SCHWERPUNKT BIOGEMÜSE - bei Gemüselust
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1 2020 27. JAHRGANG DAS FACHMAGAZIN FÜR GEMÜSEBAU IN ÖSTERREICH SCHWERPUNKT BIOGEMÜSE NEUER BGV PRÄSIDENT MOLYBDÄN DÜNGUNG WWW.BGVOE.AT INVASIVE WANZEN Österreichische Post AG · GZ 18Z041463 M · GEMÜSEBAUPRAXIS – EFERDINGER GEMÜSELUST, A-4600 WELS, RENNBAHNSTRASSE 15 1924420_GBP_01-2020.indd 1 06.02.20 13:34
INHALT DAS MUSS GESAGT WERDEN Bio-Gemüsebau – 3 BGV-Generalversammlung Der BundesGemüsebauVerband Österreichs hat einen neu gewählten Präsidenten und einen neuen Vorstand Überzeugung oder Chance? Was prasseln da gerade der Anteil der Verbraucher, nicht alles an Forderungen die Bio-Produkte kaufen, nach auf die Landwirtschaft und einer aktuellen Studie des 9 Bio for Future? Elke Hormes, Alsbach-Hähnlein, Deutschland den Gemüsebau herunter? Marktforschungsinstituts Der Gemüsebau steht im Spannungs- Klimaschutz, Umweltschutz, MindTake Research sogar bei feld zwischen Klima- und Umwelt- Reduzierung der Düngung 88 % liegen. Allerdings greifen schutz. Bio boomt, aber bietet der und vorwiegend im Anbau nur 21 % der österreichischen Bioanbau auch eine ökonomisch unter Glas die Reduktion Bürger sehr häufig zu Bio- langfristige Lösung für die Zukunft des CO2-Ausstoßes, und das Lebensmitteln. der Betriebe? ist sicher noch nicht alles. Seitens der Produktion Den sukzessiven Rückgang betrachtet, stellen täglich über an Pflanzenschutzmittel- alle Segmente in Deutschland wirkstoffen müssen und in Österreich jeweils fünf 14 Molybdän – ein wichtiges Gemüseproduzenten schon landwirtschaftliche Betriebe Spurenelement länger hinnehmen. Gleichzeitig wird es in auf Bio-Produktion um. Inzwischen Zink, Mangan, Bor, Kupfer, Eisen und einem globalen Markt mit vielen auslän- wirtschaften in Deutschland 40.000 Molybdän gehören bei einer ausgewo- dischen Anbietern immer schwieriger, Betriebe (9,4 % der Gesamtfläche) und in genen Düngung stets berücksichtigt. wenigstens kostendeckende Preise für die Österreich 24.400 Betriebe (22 % der Die Wechselwirkung von Molybdän erzeugten Lebensmittel zu erzielen. Gesamtfläche) ökologisch. Ungefähr wird in diesem Fachartikel von DI Im Rahmen dieses Szenarios erstaunt es 14.440 ha Öko-Gemüsebau wurden 2018 Raimund Popp beleuchtet. nicht, dass die Veranstalter des Pfälzer in Deutschland verzeichnet. In Österreich Gemüsebautags in Mutterstadt die umfasst der Öko-Gemüsebau etwa 38. Auflage unter den Titel „Bio for 3.000 ha (2017). Alle diese Betriebsleiter future?“ gestellt haben. Der Name wurde wählen das deutlich aufwändigere Ver- gewählt in Anlehnung an die Klima- fahren, bei dem alles passen muss, wenn 21 Invasive Wanzen Nach dem intensiven „Wanzenjahr 2019“ – insbesondere durch die Demonstrationen von Schülern „Fridays for future“ – begründet durch die junge schwedische Aktivistin Greta Thunberg, zum Beispiel im Pflanzenbau nur eine geringe Zahl an Pflanzenschutzmittel- Wirkstoffen zur Verfügung steht und der Marmorierte Baumwanze – ein weil auch deutsche Landwirte im Herbst Kultivateur auf Beobachtung und recht- spannender und aktueller Beitrag. 2019 auf die Straße gingen und ihren zeitige Anwendung von Maßnahmen Unmut über die fehlende Wertschätzung angewiesen ist. Die Gemüse-Erträge im und Diskriminierung des Berufsstands Freiland haben sich interessanterweise sowie immer stärkere Restriktionen „gemausert“ und liegen nicht mehr allzu 24 Krankheiten an Radieschen In dieser Ausgabe beschreibt Herr Dr. Gerhard Bedlan verschiedene Pilze und äußerten. Ist es die logische Folgerung, aktuell den Bio-Anbau als Chance zu nutzen und zu weit von den konventionell erreichbaren entfernt, wie in Mutterstadt zu erfahren war, … wenn beim Anbau alles stimmt … Bakterien, welche häufig bei Radies- versuchen, einen monetären Mehrwert Ist Bio also die Lösung für die Zukunft? chen in geschützter Kultur auftreten. für die noch aufwendiger als im konventi- Fest steht, jeder muss die Entscheidung onellen Anbau erzeugten frischen Lebens- auf Umstellung selbst treffen. Die Fach- mittel zu generieren? Bleibt die Bio-Pro- leute raten ab, dies ohne vorherige Verab- duktion mehr als das Anbauverfahren der redung mit einem versierten Markt 27 Impressum, Termine, Veranstaltungen Zukunft? Bietet sich hier ein Strohhalm, der ergriffen wird, um im globalen Wett- bewerb die Beine auf dem Boden zu partner zu tun. Darüber hinaus braucht es den Verbraucher, der gewillt sein muss, für Bio-Gemüse zum Teil erheblich mehr behalten? „Bio for future?“, offenbart das zu bezahlen, als es für konventionell Fragezeichen eine gewisse Ratlosigkeit? erzeugte frische Lebensmittel notwendig Viele Fragen sind offen und Fachleute ist, und vor dem Ladenregal nicht „zu gaben Antworten, die im Beitrag auf den kneifen“. Erfahrungen im Bio-Anbau Seiten von 9 bis 13 dieser Ausgabe der liegen vor, die Fragen der Kultur an sich Gemüsebaupraxis nachzulesen sind. sind geklärt. Aber im Zuge des fortschrei- Umstellen auf Bio-Kultur, macht das tenden Klimawandels und moderner Sinn? Wenn auch die Deutschen mit Techniken braucht es auch bei der biolo- jährlichen Ausgaben für Öko-Nahrungs- gischen Bewirtschaftung weitere For- mittel von 120 Euro pro Person hinter schung. Produzenten, die den Bio-Weg schweizerischen Bürgern (298 Euro), einschlagen möchten, brauchen Unter- Foto: Hamedinger Dänen (278 Euro), Schweden (237 Euro) stützung und Förderung. und Österreichern (196 Euro) hinten Die Gemüseanbauer in der Vorderpfalz liegen, wie Dr. Karls Kempkens darlegte, gelten, was die Vielfalt der kultivierten so wächst nach Aussage von Dr. Hans- Arten, die Größe des Gebiets und der Christoph Behr der Markt für Bio- Betriebe angeht, manchem als Trendset- ZUM TITELBILD: Im Bio-Trend: Mulch-Einstreu mit Heu und Silage. Produkte weiter, jedoch auch mit einem ter. Man darf gespannt sein, wie sich der Artikel dazu siehe Seiten 7 und 8 hohen Importanteil. Immerhin kaufen biologische Gemüsebau in der frühesten nach AMI 41 % der deutschen Verbrau- deutschen Region entwickeln wird! cher Bio-Lebensmittel. In Österreich soll Elke Hormes 2 GEMÜSEBAUPRAXIS 1924420_GBP_01-2020.indd 2 06.02.20 13:34
