Tätigkeits bericht - Wiener Umweltanwaltschaft
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›› Inhaltsverzeichnis Vorwort In aller Kürze Arbeitsschwerpunkte – wichtigste Projekte Stadtökologie Wien wächst Stadtentwicklung, Grünräume und Klimawandel ...................................................................................... 09 Smart City.................................................................................................................................................................... 15 Mobilität ...................................................................................................................................................................... 15 Naturschutz Wildes Wien – unsere Wildtiere .................................................................................................................................... 17 Vogelanprall an Glasflächen......................................................................................................................................... 19 Baumschutz................................................................................................................................................................ 20 Lichtverschmutzung .................................................................................................................................................... 21 Umweltbildung ............................................................................................................................................................ 22 Ressourcenmanagement PUMA ......................................................................................................................................................................... 25 „ÖkoKauf Wien“........................................................................................................................................................... 27 Abfallwirtschaft............................................................................................................................................................ 28 Energie ....................................................................................................................................................................... 29 Umwelt und Gesundheit WIDES-Datenbank....................................................................................................................................................... 30 Chemiepolitik und Kreislaufwirtschaft........................................................................................................................... 31 Mobilfunk.................................................................................................................................................................... 33 Die Wiener Umweltanwaltschaft als Atomschutzbeauftragte für Wien Staatliche Beihilfen für KKW......................................................................................................................................... 34 Bilaterale Nuklearexpertentreffen ................................................................................................................................ 34 Stellungnahmen .......................................................................................................................................................... 35 Veranstaltungen .......................................................................................................................................................... 36 EURATOM .................................................................................................................................................................. 37 Publikationen .............................................................................................................................................................. 37 Fachexpertise der WUA ............................................................................................................................................... 38 CNFE – Antiatomnetzwerk ........................................................................................................................................... 38 2
