Rundbrief 2022 NABU Holzminden - Für Mensch und Natur
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impressum © 2022, NABU Holzminden NABU (Naturschutzbund Deutschland) Kreisgruppe Holzminden e.V. Oberbachstraße 47, 37603 Holzminden Telefon: (05531) 700 432 E-Mail: info@NABU-Holzminden.de Internet: www.NABU-Holzminden.de Spendenkonto: Braunschweigische Landessparkasse BIC: NOLA DE 2HXXX IBAN: DE13 2505 0000 0027 6400 10 Spenden sind steuerlich absetzbar. Gestaltung Stefanie Beyer, Bodenwerder Aus sprachlichen Gründen wird auf die Differenzierung von weiblicher und männlicher Schreibweise weitgehend ver- zichtet. Druck Auflage: 1.600 Gemeindebriefdruckerei, Groß Oesingen Bezug Den Rundbrief erhalten Sie im NABU-Umweltladen, Oberbachstraße 47, 37603 Holzminden. Titelfoto Singendes Rotkehlchen (H. Niehaus)
Liebe Leserinnen und Leser, Vogel, Orchidee oder Libelle – es lohnt sich immer, die Tier- und Pf lanzenarten, die von verschiedenen Institutionen zur „Natur des Jah- res“ gewählt wurden, näher zu betrachten. In diesem Rundbrief stellen wir Ihnen viele davon mit regionalem Bezug vor. Keine Art steht für sich allein, sondern immer stellvertretend für eine ganze Lebensgemein- schaft. Auch die Ansprüche, die eine Art an ihren Lebensraum stellt, sind komplex. Für den Schmetterling des Jahres 2022, den Kaisermantel (S. 16), reicht ein Blütenangebot im Sommer nicht aus – wenn die Raupenfutter- pf lanzen aussterben, verschwindet auch der Falter. Und das gilt für viele andere Insekten auch, denen mit Blühstreifen in der Landschaft und bunten Blumenbeeten in Gärten und Parks allein nicht geholfen wird. Lebensräume müssen durch ein Netz aus schonend gepf legten Wegrainen, Gewässerrandstreifen und Hecken miteinander verbunden werden. Im Siedlungsbereich lässt sich selbst auf kleinen Flächen durch die Pf lanzung heimischer Gehölze statt Thuja und Kirschlorbeer und etwas mehr „Wildwuchs“ statt Schotter viel für die Natur erreichen. Vernetzung von Lebensräumen ist auch ein wesentlicher Aspekt des LIFE BOVAR-Projektes: 2021 wurden Artenschutzmaßnahmen im Hom- burgwald umgesetzt, von denen nicht nur Amphibien profitieren. Lesen Sie dazu den Bericht auf Seite 23. Praktischer Einsatz für die Natur kann viel Spaß machen, wie einige Schüler und Schülerinnen letztes Jahr in der Weseraue und im Hellental erfahren konnten (S. 33). Das wissen die Mitglieder unserer NAJU-Grup- pe natürlich längst und würden das auch gerne an noch mehr große und kleine Naturinteressierte weitergeben. Ab Seite 36 erzählt die NAJU von ihren vielfältigen Aktivitäten im NEST und auf der Streuobstwiese. Im vergangenen Jahr sind leider wegen der Corona-Pandemie einige unserer Veranstaltungen ausgefallen. Doch in diesem Jahr möchten wir unsere Mitgliederversammlung wenn möglich wieder im gewohnten Rahmen abhalten – der 2020 ausgefallene Vortrag über den Feuer- salamander wird nachgeholt (S. 25 und S. 50). Bitte informieren Sie sich über aktuelle Termine vorher auf unserer Internetseite. Viel Spaß beim Lesen! Tanja Frischgesell 1
Inhalt Vogel des Jahres 2022 – Der Wiedehopf ....................................................3 Orchidee des Jahres 2022 – Die Braunrote Stendelwurz..........................5 Blume des Jahres 2022 – Die Einbeere ......................................................7 Baum des Jahres 2022 – Die Rotbuche ....................................................10 Schmetterling des Jahres 2022 – Der Kaisermantel ...............................16 Weitere Natur des Jahres 2022.................................................................20 EU-Projekt LIFE BOVAR des NABU Niedersachsen – weitere lebensraumverbessernde Maßnahmen bei Stadtoldendorf ......23 Vortragsankündigung: Der Feuersalamander in Gefahr ........................25 Der Satanspilz im Landkreis Holzminden ...............................................26 Mauersegler-Kolonie in Stadtoldendorf erneut ausgebaut .....................28 Schwalben willkommen im Landkreis Holzminden ..............................31 NABU und Schule – gemeinsam gegen invasive Arten ..........................33 Wir sind die NAJU, wir treffen uns im NEST… ......................................36 Neues aus dem NABU-Umweltladen ........................................................40 Ehrungen ...................................................................................................43 Kurz notiert ...............................................................................................45 Einladung zur Mitgliederversammlung ..................................................50 Kassenbericht für das Jahr 2021 ..............................................................51 Ansprechpersonen bei speziellen Fragen ................................................52 NABU Holzminden – Vorstand und Beirat ..............................................55 Beitrittsformular .......................................................................................56 2
Vogel des Jahres 2022 – Der Wiedehopf Der Wiedehopf kommt als wärme- Garten am westlichen Ortsrand liebende Art nur in wenigen von Neuhaus aufhielt (siehe Foto). Regionen Deutschlands vor und gilt mit geschätzten 800-950 Aus dem benachbarten Kreis Brutpaaren als gefährdet. In Höxter wurden in den letzten Niedersachsen wurde er noch in 10 Jahren insgesamt acht der Roten Liste von 2005 als aus- Wiedehopf-Beobachtungen bei gestorben geführt, dank gezielter www.ornitho.de gemeldet, z.B. Schutzmaßnahmen gibt es landes- aus Fürstenau, Höxter, Nieheim, weit wieder etwa 35 Brutpaare – Warburg und Willebadessen. Da- schwerpunktmäßig in trockenen, runter war die früheste Sichtung sandigen Gebieten wie der Lüne- auf dem Zug in die Brutgebiete am burger Heide und dem Wendland. 29. März 2020 in Steinheim, die Aber auch in Ostfriesland gab es späteste vom 29. August 2020 aus in den vergangenen Jahren Wiede- Borgentreich. hopf-Beobachtungen während der Brutzeit, woraufhin der NABU Der Wiedehopf lebt von größe- Wiesmoor-Großefehn ein Arten- ren Insekten und ihren Larven schutzprojekt startete. und sucht seine Nahrung vor allem am Boden. Dabei ist er auf Im Landkreis Holzminden lassen niedrige Vegetation und offene sich Wiedehopfe nur zur Zugzeit Bodenstellen angewiesen und beobachten und auch das nur sehr selten. Auf der Internetplatt- form www.ornitho.de wurden seit ihrem Bestehen nur zwei Beobachtungen eingestellt: 2013 am Brückfeld bei Boffzen und 2014 am Westrand von Eschers- hausen, beide von Mitte August, also auf dem Zug der Wiedehopfe vom Brutgebiet ins afrikanische Winterquartier. Außerdem ist eine Beobachtung aus Meinbrexen aus dem Jahr 2019 bekannt sowie ein Wiedehopf, der sich Ende Mai 2010 über mehrere Tage in einem Foto: Wiedehopf in Neuhaus am 28.05.2010 (U. Frischgesell) 3
