RECEIVED SEP 27 #6 OSTI - Z - OSTI.GOV

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                      RECEIVED        x _______________J

                       SEP 27 #6                 G

                         OSTI

BEITRAGE ZUR REGIONALEN ENTWICKLUNG                      HEFT 26
KS002040186

                                                                       *DE008830823*
 Nutzung der Wasserkraft
 im GroBraum Hannover

 Eine Studie im Auftrag des
 Zweckverbandes GroBraum Hannover

 Auftragnehmer:
                  Bestandserfassung
                  im Landkreis Hannover:

                  Vereinigung zur Erhaltung von
                  Wind- und Wassermuhlen in
                  Niedersachsen und Bremen e. V.
                  (Nds. Muhlenvereinigung)
                  verantwortlich: J. Klose
                  Dokumentation fur die Stadt Hannover
                  und Standortgutachten:

                  ARENHA Ing- GmbH
                  Striehlstr. 11,
                  3000 Hannover 1
                  verantwortlich: D. v. Krosigk
                               ' &   o/iav
’ Betreuung:
                                                                                 C2$

                  Dipl.-Geogr. U. Sahling
                  GroBraum Hannover

 Osnabriick, Marz 1991
 Hannover, Januar 1992
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I

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Inhalt

Kapitel                                                                                                                                 Seite

1. ' Einleitung.............................................................................................................................8
      1.1      Aufgabenstellung.................... .................................................................................. 8
2.    Rahmenbedingungen fur die Reaktivierung von Wasserkraftanlagen..............................9,
      2.1      Rechtliche Voraussetzungen (Nutzungsrecht,
               Abnahmeverpflichtung der EVU)...........................                                                                    9
      2.2      Finanzielle Voraussetzungen (offentliche Forderung,
               Einspeisepreise)........................................................................................................ 10
      23       Hydrologische und technische Voraussetzungen...................................                                           10
3.    Beschreibung des Untersuchungsgebietes....................................................................... 13
4.    Beratung der Anlagenbesitzer...........................................................................................15
5.    Die Durchfuhrung der Bestandserhebung....................................................................... 16
      5.1      Die Wasserkraftstandorte.........................................................................................16
      5.2      Beurteilung der Standorte........................................................................................17
      5.3      Die Begehung der Anlagen......................................................................................19
6.    Ergebnisse...............................................                                                                          20
      6.1      Landkreis Hannover.................................................................................................20
               6.1.1      LJberblick....................... .............................................................................20
               6.1.2 Die Wasserkraftstandorte im einzelnen..................................................... 24
      6.2      Stadt Hannover...........................                                                                                 29
7.    Standortgutachten.............................................................................................................. 31
      7.1      Grundlagen der Wasserkraftnutzung....................................................                                     34
      7.2      Wirtschaftlichkeit..................................................................................................... 37
      7.3      Standortgutachten..................... ....... '....................................................................... 38
               73.1       Ecksteinmuhle, Neustadt (Nr. 21)...............................................................38
               73.2 "Wismolen", Ronnenberg (Nr. 27)..............................................                                        39
               7.3.3      Ewigsmuhle, Springe (Nr. 28)......................................................................41
               7.3.4      Obermuhle, Wennigsen (Nr. 60)..................................................................41
               7.33       Kurzgutachten fur vier weitere Standorte.................................................. 43

Anhang.                                                                                                                                  46
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-1-

 Zusammenfassung der Ergebnisse und Handlungsempfehlungen

  Im Rahmen der Studie zur.Bestandserhebung von moglichen Standorten fur Wasserkraftan-
, lagen im Grofiraum Hannover warden 60 Standorte im Landkreis Hannover naher unter-
  sucht. Es handelt sich um 57 ehemalige Wassermuhlen und 3 wasserbauliche Anlagen, die
  nichts mit ehemaligen Wassermuhlen zu tun haben. 29 Wassermuhlen sind im wasserbau-
  lichen Sinn als beseitigt anzusehen, 8 sind in Betrieb, 20 liegen still. Dariiberhinaus wurden
  2 Wehre und 1 Stauanlage in die Untersuchungen einbezogen.

 Im Gebiet der Stadt Hannover befinden sich 4 weitere Wasserkraftstandorte, von denen
 einer als beseitigt anzusehen ist, zwei stilliegen und einer in Betrieb ist.

 Erganzend zu der Bestandserhebung wurden fur acht ausgewahle Standorte Objektgutach-
 ten unterschiedlicher Bearbeitungstiefe erstellt. Sie ermoglichen eine qualifizierte Beurtei-
 lung der Reaktivierungschancen unter Beriicksichtigung der jeweiligen standortspezifischen
 Besonderheiten. Gleichzeitig stellen sie den ersten Schritt einer eingehenden Betreiber-Be-
 ratung dar.

 Naturraumliche Gegebenheiten

 Das Untersuchungsgebiet, der Grofiraum Hannover, ist gekennzeichnet durch den Ubergang
 von der Norddeutschen Tiefebene zum Mittelgebirge. Bei den Gewassem ist zwischen der
 Leine, die das Untersuchungsgebiet in einem Bogen von Sud nach Nord durchfliefit, einer-
 seits und vielen kleineren Gewassem v. a. an den Randem des hugeligen Berglandes
 (Deister) andererseits zu unterscheiden. Wahrend die grofie Wasserfuhrung der Leine hohe
 Ausbauleistungen erlaubt (vor allem in der Stadt Hannover, aber auch an zwei Standorten
 ober- und unterhalb des Stadtgebietes), gestatten die sehr viel geringeren Wassermengen der
 kleineren Gewasser trotz evtl. grdfierer Fallhohe auch nur kleine Ausbaugrofien. Die
 Wasserkraftnutzung im Grofiraum Hannover ist daher gepragt von einer Vielzahl kleinerer
 und kleinster Standorte und einigen grofien, wahrend der mittlere Leistungsbereich fast voll-
 standig fehlt.

 Zustand

 Bei den beseitigten Wassermuhlen existiert zwar in manctien Fallen noch das alte Muhlenge-
 baude, die wasserbaulichen Anlagen waren aber verschwunden oder nur noch in Form von
 Wasserstiirzen vorhanden. 2 der 8 in Betrieb befindlichen Anlagen werden mit Motor ange-
 trieben (Mahlmuhlen). Von den restlichen 6 Anlagen ist eine in renovierungsbedurftigem
 Zustand. Bei 9 von 20 stilliegenden Wassermuhlen existieren zwar noch uberwiegend die
 baulichen Anlagen, sind aber nicht mehr funktionstuchtig. Maschinelle und elektrische Anla­
 gen sind kaum noch vorhanden. Die beiden Wehre und die Stauanlage sind in fur ihre
 Zwecke funktionstiichtigem Zustand.
-2-

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Leistung, elektrische Arbeit

Landkreis Hannover

Alle moglichen Standorte fiir Wasserkraftanlagen im Landkreis konnten zusammen
1689 kW Leistung erbringen. 1299 kW werden zur Zeit genutzt (Calenberger Miihle in
Schulenburg, Ecksteinmuhle in Neustadt, Ammenmiihle in Uetze und 3 weitere Wasser-
miihlen), 390 kW sind noch ungenutzt. Von der ungenutzten Leistung von 390 kW konnen
77 kW nur mit erheblichem Aufwand (i. d. R. Neubauten) aktiviert werden, 313 kW konnten
unter bestimmten Voraussetzungen eher fur eine Aktivierung in Betracht kommen (ca.
200 kW davon betreffen eine evtl. mogliche Erweiterung der Ecksteinmuhle). Soli eine Re-
aktivierung vorgenommen werden, miissen fiir die betreffende Anlage weitergehende
Untersuchungenund Detailstudien durchgefiihrt werden (vgl. dazu Kap. 7). Insgesamt konn­
ten an den Standorten, die ein energetisches Potential aufweisen, ca. 9,4 Mio kWh Strom er-
zeugt werden, etwa 6,6 Mio kWh werden zur Zeit bereits realisiert (ohne Mahlbetrieb der
Ecksteinmuhle). 9,4 Mio kWh reichen aus, um ca. 3 900 Haushalte mit Strom zu versorgen.

Stadt Hannover

Im Stadtgebiet von Hannover wird die Wasserkraft der Leine z. Zt. an einem Standort mit
625 kW genutzt (Schneller Graben). Durch Ausbau an dieser Stelle und Neubau an zwei
weiteren Standorten konnten weitere 2380 kW hinzukommen. Insgesamt ware damit im
Stadtgebiet von Hannover eine jahrliche Stromerzeugung von 13,7 Mio. kWh moglich, von
denen heute bereits 3,3 Mio. kWh ins Netz eingespeist werden.

Die Stromerzeugung im Stadtgebiet kdnnte also um fast 50 % iiber der im ganzen Landkreis
liegen! Der Reaktivierung bzw. dem Leistungsausbau der Anlagen in der Stadt Hannover ist
daher besoridere Aufmerksamkeit zu widmen, zumal auch die sonstigen Randbedingungen
gunstig sind.

