PLUS MINUS - Aidshilfe Salzburg
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
1/2012 PLUS MINUS Informationsmagazin der AIDS-Hilfen Österreichs HIV UND ARBEITSWELT |3 WENN ICH HIV-POSITIV WÄRE |6 HIV AND YOUR SEXLIFE |8 ICH WEISS JA NICHT, MIT WEM ER/SIE |11 VORHER SEX HATTE PERSONALISIERTE MEDIZIN |12 HIV UND ARBEIT |13 OÖ-AIDSTAG |14 POSITIV GESEHEN |15
PlusMinus 1/2012 Die AIDS-Hilfen Österreichs www.aidshilfen.at Bei aller Vielfalt einem gemeinsamen Ziel verpflichtet. Verhinderung von Impressum: Neuinfektionen, Reduzierung der Neuerkrankungen, Weiterbau eines Medieninhaber und Herausgeber: von Solidarität und Toleranz geprägten Klimas für die Betroffenen. Die AIDS-Hilfen Österreichs Aids Hilfe Wien · Aids Hilfe Haus · Mariahilfer Gürtel 4 · A-1060 Wien Redaktion: Willi Maier, Aidshilfe Salzburg, Linzer Bundesstr. 10, A-5020 Salzburg, Tel.: 01/ 59937 · Fax: 01/ 59937-16 · E-Mail: wien@aids.at Tel.: 0662/ 88 14 88, Fax: 0662/ 88 14 88-3, Spendenkonto: 240 115 606 00 · (Bank Austria 12 000) E-Mail: plusminus@aidshilfen.at Redaktionsbeirat (verantwortlich für den Inhalt): Dr. Lydia Domoradzki, AIDS-Hilfe Tirol Aidshilfe Salzburg · Linzer Bundesstraße 10 · A-5020 Salzburg Dr. Lola Fleck, AIDS-Hilfe Steiermark Tel.: 0662 / 88 14 88 · Fax: 0662 / 88 14 88-3 Dr. Renate Fleisch, AIDS-Hilfe Vorarlberg E-Mail: salzburg@aidshilfen.at · Spendenkonto: 02 025 666 (Raika 35 200) DDr. Elisabeth Müllner, AIDSHILFE OBER- ÖSTERREICH Dr. Günther Nagele, aidsHilfe Kärnten Philipp Dirnberger, MSc., Aids Hilfe Wien aidsHilfe Kärnten · Bahnhofstr. 22/ 1 · A-9020 Klagenfurt DSA Maritta Teufl-Bruckbauer, MAS, Aidshilfe Tel.: 0463 / 55 128 · Fax: 0463 / 51 64 92 Salzburg E-Mail: kaernten@hiv.at · Spendenkonto: 92 011 911 (PSK 60 000) Beiträge von: Willi Maier, Dr. Lola Fleck, Günther Polanz, Maga. Johanna Swoboda, Maga. Birgit AIDSHILFE OBERÖSTERREICH · Blütenstraße 15/2 · A-4040 Linz Leichsenring, Dr. Lydia Domoradzki Tel.: 0732 / 21 70 · Fax: 0732 / 21 70-20 Grafik: Jetzt neu! · Druck: Klampfer Druck E-Mail: office@aidshilfe-ooe.at · Spendenkonto: 01 002 161 83 Auflage: 8.000 · gedruckt auf Recyclingpapier (Hypobank 54 000) Erscheinungsweise: vierteljährlich PlusMinus ist das Informationsmagazin der AIDS-Hilfen Österreichs. Es richtet sich AIDS-Hilfe Steiermark · Schmiedgasse 38/ 1 · A-8010 Graz an alle, die das Thema HIV und AIDS Tel.: 0316 / 81 50 50 · Fax: 0316 / 81 50 506 interessiert oder berührt, an Kranken- E-Mail: steirische@aids-hilfe.at · Spendenkonto: 92 011 856 (PSK 60 000) häuser, ÄrztInnen, Pflegeeinrichtungen, soziale Institutionen, engagierte Privat- personen – vor allem aber an diejenigen Frauen und Männer, die unmittelbar AIDS-Hilfe Tirol · Kaiser-Josef-Straße 13 · A-6020 Innsbruck davon betroffen sind. Praktische und Tel.: 0512 / 56 36 21 · Fax: 0512 / 56 36 219 wissenschaftliche Aspekte der HIV/AIDS- Prävention, Neues aus Wissenschaft und E-Mail: tirol@aidshilfen.at · Spendenkonto: 03 893 060 800 (BA 12000) Forschung, Aktuelles zur Kombinations- therapie, politische, soziale und gesell- schaftliche Fragestellungen zu HIV, AIDS AIDS-Hilfe Vorarlberg: · Kaspar-Hagen-Straße 5/1 · A-6900 Bregenz und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten, rechtliche und psychosoziale Tel.: 05574 / 46526 · Fax: 05574 / 46 526-20 Aspekte in der Betreuung von Betroffe- E-Mail: contact@aidshilfe-vorarlberg.at · Spendenkonto: 10 193 263 114 nen, Aktuelles aus den einzelnen AIDS- (Hypobank 58 000) Hilfen und von internationaler Ebene, Rezension, Daten, Zahlen und Termine sind Inhalt des Magazins. Unsere LeserInnen sind herzlich dazu ein- Servicestellen der AIDS-Hilfen Österreichs geladen, uns ihre Meinungen, Anregungen und Wünsche in Form von Leserbriefen mitzuteilen. Die Redaktion ist bemüht, so Redaktionsbüro Aidshilfe Salzburg: Medienservice Aids Hilfe Wien: viele und so vielfältige Stimmen wie mög- Linzer Bundesstraße 10 · A-5020 Salzburg Aids Hilfe Haus, Mariahilfer Gürtel 4 lich zu Wort kommen zu lassen, muss Tel.: 0662 / 88 14 88 · Fax: 0662 / 88 14 88-3 A-1060 Wien · Tel.: 01 / 595 37 11-81 sich jedoch im Einzelfall die Entscheidung E-Mail: plusminus@aidshilfen.at Fax: 01 / 595 37 11-17 über den Abdruck vorbehalten. E-Mail: wien@aids.at PlusMinus wird unterstützt von Gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit
PlusMinus 1/2012 Editorial ■ Wie krank darf man als Arbeitneh- heit und übertriebene Ängste von „HIV am Arbeitsplatz“ gestartet, die merIn eigentlich sein? In Österreich MitarbeiterInnen und Vorgesetzten in dieser Ausgabe des PlusMinus vor- gehen rund zwei Drittel der der HIV- verursachen einen nicht zu verach- gestellt wird. Hinzu kommt ein Bei- positiven Menschen einer geregelten tenden Teil des Drucks, der auf trag der AIDS-Hilfe Tirol, der das Arbeit nach. Der Großteil verschweigt Betroffenen im Arbeitsalltag lastet. Thema „HIV und Arbeit“ tiefgründiger die Infektion aus Angst vor Diskrimi- Die AIDS-Hilfen Österreich haben beleuchtet. Auch die Rubrik „Positiv nierung und Stigmatisierung, die ihm sich deshalb dieses Themas angenom- gesehen“, die dieses Mal von der AIDS- oder ihr schlussendlich den Job kosten men und rund um den Welt-AIDS- Hilfe Salzburg beigesteuert wird, be- könnte. Unaufgeklärtheit, Unwissen- Tag 2011 die Solidaritätskampagne fasst sich mit dieser diffizilen Thematik. HIV/AIDS und Arbeitswelt Von Dr. Lydia Domoradzki* ■ Aufgrund der enormen Fortschritte 20 Jahren – mit Diskriminierung und Trotzdem sind viele erfolglos auf Job- in Medizin und Forschung ist HIV/ Ausgrenzung. So hat die gesundheit- suche, weil sie nicht über eine ent- *Dr. Lydia Domoradzki, AIDS im Verlaufe der letzten einein- liche Verbesserung in vielen Bereichen sprechende Arbeitsbiografie verfügen, Leiterin der AIDS-Hilfe halb Jahrzehnte zu einer chronischen des Alltags und der Lebensrealität z. B. lange Krankenstände aus ver- Tirol Erkrankung geworden. Dies bedeutet, HIV-positiver Menschen noch kaum gangenen Jahren nicht zufriedenstel- dass in sehr kurzer Zeit ein tiefgrei- Spuren hinterlassen. Die Betroffenen lend erklären können, ohne ihren