SCHWEIZER THEATERTREFFEN - NACHGEFRAGT BIOGRAFIEN - SZENESCHWEIZ
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BÜHNE FILM FERNSEHEN Zeitschrift des Schweizerischen Bühnenkünstlerverbandes Nr. 86 / Oktober – November – Dezember 2014 Nachgefragt Schweizer Theatertreffen Bücher im Blick Biografien
PROLOG Dies nicht, weil die Welt edel und entwurf liegt dem SBKV vor. Es gut ist und das Leben stets ge- werden weder Gage noch Sozial recht, sondern weil es für mich versicherungsbeiträge gezahlt, unvorstellbar war, dass sich Mei- sondern eine Spesenentschädi- nungsverschiedenheiten nicht bei gung in der Höhe von Fr. 1‘500. einem ruhigen (oder auch etwas Damit werden das Einstudieren, lauteren) Gespräch im Direktions- 16 Chorproben, weitere szeni- büro klären lassen. sche Proben und 7 Vorstellungen Nein, die guten Gründe waren’s abgegolten. Freihalten muss man nicht. (Ich stellte auch erst nach sich zusätzlich vier weitere Da- meinem Beitritt mit grosser Freu- ten wegen witterungsbedingter Elisabeth Graf de fest, dass ich nun viel billiger Ausfälle. Der Chorist verpflich- ins Theater konnte.) Ich war ge- tet sich, bei 80 % der Proben an- Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen prägt vom angelsächsischen The- wesend zu sein. Versicherung ist ater, der Beitritt war für mich eine Sache der «Teilnehmer» und die Vielleicht haben Sie auch schon schlichte Selbstverständlichkeit. «Teilnehmer» treten mit der Ver- die Erfahrung gemacht, dass Sie Und so wurde ich von meiner ehe- einbarung alle Leistungsschutz- Argumente benutzen wollten, maligen Sprechtechnik-Lehrerin, rechte ab (nebenbei sei daran von denen Sie dachten, die sind’s, einem SBKV-Vorstandsmitglied, erinnert, dass Swissperform- und die überzeugen. Vielleicht haben innerhalb von zwei Minuten an- SUISA-Mitglieder ihre diesbezüg- Sie kurz innegehalten und sich geworben. Es war ein schneller lichen Rechte bereits abgetreten überlegt, wie war’s denn damals Bauch-Entscheid, eine Herzens- haben – also diese Klausel in der bei mir, was hat mich von dieser angelegenheit. «Vereinbarung» gar nicht unter- Sache überzeugt. Und vielleicht Mein Pep-Talk fiel dann etwas an- schreiben können). Die Choristen stellten Sie verwundert fest, dass ders aus als ursprünglich geplant. werden nicht direkt von der Festi- bei Ihnen alles ganz anders war. Ich denke, es hat nicht geschadet. valleitung engagiert, sondern von So ging es mir, als ich mich kürz- Wem die Mitgliedschaft beim einem Verein, der die Choristen lich darauf vorbereitete, an einem SBKV mehr bedeutet als eine «organisiert» (die Choristen sind Theater die Ensemble-Mitglieder Rückversicherung für schwierige- nicht Mitglied des Vereins, son- von der Mitgliedschaft beim SBKV re Zeiten, soll das beim Anwer- dern werden lediglich von diesem zu überzeugen, und mich an die ben von Kollegen nicht vergessen verpflichtet.) Nun hat das «Sys- Zeit meines Beitritts erinnerte. und ruhig auch sein Herz spre- tem Subunternehmen» auch auf Damals lagen auch viele (nicht chen lassen. Im anderen Fall, sind der Bühne Einzug gehalten. Vom so viele, wie heute!) gute Grün- auch nur die guten Gründe mehr Bau zum «Bau» … de für einen SBKV-Beitritt auf als gut genug für einen Beitritt. Der SBKV rät seinen Mitgliedern dem Tisch. – Beratung, Rechts- Übrigens geht’s mir wie glückli- dringend von einer Teilnahme ab. schutz, es würden mir keine Soli- cherweise den meisten Mitglie- Eine Teilnahme in dieser Produk- daritätsabzüge mehr abgezogen, dern: Die Rechtsberatung oder tion kann zum Privatvergnügen dafür würde ich für nur ein biss- den Rechtsschutz musste ich bis erfolgen, aber mit einem profes- chen mehr Geld in den Genuss jetzt nie in Anspruch nehmen. sionellen Engagement hat dies vieler (nicht so vieler, wie heu- Aber die Diskussionen im Direk- nichts zu tun. te!) Dienstleistungen kommen. – tionsbüro, die hat’s zwei Mal ge- In der letzten Ausgabe des «En- Aber all das spielte damals bei mir geben. sembles» hat sich Hannes Steiger gar keine Rolle. So war ich z.B. in Diskussionen gibt es zurzeit wie- von den Mitgliedern verabschie- meinem jugendlichen Übermut der um das Festival «La Perla» det. Im Namen des Vorstands dan- davon überzeugt, die Rechtsbe- (Pfäffikon, ZH). Für die Auffüh- ke ich ihm für seinen Einsatz und ratung oder den Rechtsschutz nie rung 2015 von «Carmen» werden wünsche ihm für seine Zukunft in Anspruch nehmen zu müssen. Choristen gesucht. Ein Vertrags- beruflich wie privat alles Gute. Titelseite: Lena Schwarz, Carolin Conrad, Fritz Fenne in «Amphitryon und sein Doppelgänger», Schauspielhaus Zürich 2013/14, Schweizer Theatertreffen 2014, © Foto: Matthias Horn 2 Ensemble Nr. 86
Die Findungskommission war Wir hoffen, Ihnen bald die neue abschliessen können, wünsche während der letzten Monate mit Geschäftsleiterin oder den neuen ich Ihnen von Herzen alles Gu- der Suche nach einer Geschäfts- Geschäftsleiter vorstellen zu kön- te, Gesundheit und viele beglü- leiterin oder einem Geschäfts- nen. ckende Momente auf, hinter und leiter beschäftigt. Es wurden Für die Spielzeit 2014/2015, wäh- neben der Bühne. – Und bitte über 50 Bewerbungen gesichtet. rend der wir hoffentlich den neu- vergessen Sie nicht: Solidarität ist Zurzeit (vor Redaktionsschluss) en GAV Gruppen mit unserem nie unkünstlerisch! werden Gespräche mit den Inte- Sozialpartner, dem Schweizeri- Herzlichst, ressenten geführt. schen Bühnenverband, werden Elisabeth Graf FLUSTERKASTEN …Baden wurde zum deutschsprachigen vierende Lohngefälle» innerhalb Das Theater im Kornhaus ThiK Stück des Jahres gewählt, Laura der Institution auszugleichen. in Baden hat eine neue Leitung. de Wecks «Archiv des Unvollstän- Neu werden das Schlachthaus- Nachdem die bisherigen Leiter, digen» kam auf Platz zwei. Thom Theater und die Dampfzentrale Anita Rösch und Simon Egli, an- Luz wurde mit «Archiv des Un- nur noch von der Stadt Bern un- kündigten, das Haus im Sommer vollständigen» in Oldenburg und terstützt, und diese hat Pläne mit 2015 nach 25 Jahren zu verlassen, «When I die» in der Kaserne Basel den beiden Institutionen: Zum wurde die Vakanz ausgeschrieben. zum Nachwuchsregisseur 2014 ge- 1.1.2016 sollen beide Theater in Jetzt steht fest, dass Nadine Tob- kürt. eine gemeinsame Trägerschaft ler (33) und Markus Lerch (61) überführt werden, um ein «Mehr- gemeinsam das Theater leiten wer- …Bern spartenhaus» für die freie Szene zu den. Tobler, die aus Baden stammt, Die Kulturbotschaft 2016–2019 schaffen. Stadtpräsident Alexander arbeitete als Regieassistentin, Pro- ist zur Vernehmlassung vorgestellt Tschäppät äusserte sich folgender- duktionsleiterin und Performerin. worden. Rund 895 Millionen Fran- massen: «Für mich ist klar, dass wir Der aus Zürich stammende Markus ken will der Bund