Investitionskosten und Wirtschaftlichkeit

Die Hohe der Investitionskosten und die Wirtschaftlichkeit von Investitionen in kleine
Wasserkraftanlagen waren nicht Gegenstand der Bestandserhebung. Um eine Vorstellung
von den Investitionskosten zu bekommen, wurden in einer ersten Kostenschatzung die Auf-
wendungen zur Reaktivierung von 13 stilliegenden Wassermiihlen abgeschatzt (s.Anhang 2).

Danach zeigt sich ein -allgemein bekannter- Trend: Die Investitionskosten pro kW
Leistung sinken mit steigender Leistung. Gleichzeitig lafit sich feststellen, daB vor allem die
Kleinst-Anlagen unter 5 kW nur mit sehr hohem Aufwand reaktivierbar sind (Kosten bis
iiber 20 000 DM/kW), wenn man die gleichen Standards anlegt wie fiir groBere Wasserkraft­
anlagen.
-3-

Uber die Wirtschaftlichkeit von Wasserkraftanlagen lassen sich keine allgemeingultigen
Aussagen machen. Um oben gemachte Angaben einordnen zu konnen, dennoch einige Hin-
weise (als Basis dient ein Rechenmodell, wie es im Anhang 2 beschrieben ist):

Bei Beriicksichtigung bestimmter Pramissen und den zur Zeit geltenden finanziellen Rah-
menbedingungen konnen z. B. Anlagen mit Investitionskosten bis gut 13 000 DM/kW wirt-
schaftlich sein. Bine Verbesserung der Lage eines Investors ist mdglich, wenn u. a.

- die Strombezugskosten hoher sind als die angenommenen 23,5 Pf/kWh (z. B. bei Abrech-
  nung nach gemessener Leistung);

- eine Amortisationszeit iiber 20 Jahren akzeptiert wird;

- exteme Kosten beriicksichtigt werden, die bei der Stromerzeugung mit konventionellen
  Kraftwerken anfallen; (Im verwendeten Rechenmodell werden allein durch die Bernck-
  sichtigung von extemen Kosten in Hohe von 10 Pf/kWh Anlagen mit Investitionskosten
  von 19 000 DM/kW wirtschaftlich.);

- zusatzliche offentliche Mittel (z. B. der Denkmalpflege) in'Anspruch genommen werden
  konnen;

- der Automatisierungsgrad der Anlage verringert wird.

Unter verbesserten Voraussetzungen konnen nach diesen modellhaften Uberlegungen auch
Kleinst-Anlagen in den Bereich der Wirtschaftlichkeit kommen.

Fur die in den Standortgutachten (vgl. Kap. 7) naher untersuchten Anlagen wurde durch-
weg auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Moglichkeit zum Ausbau bzw. zur Re-
aktivierung ermittelt. Bei den historischen Muhlen gilt dies jedoch nur unter der Voraus-
setzung, daB lediglich der Mehraufwand zur Umrustung auf die Stromerzeugung veran-
schlagt wird. Bauliche MaBnahmen und die Rekonstraktion der Wasserrader wurden dem
Denkmalschutz zugerechnet und in der Wirtschaftlichkeit nicht beriicksichtigt.
-4-

Umweltauswirkungen

Die Auswirkungen der Reaktivierung von Wasserkraftanlagen sind vielfaltiger Natur. Einige
sollen hier kurz skizziert werden:

- Die Wasserkraft ist eine regenerative Energiequelle, die den Verbrauch der anderen,
  nicht erneuerbaren und begrenzten Ressourcen mindert und langfristig kalkulierbar zur
  Verfiigung steht. Es gibt keine Entsorgungsprobleme.

- Die durch den Einsatz fossiler Energietrager bedingte Luftverschmutzung (u. a. Stick-
  oxide,' Schwefeldioxid, Kohlendioxid) wird vermindert. So erspart das Kraftwerk "Schnel-
  ler Graben" in Hannover der Umwelt pro Jahr die Emission von 2 000 kg S02, 2 400 kg
  NOx und 2 8001 COa. Durch die Nutzung der Wasserkraft lassen sich also erhebliche
  volkswirtschaftliche Kosten (fur Atemwegserkrankungen, iibersauerte Gewasser, das
  Waldsterben, Gebaudeschaden, etc.) einsparen, die in der betriebswirtschaftlichen Kalku-
  lation jedoch keine Berucksichtigung finden.

- Bei konventionellen Kraftwerken (sieht man von der Kraft-Warme-Kopplung ab) werden
  2/3 der eingesetzten Energie ungenutzt als Warme in Gewasser und Atmosphare abgege-
  ben, mit alien negativen Folgen z. B. fur die Wasserqualitat.

- Die Wasserqualitat wird bei Einsatz von Wasserkraftanlagen verbessert, da das Wasser
  von angeschwemmtem Abfall gereinigt wird. (Handreinigung oder Rechenreinigungs-
  anlage). ■

- Wassermuhlen (auch Kleinanlagen mit nur wenigen kW Leistung) vermitteln einen direk-
  ten Eindruck vom gedeihlichen Miteinander von Mensch und Natur. Meist in reizvoller
  landschaftlicher Umgebung gelegen, ziehen sie viele Erholungssuchende an, denen eine
  naturvertragliche Wirtschaftsweise nahegebracht wird, die auch in unsere modeme Zeit
  paBt ("Physik zum Anfassen"). Im allgemeinen werden die Menschen dadurch auch fur
  Umweltprobleme in anderen Bereichen sensibilisiert.

- Durch die dezentrale Anordnung kleiner Wasserkraftanlagen kann ein GroBteil des er-
  zeugten Stroms in direkter Nachbarschaft verbraucht werden. Landschaftsverbrauchende
  und -verlustbehaftete Fernleitungen werden dadurch weniger in Anspruch genommen.

- Durch geeignete MalBnahmen (Fischtreppen, ausreichende Restwassermenge bei Aus-
  leitungskraftwerken etc.) muB allerdings sichergestellt werden, daB negative Auswirkun­
  gen auf die Gewasserdkologie vermieden bzw. auf ein vertragliches Minimum reduziert
■ werden.
-5-

Handlungsempfehlungen

Allgemeine Hinweise

1.   Wenn das Wasserkraftpotential im GroBraum Hannover kiinftig mehr genutzt warden
     soil als heute, 1st es notwendig, daB sich der Zweckverband (unter Zuschaltung anderer
     Stellen) weiterhin mit der Materie befaBt.

2.   Bel der Mehrzahl der nutzbaren Standorte handelt es sich um AnlagengroBen unter
     25 kW. Um solche Anlagen - und dabei vor allem die ganz kleinen unter 5 kW - in den
     Bereich der Wirtschaftlichkeit zu bringen, sollte der Zweckverband und/oder andere
     Institutionen auf folgenden Gebieten unterstfitzend Oder initiativ tatig werden:

         Anerkennung des Denkmalcharakters alter Wassermtihlen. Ziel: liber Mittel der
         Denkmalpflege konnen Teile der Wasserkraftanlage finanziert werden.

         Unterstfitzung von Vereinbarungen mit den zustandigen EVU, die Strom-
         erzeuger-Gemeinschaften zulassen, d. h. eine Anlage kann mehrere Haushalte mit
         Strom versorgen (bislang ist die Lieferung an Dritte i. d. R. nicht mogUch). Eine
         solche Vereinbanmg existiert z. B. bereits in Nordrhein-Westfalen. Ziel: Durch voll-
         standigen Eigenverbrauch des in einer Anlage erzeugten Stroms wird die Wirtschaft­
         lichkeit deutlich verbessert.

         Politische Unterstfitzung fur die Einftihrung einer "Umweltgutschrift" ffir Wasser-
         kraftanlagen in Hohe der vermiedenen Kosten ffir Umweltschaden (Frage: konnen
         solche Zuschtisse auch regional erwirkt und vergeben werden?). Ziel: deutliche Ver-
         besserung der Wirtschaftlichkeit.

         Unterrichtung der Kommunen fiber die Wasserkraftpotentiale in ihrem Gebiet, da-
         mit diese ggf. prfifen konnen, inwieweit diese Potentiale bei geplanten kommunalen
         Projekten aktiviert werden konnen. Ziel: Sensibilisierung ffir die Ausnutzung auch
         kleiner energetischer Potentiale.

         Berficksichtigung der Wasserkraft bei der Ausweisung und Planung von Erholungs-
         gebieten sowie Priifung der Moglichkeiten zur Verbindung von Naturschutz und
         Wasserkraftnutzung (Feuchtgrfinlandschutzprogramm, Programme zur Stillegung
         landwirtschaftlicher Ackerflachen). Ziel: Vermeidung von Gegensatzen zwischen
         Natur- bzw. Landschaftsschutz und Nutzung regenerativer Energiequellen; Ent-
         scharfung von Nutzungskonflikten zwischen Landwirtschaft und Wasserkraft.