fender Wandel stattgefunden hat. selbst sprechen nicht über ihre Infek- positiven HIV-Status preiszugeben und Die einstmals häufig recht schnell zum tion, weil sie Angst haben, ihre Exis- quälen sich mit den Misserfolgen Tode führende Erkrankung, gegen die tenz aufs Spiel zu setzen, ihren Job zu dieses irgendwann als sinnlos emp- es keine wirksamen Medikamente gab, verlieren, wenn sie preisgeben, dass sie fundenen Tuns. ist zwar nicht heilbar, aber behandel- infiziert sind. Sie fürchten den sozialen Diejenigen, die berufstätig sind, sehen bar und für einen großen Teil der Be- Tod – den durch soziales AIDS ver- sich häufig vor eklatante Probleme troffenen gut handhabbar geworden. ursachten Tod – zu sterben. gestellt. Ist ihr positiver HIV-Status Diese Normalisierung im gesundheit- Sie zahlen einen hohen Preis für diese bekannt, so kommt es immer wieder lich-medizinischen Bereich hat aber Geheimhaltung. Sie zahlen mit der zu Diskriminierungen, Ausgrenzung, auch dazu geführt, dass HIV/AIDS Belastung des Schweigens, des Sich- übler Nachrede, Mobbing und eben unsichtbar geworden ist. Die Bilder Ausgegrenzt-Fühlens. Besonders gra- immer wieder auch zum Verlust des der vom Tode gezeichneten Körper vierend sind die Auswirkungen des Arbeitsplatzes. sind aus den Medien verschwunden – sozialen AIDS auf die Berufstätigkeit und mit diesen auch die Betroffenen – und damit auf die materielle Existenz ArbeitnehmerInnen, die ihren positi- aus dem öffentlichen Bewusstsein. und einen bzw. den zentralen Aspekt ven HIV-Status geheim halten, weil Den meisten von ihnen sieht man ihre von Identitätsstiftung und Sinnfindung. sie die Konsequenzen einer Offen- Erkrankung nicht (mehr) an. legung fürchten, stehen unter enor- Die meisten Betroffenen sind heute mem Druck, weil Verschleierungs- Die Gesellschaft hat mit der medizini- den Anforderungen ihres Berufes gut und Geheimhaltungsbemühungen ein schen Entwicklung in Richtung Nor- gewachsen und in ihrer Leistungs- und hohes Maß an Energie absorbieren malisierung nicht Schritt gehalten. Arbeitsfähigkeit kaum oder gar nicht und die Lebensqualität massiv beein- Sie reagiert auf Betroffene wie vor eingeschränkt. trächtigen. 3
PlusMinus 1/2012 Diese unerfreuliche Realität wird kaum POSITIVE EINSTELLUNG ben in Kontakt zu treten, um auch jemals durch böse Absicht verursacht. Eine Informationskampagne der direkt vor Ort Information, Schulung Vielmehr ist es so, dass Verhalten und AIDS-Hilfe Tirol zu HIV/AIDS und und Beratung anbieten zu können. Umgangsweisen sowohl von Arbeit- Arbeitswelt geberInnen, Vorgesetzten wie Kolleg- Befragt man Betroffene nach ihren Innen durch diverse Unsicherheiten Aufgrund dieser Fakten und des diesen Wünschen am Arbeitsplatz, so steht und Ängste geprägt sind, dass viele innewohnenden Handlungsbedarfs an erster Stelle ein selbstverständlicher, Fragen, Vorbehalte und Vorurteile im haben wir für die Jahre 2011 und offener und vorurteilsfreier Umgang Raum stehen. Zum einen kann dafür 2012 u. a. den Schwerpunkt „HIV mit ihrer HIV-Infektion. Sie wünschen mangelndes Wissen die Ursache sein, und Arbeitswelt“ gewählt. Wir ver- sich ein Klima und eine Haltung, die weit häufiger jedoch sind es diffuse folgen damit Zielsetzungen wie Infor- es ermöglichen, KollegInnen gegen- Ängste, die daraus resultieren, dass mieren und Aufklären, Bewusstsein über nicht schweigen zu müssen. Sie in den Köpfen vieler Menschen noch schaffen, Ängste abbauen, Diskrimi- wünschen sich einen ganz normalen das alte Bild von AIDS vorherrscht, nierungen entgegenwirken sowie Arbeitsalltag. Unser Projekt „Positive das einer Krankheit zum Tode, und Integration fördern. Einstellung“ soll dazu beitragen, das neue Bild der durch Medikamente dass dieser Wunsch zu einem erfüll- in Schach zu haltenden Erkrankung Als ersten Schritt haben wir den baren wird. noch nicht Eingang gefunden hat. Folder „Positive Einstellung“, der sich sowohl an ArbeitgeberInnen als Wir wissen, dass der für Betroffene auch ArbeitnehmerInnen richtet und in der Berufswelt am meisten beein- wichtige Informationen zum Bereich trächtigende Faktor die Angst ist als HIV/AIDS und Arbeitswelt enthält, HIV-positiv „geoutet“ zu werden. erstellt. Er wird vielfältig eingesetzt Die Personengruppe, die am seltensten und soll möglichst breit gestreut über- über eine HIV-Infektion informiert all dort verteilt werden, wo ein Zu- wird, ist die der ArbeitskollegInnen – sammenhang mit dieser Thematik deren Nicht-Wissen und das eigene gegeben ist. von den Verhältnissen erzwungene Um gezielt Personen erreichen zu Schweigen wird fast ausschließlich können, die an wichtigen Schnittstellen als belastend erlebt. sitzen, die Funktion von Vertrauens- personen oder Verantwortungsträger- AIDS muss wieder ins Bewusstsein Innen einnehmen, haben wir im weite- gerückt werden, wir brauchen einen ren Verlauf das AMS Tirol, den ÖGB neuen, einen realitätsgerechteren Blick und Bildungseinrichtungen wie das auf die Betroffenen, auf ihr Leben. WIFI kontaktiert sowie Schulungen Die noch immer vorherrschende Ta- bzw. Informationsveranstaltungen buisierung, das allgemeine Schweigen für ihre jeweiligen Zielgruppen zu halten sie am Rand der Gesellschaft, diesem Thema angeboten und z. T. im Unaussprechlichen und in der er- auch bereits durchgeführt. zwungenen Geheimhaltung fest. Das Angedacht ist in weiterer Folge über ist das Gegenteil von Normalisierung. BetriebsärztInnen mit Tiroler Betrie- Foto: AIDS-Hilfe Tirol Foto: kallejipp/photocase.de 5
