reizt Sie am neuen Amt der            und die Bürgerinnen und Bürger dabei mitneh-
                          Landtagspräsidentin?                                 men und andererseits den politischen Gegner an
                          AIGNER: An der Spitze der Volksvertretung            konkreten Aussagen messen.
                          habe ich große Freiräume, wie ich diese Funk-        DIE PFALZ: Ihre Vorgängerin als Landtags-
                          tion ausfülle. Mein politischer Einfluss ist nicht   präsidentin, Barbara Stamm, war von 2005 bis
                          mehr so unmittelbar wie als Ministerin. Aber         2019 Vorsitzende des Bundes der Pfalzfreunde
                          meine Wirkmöglichkeiten sind breit, ich habe         und wurde mit dem Ehrenvorsitz ausgezeichnet.
                          viel Spielraum und als Repräsentantin eines Ver-     Sie hat in dieser Zeit auch mehrere Male die
                          fassungsorgans finde ich immer Gehör – das ist       Pfalz besucht. Inwieweit ist Ihnen das Gebiet
                          zumindest meine Erfahrung aus dem ersten Jahr        des ehemaligen 8. bayerischen Regierungsbe-
                          als Präsidentin.                                     zirks bekannt?
                          DIE PFALZ: Sie sind nach wie vor Vorsitzende         AIGNER: Als Bundes- und Staatsministerin
                          des mächtigen CSU-Bezirksverbandes Ober-             war ich öfter in der Pfalz zu Gast, und die
                          bayern. In welchen Politikfeldern muss sich          Reisen in diese wunderschöne Region sind mir
                          Ihrer Meinung nach die CSU verbessern, ver-          noch immer in ganz besonderer Erinnerung: Die
                          ändern oder modernisieren (Stichworte: Klima-        großartige Landschaft, die Lebensfreude der
                          schutz oder Frauenquote)?                            Menschen, das hat mich alles sehr beeindruckt.

      2
PFALZdie - Landesverband der ...
Der Herzog und die Dogge                                                                           Spuren und
                                                                                                       Schätze der
                                                                                                      Pfalz in Bayern
Die Alte Pinakothek präsentiert in einer umfassenden Ausstellung das Werk                                   (24)
   des flämischen Malers Anthonis van Dyck (1599–1641), darunter das
   Porträt von Herzog Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (1578–1653)                                  von Dirk Klose

N
          un also doch: das bisher als Werk-       darauf die Initialen
          stattbild van Dycks geltende Porträt     ihres Herren, der Degen
          von Herzog Wolfgang Wilhelm von          und im Hintergrund
Pfalz-Neuburg ist ein eigenhändiges Werk des       die Säule sowie die rote
nach Rubens berühmtesten flämischen Barock-        Draperie weisen auf den
malers. Neueste Untersuchungen im Vorfeld der      aristokratischen Stand
Ausstellung und eine kürzliche Restaurierung       des Porträtierten hin.
legten es an den Tag: das Gemälde zeigt Ände-      Das Goldene Vlies, das
rungen im Entwurf. Die Dänische Dogge stand        der Herzog und Pfalz-
ursprünglich breitbeiniger, ihr rechtes Bein war   graf, dessen Linie unter
stärker ausgestellt und das Gewand des Herzogs     seinem Sohn die Pfälzer
wurde rechts vergrößert, also typische „Pen-       Kurwürde erlangte und
timenti“, die ein Original ausmachen und bei       erst mit Kurfürst Karl
einer Kopie keinen Sinn ergeben. Bisher galt die   Theodor von Pfalz-
Fassung des Porträts in der Bremer Kunsthal-       Bayern (1724–1799) aus-
le als Original van Dycks, auch augfrund des       starb, wurde ihm 1615
schlechten Zustandes des Münchner Bildes, das      vom spanischen König
1867 übel restauriert wurde. Dabei weist schon     Philipp III. verliehen.
die Provenienz des Bildes auf ein Original hin:
Denn es blieb in Familienbesitz und stammt aus     Zu sehen ist das Gemäl-
der berühmten, ehemaligen Düsseldorfer Gale-       de aus der Staatsgalerie
rie, die der Enkel des Herzogs, Kurfürst Johann    Neuburg nun bis 2.
Wilhelm von der Pfalz, zusammengetragen hatte      Februar in der umfas-
und 1806 per Erbgang an Bayern fiel (darunter      senden Schau, die die
elf eigenhändige Werke van Dycks).                 Alte Pinakothek dem flämischen Malergenie          Anthonis van Dyck,
Wolfgang Wilhelm war eine der schillerndsten       widmet. Ein mehrjähriges Forschungsprojekt         Herzog Wolfgang
                                                                                                      Wilhelm, Öl/Lwd.,
Persönlichkeiten seiner Zeit. Um das Erbe seiner   des eigenen, umfangreichen van Dyck-Bestandes
                                                                                                      um 1628, 205,8 x
Mutter Anna von Jülich-Kleve-Berg zu sichern,      ging der Ausstellung voraus. Über 100 Gemäl-       132,7 cm. Bayer.
trat er zum Entsetzen seines Vaters 1613 zum       de, Skizzen und Druckgrafiken, darunter auch       Staatsgemälde-
katholischen Glauben über und Verbündete sich      von Vorgängern (wie Tizian und Tintoretto)         sammlungen.
mit seinem bayerischen Cousin Maximilian I.,       oder des konkurrierenden Kollegen Peter Paul       Eine Reprodukti-
                                                                                                      on des Gemäldes
dessen Schwester Magdalena er heiratete. Der       Rubens vereint die Ausstellung. Zahlreiche
                                                                                                      hängt im Viersäu-
ehrgeizige Pfalz-Neuburger konnte so zumindest     Leihgaben kamen aus anderen großen Museen          lensaal der Pfälzer
die Herzogtümer Jülich und Berg mit der Resi-      (z. B. aus dem Louvre, Paris; der National Gal-    Residenz Weinstu-
denzstadt Düsseldorf dauerhaft gegenüber den       lery, London; dem Metropolitan Museum, New         be.
brandenburgischen Hohenzollern sichern.            York). Sie lassen nicht nur den Arbeitsprozess     (Foto: BSGS)
Als Kunstmäzen gab der konvertierte Katholik       des Malers lebendig werden, sondern zeichnen
bei Peter Paul Rubens, Hofmaler der benach-        auch seine Karriere nach, die ihn von 1621 bis     Dr. Dirk Klose ist ver-
                                                                                                      antwortlicher Redak-
barten spanischen Statthalter Flanderns, große     1627 nach Italien und schließlich ab 1632 als      teur des Magazins
Altarwerke für die Hofkirche in Neuburg an         englischer Hofmaler bis zu seinem frühen Tod       „Die Pfalz“. Öffentliche
der Donau in Auftrag (heute in der Alten           1641 nach London führte.                           Führungen des Autors
                                                                                                      in der Ausstellung am
Pinakothek und in der Staatsgalerie Neuburg).      Van Dyck. Bis 2. Februar 2020 in der Alten Pina-   26.12. um 14 Uhr,
Das Porträt van Dycks entstand vermutlich          kothek in München. Zur Ausstellung erscheint ein   am 15.1. um 17 Uhr
bei einem Besuch des Herzogs am Hof der            Katalog zum Museumspreis von 39,90 Euro.           (Themenführung) und
                                                                                                      am 19.1. um 16 Uhr
spanischen Statthalterin Isabella in Brüssel       Zum umfangreichen Rahmenprogramm siehe:            (begrenzte Teilneh-
um 1628. Die dänische Dogge mit Halsband,          www.pinakothek.de/vandyck                          merzahl).

