Startpaket für Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern - IG Metall Bayern

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Startpaket für Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern - IG Metall Bayern
Bezirk
                          Bayern

Startpaket
für Ingenieurinnen und Ingenieure
in Bayern
Startpaket für Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern - IG Metall Bayern
Herausgeber:
IG Metall Bezirk Bayern
Luisenstraße 4 , 80335 München
Verantwortlich: Jürgen Wechsler
Redaktion:     Jens Prietzel
Fotos:         Werner Bachmeier (S. 4, 10, 13, 16, 20, 29, 30, 40,
               44,50, 56, 68, 82, 86)
               Lucian Mitiu (S. 76)
Gestaltung:    Karsten Meier
Druck:         Neue Druckhaus Dresden GmbH

November 2015, 2. überarbeitete Auflage
Startpaket für Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern - IG Metall Bayern
Inhalt

Vorwort ........................................................................   2

IG Metall, Betriebsrat, Vertrauensleute .......................                    5

Grundlagen des Arbeitsverhältnisses .......................... 11

Tarifvertrag und Einkommen ........................................ 17

Arbeitszeit und Leistung .............................................. 31

Außertariflich Beschäftigte (AT) .................................. 41

Weiterbildung .............................................................. 45

Beendigung von Arbeitsverhältnissen ......................... 51

Arbeit und Familie ........................................................ 57

Erreichtes sichern und verbessern: Mitglied werden ... 69

IG Metall@ENGINEERING ............................................. 77

Links ............................................................................ 83

Beitrittserklärung ........................................................ 85

Die IG Metall vor Ort .................................................... 87
Startpaket für Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern - IG Metall Bayern
Vorwort

Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie
in Deutschland basiert maßgeblich auf der Qualität von
Forschung und Entwicklung. Als aktive Gestalter des
technologischen Wandels nehmen Ingenieurinnen und
Ingenieure dabei eine Schlüsselrolle für die wirtschaft-
liche und gesellschaftliche Entwicklung ein. Ihre beruf-
lichen Leistungen und deren Umsetzung in qualifizierte
Facharbeit sind es, die in Bayern das Fundament für
hochwertige Industriebeschäftigung, gute Arbeitsbedin-
gungen und innovative Unternehmen bilden.
Die IG Metall engagiert sich für Ingenieurinnen und
Ingenieure bereits bevor sie ins Berufsleben eintreten.
Zusammen mit Studierenden und Berufspraktikern
arbeiten wir an der Verbesserung und Internationalisie-
rung der Ingenieurstudiengänge. So sollen zum Beispiel
Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit und soziale
Kompetenzen stärker in den Curricula verankert werden.
Ebenso wichtig wie die Qualität der Ausbildung sind
Einkommen sowie gute Arbeits- und Leistungsbedin-
gungen. Steigende Anforderungen dürfen nicht einseitig
zu Lasten der Beschäftigten gehen. Gerade mit Blick
auf die sozialen, technologischen und ökologischen
Herausforderungen unserer Tage muss der Zusammen-
hang zwischen hoher Leistungsbereitschaft und guten
Arbeitsbedingungen erhalten und gegenüber rendite-
getriebenen Managementstrategien gestärkt werden.

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Startpaket für Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern - IG Metall Bayern
Technische Expertinnen und Experten brauchen wieder
mehr Freiraum für Innovationen! Ständig wachsender
Zeit- und Leistungsdruck, eine notorisch zu dünne Per-
sonaldecke und Führungssysteme, die sich vorrangig an
Quartalsbilanzen orientieren, stehen dem entgegen.
Die IG Metall engagiert sich deshalb für beides: Die
Verbesserung der Arbeitsbedingungen, damit Ingenieu-
rinnen und Ingenieure ihren qualitativen Ansprüchen an
ihre Arbeit gerecht werden können. Und den Erhalt und
die sozial-ökologische Weiterentwicklung des Industrie-
standortes Bayern. Genau dafür benötigen wir jedoch
auch Sie – als Partner/in und Mitglied in der IG Metall.
Wir wollen von und mit Ihnen lernen. Und wir bieten
zahlreiche Möglichkeiten, um aktiv mitwirken zu können.
Wir laden Sie mit diesem „Startpaket für Ingenieurinnen
und Ingenieure“ dazu ein, sich zu informieren und Ihre
Interessen und Standpunkte in die IG Metall Bayern
einzubringen.

                      Jürgen Wechsler
                      Bezirksleiter
                      IG Metall Bayern

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Startpaket für Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern - IG Metall Bayern
„In der Arbeit von Betriebsräten geht es nicht mehr nur
 um die klassischen Themen wie Entgelt oder Arbeits-
 schutz. Wir mischen uns auch in die innovative
 Entwicklung des Unternehmens ein, um Standorte
 und Beschäftigung langfristig abzusichern.“
                                   Dipl.-Ing. Jürgen Worrich
       Schaeffler Technologies AG & Co. KG, Herzogenaurach
                                      Spezialist Regelwerke
                 Vorsitzender des Europäischen Betriebsrats
                                          der Schaeffler AG

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Startpaket für Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern - IG Metall Bayern
IG Metall, Betriebsrat,
Vertrauensleute

Betriebsrat – Interessenvertreter der Belegschaft

Betriebsräte vertreten die Interessen der Beschäftigten
im Betrieb. Sie entscheiden mit bei Arbeitszeit, Entgelt,
Einstellungen, Versetzungen, Entlassungen, Ausbildung,
Gesundheits- und Umweltschutz sowie bei grund-
legenden Veränderungen der Betriebsorganisation.

Die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates sind unter-
schiedlich ausgeprägt: vom Anspruch auf Information
bis zum Vetorecht. Rechtliche Grundlagen dafür sind
das Betriebsverfassungsgesetz oder der Tarifvertrag.

Für alle Fragen im Zusammenhang mit dem Arbeits-
verhältnis können sich Beschäftigte an die IG Metall-
Betriebsräte* oder an die zuständige IG Metall Verwal-
tungsstelle** wenden.

In Unternehmen mit mindestens fünf Wahlberechtigten
(Beschäftigte ohne leitende Angestellte) kann laut
Betriebsverfassungsgesetz ein Betriebsrat gewählt
werden. Informationen und Unterstützung zum Thema
Betriebsratsgründung gibt es bei der IG Metall.

* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit dieses Ratgebers wird bis auf
  wenige Ausnahmen auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und
  weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen
  gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.
** Die IG Metall ist u. a. für folgende Branchen zuständig: Metall- und
   Elektroindustrie, Eisen- und Stahlindustrie, IT-Industrie und Dienstlei-
   stung, Textil- und Bekleidungswirtschaft, Holz-und Kunststoffbranche,
   Kfz-Handwerk und Telekommunikation.

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Startpaket für Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern - IG Metall Bayern
IG Metall, Betriebsrat, Vertrauensleute

Der Betriebsrat ist Ihr Ansprechpartner bei
Fragen und Konflikten im Betrieb

Der Betriebsrat kennt das Unternehmen und hat einen
guten Überblick über die geltenden Gesetze, Tarifver-
träge und betrieblichen Regelungen. Er kann kompetent
beraten, zum Beispiel bei folgenden Themen:

      Einkommen
      Arbeitszeit
      Prämien und Boni
      Veränderung der Tätigkeit
      Teilzeit und Elternzeit
      Weiterbildung
      Persönliche Entwicklung im Betrieb
      Ein- und Umgruppierungen
      Versetzungen
      Dienstreisen
      Abmahnungen
      Kündigungen

Um die Vielzahl der Themen bewältigen zu können,
werden innerhalb des Betriebsrates thematische Aus-
schüsse gebildet. Für aktuelle Fragestellungen lassen
sich auch Projektgruppen einrichten.