›› Inhaltsverzeichnis Vernetzung der Landesumweltanwaltschaften Österreichs Treffen der LandesumweltanwältInnen ........................................................................................................................ 39 VertreterInnen der Europäischen Kommission im Europahaus...................................................................................... 39 Gemeinsame Stellungnahmen und Initiativen .............................................................................................................. 39 BürgerInnen-Service WUA und Bürgerinitiativen........................................................................................................................................... 42 Beratungen zu Bäume – Tiere – Natur.......................................................................................................................... 42 Beratungen zu Flächenwidmungen – SUP – UVP ........................................................................................................ 44 Beratungen zu Lichtverschmutzung – Energie – Lärm .................................................................................................. 45 Beratungen zu Umwelt und Gesundheit ...................................................................................................................... 46 Große Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung.............................................................................................................. 47 Begutachtungen und Verfahren Teilnahme an Verfahren und Wahrnehmung der Parteistellung .................................................................................... 49 Verfahren nach Wiener Landesgesetzen....................................................................................................................... 49 Verfahren nach dem Wiener Naturschutzgesetz – exemplarisch ................................................................................... 49 Strategische Umweltprüfung ....................................................................................................................................... 50 Flächenwidmung ........................................................................................................................................................ 50 UVP-Verfahren ............................................................................................................................................................ 51 Begutachtungen von Gesetzen und Verordnungen....................................................................................................... 52 Sonstige Verfahren ...................................................................................................................................................... 54 In eigener Sache und Öffentlichkeitsarbeit Geschäftsfälle.............................................................................................................................................................. 56 Budget ........................................................................................................................................................................ 56 Personal...................................................................................................................................................................... 56 Kommunikation und Vernetzung.................................................................................................................................. 56 Öffentlichkeitsarbeit..................................................................................................................................................... 56 3
›› Impressum Impressum Medieninhaberin, Herausgeberin und Redaktion: Wiener Umweltanwaltschaft, Muthgasse 62, 1190 Wien • Tel.: 01/37979/0 • E-Mail: post@wua.wien.gv.at • www.wua-wien.at • Gestaltung: buerobrauner.at • Druck: Gugler, 3390 Melk • Fotos: Cover und Seite 55: Popp/Hackner, Seite 8 und Seite 48: iStockphoto.com Seite 41: A. Brezansky 4