in dieser Zeit für unser Profil in der zeitgenössischen Lerch war als Schauspieler, Regis- die Kultur ausgeben, das sind 112 Kultur schärfen wollen und dass seur und Projektleiter tätig. Unter Millionen Franken mehr als in der wir dafür ein starkes Mehrspar- anderem hatte er seit 2009 die laufenden Periode. Den grössten tenhaus brauchen.» Er sprach von Produktionsleitung des Figura The- Anteil der Mittel erhält der Film. einem «Flaggschiff für zeitgenös- aterfestivals inne. Für vier Jahre wurden 200 Millio- sische Kultur». Der Berufsverband nen Franken veranschlagt. Zudem der Freien Theaterschaffenden …Berlin soll es ein zusätzliches Programm (ACT) reagierte auf diese Ankündi- Die Fachzeitschrift «Theater heute» «Film Standort Schweiz» geben, gung mit einer Online-Petition mit gab wie jedes Jahr die Bestenliste das die Schweiz als Dreh- und Pro- inzwischen 1'124 Unterschriften des deutschsprachigen Theaters duktionsstandort fördern soll. Da- zu Handen der verantwortlichen bekannt. Mehrfach nannten die für stehen sechs Millionen Franken Leiterin der Abteilung Kulturelles 44 Kritikerinnen und Kritiker auch zur Verfügung. Veronica Schaller. In dieser fordert Produktionen mit Schweizer Be- ACT unter anderem, dass «die Kul- teiligung: Die Schauspielerin Ursi- Kanton, Stadt und Regionsgemein- turschaffenden Berns als Fachleute na Lardi in Thomas Ostermeiers den stellten bei einer Medienkon- in die aktuelle kulturpolitische Dis- Schaubühneninszenierung «Kleine ferenz die Subventionsperiode kussion eingebunden werden» und Füchse» erhielt vier Stimmen und 2016 bis 2019 vor. Hervorgeho- dass «die laufende Kooperations- belegte damit den zweiten Platz ben wurde, dass vier Institutionen Diskussion zwischen Schlachthaus hinter der Schauspielerin des Jah- ab 2016 zusammen knapp 1,2 Mil- Theater und Dampfzentrale ergeb- res Bibiana Beglau. Karin Henkels lionen Franken mehr erhalten sol- nisoffen geführt wird und insbe- Inszenierung «Amphitryon und len. Es sind dies Konzert Theater sondere der Mehrwert für das Freie sein Doppelgänger» nach Kleist am Bern, das Historische Museum, die Theaterschaffen geprüft wird». Schauspielhaus Zürich erhielt Camerata Bern und das Theater an den Titel Inszenierung des Jahres. der Effingerstrasse. Den grössten Der Max-Reinhardt-Preis des The- Sibylle Bergs Stück «Es sagt mir Teil davon erhält Konzert Theater atertreffens deutschsprachiger nichts, das sogenannte Draußen» Bern, unter anderem um «das gra- Schauspielstudierender 2014 Ensemble Nr. 86 3
Ensembleszene mit Sophie Berner als Amneris in Elton John/Tim Rices Musical «Aida», © Foto: Thunerseespiele / Sandra Studer, foto4you.biz in Höhe von 10’000 Euro ging an Glanzlichtern im Kulturangebot des Oltner Kabarett-Casting und da- die Schauspielstudierenden der Kantons», so der Regierungsrat. mit den Förderpreises im Wert von Hochschule der Künste Bern. Aus- Der mit 20'000 Franken dotierte 10’000 Franken. Er wird beim Fes- gezeichnet wurde das Programm Kulturpreis ist die höchste kulturelle tival 2015 am Nachwuchswettbe- «Vier Soli» mit «Jom Kippur» Auszeichnung, die der Kanton ver- werb «Sprungfeder» auftreten. (Simon Labhart), «Nina La Frida» gibt. (Nina Wyss), «For James» (Maxi- …Thun milian Reichert) und «Der Cow- …Luzern Die Thuner Seespiele gaben Ende girls Blues» (Johanna Dähler). Michael Haefliger leitet seit 1999 August die Auslastungszahlen ihrer das Lucerne Festival. Nun wurde diesjährigen Produktion « Aida» be- …Einsiedeln sein Vertrag, der bis 2016 galt, um kannt: Insgesamt wurden 60'000 Vor einem Jahr fand zum 16. Mal weitere vier Jahre bis Ende 2020 Tickets verkauft. Das entspricht ei- das Einsiedler Welttheater statt. verlängert. Michael Haefliger sei ein ner Gesamtauslastung von 70 Pro- Die Produktion, eine Neubearbei- Intendant voller Tatendrang und In- zent. «Wir schliessen die Saison mit tung von Calderons Welttheater spiration, der den Gestaltungsfrei- einer positiven Bilanz ab. Aufgrund durch Tim Krohn in der Inszenierung raum in seiner Tätigkeit mit aller des erfolgreichen Vorverkaufs im von Beat Fäh, verzeichnet – wie Kreativität nutze – und ausserdem Frühling hatten wir uns natürlich jetzt feststeht – bei einem Gesamt- zu hervorragenden Ergebnissen mehr erhofft. Den Wetterumstän- umsatz von 4,28 Millionen Franken gelange, künstlerisch wie wirt- den entsprechend können wir uns ein Defizit von 410'000 Franken. schaftlich, so Hubert Achermann, aber glücklich schätzen, dass wir die Schuld daran ist eine «massive Zu- der Präsident des Lucerne Festival. Saison mit einer schwarzen Null ab- schauereinbusse». Statt budge- schliessen», so Geschäftsführer Ste- tierter 51'000 Besucherinnen und …Olten phan Zuppinger. Besucher sahen nur 45'000 Perso- Die 27. Oltner Kabarett-Tage nen die Produktion. Weitere Auf- waren erfolgreich. An zehn Festi- …Zürich führungen des Welttheaters 2019 val-Tagen fanden an neun verschie- Andreas Homoki, Direktor des oder 2020 sind indes nicht gefähr- denen Spielorten in Olten sowie als Opernhauses Zürich, wird noch det. Die Welttheatergesellschaft Gastspiele in Schötz und Laufen mindestens weitere fünf Spielzei- verfügt über ausreichende Reser- 34 Veranstaltungen mit 56 Künst- ten am Opernhaus tätig sein. Sein ven, um den Verlust zu decken. Im lerinnen und Künstlern statt. Rund Vertrag wurde bis 2021/22 verlän- Oktober wird sie für ihre grossen 7'000 Besucherinnen und Besu- gert. Auch die Verträge des Ge- Verdienste mit dem Kulturpreis des cher verzeichnete das Festival. Das neralmusikdirektors Fabio Luisi Kantons Schwyz ausgezeichnet. entspricht einer Auslastung von und des Ballettdirektors Christian «Die Aufführungen im Klosterdorf 90 Prozent. Der Berner Christoph Spuck wurden dementsprechend gehören zu den herausragenden Simon gewann das diesjährige 3. verlängert. 4 Ensemble Nr. 86