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Startpaket für Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern - IG Metall Bayern
IG Metall, Betriebsrat, Vertrauensleute

Die IG Metall sorgt für gute Betriebsratsarbeit

Die IG Metall berät und qualifiziert Betriebsräte und
knüpft lokale, regionale, nationale und internationale
Betriebsrätenetzwerke. Hierfür können Mitglieder auch
auf die Engineering-Plattform der IG Metall zurück-
greifen.

  www.engineering-igmetall.de > Engineering-Netz

Vor Ort steht die IG Metall den Betriebsräten bei der
Durchsetzung von tariflichen Ansprüchen und bei Kon-
troversen mit der Unternehmensleitung zur Seite. Die
Mitglieder der IG Metall im Betrieb und die von ihnen
gewählten Vertrauensleute unterstützen die Arbeit des
Betriebsrates. Die Tarifverträge der IG Metall ersparen
den Betriebsräten zudem viele Konflikte mit der Unter-
nehmensführung. Nicht umsonst gehören drei von vier
Betriebsräten in unserem Organisationsbereich der IG
Metall an.

                                                      7
Startpaket für Ingenieurinnen und Ingenieure in Bayern - IG Metall Bayern
IG Metall, Betriebsrat, Vertrauensleute

Es lohnt sich, einen Betriebsrat zu haben

Betriebsräte sind fest im Unternehmen verankert und
kennen dieses häufig sogar besser als das Manage-
ment. Ihr Wissen ist für die richtigen strategischen
Entscheidungen unerlässlich. Die Sicherung von
Arbeitsplätzen steht im Arbeitsalltag vieler Betriebsräte
an erster Stelle und zwar nicht erst, wenn ein Unterneh-
men in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Selbst
in florierenden Unternehmen sind Betriebsräte immer
häufiger mit Umstrukturierungen und Personalabbau
konfrontiert.

Auch wenn Betriebsrat und Geschäftsführung nicht
immer einer Meinung sind: Überwiegend verlaufen
Diskussionen zwischen der Interessenvertretung, der
Arbeitnehmer und dem Management konstruktiv und
führen am Ende zu tragfähigen Lösungen.

Mehr Infos:

Die Themenseiten der Hans-Böckler-Stiftung im Internet
bieten umfassende Informationen rund um den Betriebs-
rat – sachlich, fundiert und auch für Nicht-Juristen
verständlich:

    www.boeckler-boxen.de > Mitbestimmung

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IG Metall, Betriebsrat, Vertrauensleute

Vertrauensleute der IG Metall

Die Vertrauensleute werden von den Mitgliedern der
IG Metall im Betrieb gewählt und sind die Vertreter
der IG Metall im Betrieb. Sie organisieren den Dialog
zwischen der IG Metall und ihren Mitgliedern. Sie in-
formieren einerseits den Betriebsrat über Vorschläge,
Wünsche und Sorgen ihrer Kollegen in den Bereichen
und andererseits die Kollegen über aktuelle betrieb-
liche und gewerkschaftliche Themen. Sie tragen aktiv
zur Meinungsbildung in der Gewerkschaft bei.

Wer für welchen Bereich oder welche Abteilung als Ver-
trauensmann oder Vertrauensfrau aktiv ist, lässt sich
bei den IG Metall-Betriebsräten oder bei der IG Metall
vor Ort in Erfahrung bringen.

                                                        9
„In den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen
 sind grundlegende Ansprüche der Beschäftigten
 deutlich besser als durch die gesetzlichen Vor
                                            Vor-
 schriften geregelt. Eine hervorragende Basis, um
 individuell zusätzliche Vorteilsregelungen ‚on top‘
 auszuhandeln.“
                                Dipl.-Ing. Petra Wullstein
                   AIRBUS Defence and Space, Manching
Entwicklungsingenieurin im Bereich Flight Control Systems
                                            Betriebsrätin
Grundlagen des Arbeitsverhältnisses

Arbeitszeit, Einkommen, Urlaub etc. können auf ver-
schiedenen Ebenen geregelt werden:
       in (nationalen) Gesetzen oder europäischen
       Richtlinien
       in Tarifverträgen zwischen IG Metall und Unter-
       nehmen
       in Betriebsvereinbarungen zwischen Betriebsrat
       und Unternehmens- bzw. Betriebsleitung
       im Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und
       Beschäftigtem

Dabei gilt: Die jeweils höhere Ebene setzt Mindeststan-
dards für die Ebene darunter.

Keine Bestimmung darf gegen die nächst höhere ver-
stoßen; d. h. ein Arbeitsvertrag darf zum Beispiel nicht
gegen eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag
und ein Tarifvertrag wiederum nicht gegen Gesetze ver-
stoßen. Wenn beispielsweise ein und derselbe Sachver-
halt sowohl im Arbeitsvertrag als auch im Tarifver trag
geregelt ist, gilt immer die für den Arbeitnehmer günsti-
gere Regelung. Dafür sorgt das sogenannte Günstigkeits-
prinzip.

                                                         11
Grundlagen des Arbeitsverhältnisses

Mindeststandards                                   Günstigkeitsprinzip
                           Grundgesetz,
                        Europäisches Recht

                             Gesetze,
                           Verordnungen

                          Tarifverträge
                    Gewerkschaft – Arbeitgeber

                      Betriebsvereinbarung
                     Betriebsrat – Arbeitgeber

                           Betriebsübung

                       (Einzel-)Arbeitsvertrag
                     Beschäftigter – Arbeitgeber

                   Direktionsrecht des Arbeitgebers

Was bedeutet das für den Arbeitsvertrag?
Vertragsklauseln zu Arbeitszeit, Einkommen, Urlaub
etc., die in Gesetzen, Tarifverträgen oder Betriebsver-
einbarungen für ein Unternehmen festgelegte Standards
unterschreiten, sind unwirksam. Das gilt auch, wenn
der Arbeitsvertrag bereits vom Arbeitnehmer und vom
Arbeitgeber unterschrieben wurde.

12
Grundlagen des Arbeitsverhältnisses

Arbeitsvertrag

Einen Arbeitsvertrag unterschreibt man nicht alle Tage.
Er legt oft auf Jahre hinaus den Rahmen für einen be-
deutenden Teil des Lebens fest. Deshalb ist es wichtig,
sich das vorgelegte Vertragswerk genau anzuschauen.

Bei Neueinstellungen werden die Arbeitsbedingungen
gewöhnlich in zwei Stufen geregelt: Die wesentlichen
Punkte – Gehalt, Arbeitsaufgabe und eventuelle Befri-
stung – kommen im Einstellungsgespräch zur Sprache.
Alle weiteren Details stehen in einem Vertragsentwurf,
der gründlich geprüft werden sollte. Dafür sollte man
sich unbedingt genügend Zeit nehmen.

Bei Unklarheiten empfiehlt sich eine Beratung durch die
IG Metall – die für Mitglieder kostenlos ist. Über alles,
was im Unternehmen üblich oder bereits in Betriebsver-
einbarungen geregelt ist, gibt der Betriebsrat Auskunft.

                                                       13
Arbeitsvertrag

Folgende Punkte muss ein Arbeitsvertrag oder eine
Dokumentation der Arbeitsbedingungen auf jeden Fall
beinhalten:

       die genaue Bezeichnung des Arbeitgebers mit
       Adresse,

      den Arbeits- bzw. Einsatzort,

      eine präzise Beschreibung der Tätigkeit,

       die Vereinbarung über die jährlichen Urlaubs-
       tage – nach den Tarifverträgen der IG Metall in
       der Regel 30 Arbeitstage (Montag bis Freitag),
       nach dem Bundesurlaubsgesetz 24 Werktage
       (Montag bis Samstag),

      entscheidend sind natürlich auch Angaben zur
      Arbeitszeit und zur Vergütung.

Unser Tipp:
Die Broschüre „Ratgeber Arbeitsvertrag“ ist unter www.
igmetall.de oder bei der IG Metall vor Ort zu beziehen.

