TAGESSPIEGEL BERLINER - "ALS ICH DER KUNST ZUM ERSTEN MAL BEGEGNET BIN, HAT DAS EINE SEHNSUCHT AUSGELÖST." - IQ digital media-marketing GmbH
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TAGESSPIEGEL BERLINER Nr. 10 April 2019 „ALS ICH DER KUNST ZUM ERSTEN MAL BEGEGNET BIN, HAT DAS EINE SEHNSUCHT AUSGELÖST.“ Die Sammlerin Julia Stoschek ist eine Institution in der Kunstwelt. Große Inszenierung, amerikanischer Glamour – und das in Berlin. Wer ist sie?
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*Stromverbrauch (kombiniert) in kWh/100 km: 26,2–22,6 (WLTP); 24,6–23,7 (NEFZ); CO2-Emissionen (kombiniert) in g/km: 0. Angaben zu den Kraftstoff-/Stromverbräuchen und CO2-Emissionen bei Spannbreiten in Abhängigkeit von der gewählten Ausstattung des Fahrzeugs. 3
Dunkle Louisiana-Wälder. Zydeco, Funk und Rock ‘n‘ Roll. Ein Ritual, um die Sinne wieder zu erwecken. Spiegelpalast, Hertzallee SHOWDATEN Mi – So 10. April – 19. Mai 2019 EINTRITT ab 25 EUR TICKETS unter 030 – 4799 7474, www.hoodoo.berlin und www.eventim.de
die vorleserin inhalt Worum geht es in diesem Magazin eigentlich? Oft hilft der Blick von außen. Diesmal: Hengameh Yaghoobifarah Titel Auf Julia Stoscheks Gesicht ist die Videoinstallation „Silent“ der Künstlerinnen Pauline Boudry und Renate Lorenz projiziert 6 Kunstwerk des Tages von Moritz Frei Foto Valerie Schmidt 8 Berliner*innen Laura Naumann hört endlich auf, die Zähne zusammenzubeißen ihren Bruder Ramadan kennenlernen. 10 Schönstpersönlich Als ich nach den Bundestagswahlen Zehn Lebensverbesserungen 2017 mit spitzen Gel-Nägeln gegen von Ilona Scholl und Max Strohe Nazis aufrüsten wollte, saß ich zufäl- 12 Das Nächste lig im gleichen Friedrichshainer Studio Hilflose Strichmenschchen, Pasta Frutti wie Nura. Sie gönnte sich fliederfarbe- di Plage und klassischer Techno ne Stiletto-Nails und ließ sich beim 14 Let me love you Rausgehen noch auf ein Fan-Selfie mit Amerikanischer Glamour. Große Insze- dem Girl neben mir ein, deren frisch nierungen. Und sehr viel Geld. Wer ist aufgefüllten Nägel in Mandelform ge- die Kunstsammlerin Julia Stoschek? rade im UV-Licht trockneten. Stabile 24 „Ich bin der Boss, ich bin der Boss, Chaya eben! Die R&B-Sängerin rapp- ich bin der Boss“ te einst gemeinsam mit ihrer Kollegin Die Sängerin und Rapperin Nura über feige Nazis, ungeschminkte Fotos Juju im Duo SXTN, von dessen Texten Ç und den deutschen Pass üs, eine Zeitreise in die 1960er Jah- Sie sich hundertpro schon mal provoziert 28 Die zehn berlinigsten Orte re mit Nena, Deutschlands legen- gefühlt haben. Auf ihrem neuen Solo-Album Berlins ... därstem Promi? Fast. Die Dame im „Habibi“ macht Nura weiterhin geile Tracks ... von denen wir diesen Sommer schweiß- Blumenkleid heißt Julia Stoschek mit Ansage, zum Beispiel übers Kiffen, gebadet träumen und zeigt, dass die reichen Pferdemädchen über Hater und über Sex. (Jujus Soloalbum 30 Deborah & Linda mit CSU-Vater und Nazi-Uropa von damals droppt übrigens am 31. Mai.) Netflix verfilmt das Leben der Bestseller- heute auch interessante Dinge machen Wenn Ihre Lieblingsbeziehungen Freun- autorin Deborah Feldman. Ihre beste können. Wie sie sich durch die Kunst mit dinnenschaften sind, dann sollten Sie un- Freundin ist noch näher dran Themen wie Rassismus oder Transidentität bedingt auf Seite 30 blättern und die pla- 35 Wie gemalt auseinandersetzt, erzählt Julia Stoschek in tonische Lovestory zwischen den beiden Acht aufregende Arbeiten in Berliner der Titelgeschichte ab Seite 16. Mir begeg- Autorinnen Deborah Feldmann und Linda Galerien, erklärt von den Künstler*innen – und Mode, inspiriert von der Kunst nete ihr Name zum ersten Mal im Sommer Sabiers lesen. Was die beiden verbindet, 2016: Meine damalige Freundin arbeitete in geht über ihr Jüdischsein und Gin Tonics in 44 Melting Pot Mentaiko Spaghetti einem ihrer Ausstellungshäuser und sagte einer Kreuzberger Bar weit hinaus. zu mir, ich solle unbedingt mal hingehen. Ungebändigte Emotionen gibt es ansons- 44 Impressum Das ist fast drei Jahre her und ich war bis ten auf Seite 8. Unter dem Motto „Stay soft“ 45 Dr. Om Titel: Gene Glover; Oberteil von Prada heute nicht ein Mal dort. Vielleicht sind Sie war Laura Nauman wegen ihrer Bandschei- Kleine Meditationen über da schneller als ich. ben im Pilates-Kurs, als die weichmachen- die großen Fragen des Lebens Das beeindruckt Sie nicht, weil Sie fin- den Worte der Trainerin sie trafen – und sie 46 Sicherheit / Freiheit den, Pferdemädchen bleibt Pferdemädchen? zum Seestern wurde. Uff. Wer kennt’s nicht? Der Schauspieler Armin Mueller-Stahl kehrt der DDR den Rücken Auch okay. Ab Seite 24 kann man die Bossla- Nur Ihre Pollenallergie kann Sie noch kras- dy und Ehrenfrau Nura Habib Omar sowie ser zum Heulen bringen. berliner@tagesspiegel.de tagesspiegel.de / berliner Hengameh Yaghoobifarah, Jahrgang 1991, ist Autor*in, Kolumnist*in und DJ, twitter.com / tspBRLNR außerdem Herausgeber*in des Sachbuchs „Eure Heimat ist unser Albtraum“ (Ullstein). instagram.com / tagesspiegelberliner 5
Kunstwerk des tages Urknall Moritz Frei, geboren 1978 in Frankfurt am Main, schafft jeden Tag ein Kunstwerk. Fast jeden. Hier präsentiert er eines davon. 6