PlusMinus 1/2012 „Wenn ich HIV-positiv wäre…“ Für Sensibilisierung, gegen Diskriminierung im Gesundheitswesen! ■ DER HINTERGRUND lage für das Projekt wurde eine Stich- positiv wäre…“ entwickelt. Neben Aufgrund der medizinischen Fort- probe von 20 Personen (14 Männer) der Kampagne wurde weiter ein Sen- schritte ist AIDS zu einer behandelba- herangezogen. Dabei zeigte sich, dass sibilisierungsworkshop konzipiert, der ren Erkrankung geworden, gegen die die Betroffenen schlechte Erfahrungen im Sommersemester 2011 und auch im FH-Profin. Maga. Drin. Ausgrenzung Betroffener ein Rezept in erster Linie in Arztpraxen gesam- folgenden Wintersemester Studieren- Eva Brunner, Professur für Angewandte zu finden, ist hingegen schwierig. melt hatten (9 Personen), gefolgt von den des Studienganges Gesundheits- Sozialwissenschaften, Prävention muss sich der Antidis- Arbeitsplatz und Ämtern (je 3 Per- und Pflegemanagement angeboten Fachhochschule Kärnten, kriminierungsarbeit annehmen und sonen). Die Versorgung durch Zahn- worden ist. Insgesamt nahmen dies Studiengang Gesundheits- und Pflegemangement das Phänomen „soziales AIDS“ be- ärztInnen wurde im Vergleich zu knapp 50 Studierende in Anspruch. kämpfen. Selbst das Gesundheitswesen praktischen ÄrztInnen und Fachärzt- Über den gesamten Projektzeitraum Maga. Maga. ist nicht frei von Vorurteilen: Im Ge- Innen am schlechtesten eingestuft. hinweg wurde starkes Augenmerk Michaela Wilhelmer, Projektmitarbeiterin der sundheitswesen Tätige (z.B. Ärzte- 40% geben konkrete Diskriminie- auf eine umfassende Forschungskom- aidsHilfe Kärnten schaft, Pflege) haben häufig negative rungserfahrungen an – 75 % dieser munikation gelegt, um für Öffentlich- Einstellungen gegenüber HIV-positiven Erfahrungen beziehen sich auf Zahn- keitswirksamkeit zu sorgen. Die Pro- BA Stefanie Neugebauer, Projektmitarbeiterin „Wenn Menschen, was sich negativ auf Inter- ärztInnen. Negative Erlebnisse wurden jektbausteine und deren Beziehung ich HIV-positiv wäre…“ aktion und Versorgung auswirken wie folgt beschrieben: als Letzte/r an zueinander sind in Abbildung 1 gra- kann; Sensibilisierungsmaßnahmen die Reihe kommen, Behandlungsver- fisch dargestellt. Peter Kreiner, Projektmitarbeiter – für diese Zielgruppe kommt eine große weigerung oder auch mangelnde Ver- Layout „Wenn ich HIV- Bedeutung zu. Daher hat die aids- schwiegenheit. DIE ANTIDISKRIMINIERUNGS- positiv wäre…“ Hilfe Kärnten in Kooperation mit Parallel zur Befragung wurde eine KAMPAGNE „WENN ICH HIV- Dr. Günther Nagele, dem Studiengang Gesundheits- und Literaturübersicht zu themenbezoge- POSITIV WÄRE…“ Leiter der aidsHilfe Kärnten Pflegemanagement (FH Kärnten) das nen wissenschaftlichen Studien als Primäre Zielgruppe der Kampagne Projekt „Wenn ich HIV-positiv wäre…“ Grundlage für das weitere Vorgehen sind wie bereits erwähnt im Gesund- im Mai 2011 gestartet. erstellt. Zudem wurden bestehende heitswesen Tätige. Durch die Arbeit Antidiskriminierungsmaßnahmen ge- mit Studierenden des Studienganges DAS PROJEKTKONZEPT: sichtet, um diese in der Vorbereitung Gesundheits- und Pflegemanagement VIELE BAUSTEINE – EIN THEMA der eigenen Initiative berücksichtigen im Zuge der Sensibilisierungswork- Das Projekt gliedert sich in unter- zu können. Basierend auf der Kam- shops werden neben Personen, die schiedliche Bausteine: In einem ersten pagne „If I were HIV-positive…“, die bereits im Gesundheitswesen arbeiten Schritt hat die aidsHilfe Kärnten im in Kooperation von AIDES (Leading (v.a. berufsbegleitende Studierende) Zuge einer breiter angelegten Befra- French HIV/AIDS and viral hepatitis auch zukünftige Entscheidungs- gung von HIV infizierten Menschen, NGO) und der IAS (International trägerInnen für diesen Bereich ange- diese auch zu diskriminierungsrele- AIDS Society) realisiert wurde, wurde sprochen (v.a. Vollzeitstudierende). vanten Aspekten befragt. Als Grund- das Konzept für „Wenn ich HIV- Die Kampagne wurde zum Weltaids- 6
PlusMinus 1/2012 tag 2011 präsentiert: Im Zuge einer haben könnte. Durch die Auseinan- und Pflegemanagement in Koope- Pressekonferenz, Pressemitteilung und dersetzung mit potentiellen Diskrimi- ration mit der aidsHilfe Kärnten im durch die Ausstellung der Kampag- nierungserfahrungen, von denen man Zuge der „XIX International Aids nenmaterialien in den City Arkaden selbst betroffen sein könnte, soll eine Conference“ (Juli 2012, Washington Klagenfurt und an der FH Kärnten Sensibilisierung für die Arbeit mit DC, USA) eine Conference Hub zum wurde das Projekt auch einer breiteren HIV-positiven Menschen stattfinden. Thema Diskriminierung HIV-positi- Öffentlichkeit vorgestellt. Die Kam- ver Menschen im Gesundheitswesen. pagnenmaterialien, die zum Einsatz AUSBLICK So können Beiträge dieser renom- kommen, sind Flyer im Postkarten- An der Dissemination der Kampagne mierten Konferenz für in der Region format (4 unterschiedliche Motive) wird auch 2012 weiter gearbeitet Interessierte erschlossen und gemein- sowie ein Poster, das alle Motive ge- werden: Neben der Ausgabe der Flyer sam kritisch diskutiert werden. sammelt abbildet (vgl. Abbildung 2). in Krankenhäusern und auch Arzt- praxen, wird die Kampagne in unter- Die Kooperation der aidsHilfe Kärnten Inhaltlich wird bewusst mit einem schiedlichen Formaten der Fach- und der FH Kärnten, Studiengang „etwas anderen“ Gedankenexperiment öffentlichkeit vorgestellt (z.B. Zeit- Gesundheits- und Pflegemanagement, gearbeitet: Die im Gesundheitswesen schriften- und Kongressbeiträge) und für die Entwicklung von Antidis- Tätige sollen zu Überlegungen ani- erste Evaluationsergebnisse werden kriminierungsmaßnahmen wird von miert werden, welche Konsequenzen zusammengestellt werden. Zudem der Österreichischen Forschungsför- wohl eine HIV-Infektion für sie selbst plant der Studiengang Gesundheits- derungsgesellschaft (FFG) gefördert. Foto: aidsHilfe Kärnten 7