3.   Die drei Standorte im Stadtgebiet von Hannover verftigen fiber ein Ausbaupotential,
     das deutlich fiber der Gesamtleistung aller Anlagen im Landkreis liegt. Zudem sind die
     Voraussetzungen bezfiglich der Besitzverhaltnisse (Stadt, Stadtwerke) oder bereits
     erstellter Voruntersuchungen gfinstig. Entgegenstehende Hemmnisse sollten durch
     Erarbeitung praktikabler technischer oder organisatorischer Losungen umgehend
     beseitigt werden.
-6-

4.   Bei Kleinanlagen unter 20 kW ist eine Reaktivierung manchmal auch mit Inanspruch-
     nahme der Landeszuschiisse nicht wirtschaftlich. In diesen Fallen ware eine zusatzliche
     finanzielle Forderung durch andere Stellen (EVU’s, Zweckverband, Kommunen)
     wunschenswert.

     Wie nach AbschluB der Untersuchungen bekannt wurde, werden zur Zeit dib Richtlinien
     zur Gewahrung des Forderzuschusses des Landes Niedersachsen mit dem Ziel der Ver-
     einfachung uberarbeitet. Die Anforderung einer Amortisation innerhalb der halben
     Lebensdauer soil wegfalien, stattdessen ist ein maximaler ZuschuB von 2 000 DM je kW
     installierter Leistung im Gesprach. Die neixen Fdrderrichtlinien sollen voraussichtlich im
     Marz 1992 veroffentlicht werden.

     Von der geplanten Verscharfung sind v. a. Kleinstanlagen im Leistungsbereich unter
 -   20 kW betroffen, da bier die spezifischen Kosten im Vergleich zu groBeren Anlagen
     uberproportional hoch liegen. Wenn es nicht gelingt, durch Gesprache mit der Landesre-
     gierung eine pauschale Ausnahmeregelung fur Kleinstanlagen durchzusetzen, erlangen
     die oben angesprochenen erganzenden Znschhsse besondere Bedeutung.

5.   Insbesondere bei Kleinstanlagen ist eine wirkungsvolle Unterstiitzung durch ABM-Kraf-
     te moglich. Dies gilt sowohl fur die Beratung von Betreibem (bei entsprechender Aus-
     bildung), als auch fur praktische Arbeiten wie die Instandsetzung von Muhlgraben etc.
     Bei der Uberholung von Turbinen und der Instandsetzung von Wasserradem ist auch
     eine Unterstiitzung im Rahmen des Ausbildungsbetriebs denkbar. Neben den EVU’s
     kommen hier v. a. Maschinenbaubetriebe und (bei Wasserradem) Schreinereien in
     Frage.
                   t.                        '
6.   Die vorliegende Untersuchung sollte auf weitere Landkreise im siidniedersachsischen
     Raum ausgedehnt werden. Eine Kooperation mit den betroffenen Institutionen (Land,
     Landkreise, Stadte- und Gemeindebund) ist daher wunschenswert.

Konkrete MaBnahmen

1. Veranstaltung eines Praxisseminars fur alle Anlagenbesitzer, die sich fur eine Reaktivie­
   rung grundsatzlich interessieren. Anzusprechen sind alle Besitzer stilliegender und
   laufender Anlagen, also nicht nur die Besitzer der Anlagen, fiir die Standortgutachten
   erstellt wurden. Um eine mdglichst groBe Zahl von Betrieben zu erreichen und eine aus-
   reichende Beteiligung sicherzustellen, sollte der Teilnehmerkreis nicht auf deri GroB-,
   raum beschrankt werden. Als Ausrichter kommt daher v. a. das Land Niedersachsen in
   Frage. Ziel: Sensibilisierung der Besitzer fur die Tatsache, daB die Wirtschaftlichkeit
   auch kleinerer Anlagen bei veranderten Rahmenbedingungen erreicht werden kann,
   falls dies bei gegebenen Verhaltnissen noch nicht der Fall sein sollte; Forderung von
   Kenntnissen zu Technik, wasserrechtlichen Problemen und Finanzierung; Kontakt-
   pflege; Vermittlung zwischen potentiellen Betreibem, Behdrden und Anlage-
   bauem/Ingenieurfirmen.
-7-

2.   Begleitung der Reaktivierung von Anlagen. Ziel: Unterstutzung der potentiellen Be-
     treiber im Umgang mit Behdrden und Anlagebauem (damit die potentiellen Betreiber
     "nicht fibers Ohr gehauen werden"). Vorbild: Energieberater der Landwirtschafts-
     kammer Westfalen-Lippe, der bislang die Reaktivierung von 65 Anlagen betreut hat.

3.   Unterstfitzung der potentiellen Betreiber bei Behordengenehmigungen (z. B. Erteilung
     von Bewilligungen, Finanzierungsantrage, Umweltvertragiichkeit). ZAel: Hemmschwelle
     reduzieren.

4.   Priifung im Einzelfall, inwieweit der Zweckverband finanzielle Unterstutzung gewahren
     kann (evtl. die Einplanung eines Jahresbetrages im Haushalt).
-8-

1. Einleitung

In Niedersachsen gab es 1960 noch etwa 2 000 Miihlen, 1200 davon waren Wassermiihlen.
Uber 600 der Wassermuhlen waren damals noch mil Wasserkraft in Betrieb, etwa 160 Wind-
muhlen wurden noch mit Wind angetrieben (1).

Heute gibt es noch etwa 1600 Miihlen, davon 980 Wassermuhlen. Die Anlagen befinden sich
in sehr unterschiedlichem Zustand. Nur wenige Windmiihlen und etwa 250 Wassermuhlen
sollen noch mit Naturkraft in Betrieb sein. Die meisten der Wassermuhlen werden zur Er-
zeugung von Strom eingesetzt. Ihre installierte Gesamtleistung betragt 23 MW (2), (3), (4).
Genaue Zahlen liegen allerdings nicht vor. Es gibt keine amtlichen Statistiken.

Bei alten Wasserkraftanlagen handelt es sich denn auch meist um alte Wassermuhlen, die be-
reits seit langerer Zeit stilliegen. Um einen tiberblick uber das Stromerzeugungspotential im
Grofiraum Hannover (Stadt Hannover und Landkreis Hannover) zu bekommen, hat der
Zweckverband Grofiraum Hannover eine Studie in Auftrag ge'geben mit dem Ziel,

- eine Bestandsaufnahme zu machen und
- an einer Reaktivierung interessierte Anlagenbesitzer eingehend zu beraten.

1.1 Aufgabenstellung

Der Zweckverband Grofiraum Hannover hat die Nds. Muhlenvereinigung, Osnabriick be-
auftragt, eine Bestandsaufnahme von potentiellen Wasserkraftstandorten im Landkreis
Hannover durchzufuhren und die Daten statistisch auszuwerten. Folgende Punkte waren
u. a. zu berucksichtigen:

-   Interesse eines Anlagenbesitzers an einer Reaktivierung,
-   Wasserrecht,
-   Zustand der Anlage,                                                                .
-   Art der Antriebsmaschine,
-   Leistungsdaten.

Die ARENHA GmbH, Hannover dokumentiert die Standorte auf dem Gebiet der Stadt
Hannover. Aufierdem untersucht sie exemplarisch ausgewahlte Standorte genauer auf mog-
liche Reaktivierungschancen. Die Ergebnisse dieser Detailuntersuchungen werden in sepa-
raten Berichten ausfuhrlich dargestellt, die fur die Anlagenbesitzer eine fundierte Grundlage
fur weitere Entscheidungen darstellen und die erforderlichen Schritte fur eine Reaktivierung
aufzeigen. In dem vorliegenden Endbericht werden die wesentlichen Erkenntnisse aus den
Detailuntersuchungen in Kapitel 7 zusammengefafit.
-9-

2. Rahmenbedingungen fur die Reaktivierung von Wasserkraftanlagen

Wenn auf Grund ernes guten baulichen Zustandes einer stilliegenden Wasserkraftanlage
eine Reaktivierung in Betracht gezogen wird, sind u. a. folgende Punkte sehr wichtig:

- die rechtlichen Voraussetzungen,
- die finanziellen Voraussetzungen,
- die hydrologischen Voraussetzungen.

Im folgenden werden einige Anhaltspunkte zu diesen Themenkreisen gegeben. Auf eine de-
taillierte Erdrterung muB an dieser Stelle allerdings verzichtet werden. In diesem Zusam-
menhang wird auf die Literatur verwiesen.

2.1   Rechtliche Voraussetzungen (Nutzungsrecht, Abnahmeverpflichtung der EVU)

Den rechtlichen Rahmen fur das Betreiben einer Wasserkraftanlage bildet die behdrdliche
Genehmigung, das in Frage stehende Gewasser zu nutzen (durch das Aufstauen des Wassers,
die Nutzung des Wassers z. B. durch eine Turbine und ggf. die Ableitung des Wassers in
einen Betriebsgraben und nach der Nutzung die Wiedereinleitung in das eigentliche Gewas­
ser). Fur viele stilliegenden Wasserkraftanlagen gibt es noch ein sogenanntes Altrecht. So-
fem solche alten Rechte nicht mehr vorhanden sind, muB eine Erlaubnis oder eine Bewilli-
gung neu beantragt werden.