AUS DEM VERBAND Delegiertenversammlung v.l.n.r.: Hamedinger (OÖ), Unmann, Müssigang, Lechner (Tirol), Mayr (OÖ), Almesberger (Bgld.), Kraxberger, Kitzmüller (OÖ), GF Gantar und Präsident Blatt (BGVÖ), Auer, Keferböck, Gasselich, Mechtler, Bauer, Blatt (NÖ), Hackl (Stmk.), Zachalmel, Kriegl, Felber, Sulzmann (NÖ) Foto: Hamedinger Bericht von der Generalversammlung des BGVÖ – neuer Präsident Thomas Blatt präsentiert sich mit neu gewähltem Vorstand Der BGVÖ bedankt sich bei LKR Fritz an Gemüse auf. Dem liegen insbesondere eine große Verantwortung. Mel- Rauer für seine jahrelange Tätigkeit die starken Zuwächse im geschützten dungen und Daten müssen sinn- als Präsident des BGV und seinen Anbau zugrunde. Neben den steigenden voll und vergleichbar sein und Einsatz für den österreichischen Flächen sind zunehmend weniger Betriebe womöglich mit einem Kostener- Gemüsebau – DANKE lieber Fritz! im Gemüsebau und damit auch in den satz verbunden sein. Verbänden zu verzeichnen. 2018 war von intensiven Gesprächen Am 10. Dezember 2019 fand in der von Präs. Rauer mit politischen Landwirtschaftskammer Österreich die 2016 Roundtabel gemeinsam mit Obst- Vertretern zur Situation von Generalversammlung des Bundesgemü- und Weinbau zum zunehmenden Arbeitskräften gekennzeichnet. sebauverbandes mit Wahlen des neuen Druck in der Verfügbarkeit von Klausur des Vorstandes und Präsidenten und des neuen Vorstandes Arbeitskräften zusätzlicher Delegierter des BGV statt. Zur Generalversammlung werden 2017 Eintritt des BGV in den Österrei- in Eferding, OÖ zur Strukturie- Delegierte der entsprechenden Anzahl chischen Branchenverband für rung von Arbeitsthemen des BGV zur Gesamtfläche des Gemüsebaus aus Obst und Gemüse: Der ÖBOG und zur Übergabe der Geschäfts- den Bundesländern entsendet. Teilge- wird mit dem Ziel der Zusam- führung von Stefan Hamedinger nommen haben 19 Delegierte aus den menarbeit entlang der Wert- an Mag. Eva Gantar. Mitgliedsbundesländern Niederöster- schöpfungskette eingerichtet. 2019 werden die politischen Aktivitäten reich, Steiermark, Oberösterreich, Tirol Mag. Eva Gantar berichtet zu den von Präs. Fritz Rauer zur Arbeits- und Burgenland. Zielen, dem Jahresprogramm des kräftesituation auf vielen Ebenen ÖBOG, der Arbeitsweise auf Basis fortgesetzt und intensiviert. Mit Berichtsjahre 2015 bis 2019 der branchenrelevanten Themen Anhebung des Kontingentes um Die Generalversammlung bietet eine Gele- und verweist auf die vielen Über- 4,5% und dem Wechsel zur genheit, über die relativen Entwicklungen schneidungen und den Mehrwert Durchschnittsbetrachtung kön- (Flächen, Gesamtmengen, spezifischer dieser Synergie für den BGV. Kas- nen kleine Erleichterungen in der Ertrag pro Fläche) zu diskutieren. Insbe- sier Thomas Blatt sieht insbeson- angespannten Situation verzeich- sondere der Feldgemüsebau weist sinken- dere in den Themen der Markt- net werden. Blatt ergänzt, dass der de spezifische Erträge bei insgesamt stetig transparenz und damit einherge- Gemüsebau als wichtiger Arbeit- steigenden Flächen und Gesamtmengen henden Meldeverpflichtungen geber wahrgenommen werden GEMÜSEBAUPRAXIS 3 1924420_GBP_01-2020.indd 3 06.02.20 13:34
AUS DEM VERBAND muss. Neben Arbeitskräften ist Wahl des Präsidenten und des einem Beirat je Bundesland als operative auch ein zunehmender Aufwand neuen Vorstandes Einheit reduziert. Für die fehlenden Bun- im Bereich der Aufzeichnungs- Vorheriger Präs. Fritz Rauer ist aus desländer ist je eine Beiratsfunktion für und Meldepflichten für Betriebe gesundheitlichen Gründen leider verhin- den Bedarfsfall vorgesehen. Die Arbeits- spürbar. Schwerwiegendes Thema dert. Es sei ihm auch auf diesem Weg ebene als erweiterter Vorstand soll erwei- war die mit der Erz.-Rahmenbe- sehr herzlich für die intensiven Bemü- tert mit der permanenten Vertretung dingungen-Verordnung in Kraft hungen um den BGV in den vergangenen aller Geschäftsführer und weiteren Bei- getretenen Meldeverpflichtung Jahren gedankt. räten lt. Flächenschlüssel der Landes- für Betriebe mit mehr als 10 Hek- organisationen erfolgen. Auch die bis- tar Produktionsfläche und die Die Zusammensetzung des neuen Vor- herige Erweiterung mit einer Vertretung damit verbundenen Aufwände standes wird auf 5 Funktionen und je des BGVÖ soll beibehalten werden. seitens meldepflichtiger Betriebe, insbesondere in NÖ und Tirol. Präsident des BGV Thomas Blatt (NÖ) Der BGV begleitet kontinuierlich Exper- 1. Stellvertreter Stefan Müßiggang (T) tengruppen und Fachthemen. Die Arbeitsleistung der LK-Mitarbeiter und 2. Stellvertreter Fritz Rauer (STMK) GF der Landesorganisation sind hier von Schriftführer Martin Rischl (BGL) zentraler Bedeutung. Auch der Bereich Kassier Ewald Mayr (OÖ) der gemüsebaulichen Bildung wird lau- fend begleitet und weiterentwickelt. Beiräte Karl Auer (NÖ), Berhard Kitzmüller (OÖ), Markus Hillebrand (STMK), Josef Posch (T), Klemens Oppitz (BGL) Fachexkursionen Stefan Hamedinger koordiniert seit vielen Jahren die jährlichen Fachexkur- Name: Thomas Blatt sionen des BGV. Beliebt und meist schon Geboren: 08.10.1961 frühzeitig ausgebucht, führten diese Betrieb: Gemüsebau in 2301 Probstdorf, Schwerpunkt Zwiebel, Spargel und Erdäpfel 2016 nach Sizilien, 2017 nach Südafrika, Leitsatz: Auf einem gemeinsamen Weg zum Ziel! Unter dem Motto – Einigkeit macht stark. 2018 nach Peru und 2019 nach Vietnam. Schwerpunkt meiner Arbeit im BGV: Gemüsebaupraxis – BGV gemeinsam formieren – Teamwork ausbauen Hamedinger und Gantar berichten über – dadurch die Bedürfnisse des österreichischen Gemüsebaus besser in der Öffentlich- die wirtschaftliche Entwicklung des vom keit vertreten BGV herausgegebenen Fachmagazins – mit der Stärke des BGV Wertigkeit von Gemüse und damit Wertschöpfung steigern zum Gemüsebau. In den letzten Jahren – die Produkthoheit und Markthoheit zurückgewinnen, um dadurch Kapital- und ist die Seitenanzahl je Auflage gestiegen. Personalhoheit zu verbessern Die Anzahl an Abonnenten hat nicht zuletzt durch die sinkenden Betriebe in Österreich abgenommen. Im Bereich der Redaktionsleitung wurde 2019 die Ver- Ausblick auf den Gemüsebau in Organisatorisch soll der Austausch zwi- einbarung mit Franz Gaubitzer gelöst. Österreich durch den neuen schen den Landesorganisationen intensi- Hamedinger konnte Frau Elke Hormes Präsidenten Thomas Blatt viert und die Arbeitsebene als offene Platt- (ehem. Dt. Gemüsebau) als freie Autorin Präs. Thomas Blatt setzt sich für eine form über den Vorstand hinaus kommu- für die Gemüsebaupraxis gewinnen. Die Intensivierung des bundesländerüber- nikativ und zukunftsorientiert handeln. Generalversammlung ist sich darüber greifenden Denkens zur gemeinsamen Daneben soll eine jährliche Mitgliederver- einig, dass das Magazin jedenfalls erhal- Zielerreichung ein. Gemüseproduktion sammlung, gleichzeitig mit der 2020 wie- ten bleiben soll und die Qualität ein muss Wertschöpfung für die Produzenten der stattfindenden Bundes-Gemüsebauta- wichtiger Faktor ist. Herzlichen Dank an bieten und Wertschätzung beim Konsu- gung, einen Rahmen zur Abstimmung Stefan Hamedinger, der die Verantwort- menten erfahren! und zum Ideenaustausch bieten. lichkeit noch einmal verlängert! Wichtiger Schwerpunkt der Arbeiten Der BGV soll zukünftig die meinungsbil- 2020 sind neben dem GAP 2020-Prozess Änderung der Statuten dende Plattform des österreichischen auch die Überarbeitung der Sachgerech- Die Statuten erfahren neben einer Moder- Gemüsebaus darstellen, als Mediator zwi- ten Düngung und das Thema der nisierung unter anderem auch eine Ände- schen den gemüsebaulichen Teilsektoren Arbeitskräfte, zu dem die Betonung auf rung des Flächenschlüssels zur Berech- agieren und sich um die Entwicklung der Bedarfsorientierung in den Vorder- nung von Delegierten und Mitgliedsbei- von österreichweit abgestimmten Mei- grund gerückt werden muss. trag und soll zukünftig einen erleichterten nungen bemühen. Ehrlichkeit sieht er als Einstieg für Bundesländer mit geringen Basis einer gelungenen Zusammenarbeit Vorankündigung: Gemüsebautagung 2020, gemüsebaulichen Flächen ermöglichen. in der Zukunft. 19.–20. November 2020, Tirol 4 GEMÜSEBAUPRAXIS 1924420_GBP_01-2020.indd 4 06.02.20 13:34