PlusMinus 1/2012 HIV and Your SexLife – ein Informationsprogramm Von Maga. Birgit Leichsenring* *Maga. Birgit Leichsenring, med. Info/Doku der AIDS-Hilfen Österreichs seit 2007 ■ „HIV and Your Body“ ist ein euro- konkrete Lösungsmöglichkeiten auf- Auch ein frühzeitiger Samenerguss päisches Informationsprogramm für zuzeigen. kommt vor. Bei manchen Frauen Menschen mit HIV/AIDS, in welches PlusMinus möchte Ihnen hier einige kommt es zu einer reduzierten Be- seit 2009 auch die österreichischen diese Programminhalte vorstellen. feuchtung und somit zu Schmerzen AIDS-Hilfen involviert sind. (siehe auch beim Geschlechtsverkehr. Und so- PlusMinus 03/2009 und 02/ 2011). SEXUELLE DYSFUNKTIONEN wohl Frauen als auch Männer können Auch heuer wurde das Programm fort- Sexuelle Dysfunktionen (SD) sind Be- an Orgasmusstörungen leiden. gesetzt, dieses Mal unter dem Titel einträchtigungen, die das individuelle SD können zwar diagnostiziert werden, „HIV and Your SexLife“. Sexualleben stören können. SD können der ausschlaggebende Faktor ist hier Schwerpunkte lagen unter anderem sich ganz unterschiedlich äußern. Es jedoch immer das ganz individuelle auf den beiden Themenblöcken „Sexu- kann eine Veränderung in der gene- Empfinden gegenüber der eigenen elle Dysfunktionen“ und „Kinder- rellen Erregung (Libido) auftreten, Sexualität. Eine Dysfunktion ist also wunsch“. Wenn sie auch sehr unter- also stark gemindertes aber auch stark auch durch den persönlichen Leidens- schiedlich sind – es sind beides Themen, gesteigertes sexuelles Verlangen, wo- und Erwartungsdruck charakterisiert, die für sehr viele Menschen mit Tabus bei vor allem ersteres sehr häufig der selbstverständlich bei allen Men- und/oder offenen Fragen behaftet sind. vorkommt. Manche Männer haben schen unterschiedlich ist. Dies macht Programme wie „HIV and Your Sex- Schwierigkeiten, eine Erektion zu es schwierig, SD exakt zu definieren Life“ sind daher wichtig, um zu in- bekommen und/oder diese aufrecht oder eine tatsächliche Häufigkeit zu formieren, Ängste zu nehmen und zu halten (erektile Dysfunktionen). bestimmen. Foto: dommy.de/photocase.de 8
PlusMinus 4/2011 abgeklärt werden, denn meistens kann man etwas dagegen tun. Das Um- stellen von bestimmten Medikamenten oder die Reduktion von Alkohol, Drogen und Nikotin können helfen. Werden die Probleme durch einen zu niedrigen Level an Testosteron her- vorgerufen, sollte eine Hormonersatz- therapie angedacht. Für Erektions- störungen stehen Potenzmittel (soge- nannte PDE5-Inhibitoren, wie z.B. Viagra®) zur Verfügung. Auch die Verwendung von Gleitmitteln kann (z.B. bei unzureichender Befeuchtung • Häufigkeit sexueller Dysfunktionen hohe Anspruch an die eigene Sexu- der Scheide) unterstützend wirken. In der Gesamtbevölkerung haben alität, die momentane Stimmung, Da besonders häufig psychische As- vermutlich ca. 30% der Männer Pro- Beziehungskrisen, Depressionen oder pekte eine ausschlaggebende Rolle bleme mit frühzeitigem Samenerguss Ängste. Insbesondere eine Vorge- spielen, ist unter Umständen auch eine und etwa jeder fünfte Mann berich- schichte mit negativen Erfahrungen Psychotherapie hilfreich. tet über Erektionsprobleme. Letztere in Bezug auf Sexualität (emotionaler, nehmen mit steigendem Alter stark körperlicher und sexueller Missbrauch) KINDERWUNSCH zu, wobei eine Studie zeigte, dass die kann sich dementsprechend auswirken. Dank der HIV-Therapie ist es für HIV- empfundene Belastung auf Grund der Auch die Lebensumstände, das soziale positive Frauen und Frauen mit einem Erektionsstörungen gleichzeitig mit Umfeld und der Lebensstil (insbeson- HIV-positiven Partner mittlerweile steigendem Lebensalter abnimmt. In dere Alkohol und Drogen) spielen möglich, gesunde Kinder zu bekom- einer schwedischen Umfrage gaben eine Rolle. men und aufzuziehen. Zum Thema bis zu 45% der befragten Frauen eine Kinderwunsch gibt es dennoch häufig belastende SD an. Bei Menschen mit • Medikamente und sexuelle Dys- offene Fragen. So steht bereits zu Be- HIV/AIDS treten sexuelle Dysfunkti- funktionen ginn die Frage im Raum: „Wie werde onen noch häufiger auf. In Studien Natürlich beeinflusst nicht jedes ich schwanger, ohne meinen Partner gaben bis zu 50% eine SD an. Medikament die Sexualität, aber von oder mich selbst dem Risiko einer HIV- manchen Medikamenten ist es defi- Übertragung auszusetzen?“ • Ursachen sexueller Dysfunktionen nitiv bekannt. Hierzu gehören eine Hier gibt es mehrere Möglichkeiten, SD sind nicht auf einzelne Lebensab- ganze Reihe an Psychopharmaka, abhängig von der jeweiligen Situation. schnitte beschränkt und können durch Antidepressiva, Antipsychotika, angst- unterschiedlichste Ursachen hervor- lösende und schlafanstoßende Wirk- • Selbstinsemination gerufen werden. stoffe, sowie z.B. Cholesterinsenker Die sogenannte Selbstinsemination Zum einen können körperliche/orga- und Medikamente gegen Bluthoch- ist eine relativ einfache Möglichkeit, nische Ursachen vorliegen, also z.B. druck. Diverse Studien haben zudem für eine HIV-positive Frau schwanger ein Ungleichgewicht im Hormonhaus- eine Auswirkung von HIV-Medika- zu werden, ohne dass für den HIV- halt, Erkrankungen des Urogenital- menten auf die Sexualität gezeigt. negativen Partner ein Infektionsrisiko trakts, Herzkreislauferkrankungen, durch ungeschützten Geschlechtsver- Diabetes, Nervenschäden, Verletzungen • Behandlungsmöglichkeiten sexuel- kehr besteht. Hier wird einfach selb- oder die Einnahme von bestimmten ler Dysfunktionen ständig Sperma des Partners mit Hilfe Medikamenten. Oft sind sie jedoch Mögliche Ursachen einer sexuellen einer Plastikspritze (ohne Nadel ver- psychischen Ursprungs, etwa der zu Dysfunktion sollten auf jeden Fall steht sich) in die Vagina eingeführt. Foto: benicce/photocase.de 9
PlusMinus 1/2012 und Paare gleichermaßen angeboten. • Natürliche Empfängnis Stammt das Sperma für eine künstliche Seit längerem ist allerdings auch eine Befruchtung von einem HIV-negativen ganz natürliche Empfängnis durch un- Mann, kann es ohne weitere Aufbe- geschützten Geschlechtsverkehr kein reitung verwendet werden. Stammt Tabuthema mehr, sondern zu medizi- es von einem HIV-positiven Mann nischer Realität geworden. Bereits besteht ein Infektionsrisiko für die 2008 hatten Schweizer ExpertInnen Frau und wird daher vorab mit einem postuliert, dass bei HIV-positiven speziellen Verfahren gereinigt. Die Menschen unter ganz bestimmten Vor- Spermienreinigung ist ein technisches aussetzungen nur mehr ein zu vernach- Verfahren, bei dem die Spermien von lässigendes Risiko einer HIV-Über- der Samenflüssigkeit getrennt werden. tragung auf sexuellem Wege bestehen In dieser Samenflüssigkeit, welche die würde. (Hier spielen eine Viruslast Spermien umgibt, befinden sich auch für längere Zeit unterhalb der Nach- die HI-Viren. Spermazellen selbst weisgrenze dank optimaler Therapie können von den Viren nicht infiziert und der Ausschluss