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BERLINER*INNEN Abtauchen! Laura Nauman hört auf, die Zähne zusammenzubeißen A ls das Neonlicht wieder anging, war die Lehrerin, walnusshaarig, ich zu einem Seestern geworden. Ich langgliedrig und samtstimmig, fühlte mich ganz aufgehoben zwi- hatte was anderes mit uns vor. schen den dreißig fremden Seeanemonen, Ganz. Weich. Sollten wir Korallen und Tintenfischen in Activewear werden. Weiche Arme, wei- neben mir. che Beine, Wirbelsäule wie Seitdem mein Körper nämlich beschlossen hat- eine Perlenkette, fließende te, spontan zu altern und mich mit zwei Bandschei- Bewegungen machen, die benvorfällen überrascht hat, ehe ich 30 werden konn- mich fürchten ließen, dass ich te, sehe ich mich mit einer neuen Selfcare-Challenge mich doch in die Ausdrucks- konfrontiert: Sport. Im Idealfall dreimal die Woche, tanz-Klasse verirrt hatte. Sibylle, so mindestens eine Stunde, und auf jeden Fall mit Schwitzen, nenne ich sie hier, wollte, dass wir uns hat der Orthopäde gesagt. Und bloß nicht schleifen vorstellen, wie wir durch Wasser tauchen und zu lassen, denn: „Ihr Bandscheibenvorfall schläft nie. Meerestieren unserer Wahl werden. Und ich, die Der wartet auf Sie.“ Mit so einem Rückenproblem ist man plötzlich Weich wie ich dachte, Moment mal, Sibylle, fest soll ich doch sein und stark und groß, brach prompt in Tränen immer verabredet. Wie machen das andere berufs- ein Seestern aus in meiner Vorbeuge, als mich ihr Satz „Tauch tätige Menschen? Die vielleicht sogar noch Kinder mal ab, du kleiner Seestern!“ traf. Wenn einen je- haben on top? Deren Kinder vielleicht zum Gitar- mand mit einem Meerestier-Namen anspricht an renunterricht müssen und zum Judo? Und die selbst vielleicht einem Tag, an dem man sich in einen Betonsockel verwandeln Chorprobe haben und Therapie und auch ganz gerne mal schlafen? wollte – da kann schon mal eine Träne kommen. Oder viele. Immerhin, dank einer dieser Apps, die das Modern Life hervor- Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu heulen bei ihrem an- gebracht hat, kann ich in ungefähr jedem Sportclub, Fitnesscenter, schließenden Monolog, den sie in ihrer Adidas-Knopfhose zwi- Boxverein und Tanzstudio der Stadt spontan einchecken und an schen unseren Matten auf und ab schreitend hielt, während wir den wildesten Kursen teilnehmen (Salsa-Workout! Bootcamp! in einer seitlichen Dehnung immer tiefer auf den Meeresgrund Schwimmen!). So habe ich viele schöne Begegnungen mit ande- sanken: „Es ist so wichtig, wieder weich zu werden,“ sagte sie. ren Rücken. Nebeneinander auf Matten zu liegen und stupide „Man muss immer hart sein da draußen, aber man kann nicht Bewegungsabläufe zu wiederholen, um geheime Muskelgruppen immer nur hart sein. Das ist so schön, weich sein zu können. Sich zu stärken, die einem das ewige Sitzen auf Stühlen erleichtern sol- weich sein zu lassen. Und dann kann man beides sein. Das ist ja len, bringt einem seine Mitmenschen echt näher. Und was für eine das Schöne – die ganze Welt.“ Lektion in Demut, die Einzige im Kurs zu sein, die immer noch Bringt die wirklich noch eine Liebeserklärung an das Leben in null Sit-Ups schafft, während die Senior*innen wie die Schnapp- diesen 55 Minuten Pilates unter! In mir ging „Both Sides Now“ messer zugange sind. von Joni Mitchell an. Ich heulte mit geschlossenen Augen, vor Neulich, am Ende einer Woche, nach der ich mich elend, unfähig Erleichterung, dass Zähnezusammenbeißen vielleicht doch nicht und vom Leben überfordert fühlte, fand ich mich freitagabends die einzige Option ist. Natürlich nicht. Sibylle hatte mich daran in einem Pilates-Kurs wieder, in dem ich noch nie war. Ich hatte erinnert. Und nicht nur mich. „Sehr schön, einfach alles kommen mich auf dem Heimweg hineingeschubst und ein hartes Core-Trai- lassen“, sagte sie noch. ning erwartet, für innere wie äußere Stabilität. Dachte, das könn- Ich brauchte lange zum Abtrocknen. Und bevor ich Sibylle dan- te vielleicht helfen. Krisenfest dank starker Körpermitte. Aber ken konnte, war sie schon verschwunden. Foto: Privat Laura Naumann, geboren 1989 in Leipzig, ist Theaterautorin und Performerin. In dieser Kolumne erzählt sie von wärmenden Begegnungen in der manchmal viel zu coolen Stadt. 8
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schönstpersönlich 6 Ilona Scholl und Max Strohe über Steaks, Toaster und acht weitere Lebensverbesserungen 8 4 1 2 7 5 1 0 9 3 W ir betreiben selbst ein Restaurant, aber wenn wir uns mal das japanische Blazen-Messer (6): Eleganz, Kraft und eine ewige, fast zurücklehnen und auf hohem Niveau essen gehen möchten, skandalöse Schärfe. Klamotten trägt Max, bis sie auseinanderfallen, gehen wir ins Cordo in der Großen Hamburger Straße (1) liebt sie inniglich und kauft, wenn sie irgendwann in den ewigen und verleiben uns das große Menü ein. Womit wir gern selbst kochen: Jagdgründen landen, dasselbe Modell noch mal. Wie die Cordovan- Fleisch vom Schlemmermeier’schen Freilandrind (2) – von einem Boots von Alden (7). Sein erstes Paar bekam er mit 15 von seinem absoluten Food-Enthusiasten-Paar im Barnim gezüchtet. Trinkbares Vater in New York: unzerstörbares Pferdeleder, locker zehn Jahre holen wir bei Fräulein Brösels Weinerwachen in der Friedelstraße tragbar! Dann das „Katz“-Filzcap von Ebbets (8). Vintage von 1961, (3). Einzigartige, aufs Angenehmste bewusstseinsverändern- die Kappe für den alten Herrn. Und der Parka von Ten C de Auswahl! Ilonas liebste Designer sind die Mädels vom (9), für Oasis-Fans ein Muss und die ideale Alternative zur Pattern Studio (4), sie haben die Tapete des Tulus Lotrek Barbour-Jacke. Zum Schluss die Brille: lange das ideale Mo- angefertigt. Max besitzt wenige Dinge, die immer hochwertig dell gesucht, in der „Voyage Voyage“ von Lunettes gefunden und manchmal hochpreisig sind. Wie der Rowlett-Toaster (10). Rund, edel, getönte Gläser. Dazu etwas, das auch uns (5): echt retro, ein Reminder, gutes Brot zu toasten! Oder wichtig ist: toller Service im Laden. Fotos: PR Ilona Scholl und Max Strohe, 36 und 37, betreiben das Sternerestaurant Tulus Lotrek in der Fichtestraße 24 in Kreuzberg. 10
Auch wenn mein Wein mal die ganze Welt erobert – meine Wurzeln sind hier. Weine aus deutschen Regionen: Qualität, die man schmeckt. Die 13 deutschen Weinregionen sind geschützte Ursprungsbezeichnungen. Weine aus deutschen Anbaugebieten überzeugen nicht nur mit außergewöhnlichem Geschmack, sondern auch mit höchster Qualität. Das garaentiert auch die Europäische Union, die alle 13 deutschen Weinregionen als geschützte Ursprungsbezeichnungen anerkannt hat.