14
Arbeitsvertrag

Probezeit

In der Regel wird in Arbeitsverträgen eine sogenannte
Probezeit vereinbart. Während der Probezeit (höchstens
aber innerhalb der ersten 6 Monate) haben der Arbeit-
nehmer wie der Arbeitgeber das Recht, ohne Begrün-
dung mit einer Frist von zwei Wochen zu kündigen. Auch
bei einer Kündigung innerhalb der Probezeit ist der Be-
triebsrat anzuhören, die Vorschriften zum Kündigungs-
schutz gelten während der ersten sechs Monate jedoch
nicht. Nach Ablauf der Probezeit gilt die gesetzliche
oder tarifliche Kündigungsfrist.

                                                     15
„Tarifverträge regeln maßgeblich den Ausgleich von
 Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis. Sie
 sorgen somit für Fairness und Gerechtigkeit. Das ist
 selbst für hervorragend ausgebildete Beschäftigte
 keine Selbstverständlichkeit mehr.“
                                         Andreas Perschl
          PSW automotive engineering GmbH, Gaimersheim
            Schnittevalidierung Konzepte Gesamtfahrzeug
                                             Betriebsrat

 16
Tarifvertrag und Einkommen

Was sind Tarifverträge und für wen gelten sie?

Tarifverträge sind Vereinbarungen zwischen Gewerkschaf-
ten und Arbeitgeberverbänden (oder einzelnen Arbeitge-
bern). Sie kommen in Tarifverhandlungen zustande und
haben jeweils einen, in dreifacher Hinsicht definierten
Geltungsbereich:

         persönlich (z. B. für alle Beschäftigten* )
         fachlich (z. B. in der Metall- und Elektroindustrie)
         räumlich (z. B. in Bayern)

Grundsätzlich werden folgende Tarifvertragsarten unter-
schieden:

         Der Flächentarifvertrag wird üblicherweise für
         eine Region zwischen Arbeitgeberverband und
         einer Gewerkschaft geschlossen.
         Der Haustarifvertrag wird zwischen einzelnen
         Unternehmen und der IG Metall geschlossen.
         Anerkennungstarifverträge schließt die IG Metall
         mit Betrieben/Unternehmen ab, die nicht im
         Arbeitgeberverband sind, sich aber dennoch ver-
         pflichten, den Bestimmungen aus dem Flächenta-
         rifvertrag zu folgen.

* Auch für AT-Beschäftigte relevant, siehe ab Seite 41.

                                                          17
Tarifvertrag und Einkommen

Was regeln Tarifverträge ?

Tarifverträge können unterschiedliche Themengebiete
regeln und haben meistens auch unterschiedliche
Laufzeiten.

Manteltarifverträge regeln z. B. die Anzahl der Urlaubs-
tage sowie wöchentliche Arbeitszeiten und laufen
meistens über mehrere Jahre.

Entgeltrahmentarifverträge (ERA) regeln, aus welchen
Bausteinen sich das Entgelt zusammensetzt und nach
welchen Prinzipien eingruppiert wird.

Tarifverträge über Entgelte dagegen regeln das Einkom-
men und werden in der Regel jährlich geschlossen.

18
Tarifvertrag und Einkommen

Dazu kommen noch weitere Tarifverträge zu speziellen
Themen wie z. B.:

       Tarifvertrag über die Absicherung eines 13. Mo-
       natseinkommens („Weihnachtsgeld“)
       Tarifvertrag zur Qualifizierung
       Tarifvertrag zur Bildungsteilzeit
       Tarifvertrag zur Beschäftigungsentwicklung
       Tarifvertrag zum Einsatz von Leih-/Zeitarbeit-
       nehmern
       Tarifvertrag über altersvorsorgewirksame Leis-
       tungen (AVWL)
       Tarifvertrag zum flexiblen Übergang in die Rente

Mitglieder der IG Metall erhalten den Text der Tarifver-
träge beim Betriebsrat, den IG Metall Vertrauensleuten
oder bei der IG Metall vor Ort.

                                                           19
Tarifvertrag und Einkommen

Eingruppierung von Ingenieuren/innen

Für Ingenieure kommt nach den Tarifverträgen der IG
Metall für die bayerische Metall- und Elektroindustrie
üblicherweise eine Einstufung in die Entgeltgruppen 10
bis 12 – nur in Ausnahmefällen auch in die Entgeltgrup-
pe 9 – in Frage, wenn sie einer Tätigkeit nachgehen, die
durch die Beschreibung dieser Entgeltgruppen abgebildet
werden können. Maßgeblich für die Zuordnung sind die
konkreten Anforderungen am Arbeitsplatz.

Diese Entgeltgruppen sind im Entgeltrahmentarifver-
trag folgendermaßen beschrieben:

Entgeltgruppe 9
Es handelt sich um eine Arbeitsaufgabe, die Entscheidungs- und
Dispositionsspielraum im Rahmen der Aufgabenstellung voraus-
setzt und die Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen, wie sie
in der Regel durch eine qualifizierte Weiterbildung und darauf
bezogene fachspezifische Zusatzqualifikation oder durch ein ein-
schlägiges, abgeschlossenes Studium mit einer bis zu 4-jährigen
Regelstudiendauer erworben werden.
Entgeltgruppe 10
Die Arbeitsaufgabe erfordert Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie
in der Regel durch ein einschlägiges, abgeschlossenes Studium
mit einer bis zu 4-jährigen Regelstudiendauer und darauf bezogene
fachspezifische Zusatzqualifikation oder durch ein einschlägiges,
abgeschlossenes Studium mit einer mehr als 4-jährigen Regelstu-
diendauer erworben werden.

20
Tarifvertrag und Einkommen

Entgeltgruppe 11
Es handelt sich um eine Arbeitsaufgabe, die Entscheidungen
bezüglich der eigenen Aufgabenstellung voraussetzt. Die Arbeits-
aufgabe erfordert Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel
durch ein einschlägiges, abgeschlossenes Studium mit einer bis
zu 4-jährigen Regelstudiendauer und darauf bezogene erweiterte
fachspezifische Zusatzqualifikation oder durch ein einschlägiges,
abgeschlossenes Studium mit einer mehr als 4-jährigen Regelstu-
diendauer und darauf bezogene fachspezifische Zusatzqualifikati-
on erworben werden.
Entgeltgruppe 12:
Die Arbeitsaufgabe erfordert Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie
in der Regel durch ein einschlägiges, abgeschlossenes Studium
mit einer bis zu 4-jährigen Regelstudiendauer und darauf bezogene
umfangreiche fachspezifische Zusatzqualifikation oder durch
ein einschlägiges, abgeschlossenes Studium mit einer mehr als
4-jährigen Regelstudiendauer und darauf bezogene erweiterte
fachspezifische Zusatzqualifikation erworben werden.

Für eine korrekte Eingruppierung und die ihr zugrunde
liegende Bewertung der Arbeitsaufgabe ist immer eine
ganzheitliche Betrachtung der Anforderungen vorzuneh-
men. Beinhaltet die Arbeitsaufgabe unterschiedliche
Anforderungen, so sind die Anforderungen ausschlag-
gebend, die das Niveau der gesamten Arbeitsaufgabe
prägen. Hierbei sind weder der zeitliche Umfang einzel-
ner Aufgaben noch die Einzelaufgabe mit dem höchsten
Niveau allein ausschlaggebend.

                                                                  21
Tarifvertrag und Einkommen

Zudem gilt für alle genannten Entgeltgruppen, dass die
insgesamt erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten
stets auch auf andere Weise erworben werden können.
Es gibt also durchaus mehr als nur einen möglichen
Qualifikationsweg, der zur Bewältigung einer gestellten
Arbeitsaufgabe und des damit verbundenen Anforde-
rungsniveaus befähigt.