weiterer sexuell werden. Mit dieser Methode erhält übertragbaren Infektionen eine Das Paar kann also z.B. zu Hause ge- man daher Spermien, die für eine wesentliche Rolle.) schützten Geschlechtsverkehr haben künstliche Befruchtung verwendet und im Anschluss das im Kondom werden können und kein mögliches Und immer mehr Daten belegen gesammelte Sperma für die Selbstin- Übertragungsrisiko für die Frau dar- mittlerweile, wie massiv das Übertra- semination verwenden. Der optimale stellen. Diese Verfahren stehen nur gungsrisiko innerhalb diskordanter Zeitpunkt hierfür ist zum Eisprung in speziellen Laboratorien zur Ver- Paare sinkt, wenn die Viruslast der der Frau, also an ihren fruchtbarsten fügung. HIV-positiven PartnerInnen mittels Tagen. Der Eisprung kann gut mit- konsequenter und wirkungsvoller tels Ovulationstest (Harntest) festge- • Methoden der künstlichen HIV-Therapie unter der Nachweis- stellt werden. Befruchtung grenze liegt. Für Paare mit Kinder- Prinzipiell stehen drei Methoden zur wunsch ergibt sich daraus eine neue • Fruchtbarkeitsstörungen und Verfügung. Bei der intrauterinen In- Möglichkeit. Ist der HIV-positive Mann künstliche Befruchtungen semination (IUI) werden Spermien optimal therapiert, kann zum Zeit- Fruchtbarkeitsstörungen kommen direkt von MedizinerInnen in die punkt des Eisprunges eine Empfängnis häufig vor bzw. eine natürliche Em- Gebärmutter (Uterus) eingebracht. mittels ungeschützten Geschlechts- pfängnis ist nicht immer möglich. Bei der in-vitro Fertilisation (IVF) verkehrs erzielt werden. Zusätzlich In Europa ist schätzungsweise jedes werden der Frau Eizellen entnommen erhält ebenfalls die HIV-negative sechste Paar davon betroffen. Bei und im Labor mit den Spermien ver- Frau während dieser Zeit antiretro- Frauen und Männern mit HIV/AIDS bunden. Im Anschluss werden die virale Medikamente. Somit ist das ist zudem die Fruchtbarkeit im Durch- befruchteten Eizellen in die Gebär- Infektionsrisiko für die Frau auf ein schnitt generell etwas geringer als in mutter der Frau eingesetzt. Die dritte Minimum gesenkt. Natürlich muss der Gesamtbevölkerung. In diesen Möglichkeit ist die sogenannte intra- hier bemerkt werden, dass auch ein Fällen kann eine sogenannte „assis- zelluläre Spermieninjektion (ICSI). Minimum ein Restrisiko darstellt tierte Empfängnis“ helfen. Hier wird nur ein einzelnes Spermium und daher beide PartnerInnen aus- Künstliche Befruchtungen können mittels einer dünnen Nadel aufge- führlich informiert und einverstanden allerdings eine körperlich und emo- nommen und unter dem Mikroskop sein müssen. Die Situation ist von tional belastende Prozedur sein, sind direkt in eine Eizelle injiziert. Diese Paar zu Paar verschieden und darf kostenintensiv und werden nicht in wird wiederum in die Gebärmutter daher nur mit intensiver Betreuung allen Ländern und für alle Frauen eingesetzt. und Beratung erfolgen. Foto: Jenzig71/photocase.de 10
PlusMinus 1/2012 Ich weiß ja nicht, mit wem er/sie vorher Sex hatte Von Lola Fleck und Günther Polanz* ■ Die Slogans „Ich weiß ja nicht, mit übertragbare Infektion. Noch dazu dom. Danach kennen Sie sich immer * Lola Fleck, seit 1995 wem er vorher Sex hatte“ beziehungs- eine, wo nichts juckt und brennt. besser, sprechen von Beziehung und Leiterin der AIDS-Hilfe weise „Ich weiß ja nicht, mit wem sie Denn 10 Jahre und mehr können ver- irgendwann beschließen Sie, auf das Steiermark, und vorher Sex hatte“ waren im Dezem- gehen, bis nach einer Ansteckung erste Kondom zu verzichten. Günther Polanz, seit ber 2011 auf 800 Plakatwänden in Symptome der Erkrankung AIDS auf- Sie haben irgendwie das Gefühl: 2010 Präventionsmit- der gesamten Steiermark zu lesen. treten. Ohne dass man selbst etwas Liebe und „Misstrauen“ passen nicht arbeiter der AIDS-Hilfe weiß, gibt man das Virus an seine zusammen. Steiermark. Was ist damit gemeint? Wer mit einem SexualpartnerInnen weiter. anderen Menschen Sex ohne Kondom Ungeschützter Sex ist nach wie vor hat, kommt auch mit der gesamten Um das zu veranschaulichen, laden der häufigste Ansteckungsweg mit HIV. sexuellen Vergangenheit seines Part- wir Sie zu einem Gedankenexperi- Nur Kondome schützen. Oder Sie ners/seiner Partnerin in Kontakt – ment ein: machen beide einen HIV-Test und zumindest wenn es um sexuell über- Stellen Sie sich vor: Sie lernen jeman- sind sich anschließend treu (bzw. ver- tragbare Infektionen geht. Die HIV- den kennen und es funkt. Das erste wenden bei einem Seitensprung ohne Infektion ist letztlich eine sexuell Mal miteinander – natürlich mit Kon- Kompromisse immer ein Kondom). Fotos: AIDS-Hilfe Steiermark 11
PlusMinus 1/2012 Personalisierte Medizin – HIV-Therapie als Vorbild Von Mag. Birgit Leichsenring* Meistens tritt diese Reaktion auf Aba- cavir innerhalb der ersten 14 Tage auf, zu 90% aber in den ersten 6 Wochen. Wenn die Therapie mit Abacavir ab- gesetzt wird, gehen auch die Symp- tome zurück. Wird die Behandlung fortgesetzt, können sie unter Um- ständen stärker werden. Es stellte sich heraus, dass fast alle PatientInnen mit einer solchen Un- verträglichkeit eine Gemeinsamkeit haben – nämlich einen ganz speziellen Abschnitt in der Erbinformation. „HLA-B“ ist ein ganz bestimmtes ■ Unter dem Schlagwort „personali- HIV-Therapien enthalten und nach menschliches Gen, welches in unter- sierte Medizin“ versteht man medika- den europäischen Richtlinien auch schiedlichen Variationen vorkommt. mentöse Therapien (ganz unabhängig Bestandteil einer empfohlenen mögli- Eine Variante davon ist das soge- *Maga. Birgit Leichsenring, von der Art der Erkrankung), die in- chen Ersttherapie ist. Es handelt sich nannte „HLA-B*5701 Allel“. med. Info/Doku der dividuell auf die einzelnen Patient- hierbei um einen sogenannten NRTI Zusammengefasst: PatientInnen ohne AIDS-Hilfen Österreichs seit 2007 Innen zugeschnitten sind. Denn oft (nukleosidischer Reverse Transkrip- das HLA-B*5701 Allel haben kaum wirken Medikamente bei PatientInnen tase Inhibitor), der einen essentiellen ein Risiko für diese Unverträglich- nicht bzw. nicht optimal oder rufen Schritt in der Vermehrung der HI- keit, für