Das Nächste ANZEIGE Endlich TSCHAKA-BUM Das nächste Open-Air, am bei dem wir zu melo- Wasser dischem House selbst- verloren durch die Sonne tänzeln, ist fast schon Tradition: Seit Jahren eröffnet das 1998 ge- gründete Label Kompakt aus Köln den Reigen der Raves, dieses Jahr mit Sets von Michael Mayer, Tobias Thomas, Rex The PIANO, FREUNDE! Dog und dem Berliner T.Raumschmiere. Wir jagen die Monotonie Kompakt Open Air, 5. Mai, ab 14 Uhr, Im Handel erhältlich. Das nächste nicht ganz so klassische Konzert, bei dem wir Versandkostenfrei bestellen: Else, An den Treptowers 10 shop.tagesspiegel.de auf gar keinen Fall still sitzen bleiben, spielen die Akustik- Bestellhotline: (030) 290 21-520 Techno-Pioniere von Brandt Brauer Frick im Prince Charles 9,80 € | 7,50 € für Abonnenten in Kreuzberg. Schon seit 2008 komponiert das Berliner Trio Auch als E-Magazin erhältlich. Techno mit den Mitteln der neuen Musik, treibend, modern und wunderbar monoton – sogar Kanye West wurde aufmerk- sam. Nach der Oper „Gianni“, die die Band 2017 gemeinsam mit dem Regisseur Martin Butler aufführte, erscheint nun mit „Echo“ das neue Album, auf dem sich Daniel Brandt, Jan Brauer und Paul Frick zurück zu ihren Wurzeln begeben. Und zwar zu beiden: So ist der Track „Chamber 1“ tatsächlich ein flirrendes, energetisches Stück Kammermusik, „Fuel“ dagegen IN SCHALE eine düstere Clubhymne über ein sanftes Pianomotiv – bis der massive Drop kommt. Rave me, Amadeus! Einmal Pasta Brandt Brauer Frick: „Echo“, Frutti di Plage, am 10. Mai live im Prince Charles, ab 31. Mai im Handel bitte Das nächste Schalentier, das wir uns schmecken lassen, stammt aus loka- lem Wildfang, nämlich direkt aus der FERNSTEUERUNG Havel. Der Amerikanische Sumpfkrebs Die nächste Gelegenheit, uns fremdbestimmen zu lassen, hat sich derart in Berliner Gewäs- ergreifen wir bei „Remote Mitte“ des Theaterkollektivs sern ausgebreitet, dass er zum Fang Rimini Protokoll. Auf dieser virtuellen Schnitzeljagd leitet freigegeben wurde. Wie praktisch, eine Roboterstimme die Besucher*innen durch die Stadt: dass diese Plage so lecker ist! Beim 50 Menschen mit Funkkopfhörern auf dem Invaliden- „Crabfeast“-Festival bereiten die Food- friedhof, am Hauptbahnhof, am Alex. Hier stehen bleiben, Aktivisten von „Holy Crab“ aus der in- Fotos: PR (4), iStcock diese Geste machen – und darüber nachdenken, wie es vasiven Art Krebsbrötchen, Bouilla- sein wird, wenn die Maschinen irgendwann übernehmen. baisse und Pasta Frutti di Plage. Preis inkl. MwSt. Gorki Theater, 11. Mai, 14 –18 Uhr, Anbieter: Verlag Der Tagesspiegel GmbH, Askanischer Platz 3, 10963 Berlin 29. und 30. April., 7., 8., 13. –15., 28. und 29. Mai Sage Beach, Köpenicker Straße 18 – 20 12
ANZEIGE STRICHMENSCHCHEN Die nächsten kleinen Lektionen in Gegenwartsdemut, bei denen wir nicht wissen, ob wir lachen oder weinen sollen, kommen von Christiane Haas. Die Zeichnerin schaut sich unser hilfloses Leben in ihrem neuen Comicband ganz genau an: eklige Bockwurst, größenwahnsinnige Ele- fanten und Homeoffice in Unterhose, gezeichnet in krakeligem Strich, der genau so viel zeigt, wie nötig ist. „Letzten Endes verstehe ich nicht,“ sagt in einem Bild eine ältere Dame, „wieso es heißt ‚sich beschweren‘, und nicht ‚die andere Person beschweren‘.“ Man wünschte fast, das alles wäre nicht ganz so treffend. „Natürlich bist Du glücklich, wenn Du keine Erwartungen hast“ von Christiane Haas, Avant-Verlag, 120 Seiten, 16 Euro DEIN LAIB KOMME Das nächste Brot, das wir uns Alman-mäßig mit orgasmischem Augen- rollen einverleiben, ist ein ANDREW Saftkorn mit hausgemach- MANZE tem Buchweizenmalz von Martin Helmchen Klavier Aera Bread in der Fasanen- straße. Das „beste gluten- FAHRTENBUCH Fr 03.05. Casual Concert freie Brot der Welt“ Lonely Planet 20.30 Uhr | Philharmonie soll es sein. NIELSEN Symphonie Nr. 4 Die nächste Fahrt, auf die wir gehen, findet in unseren Köpfen ›Das Unauslöschliche‹ Aera Bread, Fasanenstraße 74, statt. Wir schlagen Tom Schulz‘ Gedichtband „Reisewarnung auch online via aerabread.com für Länder, Meere, Eisberge“ auf und fliegen nach Medellín, Venedig, ins Elbsandsteingebirge. Schulz findet Geschichte Sa 04.05. und Geschichten, kleine Erleuchtungen und große Fragen: 20 Uhr | Philharmonie „Ich gleite von einem Zwischenparadies / in ein anderes, stehe BEETHOVEN Klavierkonzert Nr. 4 vor der Champagner-Bar in Heathrow / über einen Bildschirm NIELSEN Symphonie Nr. 4 kann ich wählen: / Zu welcher Welt wollen Sie gehören?“ ›Das Unauslöschliche‹ Hanser Berlin, 96 Seiten, 18 Euro dso-berlin.de 13
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Zwei große Ausstellungshäuser voller Videokunst. Amerikanischer Glamour. Große Inszenierungen. Und sehr viel Geld. Wer ist die Kunstsammlerin Julia Stoschek? Text Fotos Julia Friese Gene Glover 16
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E in Ausstellungsraum ist das Gegenteil von Kunst. Er ist Wand und Wand und Wand. Fast eigenschaftslos ist er, und muss er sein, denn je weniger er ist, desto mehr scheinen seine Exponate. Julia Stoschek steht in ihrer eigenen Sammlung auf einer Schutzfolie, über ei- nem weißen Teppich in einem gänzlich weißen Raum. Sie wird fotografiert. Fast regungslos steht sie da, über ihrem Kör- per brechen sich die Bilder von „Silent“. Einer Video-Performance, inszeniert von dem Künsterinnen-Duo Pauline Boudry und Renate Lorenz. Vier Minuten und 33 Sekunden lang schweigt die Opernsänge- rin Aéra Negrot in viele Mikrofone. Ganz wie einst John Cage das tat. Und es ist, wie es immer war: Auch in der Stille ist etwas zu hören. „Kannst du uns ein paar Emotionen zei- gen“, fragt der Fotograf Julia Stoschek, und sagt sie, beschäftige sie. Sie organisieren Macht sie das stolz? die sagt, sie sei vom Sternzeichen Zwilling, Talks, Führungen und Events. Bei Eröff- also solle das wohl zu schaffen sein für sie. nungen flimmern die dunklen Räume des „Eher glücklich.“ Kurz ändert sie ihre Miene, aber nur mini- Ausstellungshauses. Überall Videoprojek- mal, bis sie sich – für den Bruchteil einer tionen, als ginge man in einen Club. Julia Stoschek ist eine Institution in der Sekunde – nach vorn beugt und das Kinn Kunstwelt. Wie Christian Boros und sein vorschiebt, lustig, als würde sie posieren. Zum Berliner Gallery Weekend startet Bunker. Zu ihren Partys muss man gehen, Aber dann, als würde mit jeder Leichtig- ein einjähriges Programm, das Stoscheks denn jeder wird dort sein. Stoschek, die keit immer ein schwerer Fehler begangen, neue Kuratorin Lisa Long verantwortet. Screen-Queen. Markante Ponyfrisur. Ver- zieht sie sich wieder zurück, schnell, in den Gezeigt werden Arbeiten aus der Samm- schachtelte Sätze. Amerikanischer Gla- aufrecht geraden Stand. Der Blick kühl, der lung, aber nicht nur. Die Ausstellung „On- mour. Und das in Berlin. Mund neutral. Im Nebenraum beginnt going Experiments With Strangeness“ von Sie rede gern persönlich, aber nie privat, Aéra Negrot zu singen. Boudry und Lorenz erzählt von Protest sagt sie immer wieder. Und sie gehöre der und Widerstand. Gerade erst ist sie auf- Generation MTV an, das sagt sie auch im- Julia Stoschek sammelt Videokunst und gebaut worden. In den Räumen des ehe- mer wieder. Was sagt sie sonst noch? besetzt damit eine Nische. Denn Video- maligen Tschechischen Kulturzentrums kunst hat es schwer auf dem Markt. Besitzt an der Leipziger Straße. Stoschek kann Wir sitzen im zweiten Stock, der von ei- man sie, besitzt man oft nicht mehr als eine es nicht kaufen. Nur mieten. Videokunst nem gerafften Vorhang verhüllten Berliner Datei und eine Urkunde. Und installiert auszustellen muss teurer sein, als sie zu Sammlung. Der Raum glänzt mit weißem man sie, auf drei Bildschirmen in seinem sammeln. Mobiliar. Alles ist so glatt, dass man sich Wohnzimmer, ist es schwer, sich ihr zu ent- Leisten kann sie es sich. Julia Stoschek unzulänglich fühlt. Zu menschlich, zu ziehen. Sie taugt nicht als Wandschmuck. wurde hineingeboren in eine Indus- verfleckt, zu vernarbt. Julia Stoschek aber Stoschek erklärt, Wertsteigerung sei nicht triellenfamilie. Brose Fahrzeugteile. 