                                                                                                                      3
PFALZdie - Landesverband der ...
Hanspeter
      Beißer /
  Jonas Hertel
                                         Nur noch ein Pfälzer
                              Fragen an den Vorstand der renommierten, bayerischen Studienstiftung
                              „Maximilianeum“ in München, Hanspeter Beißer, und den derzeit einzig
                                                verbliebenen Pfälzer Stipendiaten

                                  DIE PFALZ: Sehr geehrter Herr Beißer,        entfällt für Bewerberinnen und Bewerber aus
                                  die bekannte Studienstiftung „Maximi-        der Pfalz. Dennoch hatten sie es zuletzt schwe-
                                  lianeum“, 1852 vom bayerischen König         rer als früher, erfolgreich zu sein. Der zeitliche
                                  Max II. ins Leben gerufen, nimmt seit        Abstand zum Abitur könnte eine Rolle spielen;
                                  ihrer Gründung auch Einser-Abituri-          in der Pfalz legen viele das Abitur bereits im
                                  enten aus der Pfalz auf. Der Grund liegt     Januar oder Februar ab, die Prüfung für das
                                  in der damaligen Zugehörigkeit der Pfalz     Maximilianeum findet dagegen erst im Juli
                                  zu Bayern. Warum hat man an dieser           statt. Vielleicht ist der Fragestil für manchen
                                  Tradition nach dem Zweiten Weltkrieg         ungewohnt: vom Abiturstoff ausgehend, werden
                                  festgehalten, obgleich die Pfalz seit 1946   Probleme formuliert, die einen Transfer von
                                  nicht mehr zu Bayern gehört?                 Kenntnissen von einem in ein anderes Gebiet
                                  BEIßER: Für eine Stiftung ist der Wille      erfordern. Wir suchen KandidatInnen, die nicht
                                  des Stifters die maßgebliche Richt-          nur viel wissen, sondern sich mit dem Gelernten
                                  schnur, und danach sollten auch Stipen-      auch auseinandergesetzt und dazu eine eigene
                                  diaten aus der Pfalz gefördert werden.       Position gefunden haben. In Mathematik und
                                  Außerdem war es seit jeher für uns eine      den Naturwissenschaften kommt es darauf an,
                                  Bereicherung, Pfälzerinnen und Pfälzer       bekannte Methoden auf unbekannte Frage-
 Hanspeter Beißer,        unter den Studierenden des Maximilianeums zu         stellungen anzuwenden. Manchmal werde ich
     Vorstand der         haben. So wollen wir es auch in Zukunft halten.      gefragt, weshalb es nicht ausreicht, neben den
         Stiftung.
                          DIE PFALZ: Im Interview mit Ihnen in „Die            schulischen Leistungen auf soziale Kompetenz
 (Foto: BYL, Rolf Poss)   Pfalz“ 2014 (Heft 1) sprachen Sie von 69 Pfäl-       oder gesellschaftlich relevante Projekte verwei-
                          zerinnen und Pfälzern (von insgesamt 850 Sti-        sen zu können. Hier sind wir ein wenig altmo-
                          pendiatinnen und Stipendiaten), die seit Grün-       disch. So wichtig soziales Engagement auch
                          dung der Stiftung aufgenommen wurden. Wie            ist, für die Auswahlentscheidung kommt es vor
                          viele Pfälzerinnen und Pfälzer konnten in den        allem auf die Leistung an, die sich durch souve-
                          zurückliegenden Jahren seither aufgenommen           ränen Umgang mit fachlichen Themen erweist.
                          werden und warum in den letzten beiden Jahren        Entsprechende Persönlichkeiten sollten sich
                          keine mehr? Woran könnte das liegen und wie          doch auch an den Schulen in der Pfalz finden.
                          sehen die Prüfungsbedingungen und das
                          Prozedere für die Aufnahme genau aus?
                          Sind die Pfälzer AbiturientInnen etwa
                          schlechter vorbereitet als die bayerischen?
                          BEIßER: Seit 2015 wurde nur noch ein
                          Studierender aus der Pfalz in die Stif-
                          tung Maximilianeum aufgenommen:
                          Jonas Hertel. Über die Gründe kann ich
                          nur Mutmaßungen anstellen. Eigentlich
 Luftaufnahme des         sollten KandidatInnen aus der Pfalz
    Maximilianeums        sogar im Vorteil sein: Wer in Bayern
   am Isarhochufer.       das Abitur abgelegt hat, muss nach dem
Die StipendiatInnen       Vorschlag durch seine Schule zunächst
 wohnen sowohl im
 Altbau als auch im       noch eine Prüfung zur Aufnahme in das
 südlichen Neubau.        Max-Weber-Programm der Bayerischen
                          Staatsregierung bestehen, bevor es in die
(Foto: Wikimedia Com-     Sonderprüfung für die Stiftung Maxi-
mons, Maximilian Dörr-
               becker)    milianeum geht. Dieser Zwischenschritt

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PFALZdie - Landesverband der ...
DIE PFALZ: Fehlt es an Werbung für die               um. Wie haben Sie von der Stiftung Maximi-
Stiftung in der Pfalz, Unterstützung durch das       lianeum erfahren? Wer hat Sie für die Stiftung
rheinland-pfälzische Kultusministerium? Wie          vorgeschlagen?
erfahren die pfälzischen Gymnasien von Ihrer         HERTEL: Unsere Oberstufenleitung hat mich
Stiftung und der Möglichkeit einer Bewerbung?        in der 13. Klasse mit einem Prospekt über die
Was wäre Ihrer Ansicht nach verbesserungswür-        Stiftung informiert und mich schließlich auch
dig, damit wieder mehr StipendiatInnen aus der       vorgeschlagen.
Pfalz aufgenommen werden könnten?                    DIE PFALZ: Wie empfanden Sie die Aufnah-
BEIßER: Die Stiftung Maximilianeum versen-           meprüfungen in München?
det alljährlich eine Informationsbroschüre an        Wie verliefen diese für Sie?
die Schulen in der Pfalz, die Kandidatinnen und      Haben Sie sich darauf vorbe-
Kandidaten für das Maximilianeum vorschlagen         reitet? Wussten Sie, was auf Sie
können. Ich fürchte, dass dieses Material nicht      zukommt?
immer diejenigen erreicht, für die es gedacht ist.   HERTEL: Viele Fächer, noch
Selbstverständlich kann man sich auch auf der        mehr Lehrer, so viel hatte ich
Website der Stiftung Maximilianeum über die          gehört. Und so war es dann
Aufnahmebedingungen und das Leben in der             auch. Gefolgt von zwei Dut-
Stiftung informieren. Vor allem sollte niemand       zend Lehreraugen springt
sich von vorneherein scheuen, ein Studium in         man in 30 Minuten von einer
dem großen und teuren München in Erwägung            französischen Karikatur über
zu ziehen: Das Stipendium des Maximilianeums         die deutsche Finanzpolitik zur
ermöglicht ein sorgenfreies Studium, und gegen       Funktionsweise der Mikrowel-
die Einsamkeit des Großstadtlebens hilft die         le, in einer selbst zu wählenden
Hausgemeinschaft, die den Neuling hier erwar-        Rolle auf die Theaterbühne und
tet. Ich stehe auch selbst immer gerne für Fra-      dann hoch hinaus zu Gott und
gen möglicher Kandidatinnen und Kandidaten           dem Problem seiner Beweis-
zur Verfügung.                                       barkeit. Gefragt wird punktuell. Das Ganze ist     Derzeit zum Studi-
DIE PFALZ: Was bietet Ihre Stiftung „außer“          auch Glückssache. Letzlich hat es geklappt.        um in Paris: Jonas
                                                                                                        Hertel vor dem Por-
Kost und Logis in Bestlage im Maximilianeum          DIE PFALZ: Sie studieren Philosophie und
                                                                                                        tal der École Norma-
in München: ein historistischer Prachtbau im         Romanistik. Von welchen Vorteilen der Stif-        le Supérieure.
Besitz der Stiftung, wo sich seit 1949 der Baye-     tung, außer Kost und Logis, profitieren Sie?
rische Landtag eingemietet hat? Welche Studi-        HERTEL: Ganz besonders von der hauseigenen         (Foto: Hertel)