22
Tarifvertrag und Einkommen

Entgeltstufen

Für die genannten Entgeltgruppen 9 bis 12 gibt es
jeweils zwei Entgeltstufen. Die Stufe A greift in der Regel
bei der Eingruppierung oder einer Umgruppierung des
Beschäftigten. In die Stufe B rückt der Beschäftigte
in den Entgeltgruppen 9 bis 12 nach 18 Monaten der
Tätigkeit in der jeweiligen Entgeltgruppe. Eine frühere
Höherstufung von A nach B ist selbstverständlich auch
jederzeit möglich.

                                                         23
Tarifvertrag und Einkommen

Wie setzt sich ein Monats- und Jahresentgelt
zusammen?

Monatsentgelt
Nach dem ERA-Tarifvertrag setzt sich das tarifliche
Monatsentgelt aus dem Grundentgelt und einer
Leistungskomponente zusammen. Das Grundentgelt
ergibt sich dabei unmittelbar aus der Eingruppierung
des Beschäftigten.

Die Leistungskomponente wird zusätzlich zum Grund-
entgelt als leistungsabhängiges Entgelt bezahlt, wel-
ches als Prozentsatz zum monatlichen Grundentgelt
zu ermitteln ist. Wird der Entgeltgrundsatz ‚Zeitent-
gelt‘ angewendet, was bei Ingenieuren häufig der Fall
ist, dann leitet sich diese Leistungszulage aus einer
mindestens jährlich durchzuführenden, methodischen
Leistungsbeurteilung ab. Bei Neueingestellten erfolgt
die Leistungsbeurteilung spätestens zum Ablauf des
3. Monats nach der Einstellung. Diese Frist kann in den
Entgeltgruppen 6 bis 12 durch freiwillige Betriebsverein-
barung bis zum Ablauf des 6. Monats verlängert werden.

Die individuelle Leistungszulage kann zwischen 0 und
28 Prozent des Grundentgelts betragen. Für alle davon
erfassten Beschäftigten des Betriebes muss die Summe
der leistungsabhängigen Entgelte mindestens 14
Prozent der Grundentgeltsumme dieser Beschäftigten
ergeben.

24
Tarifvertrag und Einkommen

Vereinbart der Beschäftigte auf der Grundlage der
„Quoten-Regelung“ im Manteltarifvertrag einen
40-Stunden-Ver trag mit seinem Arbeitgeber, so muss
sein tarifliches Monatsentgelt entsprechend proportio-
nal angehoben werden.

Jahresentgelt
Zusätzlich zu den tariflichen Monatsentgelten kommen
bei der Berechnung des tariflichen Jahresentgeltes
weitere Entgeltbestandteile hinzu:

Zum einen das zusätzliche Urlaubsentgelt, welches 50
Prozent für jeden der 30 Urlaubstage beträgt, was in
Summe einer zusätzlichen Zahlung von ca. 69 Prozent
einer tariflichen Monatsvergütung entspricht.

Zum anderen die Zahlung zur Absicherung eines 13. Mo-
natseinkommens („Weihnachtsgeld“), deren Höhe sich
nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richtet:

       6 Monate:           25 Prozent

       12 Monate:          35 Prozent

       24 Monate:          45 Prozent

       36 Monate:          55 Prozent

                                                     25
Tarifvertrag und Einkommen

jeweils bezogen auf ein monatliches Tarifentgelt. Vor-
aussetzung für den Anspruch auf diese Zahlung ist
demnach eine mindestens sechsmonatige Betriebszu-
gehörigkeit. Als Stichtag dafür sowie für die Berech-
nung der Zahlungshöhe gilt der betrieblich vereinbarte
Auszahlungszeitpunkt, der in vielen Unternehmen auf
den 01.12. des Kalenderjahres fällt.

Für die Berechnung des tariflichen Jahresentgeltes
ergibt sich somit folgendes Grundschema:

     Entgelt laut Entgeltgruppe und Stufe

 + Leistungszulage

 = Zwischensumme

 + Urlaubvergütung
   (ca. 69 % von Zwischensumme)

 + Sonderzahlung – auch als „Weihnachtsgeld” bekannt
   (bis zu 55 % von Zwischensumme)

 = Jahreseinkommen

26
Tarifvertrag und Einkommen

Tarifverhandlungen über Entgeltsteigerungen

Rechtzeitig vor Auslaufen der Tarifverträge beginnt
die Diskussion über die zu stellende Entgeltforderung
in der Tarifkommission, welche sich aus gewählten
betrieblichen Gewerkschaftsmitgliedern zusammen-
setzt, die unter den Geltungsbereich des zu verhan-
delnden Tarifvertrages fallen.

Grundlage für die Diskussion in der Tarifkommission
sind die Inflationsrate und die Produktivitätssteige-
rung. Dazu kommt eine Umverteilungskomponente,
die die Beschäftigten am Erwirtschafteten beteiligen
soll. Wenn die Verhandlungen mit den Arbeitgebern
zu keinem Ergebnis führen, kann die IG Metall ihren
Forderungen mit Arbeitsniederlegungen Nachdruck
verleihen. Dies ist jedoch erst nach dem Ende der
sogenannten Friedenspflicht möglich, wobei auf ein
differenziertes, mehrstufiges Instrumentarium, von
kurzen Warnstreiks bis hin zu mehrtägigen Erzwin-
gungsstreiks, zurückgegriffen werden kann.

Die im Rahmen von Tarifverhandlungen erreichten
Entgelterhöhungen sind meistens tabellenwirksam,
d. h. die daraus resultierenden höheren Werte in den
Entgelttabellen bilden die Grundlage für zukünftige
tarifliche Entgeltsteigerungen. Einmalig auszuzah-
lende Geldbeträge als Teil eines Tarifergebnisses
bilden dagegen eher die Ausnahme.

                                                        27
Zielvereinbarungen

Zielvereinbarungen sind in vielen Unternehmen ein
beliebtes Führungsinstrument. Allerdings werden unter
diesem Begriff häufig auch Systeme bezeichnet, bei de-
nen zentral definierte und einseitig durch den Arbeitge-
ber von „oben nach unten“ durchgestellte Zielvorgaben
gesetzt werden.

Zielvereinbarungen werden in der Regel einmal jährlich
zwischen Vorgesetzten und Beschäftigten getroffen.
Auf das Mitarbeiter- oder Zielvereinbarungsgespräch
sollten sich Beschäftigte gewissenhaft vorbereiten.

Es gibt zwei Arten von Zielvereinbarungen:
     1. Zielvereinbarungen ohne Bezug zum Entgelt
     2. Zielvereinbarungen mit Bezug zum Entgelt

Der Betriebsrat hat bei Zielvereinbarungen grundsätz-
lich ein Mitbestimmungsrecht. Deshalb richtet sich die
betriebliche Ausgestaltung von Zielvereinbarungen in
der Regel nach einer Betriebsvereinbarung.

Für Zielvereinbarungen mit Bezug zum tariflichen
Entgelt hat die IG Metall Bayern in ihren Tarifverträgen
Rahmenbedingungen und Mechanismen zur Konfliktlö-
sung vereinbart. Diese sollen insbesondere sicherstel-

28
len, dass nur Ziele vereinbart werden können, die durch
den Beschäftigten auch tatsächlich beeinflussbar sind.
Denn nur auf diese Weise können Leistung und Entgelt
in eine sinnvolle Beziehung zueinander gesetzt werden.

Grundlage dazu ist immer eine Rahmenbetriebsverein-
barung, in der auch Regelungen für den Fall getroffen
werden, dass es über die Zieldefinition, etwaige Verän-
derungen von Rahmenbedingungen sowie den Grad der
Zielerreichung unterschiedliche Auffassungen zwischen
dem Beschäftigten und dem Vorgesetzten gibt.

Mehr Informationen zum tarifvertraglichen Entgelt-
grundsatz Zielentgelt sind im § 10 des Entgeltrah-
mentarifvertrages zu finden. Der Tarifvertrag ist beim
Betriebsrat oder den Vertrauensleuten erhältlich.