DATEN UND FAKTEN Gute Erntemengen wurden bei Hülsen- früchten, Wurzel-und Zwiebelgemüse, erzielt. Die gesamte Erntemenge von 310.400 Tonnen lag 2019 mit 11% deut- lich über den Ergebnissen des Vorjahres. Auf Zwiebeln entfällt fast ein Viertel der Gemüseproduktion, infolge von Trocken- heit und Schädlingen blieb die Ernte im Vorjahr mit 141.600 Tonnen aber auf niedrigem Niveau. Flächenbedingt waren die Mengen allerdings höher als 2018. Die Anbaufläche bei Zeller ging zurück, Foto: Hamedinger die Erntemenge wurde mit 11.800 Ton- nen ermittelt, bei Grünerbsen mit 9.800 Gemüsebau ist ein wichtiger Tonnen und bei Kren mit 3.900 Tonnen. Für diese Gemüseart wurden stark rück- Produktionszweig läufige Anbauflächen registriert. Bei Knoblauch war die Ernte mit 1.200 Ton- nen um 8% höher als 2018. Die Gemüse- Im Jahre 2018 erwirtschaftete der Einlegegurken, die hauptsächlich in anbaufläche ist insgesamt mit 17.600 Gemüsebau in Österreich einen Pro- Oberösterreich kultiviert werden. Bei Hektar leicht rückläufig. Hinsichtlich der duktionswert von rund 690 Millio- Salatgurken war die Ernte auf Grund Selbstversorgung ist festzustellen, dass nen Euro, was die Bedeutung dieses ungünstiger Witterungsverhältnisse mit der Verzehr von Gemüse pro Kopf und landwirtschaftlichen Erwerbszweiges 34.100 Tonnen im Jahr 2019 um 3% Jahr mit rund 115 kg nur bei Zwiebeln innerhalb der pflanzlichen Erzeugung geringer als 2018. Rückläufig waren auch und weitgehend bei Karotten gedeckt mit einer Wertschöpfung von insge- die Erträge bei Zuckermais mit 12.800 werden kann. Hohe Selbstversorgung ist samt 3.520 Millionen Euro doku- Tonnen, bei Zucchini wurde das hohe noch bei Kraut und Häuptelsalat gege- mentiert. Im neuen Regierungspro- Ertragsniveau von 2018 mit 7.100 ben. Die Ernährungsbilanzen zeigen gramm wurde unter anderem auch Tonnen gehalten. Importbedarf bei Gurken bzw. Paprika festgelegt, der Qualitätserzeugung mit einer Selbstversorgung von nur 64 Vorrang einzuräumen, Vermarktungs- Steigende Erträge bei Kohl-, bzw. 32%. strukturen zu stärken und die Grün- Blatt- und Stängelgemüse Prof. Gerhard Poschacher dung von Branchenverbänden zu Nach Analysen der Statistik unterstützen. Für den Gemüsebau Austria erbrachten die Ernte- ist auch das Vorhaben von Bedeu- mengen bei Kohl-, Blatt- und tung, steuerliche Risikoausgleichs- Stängelgemüse nach stark maßnahmen zur besseren Absiche- unterdurchschnittlichen rung der Landwirte gegen Preis- und Erträgen mit 140.000 Tonnen Ertragsschwankungen einzuführen. ein um 16% besseres Ergeb- Die Besteuerung landwirtschaftli- nis als 2018. Bei Salat, der cher Einkommen soll daher nicht über ein Drittel in dieser Pro- mehr jahresweise, sondern über duktionsgruppe ausmacht, einen mehrjährigen Durchrechnungs- wurden 46.800 Tonnen zeitraum erfolgen. Damit könnten geerntet, womit der Fünfjah- schlechte Erntejahre steuerlich bes- resdurchschnitt um 6% über- ser ausgeglichen werden. troffen wurde. Bei Kraut stie- gen die Erntemengen eben- Im Jahre 2019 betrug gemäß Statistik falls und machten 36.300 Austria die Gesamternte an Feld- und Tonnen aus, was aber erheb- Gartenbaugemüse 611.500 Tonnen und lich unter dem Fünfjahres- war um 9% höher als ein Jahr zuvor. Die mittel lag. Bei Chinakohl Fruchtgemüseernte machte 161.100 Ton- wurden 18.400 Tonnen nen aus und blieb bei weiterhin steigen- geerntet, die Mengen bei Spi- dem Flächentrend gegenüber dem Vor- nat mit 14.500 Tonnen waren jahresergebnis stabil. Bei Tomaten stag- im Vorjahr um 12% höher als nierten die Erträge mit 58.300 Tonnen 2018. Trotz Trockenheit fiel auf dem Vorjahresniveau, ebenfalls bei die Ernte bei Spargel mit Gurken mit einer Produktion von 45.300 3.300 Tonnen im Vorjahr um Tonnen. Über ein Fünftel davon waren 8% höher aus als 2018. GEMÜSEBAUPRAXIS 5 1924420_GBP_01-2020.indd 5 06.02.20 13:34
DÜNGUNG Vortragstagung Gemüsebau, LVG Heidelberg Silage als Mulch im Gemüsebau unter Glas Über Silage als Mulchmaterial informierte der Fachreferent der traditionellen Vortragstagung an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Heidelberg. Dieser Gurkenbestand zur Zeit Anfang Mai wurde Im mit Silage gemulchten Gurkenbestand ist im Juni Silagereste am Ende einer Tomatenkultur in Kalender- einen Monat vorher in zuvor ausgebrachten Silage- nicht mehr viel vom Mulchmaterial zu sehen. woche 47. Foto: Matthias Braig mulch im Gewächshaus gepflanzt. Foto: Matthias Braig Foto: Matthias Braig In der ökologischen Bewirtschaftungs- Trend zum offenen und teiloffenen Boden, oder Auberginen werden recht große Men- weise legt man das Augenmerk auf die der nur mit natürlichen Materialien statt gen an Silage ausgebracht, um den Boden Bodenpflege, die Förderung organischen mit Bändchengewebe bedeckt wird, spricht 10 bis 15 cm hoch zu bedecken. Zwei Bodenlebens und den Ersatz von Kunst- ebenso für das Mulchen mit Silage. Arbeitskräfte brauchen circa 1,5 Stunden düngern. Wie diese Eigenschaften durch Der Bio-Betrieb Hoch-Reinhard in Fisch- für die Ausbringung eines Ballens. Wichtig das Mulchen mit Silage erreicht werden, lingen ist das Beispiel, an dem Braig schil- zu wissen: Zu früh im Jahr im Folienhaus darüber wurde auf der Tagung „Unkraut derte, was es beim Mulchen mit Silage zu ausgebracht, kann eine Silageschicht vergeht nicht…“ in Heidelberg infor- beachten gibt. Wichtig für Öko-Produzen- bewirken, dass Kälte im Boden konserviert miert. ten ist es, in einem organischen Kreislauf wird, und die Kulturpflanzen nicht wach- an den Stickstoff (N) zu kommen, so auch sen! Bei Gurken wird schon vor dem Start Gurken komplett mit Silage bei Silage vom Fahrsilo oder aus circa 500 Silage verteilt und dann in die Bodenbede- ernähren? bis 600 kg schweren Großballen. Ballensi- ckung hineingepflanzt. Bei Tomaten bringt Jeder kennt die weiß eingepackten Groß- lage ist einfacher zu handhaben. Im folier- man Silage meist drei bis fünf Wochen ballen mit fermentiertem Pflanzenmaterial ten Ballen wird Silage – Kleegras, Wickrog- nach der Pflanzung aus. Die Maßnahme auf dem Feld. Aber bringt man sie auch gen oder andere Arten – vorfermentiert. ist dann selbstverständlich aufwendiger. mit dem Anbau von Auberginen, Gurken Für den Einsatz im Gewächshaus soll sie