profitiert daher besonders von Sommern anhält, kann der Wiede- extensiver Beweidung von Grün- hopf sein Verbreitungsgebiet land und Streuobstwiesen. Auch möglicherweise weiter ausdehnen. lichte Wälder und Weinberge Vorausgesetzt, es sind ausreichend zählen zu seinen Lebensräumen. Großinsekten als Nahrungsgrund- Wenn der durch den Klimawandel lage und alte Bäume mit Brut- verursachte Trend zu höheren höhlen vorhanden. Temperaturen und trockeneren Autorin: Tanja Frischgesell 4
Orchidee des Jahres 2022 – Die Braunrote Stendel wurz (Epipactis atrorubens (Hoffmann ex Besser)) Die Braunrote Stendelwurz wurde Sepalen und den zwei inneren von den Vorständen der Arbeits- Petalen. Die spiegelsymmetrischen kreise Heimischer Orchideen Blüten können durch einen gene- (AHO) zur „Orchidee des Jahres tisch bedingten Ausfall der roten 2022“ gewählt. Der lateinische Anthocyane und der Überlagerung Artname „atrorubens“ bezieht sich durch das grüne Chlorophyll teils auf die Farbe (Anthocyan) der grünlich, gelblich bis hellrot er- Blütenblätter und bedeutet über- scheinen. Epipactis atrorubens wird setzt „braunrot“ oder „dunkelrot“. als Nektar-führende Orchidee von Die älteren, kaum noch geläu- nahrungssuchenden Insekten, figen Namen „Vanillen-Orchis“ zum Beispiel Hummeln, meist oder „Strandvanille“ bringen den fremd bestäubt. Ab Anfang Juni zarten bis intensiven, vanille- bis Ende Juli kann diese wärme- artigen Duft der Pf lanze zum Aus- liebende Orchidee blühend an druck. Epipactis atrorubens gehört zur Gattung der Stendelwurzarten, welche sich durch eine ähnliche Blütenform auszeichnen. Die 20 bis 70 cm hohe Pf lanze mit be- haartem, rötlich überlaufenem Stängel und länglich, eiförmi- gen Blättern weist einen bis zu 23 cm langen Blütenstand aus zahlreichen rot-braunen, weit geöffneten Blüten mit hellem Inneren auf. Die bis zu acht Millimeter lange Blütenlippe (Labellum) teilt sich in eine mit warzigen Höckern (Kalli) be- setzte herzförmige Vorderlippe (Epichil) und eine napfförmige, Nektar-führende Hinterlippe (Hypochil). Umrahmt wird diese eigentümliche Blütenlippe durch fünf weitere, einfach gestaltete Blütenblätter, den drei äußeren Foto: Braunrote Stendelwurz (Dr. K. Hofmann) 5
In Niedersachsen ist diese Orchi- dee jedoch als gefährdet (Rote Liste 3) eingestuft, da sie hier meist auf die Kalkgebiete des Hügel- und Berglandes beschränkt ist und in der norddeutschen Tief- ebene nur sehr selten anzutreffen ist. Daher ist es wichtig, sich für den Erhalt ihrer Lebensräume einzusetzen. Im Landkreis Holz- minden gibt es teils noch statt- liche Vorkommen mit mehreren Hundert Pf lanzen in stillgelegten, Foto: Blüten der Braunroten Stendelwurz (Dr. K. Hofmann) kalkhaltigen Steinbrüchen und an Wegrändern. Langfristig sollten die Fundorte jedoch aufmerksam sonnigen Standorten, wie Halb- beobachtet werden, da Eutrophie- trockenrasen, Gebüschen und lich- rung und die natürliche Sukzes- ten Wäldern meist auf Kalkböden sion eine Gefahr für die Bestände angetroffen werden, besiedelt als darstellen können. Pionierart aber auch Sekundär- standorte wie Steinbrüche, Sand- Sollten Sie Interesse an der gruben sowie Weg- und Straßen- Mithilfe beim Pf legen der ränder. Damit gehört Epipactis Orchideen-Flächen im Landkreis atrorubens bundesweit eher zu den Holzminden oder an weiteren In- weniger gefährdeten Orchideen. formationen haben, wenden Sie sich bitte an Walter Sorge (sorge.walter@gmail.com), Dr. Kai Hofmann (Kai_Hofmann@kabelmail.de) oder direkt an den Arbeitskreis Heimische Orchideen (AHO) e.V.: www.aho-niedersachsen.de Autor: Dr. Kai Hofmann Foto: Hummel beim Blütenbesuch (Dr. K. Hofmann) 6
Blume des Jahres 2022 – Die Einbeere Die Einbeere wurde von der Loki- Schmidt-Stiftung zur Blume des Jahres 2022 gewählt. „Als Loki Schmidt Stiftung haben wir die Ein beere zur Blume des Jahres 2022 ge wählt, um zum dringenden Schutz der alten, naturnahen und wilden Wälder aufzurufen, die der Einbeere und an deren Pflanzen und Tieren langfristig einen Lebensraum geben und die für die Ausbreitung notwendige Zeit“, begrün det Axel Jahn, Geschäftsführer der Loki Foto: Einbeerenblüte (S. Beyer) Schmidt Stiftung, die Wahl.“ Quelle: https://loki-schmidt-stiftung.de/ mathematisch strengen Symmet- blume-des-jahres/2022 rie: Oberhalb eines Quirls von vier überkreuz angeordneten Blättern Auf der genannten Internetseite sitzt auf einem kurzen Stiel eine findet sich auch ein Link, unter einzelne karge Blüte, gebildet aus dem eine sehr gehaltvolle, schöne vier schmalen äußeren unterhalb Broschüre über diese exotisch von vier fast fadenförmigen inne- anmutende Art geladen werden ren grünlichen Blütenblättern und kann. (Auf einen Irrtum der acht grellgelben Staubblättern. Broschüre sei hier hingewiesen: Ähnlich wie sich in Paris 12 Stra- Die Einbeere kommt in Nieder- ßen in vollendeter Harmonie im sachsen nicht „nur punktuell“ Triumphbogen treffen, so weisen vor, sondern in sicherlich über alle 20 Strukturen der Blätter und 50% der Kartenblätter im Ver- der Blüte der Einbeere nach innen breitungsatlas). auf einen kugelförmigen, dunkel weinroten Fruchtknoten, der als Karge Schönheit: Symmetrie pur Krone eine vierzipf lige Narbe Die besondere Ästhetik der Ein- trägt: Ins Zentrum von „Paris beere erschließt sich erst beim quadrifolia“ wird der Blick geführt. genauen Hinsehen: Sie verdankt Und dort „kulminiert“ auch das ihre Schönheit nicht etwa bunten Geschehen: Hier treffen sich die Blütenblättern oder großer Far- Fliegen, die diese Blüte bestäuben benpracht sondern der Reduktion sollen. Später entwickelt sich aus auf das Wesentliche und einer dem Fruchtknoten eine einsame 7