                                                         29
„Angesichts von mobiler Arbeit und Digita-
 lisierung erscheint es mir wichtiger denn
 je, der totalen Entgrenzung von Arbeit ein
 ganzheitliches Konzept von Arbeitszeit-
 souveränität entgegenzustellen.“
                        Dipl.-Ing. Sabine Lack
            ZF Friedrichshafen AG, Schweinfurt
  Entwicklungsingenieurin im Bereich Fahrwerk
                                 Betriebsrätin
Arbeitszeit und Leistung

Regelungen zur Arbeitszeit sind sinnvoll. Beschäftigte
wünschen sich ein vernünftiges Gleichgewicht zwi-
schen Arbeit und Privatleben. Und es ist wissenschaft-
lich erwiesen, dass zur Erhaltung der Gesundheit die
regelmäßige tägliche Arbeitszeit nicht mehr als acht
Stunden betragen sollte. Ebenso wichtig: Man sollte sich
innerhalb des 24-Stunden-Rhythmus vollständig erholen
können. Eine dauerhafte Beanspruchung der Leistungs-
reserven durch überlange Arbeitszeiten kann zu ernst-
haften gesundheitlichen Beschwerden führen.

Das Arbeitszeitgesetz

Per Gesetz gilt eine Höchstarbeitszeit von täglich ma-
ximal acht Stunden – bei Überstundenausgleich auch
bis zehn Stunden (Pausen, An- und Abfahrtszeiten nicht
eingerechnet).

Arbeitszeit in den Tarifverträgen der IG Metall

In den Flächentarifverträgen der bayerischen Metall-
und Elektroindustrie ist die 35-Stunden-Woche fest-
geschrieben.

                                                       31
Arbeitszeit und Leistung

Für Teile der Belegschaft kann die regelmäßige wöchent-
liche Arbeitszeit jedoch bis auf 40 Stunden erhöht wer-
den – in Bayern für maximal 13 Prozent aller Beschäf-
tigten – und selbstverständlich mit entsprechendem
Entgeltausgleich.

Für einen bestimmten Zeitraum kann auch Mehrar-
beit vereinbart werden, die allerdings mit Zuschlägen
bezahlt oder zu einem späteren Zeitpunkt durch Freizeit
ausgeglichen werden muss.

Die Tarifverträge der IG Metall ermöglichen eine flexible
Gestaltung der Arbeitszeit. Die tarifliche Wochenarbeits-
zeit muss im Durchschnitt von zwölf Monaten erreicht
werden.

In Spitzenzeiten kann also gepowert werden, danach
muss es aber auch Freiraum geben, das Plus auf dem
Arbeitszeitkonto wieder abzutragen. Bei einer Flaute in
den Auftragsbüchern kann das Absenken der Arbeits-
zeit sehr konkret Entlassungen verhindern. In all diesen
Fällen hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht.

32
Arbeitszeit und Leistung

Der 40-Stunden-Arbeitsvertrag

Was tun, wenn man sowieso regelmäßig mehr als 35
Stunden die Woche arbeitet, das Zeitkonto ständig über-
läuft und ein 40-Stunden-Arbeitsvertrag angeboten wird?

Nach der sogenannten „Quotenregelung“ im Tarifver-
trag kann für eine begrenzte Anzahl von Beschäftigten
(13 Prozent) die individuelle regelmäßige wöchentliche
Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden verlängert werden.
Dafür bedarf es einer Vereinbarung zwischen dem
betreffenden Beschäftigten und dem Arbeitgeber. In
diesem Fall hat der Beschäftigte auch einen Anspruch
auf eine dieser Arbeitszeit entsprechende Bezahlung.

                                                     33
Arbeitszeit und Leistung

Projektarbeit

Projektförmiges Arbeiten mit harten Budget-, Qualitäts-
und Terminzielen, aber auch einer weitgehenden Selbst-
steuerung des Arbeitsprozesses durch die Beschäftigten
gehört heute in vielen Unternehmen zum Alltag. Größere
Selbstständigkeit, mehr Verantwortung, inspirierende
Teamarbeit, höhere Eigenmotivation und sogar eine
bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sind
hierbei häufig genannte Stichworte. Insofern kann diese
Arbeitsform im besten Falle das Arbeitsleben im positiven
Sinne intensivieren, abwechslungsreicher gestalten und
zu hohem Einsatz anregen.

In der betrieblichen Praxis führen jedoch unrealistische
Planungen, ständiger Kostendruck, Kommunikationsfeh-
ler, aber auch ein Mangel an guter Führungskultur immer
wieder zu einer Verdichtung der Arbeit und einer Entgren-
zung der Arbeitszeit. Hinzu kommt, dass immer mehr
Tätigkeiten, die mit der eigentlichen Fachaufgabe nichts
zu tun haben, aufgrund fehlender Assistenzstellen und
vermehrter Controlling-Vorgaben von den technischen
Experten zusätzlich zu bewältigen sind.

Wird dann noch an mehreren Projekten gleichzeitig gear-
beitet, verstärken sich die problematischen Tendenzen
gegenseitig.

34
Arbeitszeit und Leistung

Termindruck, Leistungsintensivierung, Interaktionsstress
und ein permanentes Übergreifen der Arbeit auf das
Privatleben der Beschäftigten sind häufig die Folge und
können auf Dauer zu ernsthaften Beeinträchtigungen der
Gesundheit und des eigenen sozialen Gefüges führen.
Mit der zunehmenden Ausweitung des „mobilen Arbei-
tens“ können Phasen des Nicht-Abschalten-Könnens
sogar noch verstärkt werden, wenn nicht rechtzeitig und
bewusst gegengesteuert wird.

Doch was tun, wenn Überstunden zur Normalität werden
und die Arbeitszeitkonten regelmäßig überlaufen? Wenn
die Vorgesetzten in ihren Planungen voraussetzen,
dass die Mitarbeiter eine zu dünne Personaldecke und
unrealistische Termin- und Budgetvorgaben mit ihrem
Arbeitseinsatz wettmachen? Wenn stillschweigend
eine ständige Erreichbarkeit erwartet wird und beim
Einzelnen der Eindruck entsteht, sich in einem „System
permanenter Bewährung“ zu bewegen?

In der Praxis gibt es darauf keine einfachen Antworten.
Ein erster Schritt wäre, das Gespräch mit dem Vorgesetz-
ten zu suchen. Da jedoch von Missständen häufig nicht
nur Einzelne, sondern ganze Gruppen und Bereiche be-
troffen sind und viele Probleme in der Regel einen über-
geordneten Ursprung haben, braucht es meistens auch
einen größeren Hebel, um sie in den Griff zu bekommen.

                                                     35
Arbeitszeit und Leistung

Wirksame Verbesserungen erreicht man deshalb am
ehesten gemeinsam mit dem Betriebsrat, den Vertrau-
ensleuten und den Kollegen. So kann z. B. der Betriebs-
rat seine gesetzlichen Mitbestimmungsrechte nutzen,
um unterstützend zu begleiten oder einzugreifen.

Praktische Tipps für Projektarbeit sowie unterstützende
Materialien zum Gesundbleiben am stressigen Arbeits-
platz gibt es unter:

     www.ergo-online.de
     www.igmetall.de/gutearbeit

36
Arbeitszeit und Leistung

Arbeitszeitsouveränität

Gute und realistische Rahmenbedingungen für hoch-
qualifizierte, anspruchsvolle und kreative Arbeit zu
schaffen, darum geht es auch der IG Metall. Ein wesent-
licher Baustein dafür wäre ein Mehr an Arbeitszeitsou-
veränität, damit Flexibilität und Verlässlichkeit nicht
nur einseitig von den Beschäftigten erwartet werden,
sondern auch die Beschäftigten selber gegenüber dem
Unternehmen darauf bauen können.