Für die Organik, wie Matthias Braig sagt, oder Tomaten im Gewächshaus in Verbin- relativ trocken sein, circa >30% TS, sie ist es entscheidend, dass etwa zwei Drittel dung? Eher nicht! Wie Matthias Braig, darf nicht stinken, sollte eher duften. Da der Bewässerungsmenge unten an den Fuß Beratungsdienst Ökologischer Gemüsebau Ausgasungen des silierten Pflanzenmateri- der Kulturpflanze verabreicht wird. Ist sie e.V., Zell, sagte, eignet sich Silage sehr gut als zu Blattverbrennungen bei den Kultur- feucht genug, zersetzt sich Silage am als Mulchmaterial am Fuß von Warmhaus- pflanzen führen können, empfiehlt es sich, Boden sehr gut. Das Bodenleben kommt Gemüsepflanzen. Silage wirkt Unkraut Silage mit dem Ballenhäcksler zu zerklei- in Gang, Regenwürmer und Myzelien tra- unterdrückend, trägt zur Verbesserung des nern, zu lockern und vor dem Haus eine gen zu einem organischen Prozess bei, die Feuchtigkeitshaushalts des Bodens bei und Zeit lang ausgasen zu lassen und dann mit Bodenstruktur verbessert sich und es wer- kann Handelsdünger ersetzen. Silage Handwagen oder Schubkarren ins den Nährstoffe aus der Mineralisierung bekommt als Dünger häufig den Vorzug Gewächshaus zu bringen. In einem Strei- freigesetzt. Bereits in den ersten beiden vor Vinasse, in der schon einmal Herbizid- fen unter der Pflanzreihe, beispielsweise Wochen sinkt die Silage merklich zusam- rückstände enthalten sein können. Der von Schlangen-, Minigurken, Tomaten men, im Juni/Juli sieht man sie schon fast 6 GEMÜSEBAUPRAXIS 1924420_GBP_01-2020.indd 6 06.02.20 13:34
DÜNGUNG nicht mehr. Wie Braig informierte, konn- Ein weiterer Tipp galt der biologischen ten Mini-Gurken komplett durch Silage Bekämpfung von Asseln, die in organi- ernährt werden. schem Mulch verstärkt vorkommen kön- Bei Tomaten wurde als Grunddüngung nen. Man kann die Nematode Steinerne- 200 kg N/ha in Form von Schafwolle ma carpocapsae in Köderboxen ins gegeben und dann Silage ausgebracht. Gewächshaus stellen, was jedoch nicht Über zwei Jahre begleitende Nmin-Unter- immer von Erfolg gekrönt war. Sinnvoller suchungen zeigten, dass in der KW 14 war es, hohe Bügel zu verwenden, damit Stickstoff-Spitzenwerte im Boden erreicht die Kulturpflanzen aus der feuchten wurden. Daraus wurde abgeleitet, im Bodenzone herauskommen. nächsten Jahr die Grunddüngung auszu- setzen und eventuell auf die Grunddün- So „produziert“ man selbst Silage gung ganz zu verzichten. In einer Kreislaufwirtschaft an den Stick- Gurken und Paprika mögen das feuchte stoff herankommen, ist ein selbstgestelltes Klima, das in der Silage entsteht. Eine zu Ziel ökologisch produzierender Erzeuger. geringe Unterberegnung beziehungsweise Deshalb ging Matthias Braig darauf ein, zu trockene Silage birgt das Risiko der wie ein Betrieb Silage selbst „herstellen“ Entstehung von Schimmelpilzen wie kann. Wie viel Silage von einem Feld Wie Matthias Braig informierte, konnten Minigurken- Aspergillus-, Penicillium- oder Cladospo- geerntet werden kann, ist abhängig vom Bestände durch Mulchen mit Silage ohne weitere Nährstoffgabe ernährt werden. Foto: Hormes rium-Arten, die für den Menschen Bestand und von der Schnitthäufigkeit. gefährlich werden können. Dann muss Pro Schnitt kommen etwa 10 bis 15 t Sila- beim Ernten und bei der Kulturpflege ge zusammen. Bei drei Schnitten im Jahr 10% des N-Gehalts der Frischmasse. So Mundschutz getragen werden. Auf jeden sind das zusammen rund 35 t. Dies wiede- enthält ein Ballen vorfermentiertes Klee- Fall ist deshalb für eine ausreichende rum entspricht circa 50 bis 70 Ballen, gras circa 5 kg N, was im N-Düngegehalt Bewässerung zu sorgen. Manche Betriebe wobei ungefähr 600 kg Frischmasse in 36 kg Hornspänen gleichkommt. verlegen Tropfschläuche in der Pflanzrei- einem Ballen foliert werden. Die Stick- Elke Hormes, he unter der Silage. stoffmenge in einem Ballen beträgt etwa Alsbach-Hähnlein/Deutschland Bejo-Sorten erhalten Sie bei unserem Partner Austrosaat. www.austrosaat.at Gemüsesaatgut von Bejo Möhren Natuna F1 Rote Rüben Palau F1 Auffallend glatte, zylindrische bis leicht Resistente rote Bete gegen Rhizomania (IR: BNYVV). konische Möhren. Attraktives Produktbild. Schöne runde Rüben mit Eignung für den Frischmarkt. Robust und hohe Feldgesundheit. Nicht für Hat eine wunderschöne tiefrote Innenfarbe. Frühsaaten geeignet. Besuchen Sie unsere Webseite, um das gesamte Sortiment von Bejo kennenzulernen. Bejo Zaden B.V. Trambaan 1, 1749 CZ Warmenhuizen, NL T +31 226 396162 E info@bejo.com Möhren+Rote Rüben_GBP-AT_1-2020.indd 1 20.01.2020 10:42:21 GEMÜSEBAUPRAXIS 7 1924420_GBP_01-2020.indd 7 06.02.20 13:34
FIRMENMITTEILUNG Ertragreiche Kombination Angefangen hat alles in den 1960er Jahren mit dem Anbau von Kartoffeln ohne Chemie. Heute ist der Familienbetrieb Bursch aus Bornheim-Waldorf in Deutschland ein beeindru- ckender Biohof, der von Heinz Bursch in vierter Generation geführt wird. Erzeugt wird Obst und Gemüse in bester Demeter-Qualität. Seit rund vier Jahren ist das Multikraft- System erfolgreicher Bestandteil im Gemüsebau. Über sechzig Sorten Obst und Gemüse gedeihen auf einer Fläche von rund 44 Hektar Freiland und 7000 m² Folientun- nel. Zum variantenreichen Sortiment gehören Bornheimer Spargel, Tomaten, Gurken, verschiedenste Kohlsorten, Fruchtbare Böden, gesunde Pflanzen Kräuter, Salate, Erdbeeren und vieles mehr. Sämtliche Jungpflanzen werden zur Stärkung und besseren Wurzelbildung gleich mit einem EM-Cocktail aus BB Boden, Anbau und Vermarktung erfolgen nach Demeter-Richtlinien. Terrafert Boden (oder alternativ mit dem neuen Produkt BB Der biologisch-dynamische Landbau beinhaltet die stetige Start) und EM Keramikpulver angegossen. Anschließend Verbesserung des Bodens und die konsequente Pflanzen- erfolgt die regelmäßige Blattbehandlung mit den Komponen- stärkung. Darüber hinaus spielt die Präparatepraxis mit ten BB Blatt, Terrafert Blatt und Schachtelhalm Extrakt Kon- Mineralien, Heilkräutern und Dung eine große Rolle. Das zentrat. Prinzip dabei: die Pflanzen stärken, die Fruchtbarkeit der Böden erhöhen und gesunde Lebensmittel von hoher Quali- Aufgrund der positiven Erfahrungen mit dem Multikraft-Sys- tät erzeugen. Da passt das Multikraft-System bestens dazu. tem setzt der Biobetrieb Bursch weitere Schritte, wie Orhan Güven erzählt: „Nach dem Abernten von Kohlgemüse Höhere Erträge besprühen wir das verbleibende Kohllaub mit BB Boden „Mit dem Multikraft-System sehen wir sehr schöne Erfolge“, und arbeiten es in den Boden ein. Der Arbeitsaufwand lohnt berichtet Orhan Güven, der seit über 25 Jahren am Biohof sich, denn mit jeder Anwendung bringe ich immer mehr Bursch arbeitet und seit 2018 den landwirtschaftlichen Humus in den Boden ein und sorge für gute Bodenfrucht- Bereich leitet. Multikraft-Experte Günther Soukup begleitet barkeit.