profitiert jedenfalls offenbar da- von, dass in ihren Wurzelrinden- Zellen Pilze leben („Arbusculäre Mykorrhiza“)! Die Botschaft der Einbeere – ein fundamentaler Schlüssel zum Überleben unserer Artenvielfalt Einbeeren wachsen in mehr oder weniger feuchten Wäldern, jedoch nicht in allen geeignet erscheinen- Foto: Fruchtende Einbeere (S. Beyer) den feuchten Wäldern wachsen Einbeeren. Warum nicht? So „Einbeere“, schwarz gefärbt und wie einige andere Pf lanzen- meist bläulich bereift wie Heidel- arten finden wir sie fast nur in beeren oder Zwetschen. „historisch alten Wäldern“. Was ist das? „Historisch alte Wälder“ sind Nicht essen! Wälder auf Waldstandorten, die nach So lecker diese Frucht auch aus- Hinweisen aus historischen Karten, sieht: Die Einbeere enthält, wie Bestandesbeschreibungen oder auf ihr einziger näherer Verwandter grund sonstiger Indizien mindestens in Deutschland, die Alpenpf lanze seit mehreren hundert Jahren kontinu Weißer Germer, Giftstoffe. Also ierlich existieren“ (Definition aus: nicht verwechseln mit der Heidel- NNA-Berichte, 7. Jahrgang /1994, beere, die allerdings völlig andere Heft 3: Bedeutung historisch alter Standorte bevorzugt. Wälder für den Naturschutz). Was zeichnet diese Wälder aus? Fangen Ein Parasit? wir mal von hinten an, aus der Perspektive der Bewohner! In einer Veröffentlichung von 2020 beschreiben Giesemann 1. Ich muss irgendwann einmal dort und andere (genaue Angaben hingekommen sein. Also müssen in der Broschüre), dass ein gro- meine Ansprüche zu jener Zeit ßer Teil der Kohlenhydrate der dort erfüllt gewesen sein. Einbeere von Mykorrhiza-Pilzen stammt. Das Zusammenleben 2. Meine Ansprüche müssen seit von Pf lanzenwurzeln und Pilzen dem kontinuierlich dort erfüllt ist eine uralte Errungenschaft, sein. Die Umwelt muss seit Jahr- die mal mehr als Symbiose, mal hunderten so sein, dass ich dort mehr als Parasitismus betrachtet überleben und mich fortpf lanzen werden kann. Egal, die Einbeere kann und konnte. 8
Wenn ich auch in jungen Wäldern Schlussfolgerungen für alte Wälder: ausreichend zu finden bin, habe ich keine Probleme, und der Bio- y schützen und erhalten diversitätsschutz kann mich y bestehende Wälder wildnisartig in Ruhe lassen. Wenn ich aber sich selbst überlassen ein „typischer“ und fast aus- y Vernetzungen erhalten und schließlicher Bewohner alter schaffen Wälder, eine „Zeigerart“ bin, fehle ich in jungen Wäldern, denn sonst Der letzte Punkt ist für alle ge wäre ich ja keine Zeigerart der fährdeten Arten, egal an welchen alten. Lebensraum sie gebunden sind, überlebenswichtig. Offenbar habe ich also Mühe, neu entstehende geeignete Lebens- Auch viele Naturschützer haben räume zu besiedeln. Warum? dies noch immer nicht richtig ver- standen. Weil ich zu denen gehöre, die nicht besonders mobil sind. Weite Autor: Karsten Dörfer Strecken können meine Früchte, Samen oder Jungen nicht zurück- legen. Was macht mir außerdem Pro- bleme? In unserer Zeit wechseln die Verhältnisse so schnell, greift die gestalterische Dynamik menschlicher Nutzungen so tief in meine Lebensräume ein, dass ich an vielen Stellen nicht weiterleben kann. Aber: Wo ich erst weg bin, komme ich so schnell nicht wie- der. Und das war es dann. Foto: Knospende Einbeere (S. Beyer) 9
Baum des Jahres 2022 – Die Rotbuche Der Titel „Baum des Jahres“ Wer weiter gehendes Interesse wird regelmäßig von der hat, findet einen sehr ausführli- „Baum des Jahres Dr. Silvius chen Artikel über die Rotbuche Wodarz-Stiftung“ verliehen. In bei Wikipedia: diesem Jahr erhielt die Rotbuche https://de.wikipedia.org/wiki/ (Fagus sylvatica) nach 1990 zum Rotbuche zweiten Mal dieses Prädikat. Auf Dort werden auch zahlreiche im der Webseite der Stiftung sind für Internet zugängliche Quellen zum beide Jahre Beschreibungen der „vertieften Studium“ des Themas Buche zu finden genannt. (2022: https://baum-des-jahres.de/ baum-des-jahres/, Rotbuche in Zahlen und Stich 1990: https://baum-des-jahres. worten ternum-dev.de/wp-content/ Die Buche erreicht in Extrem- uploads/2020/10/1990_Buche.pdf). fällen ein Lebensalter von 400 bis 500 Jahren, eine Höhe von knapp Besonders der jüngere Text bietet 50 m und einen Durchmesser bis viele interessante Informationen, ca. 150 cm. Wenn möglich, wach- die hier kurz zusammengefasst sen ihre Wurzeln in die Tiefe. und um Interessantes, Anekdo- Wenn der Standort dies nicht zu- tisches und Regionales ergänzt lässt, steigt die Windwurfgefahr. werden sollen. Die Belaubung im Buchenwald ist dicht, die Deckung an die 100%. Der Wasserverbrauch eines Buchenbestandes ist erheblich geringer als der eines Douglasien- bestandes. Buchenwälder sind CO2-Speicher. In welchem Um- fang unter welchen Bedingungen wird aufgrund unterschiedlicher Untersuchungsergebnisse kontro- vers diskutiert, insbesondere die Frage, ob genutzte Wälder mehr CO2 speichern als ungenutzte. Zu- mindest wenn das genutzte Holz als Brennstoff verwendet wird Foto: Wunderschöne Rotbuche im Hasselbachtal (Kaminholz, Pellets, Holzkohle), (Dr. K. Hofmann) ist dies offenbar nicht der Fall. 10
Verbreitung und Dominanz – der europäischste aller Bäume Gründe für die Wahl der Rotbuche („rot“ wegen des leicht rötlichen Holzes) scheinen auf der Hand zu liegen: Die Buche – nicht verwech- seln mit der nicht näher verwand- ten Hainbuche (= Weißbuche) mit hellerem Holz! – wäre von Natur aus die bei weitem dominante und häufigste Waldbaumart Deutsch- lands und Mittel- bis Westeuropas. Foto: Im Mai ist das Buchenlaub noch hellgrün. Später wird es deutlich dunkler und lässt nur noch wenig Licht auf den Und: Laut Stiftung sind jüngere Waldboden durchdringen (S. Beyer) Buchen anscheinend in der Lage, sich auch dort den veränderten Osten (Polen, Ukraine…) und Bedingungen anzupassen, wo Süden (Mittelmeergebiet) werden ältere Exemplare deutliche Schä- weniger durch konkurrierende den aufweisen. Baumarten als durch diese Fakto- ren bestimmt. Die Buche ist sehr schatten- tolerant: Jungpf lanzen wachsen In den Höhenlagen der Abruzzen im Schatten der dicht belaubten wanderte ich an der Waldgrenze Altbäume oft nur minimal, lauern durch Buchenwälder, die hier an dort aber quasi auf Lücken in den der Grenze ihrer Möglichkeiten Kronen und schließen diese sehr sehr exotisch und ungewohnt schnell durch starkes Höhen- wirkten. Mit kleinen, manchmal wachstum, sobald sie mehr Licht weit unten verzweigten Stämmen, erhalten. Nur wenige andere die von vielen Krustenf lechten Baumarten können in dichten, bunt verziert waren, könnten sie schattigen Buchen-Hochwäldern Tolkiens Geschichten entsprungen überleben, z.B. Eiben und Stech- sein. Besonders, wenn Nebel- palmen. Auf fast allen Standorten schwaden Wald und Berge durch- kann die Buche wachsen und ist ziehen, scheint es hier jederzeit dort anderen Baumarten über- möglich, dass eine Schar Elben legen. Empfindlich reagiert sie mit fremdartigen Liedern die auf nasse und sehr saure Böden, Wipfel durchwandert. auf Trockenheit und auf starken Frost, besonders auf Spätfrost. Eine besondere, regionale und Auch die Verbreitungsgrenzen seltene Form ist die krumm- nach Norden (Südskandinavien), wüchsige „Süntelbuche“. 11