PatientInnen die das Allel in unerwünschte Nebenwirkungen hervor. Viren hemmt. Detaillierter gesagt, ihrem Erbgut tragen, besteht ein deut- Längst hat sich in vielen Bereichen hemmen NRTIs das Umschreiben der liches Risiko. Ein Zusammenhang, gezeigt, dass eine „Therapie für alle“ viralen Erbinformation von der Form der eindeutig in klinischen Studien nicht immer der beste Weg ist. Das der RNA in DNA, nachdem das Virus belegt wurde. Ziel der personalisierten Medizin ist in eine Zielzelle gelangt ist. In der Praxis stellt sich somit die Mög- es also, Reaktionen auf Medikamente lichkeit einer individuellen Therapie- im Vorfeld abschätzen zu können und Zugelassen ist Abacavir seit 1999 und wahl. Bevor eine Therapie mit Abacavir somit den betroffenen PatientInnen seither als Einzelpräparat mit dem begonnen wird, kann mittels eines die für sie optimale Behandlung zu Handelsnamen Ziagen® bzw. nach- Gentests auf den beschriebenen Gen- ermöglichen. Allerdings sind viele folgend als Mehrfachpräparat in Kom- abschnitt hin untersucht werden. Ursachen für ein Nichtansprechen bination mit anderen Wirkstoffen als Fällt er positiv aus, sollte eine Therapie auf Medikamente noch gänzlich un- Kivexa® und Trizivir® erhältlich. Es ohne den Wirkstoff gewählt werden. bekannt, da diese meistens auf feinen hat sich gezeigt, dass es bei ca. 5% So wird schon im Vorfeld einer genetischen Unterschieden beruhen. der PatientInnen, die Abacavir im Therapie die möglicherweise auftre- Trotzdem ist die personalisierte Rahmen ihrer HIV-Therapie einneh- tende Unverträglichkeit verhindert. Medizin keine reine Zukunftsvision, men, zu einer Medikamentenunver- denn in der HIV-Therapie wird sie träglichkeit, einer sogenannten Hyper- Dieses Beispiel zeigt, dass es bereits schon angewandt: seit einigen Jahren sensitivitätsreaktion (HSR), kommt. Realität ist, eine Therapieentscheidung hat z.B. ein spezieller Gentest Einzug Fast alle PatientInnen mit einer sol- ganz individuell für die einzelnen Pati- in die Wahl einer HIV-Therapie ge- chen Reaktion auf das Medikament entInnen zu treffen und ihnen damit funden. erleben Fieber und Hautausschlag die für sie bestmögliche Behandlung (96%). Aber auch Symptome wie zu bieten. Im Sinne der personalisier- Der antiretrovirale Wirkstoff Abacavir Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit oder ten Medizin stellt die HIV-Therapie (ABC) ist eine Substanz, die in vielen Kopfschmerzen können auftreten. damit durchaus ein Vorbild dar. Foto: stocksnapper/photocase.de 12
PlusMinus 1/2012 HIV und Arbeit Eine Solidaritätskampagne der AIDS-Hilfen Österreichs Von Willi Maier* ■ Solidarität mit Menschen mit HIV/ weite Inseratenkampagne für die Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, *Willi Maier, seit 2009 AIDS ist eine elementare Voraussetz- AIDS-Hilfen finanziell nicht realisier- dass auch die Arbeiterkammer, einige Redakteur der Aidshilfe ung, um diese Krankheit wirksam bar wäre, wenn die beteiligten Print- PolitikerInnen auf Landes- und Bun- Salzburg bekämpfen zu können. Obwohl der medien sich nicht äußerst großzügig desebene, die deutsche AIDS-Hilfe medizinische Fortschritt HIV/AIDS gezeigt hätten. Ebenso wertvoll war und diverse HIV-Selbsthilfegruppen **Quelle: in den sogenannten westlichen Indus- die Unterstützung der Agentur Omni- unsere Sicht der Dinge unterstützt http://www.oegnae- trienationen zu einer recht gut behan- Media, die ihre landesweiten Kontakte haben. Schlussendlich haben aber hiv.at/Lebensqualitaet_ delbaren, wenn auch nicht heilbaren für unsere Zwecke nutzbar machte Dennis Beck, Obmann der Aids-Hilfe OeGNAe_Endbericht.pdf Krankheit gemacht hat, prägen immer und somit maßgeblich am Erfolg der Wien, und Philipp Dirnberger, Leiter noch große Ungerechtigkeiten das Kampagne beteiligt war. Erfolgreich der Aids-Hilfe Wien, die WKO in Leben mit der Infektion. Natürlich unter anderem auch, weil die Soli- einem Gespräch überzeugen können, haben die AIDS-Hilfen und andere daritätskampagne vom Verband die diskriminierenden Inhalte von Organisationen, Vereine und Institu- Österreichischer Zeitungen (VZÖ) in ihrer Homepage zu entfernen. tionen in der jüngeren Vergangenheit der Kategorie Social Advertising mit Dieser Fall ist traurig, aber wahr. viel wertvolle Arbeit geleistet und dem silbernen ADGAR, das ist einer Und er zeigt deutlich, dass wir in existierende Ängste und Vorurteile der wichtigsten und begehrtesten Wer- Österreich des Jahres 2012 noch gegenüber Betroffenen reduziert. bepreise in Österreich, ausgezeichnet immer Menschen brauchen, die gegen Dennoch werden Menschen mit HIV/ wurde. Insgesamt konnte das Sujet Unwissenheit, Diskriminierung und AIDS in Österreich immer noch dis- in 19 unterschiedlichen Printmedien unbegründete Ängste ankämpfen kriminiert und stigmatisiert. Aus die- (u.a. Profil, Standard, Falter, SN, TT, müssen. sem Grund war schon länger geplant, VN, OÖ Nachrichten, Trend, Wirt- eine landesweite Solidaritätskampagne schaftsblatt, Kleine Zeitung) geschal- zu lancieren, welche sich mit einer ten werden. Wichtig war uns hier, dass dieser Ungerechtigkeiten, in diesem das Sujet möglichst im Wirtschafts- Fall mit HIV in der Arbeitswelt, ge- teil abgedruckt wird, damit die anvi- nauer auseinandersetzt. Es wird oft sierte Zielgruppe – Entscheidungs- vergessen, dass rund zwei Drittel** aller trägerInnen an den Schalthebeln der von HIV/AIDS betroffenen Menschen Wirtschaft, Führungskräfte, Leiter- einer festen Anstellung nachgehen. Innen der Personalabteilung usw. – Viele von ihnen verschweigen aus besser erreicht werden kann. Angst vor Diskriminierung ihre Er- krankung und müssen daher tagtäg- Die Bedeutsamkeit dieser Überlegungen lich eine enorme psychische Belastung wurde von der Wirtschaftskammer ertragen. Österreich (WKO) bestätigt, die auf ihrer Homepage einen haarsträuben- FEUERN SIE IHREN UNPRODUK- den Ratgeber zu genau diesem Thema TIVSTEN MITARBEITER veröffentlicht hat, der unter anderem Ende November 2011 starteten die vorschlug, HIV-Positive aus einer AIDS-Hilfen Österreichs die Solidari- ganzen Reihe von Berufen bzw. ganzen tätskampagne „HIV und Arbeit“ und Berufssparten (z.B. Gastronomie, haben damit begonnen, in österrei- Gesundheitsberufe, Friseure) auszu- chischen Zeitungen und Magazinen schließen. Erste Proteste der AIDS- ein von der Agentur Schüller & Heise Hilfen konnten die Wirtschaftskammer, entwickeltes Sujet zu inserieren. An die ohne einen Gegenbeweis keine dieser Stelle darf nicht außer Acht ge- Änderungen an ihrer Darstellung vor- lassen werden, dass eine österreich- nehmen wollte, leider nicht überzeugen. Foto: AIDS-Hilfen Österreichs 13