Erforderlich wäre einerseits die Stärkung der indi-
viduellen Beschäftigtenrechte, z. B. im Hinblick auf
eine kurzfristige Entnahme von Stunden und freien
Tagen aus Arbeitszeitkonten oder eine individuelle,
etwa an Lebensphasen orientierte Ausgestaltung von
Arbeitszeitmodellen. Andererseits eine Ausweitung der
Mitbestimmungsmöglichkeiten von Betriebsräten bei
der Ausgestaltung der Leistungsbedingungen, etwa
im Hinblick auf die Personalbemessung. Daran gilt es
in Zukunft gemeinsam auf betrieblicher und tarifpoli-
tischer Ebene zu arbeiten. Eine wesentliche Vorausset-
zung für jedwede sinnvolle Regulierung von Arbeitszeit
und Leistungsbedingungen ist jedoch, dass geleistete
Arbeit nicht verfällt, sondern zumindest erfasst wird.

                                                     37
Arbeitszeit und Leistung

Teilzeit

Manchmal gibt es gute Gründe kürzer zu treten. Nach
dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) haben
Arbeitnehmer die Möglichkeit, von einem Vollzeitar-
beitsverhältnis in ein Teilzeitarbeitsverhältnis zu wech-
seln. Dabei schreibt das Gesetz ausdrücklich vor, dass
Teilzeitbeschäftigte nicht diskriminiert werden dürfen,
zum Beispiel bei der Gehaltsentwicklung.

Voraussetzung für die Beantragung von Teilzeit ist eine
Betriebszugehörigkeit von mindestens sechs Mona-
ten. Im Betrieb müssen ferner mehr als 15 Personen
beschäftigt sein.

Spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn
der Teilzeitarbeit muss der Antrag auf Arbeitszeitverrin-
gerung beim Arbeitgeber gestellt werden. Eine aus-
drückliche Begründung für den Wunsch nach Teilzeit
ist nicht erforderlich. Nur der Umfang der Arbeitszeit-
verringerung, beispielsweise von 35 auf 25 Stunden
pro Woche und die Verteilung der Arbeitszeit müssen
angegeben werden. Zudem sollte der Antrag schriftlich
eingereicht werden. Hilfreich ist auch ein Gespräch
mit dem Betriebsrat, bevor Sie einen Antrag stellen
und über eine Verringerung der Arbeitszeit mit Ihrem
Arbeitgeber sprechen , etwa um sich über mögliche

38
Arbeitszeit und Leistung

Rückkehroptionen oder –ansprüche in ein Vollzeitar-
beitsverhältnis zu informieren.

Jetzt ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Teilzeit-
wunsch mit dem Antragsteller zu erörtern. Ziel ist es,
dass es zu einer Teilzeitvereinbarung im beiderseitigen
Interesse kommt. Sollte der Arbeitgeber jedoch auf
den Antrag nicht bis spätestens einen Monat vor dem
gewünschten Beginn der Teilzeit reagieren, tritt die
gewünschte Verringerung der Arbeitszeit in Kraft.

Falls der Arbeitgeber den Teilzeitwunsch ablehnt, so
hat er auch dies spätestens einen Monat vor Beginn
der gewünschten Verringerung der Arbeitszeit mitzutei-
len. Er muss zunächst keine Gründe für die Ablehnung
angeben. Sollte es allerdings zu einer juristischen
Auseinandersetzung kommen, muss der Arbeitgeber
darlegen, welche betrieblichen Gründe aus seiner Sicht
dem Teilzeitbegehren entgegenstehen.

                                                      39
„Der Nutzen von IG Metall-Tarifverträgen erstreckt sich
 bis in den AT-Bereich. So definiert etwa der bayerische
 ERA-Manteltarifvertrag
      Manteltarifvertrag ein AT-Mindest
                              AT-Mindestentgelt, welches
 für viele außertarifliche Mit
                           Mitarbeiter maßgeblich ist.“
                                  Dipl.-Ing. (FH) Steffen Lipke
                               MAN Truck & Bus AG, Nürnberg
             Qualitäts-Ingenieur, Produktqualität Feldmotoren

 40
Außertariflich Beschäftigte (AT)

Außertariflich beschäftigt oder nicht ?

Nach aktueller Rechtsprechung sind außertariflich
Angestellte (in manchen Unternehmen auch als über-
tariflich Beschäftigte – ÜT – bezeichnet) diejenigen,
die „kraft ihrer Tätigkeitsmerkmale nicht mehr unter
den persönlichen Geltungsbereich des einschlägigen
Tarifvertrages fallen, deren Aufgabenbereich also hö-
here Anforderungen stellt, als der der höchstbezahlten
tariflichen Beschäftigten“. (BAG-Beschluss 1ABR67/74
vom 24.2.1976)

Garantiertes AT-Mindestentgelt

Der bayerische Manteltarifvertrag in der Metall- und
Elektroindustrie sichert zwingend ein Mindestentgelt
(Abstandsgebot) für Angestellte, die laut individuellem
Arbeitsvertrag außer- bzw. übertarifliche Angestellte
sind und in deren Arbeitsvertrag ein garantiertes
Monats- bzw. Jahresentgelt festgeschrieben ist, das nur
durch eine Änderungskündigung bzw. durch freiwillige
Vereinbarung geändert werden kann. Damit werden auch
die Vergütungen vieler AT-Beschäftigter in Bayern unmit-
telbar durch die regelmäßigen Steigerungen im Tarif-
system mit erhöht. Voraussetzung für die Geltung des
garantierten AT-Mindestentgeltes ist allerdings, dass
das betreffende Unternehmen selber tarifgebunden ist.

                                                         41
Außertariflich Beschäftigte (AT)

Im Tarifgebiet Bayern wird das garantierte Mindestent-
gelt tarifvertraglich wie folgt definiert: Wenn im Arbeits-
vertrag ein garantiertes Monatsentgelt (Grundentgelt)
festgelegt ist, muss dieses Monatsentgelt mindestens
30,5 Prozent über der höchsten Entgeltgruppe (EG 12,
Stufe B) liegen. Ist im AT-Arbeitsvertrag ein garantiertes
Jahresentgelt vereinbart, so muss dieses den zwölffa-
chen Tarifsatz der höchsten Entgeltgruppe (EG 12, Stufe
B) um 35 Prozent übersteigen. Da die AT-Verträge in der
Regel mit der 40-Stunden-Woche verbunden werden,
muss natürlich auch das AT-Mindestentgelt entspre-
chend angepasst werden

Sollten die AT-Mindestvergütungen nicht eingehalten
werden, hat ein AT-Angestellter die Möglichkeit, einen
etwaigen Differenzbetrag arbeitsgerichtlich geltend zu
machen. Einen individuellen Rechtsanspruch auf eine
entsprechende Entgeltanpassung bei Tariferhöhungen
haben allerdings nur AT-Angestellte, die Mitglied der
IG Metall sind. (BAG-Urteil vom 11.2.1998, 5 AZR127/97,
AiB 1998, S. 533).

Macht ein AT-Vertrag Sinn?

Damit ein angebotener AT-Arbeitsvertrag mehr ist als
nur ein Statusgewinn, sollte man die Konditionen genau
mit denen eines Arbeitsverhältnisses nach Tarifvertrag
vergleichen. Insbesondere sollte geprüft werden, was
mit dem AT-Arbeitsvertrag und in welchem Umfang
abgegolten werden soll, etwa Mehrarbeit (auch an
42
Außertariflich Beschäftigte (AT)

Wochenenden?) oder Reisezeiten. Und man sollte ggf.
nachfragen, welche zusätzlichen Gratifikationen und
Incentives mit dem AT-Vertrag verbunden sind, z. B. gün-
stige Dienstwagen-Regelung, Mobiltelefon mit privater
Nutzung, Aktienoptionen und Bonusprogramme etc.