6,3 passt in diesen Raum. ihr primärer Antrieb. Es gehe ihr um das Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2018. Macht das Leben mit der Kunst einen Bewahren, Zeigen, Unterstützen. 26 000 Mitarbeiter weltweit. Sie ist Ge- etwa selbst zum Kunstwerk? Nein, nein. Ihre Sammlung ist privat, aber fast insti- sellschafterin. Ihre Leidenschaft scheinen Sie schüttelt den Kopf. Kunst ist ein Wort, tutionell organisiert. Sie hat zwei Häuser, Gurtstraffer und Gebläse jedoch nicht zu dem sie mit Demut begegnet. eines in Düsseldorf, eines in Berlin. Zu fes- sein, denn sie schwärmt nie davon. Aber ten Zeiten kann man ihre Ausstellungen sie schwärmt: „Ich bin künstlerisch leider total besichtigen. unbegabt. Ich kann nicht malen, „50 000 Menschen kamen nicht zeichnen. Nicht mal singen. „Ein gut organisiertes Team vergangenes Jahr in meine Schon in der Schule wurden aus Mitarbeitern und Experten“, Ausstellungen.“ meine Bilder nie ausgestellt.“ 18
Im ehemali- gen Tschechi- schen Kultur- zentrum in Künstler, die sich ihretwegen erst etablie- sagt Stoschek. Sie lernt den Fotografen An- der Leipziger ren konnten. Und nein, das Sammeln war dreas Gursky kennen. Sie werden ein Paar. Straße 60 nicht immer einfach. Es reicht nicht, wie Sie zieht in seine Heimat Düsseldorf, sie läuft noch Stoschek es formuliert, eröffnet eine Galerie und verkauft: nichts. bis 28. Juli Also beginnt sie zu besitzen. Mehr, immer Videokunst „die finanziellen Mittel“ mehr, von dem, was sie fasziniert, was sie von Pauline haben, aber nicht sein kann. 2007 eröffnet Boudry zu haben. Man muss auch das Vertrauen sie ihre Sammlung in Düsseldorf. 2010, mit und Renate der Künstler, der Galerien gewinnen. Pro- 33, trennt sie sich von Gursky. Lorenz fessionell sein. Sich etablieren. Mit Künstlern zu tun zu haben, mit ihnen Und man muss einen Namen haben. zu reden, zu arbeiten – Julia Stoschek sagt, das ist Glück. Inwiefern? Julia Stoschek ist Tochter von Michael Stoschek. CSU-Mitglied. Rallye-Fahrer. „Jeder Künstler, mit dem ich eine Vorsitzender der Brose-Gesellschaftsver- Ausstellung machen darf, nimmt sammlung. Sie wuchs in Oberfranken auf, mich mit in seine Welt, gibt mir hatte Pferde, ritt Dressur. Studierte Be- daraus etwas mit. Ich erfahre neue triebswirtschaft in Bamberg. Wie sie zur Meinungen und Sichtweisen. Ich Kunst kam? bin sehr neugierig. Ich schaue mir erst mal unvoreingenommen alles Anfang der 2000er Jahre führte sie ein an. Ich habe sehr viel von anders- Brose-Betriebsausflug zur Sammlung denkenden Menschen gelernt,“ Im Gespräch wirkt sie wärmer als vor der Falckenberg nach Hamburg. Sie sah die Kamera oder in den Interviews, die sie au- kopulierenden Teddybären in den Zeich- sagt sie. Und was sind Andersdenkende? torisiert. Julia Stoschek lächelt. Sie wirkt nungen von Simon English und die Be- nahbar. Über ihre für das Shooting gelie- geisterung und Leidenschaft, mit der „Künstler leben und hene Designerkleidung hat sie eine graue Harald Falckenberg von seiner Kunst denken anders.“ Sweatjacke gezogen. erzählte. Sie war fasziniert. Ging wenig später in New York zum ersten Mal in die Es sei bereichernd, an ihren Gedanken teil- „Je mehr man mit Künstlern Galerien. Sah Douglas Gordons Videoins- haben zu können. Nicht nur das. Auch an arbeitet, desto mehr wird einem tallation „Play Dead; Real Time“: Ein Ele- ihren Ängsten und Nöten. auch klar: Was die können, dazu fant spielt in einem völlig weißen Raum Vergangenes Jahr zeigte sie den amerikani- wird man selbst nie imstande sein,“ seinen eigenen Tod. schen Filmemacher Arthur Jafa, kuratiert von Hans-Ulrich Obrist und Amira Gad. sagt sie. Ihre Aufgabe hat sie verstanden: „Das hatte etwas unheimlich Laut Internationalem Kunstkritikerver- Sie ist eine Plattform. Berührendes, diese Verwischung band eine „Besondere Ausstellung 2018“. der Grenze zwischen Natur Sie kauft Kunst am liebsten, wenn sie neu und Kultur. Ich habe Stunden „Bei Jafa ging es vornehmlich ist. Sie nennt keine Namen, aber ja, es gibt in der Galerie verbracht“, um Rassendiskriminierung von ANZEIGE POTSDAM 10. BIS 12.05.19 Palais Am Stadthaus Friedrich-Ebert Str. 37 14469 Potsdam Täglich 11 bis 19 Uhr artantique-potsdam.com
In der Berliner Julia Stoschek Collection gibt es ein Wohn-Atelier, in das Künstler*innen sich zurückziehen können. Die Objekte auf dem rechten Bild sind keine Fernseher, sondern Skulpturen von Peter Weibel 20
Oben steht Julia Stoschek in der Videoinstallation „To Valerie Solanas and Marilyn Monroe in Recognition of their Desperation“ von Boudry / Lorenz. Merchandise, Kunstbücher und hölzerne Pilze in Stoscheks Büro – ihre Mutter arbeitete einst für die Firma, die die Pilz-Modelle hergestellt hat. Mantel und Top: Dries van Noten, Hose: Stella McCartney, Schuhe: Francesco Russo 21
Julia Stoschek im Schein des Werks „Silent“ von Boudry / Lorenz. Darin schweigt eine Sängerin in viele Mikrofone. Stoschek trägt Prada Afro-Amerikanern. Durch den nach Venedig mitnehmen. Alle zwei Jahre Großvater Max Brose, war seit Juni 1933 Künstler ist mir wieder bewusst findet die statt. Der Sohn ist drei. Es ist sei- NSDAP-Mitglied, Wehrwirtschaftsführer, geworden, welch omnipräsentes ne zweite internationale Kunstausstellung. Eigentümer einer der ersten Hitler-Büsten Problem das heute noch darstellt. überhaupt. Seine Firma war kriegswichtig, In den USA, in Europa und auch „Ich frage mich auch, was beschäftigte kriegsgefangene Zwangsarbei- bei uns. Das war mir so nicht das eines Tages mit ihm ter. Im gleichen Jahr, als die Stadt Coburg bewusst,“ machen wird. Ich meine, er den Gründer ihres wirtschaftlichsten Un- wächst mit Kunst auf – ich ternehmens rehabilitieren wollte und eine sagt Stoschek. Die Kunst, sie weitet ihr bin weitestgehend ohne aufge- ihrer Straßen in „Max-Brose-Straße“ um- Sichtfeld. wachsen. Als ich der Kunst dann benannte – was der Zentralrat der Juden in zum ersten Mal begegnet bin, Deutschland kritisierte – zeigte Julia Sto- Julia Stoschek ist 43 Jahre alt. Mit dem Vor- hat das eine Sehnsucht aus- schek als erste deutsche Privatsammlerin standsvorsitzenden der Axel Springer SE, gelöst. Einen inneren Drang, eine Ausstellung in Tel Aviv. Das war 2015. Mathias Döpfner, hat sie ein Kind. Ein Paar mehr noch, eine Notwendig- Das 50-jährige Jubiläum deutsch-israeli- sind sie nicht. Ist sie eine strenge Mutter? keit, Kunst total intensiv scher diplomatischer Beziehungen. zu leben.