Einwanderung nach der Eiszeit – zwar harten, aber dünnen, glatten the winner takes it all Borke auch auf direkte Sonnen- bestrahlung des Stamms, z. B. Rotbuchenwälder sind in Mittel- wenn Buchen plötzlich freigestellt europa ein sehr junges Phänomen. werden („Sonnenbrand“). Junge Die Buche begann erst vor ca. Buchen scheinen aber in der 6.000 Jahren, ihr heutiges Areal Lage zu sein, sich an veränderte zu erobern, was ihr innerhalb von Bedingungen erheblich besser nur 2.000 Jahren gelang – also anzupassen als alte. Die waldbau- sehr schnell, wenn man die riesige lichen Prognosen sind auch bei Fläche bedenkt. Die schnelle fortschreitender Klimaerwärmung und massive Eroberung unserer bei uns recht günstig, wie Unter- Wälder durch die Rotbuche er- suchungen für Bayern zeigen. innert an die Erfolgsgeschichten invasiver Neophyten. Selbst- Die Steinbuche – eine Antwort auf verständlich ist sie kein Neophyt. manche Probleme? Trotzdem spricht vieles dafür, dass Menschen ungewollt, vor allem Die „Steinbuche“ ist eine Form durch Rodung zuvor bestehender mit dickerer, grober, rissiger Mischwälder und spätere Aufgabe Rinde. Diese Erscheinung kann der gerodeten Flächen, bei der entweder durch äußere Reize Ausbreitung der Buche geholfen verursacht sein und beschränkt haben. sich dann meist auf Teilbereiche der Borke oder sie ist genetisch Es scheint paradox: Obwohl der fixiert und betrifft dann den ge- Buchenwald bei uns also eigent- samten Stammbereich („echte lich eine recht junge Erscheinung Steinbuche“, F. sylvatica var. ist, erscheint er uns oft als Inbe- quercoides). Als ich meine erste griff von „Urnatur“, was auch „echte Steinbuche“ in einem der naturschutzrechtlich gewürdigt nördlichsten Rotbuchenwälder wird: Viele Buchenwaldtypen sind Europas, auf dem Tafelberg – aus guten Gründen – europaweit „Omberg“ am zweitgrößten See geschützt. Schwedens, dem Vättern, mitten zwischen „normalen“ Buchen sah, Perspektiven – gibt es bald keine glaubte ich anfangs, eine andere Buchenwälder mehr? Art vor mir zu haben: Die Borke war bis zur Krone gleichmäßig Auch die Rotbuche wird verstärkt grobrissig, eher wie bei einer von Krankheiten heimgesucht, Eiche („quercoides“ = eichenähn- was nicht nur klimatische Ur- lich). Diese Form ist schon lange sachen hat (z. B. Buchenkom- bekannt, sie wächst auch bei uns plexkrankheit). Empfindlich vereinzelt. M. Joemann befasste reagiert die Rotbuche mit ihrer 12
sich 2018 in seiner Bachelorarbeit ausführlich mit dieser Variante, und empfahl unter anderem, zu untersuchen, ob die Steinbuche vielleicht unempfindlicher gegen- über bestimmten klimabedingten Stressfaktoren sein könnte. Nutzung – was Glas und Eisen mit Buchen zu tun haben Hier sollen nur stichwortartig Foto: Pilzkonsolen an einer toten Steinbuche im Hils bei einige Nutzungen erwähnt Ammensen (K. Dörfer) werden: Das Holz wurde vor Der Buchenwald als Lebens allem als Brenn-, weniger auch als gemeinschaft – eine noch junge Möbel- und Bauholz verwendet. „Biozönose“ Verbreitet gab es früher „Mittel- wälder“, in denen ein- und diesel- In drei hessischen Buchenwald- be Pf lanze immer wieder genutzt gebieten (ca. 50 bis 75 ha) wurden wurde (nachtreibende Stämme). ca. 1.600 bis 2.300 Tierarten ge- In unserer Region gab es zahl- zählt, eine respektable Zahl zwar, reiche Waldglashütten, die einen aber die Untersucher hätten für hohen Holzverbrauch hatten, als Gebiete vergleichbarer Größe Brennstoff und zur Gewinnung 5.000 bis 6.000 Arten geschätzt. von Pottasche für die Glasher- Die Gesamtzahl an Tierarten im stellung. Pottasche wurde auch Buchenwald wird auf ca. 6.700 in Haushalten zur Herstellung geschätzt, von denen ca. 1.800 von Waschlauge verwendet. Auch streng an diesen Waldtyp ge- Kohlenmeiler zur Holzkohle- bunden sein sollen. Englische gewinnung für Hochöfen waren und deutsche Untersuchungen häufig. Im industriellen Maßstab kommen zu dem Schluss, dass wird die Holzkohleerzeugung aus der – vergleichsweise! – geringere Buchenholz seit über 100 Jahren Artenreichtum des Buchenwaldes im „ProFagus“-Werk in Bodenfelde darauf zurückzuführen ist, dass betrieben. Bucheckern wurden für diese Lebensgemeinschaft bei uns die Schweinemast genutzt, in Not- noch recht jung ist. Auch die An- jahren – erhitzt, um leicht giftige zahl am und im Baum nachgewie- Stoffe zu zerstören – auch als Nah- sener pf lanzenfressender Insekten rungsmittel für Menschen, zuletzt und Milben ist relativ gering: Bei nach dem Zweiten Weltkrieg. Weiden (Salix) lag sie in diesen Untersuchungen deutlich über 700, bei Eichen (Quercus) etwas 13
niedriger (ca. 700), bei Buchen Blütenteppiche im Frühjahr – waren es nicht einmal 300! Be- Buchenwald und Steppe? sonders die Bedeutung der Weiden Wo der Boden nicht zu sauer ist, für Insekten wird oft ignoriert verwandeln sich unsere Buchen- oder stark unterschätzt. wälder im Frühjahr in ein duf- tendes und summendes Blüten- Ein Blick in den Keller – unsichtbare meer: Buschwindröschen, Gelbes Welten Windröschen, Lerchensporn, Auch wenn dies eigentlich be- Bärlauch und andere bilden oft kannt ist, muss es immer wieder dichte, farbenfrohe Teppiche, an in Erinnerung gebracht werden: manchen Stellen durchzogen von Pilze begleiten Leben und Ster- den grünlich blühenden Flächen ben der Buche. Ihre Feinwurzeln des Bingelkrauts. Wenige Wochen sind umgeben von einem dich- später sind all diese Pf lanzen ten Gef lecht von Pilzhyphen: fast spurlos vom Waldboden ver- Zahlreiche Pilzarten bilden diese schwunden, als habe es sie nie- „Mykorrhiza“ aus, bekommen mals gegeben. Diese „Geophyten“, vom Baum Kohlenhydrate und also „Erdpf lanzen“ nutzen die versorgen ihn mit Nährstoffen. Zeit, in der sich die Buchenblätter Die von dort aus den Boden durch- noch nicht voll entfaltet haben, ziehenden Hyphen vervielfachen um zu blühen und Sonnenenergie die Oberf läche, die Nährstoffe aus zu sammeln – in unterirdischen dem Boden aufnimmt. Die Frucht- „Tanks“, die bis zum nächsten körper einiger Arten sammeln Frühjahr reichen: Knollen, Zwie- und essen wir. Alternde und tote beln, dickf leischigen Speicher- Bäume werden von Holzzersetzern trieben. Sobald das Blätterdach besiedelt, darunter auch seltene des Waldes geschlossen ist, welken Arten wie der Igel-Stachelbart. die Blätter dieser Bodenpf lanzen. Erstaunlich scheint auf den ersten Blick, dass viele Arten darunter sind, die Verwandte in steppen- artigen Gebieten haben. Diese Ver- wandten haben dort die gleichen Anpassungen und durchleben ei- nen ähnlichen Zyklus. Bei uns ist der Lichtmangel verantwortlich, dort die Sommertrockenheit: Das Ergebnis ist das Gleiche, obwohl sich die Lebensräume extrem unterscheiden. Foto: Igel-Stachelbart im Solling bei Merxhausen (K. Dörfer) 14