enfächer sind erlaubt oder nicht zugelassen?         Bibliothek, von Studienfahrten, Lesekreisen und
BEIßER: Wer in München lebt, kennt in der            den Auslandskontakten der Stiftung. Zum einen
Regel das prachtvolle Gebäude des Maximi-            haben sie mich nach England und Frankreich
lianeums. Die meisten wissen nicht, dass sich        geführt, zum anderen machen unsere Gäste aus
dahinter – neben der Politik im Bayerischen          Pavia, Oxford, Paris und Salamanca das Maxi-
Landtag – Studentenleben abspielt. Darauf            milianeum jedes Jahr zu einem internationalen
kommt es für uns an. Studierende mit ganz            Haus. Man ist als Nichtbayer also keineswegs
unterschiedlichen Erfahrungen leben hier             allein ...
zusammen, ähnlich wie an den Colleges von Eli-       DIE PFALZ: Ihr Studium absolvierten Sie an
teuniversitäten in Oxford, Cambridge, Harvard        der LMU und Jesuitenhochschule in München
oder Stanford. Die Gemeinschaft mit anderen,         und erhielten 2018 den pro-philosophia-Bache-
vielfältig interessierten Hausbewohnern macht        lor-Preis für Ihre Abschlussarbeit zu Wittgen-
das Besondere am Maximilianeum aus. Mit              steins Privatsprachenargument. Derzeit führen
Ausnahme von Medizin und Theologie kann              Sie Ihre Studien an der ENS (École Normale
man alle Fachrichtungen studieren, die von den       Supérieure) in Paris fort. Welche Forschungen
beiden Münchner Universitäten und der Hoch-          betreiben Sie dort und wie lange haben Sie vor,
schule für Philosophie angeboten werden.             in Paris zu bleiben?                               Der Jurist Hanspeter
                                                                                                        Beißer ist seit 1998
DIE PFALZ: Sehr geehrter Herr Hertel, Sie            HERTEL: Ich verbringe das Wintersemester in        Vorstand der Stiftung
wurden 1996 in Speyer geboren, haben dort            Paris und schreibe hier eine Arbeit über Identi-   Maximilianeum.
das Hans-Purrmann Gymnasium besucht und              tätsbildung in Marcel Prousts „Auf der Suche       Jonas Hertel, in Speyer
                                                                                                        geboren, ist seit 2015
erfolgreich mit einem 1,0 Abitur abgeschlossen.      nach der verlorenen Zeit“.                         Stipendiat der Stif-
2015 folgte die Aufnahme in das Maximiliane-         Im Internet: www.stiftung-maximilianeum.com        tung.

                                                                                                                         5
PFALZdie - Landesverband der ...
Ludger
       Tekampe            Ein „Schatzhaus“ der Region
                                           150 Jahre Historisches Museum der Pfalz in Speyer
                                                                             Siebert (1829–1901), der später in München
                                                                             zum Leiter der bayerischen Bauverwaltung
                                                                             avancierte.
                                                                             Der dreigeschossige Schulbau konnte 1868
                                                                             fertig gestellt werden. Das oberste Geschoss
                                                                             umfasste nur wenige ausgebaute Räume u.a. für
                                                                             technische und naturhistorische Sammlungen.
                                                                             Die Initiative zur förmlichen Gründung eines
                                                                             Museums ging vom Rat der Stadt Speyer aus,
                                                                             der damit die Stadt dauerhaft als kulturelles
                                                                             Zentrum etablieren wollte. Die Pläne mussten
                                                                             allerdings vom königlichen Regierungspräsidi-
                                                                             um in Speyer und vom Kreistag (vergleichbar
                                                                             heute dem Bezirkstag der Pfalz) genehmigt
                                                                             werden. Außerdem musste ein Träger gefunden
                                                                             werden, der die Sammlungen dauerhaft betreu-

                          D
 Ansicht des Muse-                 ie 1826 nördlich des Speyerer Kaiser-     en sollte. Man geht gewiss nicht fehl, wenn man
ums von Südosten,                  doms vom königlich bayerischen Regie-     die Wiederbegründung des Historischen Vereins
im Vordergrund der                 rungspräsidenten Joseph von Stichaner     der Pfalz im Jahr 1869 in einen direkten Zusam-
 sanierungsbedürf-
  tige Anbau, 1992        errichtete „Antikenhalle“ darf als das erste       menhang mit der Gründung des Historischen
         eingweiht.       öffentlich zugängliche Museum der Pfalz gelten,    Museums der Pfalz stellt.
                          auch wenn der Begriff „Museum“ im Namen            Ab dem Sommer 1869 wurde das Obergeschoss
(Foto: HM Speyer, Peter   nicht explizit auftaucht. Die Antikenhalle wurde   des Schulgebäudes dem Historischen Verein der
        Haag-Kirchner)
                          für die Sammlungen des damaligen bayerischen       Pfalz als Museum zur Nutzung überlassen. Der
                          Rheinkreises und der Stadt Speyer schnell zu       Name „Historisches Museum der Pfalz“ tauchte
                          klein. Zusätzliche Depotflächen mussten ab         erstmals 1870 in einem Bericht des Historischen
                          etwa 1850 im Rathausinnenhof und im Heiden-        Vereins der Pfalz auf.
                          türmchen angelegt werden.                          Eine förmliche Eröffnung hat es im Jahre 1869
                          Vor 150 Jahren, im Jahr 1869, wurde dann in        offenkundig nicht gegeben. Das Museum im
                          der bayerischen Kreishauptstadt Speyer das         Realgymnasium am Platz des alten Augustiner-
                          Historische Museum der Pfalz gegründet. Das        klosters stand zunächst ganz in der Tradition
                          Museum sollte fortan alle historischen, kunst-     der 1826 errichteten Antikenhalle. Die Samm-
                          historischen und naturhistorischen Sammlungen      lungen erfuhren jedoch schnell eine Erweiterung
                          der Stadt Speyer, des Kreises (heute vergleich-    auf allen kulturhistorisch relevanten Expo-
                          bar mit dem Bezirksverband Pfalz) und des          natebenen. Kostbare Bücher und Archivalien
                          Historischen Vereins aufnehmen.                    gehörten damals noch zum selbstverständlichen
                                                                             Sammelgebiet des Museums. Vor allem aber
                          Wie kam es zur Gründung?