“ „Leider gar nicht. Bevor ich „Ich hab die Firmengeschichte Mutter wurde, hatte ich mir Auf ihr Ausstellungshaus in Düsseldorf nicht mit meiner Ausstellung in vorgenommen, autoritär zu sein. hat sie ein Penthouse gebaut. Weil sie Zusammenhang gebracht,“ Ich komme aus einem sehr kon- ohne Kunst aufwuchs, zog sie später ins servativen Haushalt. Und ich finde Museum. „Kinder entwickeln häufig eine sagt Stoschek. das recht gut. Daran gemessen, Gegenwehr gegen die elterlichen Vorlie- wie ich aufgewachsen bin, ben“, sage ich. Und Stoschek sagt: Sie reist viel. Silvester im Oberengadin, ein erziehe ich wachsweich.“ paar Tage in New York, dann Kalifornien. „Total“. Vor ein paar Wochen war sie bei dem dä- Sie macht eine Pause. nischen Künstler Jeppe Hein im Studio, Zwei Tage die Woche verbringt sie mit der und dann gleich Teil seiner Performance „Mein Sohn wickelt mich ständig Arbeit für die elterliche Firma. Einmal im „Breathe With Me“. Erst haben sie bewusst um den kleinen Finger. Ich muss Monat trifft sie die anderen Gesellschafter geatmet, dann eine Leinwand bemalt und dringend an meiner Autorität in Coburg, um über operative Entschei- zu Mittag gegessen. zu Hause arbeiten.“ dungen abzustimmen. Das Unternehmen hat eine allzu deutsche Geschichte: Der „Das war ein unerwarteter Im Mai wird sie ihren Sohn zur Biennale Unternehmensgründer, Stoscheks Ur- Glücksmoment,“ 22
23 sagt Stoschek. Von Jeppe Hein stammt auch „Herzlich Willkommen. Sie sagt: das letzte Kunstwerk, das sie gekauft hat. Hallo. Schön, dass du Ein Leuchtkasten. Wie der aussieht? Sie gekommen bist“, „Mir geht der heilige Ernst beschreibt ihn nicht, sondern ruft nach dieser Debatte aufs Gemüt.“ einer Mitarbeiterin. Wo ist ihr Handy? Sie sagt sie während der Vernissage immerzu. bekommt es, geht durch ihre Bildergalerie Ihre Höflichkeit ist professionell und Wenn eine Frau gut sei, sei sie gut, sagt voller Exponate, dann zeigt sie ihn: ein qua- knapp. Aber die Kinder der Gäste lächelt sie. Schulterzuckend wirkt sie. Ihre erste dratischer, nach vorne offener Kasten aus sie an, streichelt einem über den Rücken. Ausstellung hatte Stoschek 2007 nach ei- Spiegeln. In leuchtenden Neonbuchstaben Ein Herr im blauen Jackett und Einsteck- nem Werk der feministischen Künstlerin steht darin: „LET ME LOVE YOU“. tuch bringt Kuchen vorbei. Im Hof ist ein Bonvicini benannt: „Destroy, she said“. Altbier-Wagen aufgebaut. Dann steigen die Düsseldorf, Oberkassel. Nirgends könnte Düsseldorfer die Treppen zur Ausstellung Am Montag nach der Eröffnung telefonie- die Rheinstadt Berlin unähnlicher sein. Die empor, werden gefilmt und mitten in die ren wir noch mal. Sie will es so. Sie ist Menschen hier sind weiß, wohlhabend. Ausstellung des Videokünstlers Rindon Perfektionistin, will sichergehen, dass sie Fahren Porsche und BMW. Ein Schaufens- Johnson hineinprojiziert. Antworten in ihrem Sinne gegeben hat. ter wirbt in großen Buchstaben für Krug Stoschek sucht mich. Sie will mir was zei- Die Vernissage hat sie genossen. Ihre Fa- Champagner. In der Brasserie Hülsmann gen. Wir gehen am Eingang vorbei zu ei- milie war nicht da, nein. Aber ihr Sohn gibt es Kalbsbries und Jakobsmuscheln. ner kleinen weißen Wand, neben der ein und engste Freunde. Der Artist-Talk mit In Hinterhof der nahegelegenen Schan- Fernseher steht. Er zeigt Monica Bonvici- Rindon Johnson am Sonntag hat sie fas- zenstraße steht ein Fabrikgebäude, es war nis „Wallfuckin‘“: Eine Frau, nackt, bewegt ziniert. Ebenso wie seine Virtual-Reality- mal eine Matratzenfabrik, gehörte mal zur sich breitbeinig gegen eine weiße Wand. Arbeiten. Metallindustrie, nun trägt es eine Dachter- Ein Protest gegen die männliche Architek- rasse mit Dachgeschoss: die Julia Stoschek tur des Lebens. „Er ist eine Trans*person. Collection Düsseldorf. An einem Freitag- Interessant fand ich deshalb seine abend Ende März steht Stoschek in deren „Diese gemauerte Wand hier Aussage, dass Virtual Reality, geöffneten Türen, um ihre neue Kuratorin ist der aus der Performance als ein Transit zwischen den Lisa Long vorzustellen. nachempfunden,“ Realitäten, dem Transdasein ähnelt,“ „Sie hat in New York am Bard sagt Stoschek und hält sich kurz an ihr fest. College studiert und reist aus- Ist sie Feministin? sagt die Sammlerin, die Mäzenin, und gesprochen viel. Sie stellt mir und dann, nur kurze Zeit später, verabschie- meinem Team neue Künstler vor. „Ich würde mich als emanzipiert den wir uns. Bringt frischen Wind herein,“ bezeichnen. Anders als manche Frauen habe ich aber kein Auch Stoschek wandelt in verschiedenen sagte Stoschek zuvor im Gespräch mit mir. Männer-Feindbild. Im Gegenteil. Welten. Die Familie, in der sie aufgewach- Nachdem sie 2017 ihr zehnjähriges Samm- In Berlin beobachte ich oft, dass sen ist, ist ihr Fundament und Wand. Die lungsbestehen gefeiert hatte, war ihr klar, es Frauen gibt, die es nicht mögen, Kunst ist ihr Fenster. Ihren Reichtum nutzt dass sie nicht weiterhin nur die Kunst zei- wenn ein Mann ihnen die Türe sie, um den Blick durch dieses Fenster mit gen will, die sie besitzt. Das wäre ihr zu aufhält. Zu denen gehöre anderen zu teilen – und, natürlich, um sich einseitig gewesen, sagt Stoschek. ich sicher nicht.“ darin zu spiegeln. ANZEIGE Die Galerie TAMMEN & PARTNER präsentiert: bis 20. April 2019 Sonja Edle von Hoeßle - Skulpturen Heike Jeschonnek - Paraffinzeichnungen Sabine Ostermann - Linolschnitte 26. April - 22. Juni 2019 Eröffnung: 26. April 2019 19.00 Uhr Es spricht: Prof. Dr. Dieter Ronte Dietmar Brixy Thomas Röthel Malerei Skulpturen D-10969 Berlin • Hedemannstr. 14 Tel: +49 (0)30 225 027 910 Fax: +49 (0)30 225 027 911 info @ galerie-tammen-partner.de www.galerie-tammen-partner.de
„Ich bin der Boss, ich bin der Boss, ich bin der Boss“
Ein äthiopisches Restaurant in N ura, was machen wir hier im gutbürgerlichen West- Berlin? Deine Musik, dein ganzer In einem Fragebogen hast du auf die Frage, was du mal gerne für einen Tag wärst, geantwortet: Charlottenburg: Nura Habib Omer Nura, bei einem Konzert in Berlin hast du dich in einem Schlauch- boot auf der Menge rumtragen Auftritt klingt nach Kreuzberg weiß. betritt den Raum, lassen, dazu skandierten die Leu- oder Neukölln. Ganz im Ernst: Dann wären viele die Sängerin, Rapperin te: „Refugees are welcome here“. Ich habe zuerst in Kreuzberg Sachen ganz anders. Ich würde Ich bin pro Asyl, auf jeden und Podcasterin ist gewohnt, dann lange in Fried- nicht blöde angeglotzt werden, Fall. Wenn Rechte sagen: Geh richshain. Aber ich bin weg- wenn ich in der Bahn neben ir- sofort ganz doch zurück nach Hause – tja, gezogen, weil es so viele Pro- gendeiner Oma Richtung Osten da, umarmt alle, vielleicht kann ich nicht zurück? bleme gab. Jeder wusste, wo fahre. Manche Menschen sagen Schon mal darüber nachge- ich wohne, ich hatte gar keine mir dann: Hä, mir ist das noch selbstverständlich dacht? In Eritrea ist die Lage Privatsphäre mehr. Da war eine nie passiert – ach, komisch, mit duzt man sich, der immer noch kritisch, ich würde Schule, es gab Uhrzeiten, da deinem blonden Lockenköpf- Auftritt macht klar: gern mal hinreisen, aber erst, konnte ich nicht rausgehen. chen! Man müsste manche Leute wenn sich das beruhigt. Es ist für einen Tag schwarz machen. alles andere wäre schade, dass