Buchenland Weserbergland und Wildnisgebiet Solling Auch im Solling und in angren- zenden Waldgebieten gab und gibt es zwar große Fichtenforste, aber gleichzeitig sind wir ein „Herzland“ des Buchenwaldes. Und viele Flächen, in denen nach Stürmen oder Borkenkäferbefall Fichten gefällt wurden, werden mit Buchen wieder aufgeforstet. Foto: Buschwindröschen im Buchenwald (S. Beyer) Die geologische Vielfalt und das Geländerelief mit sehr unter- Buchen suchen! schiedlichen Höhenlagen haben Eigentlich sollten hier ein paar zur Folge, dass wir hier unter- besonders interessante oder schiedlichste Buchenwaldtypen schöne Buchen aus dem Land- erleben können. kreis Holzminden vorgestellt werden. Das hätte aber leider den Im südlichen Solling ist 2021 das Rahmen gesprengt. Vielleicht ca. 1.020 ha große Wildnisgebiet nehmen Sie dies zum Anlass, bei Solling ausgewiesen worden. Es Spaziergängen selbst einmal dar- soll der natürlichen Entwicklung auf zu achten und vielleicht das überlassen werden. Vorherrschend eine oder andere schöne Foto zu sind hier Buchenwälder mit vielen machen! alten Buchen und den dazuge- hörigen Alt- und Totholzarten. Autor: Karsten Dörfer Foto: Herbstlicher Buchenwald nahe Brökeln (S. Beyer) 15
Schmetterling des Jahres 2022 – Der Kaisermantel oder Silberstrich „Die BUND NRW Naturschutzstiftung hilft. Kaisermäntel erreichen die und die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch stattliche Größe von 55-65 mm Westfälischer Lepidopterologen e.V. und sind hierdurch und durch haben den Kaisermantel (Argynnis ihre intensive Färbung in ihrer paphia) zum Schmetterling des Jahres Flugzeit im Sommer sehr auffällig. 2022 gekürt.“ (Zitat aus: http://www.ag-rh-w- Lebensraum: Veilchen und blüten lepidopterologen.de/2021/12/02/ reiche Waldsäume der-kaisermantel-ist- Die meisten bei uns vorkommen- schmetterling-des-jahres-2022/). den Perlmutterfalter fressen als Raupe an Veilchenarten, so auch Begründung „Der größte mittel der Kaisermantel. Seine Eier legt europäische Perlmuttfalter ist zwar der Kaisermantel aber meist in noch ungefährdet, doch seine Lebens Rindenrissen ab, Veilchen wurden räume werden immer kleiner.“ selten beobachtet. Bäume müssen ebenfalls vorhanden sein. Damit Schmetterling mit Silberschmuck haben wir schon die wichtigsten Perlmutterfalter haben silbrige Zutaten des Lebensraums: Der Flecken auf den Flügelunterseiten, Kaisermantel ist ein typischer die oft einen Perlmutter-artigen Glanz zeigen. Der Kaisermantel ist bei uns der einzige Perlmutter- falter, bei dem diese „Perlmutter- f lecken“ streifenförmig ausge- bildet sind. Ein weiteres „Allein- stellungsmerkmal“, an dem auch die Weibchen gut von anderen, sehr ähnlichen Perlmutterfaltern zu unterscheiden sind, ist eine grünliche Streifung zwischen den „Silberstrichen“. Die Männchen sind eindeutig an breiten dunklen Streifen längs der Flügeladern der Oberseite zu erkennen. In diesen Streifen sitzen „Duftschuppen“, deren Geruch den Weibchen bei Foto: Typische Färbung der Flügelunterseiten der Erkennung der Männchen (S. Beyer) 16
Bewohner von Gehölzsäumen. Gefährdung und Schutz – Wald Er ist anspruchsvoll, denn diese randpflege und naturnahe, lichte Säume müssen durch ausreichen- Gehölze den Lichteinfall Veilchenarten Ulrich Lobenstein stellt 2003 in das Überleben gewähren. Und sie der „Schmetterlingsfauna des müssen außerhalb der Gehölze mittleren Niedersachsens“ fest, nektarreiche Blüten für die aus- „Mit der Störung und Beseitigung geschlüpften Falter anbieten, von blütenreichen Hochstaudenflu z.B. Disteln, Brombeeren, Dost, ren in Wäldern (Mulchen auf großer Flockenblumen, Wasserdost und Fläche statt Mähen in kleinen Ab andere. Wenn der Saum zu stark schnitten […]) wird die Art immer zuwächst, verschwinden die seltener. […] Eine naturverträglichere Veilchen durch Beschattung. Wird Forstwirtschaft […] würde sich auf er von Juli bis August gemäht, die Bestandslage der Art positiv aus fehlen die Nektarpf lanzen. Wir schaffen Wohlfühlgärten für Menschen und Tiere BÜRO FÜR FREIRAUMPLANUNG Dipl.-Ing. Birgit Czyppull 0 55 31 / 98 030 51 · www.czyppull.de 17
Ordnungsliebe oder Ordnungs wahn? Ein Beispiel Immer wieder sind ungewollte Vernichtungsfeldzüge auch bei uns im Landkreis zu beobachten: So wurde unmittelbar am Rand eines Naturschutzgebietes ein Weg in den angrenzenden, gering- fügig verbuschten Hang hinein erweitert. Unmittelbar danach wurde auch die „Pf lege“ des Weges durch häufiges Mähen und teilweise Beweidung intensiviert. Foto: Männchen sind an den Duftschuppen-Streifen auf den Vorderflügeln zu erkennen (H. Niehaus) So verschwanden die am lich- ten Hang vor und zwischen den Büschen wachsenden Veilchen wirken.“ Dementsprechend wird weitgehend, Stauden und zahl- der Kaisermantel für Nieder- reiche andere Blütenpf lanzen sachsen landesweit als „gefährdet“ auf dem Weg und am gegenüber (Rote Liste: 3) eingestuft, für das liegenden Wegrand kamen nicht Hügelland befindet er sich auf der mehr zur Blüte. War der Bereich „Vorwarnliste“. Auch die „BUND vorher jahrzehntelang als Hotspot NRW Naturschutzstiftung und die verschiedener, teilweise auch sehr Arbeitsgemeinschaft Rheinisch- seltener Tagfalterarten landesweit Westfälischer Lepidopterologen bekannt, verschwanden diese jetzt e.V.“ stellen fest: „Für den auffäl fast vollständig, darunter neben ligen Falter ist naturnaher lichter dem Kaisermantel auch noch Mischwald der ideale Lebensraum.“ seltenere Perlmutterfalter und Im Landkreis Holzminden ist der andere. Denn die Fraßpf lanzen Kaisermantel noch regelmäßig zu der Raupen und die Nektarquellen finden, im niedersächsischen Tief- für die Falter waren nun stark land ist er an vielen Stellen selten, dezimiert. Wovon sollten sie nun an anderen schon verschwunden. noch leben? Wenn eine Population eine gewisse Größe unterschritten hat, steigt die Aussterbewahr- scheinlichkeit an dieser Stelle erheblich. Eine Neubesiedlung ist gerade den gefährdeten Arten, die meist nicht sehr mobil sind, in unserer zerschnittenen Landschaft oft gar nicht mehr möglich. Auch 18