1st ein Altrecht vorhanden, ist eine wesentliche Vorbedingung fur die Nutzung eines Gewas-
sers erfullt. Eine zeitliche Befristung oder die Moglichkeit des Widerrufs bestehen i. d. R.
nicht. Hier ist dann u. a. darauf zu achten, ob nachtragliche Anderungen einer zusatzlichen
Genehmigung bedurfen. Im Gegensatz dazu ist eine Bewilligung auf maximal 30 Jahre be-
schrankt, die Erlaubnis eine stets widerrufliche Befugnis.

Im ubrigen ist damit zu rechnen, daB Einwendungen von Anliegem oder anderen Personen
zu Verzdgerungen und eventuell auch zu Beschrankungen ffihren.

Der Strom aus emeuerbaren Energiequellen kann in das offentliche Netz eingespeist wer­
den. Die Energieversorgungsuntemehmen (EVU) sind seit 1980 verpflichtet, den ihnen an-
gebotenen Strom aufzunehmen. Das am 1.1.1991 in Kraft getretene Stromeinspeisungsgesetz
vom 16.8.1990 regelt daruberhinaus den Anwendungsbereich fur

- u. a. Wasserkraftwerke bis 5 MW installierter Generatdrleistung,

- Anlagen, die zu weniger als 25 % der Bundesrepublik Deutschland, einem Bundesland
  oder einem EVU gehoren.
-10 •

2.2 Finanzielle Voraussetzungen (offentliche Fdrderung, Einspeisepreise)

Ein verstarkter Einsatz regenerativer Energietrager kann bei den gegenwartigen volkswirt-
schaftlichen und wirtschaftspolitischen Gegebenheiten nur erreicht werden, wenn

- die in der Wirtschaftlichkeitsrechnung anzusetzenden Investitionskosten fiir die Reakti-
  vierang durch offentliche Zuschtisse reduziert werden und

- der RuckfluB der investierten Mittel angemessen ist.
                                            \
In Niedersachsen fordert die Landesregierung die Anwendung und Nutzung neuer und er-
neuerbarer Energien im Rahmen eines Programms, das nach einer Verlangerung bis Ende
1994 in Kraft ist. Danach konnen Investitions- und Planungsausgaben fiir Laufwasserkraft-
werke bis 500 kW mit bis zu 30 %, bei Vorhaben mit Demonstrationscharakter bis zu 50 %
bezuschuBt werden..

Der RuckfluB der investierten Mittel geschieht fiber den Eigenverbrauch des erzeugten
Stroms (und damit fiber die geringeren oder ganz entfallenden Strombezugskosten), den
Einsatz des erzeugten Stroms zu Heizzwecken und/oder den Verkauf des erzeugten Stroms
an das zustandige EVU. Der Eigenverbrauch des erzeugten Stroms hat die gunstigsten Aus-
wirkungen auf die -Rentabilitat, da der Kauf teuren Stroms von den EVU vermieden wird.
Da aber meist mehr Strom erzeugt wird als selbst .verbraucht werden kann, muB der tiber-
schfissige Strom verkauft werden. In dem o. g. Stromeinspeisungsgesetz vom 16.8.1990 wird
die Vergfitung ftir eingespeisten Strom geregelt. Ffir Anlagen bis 500 kW betragt sie
mindestens 75 % "des Durchschnittserloses je Kilowattstunde aus der Stromabgabe von
Elektrizitatsversorgungsuntemehmen an alle Letztverbraucher". (Bezugszeitraum ftir die
Berechnung ist das vorletzte Kalenderjahr. Zur Zeit ergibt sich eine Mindestvergfitung von
etwa 14 Pf/kWh.) Ffir Anlagen fiber 500 kW gilt eine davon etwas abweichende Regelung.

2.3   Hydrologische und technische Voraussetzungen

Die Moglichkeiten zur Nutzung der Wasserkraft hangen von den natfirlichen Gegebenheiten
eines Landes ab. Bergige Regionen bieten i. d. R. bessere Voraussetzungen als das flache
Land. Demzufolge herrschten im Nordwesten Niedersachsens Windmtihlen vor, wahrend im
Stidosten fiberwiegend Wassermfihlen gebaut warden.      >

Die natfirlichen Vorgaben beziehen sich im wesentlichen auf

- das vorhandene nutzbare Gefalle und
- die zur Verffigung stehende Wassermenge.

Jedes Gewasser besitzt ein sogenanntes Einzugsgebiet. Der in diesem Gebiet aufgefangene
Niederschlag versorgt neben evtl. vorhandenen unterirdischen Quellen das Gewasser. Auf-
zeichnungen zu den Einzugsgebieten finden sich im Flachenverzeichnis zur Hydrographi-
schen Karte Niedersachsen (5). Je groBer das Einzugsgebiet eines Wasserlaufs, desto mehr
-11-

Wasser fuhrt er im aUgemeinen. Und je mehr Wasser er fuhrt, desto mehr Leistiing kann
man unter sonst gleichen Bedingungen erzielen. Fur eine uberschlagige Berechnung der an
einem bestimmten Standort erreichbaren Leistung einer Wasserkraftanlage gilt folgende
Formal:

             Fallhohe [m] • mittlere Wassermenge [m3/s] • 7 = Leistung [kW]

Diese Faustformel berucksichtigt bereits die Wirkungsgrade von Wasserrad/Turbine und
Generator pauschal mit 70 %. Fur genauere, standortspezifische Untersuchungen muB die
Ausbau-Wassermenge und der Wirkungsgrad differenzierter bestimmt warden (vgl. S. 17 und
Kap. 7).

Die Fallhohe wird als Differenz zwischen Ober- und Unterwasserspiegel bestimmt: Diese
Differenz schwankt je nach Wasserfuhrung des FluBlaufes. Sofem keine Wasserbuch- oder
Planungsunterlagen zur Verfugung standen, wurde die Fallhohe fur die einzelnen Anlagen
geschatzt (gemessene Fallhohe plus Abweichungen infolge der Inansprachnahme der vermu-
teten Stauhohe).

Zur Ermittlung der mittleren Wassermenge mussen aufwendige Rechmmgen angestellt war­
den, da das Wasser uber die Jahre hinweg nie gleichmaBig zur Verfugung steht. Neben den
Schwankungen innerhalb eines Jahres sind Schwankungen uber einen groBen Zeitraum hin­
weg zu berucksichtigen, da eine Wasserkraftanlage auf eine langfristige Nutzung ausgelegt
wird. Zur Messung der Wassermenge gibt es Pegel, die zahlreiche Daten zum Wasserdar-
gebot an einem bestimmten Standort ermitteln. Diese Daten sind zum Teil im Gewasser-
kundlichen Jahrbuch nachzulesen (6). Da in diesem Jahrbuch abet nicht alle Pegel verzeich-
net sind, wurden dieser Studie auch die Aufzeichnungen einzelner Staatlicher Amter fur
Wasser und Abfall zugrunde gelegt (7).

Wenn ein Pegel in der Nahe einer Wasserkraftanlage aufgestellt ist, bereitet die Bestimmung
der Wassermenge im allgemeinen kein Problem: Leider gibt es an vielen vor allem kleineren
FluBlaufen keine Pegel. Und gerade an diesen HuBlaufen liegen haufig stilliegende Wasser-
muhlen.

Um dennoch eine erste Schatzung der mittleren Wassermenge an einem Standort zu erhal-
ten, wurde folgende Bestimmungsmethode angewendet:                                                <

            Einzugsgebiet eines Standortes [km2] • mittlere AbfluBspende des
         Einzugsgebietes [l/(s • km2)] = mittlere Wassermenge am Standort [1/s]

                                                                                              \
-12-

Die mittlere Abflufispende (mittlerer Abflufi pro Quadratkilometer des Einzugsgebietes)
kann aus den Mefidaten des fur das Einzugsgebiet zustandigen Pegels errechnet werden.
                                 v
Beispiel: Die ehemalige Wassermuhle von Averhoy an der Auter hat ein Einzugs­
          gebiet von 127 km2. Fur das Einzugsgebiet wird als Vergleichspegel der Pegel
          Wunstorf/Westaue herangezogen, dessen Abflufispende von 7,91/s • km2
          aufgrund ortlicher Verhaltnisse um 10 % reduziert wurde. Daraus ergibt sich
          fur den Standort Averhoy eine mittlere Wassermenge von etwa 9001/s
          (127km2 • 7,11/s*km2).