Zum zweiten Mal vergaben die Vom Regierungsrat gewählt wurde das Schauspielhaus Zürich Bei- Freunde des Balletts Zürich im Madeleine Herzog, die ihr Amt träge in Höhe von 6 Millionen und Opernhaus ihren Tanzpreis. Die am 1. Oktober antritt. Herzog, die das Theater Winterthur 2,8 Mil- Berlinerin Katja Wünsche und der als wissenschaftliche Mitarbeiterin lionen. Lissabonner Filipe Portugal erhiel- und Dozentin am Deutschen Se- ten die Auszeichnung. Wünsche minar der Universität Zürich tätig Der Zürcher Stadtrat beantragte war in Spucks Choreografien «Ro- und als Dramaturgin und Chef- im Juli dem Gemeinderat, die jähr- meo und Julia» und «Leonce und dramaturgin am Theater St. Gal- liche Unterstützung von 300'000 Lena» zu sehen, Portugal war unter len engagiert war, leitete zuletzt Franken für das Zurich Film Festi- val (ZFF) auch in den Jahren 2015 Preisträger des Tanzpreises der Freunde des Balletts Zürich: bis 2018 weiterzuführen. «Der Benoît Favre, Filipe Portugal, Katja Wünsche, Manoela Gonçalves Stadtrat anerkennt somit die Leis- © Foto: Danielle Liniger tungen und die positiven Auswir- kungen des Zurich Film Festivals für die Filmkultur und die Filmwirt- schaft in Zürich.» Die Sanierung der Roten Fabrik in Zürich kostet rund 16 Millionen Franken. Vor zwei Jahren verur- sachte ein Brand im Atelierbereich der Roten Fabrik einen grossen Schaden. Zudem fallen Unterhalts- arbeiten an, die nach rund 30 Jah- ren der Nutzung des Gebäudes als Kulturzentrum notwendig wurden. Im nächsten März kann mit der Re- anderem König Peter in «Leonce die Fachstelle Kultur der Stadt St. novation begonnen werden; die und Lena». Vom Junior Ballett er- Gallen. Bauzeit ist mit rund eineinhalb Jah- hielten Manoela Gonçalves und ren veranschlagt. Einschränkungen Benoît Favre den Preis. Die Preis- Der Zürcher Kantonsrat bewillig- des Betriebs sind dann notwendig: summe für alle vier Ausgezeichne- te einstimmig einen Sonderkredit Die Halle beispielsweise muss von ten beträgt 10'000 Franken. für Kulturinstitute aus Zürich und März 2015 bis Herbst 2016 ge- Winterthur. 20 Millionen Franken schlossen werden. Die Fachstelle Kultur des Kan- aus dem Lotteriefonds wurden ge- tons Zürich hat eine neue Leiterin. sprochen. Unter anderem erhalten PERSÖNLICHES Der Tessiner Kameramann Die 48-jährige Berne- Renato Berta wurde bei der rin Franziska Burkhardt Verleihung der 24. Deutschen trat am 1. Juli die neu ge- Kamerapreise in Köln mit dem schaffende Stelle einer Ge- Ehrenpreis ausgezeichnet. Berta schäftsleiterin im Berner arbeitete mit Regisseuren wie Da- Kulturzentrum Progr an. niel Schmid, Alain Tanner, Jean- Sie arbeitete nach dem Luc Godard und Claude Chabrol. Studium für die Pro Helve- Er prägte mit seiner Arbeit das tia, lebte danach zwei Jahre Neue Schweizer, wie auch das in Italien, leitete während europäische Kino. 1988 wurde er vier Jahren die Geschäfte für «Au revoir les enfants» (1987) des internationalen Film- von Louis Malle mit dem César festivals Freiburg und stand Franziska Burkhardt © Foto: Martin Bichsel ausgezeichnet. 2009 bis 2013 der Sektion Ensemble Nr. 86 5
Kulturschaffen beim Bundesamt schule der Künste, die beiden Per- film «Schweizer Helden», der in für Kultur vor. formerinnen Mira Kandathil und einem Schweizer Asylantenheim Annina Machaz alias Destiny’s spielt, dessen Bewohner gemein- Drei Theaterstudierende mit Children, für ihre Produktion sam das Theaterstück «Willhelm Vertiefung Szenografie an der «Follow us», eine Annährung an Tell» aufführen, den mit 30'000 Zürcher Hochschule der Küns- Marilyn Monroe und Amy Wine- Franken dotierten «Prix du Pub- te haben den diesjährigen house. Den zweiten Preis, der mit lic». Elf internationale Produktio- Roman-Clemens-Preis erhalten. 8'000 Franken dotiert ist, bekam nen standen zur Auswahl. Nach Nicole Frei, Camille Schmid die Zürcher Theatertruppe Hitz- «Giulias Verschwinden» (2009) und Johannes Frei überzeugten kopf und Hengst für ihre Wes- von Christoph Schaub geht der mit ihren Bachelorarbeiten. Der ternparodie «Once Upon A Time Publikumspreis damit erstmals Preis ist mit insgesamt 10'000 In The Middle East». Den dritten wieder an eine Schweizer Pro- Franken dotiert, die für künftige Platz belegte der Luzerner Da- duktion. Theaterprojekte verwendet wer- niel Korber mit «Weltmodelle den müssen. wegschmeissen», sein Preisgeld Der Kulturredaktor der Basler Zei- betrug 2’000 Franken. tung, Stephan Reuter, ist der Der Dramatiker und Hörspielau- neue Schweizer Juror für das Ber- tor Wolfram Höll, der für die liner Theatertreffen. Er folgt auf Spielzeit 2014/15 am Theater Daniele Muscionico, die im Ver- Basel als Hausautor verpflich- lauf des 51. Festivals zurücktrat, tet ist, hat für sein Drama «Und weil Texte von ihr sich als Plagiate dann» den Mülheimer Dramati- herausstellten. Die Amtszeit be- kerpreis erhalten, der mit 15'000 trägt normalerweise drei Jahre. Euro dotiert ist. Das Stück, das in Die sieben ehrenamtlichen Juro- der Uraufführungsinszenierung ren visionieren jährlich rund 400 des Schauspiels Leipzig präsen- Theaterstücke in der Schweiz, in tiert wurde, biete eine neue Qua- Deutschland und in Österreich. lität dramatischen Schreibens. Die Jury hob die strenge Formung Rimini Protokoll (Helgard Haug, und hohe Musikalität seiner Dich- Daniel Wetzel und Stefan Kaegi) tung hervor. erhielt an den 39. Mülheimer Theatertagen den Publikums- Der Schweizer Schriftsteller und Iris Laufenberg preis der «Stücke 2014» für das Dramatiker Thomas Hürlimann © Foto: Matthias Horn in Koproduktion mit dem Schau- erhält den Alemannischen Lite- spiel Stuttgart entstandene Stück raturpreis, der mit 10'000 Euro Iris Laufenberg, seit 2012/13 «Qualitätskontrolle». dotiert ist. Die Jury würdigt mit Schauspieldirektorin am Kon- dem Preis das Gesamtwerk Hür- zert Theater Bern, wird Inten- Tomas Schweigen, seit 2012 limanns und schrieb in ihrer Be- dantin am Schauspielhaus Graz. Co-Leiter des Schauspiels am gründung unter anderem, dass Ihren bis Mitte 2015 laufenden Theater Basel mit seiner Grup- er mit seinen Theaterstücken «in Vertrag wird sie erfüllen und zur pe Far A Day Cage (FADC), wird der Tradition von Max Frisch und Spielzeit 2015/16 ans Schauspiel- 2015/16 Intendant des Schau- Friedrich Dürrenmatt die Verwick- haus wechseln. Der Direktor von spielhauses Wien. Schweigen lungen und Verstrickungen seines Konzert Theater Bern, Stephan wurde in Wien geboren und hat Heimatlandes in sich selbst und in Märki, äusserte sich folgender- dort Theaterwissenschaft stu- den Nationalsozialismus» thema- massen: «Die Berufung von Iris diert. 2000 folgte ein Regiestudi- tisiere. Laufenberg an ein bedeutendes um in Zürich, 2004 gründete er deutschsprachiges Schauspiel- die freie Kompagnie FADC. Ende Mai wurde zum 13. Mal haus ist eine grosse Anerkennung der Nachwuchspreis für Theater auch ihrer Arbeit in Bern.» Otto Tausk ist seit 2012/13 und Tanz, Premio 2014, verge- Chefdirigent von Sinfonieorches- ben. Den ersten Preis und damit Der Schweizer Filmemacher Peter ter und Theater St. Gallen. Nun 25’000 Franken erhielten zwei Luisi erhielt beim 67. Festival del verlängerten er und das Thea- Absolventinnen der Berner Hoch- Film in Locarno für seinen Spiel- ter seinen Vertrag bis 2018. Als 6 Ensemble Nr. 86