andere gefährdete Arten wurden Fazit: Wissen weiter geben und an dieser Stelle stark dezimiert: praktisch umsetzen! Die Zauneidechse und die Schling- Wir wissen also ganz gut, was zu natter fanden hier keine Deckung tun und was zu lassen ist. Aber mehr. wichtig ist, diesem Wissen noch mehr Raum zu verschaffen. Sagen Die Aktion fand in gutem Glauben Sie weiter, was Sie wissen! und mit guter Absicht statt: Man wollte Spaziergängern, die nicht Autor: Karsten Dörfer so gut zu Fuß sind, das Natur- erlebnis erleichtern. Das hätte man aber auch mit vorsichtigeren Maßnahmen erreichen können. 19
Weitere Natur des Jahres 2022 Die Kleine Hufeisennase massive Einsatz von DDT und die Wirkung seiner sehr „halt- Der Verband der deutschen baren“ Folgeprodukte hierfür Höhlen- und Karstforscher hat verantwortlich gemacht. Axel die Kleine Hufeisennase zum Schmidt beschreibt 2012 entspre- „Höhlentier des Jahres“ gewählt, chende Untersuchungsergebnisse um auf die noch weitgehend un- (Schmidt, Axel (2012): Erkennt- erforschte Höhlenfauna und Flora nisse aus langjährigen Bestands- aufmerksam zu machen. kontrollen von Fledermauskästen in Ost-Brandenburg Nyctalus Die Kleine Hufeisennase ist aber (N.F.), Berlin 17 (2012), Heft 1-2, für uns im niedersächsischen S. 68-76) für die Kleinhufeisen- Bergland noch aus einem speziel- nase und andere Fledermausarten. len Grund interessant: In den 50er Rückgangs- und Erholungsphasen und 60er Jahren gab es sie auch dieser Arten entsprechen Phasen bei uns, dann verschwand sie. mit und ohne DDT-Einf luss). Auch in allen anderen deutschen Näheres ist nachzulesen unter: Verbreitungsgebieten war der https://nyctalus.com/wp-content/ Rückgang in dieser Zeit extrem uploads/2012/06/B17_H1-2_2012_ stark, nur wenige Vorkommen S68-76.pdf. blieben in Deutschland übrig. Inzwischen wird besonders der Inzwischen erholen sich zum Beispiel in einem bekannten Quar- tier in Bayern die Bestände der Kleinen Hufeisennase erheblich. Also aufpassen: Vielleicht siedelt sie sich ja auch bei uns wieder an? Foto: Kleine Hufeisennasen (NABU/Dietmar Nill) 20
Die Kleine Pechlibelle Der BUND und die Gesellschaft deutschsprachiger Odonatologen (GdO) haben die Kleine Pechlibelle zur „Libelle des Jahres 2022“ ge- kürt. Genaueres und Fotos siehe https://www.bund.net/themen/ tiere-pf lanzen/libellen/libelle-des- jahres/ Die Kleine Pechlibelle ist typisch für die sich dynamisch ver- Foto: Die Kleinen Pechlibellen bei der Paarung (Michael Post / GdO) ändernden Lebensräume natür- licher Auenlandschaften, aber Q auch für Abgrabungsgewässer. haben dort vielleicht auch keine Q Im Raum Holzminden und Um- Libellenkartierungen mehr statt- gebung wurdeQ sie zum Beispiel gefunden. Das könnte also eine in einigen Gewässern Q des Weser- lohnende Aufgabe für das Jahr projekts (vgl. Q Web-Seite des 2022 sein, z. B. an der NABU-Kies- NABU Holzminden) Q gefunden. Im grube Heinsen, aber auch in Kies- Libellenatlas Q für Niedersachsen gruben mit noch bestehendem und Bremen sind dies die neu- Abbau. Q esten Nachweise (bis 1999) für diesen Bereich – aber seitdem Autor: Karsten Dörfer r l e b e n . Fühlen. . Staunen Natur e rz & Co. s p a ß b e i Otter, Ne orn. Familien ifh dheide G in der Sü 21
Der Fliegenpilz Schwarzhalsige Kamelhalsfliege Der „Pilz des Jahres 2022“ ist der Das „Insekt des Jahres 2022“ ist Fliegenpilz (Amanita muscaria). hingegen wohl deutlich weniger Er gehört zu den häufigsten bekannt: die Schwarzhalsige Pilzarten Deutschlands und ist Kamelhalsf liege (Venustoraphidia aufgrund seines auffälligen Aus- nigricollis). Auch wenn dieser sehens wohl auch einer der be- Name exotisch klingt, ist sie doch kanntesten Pilze. Außerdem gilt bei uns heimisch. Allerdings be- er als Glückssymbol. Zu finden kommt man diese Art eher selten ist der Fliegenpilz in Laub- und zu sehen, da sie vorwiegend im Nadelwäldern, oft in der Nähe von Kronenbereich von Bäumen lebt. Birken. Zum Verzehr ist er aber Die Ordnung der Kamelhals- aufgrund seines Giftgehaltes nicht f liegen ist die artenärmste unter geeignet. den Insekten – in Mitteleuropa wurden bisher nur 16 Arten er- fasst. Mit etwas Glück kann man aber Vertreter dieser Ordnung auch im Landkreis Holzminden entdecken. Neben den im Rundbrief vor- gestellten gibt es noch weitere „Jahreswesen 2022“. Eine Liste sowie interessante Links sind zu finden unter: https://www.NABU.de/tiere-und- pf lanzen/aktionen-und-projekte/ Foto: Leicht zu erkennen: Fliegenpilze (S. Beyer) natur-des-jahres/2022.html Autorin: Stefanie Beyer Foto: Kamelhalsfliege – der Name ist Programm (S. Beyer) 22
EUProjekt LIFE BOVAR des NABU Niedersachsen setzt weitere lebensraumverbessernde Maßnahmen für Geburtshelferkröte und Kammmolch bei Stadtoldendorf um Das Waldgebiet der Stiftung Stiftungswald für die beiden be- Braunschweigischer Kulturbesitz drohten Arten wieder attraktiver nördlich von Stadtoldendorf bietet zu machen. „Ein gemeinsames durch seine strukturelle Vielfalt Konzept ist eine große Chance Lebensraum für eine Vielzahl an für beide Seiten. Es ermöglicht Tier- und Pf lanzenarten. Zwei uns, die Bedürfnisse bedrohter dieser Arten sind der bedrohte Arten bei unseren Planungen Kammmolch und die stark ge- noch mehr mit in den Fokus zu fährdete Geburtshelferkröte, die nehmen. Zudem können wir in bei Kartierungen im Jahr 2019 den nächsten Jahren weitere An- nachgewiesen wurden. Während passungen und Optimierungen im der Bestand des Kammmolches, Habitatmanagement vornehmen“, trotz des sich bundesweit ver- erläutert Arno Meyer von Wolff, schlechternden Trends, hier zuständiger Revierförster der noch vergleichsweise stabil zu Stiftung. sein scheint, ist die Situation der Geburtshelferkröte sehr alar- mierend. Ziel der Maßnahmen war es, die Gewässervielfalt im Gebiet zu erhöhen und vor- handene Teiche und wasser- gefüllte Erdfälle für die Geburts- helferkröte, den Kammmolch sowie andere Amphibien und Teichbewohner zu optimieren. Gemeinsam mit der Stiftung Braunschweigischer Kultur- Foto: NABU-Projektmitarbeiter Bruno Scheel und Kim Fasse besitz wurde daher ein Konzept sind mit fachlichem Auge bei jeder Erdbewegung dabei erarbeitet, um die Gewässer im (T. Maiwald) 23