Dr. Andrea Schnattinger Wiener Umweltanwältin ›› Vorwort © Nik Vorwort oF or m an I ch freue mich sehr, Ihnen den Bericht der Wiener Um- städtische Systeme ek weltanwaltschaft (WUA) für den Zeitraum 2016/2017 besonders in Wachs- vorlegen zu können. tumsphasen im Gleichge- wicht zwischen Effizienz und Puf- Wien ist eine sehr lebendige Stadt, die weit über ihren ferung/Elastizität/Sicherheit sein, um al- Ruf hinaus modern und innovativ ist, adaptiv bei Verän- le BewohnerInnen teilhaben zu lassen. Die derungen reagiert und nicht umsonst Auszeichnungen WUA setzt sich in diesem Zusammenhang be- für die Lebensqualität erhält. Die WUA setzt sich dafür sonders für die Sicherung von zusätzlichem Grünraum ein, die Ziele einer hohen Umwelt- und Lebensqualität für ein, wie zum Beispiel dem „Wienerwald Nordost/Norbert alle Menschen in einem wachsenden Wien zu erreichen. Scheed Wald“ und der Spange, die diese Bereiche im Os- Dafür brauchen wir zahlreiche KooperationspartnerInnen. ten Wiens mit dem Bisamberg verbindet. Damit wird den Ich bedanke mich daher bei allen AkteurInnen, die mit WienerInnen ein hochwertiger Erholungsraum zur Verfü- uns im Sinne von Umweltqualität und Nachhaltigkeit ge- gung stehen, der auch stadtökologische Funktionen er- meinsame Anliegen unterstützen und durchsetzen. füllt, wie Naturraum und Milderung des Klimawandels. Da die Flächen viele höchst notwendige stadtökologische Die Aufgaben und Ziele der WUA sind sowohl durch die Funktionen erfüllen müssen, wie Erholungsraum, Natur- Vorgaben des Wiener Umweltschutzgesetzes 1993 defi- raum, Abkühlung und Frischluftreservoir zur Milderung niert, als auch aus dem obersten Ziel „höchste Umwelt- des Klimawandels, Landwirtschaft, dürfen sie nicht zu und Lebensqualität für Wien“ entwickelt. Die Arbeits- knapp bemessen sein. Der grenzüberschreitende Kon- schwerpunkte tragen zur nachhaltigen Entwicklung Wiens sens mit Niederösterreich gewinnt an Bedeutung. bei, bringen einen starken stadtökologischen Standpunkt dazu ein und unterstützen die Strategien der Stadt Wien. Die Erfahrung hat gezeigt, dass je frühzeitiger die Umwelt anwaltschaft in Strategien, Projekte oder Verfahren ein- Die Frage, wie gelingt es in dem Themenkomplex „Wach- gebunden wird, umso eher können Konflikte im Vorfeld sende Stadt“ Umwelt- und Naturschutzanliegen unterzu- identifiziert werden und zu besseren Lösungen im Kon- bringen, erfordert Kreativität und Kooperation, sehr gute Ar- sens führen. Dass die WUA zum Mittel der Berufung und gumente sachlich und rechtlich, sowie Kenntnisse und Ver- Beschwerdeerhebung greifen muss, ist daher nur im Aus- netzung in Wissenschaft und Forschung bei der Beantwor- nahmefall notwendig. tung. Warum das notwendig ist zeigt zum Beispiel der auch in Wien bemerkbare Klimawandel mit mehr Hitzetagen. Der Dieser Bericht wendet sich in erster Linie an politische gesamte Fragenkomplex „Wie hält Wien den in vielen Studi- EntscheidungsträgerInnen, an interessierte Bürger en dokumentierten Vorsprung in Umwelt- und Lebensqua- Innen und an unsere KooperationspartnerInnen in lität unter geänderten Rahmenbedingungen?“ steht weiter Verwaltung, NGOs, Wissenschaft und Interessensver- wie in den letzten Jahren im Zentrum unserer Arbeit. tretungen. Die Arbeit der Wiener Umweltanwaltschaft wird damit möglichst vielen Interessierten zugänglich In Wien wurden sehr gute Voraussetzungen geschaffen, gemacht. Ich danke den Landtagsabgeordneten aller denkt man an die effizienten Strukturen für Ver- und Ent- Fraktionen für ihr Interesse an Umweltthemen und an sorgung und Mobilität. Die hohe Bebauungsdichte erlaubt der Arbeit der WUA und ich lade Sie ein, sich laufend auf der beschränkten Stadtfläche große Naherholungsge- über unsere Tätigkeit zu informieren, sei es direkt, über biete und vielfältige Grünräume, die eine „nachhaltigere“ unsere Website www.wua-wien.at, auf facebook, oder Lebensweise, Gärten, Landwirtschaft, eine Milderung der mit unserer Zeitung „umweltstadt“. Auswirkungen des Klimawandels und Natur in der Stadt ermöglichen. Ein besonderer Dank geht an meine motivierten und en- gagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihre Ar- Aus der Betrachtung von städtischen Systemen wird je- beit und unseren Auftrag für Mensch, Natur und Umwelt doch klar, dass Effizienz vor allem in Hinblick auf den Res- tätig zu sein, professionell und persönlich mit außeror- sourcenverbrauch sehr wichtig ist. Systeme dürfen nicht dentlichem Einsatz erfüllen. zu nahe an den Systemgrenzen arbeiten, das heißt ohne Puffer. Eine Pufferwirkung aufrecht zu erhalten, auch bei Wachstum, ist meist sinnvoll. Wien hat in diesem Bereich eine große Tradition, z. B. bei der Entwicklung der Trink- wasserversorgung, die im Wesentlichen keine externe En- ergiezufuhr braucht und Wachstum erlaubt. Unsere groß- en Grün- und Naturräume, in denen eine Nachtabkühlung noch tatsächlich erfolgt, wirken als Puffersysteme für das Mag.a Dr.in Andrea Schnattinger Stadtklima. Im Sinne der Resilienz, also der Widerstands- Wiener Umweltanwältin fähigkeit auf einem Niveau hoher Lebensqualität, müssen 5
›› In aller Kürze In aller Kürze Lebensräume gesichert. Vielen Dank dafür! In Koopera- tion mit dem Verein „Umweltspürnasen“ hat die WUA sogenannte „Gstett‘nführungen“ angeboten. Im Rahmen dieses Programms erleben Kinder Wildnisflächen in der Nähe ihrer Schule oder ihres Horts. In diesem Zusam- D ie Wiener Umweltanwaltschaft (WUA) wurde durch das Umweltschutzgesetz 1993 als weisungsfreie und unabhängige Einrichtung des Landes Wien geschaffen. menhang werden der beliebte „Gstett’nführer“ und die Broschüre „Natur ist genau meins. Tipps für meine per- sönliche Grünoase“ der WUA sehr gerne angenommen. Das oberste Ziel der Umweltanwaltschaft ist, im Sinne der Wiener Bevölkerung, die Interessen des Umweltschutzes Zu den Themen Bauen & Wildtiere, Vogelanprall an zu vertreten und zu wahren. Sie reagiert mit fachkundiger Glasflächen und Lichtverschmutzung schult die WUA Information und Beratung auf Anfragen und Beschwer- ArchitektInnen und TechnikerInnen in Ausbildung. Von den der Wienerinnen und Wiener. Die WUA arbeitet in BürgerInnen wird die WUA sowohl bei Einfamilienhäu- engem Dialog mit vielen KooperationspartnerInnen für sern als auch bei großen Bauprojekten um Rat gefragt. die Umweltqualität in Wien. Auf allen Ebenen setzt sie sich strategisch für den Vorsorgegedanken im Umwelt- Die beliebte Ausstellung zum Thema „Wildtiere an Ge- schutz ein. bäuden“ wurde im Berichtszeitraum gemeinsam mit der MA 49 im Nationalparkhaus Lobau ausgestellt. Mit dem Der Fokus unserer Arbeit lag 2016 und 2017, neben Kooperationspartner ÖBB konnten wir die Ausstellung in vielen anderen wichtigen Themen, auf den Gebieten der Zentrale der ÖBB-Infrastruktur zeigen und gemein- Stadtentwicklung – Wien wächst – Mehr Grünraum, An- same Inhalte darstellen. ti-Atom, Anpassung an den Klimawandel und Natur in der Stadt. Ressourcenmanagement PUMA und „ÖkoKauf Wien“ Im Berichtszeitraum erschienen drei Ausgaben der be- liebten WUA-Publikation „umweltstadt“. Folgende In- PUMA hat auch in den letzten beiden Jahren wieder ei- halte wurden – zusätzlich zu Informationen zu aktuellen ne Fülle von Maßnahmen flächendeckend umgesetzt. Umweltthemen – schwerpunktmäßig bearbeitet: Stadt Der Schwerpunkt „PUMA Schulen“ sieht zahlreiche im Wandel – cool bleiben; Sackgasse Kernenergie – Maßnahmen in den Bereichen Energie, Abfallwirtschaft, schmutzig, teuer, gefährlich; Blühende Fantasien! – von Mobilität, Einkauf und Bewusstseinsbildung vor. Im Be- blühenden Spielplätzen und fantasievollen Kindern richtszeitraum konnten acht Schulen als PUMA-Schule ausgezeichnet werden. PUMA hat ermöglicht, dass 2016 In den Jahren 2016 und 2017 behandelte die WUA und 2017 insgesamt 140 Lehrlinge der Stadt Wien den 2.974 protokollierte Akte und zahlreiche nicht protokol- „energie-führerschein“ absolvieren konnten. lierte Auskünfte. Auch in das Programm „ÖkoKauf Wien“ bringt die WUA Stadtökologie in einigen Arbeitsgruppen ihre umfassenden Expertisen ein. Hier sind die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Desin- Die WUA hat an der Gestaltung der Fachkonzepte zum fektion“ – die auch internationale Anerkennung findet – „STEP 2025“ intensiv beigetragen. Schwerpunkt war der besonders