«inspirierende und Publikum tung «Blue Blue Sky» den Deut- wie Orchestermusiker gleicher- schen Kamerapreis der Kategorie massen begeisternde Künstler- «Nachwuchsfilm Schnitt». persönlichkeit» habe Otto Tausk in den ersten zwei Jahren seiner Dem Berner Schriftsteller und Amtszeit bereits «Wesentliches Dramatiker Matthias Zschokke beigetragen zur regionalen wie wurde der Grosse Literaturpreis internationalen Ausstrahlung des von Stadt und Kanton Bern verlie- St. Galler Orchesters und Musik- hen. Mit der mit 30’000 Franken theaters». dotierten Auszeichnung würdigte die Jury Zschokkes herausragen- Die Zürcherin Bigna Tomschin des literarisches Gesamtwerk, das erhielt an der Verleihung der durch erzählerische Vielschichtig- Otto Tausk 24. Deutschen Kamerapreise in keit, feine Figurenzeichnungen © Foto: Konzert und Theater Köln für ihren Diplomfilm an der und abgründigen Humor über- St.Gallen, Tine Edel Zürcher Hochschule für Gestal- zeuge. ABSCHIED Der Puppenspieler Ueli Balmer Theaterwissenschaft, Philosophie verstarb Ende Juli nach langer und Germanistik in Wien und schwerer Krankheit mit 77 Jahren. Berlin und kam 1981 dann für Balmer, der eine Lehrerausbildung eine Regieassistenz an das Ber- absolvierte und auch als Lehrer ner Stadttheater. Bis 1990 war sie tätig war, gründete 1956 die Zo- dort als Regisseurin und Drama- finger Puppenbühne, mit der er turgin mit dem Schwerpunkt zeit- bis 1997 im In- und Ausland un- genössische Dramatik verpflichtet, terwegs war. 1959 war er Grün- danach war sie als freischaffende dungsmitglied der Vereinigung Regisseurin tätig. 1983 führte der der schweizerischen Puppenbüh- damalige Berner Schauspieldi- nen, für die er zuerst als Sekre- rektor Peter Borchardt eine Gast- tär, dann als Präsident (1964–65) spielreihe für zeitgenössisches amtete. Während elf Jahren en- deutschsprachiges Theater ein, gagierte sich Balmer auch im Ex- die er «Aua, wir leben!» nannte. Beatrix Bühler ekutivkomitee des Weltverbands Ab 1985 arbeitete Beatrix Büh- © Foto: Anna Lupien UNIMA, von der UNIMA Suisse ler bei der Planung und Durch- entwickelte sich zu einem wichti- wurde ihm 2009 die Ehrenmit- führung mit. Ab 1988 führten gen europäischen Festival des frei- gliedschaft verliehen. Er war auch Borchardt und Bühler als künstle- en Theaters und zur Bereicherung als Autor tätig: In den ersten rische Leiter das Festival unabhän- des Theaterlebens in Bern. «Die Jahren war er einer der Verant- gig vom Stadttheater Bern weiter. Kulturlandschaft der Schweiz ver- wortlichen für die Redaktion der Sie gründeten die freie Gruppe liert mit Trix eine eigenständige, Zeitschrift p+p (Vorgänger der «fi- Berner Ensemble, um das Festi- herausragende und mit Leib und gura»), zudem publizierte er unter val durch Uraufführungen von Seele engagierte Persönlichkeit», anderem 1979 das Buch «Freude Schweizer Autoren (in der Regel so das Leidzirkular. Bühler setzte am Puppenspiel», 1982 «Puppen- Dialektstücke, einige in der Re- sich in zahlreichen Jurys, Gremi- bau und Puppenspiel» und 2013 gie von Bühler) zu bereichern. Bis en und Vorständen für die freie «Eintritt frei – Kinder die Hälfte». 1998 fungierte das Berner Ensem- Theaterszene der Schweiz ein ble als Veranstalter von «auawirle- und wurde für ihre Arbeit mehr- Die Berner Regisseurin und Festi- ben». Als Borchardt 1998 aus dem fach ausgezeichnet: 1997 erhielt valleiterin Beatrix Bühler ist ge- Leitungsteam zurücktrat, führte sie gemeinsam mit Borchardt den storben. Im Alter von 65 Jahren Bühler – die an die Vorzüge des Sisyphus-Preis der Stadt Bern für erlag sie im Juni ihrem Lungen- Kollektivs glaubte – das Festival das Theaterfestival «auawirleben» krebsleiden. 1948 in Freiburg im mit wechselnden Leitungsteams und die Förderung des zeitgenös- Breisgau geboren, studierte sie erfolgreich weiter. «auawirleben» sischen Theaters, 2008 mit «aua- Ensemble Nr. 86 7
wirleben» den Grossen Kulturpreis eine Ausbildung zum Theaterpäd- in Zürich», das seit 1999 von ih- des Kantons Bern. Es folgten kurz agogen an der Schauspiel-Akade- ren Nichten Sibyll Metzenthin und vor ihrem Tod der Prix Swisscultu- mie in Zürich. Ab 1986 war er als Corinne Roos geleitet wird. Rund re sowie mit «auawirleben» einer freier Regisseur tätig; er inszenier- 600 Kinder und Jugendliche be- der fünf vom Bundesamt für Kul- te mit Kindern und Jugendlichen, suchen momentan die Schule tur neu geschaffenen Theaterprei- Amateuren und professionellen und machen sie damit zur gröss- se. Truppen. Ab 1989 leitete er die ten Schweizer Theaterschule für Beratungsstelle Schultheater des Kinder und Jugendliche. «Ihr Ziel Der Dirigent und Pianist Torsten Kantons Aargau (später Bera- eines hochstehenden Unterrichts, Buldmann verstarb Anfang Juni tungsstelle «Theaterpädagogik» in dem sich die Persönlichkeit der im 53. Lebensjahr. Der in Düssel- an der Fachhochschule) und lehrte Kinder durch Theater, Bewegung dorf geborene Buldmann studierte zunächst als Dozent, später als Pro- und Musik entfaltet, hat die Päd- an der Musikhochschule Hamburg fessor für Kulturvermittlung und agogin erreicht», so der Nachruf Klavier und Dirigieren und war Theaterpädagogik an der Fach- in der «Neuen Zürcher Zeitung». danach als Solorepetitor an der hochschule Nordwestschweiz. Zu Metzenthins Schülerinnen und Deutschen Oper am Rhein in Düs- Lille schrieb Erzählungen und The- Schülern, denen ihre Schule auch seldorf tätig. Er dirigierte unter aterstücke, letztere oft im Auftrag zahlreiche Auftrittsmöglichkeiten anderem an der Staatsoper Han- für ein Ereignis oder einen Ort. So in Inszenierungen bot, gehörten nover, am Staatstheater am Gärt- kam beispielsweise «Schuhwerk», unter anderem Andres Bossard, nerplatz München, in Heidelberg ein Szenario für eine leere Fabrik- Mitbegründer des Theaters Mum- und Winterthur und war als stell- halle, im November 1994 in der menschanz, der Autor Charles Le- vertretender Generalmusikdirek- ehemaligen Bally-Fabrik in Dot- winsky und die Eiskunstläuferin tor am Theater Hagen engagiert. tikon zur Uraufführung. Lille gab Denise Biellmann. 1978 gründe- Von 1989 bis 1995 arbeitete er damit den vielen Menschen, die te Metzenthin ein musisch-päda- als Korrepetitor und Kapellmeister einst dort gearbeitet hatten, eine gogisches Seminar, an dem eine am Theater Basel, daneben war er Stimme und ein Gesicht. Er war dreijährige Berufsausbildung mit ein gefragter Klavierbegleiter von jahrelang im Vorstand des Thea- Diplomabschluss absolviert wer- Liederabenden und als Dirigent ters Tuchlaube (1990 bis 1996 als den konnte, 2001 wurden die unter anderem bei der Liedertafel Präsident) und präsidierte 1995 letzten Absolventinnen und Absol- Basel tätig. bis 2001 die Astej (association su- venten diplomiert, seither besteht isse du théâtre pour l’enfance et la noch die 1992 neu konzipierte Der Puppenspieler Ernst Gärtner jeunesse). Er wurde 1989 mit dem einjährige berufsbegleitende Wei- starb Mitte August kurz nach sei- Förderpreis Literatur des Aargauer terbildung für Pädagoginnen und nem 81. Geburtstag. Gärtner, der Kuratoriums ausgezeichnet und Pädagogen. 