bien, wie z.B. der Erdkröte, eher wenig wanderfreudig, was dazu führt, dass viele Populationen durch Siedlungs- und Straßenbau zunehmend isoliert sind. Darum ist es wichtig, ihr in naher Um- gebung eine möglichst große Anzahl an geeigneten Gewässern zu bieten, um abwandernde Jungtiere in ihrer Ausbreitung zu unterstützen.“ Zu diesem Vernetzungskonzept Foto: Neu angelegtes Gewässer auf einer „Borkenkäfer- gehörte im Rahmen der Maßnah- fläche“ (T. Maiwald) men auch die Anlage von soge- nannten Grabentaschen (auch Das Konzept sah in der ersten „Wegeseitentümpel“ genannt) Umsetzungsphase im Februar entlang der Waldwege. „Graben- 2021 die Förderung und Vernet- taschen sind wertvolle Biotope zung der Arten durch eine breite für eine Vielzahl von Amphibien Spanne an praktischen Maßnah- und Insektenlarven“, erläutert men vor. Zum einen wurden be- Bruno Scheel, NABU-Projektmit- stehende Gewässer saniert, d.h. arbeiter. „Sie dienen zum einen teilweise ausgebaggert und von als Vernetzungsmaßnahme und schattenspendenden und Laub Ausbreitungskorridore für Molch, eintragenden Gehölzen befreit. Kröte & Co. entlang von Wald- Des Weiteren entstanden an ge- wegen. Zum anderen stellen sie eigneten Stellen neue Klein- und gerade in Anbetracht der zu- Kleinstgewässer. nehmenden Trockenheit eine wertvolle Ressource für den „Fischfreie, besonnte Klein- Wald dar, da sie Regenwasser gewässer mit einer hohen und Sedimente im Wald zurück- Struktur vielfalt bieten einen halten.“ optimalen Lebensraum für unsere Zielarten“, erklärt Kim Fasse, Autoren: Projektteam LIFE BOVAR NABU-Projektmitarbeiterin. „Die Anlage mehrerer neuer Gewässer soll sich zudem positiv auf die Ver- breitung der Geburtshelferkröte im Gebiet auswirken. Die Art ist im Vergleich zu anderen Amphi- 24
Der Feuersalamander in Gefahr: wie Lebensraum veränderungen und Krankheiten die Art gefährden Vortrag bei der Jahreshauptver der Universität Leipzig. Bereits sammlung am 01. Juli 2022 während ihrer Masterarbeit hat sie sich ausgiebig den Feuer- Der Feuersalamander ist eine salamandern gewidmet und er- in Deutschland weit verbreitete forscht aktuell die genetischen Amphibienart, die durch ihre Grundlagen zur Entwicklung eines schwarz-gelbe Färbung große Sym- Zuchtprogramms zum Erhalt der pathien hervorruft. Auch wenn genetischen Vielfalt dieser Art. der Feuersalamander bundesweit 2019 war sie im NDR-Fernsehen in als derzeit noch ungefährdet gilt, der Reihe NaturNah in der Folge ist er doch wie alle einheimischen „Die Retter der Salamander“ als Amphibien besonders geschützt Expertin zu sehen. und zählt zu den Arten, für deren Erhaltung Deutschland internatio- Der NABU Holzminden lädt nal eine besondere Verantwortung Mitglieder und Interessierte am hat. Anthropogene Umweltver- 01.07.2022 um 19:30 Uhr ins änderungen, wie Waldrodung, Hotel „Kiekenstein“ in Stahle zum Siedlungs- und Straßenbau sowie Vortrag ein. Bachbegradigungen führen dazu, dass der Lebensraum des Feuer- Im Anschluss an den Vortrag salamanders sukzessive schwin- findet die Jahreshauptversamm- det. Zusätzlich breitet sich der lung statt. Erreger der tödlichen Salamander- pest in Deutschland aus – der Autoren: Torsten Maiwald, eingeschleppte Hautpilz „Bsal“. Dr. Kathleen Preißler Die Bedrohungssituation, aktuelle Forschungsergebnisse und was wir tun können, um dem besonderen Solling-Salamander zu helfen, sind Themen des Vortrags. Die Vortragende Dr. Kathleen Preißler hat an der Universität Halle-Wittenberg Biologie (M. Sc.) studiert und arbeitet als wissen- schaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung „Molekulare Evolution Foto: Feuersalamander halten sich am Tag meist versteckt (S. Beyer) und Systematik der Tiere“ an 25
Der Satanspilz im Landkreis Holzminden Zu den wohl stattlichsten, auf- y NSG Weinberg bei Rühle fälligsten und gleichermaßen (4023/3/07) seltenen Pilzen in Niedersachsen y Sauberg am Südhang gehört der Satanspilz. Sein Vor- (4023/3/07) kommen ist von Hannover bis zur südlichen Landesgrenze mit Außerhalb des Landkreises, aber Schwerpunkt auf das Weser-Leine- in unmittelbarer Nähe, gibt es bergland beschränkt. Im Land- Aufsammlungen vom Pyrmonter kreis Holzminden sind vor allem Berg, dem Uchtelberg bei Lüntorf die bewaldeten Hügel der Rühler und den Amtsbergen bei Dassel. Schweiz bevorzugte Wuchs- Weitere Standorte können am gebiete. Burgberg, Holzberg und dem Hopfenberg bei Bodenwerder ver- Vorkommen vom Satansröhrling mutet werden. Außerdem an den liegen in den folgenden Gebieten: Südwest-Hängen der Wälder an y alter Kalkbruch bei Hehlen der Lenne und am Kruckberg. (4022/2/08) Fundmeldungen werden gerne ent y bei Glesse oberhalb des gegen genommen. Brevörder Baches (4022/3/08 (Dr. Jahn)) Rubroboletus satanas (Syn.: Boletus satanas) ist schon durch die y Himckeburg Nähe Feriendorf mächtige Statur mit einem (4023/3/06) Hutdurchmesser von bis zu y Himckeburg am Südhang 40 cm und einem Stiel mit Durch- (4023/3/07 und 4023/3/08) messern von 5 cm und mehr eine imposante Erscheinung. Sein heller grauweißer Hut, die roten bis orange gefärbten Poren des Hutschwammes und das Blauen des Fleisches sind weitere deut- liche Kennzeichen. Da er meist an Kalkstandorten mit wenig Humus- auf lagen wächst, ist er durch seinen hellen Hut gut getarnt und kaum von den herumliegenden Kalksteinen zu unterscheiden. Foto: Satanspilze auf dem Sauberg in der Rühler Schweiz am 22.07.2017 (A. Schilling) 26
Als typischen Sommerpilz kann rhodoxanthus) aus dem Jahre 1968 man ihn von Mitte Juli bis Ende bei Glesse durch Dr. H. Jahn bis- September finden. Für Speise- her im Landkreis Holzminden zwecke ist er nicht zu verwenden, nicht nachgewiesen worden. da sein Verzehr zu Vergiftungen führt. Literatur: Jahn, H.: „Der „Satanspilzhang“ Wuchsorte sind südwestlich bei Glesse (Ottenstein)“ in West- exponierte, oft lichte Kalk- fälische Pilzbriefe, Heft 8b (1986), Buchenwälder (Seggen- bzw. http://wwwuser.gwdg.de/~rjahn/ Orchideen-Buchenwälder) alter Pilzbriefe/PB_Bd_10_29.pdf Waldstandorte. Hier fruktifiziert (Abruf 06.01.2022) der Satansröhrling fast immer unter Rotbuchen (Fagus). In einem Autor: Axel Schilling Fall habe ich ihn auch unter Hain- buchen ohne jedwede Beziehung zur Rotbuche gefunden. Der Satansröhrling kann als Zeigerpilzart für weitere seltene Pilzarten gelten, die mit ihm den Standort teilen, zum Beispiel Korallenpilze (Ramarien), Klumpfüße und Schleimköpfe (Phlegmacien). Daher sollte der Baumbestand und Biotop dieser und ähnlicher Standorte un- bedingt streng geschützt werden. Verwechselungen wären möglich mit besonders kräftigen Exem- plaren von Hexenröhrlingen, die jedoch eine dunklere Hutfarbe und nie so einen kräftigen Stiel besitzen. Weitere Arten aus der direkten Verwandtschaft des Satansröhrlings könnten ebenfalls ähnlich sein, sie sind aber noch seltener und bis auf einen Einzel- und Altfund vom Rosahütigen Purpurröhrling (Rubroboletus 27