Entscheidend ist für den einzelnen Beschäftigten, ob
die höheren Anforderungen, Arbeitszeiten und Bela-
stungen, die mit einem AT-Arbeitsvertrag in der Regel
verbunden sind, in den höheren Verdienstchancen auch
adäquat abgebildet werden. Oder ob der Arbeitgeber
den AT-Arbeitsvertrag lediglich als eine Art „Arbeitszeit-
Flat“ betrachtet.

Mitbestimmung auch bei AT-Fragen

Der Betriebsrat hat viele gesetzliche Mitwirkungs- und
Mitbestimmungsrechte, die für AT- Angestellte rele-
vant sind. Er kann vor allem, wenn jemand eingestellt
oder versetzt wird, die Bewertung und Einstufung des
Arbeitsplatzes überprüfen. Wird für den AT-Bereich ein
eigenes betriebliches Entgeltgitter geschaffen, so hat
der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Rege-
lung der Vergütungsgrundsätze und der Entgeltstruktur.
Auch vor der Kündigung eines AT-Angestellten muss der
Betriebsrat angehört werden. Selbstverständlich können
AT-Angestellte an der Wahl des Betriebsrats teilnehmen
und auch selber kandidieren, soweit sie nicht zum – in
der Regel sehr kleinen - Kreis der „leitenden Angestell-
ten“ gemäß Betriebsverfassungsgesetz gehören.
                                                        43
„Die Dynamik des technologischen Wandels
 führt in vielen Unternehmen zu einem steigen-
 den Bedarf an Weiterbildung. Damit der hiermit
 verbundene Aufwand nicht allein auf die Beschäf
                                           Beschäf-
 tigten abgewälzt wird, hat die IG Metall wichtige
 Mindeststandards vereinbart.“
                                  B.Eng. Daniel Marko
                                   AUDI AG, Ingolstadt
          Erprobung Elektrik/Elektronik Gesamtsystem

 44
Weiterbildung

Technische Innovationszyklen werden immer kürzer,
Beschäftigte müssen ihr Knowhow immer schneller auf
den neuesten Stand bringen. Deshalb ist die betrieb-
liche und persönliche Weiterbildung wichtiger denn je.

Besonders in Krisenzeiten besteht eine reale Gefahr von
Arbeitsplatzverlusten, weshalb die IG Metall sich für die
Sicherung von Beschäftigung einsetzt. In diesem Zu-
sammenhang wird auch die Qualifizierung von Beschäf-
tigten sehr bedeutsam, denn Aus- und Weiterbildung
sind wichtige Bausteine für die Krisenbewältigung und
-überwindung. Gleichermaßen ist die Weiterbildung ein
wesentliches Instrument dem Fachkräftebedarf betrieb-
lich zu begegnen.

Da das Betriebsverfassungsgesetz den Betriebsräten
umfassende Rechte bei Fragen der Personalplanung
und Weiterbildung der Beschäftigten einräumt, ist der
Betriebsrat für die Beschäftigten und für den Arbeit-
geber ein zentraler Ansprechpartner in Fragen der
Weiterbildung. Dies gilt ebenso im Hinblick auf die im
Folgenden beschriebenen tariflichen Regelungen, die
in vielen Unternehmen durch Betriebsvereinbarungen
konkretisiert werden.

                                                       45
Weiterbildung

Tarifvertrag zur Qualifizierung (TV Q)

Im TV Q hat die IG Metall verschiedene Regelungen
getroffen, die zu einer Verbesserung der betrieblichen
Weiterbildungspraxis führen sollen. Dadurch verfügen
der Betriebsrat und die Beschäftigten über mehr Mög-
lichkeiten, auf betriebliche Qualifizierungsmaßnahmen
einzuwirken und ihre Umsetzung mit zu gestalten.

Ein wichtiger Bestandteil des TV Q ist das jährlich zwi-
schen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durchzuführende
Qualifizierungsgespräch zur Feststellung des indivi-
duellen Qualifizierungsbedarfs. Wird ein individueller
Qualifizierungsbedarf festgestellt, werden die notwendi-
gen Maßnahmen und deren Priorisierung vereinbart.

Grundsätzlich unterscheidet der TV Q zwischen betrieb-
lich notwendigen und zweckmäßigen Weiterbildungs-
maßnahmen einerseits und der persönlichen beruflichen
Weiterbildung andererseits. Während erstere vor allem
auf Erhaltungs-, Anpassungs- bzw. Um- sowie Entwick-
lungsqualifizierung im Rahmen der betrieblichen Bedarfe
abzielen, geht letztere häufig auf die eigenen Interessen
und die aktive Berufslaufbahngestaltung durch den
einzelnen Beschäftigten selber zurück.

46
Weiterbildung

Treten bei der Bedarfs- und Maßnahmenklärung zwi-
schen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Streitigkeiten auf,
so sieht der TV Q eine Reihe von abgestuften Konflikt-
lösungsregelungen vor. Zudem regelt der Tarifvertrag
– differenziert nach Weiterbildungstyp – die Übernahme
der Qualifizierungskosten durch den Arbeitgeber und die
Einbringung von Arbeitszeiten durch den Arbeitnehmer.

Möchte ein Beschäftigter eine persönliche berufliche
Weiterbildungsmaßnahme absolvieren, so sieht der Tarif-
vertrag die Möglichkeit eines Ausscheidens für bis zu
vier Jahren einschließlich eines Rückkehrrechtes in den
Betrieb vor. Bei kürzeren Maßnahmen (bis zu sechs Mo-
nate) kann alternativ auch eine Freistellung im Arbeits-
verhältnis erfolgen. Zudem besteht als zweite Alternative
zum zeitweisen Ausscheiden ein einmaliger Anspruch
auf befristete Teilzeit.

Einen individuellen Anspruch auf eine persönliche beruf-
liche Weiterbildungsphase gibt es nicht; im Streitfall
könnte der Betriebsrat jedoch einen entsprechenden
Antrag des Beschäftigten über die tarifliche Schlich-
tungsstelle durchsetzen. Generell müsste eine solche
persönliche Weiterbildungsmaßnahme dazu geeignet
sein, eine Tätigkeit in einem Betrieb in der Metall- und
Elektroindustrie auszuüben. Ein unmittelbarer Bezug
zum eigenen Betrieb und dessen Bedarf ist jedoch nicht
erforderlich.

                                                      47
Weiterbildung

Tarifvertrag zur Bildungsteilzeit

Die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft ist maßgeblich
abhängig von der Qualifikation der Menschen. In Zeiten
permanenten Wandels ist auch „lebenslanges Lernen“
längst als Herausforderung erkannt. Dabei nimmt die
Qualifizierung „on the Job“ immer mehr zu.

Sowohl die staatlichen Hochschulen als auch die
Betriebe stellen sich allmählich auf diesen gestiegenen
Bedarf ein, so dass z. B. die Möglichkeiten für ein
berufsbegleitendes Studium zunehmen werden, etwa
um einen Master zu machen. Zudem ist es seit einigen
Jahren für Menschen mit einer abgeschlossenen Aus-
bildung und einschlägiger Berufserfahrung auch ohne
Abitur möglich, ein Studium aufzunehmen.

Mit dem Tarifvertrag zur Bildungsteilzeit konnte die
IG Metall wichtige Rahmenregelungen zu Freistellungen,
Vergütungsregelungen und Weiterbeschäftigung ver-
einbaren. Danach ist die Nutzung der Bildungsteilzeit
(BTZ) mit einer bis zu siebenjährigen Laufzeit möglich,
wobei grundsätzlich das verblockte Modell Anwendung
findet, bei dem sich einer maximal 3,5jährigen Arbeits-
phase spiegelbildlich eine maximal 3,5jährige Freistel-
lungsphase zum Zwecke der Weiterbildung anschließt.
Durch freiwillige Betriebsvereinbarungen sind jedoch
auch unverblockte BTZ-Modelle (BTZ auf Teilzeitbasis)
oder gestufte BTZ-Modelle (z. B. 80:60:40:20 Prozent
Freistellung) zulässig sind.