1976 erhielt sie die auch als Lehrer tätig war, führte erhielt 1995 den Preis der Schwei- Ehrengabe des Kantons Zürich, mit seiner Ehefrau Maya ab 1981 zerischen Schillerstiftung. 1997 die Hans-Georg-Nägeli-Me- hauptberuflich das von dieser daille der Stadt Zürich. 1977 gegründete Puppentheater Bereits Ende Mai starb die Schwei- Gärtner (vormals «Puppentheater zer Theaterpädagogin Rosemarie Der langjährige Leiter des Figuren- Maya Gärtner», «Puppentheater Metzenthin in Zürich. 1927 im theaters St. Gallen, Tobias Ryser, Trio Gärtner»). Die Wanderbühne deutschen Lindau geboren, ab- ist tot. Er starb Ende Juni nach fast mit Eigenproduktionen für Kinder solvierte sie nach dem Krieg ein zweijähriger schwerer Krankheit und Erwachsene, die Mitglied der Rhythmikstudium am Konserva- im Alter von 62 Jahren. Sein mehr UNIMA war, beendete 1999 ih- torium Zürich. Es folgte eine Re- als 30-jähriges, unermüdliches re Spieltätigkeit nach über 1’500 gieassistenz an den Münchner Engagement als Mitglied des En- Aufführungen. Kammerspielen und Gaststudien sembles, Theaterleiter, Regisseur, an der Otto-Falckenberg-Schule Autor und Figurenspieler sei ein Der Theatermann Roger Lille in München sowie am Mozar- Geschenk für das Figuren Thea- verstarb Mitte Juni nach längerer teum in Salzburg. 1951 gründete ter St. Gallen gewesen, heisst es Krankheit in seinem 57. Lebens- sie ihre Bewegungsschule an der in dessen offiziellem Schreiben. jahr. Lille, der sich zum Primar- Freiestrasse in Zürich, das heuti- 1986 übernahm Ryser, der damals und Sekundarlehrer ausbilden ge «Kinder- und Jugendtheater schon fast zwanzig Jahre als Spie- liess, arbeitete einige Jahre im Metzenthin, die märchenhafte ler und Regisseur am Theater tä- Schuldienst und absolvierte dann Theater- und Bewegungsschule tig gewesen war, die Leitung des 8 Ensemble Nr. 86
E sslingen und Verden kam er in die Schweiz zurück und spielte unter anderem in Bern. Von 1972 bis zu seiner Pensionierung 1999 war Serda als festes Ensemblemitglied und danach weiterhin als Gast am Städtebundtheater Biel-Solothurn/ Theater Biel Solothurn engagiert, wo er in über 200 Inszenierungen auftrat, darunter als Thoas in Goe- thes «Iphigenie auf Tauris», Just in Lessings «Minna von Barnhelm», Meister Anton in Hebbels «Maria Tobias Ryser, © Foto: Tine Edel Magdalena», Pozzo in Becketts «Warten auf Godot», Hauptmann F igurentheaters und öffnete es für schers «Brandnacht» (1993) und in «Woyzeck» und Firs in Tsche- neuere, experimentelle Formen: Jürg Ebes «Handyman» (2006). chows «Kirschgarten». «Er blieb Mischformen von Figurenspiel mit Unvergessen ist Schönherr vor al- dem Haus über Jahrzehnte hinweg Schauspiel, Musiktheater, Tanz lem durch die Rolle des Comman- verbunden, hatte ein grosses und und Objekttheater. Nebst dem der Cliff Allister McLane in der überaus treues Publikum und war Kindertheater bot er auch hoch- zum Kult gewordenen Fernsehse- in Solothurn stadtbekannt», so im stehende Produktionen für Er- rie «Raumpatrouille Orion» (1966) Nachruf des TOBS (Theater Orches- wachsene an. Er war zudem einer und als deutsche Synchronstimme ter Biel Solothurn). 2012 wurde der Initianten von «Figurentheater von James Dean. Mit der Fernseh- dort sein 40-jähriges Solothurner bewegt», einem städteverbinden- show «Wünsch Dir was», die er Bühnenjubiläum gefeiert. den Figurentheaterfestival, wel- gemeinsam mit seiner Ehefrau Vivi Simone Gojan ches jedes 2. Jahr in den festen Bach moderierte, betrat er ebenso Häusern von Basel, Bern, St. Gal- Neuland wie mit der ersten Talk- AUSSCHREIBUNG len, Winterthur und Zürich statt- show im Deutschen Fernsehen «Je findet. Ryser war mehrere Jahre später der Abend», die er ab 1973 Das Luzerner Theater schreibt im Vorstand der UNIMA Suisse tä- moderierte. Als Theaterschau- zum achten Mal den internatio- tig und hat sich aktiv für die Belan- spieler wirkte er unter anderem nalen Mode- und Theaterförder- ge der Berufsgattung eingesetzt. in Bonn, Wien, Salzburg, Berlin, preis «Prix Juste-au-Corps» aus. Telfs und Innsbruck. Von 1977 bis Der Wettbewerb für junge Nach- Der Schauspieler Dietmar Schön- 1990 spielte er am Zürcher Schau- wuchsdesignerInnen gibt diesen herr starb Mitte Juli in seiner spielhaus, wo er zuletzt 2000 als die Möglichkeit, das Kostümbild Wahlheimat auf Ibiza. 1926 in Sorin in Tschechows «Die Möwe» für zwei Figuren aus Puccinis Innsbruck geboren, nahm er pri- gastierte. Wichtig war ihm vor al- Oper «La Bohème» zu gestalten, vaten Schauspielunterricht und lem sein politisches und soziales Theatererfahrung zu sammeln debütierte 1944 im nationalsozia- Engagement, für das er eine Rei- und ihr Werk einer internationa- listischen Propagandafilm «Junge he bedeutender Auszeichnungen len Jury und der Öffentlichkeit Adler». Nach dem Krieg begann erhielt, daruter den «Change the zu präsentieren. Der Preis bein- er ein Architekturstudium, das er World Award» des Club of Buda- zugunsten der Arbeit als Rund- pest für die Arbeit seiner in Nicara- haltet einen mit 10'000 Franken funksprecher und Reporter auf- gua tätigen Stiftung «Pan y Arte». dotierten Vertrag mit dem Luzer- gab. 1955 wurde er durch den Schönherr lebte viele Jahre lang ner Theater für ein Kostümbild. Film «Rosenmontag» als Schau- im aargauischen Kaiserstuhl. Als Publikumspreis wird eine spieler populär. Insgesamt spielte Bernina-Nähmaschine im Wert Schönherr in über 150 Kino- und Ende Juni verstarb der Schauspie- von 2'285 Franken vergeben. Fernsehfilmen mit, darunter er- ler Raoul Serda. 1934 in Bern ge- Mehr Informationen unter folgreiche Schweizer Produk- boren, liess er sich in Zürich und www.luzernertheater.ch/mode. tionen wie Xavier Kollers «Der Berlin zum Schauspieler ausbilden. Einsendeschluss ist der schwarze Tanner» (1985) und Nach Engagements in Baden bei 31. Oktober 2014. «Reise der Hoffnung», Markus Fi- Wien, Gera, Magdeburg, Dresden, Ensemble Nr. 86 9