                          1865 hatte die Stadt Speyer auf dem
                          Grundstück zwischen Wormser Straße
Vorläufer des Muse-
  ums: die Antiken-       und Breite Straße (heute: Armbrust-
 halle im nördlichen      straße) das ehemalige Augustinerklos-
     Domgarten von        ter abreißen lassen und 1866 dort den
1826, Lithographie,       Grundstein für ein Realgymnasium,
 Historisches Muse-       eine Gewerbe- und Handelsschule und
        um der Pfalz.
                          eine Höhere Töchterschule gelegt. Der
    (Foto: HM Speyer)     Entwurf zu dem Schulbau stammte
                          vom städtischen Bauschaffner Max

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PFALZdie - Landesverband der ...
von Seidl neu geschaffenen Museumsbau am           Der prächtige
                                                     Domplatz umziehen konnte, wo es 1910 für           Wappensaal des
                                                     das Publikum feierlich eröffnet wurde. 1987 bis    Weinmuseums im
                                                                                                        Historischen
                                                     1990 erfuhr dann das Museum eine wesentliche       Museum der Pfalz.
                                                     Erweiterung seiner Betriebs- und Ausstellungs-
                                                     flächen durch den Bezug von Teilen der alten       (Foto: HM Speyer)

                                                     Baumwollspinnerei als Sammlungszentrum für
                                                     Deponierung und Restaurierung sowie durch
                                                     den im Süden des alten Museumsbaus errichte-
                                                     ten, modernen Anbau. Das Museum hat heute
                                                     einen Exponatbestand von annähernd einer
                                                     Million Objekten.
                                                     150 Jahre nach der Gründung geht es heute –
wurden jetzt auch Gemälde und Grafiken sowie         im Jahr 2019 – um die Herausforderung, den         Er hielt den Festvor-
historische Objekte aller Art aus nichtarchäolo-     Ende der 1980er-Jahre errichteten – inzwischen     trag zum Jubiläum:
gischen Zusammenhängen gesammelt.                    aber bereits maroden – Anbau zu sanieren und       der bayerische
                                                                                                        Landeshistoriker
Die Sammlung vereinte von Anfang an die              ihn im Hinblick auf die Anforderungen des 21.
                                                                                                        Prof. Dr. Ferdinand
Sammlungen der Stadt Speyer, des Kreises und         Jahrhunderts museums- und energietechnisch zu      Kramer am
des Historischen Vereins der Pfalz. Ein Haupt-       ertüchtigen. Daher sind derzeit von den Dau-       7. November im
bestandteil der „Städtischen Sammlung“ war           erausstellungen „Urgeschichte“, „Römerzeit“,       Forum des Muse-
damals schon die „Sammlung Heydenreich“,             „Mittelalter“, Neuzeit“, „Dom- und Diözesan-       ums.
der Brüder Eduard und Ludwig Heydenreich.            museum“ sowie „Weinmuseum“, nur die beiden         (Foto: HM Speyer,
Sie wurde der Stadt 1877 offiziell übereignet. Sie   letzten noch uneingeschränkt zu sehen. Der         Karoline Kälber)
enthielt vor allem Bodenfunde aus Speyer und         Wechselausstellungsbetrieb wird
der nächsten Umgebung (lokalgeschichtliche           aber fortgeführt: gezeigt werden
Sammlung), daneben aber auch Bildende Kunst          derzeit bis 21. Juni 2020 „Der
und kunsthandwerkliche Objekte der Neuzeit,          Medicus – die Macht des Wis-
z. B. Porzellan. Das bürgerliche Element mit         sens“, bis 15. März die Kabinett-
entsprechenden Exponaten aus dem 18. und             ausstellung „Kaiser Valentinian I.
19. Jahrhundert wurde damit allmählich in den        und die Pfalz in der Spätantike“
Beständen des Museums aufgewertet. Genau             und noch bis 12. Januar „Marilyn
hierin lag sicherlich auch eine Motivation der       Monroe“.
Gebrüder Heydenreich. Eduard Heydenreich             Zum 150-jährigen Jubiläum des
war der erste (ehrenamtliche) Konservator des        Museums wurde bis 6. Novem-
neugegründeten Museums. Nach 1869 gelangten          ber eine kleine Ausstellung in der
230 Gemälde der Bayerischen Staatsgemälde-           ehemaligen Hauptstelle der Kreis-
sammlungen als Leihgabe nach Speyer, 1887            und Stadtsparkasse Speyer (heute
musste ein Großteil davon allerdings wieder          Hauptstelle Speyer der Sparkasse
zurückgegeben werden, offensichtlich aufgrund        Vorderpfalz) präsentiert, die auf
des widrigen Raumklimas im Realgymnasi-              dem Geländes des ehemaligen
um. Bis 1908 belegte das Museum das gesamte          Realgymnasiums, des Augusti-
Obergeschoss und Teile des Hofes. Sogar ein          nerklosters und eben auch des
Außendepot musste in einem Schuppen auf              Gründungsbaus des Historischen
dem Gelände der 1906 abgerissenen Kaserne            Museums der Pfalz steht. Auf drei
am Domplatz eingerichtet werden. Dort sollte         doppelseitigen Stelltafeln wurde an die Geburts-   Dr. Ludger Tekam-
dann auch später der Museumsneubau realisiert        stunde des Historischen Museums der Pfalz          pe studierte an der
                                                                                                        Universität Mainz
werden.                                              mit historischen Fotografien erinnert. Unter       Kulturanthropologie/
                                                     den ausgestellten Exponaten aus der Frühzeit       Volkskunde und
                                                                                                        Kunstgeschichte.
Neubau von Gabriel von Seidl                         des Museums sind besonders bemerkenswert
                                                                                                        Seit 1987 ist er am
                                                     der im Mai 1869 als erstes Objekt in die neuen     Historischen Museum
Über 40 Jahre, von 1869 bis um 1909, befand          Sammlungen aufgenommene Meteorit von Krä-          der Pfalz tätig, derzeit
sich das Historische Museum der Pfalz im Real-       henberg und einige der Grundsteine des Augus-      als Sammlungsleiter
                                                                                                        Kulturanthropologie/
gymnasium, bevor es ab 1909 allmählich in den        tinerklosters aus der Zeit um 1275.                Volkskunde und Wein-
nach Plänen des Münchner Architekten Gabriel         Im Internet: https://museum.speyer.de              museum.

                                                                                                                        7
PFALZdie - Landesverband der ...
Ursula
           Männle               Wieder im Viersäulensaal
                             Nach knapp zweieinhalb Jahren der Sanierung ist die Pfälzer Residenz
                           Weinstube wieder in die Räume in und um den Viersäulensaal der Münchner
                           Residenz zurückgekehrt – Fragen an Ursula Männle, „Wirtin“ der Weinstube
                                und erste Vorsitzende des Landesverbandes der Pfälzer in Bayern