PlusMinus 1/2012 Der Oberösterreichische Aidstag Kann die Fachtagung Diskriminierung im Gesundheits- und Pflegebereich vermindern? Von Maga. Johanna Swoboda* Maga. Johanna Swoboda, Eine solche Rückmeldung haben wir Präventionsmitarbeiterin am 20. Oberösterreichischen Aidstag der AIDSHILFE OBER- durch einen Fragebogen, der an alle ÖSTERREICH Anwesenden ergangen ist, eingeholt. 138 Personen füllten ihn im Anschluss an die Veranstaltung aus. Die Frage, ob die Veranstaltung ausreichend Zur Geschichte des Ober- Informationen rund um das Thema österreichischen Aidstages, HIV und AIDS enthalten hat, wird siehe: Stummer, Klaus, von allen Antwortenden bejaht (85% Berührungsängste verlieren mit „ja, sehr“, 15% mit „eher schon“). – Professionalität gewinnen, Dass die Informationen für den zu- in Plus Minus 4/2010 künftigen Berufsalltag sehr wichtig seien, bestätigen 63% der Teilnehmer- Innen, 30 % betrachten sie als eher wichtig und 7% als eher unwichtig. Eine Frage, die uns ganz besonders im Hinblick auf die durch Unsicher- ■ Seit 20 Jahren veranstaltet die für die Begegnung mit HIV-infizierten heit und Ängste verursachte Diskrimi- AIDSHILFE OBERÖSTERREICH Menschen geschaffen und die Mög- nierung von HIV-positiven Menschen in Zusammenarbeit mit dem Land lichkeit geboten werden, Einblick in beschäftigt, betrifft Berührungsängste. Oberösterreich und der Stadt Linz deren Lebensgeschichten zu erhalten Dass diese durch die Informationen den Oberösterreichischen Aidstag. und etwas von deren Ängsten und und Gesprächsrunden, die der Ober- Es ist dies eine Fachtagung, die sich Hoffnungen kennen zu lernen. österreichische Aidstag anbietet, ge- an Personen aus dem Gesundheits- ringer werden können, trifft für mehr und Sozialberreich sowie an andere Bei der Planung des Oberösterreichi- als die Hälfte der Teilnehmenden Interessierte wendet. Den Großteil schen Aidstages legen wir Wert auf eine „sehr“ zu, mehr als ein Drittel setzt der Teilnehmenden bilden Schüler- ausgewogene Mischung zwischen fach- ein Kreuz auf „eher schon“. Für nur innen und Schüler aus oberösterrei- lich fundierten Inputs, der Vermitt- 7% trifft dies (eher) nicht zu. Sicher chischen Gesundheits- und Kranken- lung sehr persönlicher und direkter ist es auch ganz besonders unseren pflegeschulen. Ziel dieser Weiterbil- Einblicke in die Lebenswelt Betroffe- HIV-positiven Gesprächsrunden- dungsveranstaltung ist eine fachliche ner, aber auch Erfahrungsberichten TeilnehmerInnen zu verdanken, dass Auseinandersetzung mit dem Thema derer, die unmittelbar mit HIV-infi- fast alle Personen angegeben haben, HIV/AIDS, um so Diskriminierungen zierten Menschen im Gesundheits- sich nun besser vorstellen zu können, von HIV-positiven Menschen im Ge- und Krankenbereich arbeiten. Die wie Menschen mit HIV/AIDS leben sundheits- und Pflegebereich entgegen persönlich mitgeteilten Rückmeldun- („ja, sehr“: 54%, „eher schon“: 41%) . zu wirken. Vor einigen Jahren haben gen über den Oberösterreichischen wir begonnen HIV-positive Menschen Aidstag waren durchwegs positiv, auch Entsprechend der Zielgruppe der Ver- als ReferentInnen in die Tagung einzu- unsere unmittelbaren Eindrücke be- anstaltung wurden auch die Frage- planen. Als geeignetes Mittel, die Teil- stätigen dieses Ergebnis. Allerdings bögen großteils von SchülerInnen des nehmenden zum Anteil-Nehmen anzu- fehlte uns bislang eine breiter ange- Gesundheits- und Sozialbereiches regen, erschienen uns Gesprächsrunden legte Rückmeldung, ob die Intenti- ausgefüllt. Gab es Informationen, die mit Betroffenen in der Größe von 15– onen, die wir mit dem Oberösterrei- Ihnen vollkommen neu waren? – 35 Personen. In dieser Gesprächs- chischen Aidstag verbinden, zielfüh- haben wir die Teilnehmenden gefragt, runde sollten die Rahmenbedingungen rend sind. auch, um etwas über ihr Vorwissen 14 Foto: AIDSHILFE OBERÖSTERREICH
PlusMinus 1/2012 zu erfahren. Hier überwiegt die Ant- Berechnungen haben aber keinen sig- Darüber hinaus hat unser Fragebogen wort „eher nicht“ mit 44% und für nifikanten Zusammenhang aufge- auch Platz für „Anmerkungen und 11% war überhaupt nichts Neues zeigt. Das heißt, unabhängig davon, Verbesserungsvorschläge“ enthalten. dabei. Viel Neues gab es für 15%, ob die Personen schon einmal Kon- 14 Personen haben diesen Platz ge- einiges Neues für 30%. takt zu HIV-positiven Personen hatten nützt, und zwar überwiegend für Lob oder nicht, profitieren sie von der und Dankesworte. Von ihnen wird Ganz allgemein hat uns auch interes- Veranstaltung gleichermaßen. betont, dass ganz besonders die Ge- siert, inwieweit die TeilnehmerInnen sprächsrunden mit Betroffenen sehr des diesjährigen Oberösterreichischen Aus den Ergebnissen kann auch eine aufschlussreich gewesen seien und Aidstages zuvor schon Kontakt zu Gesamtbewertung ermittelt werden, auf jeden Fall als wichtiger Bestand- einer HIV-positiven bzw. an AIDS indem ein Durchschnitt des Ant- teil des Oberösterreichischen Aids- erkrankten Person hatten. Dies trifft wortverhaltens berechnet wird. Die tages beibehalten werden sollten. für 70% nicht zu, 17% (das sind 24 vier entsprechenden Fragen (Menge Personen) hatten ein Mal Kontakt, der Informationen, Relevanz der Auf Basis der Ergebnisse unserer Be- 13 Personen mehrmals. Wir hatten Informationen, Verringerung der fragung sehen wir das auch so, und die Hypothese, dass besonders jene, Berührungsängste und verbesserter fühlen uns darin bestätigt, dass der die noch nie Kontakte hatten, in be- Einblick) werden auf der Skala von Oberösterreichische Aidstag