Da diese Methode auf Durchschnittswerten beruht und das Abflufiverhalten eines grofien
Gebietes auf ein kleineres ubertragt (oder umgekehrt), liefert sie keine genauen Daten.
Aber die gewonnenen Erkenntnisse reichen fur eine erste Einschatzung im Sinne dieser Stu-
die aus.              '

Neben der o. g. Methode wurden zur Schatzung der mittleren Wassermenge eines Standortes
folgende Informationen beriicksichtigt:

- Aussagen der Anlagenbesitzer oder ehemaliger Muller,

-. Daten von alten Planungsunterlagen, so weit vorhanden (Wasserbuchunterlagen, Kon-
   Struktionszeichnungen, etc),

- Schluckvermogen bzw. Leistung friiher am Standort genutzter Turbinen,

- Daten von Anlagen am gleichen Flufilauf, so weit verfugbar,

- Abflufispenden vergleichbarer Gebiete und Flufilaufe.
-13-

3. Beschreibung des Untersuchungsgebietes

Die Wasserlaufe im Landkreis Hannover (sowie im Stadtgebiet Hannover) fuhren itir Was-
ser letztlich der Weser zu, die westlich des Kreisgebietes nach Norden in Richtung Nordsee
vorbeifliefit. In der Regel tun sie dies, indem sie in die Aller entwassem, die nordlich des
Kreisgebietes von Osten kommend ihr Wasser der Weser zufuhrt, oder indem sie in die
Leine entwassem, die ihrerseits wieder in die Aller fliefit. Die nachstehende Graphik veran-
schaulicht diesen Sachverhalt.

                                                                           Celle
                   • Nienburg

                                    •| Neustadt .a.Rbge.
                  Steinhuder Meer

                                                       .• Hannover
                                                                                    Peine
                  Stadthagen

                                                                     • Hildesheim

                    Abb. 1: GroBere Flufilaufe im GroBraum Hannover

Einen Uberblick uber die Gewasser in Niedersachsen und vor allem im GroBraum Hanno­
ver gibt Ubersicht 1. Eine ausfuhrliche Darstellung aller untersuchten Gewasser im Land­
kreis Hannover findet sich in Anhang 6.
-14-

           HauptfluB          GKZ*    Nebenarm        GKZ*   Nebenarm           GKZ*

           Ems                3       Nordradde       372
                                      Base            36     Hahnenmoor-        366
                                  1                          kanal
                                                             Dvite              362 •
                                      GroBe Aa        34
                                      Sever           318
           Weser              4       Hunte           496    Berne              49694
                                                             Aue                49656
                                      Aller           48     Bohme              4894
                                                             Alpe               4896
                                                             Leine              488
                                                             Wietze             4872
                                                             Burgdorfer
                                                             Aue                4854
                                                             Fuhse              484
                 '"                                          Oker               482
                                      Hamel           4572
                                      Fulda           42
                                      Werra           41
           Elbe               5       Este            5958
                                      Ilmenau         594    Luhe               5948
                                      Jeetzel         592           )
           Vechte             9286

                                                                          * Gebietskeraizahl

                               Ubersicht 1 - Gewasser in Niedersachsen

Bei den oben aufgefuhrten FluBlaufen handelt es sich um eine Heine Auswahl der bekannte-
ren Gewasser. Alle Gewasser in Niedersachsen munden letztlich in Ems, Weser, Elbe oder
Vechte. Die Einzugsgebiete dieser 4 Hauptgewasser betragen:

-Ems              13152 km2, davon in Niedersachsen 9036 km2

- Weser           46306 km2, davon in Niedersachsen 26729 km2

- Vechte -            2058 km2, davon in Niedersachsen 1064 km2
                                             ' .             » '
- Elbe 1                              in Niedersachsen 8962 km2.

Wie unterschiedlich die durchschnittlichen AbfluBspenden (langjahrige Mittel) der einzelnen
Haupt- bzw. Zuflusse sind, laBt sich den fur diese Studie verwendeten Pegelaufzeichnungen
entnehmen (vgl. Anhang 5).
-15 -

4. Beratung der Anlagenbesitzer

Viele der heute stilliegenden Wasserkraftanlagen konnen grundsatzlich reaktiviert werden.
Bei den Besitzem dieser Anlagen herrscht allerdings ein groBes Informationsdefizit zu

- den rechtlichen, finanziellen und hydrologischen Voraussetzungen einer Reaktivierung,

- den moglichen Reaktivierungskosten und

- der Rentabilitat der Investition.

Um hier Abhilfe zu schaffen, sind u. a. folgende Schritte - am besten landesweit koordiniert -
erforderlich:

1. Eine Bestandsaufnahme fur alle jetzt stilliegenden Anlagen. Im Rahmen der Besichti-
   gung dieser Anlagen konnen dabei erste Ratschlage erteilt werden. Die Besitzer der An­
   lagen lemen dabei die Rahmendaten fur ihren Standort (wieder) kennen.

2. Aufbauend auf den Ergebnissen der Bestandsaufnahme Uberprufung und ggf. Erweite-
   rung der finanziellen Forderung durch die Landesregierung oder andere Institutionen;
   Dabei ist besonders darauf zu achten, daB die entsprechenden Regelungen den poten-
   tiellen Investoren auch bekannt gemacht werden.

3. Eine zweite intensivere Beratung uber notwendige BaumaBnahmen, Kosten und Wirt-
   schaftlichkeit; dabei ist vor allem auch fiber das Procedere der Antragstellung ffir die
   Erteilung einer Bewilligung oder Erlaubnis - sofem ein Altrecht nicht mehr besteht -
   und eine finanzielle Forderung zu informieren.

4. Ggf. die Veranstaltung von "Niedersachsischen Wasserkrafttagen", analog den "Hessi-
   schen Wasserkrafttagen", die vom Hessischen Ministerium ffir Wirtschaft und Technik
   im November 1988 abgehalten wurden;

    Diese Hessischen Wasserkrafttage haben potentielle Betreiber von Anlagen, Beratungs-
    firmen und Anlagenhersteller zwecks Austausch von Informationen zusammengeffihrt.
    30 einschlagige Firmen haben damals in einer Ausstellung informiert, fiber 1000 Besu-
    cher wurden gezahlt.

    Die vorliegende Studie macht ffir den GroBraum Hannover den ersten Schritt einer Be­
    standsaufnahme. Im Rahmen der Besichtigung der Anlagen wurde eine erste Beratung
    durchgeffihrt. Eine intensivere Beratung gemaB Punkt 3 wird ffir ausgewahlte Standorte
    durch die Einzelgutachten (Kap. 7) der ARENHA GmbH gewahrleistet.
-16 -

5. Die Durchfuhrung der Bestandserhebung

5.1 Die Wasserkraftstandorte

Fur die Identifizierung von Wasserkraftstandorten warden neben der Sichtung der entspre-
chenden topographischen Karten vor allem (altere und neuere) Erhebungen zum Bestand
von Wassermfihlen im Landkreis Hannover herangezogen (vgl. S. 19). Danach ergibt sich,
daB es 1960 noch 57 Wassermfihlen im heutigen GroBraum Hannover gab. Diese 57 Stand-
orte wurden im Rahmen dieser Studie untersucht. Zusatzlich warden 1 Staustufe and
2 Wehre, die vermutlich nichts mit alien Wassermuhlen zu tun haben, einbezogen, so daB ins-
gesamt 60 potentielle Wasserkraftstandorte im Landkreis naher betrachtet wurden. Hinzu
kommen 4 Standorte auf dem Gebiet der Stadt Hannover.

Im folgenden wird allgemein von Wasserkraftanlagen gesprochen, wenn auch die o. g. Stau­
stufe bzw. die Wehre angesprochen werden sollen. In den fibrigen Fallen wird von Wasser­
muhlen gesprochen, um die es sich ja - unabhangig von dem jetzigen Zustand - bei 61 der
64 Wasserkraftanlagen handelt.

Einen Uberblick fiber die regionale Verteilung der untersuchten Wasserkraftstandorte gibt
Ubersicht 2.

                   Gemeinde                                Anzahl

                   Stadt Barsinghausen                          9-
                   Stadt Burgdorf                               4
                   Stadt Lehrte                                 1
                   Stadt Neustadt a. Rbge.                      8
                   Stadt Pattensen                              2
                   Stadt Ronnenberg                             3
                   Stadt Springe                               12
                   Stadt Wunstorf                               4
                   Uetze                                        6
                   Wedemark                                     6
                   Wennigsen                                    5

                   Stadt Hannover                                4

                   GroBraum Hannover                             64

                 Ubersicht 2 - Regionale Verteilung der untersuchten
                               Wasserkraftstandorte
-17-

5.2 Beurteilimg der Standorte

Zustand der Anlage

Um eine einheitliche systematische Erfassang der Wassermfihlen durchfiihren zu konnen,
warden 2 Beurteilungsbogen entwickelt (vgl. Anhang 3), auf denen festgehalten wurde, ob
und welche Teile einer Anlage noch existieren and ob diese ggf. noch fanktionstiichtig sind.
Im einzelnen warden berficksichtigt:
                                                                                                     a
- baaliche Anlagen,
  - das Mfihlengebaade einschliefilich Tarbinenkeller,
  - der Wasserlaaf (Ober- and Unterwasser, Wassereinlaaf in den Tarbinenschacht bzw. aaf
    das Wasserrad),
  - die Stananlagen,
  - die Rechenanlage (Feinrechen, aatomatische Rechenreinigangsanlage),
  - maschinelle Anlagen,
    - das Wasserrad,
    - die Antriebswelle,
    - die Tnrbine,
    - das Getriebe bzw. der Riemenantrieb,

- elektrische Anlagen,
   - der Generator,
   - die Schaltanlage and die Tnrbinenregelnng.