Die pfälzische Wein-                                                          DIE PFALZ: Welche Sanierungsmaßnahmen
prinzessin Christina                                                          wurden genau durchgeführt? Welches sind die
         Fischer und                                                          gravierendsten, auch positiv spürbaren Verän-
Prof. Ursula Männle                                                           derungen für die Besucher und welche bleiben
  am Eröffnungstag,                                                           dagegen eher unsichtbar?
 dem 8. November.
                                                                              MÄNNLE: Die meisten Sanierungsmaßnahmen
      (Foto: Redaktioin)                                                      sind unsichtbar im Boden und in den Mauern
                                                                              verborgen. Nach und nach wurde seit Jahren
                                                                              das „Innenleben“ von Teilen der Münchner
                                                                              Residenz saniert. Nach den Zerstörungen des
                                                                              Zweiten Weltkrieges und dem Wiederaufbau
                                                                              war nach 70 Jahren Vieles marode geworden.
                                                                              Und nun war unser Flügel und Bereich an der
                                                                              Reihe. Wir waren als Pächter nicht Bauherr,
                                                                              sondern Betroffene, nutzten jedoch die Baustel-
                           DIE PFALZ: Sehr geehrte Frau Professor             le, um einige Verbesserungen durchzuführen.
                           Männle, fast 2 ½ Jahre (von April 2017 bis         Bauseits wurden alle Leitungen (Elektro, Was-
                           September 2019) hat nun die Sanierung des          ser, Heizung, Lüftung) erneuert. Das erforderte
                           Viersäulensaals und der angrenzenden Räume         tiefgreifende Eingriffe. Wir rüsteten die Küche
                           gedauert und damit auch die Nutzung des Ein-       auf und unternahmen zahlreiche Bemühungen,
                           säulensaals als Provisorium durch die Pfälzer      um die Akustik zu verbessern. Letzteres sieht
                           Residenz Weinstube. Ursprünglich waren             man nicht auf den ersten Blick, aber man hört
                           1 ½ Jahre für sie Sanierung angedacht.             es. Besonders auffällig ist der neu geschaf-
                           Was hat die Arbeiten so lange verzögert?           fene barrierefreie Zugang für mobilitätsein-
                           MÄNNLE: Zunächst einmal sind wir sehr              geschränkte Personen und der Einbau einer
                           glücklich, dass die Pfälzer Residenz Weinstube     Behindertentoilette durch den Bauherrn.
                           wieder in den Viersäulensaal, der im alten Glanz   DIE PFALZ: Wie verlief die Zusammenarbeit
Blick in den Viersäu-      erstrahlt, zurückgezogen ist. Der Viersäu-
lensaal während der        lensaal und die anderen Erdgeschossstu-
 Sanierungsarbeiten.       ben konnten schon am 30. September und
 (Foto: a+p Architekten)   die drei weiteren Stuben im Obergeschoss
                           am 4. November öffnen. Die lange Zeit
                           des Provisoriums und der Einschrän-
                           kungen ist nun vorbei. Bezüglich Bau-
                           verzögerungen ist bei einem historischen
                           Gebäude wie der Münchner Residenz
                           immer mit Überraschungen zu rech-
                           nen. Natürlich wurden auch in unserem
                           Gebäudeteil historische Funde entdeckt,
                           die die Archäologen und der Denkmal-
                           schutz erst begutachten mussten. Und
                           auf der Zielgerade – der Termin für die
                           Wiedereröffnung im Frühjahr stand schon
                           fest – musste der beauftragte Küchenbau-
                           er Insolvenz anmelden. Das kostete Zeit.

       8
keine Schulden an. Aber nun hoffen wir auf       Auftritt der
                                                   einen ausgezeichneten Besuch in den sanierten    Fürstenfeldbrucker
                                                                                                    Jagdhornbläser zur
                                                   Räumen. Wir müssen Gas geben.
                                                                                                    Wiedereröffnung.
                                                   DIE PFALZ: Der Umzug vom Einsäulensaal
                                                   in den Viersäulensaal erfolgte am 30. Septem-    (Foto: Heinz Hoffmann)
                                                   ber ohne einen Tag der Schließung. Das war
                                                   eine große Leistung. Allerdings war die Küche
                                                   noch nicht ganz fertig gestellt und die Räume
                                                   des Obergeschosses noch nicht geöffnet. Daher
                                                   fand erst am 8. November die offizielle Eröff-
                                                   nung statt. Ist der Betrieb nun wieder ganz
                                                   funktionstüchtig und für das Weihnachtsge-
                                                   schäft gut gewappnet?
                                                   MÄNNLE: Ein großer Dank gilt der Beleg-
                                                   schaft, die das Provisorium, den Umzug und
des Vorstandes des Landesverbandes der Pfälzer     den Neubeginn gestemmt hat. Unser Personal
in Bayern, der seit 1950 dem Betrieb vorsteht,    mit Rückkehrgarantie ist wieder dabei und
                                                                                                    Erst seit Anfang
mit den Behörden (etwa dem Bayerischen            neue Kräfte sind dazu gekommen. Aber es ist
                                                                                                    November geöffnet:
Finanzministerium, der Residenzverwaltung         bekannt: gute Arbeitskräfte im Bereich Gastro-    die Komtureistube
oder dem Staatlichen Bauamt)?                     nomie sind rar.                                   im Obergeschoss,
MÄNNLE: Die Zusammenarbeit war sehr               DIE PFALZ: Einige Stammgäste befürchten           benannt nach der
konstruktiv. Wir wurden zu den betreffenden       nach der Sanierung massive Preiserhöhungen.       Großkomturei Mün-
                                                                                                    chen der Weinbru-
Bausitzungen eingeladen und daran beteiligt.      Ist das zu erwarten oder bleibt die Weinstube
                                                                                                    derschaft der Pfalz.
Insbesondere in der letzten Phase versuchte die   ihrem Credo „Gut, gepflegt, preiswert“ treu?
Residenzverwaltung, weitere Bauverzögerungen      MÄNNLE: Natürlich werden wir dafür sorgen,        (Foto: Redaktion)
vor allem infolge der Insolvenz des Küchenbau-
ers zu vermeiden.
DIE PFALZ: Können Sie etwas zu den Kosten
der Sanierungsmaßnahmen sagen? 2003 bis
2006 wurde bei einer Sanierung der Weinstube
ein Großteil des Verbandsvermögens aufge-
braucht. Ist der Verband auch diesmal an den
Kosten beteiligt?
MÄNNLE: Wie gesagt: der Bauherr war die
Residenzverwaltung und übergeordnet das
Finanzministerium. Diese trugen die Kosten,
über die ich nichts sagen kann. Der Verein trug
die Ausgaben für die oben erwähnten Verbes-
serungen (Akustik) und andere „Verschöne-
rungen“, die aber kostenmäßig nicht unerheb-
lich waren. Aber wir hatten hierfür Rücklagen
gebildet.
DIE PFALZ: Die Gäste haben der Pfälzer Resi-      dass das Preisleistungsverhältnis wie bisher
denz Weinstube auch im Provisorium des Ein-       stimmt und bleiben unserem bisherigen Credo
säulensaals die Treue gehalten. Die nur knapp     oder Motto treu. Probieren Sie es aus!
über 120 Personen fassende Räumlichkeit war       DIE PFALZ: Im nächsten Jahr, im September         Die 1944 in Lud-
                                                                                                    wigshafen geborene
in den letzten 2 ½ Jahren oft überfüllt. War      2020, besteht die Pfälzer Residenz Weinstube      CSU-Politikerin und
man rückblickend mit dem dort erwirtschaf-        70 Jahre in der Münchner Residenz.                ehemalige Staatsmi-
teten Ergebnis zufrieden?                         Gibt es schon Planungen zum Jubiläum?             nisterin Prof. Ursula
                                                                                                    Männle ist seit 2009
MÄNNLE: Wir freuten uns sehr, dass unsere         MÄNNLE: 70 Jahre Erfolg der Pfälzer Resi-         erste Vorsitzende des
Stammgäste geblieben und neue Gäste in den        denz Weinstube ist ein Grund zum Feiern und       Landesverbandes
Einsäulensaal gekommen sind. Mit dem Umsatz       Anlass unserem treuen Publikum zu danken.         der Pfälzer in Bayern
                                                                                                    und steht seit 2014
dort konnten wir zufrieden sein. Obgleich wir     In der Regel feiert man ja 75 Jahre besonders –   auch an der Spitze der
viele Fixkosten stemmen mussten, fielen für uns   also wir werden sehen.                            Hanns-Seidel-Stiftung.