“ den Betrieb, der die EM-Technologie zum Beispiel bei Gur- ken, Tomaten, Paprika und Salaten anwendet. Sehr gute Qualität und Nachfrage Das Multikraft-System lässt sich ideal mit dem Anbau nach Orhan Güven: „Die Pflanzen wachsen stabil und gesund. Demeter-Richtlinien kombinieren. Die Gemüsepflanzen Wir ernten rund 600.000 Stück Feldsalate pro Jahr. Es sind wachsen kräftig und gesund heran - völlig ohne Chemie. kaum gelbe Blätter zu sehen, Mehltau und andere Pilzer- Aufgrund ihrer hohen Qualität und ihres natürlichen intensi- krankungen treten kaum auf. Das Multikraft-System funktio- ven Geschmacks sind die Produkte vom Biohof Bursch sehr niert perfekt. Nach vier Jahren der regelmäßigen Anwen- beliebt. Sie werden auf siebzehn eigenen Marktständen in dung stellen wir fest, dass sich die Erträge steigern.“ den Regionen Bonn, Köln, Leverkusen und Bergisch-Glad- bach vertrieben. Viele private Kunden kaufen hier ebenso ein wie gewerbliche Kunden, von Kindergärten und Schulen bis zu Einzelhändlern und Gastronomen. Gemüsebau Was 1968 als kleiner Hofladen begann ist heute ein beein- druckender Laden auf einer Fläche von 600 m² mit den mit Effektiven Mikroorganismen hofeigenen Bio-Produkten und einem umfangreichen Natur- Durch die Anwendung von Effektiven Mikroorganismen wird der gesamte Kreislauf kostsortiment im Angebot. Ein gemütliches Café lädt zum (Bodenfruchtbarkeit – Wachstum – Abwehrkraft) der Pflanze auf natürliche Weise Verweilen unterstützt. ein. Im gern besuchten Bistro gibt es Mittagsme- Erfahren Sie mehr und lassen Sie sich beraten von nüs. Ganz klar, alles in bester Bio-Qualität. Alles frisch, saisonal und regional. Das schmeckt man. Günther Soukup – Gärtnermeister & Multikraft-Fachberater! Gesundes „Gärtnern“ für eine ökologische Zukunft! Haben Sie Fragen? Rufen Sie uns einfach an. Mehr als 20 Jahre Erfahrung im Gartenbau (Vertrieb & Das Team von Multikraft gibt gerne Auskunft. Beratung) und langjährige Erfahrung mit Effektiven Service-Hotline 07247-50250-100. Mikroorganismen. Für Besuche vor Ort stehen Ihnen unsere Multikraft- Für Anfragen und Beratungen stehe ich Ihnen gerne Gebietsleiter sowie unser Bereichsleiter für Gartenbau unter +43 664 10 13 740 oder guenther.soukup@multikraft.at zur Verfügung. Günther Soukup (0664 101 37 40) gerne zur Verfügung. Jetzt Besuch vor Ort vereinbaren: +43 664 10 13 740 www.multikraft.com 8 GEMÜSEBAUPRAXIS 1924420_GBP_01-2020.indd 8 06.02.20 13:34
BIOGEMÜSE Abb. 1: Das Hackgerät inmitten vieler Gemüsearten Abb. 2: Dr. Günter Hoos, Leiter des DLR Rheinpfalz, Abb. 3: Eberhard Hartelt, Präsident des Bauern- und steht als Symbol für die mechanische Beikrautbe- Neustadt: „Die Gemüsebau-Branche steht am Limit. Winzerverbands RLP-Süd e.V., Mainz: „Demonstrati- kämpfung in der biologischen Gemüseproduktion Es ist nicht genug Wirtschaftlichkeit zu generieren. onen von Bauern führten zum Aufhorchen der Bevöl- und diente als denkwürdige Dekoration am Pfälzer Hier kann der Bioanbau für die Betriebe eine kerung, dass Landwirte sich nicht wertgeschätzt füh- Gemüsebautag „Bio for future?“ in Mutterstadt. Chance darstellen.“ len; jetzt müssen wir den nächsten Schritt tun und sind damit beim Bio-Anbau.“ 38. Pfälzer Gemüsebautag Meinung nach ist kein Spielraum gege- ben, um die 20 %-Reduktion der Stick- „Bio for Future?“ in Mutterstadt/Pfalz stoffdüngung zu verhindern. Eine schlag- bezogene konnte auf eine betriebsbezo- gene N-Reduzierung abgeschwächt wer- Ist der Bio-Gemüsebau eine zukunftsfähige Lösung? den. Nach den Bauernprotesten und Traktordemos im Herbst strebt das Der Gemüsebau steht in einem Spannungsfeld zwischen Klima- und Umwelt- rheinland-pfälzische Ministerium eine schutz. Die Forderungen an die Betriebe sind hoch. An den Preisen für Gemü- Binnendifferenzierung und somit eine se hat sich jedoch nichts geändert. Ist daher der ökologisch/biologische neue Gebietsausweisung an. „Wir setzen Anbau von Gemüse eine Lösung für die Zukunft? Diese Frage beleuchteten uns für Bio genauso ein wie für den kon- Referenten am Pfälzer Gemüsebautag 2019 in Mutterstadt, die über deut- ventionellen Gemüsebau“, sagte Reineck sche Grenzen hinaus richtungsweisend sind. und wies auf vielfältige Strategien mit digitaler Unterstützung sowie auf Förder- möglichkeiten hin. Die Traditionsveranstaltung des deut- Vom beabsichtigten 20 % Bio- schen Gemüsebau schlechthin, der Anteil sind wir noch weit weg Auch von Medien und Bevölke- Pfälzer Gemüsebautag, war 2019 mit Der Abteilungsleiter im Ministerium für rung Veränderungsbereitschaft dem Thema „Bio for future?“ über- Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und fordern schrieben. Ihre Meinung, ob der Öko- Weinbau, Mainz, Walter Reineck, brachte Eberhard Hartelt (Abb. 3), Präsident des Anbau nun Zukunftsfähigkeit beweist, Zahlen ins Spiel. So bewirtschaften in der Bauern- und Winzerverbands Rheinland- legten Anbauberater, Statistiker, Pfalz zurzeit 1.500 Betriebe rund 74.000 Pfalz-Süd, Mainz, meint, jetzt müsse Versuchsansteller und Wirtschafts- ha Fläche ökologisch. Das sind 9,4 % der genau hingesehen werden, wer die Verur- experten dar. Betriebe und 10 % der gesamten Anbau- sacher von Stickstoffbelastungen in fläche. 2018 stellten 58 Pfälzer Betriebe Böden und Grundwasser sind. Es seien Den biologischen Anbau betrachtet Dr. mit einer Fläche von 1.572 ha vollständig nicht nur die Landwirte. Auch mache der Günter Hoos (Abb. 2), Leiter des Dienst- auf Öko-Anbau um. Im Gemüsebau wer- Handel die Vorgaben, wie Salat oder leistungszentrums Ländlicher Raum den vor allem Möhren, Kohl, Zwiebeln, Brokkoli auszusehen hat. Mit einer redu- (DLR), Neustadt/Weinstraße, als eine Radies und Feingemüse ökologisch zierten N-Düngung seien Qualitätseinbu- Chance für die Branche Gemüsebau. Er erzeugt. Bis 2030 strebt man in der Pfalz ßen vorprogrammiert. Für Hartelt wurde wies aber auch auf eine bekannte Sache einen Anteil von 20 % Öko-Produktion mit den Demos und Mahnfeuern ein hin, dass rund 10 % Bio-Ware lange an. „Davon sind wir derzeit aber noch Traum wahr. Die Landwirte haben damit nicht immer auch über Bio-Kanäle ver- weit weg“, sagte Reineck. ein Echo in der Bevölkerung erreicht, marktet werden. Der Handel werde als dass es an Wertschätzung für sie fehlt. Transporteur der „Botschaft Bio“ Zur Düngeverordnung sagte Reineck, „Jetzt müssen wir den nächsten Schritt gebraucht und die Verbraucher müssen dass nach der gültigen Landes-Verord- tun und damit sind wir bei Bio, beim bereit sein, für Bio-Gemüse mehr Geld nung aktuell 52 % aller landwirtschaftli- Überdenken von Pflanzenschutz, Klima, auszugeben. Bei den Bio-Verbänden, so chen Flächen in sogenannten Roten Bewässerung, aber auch von Schutz der Hoos, scheint Unklarheit darüber zu Gebieten liegen. Der Gemüsebau ist mit Bauern.“ „Es ist etwas aus dem Gleichge- bestehen, was die Aufnahme größerer 86 % der Flächen davon betroffen, die wicht geraten. Wir Bauern sind der Betriebe angeht. Er meint, es sei an der Stickstoff-Düngung um 20 % herunter- Beginn der Wertschöpfungskette, wenn Zeit, hier Partner zu werden und zu der zufahren. Nach Reineck wird es bei dieser man die Produktion betrachtet. Wir sind Wertschöpfung beizutragen, die Erzeu- Ausweisung der Roten Gebiete bleiben, aber das Ende dieser Kette, wenn man die ger brauchen. bis neue Erkenntnisse vorliegen. Seiner Wertschöpfung an sich betrachtet“, GEMÜSEBAUPRAXIS 9 1924420_GBP_01-2020.indd 9 06.02.20 13:34