NACHGEFRAGT Leistungsschau und Branchentreff – ein Rückblick auf das erste Schweizer Theatertreffen in Winterthur Abschlussparty des Schweizer Theatertreffens, © Foto: Peter Knup Auf Initiative des Schweizerischen Bühnenverbands fand vom Theatertreffens in den Vorstand 22. – 31. Mai 2014 im Theater Winterthur das erste Schweizer des Schweizerischen Bühnenver- Theatertreffen statt, für das eine Fachjury, bestehend aus bands trugen und damit innerhalb sechs Kulturjournalistinnen und Kulturjournalisten aus des SBV auf sehr viel Wohlwollen allen drei Sprachregionen, sieben herausragende Schweizer stiessen. Es wurde eine Arbeits- Schauspielproduktionen ausgewählt hatte. Künftig soll gruppe gebildet, es wurden intern diese Leistungsschau jeweils im Frühjahr dem interessierten Diskussionen geführt und extern Publikum die Vielfalt des schweizerischen Theaterschaffens Gespräche mit möglichen Part- näherbringen und zugleich eine Plattform für Theaterschaffende, nern – insbesondere mit dem Bun- Theaterfachleute und Veranstalter aus dem In- und Ausland desamt für Kultur – gesucht, bis werden. Das Theatertreffen soll darüber hinaus den Austausch der SBV schliesslich die Idee des zwischen institutionalisierten Stadttheatern und der freien Szene Theatertreffens mit der Gründung fördern und die Identität des zeitgenössischen Theaterschaffens eines selbständigen Vereins, der in der Schweiz stärken. über den SBV hinaus die gesam- te schweizerische Theaterszene Frau Lötscher, der SBV, dessen ganz persönliches Highlight war einbinden wollte, in die Selbstän- Geschäftsführerin Sie sind, die Eröffnung des Theatertreffens digkeit entliess. Woraufhin ein hat das Theatertreffen ins im Foyer des Theaters Winterthur. ausgesprochen motiviertes Team Leben gerufen. Was war ihr Bis dahin war es ein langer Weg, unter dem Präsidium von Adrian persönliches Highlight? der damit begann, dass im Janu- Marthaler und der Festivalleitung Während zehn Tagen Theater- ar 2011 Thomas Guglielmetti und von Britta Rendlen gemeinsam treffen gab es natürlich viele ver- Marc Baumann vom Theater Win- mit dem Theater Winterthur die schiedene Highlights, aber mein terthur die Idee eines Schweizer Arbeit aufnahm, um in relativ kur- 10 Ensemble Nr. 86
Das erste Theatertreffen war mei- nes Erachtens ein sehr gelunge- ner Auftakt, um dieses Ziel zu erreichen. Das Theatertreffen ist schweizweit die einzige Veranstal- tung im Theaterbereich, an der alle Sprachregionen der Schweiz und damit die verschiedenen The- aterkulturen zusammenkommen und die gleichzeitig eine Plattform für die gesamte Schweizer The- aterszene bietet. Der Zulauf des Theaterpublikums wie auch des Fachpublikums war zahlenmässig sicher noch bescheiden, aber es war doch eine riesige Freude, die Vizepräsidentin Sandrine Kuster (links) und Festivalleiterin Britta Rend- Begeisterung und auch die Dank- len (rechts) übergeben Carina Braunschmidt (Mitte) den Publikums- barkeit von Theaterschaffenden preis für die beste weibliche Darstellerin, © Foto: Peter Knup aus allen Sprachregionen zu seh- en, die beim Theatertreffen die zer Zeit das Programm des ersten Der Verein Schweizer Theater- Möglichkeit hatten, mit Kollegin- Schweizer Theatertreffens end- treffen, dessen Geschäfte nen und Kollegen aus den ande- gültig auf die Beine zu stellen. An- Sie ebenfalls führen und zu ren Sprachregionen in Kontakt zu gesichts dieser Vorgeschichte, bei dessen Fördermitgliedern auch treten, sich auszutauschen oder der nicht jederzeit klar war, dass der SBKV gehört, bezweckt auch einfach nur zu feiern. Dass wir wirklich ans Ziel gelangen, war laut Statuten «die Stärkung der es dieses Bedürfnis gibt, hat sich es schon ganz besonders, dem Visibilität und die Darstellung ganz klar gezeigt, und darauf kön- Moment der Eröffnung des Thea- der Vielfalt des zeitgenössi- nen wir nun in Zukunft aufbauen. tertreffens in Verbindung mit der schen Theaterschaffens in der Verleihung des Schweizer Thea- Schweiz». Ist das beim ersten Die «NZZ» schrieb, es terpreises des BAK beizuwohnen. Theatertreffen gelungen? handle sich beim Schweizer «Das Weisse vom Ei / Une île flottante» von Eugène Labiche, Inszenierung: Christoph Marthaler, Theater Basel 2013/14, Schweizer Theatertreffen 2014 © Foto: Simon Hallström / ICONIQ Studio GmbH Ensemble Nr. 86 11
Theatertreffen «ganz klar um chigen Schweiz ist, während er in der SVP – eben gerade nicht eine Kulturförderung in bunter der Westschweiz seit Jahren ein Schweizer Identität, sondern eine Festivalverpackung. Denn riesiges Renommee geniesst. Ich Pluralität an Identitäten gibt, die Festivals gibt es eigentlich bin überzeugt, dass es ein gross- durchaus mit- und nebeneinander schon genug, hierzulande und er Gewinn ist, wenn zum Beispiel existieren können. im Ausland, wo Schweizer Pro- das die deutsche Theatertradition duktionen, ob aus Stadtthe- gewohnte Publikum aus der deut- Die Idee der Vielsprachigkeit atern oder der freien Szene, schen Schweiz während des Thea- sei eine Herausforderung, durchaus ins Gewicht fallen.» tertreffens die Möglichkeit erhält, hatte der Präsident des Vereins Wozu genau braucht es also sich mit ganz anderen Stilen und Schweizer Theatertreffen, das Schweizer Theatertreffen? Ästhetiken auf der Bühne ausei- Adrian Marthaler, eingeräumt. Dass es nicht wirklich einen Man- nanderzusetzen, und sich unter Wie hat man diese Heraus- gel an Festivals gibt, steht ausser Umständen auch daran reibt oder forderung gemeistert? Frage, auch dass es bereits an- gar mit Unverständnis reagiert. Als erstes natürlich durch mög- dere Plattformen für Schweizer Das Theatertreffen will die Viel- lichst breites Übersetzen in ande- Theaterproduktionen gibt. Das falt des Schweizer Theaterschaf- re Landessprachen, sei es durch Einzigartige des Schweizer The- fens darstellen, was eben gerade Übertitelung der Stücke, aber atertreffens ist, wie oben bereits nicht heisst, dass damit der Fokus auch durch Übersetzung der Web- gesagt, dass hier die verschiede- auf der Schaffung einer spezifisch site, der Programmhefte. Auch nen Theaterkulturen der Schweiz schweizerischen Identität liegt beim Rahmenprogramm wer- zusammentreffen, dass damit ein und das Theatertreffen gar dem den wir in Zukunft darauf achten sehr vielfältiges Bild des Schweizer Abschottungsgedanken der Mas- wollen, dass dieses möglichst der Theaterschaffens gezeichnet wird seneinwanderungsinitiative folgt, Vielsprachigkeit gerecht wird, in- und gerade das Interkulturelle und wie teilweise aus dem deutsch- dem entweder Veranstaltungen in der Austausch im Vordergrund sprachigen Ausland kritisch ver- verschiedenen Sprachen durchge- stehen. Es ist ja schon erstaun- mutet wurde. Vielmehr kann das führt werden oder die einzelnen lich, wie wenig bekannt etwa ein Theatertreffen zeigen, dass es Veranstaltungen in die anderen Omar Porras in der deutschspra- – entgegen dem Leitgedanken Sprachen übersetzt werden. An- «La Dame de la Mer» nach Henrik Ibsen in der Inszenierung von Omar Porras, Teatro Malandro u.a., Schweizer Theatertreffen 2014, © Foto: Marc Vanappelghem 12 Ensemble Nr. 86