                                                                                                                   9
Birgit Heid
                                                     „Worthelden“
                              Seit 1878 bietet der Literarische Verein der Pfalz e.V. eine Plattform für
                                       Autorinnen und Autoren, regional und überregional

                                             D
                                                       er Literarische Ver-    Klappstuhllesungen und Poetenfest
                                                       ein der Pfalz e.V.
                                                       zählt mit seinen 141    In der Landauer Autorengruppe „Worthelden“
                                              Jahren zu den ältesten, Lite-    beispielsweise sind derzeit zwölf Mitglieder
                                              ratur fördernden Organisa-       aktiv, von denen meist acht an den monatlichen
                                              tionen in ganz Deutschland.      Treffen teilnehmen. Es werden zwischen vier
                                              Gegründet wurde er am            und sechs Veranstaltungen pro Jahr durchge-
                                              15. September 1878 in Neu-       führt, die in der Regel ein bestimmtes Motto
                                              stadt/Weinstraße als „Verein     haben. In diesem Jahr steht Theodor Fontane,
                                              pfälzischer Schriftsteller,      der vor 200 Jahren in Neuruppin geboren wur-
                                              Künstler und Freunde von         de, im Vordergrund. Auch Gruppenlesungen
                                              Kunst und Wissenschaft“.         von Texten zu jahreszeitlichen Themen finden
   Pfälzer Löwe mit       15 Mitglieder, darunter Kaufleute, Lehrer und        ein interessiertes Publikum. Literarische Spa-
Feder: das Logo des       Pfarrer, prägten die Anfangsjahre. Obwohl die        ziergänge, bei denen die Schreibenden ihre
  Literarischen Ver-      Begeisterung für das Schaffen heimatlicher Lite-     Textideen vor Ort entwickeln und diese später
      eins der Pfalz.
                          ratur seinerzeit groß war, blieb das Interesse der   vor Publikum lesen sowie Klappstuhllesungen
          (Foto: LVP)     Allgemeinheit für Literatur recht gering, was        in Parks runden die Aktivitäten ab. Außer in
                          damals auch an der weit verbreiteten Armut lag.      Landau finden sich Sektionen in Speyer und
                          Während viele Jahrzehnte lang das Schreiben          Kaiserslautern. In Neustadt, Pirmasens, Zwei-
                          landeskundlich-historischer Werke, auch in           brücken und Ludwigshafen sind dagegen die
                          Mundart, den Schwerpunkt literarischen Schaf-        Sektionsleiterstellen derzeit vakant.
                          fens bildete, konnten sich im Lauf der Zeit auch
                          andere Stilrichtungen entfalten (etwa Belletristik   Der Literarische Verein der Pfalz sieht sich als
                          und Poesie). Als vor etwa 100 Jahren regionale       ein Dach der pfälzischen Literaturszene, das
                          Ortsgruppen eingeführt wurden, stieg die Mit-        jeden Interessierten fördern möchte. Er bietet
                          gliederzahl deutlich an (1920: 450 Mitglieder).      zwei überregionale Veranstaltungen an: das
                          In der Nazizeit wurde der Literarische Verein        Autorenseminar sowie das Pfälzer Poeten-
                          der Pfalz gleichgeschaltet und nach dem Zwei-        fest. Im Autorenseminar, das ganztägig in der
                          ten Weltkrieg 1951 in Landau wieder begründet.       Pfalzakademie (des Bezirksverbandes Pfalz)
                          Leider nutzten ihn ehemalige NS-Funktionäre          in Lambrecht durchgeführt wird, stehen der
                          wie Kurt Kölsch (ehemals Gaukul-
                          turleiter) oder ehemals NS-partei-
                          nahe Autoren, wie Leopold Reitz,
                          zunächst als Plattform.

                          Ab den 1960er-Jahren setzten
                          sich zunehmend jüngere Talente,
                          wie Susanne Faschon oder Gerd
                          Forster, durch. Damals wie heute
                          werden die geselligen Gruppen-
                          treffen in den Sektionen genutzt,
„Klappstuhllesung“        um sich gegenseitig eigene Texte
  in der Markward-        vorzutragen, Gespräche über For-
anlage in Annweiler       mulierungen und Spannungsbögen
mit Christel Heil im
      August 2019.
                          zu führen und um gemeinsame
                          Veranstaltungen in die Wege zu
   (Foto: Peter Herzer)   leiten und durchzuführen.

    10
historische oder regionalbezogene     Ehrenmitglied und
                                                                                                       „Urgestein“ der Pfäl-
                                                                 Erzählungen und Romane sowie          zer Literaturszene:
                                                                 Krimis. Dazu gehören:                 Wolfgang Diehl,
                                                                 Winfried Anslinger aus Homburg        2016 bei einer
                                                                 (Jahresgabe 2019 „Der Luther-         Lesung in Landau.
                                                                 turm“), Ute Bales aus Freiburg
                                                                                                       (Foto: Birgit Heid)
                                                                 (Martha-Saalfeld-Preisträgerin
                                                                 2018), Michael Bauer aus Herx-
                                                                 heim b. Landau (zahlreiche Preise),
                                                                 Lilo Beil aus Birkenau/Odenwald
                                                                 (verschiedene Regionalkrimis),
                                                                 Monika Böss aus Mörsfeld
                                                                 (Martha-Saalfeld-Preisträgerin
                                                                 2003, zahlreiche Regionalerzäh-
                                                                 lungen), Renate Demuth aus Kai-
                                                                 serslautern (viele Mundartpreise),
Austausch und die gemeinsame intensive Arbeit       Wolfgang Diehl aus Landau (Ehrenmitglied
an den eigenen Prosastücken oder Gedichten          und Verfasser der Chronik des Vereins von
im Vordergrund. Das Pfälzer Poetenfest (an          2003, zudem zahlreiche Regionalerzählungen
wechselnden Orten) verbindet regional ansässige     und Sachbuchveröffentlichungen), Andreas
Schreibende miteinander und lädt nachmittags        Dury aus Saarbrücken (Romane), Gerd Forster
und abends zum fünfstündigen, kurzweiligen          aus Eulenbis (Erzählungen), Albert H. Keil aus
Hören viertelstündlicher Texte ein. Im Wech-        Dirmstein (zahlreiche Mundartpreise), Regina
sel von vier Lesungen (und gelegentlichen           Pfanger aus Herxheim b. Landau (Erzählungen,
Musikbeiträgen) pro Stunde und halbstündigen        Jahresgabe 2015 „Moussa oder das Bilder-
Pausen entsteht eine Atmosphäre des Kennen-         verbot“), Helga Schneider aus Kaiserslautern
lernens und der Vernetzung. Auch AutorInnen         (zahlreiche Mundartpreise) und Matthias Zech
aus Würzburg, Kitzingen und Freising standen        aus Speyer (ebenfalls Mundartpreise).
bei den Poetenfesten bereits auf der Bühne. Seit    2023 ist zum 145-jährigen Jubiläum eine Prosa-
1981 veröffentlicht der Verband einmal im Jahr      Anthologie geplant.
die Zeitschrift „Neue Literarische Pfalz“ (NLP)     Im Internet: https://literatur.dipago.de/
und gibt seit 1953 die Jahresgabe eines/r förder-                                                      Festschrift zum
ungswürdigen Autors oder Autorin heraus.                                                               125. Jubiläum des
                                                                                                       Vereins von Wolf-
                                                                                                       gang Diehl, Landau,
Die Bedeutung der Kreativität und des litera-                                                          2003.
rischen Schaffens kann in der heutigen schnell-
lebigen Zeit nicht hoch genug bewertet werden.                                                         (Foto: LVP)

Autoren gestalten beim Schreiben innere Räume
und formulieren eigene Ideen. Das innere Visua-
lisieren und Schreiben sowie das (Vor-)Lesen
und aufnehmende Hören sind menschliches All-
gemeingut, das durch Kenntnis und Üben ver-
vollkommnet wird. Dieses gemeinsame Streben
nach guter Literatur in der Heimat ist es, was
die Autorinnen und Autoren antreibt.