hervorzuheben. Erhalt der Grünräume bzw. der Einsatz für neue Erholungs- flächen und Freiräume in Wien. Hauptziele dabei sind: Mehr Umwelt und Gesundheit Platz für Menschen, Wohnen und Freiraum im Gleichge- wicht, mehr Biodiversität, erlebbare Landschaft und regio- Die WIDES-Datenbank ermöglicht Desinfektionsmittel nale Produktion, besseres Stadtklima im Klimawandel. auszuwählen, welche bei gleicher Wirksamkeit gegen- über definierten Keimen am umweltschonendsten und Naturschutz gesundheitlich am unbedenklichsten sind. 2016 hat ein ökologisches Monitoring der Desinfektionsmittel-Aus- Die Bewusstseinsbildung für Stadtwildnis und Artenviel- wahl gezeigt, dass bereits sehr schonende Produkte falt – vor allem bei Kindern – ist der WUA ein großes An- verwendet werden. Durch die Beratung der WUA sind liegen, sodass die bekannten und langjährigen Projekte mikrobizide Seifen in Schulen nicht zur Anwendung ge- erfolgreich fortgesetzt wurden. Im Schmetterlingsprojekt kommen – schon bevor sie kurze Zeit später von der Eu- Vanessa konnten rund 1500 Kinder auf der Schmetter- ropäischen Chemikalienbehörde von der weiteren Zulas- lingswiese im Donaupark begrüßt werden. Seit Beginn sung ausgeschlossen wurden. Die WUA arbeitet intensiv dieses Projekts konnten wir über 7000 Kindern ein be- an Arbeitsgruppen des Gesundheitsministeriums zu den sonderes Naturerlebnis bieten. Zusätzlich wurden auf Themen „Rahmengesundheitsziele“ und „Schutz vor der Wiese durch den Einsatz von Lehrlingen des Einzel- hormonschädigenden Chemikalien“ mit. 2017 hat sich handels im Rahmen der Aktion „72h ohne Kompromiss“ die WUA mit einer Studie und Medienarbeit vehement und mit Unterstützung einer Pfadfindergruppe weitere gegen Desinfektion im Haushalt ausgesprochen. 6
›› In aller Kürze Ein weiterer Schwerpunkt seit vielen Jahren ist der Mobil BürgerInnenservice funk. Im Berichtszeitraum hat die WUA an Sitzungen der Mobilfunkkommission teilgenommen und steht Bürger BürgerInnen werden von der WUA als ExpertInnen im Innen zur Beratung zur Verfügung. Eine Zunahme der eigenen Lebensumfeld geschätzt. Die Beratungen der Emissionen aus dem Mobilfunk ist vor allem auf den stei- WUA sind vielfältig und reichen vom Baumschutz über genden Datenverkehr (LTE) zurückzuführen. Mobilfunk bis zu Anti-Atomthemen. Auch Bürgerinitia- tiven wenden sich an die WUA und erhalten sachliche Die WUA als Atomschutz- Informationen zu ihren jeweiligen Anliegen. beauftrage Wiens Die WUA nimmt regelmäßig am Mistfest der MA 48, Im Jahr 2017 hat die Europäische Kommission das Bei- dem Tag der Artenvielfalt und den Artenschutztagen in hilfenverfahren zum KKW Paks entschieden. Wie schon Schönbrunn teil. Im Rahmen dieser Events informieren beim KKW Hinkley Point hat die WUA auf ihre Studie zur wir die Wienerinnen und Wiener über die Wichtigkeit von Unwirtschaftlichkeit der Verwendung öffentlicher Gelder Naturräumen, Vogelanprall an Glasflächen oder geben für neue KKW (Renewable Energy versus Nuclear Power) Tipps zur Ausgestaltung von igel- und vogelfreundlichen hingewiesen. Die WUA hat sich gemeinsam mit den an- Gärten. Ebenso werden auch rechtliche Fragen und er- deren Österreichischen Umweltanwaltschaften in einem neuerbare Energien thematisiert. Brief an die zuständigen MinisterInnen für eine fristge- rechte Klage Österreichs gegen die Subventionen zur Er- Begutachtungen und Verfahren weiterung des KKW Paks ausgesprochen. Die WUA war in eine Vielzahl von Verfahren und Begut- Im UVP Verfahren von bis zu zwei Reaktoren am Stand- achtungen von Gesetzen und Verordnungen eingebun- ort Dukovany hat die WUA eine kritische gemeinsame den. Es sind im Berichtszeitraum 1015 Verfahren nach Stellungnahme der Atomschutzbeauftragten aller Bun- der Wiener Bauordnung, 268 Verfahren nach dem Wie- desländer koordiniert. Musterstellungnahme für Bürger ner Naturschutzgesetz und 465 Verfahren nach dem Innen wurde zur Verfügung gestellt. Wiener Elektrizitätswirtschafts- und Ökostromgesetz zur Prüfung eingelangt. Zusätzlich wurden UVP-Verfahren Zum Gedenkjahr 30 Jahre Tschernobyl und 5 Jahre bearbeitet. Gemeinsam mit allen anderen Landesum- Fukushima fand im April 2016 im Wappensaal des Wie- weltanwaltschaften wurden Stellungnahmen zum Ver- ner Rathauses eine Fachveranstaltung zu den beiden waltungsreformgesetz und zur Änderung der Gewerbe- Reaktorkatastrophen statt. Besonders berührend wa- ordnung abgegeben. Bemängelt wurde die unsachliche ren die Berichte der Zeitzeugen der Katastrophen. Ein Einschränkung der Parteistellungen. von der WUA unterstütztes und der Umweltorganisation Global 2000 organisiertes Benefizkonzert zu Gunsten der Budget Tschernobyl-Kinder-Hilfe rundete das Gedenken ab. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Sicherheits- und Der WUA standen in den Jahren 2016 und 2017 jeweils Risikoforschung der Universität für Bodenkultur wurden 245.000 Euro zur Verfügung. zwei Wiener Nuklearsymposien abgehalten, wobei das Symposium zu „Europas alternder Kernreaktorflotte“ die Sicherheitsrisiken besonders eindrucksvoll aufzeigte. Die WUA koordinierte in fachlicher Hinsicht den Wiener Anti-Atomgipfel. Kommunikation und Vernetzung Unsere wichtigsten KooperationspartnerInnen sind ne- ben allen Magistratsabteilungen, alle jene Organisati- onen und Initiativen für die Umwelt- und Naturschutz und Stadtentwicklung wichtige Themen sind. Beispiele reichen von den Umweltanwaltschaften der anderen Bundesländer über Universitäten und Interessensvertre- tungen bis zu NGOs und Institutionen, die sich mit Ge- sundheit und Konsumentenschutz beschäftigen. Mit den anderen Umweltanwaltschaften und NGOs hat sich die WUA mit verstärkter Medienarbeit zu UVP-Ge- setz, Gewerbeordnung und Baumschutz an die Öffent- lichkeit gewandt. 7
Arbeitsschwerpunkte – wichtigste Projekte
›› Arbeitsschwerpunkte – wichtigste Projekte Stadtökologie Stadtökologie • Vernetzung von Grün- und Freiräumen zum umwelt- freundlichen Zugang für Menschen und zur Bio- topvernetzung Wien wächst – Stadt • Sicherung von landwirtschaftlichen Flächen (Evalu- ierung des agrarstrukturellen Entwicklungsplans) mit entwicklung, Grünräume dem Ziel eine hochwertige Stadtlandwirtschaft zu er- halten und Klimawandel • Förderung des Umweltverbundes mit dem Schwer- punkt der fußläufigen Vernetzung und der Qualität D er globale Klimawandel hat bereits begonnen und hat in den letzten Jahrzehnten auch in Wien zu einer Erwärmung geführt. So hat sich die Jahres- des Öffentlichen Verkehrs (ÖV) • Attraktivierung des Rad- und Fußverkehrs und Ver- durchschnittstemperatur Wiens in den letzten vier meidung von Konflikten zwischen den NutzerInnen Jahrzehnten bereits um etwa 2° C erhöht. Auch Wet- des Umweltverbunds terextreme wie Hitzewellen, Starkregen- und Hagel ereignisse, Trockenperioden oder Stürme werden auf- grund des Klimawandels häufiger und heftiger. Städte Mehr Grünraum – WIN- sind aufgrund der hohen Dichte an Infrastruktur und WIN für WIENer/innen einem zur zusätzlichen Erwärmung führenden hohen Versiegelungsgrad vom Klimawandel in besonderer Eine großzügige Erweiterung der Grünräume ist gera- Weise betroffen. Zusätzliche lokale Erwärmung – Stich- de in der Phase des Bevölkerungswachstums notwen- wort Wärmeinseleffekt – soll im Sinne der Erhaltung der dig um Erholung in hoher Qualität und guter Erreich- Lebensqualität vermieden werden. barkeit auch weiter allen WienerInnen zu ermöglichen. Die WUA setzt sich daher besonders für Erhalt und die Der Zuwachs an Menschen verursacht vermehrten Be- Erweiterung von Grün- und Freiräumen ein. Um die darf an Gebäuden, an Infrastruktur und im Besonde- Vielfalt der Stadtnatur und die klimatische Qualität der ren an Frei- und Grünraum. In der Hitze ist jede/r froh Stadt für aktuelle und zukünftige Wienerinnen und Wie- über zugängliche, vielfältige Grünräume und Gewässer ner erhalten zu können, müssen wir jetzt die richtigen mit Wiesen und „richtigem“ Schatten unter Bäumen. Handlungen setzen. Die Wiener Grünräume werden geschätzt, genutzt und mit Lebensqualität verbunden (auch 30 % der Touristen Die großen Grünräume Wiens sind unverzichtbar in ih- nennen die Wiener Grünräume als ein Motiv für einen rer Pufferwirkung für das Stadtklima und als Reservoir Wienbesuch). All das innerhalb der Stadtgrenze Wiens für die Stadtnatur. Wien ist in der glücklichen Lage, dass in hoher Qualität zur Verfügung