einen sonderem Ausmaß von den Informa- 1 bis 4 im Durchschnitt mit 3,58 Beitrag zur Verminderung der Dis- tionen der Veranstaltung profitieren bewertet, das ist eine sehr positive kriminierung im Gesundheits- und und Berührungsängste verlieren. Bilanz. Pflegebereich leisten kann. ■ Wahrscheinlich war ich zum dama- ligen Zeitpunkt einfach nur naiv. Nach nur drei Wochen habe ich meiner damaligen Chefin anvertraut, dass ich von HIV betroffen bin. Ich hätte nicht im Traum daran gedacht, dass diese POSITIV GESEHEN Mitteilung so schwerwiegende Folgen für mich haben könnte, aber schon am nächsten Tag ging alles Schlag auf Schlag. Meine Chefin sprach die Kün- digung aus, was für mich bedeutete, dass ich auch mein Dienstzimmer keine Kraft mehr. Die Suche nach aufgeben musste und mehr oder einer neuen Wohnung und einer weniger von heute auf morgen auf neuen Anstellung – hinzu kommt der Straße stand. Sie meinte zwar, sie noch die psychische Belastung durch hätte mit meiner Infektion keinerlei die ungerechte Kündigung – hatten Probleme, aber aus Angst vor der mir schwer zugesetzt. Danach hab Öffentlichkeit habe sie keine andere ich mir ganz fest vorgenommen, mich Wahl. Das müsste ich doch einsehen. nie wieder jemandem anzuvertrauen, auch nicht, wenn ich die betreffende Leider habe ich es damals verab- Person schon jahrelang kenne. Nie säumt, rechtliche Schritte dagegen wieder ein Outing am Arbeitsplatz, einzuleiten. Ich hatte ganz einfach das ist mein Motto. Foto: *pina/photocase.de 15
PlusMinus 1/2012 P.b.b. · Verlagspostamt 5020 Salzburg · GZ 02Z032017 M Rezensionen Horst Engel: Sieg über Aids. Aufgabe haben die beiden bis heute Neukirchen: Make a Book Verlag, nicht aufgegeben. S 193, 14,90 Euro. Horst Engel gelingt es mit klaren und einfachen Worten die Lebens- und ■ Moy lebt unter thailändischen Rubin- Liebesgeschichte seiner thailändischen suchern, als ihr Stiefvater – ein leiden- Frau facettenreich zu beschreiben. Das schaftlicher Spieler, was nichts Außer- interessante dabei ist, dass er den Roman gewöhnliches bei Thais ist – kaltblütig aus ihrer Perspektive geschrieben hat, erschossen wird. Mit dieser tragischen was an einigen Stellen verstörend wirkt, Szene startet Horst Engel die Lebens- vor allem, wenn er aus ihrer Sicht seine sich rührend um ihre fünfjährige Tochter, geschichte seiner thailändischen Frau, eigenen Qualitäten beim Beischlaf be- Samira, kümmert. Die unregelmäßigen die sich, als Unterprivilegierte in einem schreibt. Abgesehen davon ermöglicht Treffen verlaufen aber nicht nach Karins ohnehin armen Land, mit harter Arbeit Engel seinen LeserInnen einen wunderbar Geschmack, da Andreas jedesmal subtil auf Reisfeldern und Baustellen über authentischen Einblick in die buddhis- um Geld bettelt. Kurz bevor der Kontakt Wasser zu halten versucht. Enttäuscht tisch geprägte Lebens- und Denkweise zu ihrem Sohn gänzlich abzubrechen von versoffenen und brutalen Männern seines Wahlheimatlandes und hat zudem scheint – zwischen Sally und Karin verschlägt es die blutjunge und bild- eine mutige und spannende Geschichte herrscht Eiszeit, Andreas erleidet eine hübsche Frau ins berühmt-berüchtigte zum Thema HIV/AIDS abgeliefert. Psychose und attackiert seine Mutter thailändische Rotlichtmilieu. Dort lernt tätlich – erfährt sie von der Krankheit sie nach einigen sexuellen Turbulenzen ihres Sohnes. Andreas hat das Ergebnis den Autor dieses Buches kennen. Horst Martha Stadlmair: Eingestrickt. einer Blutuntersuchung nie abgeholt, verliebt sich in Moy; die beiden heiraten Roman. Oberhausen: Noel-Verlag, wohl in dem Wissen, dass etwas nicht ungeachtet ihres großen Altersunter- 2011, S 241, 14,90 Euro. stimmen würde. Andreas ist HIV posi- schieds und bauen sich ein traumhaftes tiv, verliert einen Job nach dem anderen, Haus, wo sie von nun an zusammen mit ■ Die Liebe einer Mutter zu ihrem Sohn verweigert die Einnahme von Medika- Moys Sohn ihren Lebensabend genießen wird in dem Roman „Eingestrickt“ von menten und schließt sich einer funda- wollen. Wie aus dem Titel des Buches Martha Stadlmair auf eine harte Probe mentalistischen Kirchenbewegung an. unschwer zu erahnen ist, erfahren Horst gestellt. „Karin ist eine alleinerziehende „Die HIV-Betroffenen haben die ver- und Moy, dass sie beide von HIV/AIDS Mutter, oder sagen wir war, denn ihr schiedensten Gesichter und jeder seine betroffen sind, was ihre Liebe zueinan- Sohn Andreas ist bereits 22 Jahre alt, eigene Geschichte.“ der aber in keiner Weise negativ beein- ausgebildeter Coiffeur und hat den ersten Gekonnt erzählt die Autorin den gesell- flusst. Im Gegenteil, sie entwickeln nach Wiederholungskurs im Militär hinter schaftlichen Abstieg und die verzweifel- einer schicksalhaften Begegnung mit sich“. Seit dem Tod der Großmutter, die ten Ersatzhandlungen eines von HIV/ einem buddhistischen Mönch ein be- ihn stets beschützt hat, sei es finanziell AIDS Betroffenen. Es gelingt ihr die wundernswertes soziales Engagement, oder emotionell, hat Andreas sich ver- psychischen und sozialen Facetten der indem sie sich für verarmte Waisen- ändert. Er benimmt sich der Mutter Krankheit realistisch und äußerst leben- kinder stark machen. „Ich kann die gegenüber immer rücksichtsloser und dig zu beschreiben. Vor allem das Leiden Augen dieser Waisen nicht vergessen, egoistischer, sodass Karin nichts anderes der Mutter, ihre Hilflosigkeit gegenüber die haben gestrahlt wie ein Weihnachts- übrig bleibt, als den undankbaren Nach- der schrecklichen Situation und ihre baum […] Aber vor allem bin ich sicher, wuchs sanft aus der mütterlichen Woh- Angst einmal am Grab ihres Sohnes zu dass wir eine Aufgabe gefunden haben, nung zu entlassen. Von Schuldgefühlen stehen, bewegen und führen schlussend- die uns beschäftigen wird und uns hilft, geplagt, sucht Karin immer wieder den lich zu dem versöhnlichen Ende, das nur nicht nur an uns und unsere Scheiß- Kontakt zu ihrem Sohn, der sich in der allzu deutlich zeigt: „Die Liebe einer krankheit zu denken.“ Diese ehrenvolle Zwischenzeit in Sally verliebt hat und Mutter kann vieles heilen“.
Sie können auch lesen