man nicht in sein Nervt dich die Aufmerksamkeit? Fahr mal durch den Osten, fahr totaler Quatsch. eigenes Land kann, weil es Im Gegenteil: Ich habe übertrie- mal durch irgendwelche Dörfer – Nuras Bruder dort zu gefährlich ist. Des- ben Bock drauf, dass Leute mich und guck, wie das ist. wegen kann ich es auch kom- anquatschen und sagen, sie Ramadan begleitet plett verstehen, dass Leute hören meine Musik und wollen Du warst drei, als deine Mutter sie, ein fröhlicher hierherkommen. ein Foto. Aber es gibt Tage, wo mit deinen drei Geschwistern Typ mit medizinball- ich einfach kurz was erledigen nach Deutschland geflohen ist. Deine Mutter hat heute, nach will, zum Späti oder in den Dro- Nura: Ja, wegen des Golfkriegs. großem Afro. Er ist fast 30 Jahren, eine unbefristete geriemarkt, Waschmittel kau- Meine Eltern kommen aus ihr „Daily Manager“, Aufenthaltserlaubnis. Aber du fen, und dann zurück ins Bett. Eritrea, ich bin geboren in musst immer noch regelmäßig erklärt er, Vollzeit – Ich bin privat eigentlich auch Kuwait City, mein Vater hat da zum Ausländeramt. nicht geschminkt, und ich mag gearbeitet. Er ist dageblieben, die beiden wohnen zu- Ja, alle zwei Jahre gehe ich da das auch sehr – aber dann will heute haben wir eigentlich sammen. Neulich hat hin, dann geben die mir einen ich nicht so gern Fotos machen. keinen Kontakt zu ihm. Oder, Stempel und sagen: Du warst Ramadan, haben wir ihn danach er sogar gestoppt, wie brav, du darfst noch ein biss- Machst du viele schlechte Erfah- noch mal gesehen? lange seine Schwester chen hierbleiben. Abschieben rungen mit der Öffentlichkeit? Ramadan: Ja, wir sind zu morgens im Bad können sie mich nicht, weil Nur im Internet. Mir persönlich meinem 18. Geburtstag nochmal Eritrea immer noch unsicher ins Gesicht hat noch nie jemand hingeflogen, vor 15 Jahren. braucht, damit er ist. Also bin ich hier gefangen … etwas Schlechtes gesagt. Nura: Ach ja, stimmt – wir haben besser planen kann: nein, Quatsch, ich bin gerne Noch nie! Und es kommt immer zusammen mit meiner Mama 45 Minuten. hier. auf die Sachen an, die ich aus- eine Pilgerfahrt nach Mekka spreche: Nach meinem Auftritt gemacht. Da war mein Vater, Ist das für dich ein Thema: der beim #wirsindmehr-Konzert stimmt. Aber ich erwähne ihn Warum ausgerechnet Status, der Pass, was man ist? in Chemnitz habe ich Hate be- eigentlich nie. dieser Treffpunkt? Ich wäre safe, wenn ich einen kommen. Da finde ich es echt „Es gibt Mama-Essen deutschen Pass hätte. Dann lustig, dass ich Hate bekomme Wie war die Flucht? könnte ich nach L.A. fliegen und dafür, dass ich etwas sage – und Ramadan: Wir vier Geschwister hier“, sagt Nura. dort Mucke machen, ich kenne Leute, die die Schnauze halten, und unsere Mom sind ins Flug- Ihre Eltern stammen viele Künstler dort, die haben nicht. Ich habe einmal ein AfD- zeug gestiegen, sind in Frankfurt mich oft eingeladen. Aber ich aus Eritrea – „das ist Plakat abgerissen, da hieß es: gelandet, und dort wurden wir darf nur innerhalb Europas Ich schlitz dich auf. Aber es kam von unserer Familie abgeholt. ein und dieselbe reisen. Mit dem Pass, den ich keiner. Dann die Beleidigungen Die Brüder meiner Mom und Kultur. Meine Kultur!“ habe, gibt mir auch kein Land gegen meine Hautfarbe: Scheiß- meine Oma haben schon hier ein Visum. Ich habe Visa für neger. Ja, ich bin dunkelhäutig, gelebt, das ist auch der Grund, Australien beantragt, meine und jetzt? So was verletzt mich warum wir nach Deutschland beste Freundin lebt da – sechs nicht. Die Rechten merken: gekommen sind. Dann saßen Mal abgelehnt. Ist halt schwer, Oh, die kleine Schwarze hat eine wir im Auto, auf der Autobahn Interview wenn man ein Dritte-Klasse- krasse Reichweite. Und ihre haben wir alle eine Caprisonne Jan Oberländer Mensch ist. Aber das werde ich Fans sind nicht blöde. Ich bin ein Orange bekommen. So ging Fotos auch noch hinkriegen. Das ebenbürtiger Gegner. unsere Reise los. Alena Schmick Musikmachen hilft mir dabei. 25
„Ich bin ein krasses Arbeits- Wie denn? tier. Ich hab auch happy. Es ist sogar besser: Wie ist das: Allein auf sich Es gibt diesen Punkt: öffent- nie gechillt, nie Wäre ich Ärztin geworden, hät- gestellt zu sein? Die Verant- liches Interesse. Die auf dem was geschenkt ten wir uns nie gesehen. So bin wortung zu haben? Amt sehen, du bist wichtig – und ich zwar auch krass busy, aber Bei SXTN wurde uns viel Ar- dann geben sie mir einen Pass. bekommen, ich kann sagen: Mama, komm beit abgenommen durch das Es ist wie bei Sportlern: Wenn immer krass viel mit! Das würde im OP-Saal nicht Management, wir haben dann du Kanake bist und gut Fußball geackert“ gehen. Bei unserem allerersten immer zusammen Entschei- spielen kannst, dann heißt es: Festival mit SXTN saß sie direkt dungen getroffen. Aber hier war Mach den mal schnell zum hinter der Bühne. Als wir dann es so, dass ich die volle Macht Deutschen hier! Armschmerzen vom Tellertra- „Deine Mutter“ gespielt haben … hatte: Nein, das machen wir so, gen, im Cookies an der Bar, im nein, „Was ich meine“ wird die Ist das ein Ansporn für dich? Urban Spree an der Bar und Mit Zeilen wie: „Ich ficke deine Single. Ich bin der Boss, ich bin Die sollten mich auch so an der Tür, im Spindler und Klatt Mutter ohne Schwanz“ oder: der Boss, ich bin der Boss. Das nehmen. Die hätten mich vorher an der Tür. „Fick dich, du Hurentochter“. war nice. Und das habe ich alles schon nehmen können. Ich lebe … da hab ich natürlich gesagt: während des Albums gelernt. seit 30 Jahren hier, die ganze Du bist stolz auf deinen Fleiß? „Ey, alle Mamas außer du, Vielleicht hätte jemand anders Familie zahlt Steuern, meine Ich bin alleine hergekommen. Mama!“ Einmal haben wir dieses Paket nicht tragen kön- Mama arbeitet, seit sie hier ist. Ich hab immer gearbeitet. Wenn backstage zusammen gechillt. nen. Aber deswegen hat Gott, Sie ist Reinigungskraft, natür- ich krank geworden bin, gab es Juju, meine Partnerin bei SXTN, oder wer da oben ist, mir das ge- lich, sie hat ja nichts gelernt. kein Geld, also habe ich immer wollte einen Sekt trinken – geben. Weil er sich denkt: Die Nie krank, nie geschwänzt, gearbeitet. Ich bin ein krasses aber ich trinke nicht vor meiner heult vielleicht und sie wird blu- würde sie niemals machen. Arbeitstier. Das hab ich von mei- Mama, aus Respekt. Ich rauche ten, aber sie wird es hinkriegen. Hat immer noch keinen deut- ner Mutter, ich hab nie gechillt, auch keine Zigaretten oder schen Pass. Aber zwei Jobs. nie was geschenkt bekommen, Joints, wenn sie da ist. Klar weiß In „Könnt Ihr mich hören“, einem immer krass viel geackert. Acht sie, dass ich das mache, aber Buch über deutschen Rap, er- Du bist als Jugendliche von Stunden, zehn Stunden die Bar ich muss ihr das nicht unter die zählst du: „Die Gesellschaft hat zu Hause abgehauen, hast im gemacht, dann hieß es: Hast Nase halten. Also, Juju sagte: immer noch Schiss vor Rappern. Heim gelebt. Warum? du Bock, den Laden zuzuma- Hey, lass uns anstoßen – es war Aber die Kinder von diesen Leu- Das war ein Culture Clash. chen? Dann musst du noch fünf ja der erste Tag unserer ersten ten, die Schiss haben, feiern uns.