zu stellen, ist eine sehr es auf Grünstrukturen zurückgreifen kann, die konse- komplexe Aufgabe auf sehr begrenzter Fläche. quent von der Vergangenheit bis heute geschaffen wur- den. Es ist eine gemeinsame Aufgabe der Stadt darauf Die wichtigste Aufgabe ist es, die hohe Lebensqualität zu achten, dass diese nicht im Zuge von Stadterweite- für alle BewohnerInnen Wiens weiterhin zu erhalten rung und Stadtverdichtung so reduziert werden, dass und zugänglich zu machen. sie ihre Funktionen nicht mehr wahrnehmen können. Diese Strukturen sind es, die jetzt in den Hitzesommern Die WUA hat sich in vielen Gesprächen, Arbeitsgrup- für Abkühlung sorgen und es Wien hoffentlich auch pen und Stellungnahmen für folgende Kernpunkte ein- in Zukunft ermöglichen werden, dem Temperaturan- gesetzt: stieg entgegenzuwirken und für alle ein angenehmeres Stadtklima zu sichern. • Sicherung bestehender Grün- und Erholungsräume (Nationalpark Donauauen, Biosphärenpark Wiener- Unklar ist, wie „anpassungsfähig“ die städtischen wald, Donauinsel, Goldberg, Bisamberg usw.) sowie Grünräume selbst an Hitze und Trockenheitsperioden Erweiterung des Grüngürtels, mit dem Ziel zusätz- mit veränderten Regenereignissen eigentlich sind. Ein licher Bevölkerung ausreichende Erholungsflächen Wegfall alten Baumbestandes innerhalb der Stadt hätte und Freiräume zur Verfügung zu stellen, (neue Er- jedenfalls schwerwiegende Konsequenzen für den Wär- holungsräume im NO Wiens, Norbert-Scheed-Wald, meinseleffekt, bedenkt man die Verdunstungsleistung „grenzüberschreitende“ Grünräume zwischen Wien eines großen Baumes mit bis zu 1000 Liter pro Tag. und Niederösterreich) Die großen Grünräume sind auch jene Reservoirs, aus • Hochwertiger Grün- und Freiraum muss äquivalent welchen sich die nahezu flächendeckende Artenvielfalt zur höheren Bevölkerungsdichte wohnungsnah ge- Wiens speist, sichtbar wird sie in den vielfältige Grün- schaffen werden strukturen im bebauten Gebiet. Es ist definitiv unser aller Aufgabe bewusst ergänzende, ähnlich robuste (im- 9
›› Arbeitsschwerpunkte – wichtigste Projekte Stadtökologie merhin besteht ein Teil schon seit mehr als 100 Jahren!) men mit dem Menschen und städtischen Strukturen übergeordnete Grünräume und hochwertige Grünstruk- nicht nur zurecht, sondern werden sogar gefördert. turen der Stadt zu schaffen bzw. zu erhalten. Der Wegfall von Jagd, Pestiziden sowie die Vielfalt von Gärten und Stadtlandschaften schaffen auch vielfältige Die Vorteile Wiens, als eine entsprechend mit Grün- Lebensräume. Dafür ist es aber wichtig, dass die Gär- räumen ausgestatteten Stadt, werden hier zusammen- ten und Stadtlandschaften auch entsprechend gestal- gefasst: tet werden und bleiben und Wildnis zugelassen wird. Ein „Ausräumen und Beleuchtung aus Sicherheitsgrün- Mehr Platz für Menschen den“ und Angst vor Wildtieren ist kontraproduktiv und schadet. Wien wächst – Wien wird „jünger“ und älter zugleich. Das Durchschnittsalter in Wien ist niedriger als in den WUA, MA 22 – Umweltschutz, MA 42 – Wiener Stadt- Bundesländern. Auch die Geburtenrate ist angestiegen. gärten, MA 45 – Wiener Gewässer und MA 49 – Land- Die Entwicklung der Bevölkerung zeigt in den kommen- und Forstwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien sorgen für den Jahren sowohl ein Anwachsen der Gruppe der Kin- Informationen und mit verschiedenen Maßnahmen und der und Jugendlichen als auch der Gruppe der älteren Projekten für Sicherung und Erweiterung von Lebens- Menschen. Beide Gruppen benötigen im Besonderen räumen und Artenvielfalt. fußläufig erreichbare Grünräume mit vielfältigen Qua- litäten. Dieser Umstand muss bei der Verortung, der Erlebbare Landschaft und Qualität und der Erreichbarkeit künftiger Frei- und regionale Produktion Grünräume berücksichtigt werden. Oft unterschätzt ist die Bedeutung der Landwirtschaft Wohnungsnahem Grünraum kommt für Personen mit in Wien. Wenn auch die Wiener Landwirtschaft nicht geringer Mobilität große Bedeutung zu und darf daher alle BewohnerInnen ernähren kann, sind Gemüse und nicht vernachlässigt werden. Wichtig ist daher zum Bei- Weinbau doch nennenswerte Größen in Wien. Die im spiel, dass wohnungsnaher