Die Mitglieder setzen sich heute zu etwa drei
Vierteln aus Gelegenheitsschreibenden zusam-
men, die eigene Buchveröffentlichungen sowie
Textpräsentationen anstreben. Das übrige                                                               Die in Landau/Pfalz
Viertel der Mitglieder schreibt seit vielen Jah-                                                       lebende Schriftstelle-
ren entweder erfolgreich Mundarttexte, die                                                             rin Birgit Heid ist seit
                                                                                                       2016 erste Vorsitzen-
auf Wettbewerben Preise gewinnen, oder in                                                              de des Literarischen
Verlagen veröffentlichte Bücher, vorzugsweise                                                          Vereins der Pfalz.

                                                                                                                       11
Volker John
                            Schwarznuss, Maulbeerbaum
                                    und Robine
                                Über exotische Bäume in der Pfalz, deren Herkunft und Besonderheiten
                                                                                  Früchte der Mandelbäume gegessen werden.
                                                                                  Dieses Wissen, die säuerlichen Steinfrüchte der
                                                                                  „Dürkheimer Krachmandel“ zu nutzen, haben
                                                                                  uns die Türken, die hier leben, voraus. Die
                                                                                  reifen Mandelkerne werden heute nicht mehr
                                                                                  geerntet.
                                                                                  In der Regel steht bei der Pflanzung eines
                                                                                  Baumes immer die Nutzung oder zumindest der
                                                                                  Nutzen im Vordergrund. Die Robine (Robinia
                                                                                  pseudacacia), die aus Nordamerika stammt und
                                                                                  1675 erstmals in Deutschland auftauchte, dient
                                                                                  beispielsweise der Befestigung von Hängen und
                                                                                  Sandflächen, zudem wird das sehr harte Holz
                                                                                  gerne als Zaunpfahl genutzt. Als botanische
                                                                                  Besonderheit trägt die Robinie als einziger ein-
                                                                                  heimischer Baum an der Basis seiner Blätter

                            E
    Blühende Man-                    ine Wanderung durch die Pfälzer Land-        Nebenblattdornen. Beim entwicklungsgeschicht-
     delbäume am                     schaften oder ein Spaziergang durch          lich ursprünglichen Tulpenbaum (Liriodendron
   Haardtrand, seit                  einen beliebigen Ort in der Pfalz beinhal-   tulipifera) und dem Trompetenbaum (Catalpa
 2000 Jahren in der
    Pfalz heimisch.         tet fast stets eine Begegnung mit einem exotisch      bignonioides), der erste 1663, der zweite 1726
                            anmutenden Baum. Meist erzählen diese Bäume           aus dem Osten der USA nach Europa gebracht,
(Foto: 100 Prozent Pfalz)   eine landesbezogene, historisch begründete            bewegte eher die exotische Schönheit der Blüten
                            Geschichte. Oft genug bergen sie aber auch            zur Anpflanzung in Parks und Vorgärten.
                            Konfliktstoff als invasive Neophyten, mit Dor-        Während man heute von Kohlendioxid und
                            nen bewehrte, gefährliche oder giftige Pflanzen       Feinstaub spricht, war noch vor wenigen Jahr-
                            oder als gebietsfremde Arten, die von Nutzern         zehnten Schwefeldioxid ein allgegenwärtiger
                            und Naturschützern konträr bewertet werden.           Luftschadstoff. Bei der Suche nach immissions-
                            Wenn in der Pfalz die ursprünglich aus Mit-           resistenten Baumarten ist man auf den Ginkgo-
                            tel- und Ostasien stammenden Mandelbäume              baum (Ginkgo biloba) aus China und die Gle-
                            (Prunus dulcis) blühen, findet in Gimmeldingen        ditschie (Gleditsia triacanthos) aus dem Osten
                            das erste Weinfest des Jahres, das „Mandelblü-        der USA gestoßen. Beide haben zudem ihren
                            tenfest“ statt. Sie wurden, wie die Edelkastanien     ganz eigenen Reiz. Der Ginkgo, ein „lebendes
                            (Castanea sativa), aus Kleinasien vor etwa 2.000      Fossil“, kann aber auch ein stinkender Lästling
                            Jahren von den Römern in die Pfalz gebracht           werden, wenn die reifen Früchte der weiblichen
                            und sind weit über die Landesgrenzen bekannt.         Bäume unter anderem ihre Buttersäure ausströ-
                            Die essbaren Früchte zu sammeln, ist eine solch       men lassen. Von den Dornen der Gleditschie
                            selbstverständliche Gewohnheit, dass es schwer-
                            fällt, sich vorzustellen, dass die Rosskastanie
                            (Aesculus hippocastanum) erst 1665 in Leipzig,
                            somit in Deutschland, angepflanzt wurde. Sie
                            hat ihre Heimat im Balkan. Während die Man-
                            delbäume mit ihren rosa Blüten hauptsächlich
  Forstwirtschaftlich       den Frühling symbolisieren sollen, dienen die
    besonders wert-         Alleen aus Rosskastanien als Schattenspender
  voll: Das Holz des
Schwarznussbaums.
                            und die Früchte, die für uns giftig sind, als
                            Futterpflanzen für die Pferde. Dagegen kön-
            (Foto: Autor)   nen schon die unreifen, noch nicht verholzten

      12
der gleich mit zwei Arten in der Pfalz vertreten   Die Platanen in
                                                  ist. Die schwarze Maulbeere (Morus nigra) aus      der Klosterruine
                                                                                                     Limburg stehen an
                                                  Westasien diente neben dem Frischverzehr dem
                                                                                                     der Stelle der verlo-
                                                  Färben von Nahrungsmitteln und Rotwein. Die        renen Pfeilerreihe.
                                                  weiße Maulbeere (Morus alba) stammt als Neo-
                                                  phyt aus China und ist unter Schutz gestellt.      (Foto: Autor)