«Woher die kleinen Kinder kommen. Ein Männerprojekt im Selbstversuch» Kraut Produktion / Rote Fabrik Zürich, Schweizer Theatertreffen 2014, © Foto: Sava Hlavacek sonsten haben wir aber natürlich Wir haben deshalb auch bewusst Wird man nächstes Jahr eine auch darauf geachtet, dass in allen darauf verzichtet, von den besten rätoromanische Aufführung Gremien, also in den Vereinsgre- Produktionen zu sprechen – das zeigen, inszeniert von einer mien wie selbstverständlich auch ist ja bekanntlich auch immer sehr Nachwuchsregisseurin? in der Jury, alle Sprachregionen re- relativ – sondern v ielmehr von den Das ist in der Tat eine Frage, der präsentativ vertreten waren. bemerkenswertesten Produktio- wir uns im Verein, der die strate- nen in dem Sinne, dass sie reprä- gische Ausrichtung gibt, stellen In der deutschen Presse sentativ sind für das Schweizer müssen und derzeit auch stellen, konnte man die Frage lesen, Theaterschaffen. Und die Dichte also die Frage, ob der Jury kla- ob es überhaupt genügend an Theatern und Theatergruppen rere Vorgaben gemacht werden Theater in der kleinen Schweiz ist in der kleinen Schweiz tatsäch- sollen und wenn ja, welche. Soll gebe für eine regelmässige, lich sehr gross, so dass wir diesbe- die Qualität oder die regionale relevante Leistungsschau … züglich sicher guten Mutes sein Ausgewogenheit im Vordergrund Es fragt sich, was man unter dürfen. stehen? Oder gilt es vielmehr, ei- Relevanz versteht. Relevanz be- ne Ausgewogenheit zwischen zieht sich ja immer auf etwas, und Darf die Jury wirklich die in den unterschiedlichen Produk- im Fall des Theatertreffens ist es ihren Augen herausragenden tionsformen herzustellen? Die nicht eine Relevanz im Hinblick Produktionen einladen, oder Auswahl der Jury für das Thea- auf einen internationalen Wett- soll sie möglichst alle Landes- tertreffen 2014 fiel ja tatsächlich bewerb, sondern im Hinblick auf teile und alle Sprachregionen sehr ausgewogen aus, und es das Schweizer Theaterschaffen. berücksichtigen, das institu- wurde oft von einer «inoffiziellen Das Theatertreffen will eine Werk- tionalisierte ebenso wie das Quote» gesprochen. Tatsächlich schau des gesamtschweizerischen Freie Theater, Inszenierungen war die Vorgabe an die Jury so, Theaterschaffens präsentieren, von etablierten Theaterma- dass sie grundsätzliche Wahlfrei- die repräsentativ sein soll für das, chern wie von Newcomern, heit hat und dass vor allem die was in den Schweizer Theatern natürlich unter Beachtung des künstlerische Qualität und nicht und von der Freien Szene im Lau- Geschlechterverhältnisses? etwa politische Anforderungen fe des Jahres pro duziert wurde. Oder noch spitzer formuliert: im Vordergrund stehen sollen, Ensemble Nr. 86 13
Carolin Conrad, Marie Rosa Tietjen, Lena Schwarz, Fritz Fenne, Michael Neuenschwander in «Amphitryon und sein Doppelgänger», Schauspielhaus Zürich 2013/14, Schweizer Theatertreffen 2014, © Foto: Matthias Horn dass sie aber doch darauf achten mal mehr Ausdruck des schwei- und die professionellen Theater- sollte, dass die unterschiedlichen zerischen Konsenses sein. schaffenden nicht von einem Jahr Sprachregionen und Produktions- auf das andere zahlreich an ein formen berücksichtigt werden. Man hat in Winterthur in Theatertreffen in Winterthur brin- Die Jury war also nicht an feste zehn Tagen bescheidene 2130 gen. So etwas braucht Zeit, und Quoten gebunden. Es war aber Eintritte verzeichnet. Wie die Zukunft wird zeigen, ob wir es doch interessant zu sehen, dass erklären Sie sich dieses zurück- schaffen, zu einem der wichtigs- diese ausgewogene Auswahl fast haltende Publikumsinteresse? ten Theaterereignisse des Jahres auf natürliche Weise so zustande Insgesamt sind wir mit der Auslas- zu werden. kam allein schon durch die Tatsa- tung zufrieden, aber dabei muss che, dass in der Jury die verschie- man klar vor Augen haben, dass Wie haben das Publikum und denen Sprachregionen vertreten das Theatertreffen stark vom be- die Theaterschaffenden die waren. Es wurde in der Jury nicht reits bestehenden Abonnenten- begleitenden Workshops, einfach knallhart abgestimmt, publikum des Theaters Winterthur Podiumsdiskussionen und sondern die Mitglieder haben profitieren konnte. Publikum da- Vorträge wahrgenommen? versucht, durch Gespräche und rüber hinaus zu gewinnen war Obwohl die Themen des Rahmen- Diskussionen einen Konsens für tatsächlich kein Leichtes, und da programms sehr vielfältig und die eine Auswahl zu finden. Das ist sind der Verein wie das Organisa- Podien sehr prominent besetzt nicht jederzeit vollständig span- tionsteam in Zukunft stark gefor- waren, waren diese zahlenmässig nungsfrei abgelaufen, aber es dert. Die Kommunikation muss leider nur spärlich besucht, insbe- war sehr eindrücklich mitzuerle- sicher noch um einiges verbes- sondere die professionellen Thea- ben, wie die Jurymitglieder über sert werden, und wir werden ver- terschaffenden konnten wir damit die kulturellen und sprachlichen schiedene Akteure und Verbände nicht erreichen. Die Reaktionen Differenzen hinweg einander verstärkt in die Kommunikation derjenigen aber, die teilgenommen sehr gut zugehört haben. Dass einbinden müssen. Aber auch haben, waren sehr positiv, und dabei eine so ausgewogene Aus- beim besten Willen und mit den auch hier hat sich gezeigt, dass wahl ohne vorgegebene Quote grössten Anstrengungen kann durchaus ein Bedürfnis für Refle- zustande kam, mag vielleicht ein- man das interessierte Publikum xionen und Diskussionen rund um 14 Ensemble Nr. 86
das Thema Theater vorhanden ist – welche Stellung hat das Theater Kathrin Lötscher in der Gesellschaft, ist das Theater geboren 1971 in Luzern, studierte an in Zukunft finanzierbar, in welcher den Universitäten Zürich und Berlin Beziehung stehen institutionali- Germanistik, Philosophie und Italie- sierte Theater zur Freien Szene, nisch. Danach nahm sie ein Studium das alles sind Fragen, die die pro- der Islamwissenschaft und Arabi- fessionellen Theaterschaffenden schen Sprache auf, das sie nach mehr- wie auch die interessierte Öffent- jährigem Studienaufenthalt in Paris lichkeit durchaus umtreiben. Aber mit dem Lizentiat Phil. I an der Univer- auch praxisnahe Themen fanden sität Bern abschloss. Berufsbegleitend durchaus Anklang, die Fachtagung erwarb sie später an der Universität © Foto: zvg «Lights on!», ein Workshop für Basel zudem den Master of Advanced Kathrin Lötscher, Beleuchtungsfachleute, war von Studies in Kulturmanagement. Sie war allen Veranstaltungen des Rah- tätig an der Diplomatischen Mission Palästinas in Bern, als menprogramms am besten be- Kommissionssekretärin beim Parlamentsdienst Basel-Stadt sowie als sucht. Wir sind derzeit daran, uns Sekretärin der Parlamentarischen Gruppe Schweiz – Naher Osten des zu überlegen, ob wir nicht durch National- und Ständerates. 