Leistungsabschatzung

Far die Abschatzang der Leistang waren a. a. die Fallhohe and das Wasserdargebot festza-
stellen (Faastformel: l) Leistang = Fallhohe • mittlere Wassermenge • 7; vgl. oben, S. 11).
Wenn (alte) Wasserrechts- Oder Planangsanterlagen vorhanden waren, konnten bisweilen
Angaben daraas entnommen and zam Vergleich herangezogen werden.

War dies nicht der Fall, mafiten Annahmen gemacht werden. Bestand darfiber hinaas gar
kein Wasserrecht mehr, kam erschwerend hinza, da!3 nicht voraaszasehen ist, welche Anfla-
gen za einer Erlanbnis/Bewillignng hinsichtlich Staahohe, Wasserentnahme, Umweltschatz
and dergleichen zam Tragen kamen. Die Schatzangen orientierten sich an

- den Anssagen der Mfihlenbesitzer fiber frfihere Verhaltnisse,

- der Messnng der gegenwartigen Fallhohe and der Schatznng der zasatzlich moghchen
  Fallhohe darch Aafstaaen des Wassers,

1)   Fur die Standortgutachten (Kap. 7) warden die genauen Werte fur den Auslegungspunkt (i. d. R.
     90-Tage-Wasser) ermittelt und zur Berechnung herangezogen.
■ 18 -

- einer Naherungsformel fur die mittiere Wassermenge, wie oben dargestellt (mittlere
  Wassermenge = Einzugsgebiet • langjahrige mittlere AbfluBspende),

- einer Restwassermenge im ursprfinglichen Gewasser bei Ausleitungskraftwerken,

- Leistungsdaten evtl. noch vorhandener Turbinen oder Wasserrader.

Die Leistung ergab sich zu Null immer dann, wenn zwar noch ein Mfihlengebaude und ein
Gewasserlauf, aber kein Stau, kein Wassersturz und damit keine Fallhohe mehr existierte
(Das natfirliche Gefalle kann dann nur im Rahmen einer kompletten Neukonstruktion wie-
der nutzbar gemacht werden).

Die so ermittelte Leistung entspricht der moglichen Leistung bei Ausbau auf das Mittel-
wasser (MQ). Die tatsachlich installierte oder fur einen kfinftigen Ausbau sinnvolle Leistung
kann davon abweichen. Sie wird haufig holier sein, weil

- dadurch das grofiere Wasserdargebot im Winter besser genutzt werden kann,

- die Wassermfihlen frfiher (und zum Teil auch heute noch) fiber einen Teich verfiigten und
  damit "im Schwall fuhren", d. h. die im Teich aufgestaute Wassermenge wurde fur einige
  Stunden am Tag zusatzlich zum standig vorhandenen WasserzufluB genutzt. Mit dieser
  groBeren Wassermenge konnte eine hdhere Leistung erreicht werden, allerdings fur einen
  begrenzten Zeitraum. Wenn der Teich leer war, wurde solange gewartet, bis er wieder ge-
  ftillt war. So kann es vorkommen, daB eine Wassermtihle fiber eine Turbine mit 10 kW
  verftigt, aber im Mittel des Jahres entsprechend der mittleren Wassermenge nur z. B.
  2 kW leisten kann.

Bisweilen

- beschrankt, besonders an FluBlaufen mit einem groBen Wasserdargebot, die installierte
  Kapazitat die auf Grand der Wassermenge erzielbare Leistung;

- konnte nur eine sehr grobe Schatzung ffir die Wassermenge vorgenommen werden, so daB
  zwei mogliche Werte zugrunde gelegt warden.

In diesen Fallen wurde als ’Leistung’ der geringere Wert angegeben und als ’Zus. Potential’
die zusatzlich erzielbare Leistung. Bei der Besprechung der Ergebnisse wird in diesem Zu-
sammenhang von ’Leistung ohne zus. Pot.’ (Leistung ohne zusatzliches Potential) und
’Leistung mit zus.,Pot.’ (Leistung mit zusatzlichem Potential) gesprochen (vgl. Seite 20 ff und
Anhang 4).
-19-

5.3   Die Begehung der Anlagen

Fur die Identifizierung der Wasserkraftstandorte dienten folgende Unterlagen:

- Hydrographische Karte Niedersaqhsen,MaBstab 1:50 000 (8),

- Die Generalkarte, GroBraum-Ausgabe, MaBstab 1:200 000 (9),

- Ubersichtskarte von Niedersachsen, Verwaltungsausgabe, MaBstab 1 : 500 000 (10) und
  die entsprechenden Bezirkskarten, MaBstab 1:200 000,

- Kleeberg, Niedersachsische Muhlengeschichte (1),

- Erhebung der Nds. Mtihlenvereinigung bei den Gemeinden (2),

- Koberg, Mtihlen rund um Hannover, 1987 (11),

Zunachst wurden die Mtihlenbesitzer fiber die Absicht informiert, ihre Mfihlenanlage zu be-
sichtigen, und per Antwortkarte um ihr Einverstandnis und einige erste Informationen gebe-
ten. Im Laufe der darauffolgenden Wochen und Monate wurden die Wassermtihlen dann
nach telefonischer Absprache aufgesucht.

Einige Mtihlenbesitzer zeigten kein Interesse an der Besichtigung ihrer Wasserkraftanlage.
Die Mtihlenstandorte wurden dennoch aufgesucht. Die dabei gesammelten Informationen
reichten i. d. R. aus, um eine vollstandige Beurteilung vomehmen zu: konnen.

Bei der Begehung der Anlagen stellte sich heraus, daB viele Besitzer

- zwar Interesse an einer Nutzung hatten, aber keine Vorstellung von dem Wert ihrer Mfih­
  lenanlage bzw. der Reste davon, den finanziellen Forderprogrammen und den Moglich-
  keiten der Einspeisung von Strom ins offentliche Netz;

- in den letzten Jahren einen Rfickgang der Wassermenge und einen schnelleren AbfluB be-
  obachtet haben (Grfinde u. a. FluBbegradigungen, Versiegelung der Landschaft).

Die Mtihlenbesitzer haben im allgemeinen keine Informationen fiber den Markt ffir Wasser-
kraftanlagen (Hersteller, Preise).

Es war ersichtlich, daB die Wasserkraftanlagen - einmal stillgelegt - einem langsamen, aber
stetigen VerfallsprozeB ausgesetzt sind: Verschlammung der Mfihlengraben und Turbinen,
Verrottung der Schtitzenwehre, Gebaudeschaden auf Grand veranderter Wasserffihrung in-
folge der Nichtnutzung der Anlagen, Zuwachsen der Wasserlaufe, etc.

In einigen Fallen zeigten die Mtihlenbesitzer Interesse an einer Beratung: Welche Umbauten
mtissen ffir eine Wiederinbetriebnahme durchgeffihrt werden, um modemen Anforderungen
zu entsprechen? Wie konnen bestimmte technische Probleme gelost werden? Was kann man
tun, um sein Wasserrecht nicht zu verlieren? Wieviel Zuschfisse bekommt man? Welche Ein-
speisepreise konnen erwartet werden? Darf der Nachbar auch den erzeugten Strom nutzen?
Wer darf den Strom in einem Mietshaus nutzen?.
-20-

 6. Ergebnisse

 6.1     Landkreis Hannover

 6.1.1     Uberblick

 Eine vollstandige Auflistung aller untersuchten Wasserkraftstandorte und Beurteilungskri-
 terien befindet sich in Anhang 4. Im folgenden warden einzelne Aspekte diskutiert. Wie zu
 erwarten war, liegen die groBten energetischen Potentiale im GroBraum an den FluBlaufen
 Leine, Fuhse, Wietze, Westaue und Burgdorfer Aue. Daneben gibt es zahlreiche kleinere Po­
 tentiale an den kleineren Gewassem (vgl. Anhang 4 und 6).

 Betriebszustand, Leistung

 Es wurden 60 Standorte untersucht, 57 davon betrafen ehemalige Muhlenstandorte. Davon
 waren 8 in Betrieb (zwei jedoch nur mit Motorkraft), 29 im wasserbaulichen Sinn als besei-
 tigt anzusehen und 20 lagen still. Bei 3 Standorten (1 Staustufe, 2 Wehre) wurde keine Zu-
 ordnung zu einem Betriebszustand vorgenommen.