                                                  Das mag auch an der besonderen Historie des
                                                  Baumes in der Pfalz liegen. Im 18. Jahrhun-
                                                  dert ließ Kurfürst Karl Theodor etwa 300.000
                                                  Bäume in der Pfalz pflanzen, um die Seidenpro-
                                                  duktion zu fördern. Zwischenzeitlich gerodet,
                                                  erlangte der Baum im Dritten Reich wieder
nimmt man an, dass daraus die Dornenkrone         Bedeutung in der Seidenproduktion, um Fall-
Christi geflochten wurde.                         schirme herzustellen. Die Blätter des schwarzen
                                                  Maulbeerbaums sind dagegen als Futterpflanze
Aus China, Westasien und Nordamerika              für die Seidenraupe ungeeignet.
                                                  Im Gegensatz zum Maulbeerbaum wird dem
Heute setzt vor allem die Klimaerwärmung          Schwarznussbaum
unserem Baumbestand zu. Baumarten wie die         (Juglans nigra) von
Fichte leiden besonders darunter, aber es gibt    Seiten des Naturschut-
auch Nutznießer. Hierzu gehört ein beliebter      zes wenig Sympathie
Parkbaum: der Blauglockenbaum (Paulownia          entgegengebracht, weil
tomentosa) aus China. Noch verstärkt durch        der Baum aus Nord-
das innerstädtische Stadtklima breitet sich der   amerika stammt und
Baum mittlerweile in Großstädten aus. In der      als nicht heimisch ein-
Pfalz nutzt er das milde Weinklima in Winzer-     gestuft wird. Er liefert
höfen, um nach der notwendigen sommerlichen       ein sehr wertvolles Holz
heißen Trockenperiode zu keimen. Den jungen       und ist ein vom Forst
Sprossen reicht ein schmaler, wenige Zentimeter   geschätzter Wirtschafts-
breiter Spalt in befestigten Innenhöfen, um die   baum. Die Untersu-
Blätter zu entfalten.                             chung der gesamten
Eine außergewöhnliche Aufgabe haben die Pla-      Bäume inklusive ihrer Kronenräume an meh-          Die Raupe des
tanen (Platanus occidentalis), die ursprünglich   reren Standorten in der Rheinaue hat gezeigt,      Seidenspinners am
aus Amerika stammen, im Hauptschiff der           dass diese Baumart sehr gut von einheimischen      Maulbeerbaum (mit
                                                                                                     Früchten).
Klosterruine Limburg bei Bad Dürkheim. In         Flechten und Moosen, die oft substratspezifisch
zwei Reihen erinnern sie an die ehemals vorhan-   reagieren, als Lebensraum angenommen wird.         (Foto: Wikimedia Com-
                                                                                                     mons)
denen Pfeilerreihen, doch reichen sie nicht an    Die Artenvielfalt war sogar reicher als bei den
deren einstige Mächtigkeit heran.                 anderen einheimischen Baumarten im Unter-
Karl May-Leser erinnern sich sicher noch an       suchungsgebiet. Übrigens wurden Fruchtscha-
die Osagen, den mit den Apachen befreunde-        len und Blätter von den nordamerikanischen
ten Indianerstamm. Nach den Osagen ist der        Indianern, wie beim Osagedorn, zum Färben
Osagedorn aus dem Süden der USA benannt,          verwendet. Wie eingangs erwähnt, findet man
aus dessen Holz die Eingeborenen einen roten      nicht nur in der Pfalz problematische, exotische
Farbstoff gewonnen haben, um sich die Haut        Neophyten, wie den Götterbaum (Ailanthus
zu färben; daher rührt die Bezeichnung Rot-       altissima) aus China, der 1780 erstmals nach
haut. Der auch Milchorangenbaum (Maclura          Berlin gelangte. Dessen Samen und Rinde sind
pomifera) genannte bis 15 m hohe Baum wird        giftig und können bei Tieren durch Atemläh-
wegen seiner Dornen in seiner Heimat auch         mung zum Tod führen. Für solche invasive
als lebender Zaun angebaut. In der Pfalz fin-     Arten wurde eine Schwarze Liste eingerich-
                                                                                                     Der Biologe und Bota-
det man die ungenießbaren, gelben, runzeligen     tet, in Deutschland durch das Bundesamt für        niker Dr. Volker John
und orangengroßen Früchte des Zierbaums           Naturschutz (seit 2010). Die Relevanz zeigt sich   war bis 2018 Leiter
z. B. im Park von Neustadt an der Weinstra-       auch in der Erstellung einer EU-Liste invasiver,   der botanischen Abtei-
                                                                                                     lung des Pfalzmuse-
ße. Der Osagedorn gehört in die Familie der       gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeu-       ums für Naturkunde in
Maulbeergewächse, wie der Maulbeerbaum,           tung (seit 2016).                                  Bad Dürkheim.

                                                                                                                     13
Ulrich
            Magin         Ehrenpforten und „Lolosruhe“
                                 1250 Jahre Edenkoben und König Ludwig I. auf der Ludwigshöhe

                                               H
                                                          euer konnte        und derselbe auf den 6ten Mai zum König auf
                                                          das pfälzische     die Villa erboten worden ist. Dieser Mann hatte
                                                          Edenkoben sein     nämlich dem König und der Großherzogin
                                                 1250-jähriges Jubiläum      Mathilde von Hessen auf einem Spaziergange
                                                 begehen. Hauptveran-        am Tage vor der königlichen Abreise aus der
                                                 staltung war die Festwo-    Pfalz frisch vom Baum gebrochene Aepfel prä-
                                                 che vom 23. August bis      sentirt und der König, nach einer freundlichen
                                                 1. September 2019 mit       Unterhaltung, ihm zu schreiben versprochen.“
                                                 Schlossfest, Oldiekon-
                                                 zert und Erlebnistag der    Neben der Leutseligkeit von Ludwig I. wird
                                                 Deutschen Weinstraße,       auch von konkreten Präsenten der königlichen
                                                 einem Festabend im          Familie berichtet. So schenkte die Schwieger-
                                                 Kurpfalzsaal und einem      tochter Ludwigs, Auguste Ferdinande von
                                                 Weindorf auf dem Lud-       Österreich, die Gemahlin des späteren Prinz-
                                                 wigsplatz. Bis 27.Okto-     regenten Luitpold von Bayern, wie die Baye-
                                                 ber wurde zudem im          rische Landbötin am 3. Januar 1854 berichtete,
                                                 „Museum für Weinbau         der katholischen Kirche von Edenkoben ein
                                                 und Stadtgeschichte“        prachtvolles, selbstgefertigtes Messgewand.
                                                 die Ausstellung „Eden-      Das war kein Einzelfall: Die ausführliche
                                                 koben und der Wein-         Berichterstattung in den Blättern erwähnt
                                                 bau“ gezeigt. In seiner     viele solcher Geschenke. Das Volk dankte mit
                                                 gesamten 1250-jährigen      braver Anhänglichkeit und Fahrten zur Lud-
 Feuerwerk über der      Geschichte dürfte jedoch das Pfälzer Städtchen      wigshöhe. Auch sonst bekamen der König und
  Villa Ludwigshöhe      kaum einen solchen Glanz gesehen haben wie          seine Familie Kontakt zum Volk. Edenkoben
     bei Edenkoben.      Mitte des 19. Jahrhunderts. Damals versammel-       organisierte eine bunte Willkommensfeier, die
(Foto: GDKE Rheinland-   te sich hier der europäische Hochadel um den        wohl jedes Mal ähnlich ablief. Das Zweibrücker
                Pfalz)   seit 1848 abgedankten König Ludwig I. von           Wochenblatt berichtet am 15. Juni 1860 von
                         Bayern, seine Gemahlin Therese und ihre Toch-       einem Empfang durch „k. Beamten, Geistlich-
                         ter, die Großherzogin Mathilde von Hessen. Die      keit, Bürgermeister, Stadt- und Armenpfleg-
                         Gäste und Verwandtschaft empfing der König          schaftsräthe und viele andere Einwohner“ am
                         in der „Villa Ludwigshöhe“ – zum ersten Mal         Bahnhof und „an der untern Ehrenpforte“.
                         im Sommer 1852, dann alle zwei Jahre im Juli        Jungfrauen „überreichten ein Blumenbou-
                         und August, zum letzten Mal 1866.                   quet mit einem
                                                                             Bewillkomm-
                         Volksnah, gütig und altersmild                      nungsgedicht und
                                                                             kredenzten Sr.
                         Ein Blick in zeitgenössische Zeitungen zeigt, wie   Majestät einen
                         sehr der Besuch des Königs die Region beschäf-      Ehrentrunk. Aller-
                         tigte. Spekulationen begannen bereits früh im       höchstdiselben
                         Winter.                                             leerten den Pokal
                         Am 10. Januar 1854 meldete die Bayerische           bis zur Neige [...]
                         Landbötin, dass „eine bedeutende Quantität Eis      Ueberall wurde
  Altersporträt König    vom Rhein nach Ludwigshöhe gebracht“ wor-           der geliebte Fürst
Ludwigs I. von Hoffo-    den sei, was einen Aufenthalt Ludwigs zu bestä-     mit Herzlichkeit
 tograf Joseph Albert    tigen scheine. Und ergänzt am 31. Januar 1854:      und Freundlich-
           um 1860.      „Bezeichnend für die Leutseligkeit des Königs       keit begrüßt; [...]
 (Foto: Wikimedia-Com-
                         ist es, daß die allerhöchste Ankunft einem          sichtlich von dem
                 mons)   armen Maurer zu Edenkoben brieflich notifizirt      Empfange befrie-

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