“ Unsere Mutter ist sehr religiös, Stunden bleiben, es gibt aber Tour. Und meine Mama hat Verstehst du die Sorge der Eltern? ich wollte meinen westlichen soundso viel Geld direkt auf die ihr Wasserglas gehoben und Ich kann das verstehen. Aber Lifestyle durchsetzen. Einfach Hand. Okay, dachte ich, ich bin mit uns angestoßen. Das war daran merkt man, dass die normal sein. Ich hatte dann aber ja schon hier. schon krass. Eltern sich nicht damit befasst in Wuppertal so viel Stress, haben. Seit ich eine kleine Nichte die ganze Stadt hat mich so Wann war dir klar: Clubjobs, In deinem Podcast erzählst du, habe, habe ich eine andere belastet. Da habe ich noch gar Ausbildung, das ist es alles nicht dass dieses Album die erste Sichtweise. Sie darf die Liebes- keine Musik gemacht, sondern – ich muss auf die Bühne? Sache in deinem Leben sei, die lieder hören, die anderen nicht. nur Scheiße gebaut, gekifft, Die Crackhuren waren eine du „alleine durchgezogen“ hast. Aber ich würde es ihr erklären. gesoffen, war auch depressiv. Ausprobierphase. Da habe ich Du sagst: „Ich hätte nie gedacht, Wenn sie darauf angesprochen Ich wollte die ganze Zeit einfach gemerkt: Ich bin so extrover- dass ich etwas alleine schaffe.“ wird, soll sie sagen können: Ja, weg. Jeder hat mich gekannt, tiert, ich bin der Showmaster, Woher die Selbstzweifel? meine Tante macht diese Musik. aber für etwas, auf das ich nicht ich brauche mein eigenes Ding. Das waren keine Selbstzweifel. Aber das ist eine Kunstform, so stolz war. Ich war nur die, die Dann kam SXTN, auch eine Vorher war es meistens so: drückt sie sich aus. Musik ist da im Heim wohnt. Ich brauchte Ausprobierphase, und die Tür, Ich hab irgendwas angefangen, Kunst, die muss nicht jedem ge- einen Neuanfang. Jetzt kennen die alles geöffnet hat. Jetzt bin und dann kam irgendein Rück- fallen. Deshalb finde ich: Kinder mich wieder alle. Aber anders. ich bei Nura angelangt. Und schlag und ich habe es liegen sollten ihren Eltern Rapmusik eigentlich kann ich mich auch lassen. Wie meine Ausbildung: näherbringen. Ich habe das mit Du bist dann nach Berlin gezogen. immer nur auf Nura verlassen. immer schnell Ausreden gefun- meiner Mama auch gemacht. Ich habe eine Ausbildung zur Sie hat mir immer Kohle nach den, aufzuhören. Oder bei die- Sozialassistentin angefangen, Hause gebracht. Sie war immer sem Album, da ist ein sehr guter aber dann war ich mit meiner am Start. Freund von mir verstorben, „Meine Fans ersten Band, den Toten Crack- und ich hätte das fast wieder als huren im Kofferraum, auf Tour. Welchen Traum hatte deine Ausrede dafür genommen, wissen: Wenn Die Ausbildung habe ich zwei Mutter für Nura? dass ich nicht weitermache. eine ältere Dame Mal abgebrochen, hab gearbei- Anwältin, Ärztin, solche Sachen. Aber ich habe es durchgezogen. in den Bus ein- tet, im Café, im Restaurant, Aber ich glaube, jetzt ist sie Aus eigener Kraft gecheckt. steigt, dann stehe ich auf und gebe 26 ihr den Platz“
27 „In meinem Diddl-Freund- Also: gar keine Bedenken, dass Du brauchst Representer auf anderes machen, und eigentlich schaftsbuch von 15-jährige Fans die Krawall-Nura einem Album. Tracks, auf denen müssten alle sagen: Hey, krass! 1998 steht drin, zum Vorbild nehmen? du sagst: Haltet die Fresse, Bei euch standen viel mehr was ich werden Bei meinen Fans gibt es eine ihr Bastarde, ich bin der King. Leute vor der Bühne! Ihr habt Gruppe, sechs Mädels. Berline- Aber auf Dauer finde ich das das Festival gefickt! Aber nein, will: Sängerin“ rinnen, so zwischen 15 und 17, echt eintönig. Ich hab das am sagt keiner. Weißt du, warum? das sind die Nura-Ultras, meine Anfang bei SXTN eher als Weil sie neidisch sind. aktivsten Fans. Mit deren Eltern Scherz mitgemacht. Juju hat die zeigen soll: Männer prügeln bin ich eng, die fahren ihre gerappt, also hab ich mitgerappt. Im Video zu deiner Single sich für mich, aber Männer Kinder zu Fantreffen und holen Ich liebe es, Sachen, auszu- „Was ich meine“ scharwenzeln kümmern sich auch um mich. sie wieder ab. Sie wissen, dass probieren. Aber eigentlich war muskulöse Typen halbnackt Und die Stripclubszene, die ihre Kinder safe wieder nach Rappen nie so mein Ding. In um dich und zwei andere Diven sagen soll: Klar, ich bin eine Hause kommen. Die kriegen meinem Diddl-Freundschafts- herum, reichen Champagner Olle, aber ich kann auch den und keinen Asi-Brainwash von mir. buch von 1998 steht drin, was und Trauben an … den kaufen, ich hab auch Kohle. ich werden will: Sängerin. Ge-nau! Ja, da habe ich alles Das war auch noch so ein Clou: Du hast echt keine Sorge, dass selbst gemacht: Treatment ge- Ich habe ja Katja Krasavice und du deine Fans mit einem Song wie Bekommen Frauen im Rap- schrieben, Location gescoutet, Cherry Rebelle dabei… „Sativa“ zum Kiffen anstiftest? geschäft zu wenig Respekt? Casting, Regie. Ich hab bei Das ist das Ding. Ich habe ja nie Mit SXTN kamen wir aus dem Instagram ein Bild von Brad Pitt … zwei, nun ja, Erotik- gesagt: Ich mache jetzt Musik Nichts, sind auf Platz 8 gechar- gepostet und gesagt: Wenn Instagram-Stars. für Über-30-Jährige. Nur weil tet und drei Mal Gold gegangen du so aussiehst, melde dich. Wo alle immer denken: die ich weiß, dass ich 13-jährige Fans – aber das schätzt keiner. Die Leute dachten, ich suche Huren! Die tanzen jetzt schön habe, werde ich nicht meine Es schätzt auch keiner, dass wir einen Freund. Zum einen hatte im Video! Die ganzen Perversen Songs verändern. 13-Jährige alles selbst geschrieben haben. ich die Idee mit dem Fight Club: dachten, dass sie Titten sehen können differenzieren, wenn Rapper sind gierig und wollen Dass ich die Puffmutter bin und würden – aber wir zeigen nur ich eine lustige Story erzähle. nichts abgeben. Es gibt 500 da sitze und chille, und wenn Männerkörper. Katja ist genau „Sativa“ ist meine Traumvorstel- Typen, die gleich aussehen und ich Bock habe, lege ich nen Fuffi so eine Frau: Im Club rennen ihr lung davon, wie es wäre, wenn gleich rappen. Dann kommen hin und die Typen prügeln sich. die Männer wie Hunde hinter- ich in so einen Schickimickiclub zwei Mädels, die was ganz Dann diese Champagnerszene, her. Denkt ihr, bei uns ist das gehen würde und alle zum Kiffen anders als bei euch? Wir sind anstiften, sogar den Türsteher. auch im Game. Aber ich mache Das ist Comedy. Ich weiß, dass das nur im Video, als Verar- meine Fans so schlau sind, dass schung. Männer, die so ein sie niemals sagen würden: Ich kleines Ego haben, die machen kiffe jetzt, weil Nura auch kifft. das in Wirklichkeit. Du machst dir also schon Gedanken. Meine Fans wissen: Die Musik ist das eine, die Person Nura ist das andere. Aus meinen Instagram-Stories wissen sie, wie ich bin, wie ich rede. Wenn ich sage, sie sollen gerade sein, höflich sein. Die sind genauso Nura Habib Omer, Jahrgang empathisch wie ich. Sie können 1988, redet maschinen- bei manchen Liedern total asi gewehrschnell. Immer wieder sein, aber sie wissen: Wenn eine klingt rheinischer Singsang ältere Dame in den Bus ein- durch, sie ist ja in Wuppertal steigt, dann stehe ich auf und aufgewachsen. Gerade hat gebe ihr den Platz. Nura mit „Habibi“ ihr erstes Soloalbum veröffentlicht, ihr Während deiner Zeit bei SXTN Podcast „Allo Leute“ läuft auf hast du mal gesagt „Wir mögen Spotify. Ab Mai wird Nura auf Mütter, aber manchmal machen Festivals spielen, im September wir halt Battle-Rap“. beginnt die offizielle Albumtour.