  Ubersicht 3 zeigt das Ergebnis der Untersuchung und Abbildung 2 verdeutiicht es noch ein-
  mal graphisch. Dabei sind die Ergebnisse der Standortgutachten bereits berucksichtigt, so
  daB sich teilweise Differenzen zu den in Anhang 4 aufgefuhrten Daten ergeben, die auf den
  Abschatzungen der Bestandserfassung beruhen. Der groBte Anteil des gesamten Potentials
  ist bei den in Betrieb befindlichen Anlagen zu finden, wahrend die stilliegenden und besei-
  tigten Standorte trotz zahlenmSBiger Uberlegenheit nur einen kleinen Teil der moglichen
  Leistung bereitstellen konnten. Dies liegt im wesentlichen an zwei Anlagen groBer Leistung
  an der Leine, die fur das restliche Untersuchungsgebiet nicht typisch sind, und sollte nicht zu
- dem FehlschluB verleiten, den stilliegenden kleinen Anlagen keine weitere Aufmerksamkeit
  zu schenken.

       Betriebszustand        Anzahl     energetisches Potential (kW)                Suznme
                                         genutzt        nicht genutzt

       beseitigt                 29              0,0                  55,5            55,5
       in Betrieb                 8           1298,9                 213,0          1511,9
       stilliegend               20              0,0                  99,6            99,6
       1 Staustufe,
                                                  o
                                                  o

       2 Wehre                    3                                    21,6           21,6

                                 60           1298,9                 389,7          1688,6

 Ubersicht 3 - Betriebszustand und energetisches Potential der Anlagen im Landkreis
               Hannover
-21-

               Anzahl                                                 Leistung (kW)

                                                                                       - 1750
                                  I..;. I Anzahl       Lelstung

                                                                  zusatzl.             - 1500
                                                                  Potential
                                                                                       - 1250
                                                                  berelts
                                                                  genutzt              -   1000

                                                                                       -750

                                                                                       -500

                                                                                       -250

                   beseitigt     stilliegend       in Betrieb               Wehr
                                        Betriebszustand
                                                                                   © AREHHA 1891

Abb. 2: Anzahl und energetisches Potential der untersuchten Standorte im Landkreis
        Hannover nach dem Betriebszustand

Alle untersuchten Wasserkraftstandorte zusammen weisen eine mogliche Leistung von
1689 kW auf. Davon entfalien 1299 kW auf in Betrieb befindliche Anlagen. 390 kW sind
derzeit nicht genutzt. Ohne eine wirtschaftliche Betrachtung im einzelnen vomehmen zu
wollen (vgl. auch Anhang 2), ist festzuhalten, dafi

- das nicht genutzte Potential der beseitigten Anlagen sowie der Staustufe und der Wehre
  nur mit erheblichem Aufwand nutzbar zu machen ist (i. d. R. durch einen Neubau);

- die Rahmenbedingungen bei dem nicht genutzten Potential der in Betrieb befindlichen
  und stilliegenden Anlagen giinstiger sind, aber eine eingehende Analyse fur jede einzelne
  Anlage erforderlich ist.
                                                   f
• -22-

Die Aufteilung der moglichen Leistung auf verschiedene Leistungsbereiche zeigt Uber-
sicht 4.

       Leistungsbe­ Anzahl Leistung ohne                    Anzahl Leistung mit
       reich in kW         zus.Pot.in kW                           zus.Pot.in kW

           0                  26         0,0                      26            0,0
          >0 — 5              17        36,7                      16           34,3
           5-10                9        64,1                       8 '         58,6
          10 - 15              3        37,8                       4           50,8
         .15 - 20              1        18,2                       2           38,2
          20-50                2        58,8      '     .          2           58,8
             > 50              2      1247,9                       2         1447,9

                              60      1463,5                      60         1688,6

      Anm.: zus. Pot.= zusatzlich mogliche Leistung, vgl. S. 18)

          Ubersicht 4 - Leistungsbereiche der untersuchten Wasserkraftstandorte
                                 im Landkreis Hannover

Die Ubersicht zeigt, daB 70 % der Anlagen im Bereich 0-5 kW liegen, aber nur 2 % der Ge-
samtleistung stellen. Im Leistungsbereich fiber 50 kW sind dagegen nur 2 Anlagen erfaBt, die
aber 85 % der Gesamtleistung reprasentieren. Die 16 Anlagen im Bereich 5-50 kW stehen
zusammen ftir 206 kW (entsprechend 12 % der Gesamtleistung, vgl. Abb. 3).

                 Anzahl                                                  Leistung (kW)
                                                                                         1500

                                    lAnzahl           Leistung
                                                                                         1450
           15-
                                                                                         1400

                           - 5-10     10-15      15-20           20-50
                                    Leistungsbereich (kW)
                                                                                © AREN HA 1091

Abb. 3: Aufteilung der untersuchten Standorte auf die Leistungsbereiche (mit zus. Pot.)
-23-

Die regionale Verteilung der Wasserkraftstandorte zeigt Ubersicht 5.

          Gemeinde                            Anzahl     Leistung mit
                                                       zus. Pot. in kW

          Stadt Barsinghausen                      9             13,9
          Stadt Burgdorf                           4             23,1
          Stadt Lehrte                             1              0,0
          Stadt Neustadt a.Rbge.                   8            342,2
          Stadt Pattensen                          2           1117,0
          Stadt Ronnenberg                         3              4,2
          Stadt Springe                           12             47,3
          Stadt Wunstorf                           4             24,1
          Uetze                                    6             94,5
          Wedemark                                 6             15,5
          Wennigsen                                5              6,8

                                                  60           1688,6

        Ubersicht 5 - Regionale Verteilung, Leistung mit zus. Pot. in kW

Elektrische Arbeit

Fur die Berechnung der elektrischen Arbeit sind - wie fur die Leistung - u. a. genaue Analy-
sen des jahreszeitlich bedingten Wasserdargebots, der davon abhangigen Fallhohenverande-
rung und der moglichen Einsatzdauer der Anlage notwendig.

Im Rahmen der Bestandserhebung wurde die Jahresarbeit uberschlagig auf der Basis von
5 000 Vollbenutzungsstunden im Jahr ermittelt. Diese Zeit, entsprechend 57 % der gesamten
Jahresstunden, ware theoretisch erforderlich, um die Jahresarbeit mit Vollast der eingebau-
ten Turbine zu erzeugen. In der Realitat ist eine Wasserkraftanlage naturlich erheblich lan-
ger in Betrieb, teilweise allerdings mit verminderter Leistung (vgl. Leistungsblatt auf S. 37).

Mit dieser Abschatzung ergibt sich fur die Leistung (mit zus. Pot.) von 1548 kW eine mogli-
che elektrischg Arbeit von 7,74 Mio kWh im Jahr. Tatsachlich erzeugen bereits heute 3 der
Anlagen (Calenberger Mtihle in Schulenburg, Ecksteinmuhle in Neustadt und Ammenmuhle
in Uetze) zusammen etwa 6,5 Mio kWh (ohne Mahlbetrieb der Ecksteinmuhle, vgl. S. 25).

Die Ergebnisse der Standortgutachten (vgl. Kap. 7) bestatigen im wesentlichen die Zulassig-
keit der o. g. Abschatzung. Abweichungen ergeben sich bei hoher Quellschuttung, fehlender
Oder besonders grofier Restwassermenge oder niedrigem Ausbaugrad.

Letzteres ist bei der Ecksteinmuhle in Neustadt der Fall, wo wegen der begrenzten Kapazitat
des Miihlgrabens nur ca. 1/3 der im Mittel verfugbaren Wassermenge der Leine genutzt war­
den kann. Aufgrund der ca. 8 000 Vollaststunden an diesem Standort erhoht sich die Strom-
erzeugung gegeniiber der pauschalen Abschatzung um 1,65 Mio. kWh/a auf ca.
9,4 Mio kWh/a.
-24-

Gemessen an der insgesamt im GroBraum verbrauchten Strommenge (ca. 4,1 Mrd. kWh/a)
sind 9,4 Mio kWh sehr wenig. Wenn man allerdings bederikt, daB damit etwa 3 900 Haushalte
mit umweltfreundlich erzeugtem Strom versorgt warden konnen, ist dies doch ein beachtli-
cher Beitrag.

6.1.2   Die Wasserkraftstandorte im einzelnen

Die untersuchten 60 Wasserkraftstandorte konnen in folgende Kategorien eingeteilt warden:

- beseitigte Wassermuhlen,
- Wassermuhlen in Betrieb,
- stilliegende Wassermuhlen,
    - ohne Wasserrecht, bauliche Anlagen tiberwiegend nicht vorhanden,
    - ohne Wasserrecht, bauliche Anlagen uberwiegend vorhanden,
    - mit Wasserrecht, bauliche Anlagen uberwiegend vorhanden,
    - mit Wasserrecht, bauliche Anlagen uberwiegend nicht vorhanden,
- Staustufen und Wehre, die nichts mit ehemaligen Wassermuhlen zu tun haben.