BIOGEMÜSE Abb. 4: Franz Löffler, Verein Ehemaliger Gartenbau- Abb. 5: Karl Kempkens gab den Rat: „Stellen Sie Abb. 6: Dr. Hans-Christoph Behr, AMI, Bonn: „Es gibt schüler, Neustadt: „Über Bio-Gemüse reden alle, nie ohne Marktpartner auf Bioanbau um; Bioland keine Revolutionen, bei einer guten wirtschaftlichen doch beim Einkauf hapert es aufgrund der für die und Lidl ist eine neue Marktpartnerschaft in Entwicklung wächst auch das Bio-Segment.“ Bio-Produktion notwendigen Preise bei den Verbrau- Deutschland; es gibt jedoch schon Kooperationen chern noch gewaltig.“ wie zum Beispiel Naturland und Rewe, Demeter und Kaufland oder andere.“ f ührte Hartelt weiter aus. Dem Handel Öko ist die Richtung, in die Anforderungen und es gibt eine Stelle, die kommt nach seiner Auffassung eine jetzt alle gehen wollen alles überwacht. „Der Erfolg dieser Markt- besondere Rolle zu. Aktionen mit Nied- „Wo geht die Reise hin?“, lautete das partnerschaft hängt davon ab, wie Biolan- rig-Preisen zum Wochenende müssten Thema des Vortrags von Karl Kempkens derzeuger sich zusammentun, um die aufhören. Der Handel müsse begreifen, (Abb. 5), Landwirtschaftskammer Nord- geforderte hohe Qualität zu erbringen“, ist dass Landwirte am Ende etwas verdienen rhein-Westfalen (LWK), Münster. Die Kempkens Ansicht. „Der Absatz von Öko- müssen. Neue Maßnahmen des Umwelt- wichtigste Aussage des Fachmanns Kemp- Obst- und -Gemüse geht aber auch hoch- schutzes müssen geprüft werden. Es muss kens, der ein Team von 30 Mitarbeitern preisig, und das in Hof- oder Naturkostlä- aber auch eine Lösung für gerechte Ent- hinter sich hat: „Aufgrund der aktuellen den, wenn die Geschichte stimmt“, fügte schädigungen gefunden werden. „Es ist umweltpolitischen Anforderungen stellt er hinzu. ein Umbau nötig, auch gesamtgesell- der ökologische Anbau die Richtung dar, „Beide Anbaurichtungen, der konventio- schaftlich. Man fordert von uns sehr viel in die jetzt alle Produzenten, auch Gemü- nelle/integrierte Anbau und die biologi- Veränderung. Von den Medien und der seerzeuger, gehen wollen!“ Zur Erreichung sche Produktion werden sich entwickeln“, Bevölkerung erwarte ich dann aber auch der hoch gehängten Ziele brauche es aber zog Kempkens ein Fazit. Der Bio-Landbau Veränderungsbereitschaft“, mahnte mehr Geld für Forschung und Entwick- wird Chancen bieten. Aber es kommt sehr Hartelt. lung als bisher sowie die nötige Manpow- auf die Betriebsführung und auf die er. „Es braucht öffentliche Mittel für Marktpartner an. Es gibt einen Betriebs Franz Löffler (Abb. 4), Verein Ehemaliger öffentliche Leistung, die Verbraucher for- check, mit dem zunächst analysiert wer- Gartenbauschüler, Neustadt, beklagte dern dies schon lange“, sagte Kempkens. den kann, ob ein Erzeugerbetrieb über- die Marktmacht der „Big Five“, fünf Denn wer zum Beispiel für Humusaufbau haupt umstellungsfähig ist. „Ich würde Lebensmittelkonzerne, die circa 85 % und Biodiversität etwas tut, der soll auch außerdem nie umstellen, wenn ich nicht des Markts kontrollieren und steuern. etwas dafür kriegen. Was die Vermarktung wüsste, ich hätte einen erfolgreichen Regionalität hält er für ein Zauberwort von Öko-Produkten angeht, kann der Marktpartner, dem ich vertrauen kann“, des Lebensmitteleinzelhandels (LEH), Lebensmitteleinzelhandel (LEH) gut, viel war Kempkens ehrliche Antwort. Man das aber nur so lange zählt, wie die kon- und billig. Dies ginge im Interesse des könne heute mit EDV-Programmen auf zerneigene Kasse stimmt. „Wird die Erzeugers aber auch anders. „Wir müssen 5.000 Euro genau berechnen, was unter Ware einmal etwas knapper, sollte man es als Lebensmittelproduzenten schaffen, dem Strich für den Erzeuger heraus- meinen, der Erzeugerpreis steigt. Aber wieder enger in der Wertschöpfungskette kommt. Pusteblume: Man holt schnell ein paar zusammenzurücken“, fordert Kempkens LKW Zucchini oder Brokkoli aus Spani- und sprach das Beispiel an, dass der Bio- Bio – zwischen Wunsch und en und schon bleibt der Preis unten“, Apfel heute schon makellos aussehen Wirklichkeit? beobachtet Löffler. Und über Bio- müsse wie der Apfel aus konventionellem Mit dem Anbau und der Vermarktung von Gemüse reden alle, aber beim Kaufen Anbau. In Deutschland stellen aktuell Bio-Gemüse setzte sich „der Herr der Zah- hapert es noch gewaltig. Glaubt man über alle Fachsparten der Landwirtschaft len, Dr. Hans-Christoph Behr (Abb. 6), den Statistiken, soll der Bio-Absatz des und des Gartenbaus hinweg jeden Tag Agrarmarkt Informations-Gesellschaft LEH über alle Produktsparten boomen. fünf Betriebe auf biologische Produktion mbH (AMI), Bonn, sehr genau auseinan- Die Umsätze mit Bio-Gemüse am Pfalz- um. So viel Ware, wie insgesamt produ- der. Insgesamt wurden 2018 in Deutsch- markt Mutterstadt sind jedoch eher ziert wird, könne der Markt, zum Beispiel land 14.440 ha Gemüsefläche ökologisch bescheiden, denn nur ein bis zwei bei Getreide, gar nicht aufnehmen. Anders bewirtschaftet. Die Vergleichszahlen sind Gemüsearten zeigen eine positive Ent- ist es bei Bio-Möhren, die mittlerweile 55.000 ha (Italien), 21.000 ha (Frankreich), wicklung. Eine davon ist Bio-Kürbis. einen Marktanteil von 25 % erreicht 20.500 ha (Spanien). Löffler hat Bedenken, ob es für die haben. Heftig diskutiert werde der Vertrag, Nach einem meist angebotsbedingten Preisentwicklung langfristig gut ist, den Bioland mit Lidl geschlossen habe. Stopp 2018 stieg der Bio-Absatz 2019 wie- wenn der LEH beim Bio-Segment „mit- Liefern dürfen hierbei nur Bioland-Erzeu- der deutlich und vor allem mengen-, mischt“. ger mit den bekannt höheren Anbau- weniger preisgetrieben. Preisschwankun- 10 GEMÜSEBAUPRAXIS 1924420_GBP_01-2020.indd 10 06.02.20 13:34