Die bekannten Berliner Hotspots sind totfotografiert und völlig überfüllt. Wir brauchen neue Orte, neue Trends, neue Visionen! Für Instagram, aber auch für das wahre Leben 4. Waschen, trocknen, ziehen Weiße Socken sind der wichtigs- te Modetrend seit keine Socken. Wer reich ist, kauft sich für jeden Tag zwischen April und Oktober ein frisches Paar. Alle anderen waschen sie in der ersten spezi- 1. ellen Tennissocken-Reinigung auf Diabetes Typ III der Torstraße. Der Clou: Hier wird nach Marken getrennt! Wer lieb Gentrifizierung finden alle blöd, fragt, bekommt vielleicht noch ein besonders wenn zwei Investoren bisschen weißes Pulver gratis. aus Stuttgart mitten in Kreuzberg 28 Familien aus der Wohnung klagen. Aber im Erdgeschoss hat jetzt zum Trost das tausendste niedlichste Zuckercafé der Stadt (Zitat: alle Stadtblogs der Stadt) Text aufgemacht. Um die aufgebrach- Jacqueline ten Anwohner zu besänftigen, Schäufele sind alle verwendeten Zutaten nicht aus der Markthalle IX, son- dern von Aldi. 5. 2. Schwierige Einmal Bolte- Ramen- bedingungen Zwiebel in der Waffel, bitte Nudelsuppe mit Ei und Dosen- mais gibt es jetzt auch in Lank- Weil man für Eis länger warten witz. Doch trotz anhaltenden Hy- muss, als man es isst, ist die beste pes in den Szenebezirken will der Eisdiele der Stadt die mit der stim- Laden nicht recht laufen. Die Kon- mungsaufhellendsten Umgebung. 3. kurrenzanalyse zeigt: Nebenan In der Choriner Straße steht man Re: Out of Office gibt’s das Pastagericht, das eine zwischen Vintage-Shops, Klima- ganze Generation von Millenials Aktivist*innen und selbstgenäh- Freitage sind für die Zukunft! Und weil jetzt alle nur noch vier groß, stark und entscheidungsun- ten Wimpeln an. Und lernt eine Tage die Woche arbeiten, treffen auch wir Erwachsenen uns fähig gemacht hat: Spaghetti-Eis. Menge jener Kinder kennen, die regelmäßig mit unseren lustigen Demo-Schildern an zentralen später mal unsere Rente nicht be- Orten und tun was für die Umwelt („Homeoffice spart CO2!”). Fotos: Tobias Heuser zahlen. In diese Lücke zwischen Hauptsache, man kann dabei sitzen und trinken. Emilia, lässt Hoffnung und Realität passen üb- du bitte die Trinkflasche von der Mama. Nein, das ist kein rigens genau zwei Kugeln Spar- Apfelsaft. Nein, das ist wirklich nicht für Kinder. EMILIA! DU gelsorbet (vegan). WARTEST GLEICH IM SUV, BIS WIR FERTIG SIND! 28
8. Feuchte Träume im Trockenbau Der Wedding kommt. Ganz buch- stäblich, denn im verruchtesten neuen Sexshop weit und breit fin- den alle Berliner*innen (m /w / x) unterderklebrigenLadenthekedas, 7. was selbst die intimsten Fanta- sien übertrifft: Mietverträge mit Mit Obst Preisen unter 10 € /m2. Ab U Turm- zur Bikini- straße einfach immer dem lustvol- frisur len Seufzen folgen! An Verhütung wurde übrigens auch gedacht, Neuer Trendsnack: vorgeschnit- denn alle angebotenen Wohnun- tener Obstsalat im Plastikbecher. gen sind im Wedding. Den gibt es normalerweise beim 6. Späti, diese Saison aber prakti- 10. scherweise als Lieferware von Vorsprung einem Start-Up namens Fruitdo- 9. Der Sky durch ra. Mit dem mitgelieferten Piek- ist der Himmel Lieber Hektik ser kann man sich nochmal die Augenbrauen richten, bevor man Gras rauchen Wer sich keine vier Wochen Som- Freelancer, die im Sommer arbei- wieder auf’s Longboard steigt. als Heuschnupfen merurlaub auf Bali leisten kann, ten müssen? Uff. Wenn schon, Bei dem ganzen Mikroplastik in investiert dieselbe Summe in vier dann im frisch eröffneten Cowor- der Blutbahn riecht es allerdings Es geht nichts über echte Street Tage auf dem „Hey Leute, ich bin king-Space – so neu, da ist noch jetzt nach Stürzen auf dem Tem- Credibility. Findige Bauunterneh- auch auf einem Festival!”-Festival die Schutzfolie auf dem Barista. pelhofer Feld ein bisschen nach mer haben den Trend erkannt und kurz hinter der Stadtgrenze. Da Das altbekannte Konzept funk- verbranntem Gummi. unweit des Flughafens Schöne- gibt’s Sand für jede Körperöff- tioniert jetzt auch am schattigen feld die erste Schau-Baustelle der nung, kreativ gestreckte Drogen, Ende der Sonnenallee: reinset- Region erschaffen. Hier lässt es und irgendwer bringt seine Gitar- zen, so tun, als würde man ar- sich ungestört urban und edgy re mit, die, Überraschung!, auch beiten und warten, bis einem ein in der Russenhocke posen, ohne nachts um fünf auf dem Zeltplatz nervöser Aufsteiger Flat White dass der Charme von frischem funktioniert. Bei Heimweh kurz über das Macbook schüttet. Von Zement in absehbarer Zeit einem zum Food-Court, denn alles kos- der Versicherungszahlung kann betriebsfertigen Gebäude weicht. tet noch mehr als am Flughafen man dann wieder einen Monat Geo-Tag nicht vergessen: BER Tegel. Die Rückkehr ins überfüllte überleben. Flughafen Berlin Brandenburg. Berlin ist dann: Entspannung pur. ANZEIGE UMZIEHEN. LAGERN, MATERIAL Das IT-PIECE für den perfekten Umzug 030 - 61 0 61 zapf.de
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