2005 publizierte sie eine Studie zur frü- eine zeitliche Konzentration des hen Filmkultur in Ägypten unter dem Titel «Hollywood am Nil – Die Theatertreffens auf fünf anstatt Orientalisierung der Moderne in Ägypten». Seit 1. August 2010 ist wie bisher zehn Tage mehr Publi- sie Geschäftsführerin des Schweizerischen Bühnenverbandes. kum und insbesondere auch das Fachpublikum aus der ganzen Vergeben wurde auch ein Publi- worden, die zur gemeinsamen Schweiz anziehen können. kumspreis. Ist das Theatertreffen Weiterentwicklung des also auch ein Wettbewerb um Festivals durch die Mitwirkung Eine besondere Bedeutung die Gunst des Publikums? möglichst Vieler einlädt. Wie hat das Theatertreffen durch Mit dem Publikumspreis wollte stellen Sie sich die ideale Wei- die erstmalige Vergabe der man einerseits das Publikum aktiv terentwicklung konkret vor? Schweizer Theaterpreise mit einbinden, er war aber auch Es wird zunächst Aufgabe des erhalten. Wozu braucht eine Form, den primären Akteu- Vereins und insbesondere des Ver- es solche Preise? ren auf der Bühne, nämlich den einsvorstands sein, durch gezielte Die Preise sind einerseits eine be- Schauspielerinnen und Schauspie- Vernetzung und Kommunikation stimmte Art der Kulturförderung, lern, den Bühnenbildnern usw. das Interesse am Theatertreffen da sie ja nicht zuletzt auch mit ei- ein Forum zu bieten. Die Aussage weiter zu wecken und die aktive nem Preisgeld ausgestattet sind, von Publikumspreisträgerin Ca- Beteiligung von verschiedenen das einem Theaterschaffenden rina Braunschmidt, dass sie sich Akteuren zu erwirken. Eine gute oder einer Organisation, die sich ganz besonders freue, vom Publi- Plattform dafür ist sicherlich das um das Theater besonders verdient kum und eben nicht einfach von Rahmenprogramm, für dessen macht, zugute kommt. Durch die einer Fachjury oder von Kritikern Entwicklung wir Inputs und Initia- Öffentlichkeit der Preisverleihung ausgezeichnet zu werden, da sie tiven aus der Theaterszene beson- wird aber andererseits auch das ja in erster Linie für das Publikum ders begrüssen. Dann wollen wir Kulturschaffen, in diesem Fall das spiele, kann den Sinn eines Publi- natürlich auch die französische Theaterschaffen, in den Fokus ge- kumspreises unterstreichen. Den- und italienische Sprachregion rückt und gewürdigt. Nicht zuletzt noch wurde die Verleihung des noch weiter miteinbeziehen, und schaffen die Theaterpreise durch Publikumspreises von verschiede- wir hoffen sehr und sind zuver- den gesamtschweizerischen Cha- nen Seiten sehr stark kritisiert und sichtlich, dass wir für 2016 eines rakter eine Brücke zwischen den kam insgesamt nicht so gut an. oder mehrere Theater aus der Su- verschiedenen Theaterkulturen Wir werden uns daher überlegen, isse romande für die Organisation des Landes. In diesem Sinne ist die ob und in welcher Form wir diesen und Durchführung des Theater- Verbindung der Verleihung des in Zukunft ausrichten wollen. treffens gewinnen können. Schweizer Theaterpreises und des Schweizer Theatertreffens eine 2014 sei, so hat das die Thomas Blubacher sehr glückliche, da sie beide ähnli- Festivalleiterin Britta Rendlen che Ziele verfolgen. formuliert, eine Basis kreiert Ensemble Nr. 86 15
BÜCHER IM BLICK Lilli Palmer. Die preußische Diva die stets disziplinierte Schauspiele- rin selbst gerne bezeichnete, zeich- Bis zu ihrem Tod im Jahre 1986 Posen als Tochter eines jüdischen net Heike Specht chronologisch in residierte die Schauspielerin Lilli Arztes geborene, in Berlin aufge- sieben Kapiteln nach, eingeleitet Palmer 26 Jahre lang in ihrer Vil- wachsene Lilli Marie Peiser, wie jeweils durch spekulative «Mo- la «La Loma» hoch über dem sie bürgerlich hiess, verlor 1933 mentaufnahmen», die Einblicke in sankt-gallischen Goldingen, wo ihr Engagement am Landesthe- Palmers Innenleben geben sollen. sie 1979 auch das Schweizer Bür- ater Darmstadt und musste aus Wohl hat Specht Gespräche mit gerrecht erhielt. Längst wurde Deutschland fliehen, tingelte mit einigen Zeitzeugen wie Lilli Pal- das Domizil abgerissen, und auch ihrer Schwester unter dem Künst- mers Sohn Carey Harrison führen «die preussische Diva», deren lernamen «Les Sœurs Viennoises» können, ein schriftlicher Nachlass Autobiografie «Dicki Lilli – gutes durch Pariser Nachtclubs, drehte scheint aber nicht zu existieren Kind» in mehrere Sprachen über- rund zwei Dutzend Filme in Gross- oder war ihr nicht zugänglich. So setzt wurde und sich sagenhafte britannien, heiratete 1943 den muss sie statt aus Briefen oder Ta- 1,5 Millionen mal verkaufte, ist Schauspieler Rex Harrison und gebüchern immer wieder aus den beinahe in Vergessenheit gera- ging mit ihm nach Hollywood, Memoiren Palmers zitieren, die sie ten. 2012 degradierte die «Süd- wo sie unter anderem mit Ga- aber in vielen Einzelheiten zu kor- ostschweiz» in einem Bericht ry Cooper, John Garfield und ih- rigieren und ergänzen weiss, und über einen illegalen Neubau auf rem Mann vor der Kamera stand. aus Illustrierten wie der «Frau im dem Goldinger Grundstück die 1954 kehrte sie nach Deutschland Spiegel» und dem «Neuen Blatt». Palmer gar zum «Filmsternchen». zurück, um die Rolle der Iduna im Zumindest aus Schweizer Sicht ist Anlässlich des 100. Geburtsta- Film «Feuerwerk» zu überneh- es bedauerlich, dass Heike Specht, ges legt nun die in Zürich leben- men, drehte dann Streifen wie die Palmers herausragender Dar- de Autorin Heike Specht die erste «Teufel in Seide», «Anastasia, die stellung der Iduna im Film «Feu- kritische Biografie der einst so ge- letzte Zarentochter» und «Mäd- erwerk» (selbst der grosse Gustaf feierten Schauspielerin, Malerin chen in Uniform» und gehör- Gründgens war, als er sie d arin und Autorin vor. te rasch zu den höchstbezahlten gesehen hatte, so «besoffen vor Die 1914 in der damaligen preus Stars des bundesdeutschen Nach- Glück», dass er die Kollegin brief- sischen Provinzhauptstadt kriegsfilms. Daneben arbeitete sie lich um ein Autogramm bat) gleich weiterhin im Ausland, drehte un- ein Dutzend Seiten widmet, nicht ter anderem in Frankreich, in den erwähnt, dass der Film auf dem USA, England, Italien und Spanien «Schwarzen Hecht» basiert und mit Partnern wie Gérard Philippe, auch den Namen Paul Burkhard Clark Gable, Fred Astaire, Jean verschweigt, der das von Palmer Gabin, Orson Welles, Gregory gesungene Chanson «O mein Pa- Peck, Laurence Olivier, Maximili- pa» komponierte. Dennoch: Hei- an Schell – und dem Argentinier ke Specht hat nicht nur eine längst Carlos Thompson, der ihr zwei- überfällige, lebendig erzählte und ter Ehemann wurde. Sie spielte durchaus kritische Biografie der Theater am Broadway und in Künstlerin vorgelegt, sondern da- London, war im Fernsehen prä- bei zugleich – und nicht zuletzt sent, sei es in der US-Serie «Lo- – die Zeitgeschichte beleuchtet. ve Boat» oder in der ihr auf Lesenswert! den Leib geschriebenen deut- Thomas Blubacher schen Reihe «Eine Frau bleibt eine Frau», machte daneben eine zweite Karriere als Ro- manautorin und eine dritte Heike Specht: als Malerin. «Lilli Palmer. Die preußische Dieses von Umbrüchen ge- Diva. Die Biographie» prägte Leben der «preussi- Aufbau Verlag, Berlin 2014, schen Ameise», als die sich 423 Seiten, ca. CHF 32. 90 / € 22.99 16 Ensemble Nr. 86
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