MauerseglerKolonie in Stadtoldendorf erneut ausgebaut Erst Ende April, Anfang Mai kom- einer Mauersegler-Hochburg ge- men die Mauersegler aus ihrem macht: 51 Paare brüteten 2020 in Winterquartier im südlichen den Nistkästen an seinem Wohn- Afrika, um hier zu brüten und haus. Im April 2021 wurde das ihre Jungen aufzuziehen, und Nistplatzangebot noch erweitert: bereits Anfang August f liegen 10 neue Doppelkästen wurden an die meisten wieder nach Süden. der Fassade zur Teichtorstraße an- Sie verbringen den Großteil gebracht. Großzügigerweise stellte ihres Lebens in der Luft, nur zur die Firma NNH Niedersächsischer Brut brauchen Segler einen ge- Nutzfahrzeug-Handel aus Deensen schützten Platz, den sie in Hohl- hierfür bereits zum zweiten Mal räumen an Hausfassaden oder einen Hubsteiger bereit. NNH- unter Dachziegeln finden. Durch Mitarbeiter Andreas Görte half Renovierungen und Wärmedäm- Gunnar Jacobs, Naturschützer mung gehen jedoch viele dieser und Ornithologe wie sein Vater, Nistplätze unwiederbringlich die vom NABU finanzierten Nist- verloren. Albrecht Jacobs stemmt kästen anzubringen. sich diesem Trend entgegen. Der engagierte Naturschützer, der Mauersegler bevorzugen große vor Jahrzehnten für die Wieder- Höhen, da sie sich aus den Ein- ansiedelung des Uhus im Weser- gängen ihrer Brutplätze regelrecht bergland und darüber hinaus herausstürzen. Kirchen sind bei sorgte und dafür 2006 mit dem ihnen daher besonders beliebt. Bundesverdienstkreuz ausgezeich- Viele Kirchenvorstände freuen net wurde, hat Stadtoldendorf zu sich über gef lügelte Untermieter wie Turmfalken, Schleiereulen, Fledermäuse und Mauersegler, die seit Jahrhunderten an und in Kirchtürmen und auf Dach- böden ein Zuhause finden. Solche Kulturfolger, zu denen auch Spatzen und Schwalben gehören, sind sehr ortstreu, daher sind ihre Quartiere und Nester ganzjährig geschützt. An der Lutherkirche in Holzminden, der Klosterkirche Foto: Zur Fußgängerzone hin hängen nun in Kemnade, an Pfarrhäusern in 22 Mauerseglerkästen (T. Frischgesell) Höxter und Bevern sowie an der 28
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Wangelnstedter Johanniskirche Siedlungsbereich können Garten- wurden von Albrecht Jacobs und oder Balkonbesitzer durch das dem NABU bereits Mauersegler- Pf lanzen heimischer Wildkräuter kästen angebracht. und das Dulden von etwas mehr Natur auf ihrem Grundstück das Insbesondere die geselligen Nahrungsangebot für Insekten Mauersegler finden nur schwer verbessern. neue Nistplätze, umso wichtiger ist es, bestehende Kolonien zu Davon profitieren auch die Mauer- erhalten und in der Nähe neue segler, die Sommervögel schlecht- Möglichkeiten zu schaffen. So hin. Ihre „Screaming-Parties“, bei hat Albrecht Jacobs an etlichen denen sie laut rufend in rasanten Häusern in der Stadtoldendorfer Flugmanövern um die Häuser Innenstadt mithilfe der Freiwilli- ziehen, gehören zu einem lauen gen Feuerwehr in den vergange- Sommerabend dazu und sind in nen Jahren Nistkästen angebracht, Stadtoldendorf dank Albrecht die fast alle belegt sind. Auch in Jacobs‘ Engagement besonders den Kästen an der Grundschule, beeindruckend. 2021 brüteten die 2018 vom NABU angebaut 60 Paare an seinem Wohnhaus, wurden, sind bereits Mauersegler insgesamt wird die Population in eingezogen. Sorgen bereiten den Stadtoldendorf auf 100 Brutpaare Naturschützern jedoch die zu- geschätzt. nehmend heißen und trockenen Sommer und der durch die in- Autorin: Tanja Frischgesell tensive Landnutzung verursachte Rückgang von Insekten. Im 30
Schwalben willkommen im Landkreis Holzminden 2021 wurden wieder in mehreren und Anna Schrader musste ein Orten im Landkreis Plaketten Interview für NDR 1 Radio Nieder- „Schwalbenfreundliches Haus“ sachsen geben. vergeben. Schwerpunkt war Derental, wo die NABU-Aktiven Insgesamt wurden 22 Plaketten Anna und Nadja Schrader gezielt während des „Schwalbenjahres“ Haus- und Hofeigentümer an- zwischen April und September sprachen, bei denen Rauch- und verliehen: Mehlschwalben brüteten, und auf großes Interesse stießen. So Ammensen: Herr Christoph konnten sie allein in ihrem Ort Derental: Familien Arnemann, rekordverdächtige 15 Plaketten Familie Bähre, verleihen und schrieben zu- Familie Baie, sätzlich einen großen Zeitungs- Familie Diedrich, artikel über die Aktion. Derental Herr Garbe, erlangte als „Schwalbendorf“ Frau Hoffmann, überregionale Aufmerksamkeit Frau Krebs, Herr Loges, Familie Molthan, Familie Lange, Familie Pieper, Familie Schumann/Gömann, Familie Topp/Ahrens und Familie Zimmermann Eschershausen: Frau Sassin Bremke: Frau Lohmann und Herr Henze Neuhaus: Familie Haude Polle: Herr Rasch Denkiehausen: Familie Heinemeyer Foto: Herr Garbe, Eigentümer des Gasthauses „Eulenkrug“ an der Weser zwischen Fürstenberg und Meinbrexen (N. Schrader) 31
Das Entfernen von Schwalben- nestern und das Verschließen von Einf lugöffnungen an Gebäuden, hinter denen sich Nester bzw. Quartiere von Mauerseglern, Spatzen und Fledermäusen befinden, ist eine Ordnungs- widrigkeit, während der Brutzeit sogar eine Straftat! Bitte sprechen Sie uns oder die Untere Natur- schutzbehörde des Landkreises Foto: Familie Arnemann aus Derental (N. Schrader) an, bevor Sie mit einer Sanierung beginnen, wenn Sie etwas für Seit 2013 wurden vom NABU Schwalben tun möchten oder Holzminden 110 Plaketten ver- von Renovierungen an Häusern geben und auch in diesem Jahr mit Brutplätzen erfahren – wir geht die Aktion „Schwalben versuchen, praktikable Lösungen willkommen“ weiter: Wer sich zu finden. Viele wertvolle Infor- für eine Plakette interessiert mationen gibt es auch im „Leit- oder jemanden vorschlagen faden für den Schwalbenschutz“ möchte, kann sich per E-Mail des NABU Niedersachsen, der (info@NABU-Holzminden.de) auch auf unserer Homepage oder im NABU-Umweltladen www.NABU-Holzminden.de zum (Telefon: 05531/700 432) melden. Download zur Verfügung steht. Hier sind auch Kunstnester für Mehl- und Rauchschwalben, Autorin: Tanja Frischgesell Kotbretter sowie kostenloses Infomaterial erhältlich. 32
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