48
Weiterbildung

Entscheidend ist, dass das Beschäftigungsverhältnis
während der Laufzeit der BTZ bestehen und eine durch-
gehende (Teilzeit-)Vergütung gesichert bleibt, wobei
hier eine Aufstockung, z. B. durch ungenutztes ATZ-
Volumen, auf Grundlage einer freiwilligen Betriebsver-
einbarung über Stipendien, durch Zeiten aus AZ-Konten
bis zu drei Stunden pro Woche, durch Ansprüche aus er-
höhtem Urlaubsentgelt und dem Teil eines 13. Monats-
einkommens sowie durch Einbringung des tariflichen
Bildungsurlaubs möglich ist.

Einen generellen Anspruch auf Bildungsteilzeit gibt es
nicht; allerdings bliebe im Streitfall die Möglichkeit, ei-
nen Antrag auf persönliche berufliche Weiterbildung zu
stellen, den der Betriebsrat im Rahmen eines tariflichen
Schlichtungsverfahrens durchsetzen könnte.

Wir suchen Gutachter
Bislang wenig bekannt ist, dass sich die IG Metall seit
einigen Jahren mit Gutachtern in einem Netzwerk für
die Akkreditierung von neuen Bachelor- und Master-
Studiengängen z. B. in den Bereichen Ingenieurwissen-
schaften und Informatik engagiert. Ziel der Akkredi-
tierung ist es, inhaltliche Qualitätsstandards für diese
Studiengänge zu etablieren. Wer Interesse hat, sein
Know-how in diese wichtige Aufgabe einzubringen,
sollte Kontakt mit der IG Metall aufnehmen.

Mehr Infos:
   www.gutachternetzwerk.de
   www.hochschulinformationsbuero.de
                                                         49
„Egal aus welchem Anlass und in welcher Form eine Tren-
 nung des Arbeitsverhältnisses erfolgt; ich empfehle jedem
 Betreffenden ein Beratungsgespräch mit dem Betriebsrat,
 um mögliche Alternativen auszuloten und Formfehler zu
 vermeiden. IG Metall-Mitglieder können ihren gewerk
                                               gewerk-
 schaftlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen.“
                                            Dipl.-Ing. Udo Walter
                                 Siemens AG, Standort Nürnberg Vo
   Projektleiter in der Entwicklung von Mittelspannungsumrichtern
                                         IG Metall-Vertrauensmann
Beendigung von Arbeitsverhältnissen

Kündigung

… durch den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber muss berechtigte Gründe für eine Kün-
digung anführen. Dabei werden drei verschiedene Arten
von Kündigungen unterschieden:
   1. Verhaltensbedingte Kündigung
   2. Personenbedingte Kündigung
   3. Betriebsbedingte Kündigung

Die Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen
Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unter-
nehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate
bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial
ungerechtfertigt ist.

Die arbeitgeberseitigen Kündigungsfristen sind ab-
hängig von der Beschäftigungsdauer. Nach der gesetz-
lichen Regelung (§ 622 BGB) liegen sie zwischen vier
Wochen und sieben Monaten. In den Tarifverträgen der
IG Metall gibt es zum Teil Regelungen, die günstiger und
weitergehender sind als die gesetzlichen Vorschriften.
Dies betrifft zum Beispiel ältere Beschäftigte, für die
ab dem 50. Geburtstag und bei mindestens 15 Jahren
Betriebszugehörigkeit oder ab dem 55. Geburtstag und
bei mindestens 10 Jahren Betriebszugehörigkeit ein
besonderer Kündigungsschutz gilt.

                                                      51
Beendigung von Arbeitsverhältnissen

… durch den Arbeitnehmer
Eine Kündigung muss immer schriftlich und unter Ein-
haltung der gesetzlichen, tariflichen oder im Arbeitsver-
trag geregelten Fristen ausgesprochen werden.

Wer ein attraktiveres Angebot eines anderen Arbeitge-
bers erhalten hat, sollte versuchen statt der Eigenkün-
digung, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Der
IG Metall-Betriebsrat oder die IG Metall vor Ort infor-
mieren über diese Möglichkeit.

Lassen Sie sich beraten!

Im Fall einer Kündigung durch den Arbeitgeber ist eine
qualifizierte Beratung sicherlich sinnvoll. Auch der
Betriebsrat sollte aufgesucht werden, muss dieser
doch vor Ausspruch einer Kündigung vom Arbeitgeber
ordnungsgemäß angehört werden. Die Frist für die
Klage gegen eine Kündigung beträgt drei Wochen. Die
Klage ist beim Arbeitsgericht einzureichen. Ob eine
Klage Sinn macht, sollte mit Arbeitsrechtsexperten
besprochen werden. Mitglieder der IG Metall bekommen
Rat und Unterstützung bei ihrer Gewerkschaft vor Ort.
Beratung, Gerichtsverfahren und anwaltliche Vertretung
vor Gericht sind für IG Metall-Mitglieder kostenlos.

Sofort nach Erhalt einer Kündigung oder nach Abschluss
eines Aufhebungsvertrages muss sich der Betreffende
persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend

52
Beendigung von Arbeitsverhältnissen

melden, um eine übergangslose und vollständige
Zahlung des Arbeitslosengeldes zu gewährleisten und
Sperrzeiten zu vermeiden.

Aufhebungsvertrag

Mit einem Aufhebungsvertrag wird ein Arbeitsverhältnis
einvernehmlich aufgelöst, so dass es keiner Kündigung
durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer bedarf.
Aufhebungsverträge werden häufig durch den Arbeitge-
ber angeboten, wenn er kündigen will, aber teure oder
für ihn riskante Arbeitsgerichtsprozesse vermeiden
möchte. Oder wenn durch kollektive Vereinbarungen die
Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung gene-
rell ausgeschlossen ist. In der Regel sehen Aufhebungs-
verträge auch vor, dass eine Abfindung gezahlt wird.

Es kann weitreichende Folgen haben, einen solchen
Vertrag abzuschließen – zum Beispiel eine Sperrzeit
beim Bezug von Arbeitslosengeld. Das heißt, dass der
Beschäftigte über Wochen keinen Anspruch auf Arbeits-
losengeld hat. Deshalb gilt, egal ob Kündigung oder
Aufhebungsvertrag: Wenn wesentliche Fragen offenge-
blieben sind – nichts unterschreiben! Bitte grundsätz-
lich den IG Metall-Betriebsrat oder die IG Metall vor Ort
einschalten.

                                                       53
Beendigung von Arbeitsverhältnissen

Zeugnis

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also auch nach
einer fristlosen Kündigung, haben alle Arbeitnehmer
Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis, das Art und Dauer
der Beschäftigung beschreibt. Das Zeugnis sollte recht-
zeitig ausgestellt werden, damit der Beschäftigte es für
die Bewerbung nutzen kann.

Nur auf Verlangen des Arbeitnehmers sind darin Angaben
über Führung und Leistung aufzunehmen. In den Per-
sonalabteilungen ist es inzwischen jedoch üblich, solche
qualifizierten Zeugnisse zu erstellen.

Ein Zwischenzeugnis muss ausgestellt werden, wenn der
Arbeitnehmer dies aus triftigem Grund fordert, zum Bei-
spiel beim Wechsel des Vorgesetzten oder weil er sich um
eine andere Stelle – auch betriebsintern – bewerben will.

Gewerkschaftsmitglieder haben die Möglichkeit, ihr
Zeugnis von Experten der IG Metall prüfen zu lassen. Ist
es nicht korrekt, kann ein besseres Zeugnis verlangt oder
mit Hilfe des Rechtsschutzes der IG Metall beim Arbeits-
gericht eingeklagt werden.

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