BIOGEMÜSE gen sind nach Behr am Bio-Markt generell Jahre und komplette Auswaschung der keit zum jeweiligen Bio-Verband. verhaltener als in der konventionellen N-Düngung „nach unten“) und ist als Schaut man auf die einzelnen Gemüsear- Schiene. Vom Preisunterschied zwischen großer Wettbewerbsvorteil zu sehen. ten, dann halten Bio-Möhren den ersten der biologischen und der konventionellen Spaniens Produzenten können deshalb Platz der Top Ten bei den ökologisch pro- Produktion hängt häufig die Entscheidung mehr und länger „Bio“-Fruchtgemüse duzierten Arten, aber man kann damit eines Betriebs ab, ob er auf Bio-Anbau nach Mitteleuropa liefern als bei heute keinen Käufer mehr hinter dem umstellt. konventionell erzeugter Ware. Ofen hervorlocken, die Nachfrage Während Rewe in der Bio-Gemüsever- Die Erträge sind bei Bio-Gemüse niedri- schwächt sich ab. Bio-Fruchtgemüse, vor marktung führt, stieg Lidl spät ein, holte ger, aber so viel niedriger auch nicht. Der allem Tomaten und Gurken, „wächst dann aber auf und erreichte nahezu das Ertrag von Bio-Weißkohl liegt bei 571 dt/ durch die Decke“. Auch der Bio-Anteil in Niveau von Aldi-Süd. Die Partnerschaft ha (konventionell 749 dt/ha). Bio-Möhren Deutschland bei Kresse ist sehr hoch. Wie von Lidl und Bioland mündete auch in kommen durchschnittlich auf 469 dt/ha Behr sagte, kann Kresse legal gar nicht Reaktionen von Konkurrenten. Dennoch (konventionell 577 dt/ha) und Bio- anders als biologisch erzeugt werden. Ob „passiert“ auch außerhalb des LEH viel. Zwiebeln auf 307 dt/ha (konventionell allerdings diese Mengen an Bio-Kresse tat- Aufgrund von Abokisten-Vermarktung 464 dt/ha). sächlich auch über Bio-Vermarktungska- und Spezialitäten-Angebot ist der Bio- Am Beispiel von Tomaten machte Behr näle verkauft werden, ist die Frage. Der Gemüseanteil im Online-Handel beson- deutlich, dass der Bio-Marktanteil auch Bio-Anteil ist bei Pastinake hoch, danach ders hoch, nämlich fast 50 % der gesamten sinken kann, wenn Sorten oder Sorten- folgen vorgekochte Rote Bete, Mangold, online vermarkteten Gemüsemenge. gruppen den Verbrauchergeschmack nicht Möhren, Zucchini und Sprossen. Blumen Der technologische Vorsprung der treffen. So haben in Deutschland klein- kohl, Kohlrabi, Radies, Chinakohl, Bund- geschützten Produktion in Nordwest früchtige Tomaten im konventionellen zwiebeln und Eissalat gehören zu den europa durch den Substratanbau kann in Segment stark zugenommen, im Bio-Sor- Gemüsearten, von denen in Deutschland der Bio-Erzeugung nicht als Vorteil ausge- timent fehlen jedoch die kleinen Tomaten. sehr geringe Bio-Mengen gekauft werden. spielt werden, weil hier vorgeschrieben ist, Dasselbe kann nach Behr auch bei der Bei den Bio-Salaten führt Feldsalat mit im gewachsenen Boden zu produzieren. Herkunft von Bio-Gemüse zutreffen. Die Abstand vor Kopfsalat, Rucola und Salat Demgegenüber gilt das spanische Enare- spannende Frage dabei ist, ob die Verbrau- herzen. Und: Es gibt inzwischen mehr nado-System in Almeria als Kultur im cher mehr Wert legen auf die Herkunft Bio-Feldsalat auf dem Markt als konventi- Boden (Substrataustausch nur alle vier (Land oder Region) oder die Zugehörig- onell produzierten. BIOAGENASOL.COM BioAgenasol® GESUNDER BODEN - gesunde Ernte! BioAgenasol® ist ein rein pflanzlicher, bio- logischer Langzeit-Volldünger und Boden- aktivator aus Österreich. Zugelassen für den Bio-Landbau – bewertet nach den Bio Austria Richtlinien. • Min. 85 % Anteil an organischer Substanz • Hohe Auswaschsicherheit • Angenehmer, malzig-brotiger Geruch • Schnelle und anhaltende Wirkung EINE MARKE VON AGRANA AGR_BAS_INZ_FELDBAU_180x116_DE_RZ_2.indd 1 20.01.20 12:28 GEMÜSEBAUPRAXIS 11 1924420_GBP_01-2020.indd 11 06.02.20 13:34
BIOGEMÜSE stimmt das nicht und geht das auch nicht, wie man gelernt hat“, gab Puffert zu bedenken. Eventuelle Ertragsdefizite im Bio-Betrieb seien heute nur noch sel- ten auf Düngermangel zurückzuführen. Er rät, Bodenproben zu machen, weil es zu teuer ist, Stickstoff „zu verlieren“. Messen, genau hinschauen ist im Öko- Abb. 7: Markus Puffert, Landwirtschaftskammer Abb. 8: Dr. Norbert Laun (l.) und Jochen Kreiselmai- Anbau sehr wichtig, weil Dünger teuer ist. Nordrhein-Westfalen, Münster: „Im Bio-Gemüsebau er (r.), beide DLR Rheinpfalz, schilderten detailliert Probleme bei der Düngung im Bio- müssen wir mit dem leben, was da ist und wir die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen des Bio- können nur durch Beobachten lernen.“ Pflanzenschutzes im Gemüsebau. Anbau ergeben sich dadurch, dass alle organischen Düngemittel Mehrnährstoff- dünger sind, und sowohl Wirtschafts- Bei der Öko-Pflanzenernährung Die Gesamtmenge an Wirtschafts- und dünger, Kompost, Kartoffelfruchtwasser müssen wir damit leben, was organischen Ergänzungsdüngern darf bei und pflanzliche Handelsdünger relativ da ist extensiven Ökobetrieben 170 kg und hohe Phosphor-Gehalte aufweisen. Emp- Die Pflanzenernährung während der nach Bioland-Richtlinien im Gemüsebau fehlenswert sind deshalb fast reine Umstellung auf Bio-Anbau war das 110 kg N/ha und Jahr nicht überschrei- N-Träger (Keratin), der in Haarmehlpel- Thema von Markus Puffert (Abb. 7), ten. „Gemüse wird dann hungrig auf lets (HMP), Horn, Federn und Wolle Landwirtschaftskammer (LWK) Nord- dem Feld, wenn man nicht noch Erbsen enthalten ist. Diese sind gut kombinier- rhein-Westfalen, Münster. „Wir müssen auf dem Boden stehen hat, durch die bar mit Wirtschaftsdüngern, Kompost im Öko-Anbau mit dem leben, was da Stickstoff mobilisiert wird“, meinte und anderen. Bedenklich ist die Herkunft ist, mit dem Boden und den mineralisie- Puffert. Stickstoff-bindende Legumino- der Keratine; häufig kommen sie aus renden Bakterien und den Stickstoff- sen wie Erbsen, die Winterlupine und Pakistan und Indien. Sammlern. Die EU-Bio-Verordnung andere, die bringen etwas im ökologi- Kleegras etwa ist ein reiner Stickstoff bildet die Grundlage. Der Boden darf schen Anbau und ebenso die Kombinati- dünger und wird im Verfahren Cut & nicht verdichtet werden, Bodenerosion ist on von Gemüse und landwirtschaftlichen Carry mit alter Futtertechnik relativ zu verhindern, die biologische Vielfalt im Arten in der Fruchtfolge. frisch geschnitten und aufs Feld gestreut. Boden und die Bodenstabilität sind zu Puffert gab Beispiele für sinnvolle Frucht 200 kg N/ha durch Kleegras reichen nach verbessern. Für die Düngung stehen folgen, die nach dem folgendem Grund- Puffert völlig aus, wobei mit vier Schnit- Wirtschaftsdünger und kompostierte satz zusammengestellt sind: 1. Boden- ten Kleegras pro Jahr die Bereitstellung organische Substanz zur Verfügung. Das „Aufbau“ mit Leguminosen (Kleegras, einer Düngermenge von bis zu 400 kg N Allerwichtigste: „Wir können nur durch etc.) und Mist; 2. Starkzehrer, zum Bei- zu schaffen sind. Wichtig: Man braucht Beobachten lernen“, sagt Puffert. Wie er spiel Kohlanbau; 3. Mittelzehrer, zum immer doppelt so viel Fläche Grünfläche Düngung sieht, zeigt sich auch in dieser Beispiel Möhren, Zwiebeln; 4. Schwach- wie Gemüsefläche. Unter Umständen Feststellung: „ Wenn wir in einen Land- zehrer, zum Beispiel Erbsen; 5. Getreide. muss man Kleegras bewässern. handel gehen und Stickstoff (N) kaufen, Diese Fruchtfolgen wurden in fünf Öko- Wer nun biologische Düngung ohne kostet das bestimmt 6 Euro/kg N. Ist uns Modellbetrieben in Nordrhein-Westfalen langjährige Erfahrung praktizieren aber die Sonne wohl gesonnen, kann getestet. Es stehen Erfahrungen aus sechs möchte, dem empfahl Puffert, mit dem man in einem Jahr Stickstoff für 1.500 Jahren zur Verfügung. Bei der 6-jährigen Programm N-Expert (Leibniz-Institut Euro Gegenwert generieren, ohne zuzu- Fruchtfolge Kleegras, Spinat/Weißkohl/ IGZ, Großbeeren/Erfurt) zu arbeiten, das kaufen.