Beseitigte Wassermuhlen

29 Wassermuhlen waren im wasserbaulichen Sinn als beseitigt anzusehen. Es handelt sich
dabei in der Regel um Anlagen, bei denen z. B. der FluBlauf verlegt wurde, bis auf das Mtih-
lengebaude nichts mehr vorhanden ist oder der Wasserlauf bzw. der Betriebsgraben mit re-
duzierter Wassermenge verrohrt fiber das Grundstfick geftihrt wird.

Bei 8 als beseitigt bezeichneten Anlagen existieren noch ein Wassersturz oder eine Fisch-
treppe. Damit ist ein kinetisches Potential gegeben, das man grundsatzlich ftir die Strom-
erzeugung ausnutzen konnte. In diesen Fallen waren aber aufwendige Neubauten erforder-
lich.

           energetisches Potential           Anzahl      Leistung (kW)

           vorhanden                               8          55,5
           nicht vorhanden                        21           0,0

                                                  29          55,5

         Ubersicht 6 - beseitigte Wassermuhlen, Anzahl und Leistung
-25-

Wassermuhlen in Betrieb

Hierbei handelt es sich um 6 Anlagen. Sie erzeugen Strom und speisen diesen zum Teil ins
offentliche Netz ein. 1 Wassermiihle wird nur bei Bedarf im Inselbetrieb genutzt, eine ande-
re Anlage gleichzeitig fur Stromerzeugung und Mahlbetrieb. Gegenwartig werden in den mit
Wasserkraft in Betrieb befindlichen Wassermiihlen ca. 6.6 Mio kWh Strom erzeugt (ohne
den Mahlbetrieb der Ecksteinmuhle in Neustadt). 6,5 Mio kWh entfalien davon auf die
3 grofieren Anlagen (Calenberger Miihle in Schulenburg, Ecksteinmuhle in Neustadt und
Ammenmuhle in Uetze). Bei diesen Zahlen ist zu beriicksichtigen, daB

- 1 Anlage mit 9,7 kW, die nur gelegentlich genutzt wird, von Inselbetrieb auf Netzbetrieb
  umgestellt und damit das gesamte Potential genutzt werden konnte (Hallermuhle in
  Mittelrode);

- 1 Anlage evtl. ausgebaut werden konnte (Leistungssteigerung je nach Variante 50 % -
  100 % bei der Ecksteinmuhle in Neustadt (vgl. Kap. 7)). Diese Anlage wird zudem gegen-       <
  wartig noch fur die Stromerzeugung und den Mahlbetrieb genutzt. Bei der geplanten Auf-
  gabe des Mahlbetrfebes wiirde die gesamte Leistung fiir die Einspeisung des erzeugten
  Stroms zur Verfugung stehen. i) Aus dem Standortgutachten und Angabe des drtlichen
  EVU lafit sich auf einen Eigenverbrauchsanteil von 70 - 75 % schlieBen, d. h. durch Auf-
  gabe des Mutilenbetriebes wurden im Jahresmittel ca. 120 kW fur die Netzeinspeisung
  frei.

         Nutzungsart                 Anzahl          Leistung ohne   Leistung mit
                                                     zus.Pot.in kW   zus.Pot.in kW

         Stromerzeugung                   5             1177,7          1181,0
         Stromerzeugung
         und Mahlbetrieb                  1              130,9           330,9

                                          6             1308,6          1511,9

                  Ubersicht 7 - Wassermiihlen in Betrieb, Anzahl und Leistung

Zwei Miihlen im Kreisgebiet werden heute nur noch mit Motor angetrieben. Bei diesen
Motormuhlen wurde bereits vor langerer Zeit das Wasserrecht aufgegeben und die Wasser-
fiihrung geandert. Eine Reaktivierung der Wasserkraft ware zwar bei einer der beiden Muh-
len denkbar, aber nur mit erheblichem Aufwand zu realisieren.

1)   Der Mahlbetrieb wurde inzwischen eingestellt.
I

                                          -26-

Stilliegende Wassermuhlen

Es warden 20 stilliegende Wassermuhlen beurteilt. Einen Uberblick gibt Ubersicht 8.

Danach gibt es nur 4 stilliegende Anlagen, die eine groBere Leistung als 5 kW aufweisen. Die
restlichen Wassermuhlen liegen im Bereich 0-5kW. (Zu den Reaktivierungskosten in Ab-
hangigkeit von der Leistung und den wirtschaftlichen Aussichten einer Investition .vgl.
Anhang 2).

    Leistungs-        Anzahl          Leistung ohne      Anzahl         Leistung mit
    bereich                           zus. Pot. '                       zus. Pot.
      in kW                             in kW                             in kW

        0                 3             0,0                 3             0,0
      > 0 -  5           13           .28,8                13            26,4
        5-10              2            13,3                 1            17,5
       10 - 15            1            14,7                 1       •    14,7
       15 - 20            0             0,0                 1            20,0
       20 - 50            1            21,0                 1            21,0
          > 50            0             0,0                 0             0,0 .

                         20            77,8                20            99 >6

                Ubersicht 8 - stilliegende Wassermuhlen, Leistungsbereiche

Die folgende Ubersicht nimmt eine Aufteilung der stilhegenden Anlagen nach den Kriterien
’bauliche Anlagen’ und ’Wasserrecht’ vor.

    bauliche            Wasser-       Anzahl     Leistung ohne          Leistung mit
    Anlagen             recht                    zus. Pot.              zus. Pot.
    uberw. vorh                                  in kW                  in kW •

             ja                ‘ ja      , 3             14,1                    26,3
             ja               nein         6             26,2                    31,9
           nein                  ja        1              0,0                     0,0
           nein               nein        10             37,5                    41,4

                                          20             77,8                    99,6

          Ubersicht 9 - stilliegende Wassermuhlen, Wasserrecht Anzahl, Leistung
-27-

Der Zustand der stilliegenden Wassermuhlen ist im wesentlichen dadurch gekennzeichnet,
daB

- in 9 von 20 Fallen die baulichen Anlagen (Muhlengebaude, Wasserlauf/Muhlgraben,
  Stauanlagen, Feinrechen) uberwiegend vorhanden sind, deren Funktionstuchtigkeit aber
  i. d. R. nicht gegeben ist;

- die maschinellen Anlagen (vor allem Wasserrad, Turbine) nur noch bei 4 der 20 Wasser­
  miihlen uberwiegend vorhanden, aber nicht mehr funktionstuchtig sind;

- die elektrischen Anlagen bei keiner stilliegenden Wassermuhle vorhanden sind.

Gleichzeitig ist festzuhalten, daB infolge der Nicht-Nutzung der Wassermuhlen haufig die
Muhlengraben, Turbinenkeller und Wasserlaufe verschlammt sind und die Gebaude biswei-
len auf Grand veranderter Wasserfuhrung gefahrdet sein kdnnen.

Die 9 Wassermuhlen, bei denen die baulichen Anlagen uberwiegend vorhanden sind, repra-
sentieren 51 kW Leistung. Nur fur 3 dieser Wasserkraftanlagen besitzen die Eigentiimer
noch ein Wasserrecht. (Fur die librigen Muhlen gibt es entweder kein Wasserrecht Oder die
Rechtsverhaltnisse konnten nicht abschliefiend geldart werden.)

Staustufen und Wehre

Neben den ehemaligen Wassermuhlenstandorten - die zum Teil jetzt ebenfalls nur noch als
Staustufen, Fischtreppen etc angesprochen werden kdnnen - wurden auch 3 weitere Stand-
orte untersucht: 1 Staustufe an der Sudaue und 2 Wehre an der Fuhse. Hier gibt es zwar ein
energetisches Potential. Die vorgefundenen Fallhohen von 0,4 m, 0,5 m und 0,7 m sind aber
sehr gering (und damit trotz ausreichendem Wasser schwer zu nutzen), die Standorte ab-
gelegen.
        z                                           ’ -

             Art der Anlage           Anzahl       Leistung ohne
                                                   zus. Pot. in kW

             Staustufe                   1                 5,9
             Wehr                        2                15,7

                                         3                21,6

             Ubersicht 10 - Staustufen und Wehre, Anzahl und Leistung
- 28 -

Interessenlage der Besitzer der Wassermuhlen

Es wurden 28 Wassermuhlen untersucht, die in Betrieb sind oder stilliegen. 11 Besitzer die-
ser Anlagen zeigten grundsatzliches Interesse an einer Reaktivierung oder einem Ausbau
bzw. an naheren Untersuchungen dazu, 16 batten kein Interesse, bei einem war die Frage
nicht zu klaren.

Es ist aber deutlich geworden, daB die meisten Anlagenbesitzer nur eine Reaktivierung oder
einen Ausbau vomehmen wurden, wehn

- eine ausreichende finanzielle Unterstiitzung gewahrleistet ist,       _

- die wasserrechtlichen Fragen einvemehmlich mit den zustandigen Behorden geklart wer-
  den kbnnen und

- die Energieversorgungsuntemehmen sich kooperativ verhalten.

In jedem Fall ist eine eingehendere Beratung erforderlich, wie sie weiter oben geschildert
wurde (vgl. S. 15).
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