“ Es gibt eine eigene Düngemittel Grünroggen, Kartoffeln/Sandhafer, aus dem konventionellen Anbau stammt. liste für den biologischen Anbau. Stall- Möhren, Tiefkühlerbsen, Getreide zum Aus den Niederlanden stammt das Pro- mist und Gülle sind erlaubt, alles muss Beispiel gibt es zwischen Kleegras und gramm NDicea Stickstoff-Planner (Louis aus extensiver Tierhaltung stammen, Spinat eine Bearbeitungspause, in der Bolk-Institut, Zeist/NL). Beide Program- Gülle aus konventionellen Betrieben ist über Biogasrestnährlösung 105 kg N/ha me werden derzeit für die Anforderungen ausgeschlossen. Bei Kompost und Cham- gedüngt werden. Der Frühspinat räumt eines Öko-Betriebs weiterentwickelt. post sind die Höchstgehalte an Schwer- Ende Mai mit einem Ertrag von rund metallen zu beachten. Biogas-Restnähr 20 t Blattspinat/ha, mit dem man sich Bio-Pflanzenschutz: Was geht lösung aus zulässigen Rohstoffen ist ein- nicht „verstecken muss“, und hinterlässt und wo sind die Grenzen? setzbar genauso wie N-Handelsdünger über Haarmehlpellets gedüngte 160 kg Es war eine lange Latte von Maßnahmen (Horn, Haarmehl, Federmehl, pflanzliche N/ha. Es folgt Weißkohl, der mit Einzel- des biologischen Pflanzenschutzes im Produkte (Biosol, Maltaflor, Vinasse etc.) kopfgewichten von 5 bis 7 kg und 80 t Gemüsebau, die Dr. Norbert Laun und sowie Kaliumphosphat, Rohphosphat, Ertrag/ha den Boden „leerzieht“. Nach der Jochen Kreiselmaier (Abb. 8), beide milde Kalke, kohlensaurer Kalk, Algen- Wiederbearbeitung folgt in der dritten Dienstleistungszentrum Ländlicher kalk und Spurennährstoffe bei nachge- Frucht dann Grünroggen und so weiter … Raum (DLR) Rheinpfalz, Neustadt, wiesenem Mangel. Ausschließlich mit „Das alte Verständnis ist, dass der Boden vortrugen. diesen Handelsdüngern zu arbeiten, hält die Pflanze ernährt. Aber bei Gemüse Bio-Pflanzenschutz, das ist einmal Puffert für zu teuer. arten wie Blumenkohl und anderen Unkrautbekämpfung ohne Herbizide 12 GEMÜSEBAUPRAXIS 1924420_GBP_01-2020.indd 12 06.02.20 13:34
BIOGEMÜSE (Anbau auf unkrautarmen Flächen plus Aber – so Laun und Kreiselmaier – der Rettich, Speisezwiebel und Spinat für den Feldhygiene, thermische Unkraut Bio-Pflanzenschutz stößt auch an folgen- Frischmarkt. bekämpfung/Abflammen, Dämpfen mit de Grenzen: Bio-Herbizide fehlen; Mit hohen Anbauschwierigkeiten durch Roboter, Pflanzen statt Säen bei einigen Hacken ist witterungsabhängig und bei den Einsatz von Bio-Pflanzenschutz ist Gemüsearten, Bedecken des Bodens mit engen Reihen schwierig; Abflammen ist zu rechnen bei: Bundzwiebel (gesät), Mulchvlies oder Mulchpapier, maschinel- aufwendig; die Kosten sind hoch Feldsalat, Petersilie (Frischmarkt), Radies le moderne Hacktechnik). (150 Akh/ha fürs Hacken = 1.800 Euro/ (vor allem mit Laub), Einlegegurke/Frei- Bio-Pflanzenschutz bedeutet bei der ha); eine Sägemüseart als Pflanzkultur landgurke (lange Kulturzeit), Rucola und Schädlingsbekämpfung den Einsatz von anlegen, ist eine Frage der Wirtschaftlich- Asia-Greens. Nützlingen im Gewächshaus, die Anwen- keit (Preise und Kulturzeit sind abzuwä- dung von Kulturschutznetzen, die Wahl gen); Dämpfen erfordert einen hohen Fazit: Die Entscheidung muss des richtigen Aussaat- oder Pflanz Öl-Einsatz (bis zu 6.500 Euro/ha für Öl jeder selbst treffen termins, die Aussaat von Blühstreifen und ein hoher CO2-Ausstoß); Mittel und Die Statements der Experten zeigten, dass („das Büffet für Nützlinge anrichten“), Wirkstoffe werden eingeschränkt; biolo- Bio-Gemüsebau machbar ist, aber auch die Nutzung diverser anbautechnischer gische Insektizide sind nicht dauerhaft das schwierigere Anbauverfahren ist und Maßnahmen, die Applikation biologi- wirksam; der Nützlingseinsatz ist im man an Grenzen stoßen kann. Wenn Dr. scher Fungizide. Freiland kaum praktikabel; der Einsatz Hans-Christoph Behr sagte, von Bio- Bio-Pflanzenschutz umfasst bei der von Kulturschutznetzen ist teuer und Zwiebeln sei der Nachfrage entsprechend Krankheitsbekämpfung diese Möglich- beschwört durch eine höhere Feuchte nie genug zu bekommen, dann antwortet keiten: ein weiter Fruchtwechsel und die unter dem Netz unter Umständen Schäd- Dr. Sebastian Weinheimer, DLR Rhein- Wahl windoffener Lagen, der Einsatz linge und Krankheiten herauf; es gibt pfalz, mit Versuchsergebnissen, nach robuster gesunder und resistenter Sorten kaum kurative biologische Pflanzen- denen nichts zu ernten ist, wenn ohne sowie gesunden Saatguts, eine reduzierte schutzmittel; die Mittelanwendung ist Behandlung der Falsche Mehltau Bestandesdichte, eine optimale Klima eingeschränkt; Pflanzenstärkungsmittel zuschlägt. Mit einem gewissen Aufwand, steuerung (geht im Gewächshaus beson- haben einen wenig durchschlagenden Einsatz des Prognosemodells Zwipero, ders gut), die Anpassung der Beregnung Erfolg; biologisches Saatgut steht nicht in Applikation der im Öko-Anbau zugelasse- („durch Bewässern kann man sich Fal- ausreichend zur Verfügung; Resistenzen nen Mittel Kumar und Cuprozin progress schen Mehltau regelrecht in einen sind schwierig einzuschätzen. (alle sieben Tage mit halber Aufwand- Bestand hineinregnen“), die Nutzung der Bei diesen Gemüsearten gestaltet sich der menge) und technisch Droplegs sowie Tropfbewässerung und die Anwendung Anbau mit Bio-Pflanzenschutz einfach: Doppelflachstrahldüse, ist ein Ertrag von von Pflanzenstärkungsmitteln („es gibt Wurzelgemüsearten (Möhre, Pastinake, rund 4 kg Bio-Zwiebeln/m2 zu sichern. Es Hunderte davon“). Rote Bete, Wurzelpetersilie), Zucchini, bleibt die Entscheidung des Einzelnen, ob Alle diese biologischen Maßnahmen wer- Kürbis, Zuckermais, Rhabarber, Gemüse- er diese Maßnahmen durchführen will den heute von konventionell/integriert fenchel, Industriespinat. und ob mit dieser Bio-Produktion ange- wirtschaftenden wie biologisch produzie- Mittelschwer wird die Erzeugung mit messene Preise zu erzielen sind. renden Betrieben angewandt, um bei der Bio-Pflanzenschutz bei: Buschbohne, Gemüseerzeugung eine tägliche Liefer Knollen- und Stangensellerie, Babyleaf-, Elke Hormes, sicherheit zu garantieren. Blatt-, Kopfsalate, Kohlarten, Spargel, Alsbach-Hähnlein/Deutschland Dafür macht sich jeder Pfl.Reg.Nr. 3603 „frisch“! ✚ Breites Wirkungsspektrum in Salat, Spargel und Buschbohne ✚ Tolles Preis-Leistungs-Verhältnis www.agrar.bayer.at ® = e.Wz. der Bayer Gruppe. Pflanzenschutzmittel vorsichtig verwenden. Vor Verwendung stets Etikett und Produktinformationen lesen. LunaSensation_GBP_KW14_180x76_2018.indd 1 26.02.18 08:25 GEMÜSEBAUPRAXIS 13 1924420_GBP_01-2020.indd 13 06.02.20 13:34
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