Grün- und Freiraum auch Agrarstrukturellen Entwicklungsplan ausgewiesenen wirklich nutzbar bleibt und nicht durch A bstellplätze, Flächen sollen weiter für Landwirtschaft und Gartenbau Lüftungsanlagen, zu geringe Überschüttung oder zur Verfügung stehen. Viele Menschen heben entdeckt höchst ungünstige Schallverhältnissen die Nutzung selbst zu gärtnern. Selbsternteparzellen und Nachbar- unmöglich wird. schaftsgärten, „Gartln in Wien“ sind wichtige Ergän- zungen zu Landwirtschaft und Gartenbau. In der Praxis werden bisher bestehende kleinere Grün- und Freiräume häufig für Erweiterungen von Schulen, Kindertagesheimen oder Pflegeheimen benötigt. In die- Besseres (Stadt)- sen Fällen ist es besonders wichtig bei den Erweite- Klima im Klimawandel rungen auch sichere begrünte (Dach)-Terrassen als Er- satzfreiräume mit einzuplanen. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass während sommerlicher Hitzewellen durch den „Wärmeinselef- Sowohl die großen als auch kleine, verbindende Grün- fekt“ die innerstädtischen Temperaturen in Wien bis zu räume, sind für die Gesamtqualität der Stadt von im- 10° C über jenen des umliegenden Grünlandes liegen. menser Bedeutung, denkt man an den kühlenden Ef- Die für die Menschen so notwendige nächtliche Abküh- fekt im Hochsommer, Freiraum und Entspannung di- lung fällt in solchen Wärmeinseln deutlich geringer aus. rekt vor der Haustür und Abschirmung vom Verkehr. Wien weist auf Grund des Grüngürtels eine relativ gute nächtliche Durchlüftung auf. Dennoch bestehen zwi- Mehr Biodiversität schen Stadtzentrum und Stadtrand Temperaturunter- schiede von bis zu 7° C. Wien ist eine Stadt mit hoher biologischer Vielfalt und soll es auch bleiben. Großflächige Veränderungen, wie Eine der einfachsten Möglichkeiten der Überhitzung die Verminderung der Insektenfauna („Insektenster- von Städten und der damit verbundenen Beeinträchti- ben“) haben auch Auswirkungen auf Wien, bedenkt gung der Menschen zu begegnen, ist die systematische man nur wie viele Insekten Vogeleltern brauchen um Bepflanzung von Städten. An erster Stelle sind Bäume Junge groß zu ziehen, und dass Insekten als Bestäuber und Sträucher genannt, die aber entsprechenden Platz für viele (Kultur)-Pflanzen notwendig sind. brauchen. Besonders für Stadt- bzw. „Straßen“-Bäume sollte in den nächsten Jahren mehr Platz vorgesehen Der Lebensraum Stadt bietet für eine Vielfalt an Lebe- werden, da Platzmangel, Beeinträchtigungen durch wesen Vorteile. Besonders an der Übergangszone zwi- Verkehr und Sicherheitsrückschnitte die eigentlich schen Stadt und dem umgebenden Grünland ist die dringend notwendige Funktion als „städtische Klima- Artenvielfalt höher als im landwirtschaftlichen Gebiet anlage“ beeinträchtigen und die Lebenszeit verkürzen. selbst. Viele Wildtiere haben sich angepasst und kom- 10
›› Arbeitsschwerpunkte – wichtigste Projekte Stadtökologie Zusätzlich sind begrünte Dächer und Fassaden eine über das Objekt hinausgeht und einen gesamthaften gute Ergänzung und Alternative zu den „klassischen Ar- stadtplanerischen Ansatz verfolgt. ten der Begrünung“, wie Baumpflanzungen, Parkanla- gen und gestaltete Innenhöfe. Jede Art des Grünraums Diese umsichtige Vorgehensweise stellt ein hohes Qua- unterstützt auch die Artenvielfalt. litätsniveau im Bereich des Mikroklimas für die zukünf- tigen Bewohnerinnen und Bewohner sicher. Klimaan- Besonders Vögel wie zum Beispiel Amseln oder Mei- lagen sind dann dank einer Fassadenbegrünung oder sen nutzen gerne Fassadenbegrünungen als Nistplätze. einer Dachbegrünung sowie bei einer entsprechenden Ausrichtung des Gebäudes und seiner Räume nicht Zur Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels mehr erforderlich. weist Wien trotz des hohen Grünraumanteils noch ein großes Potential für Begrünung in dicht verbauten Ge- Eine Verankerung in der Wiener Bauordnung wäre ein bieten auf. Bäume haben durch ihre Beschattungs- weiterer Schritt um die Umsetzung der ambitionierten funktion und die hohe Verdunstung bei ausreichendem Maßnahmen im Bereich der Klimawandelanpassung Wasserangebot eine kühlende Wirkung. Die Beschat- voranzutreiben. So wären Fassaden- und Dachbegrü- tung von Gebäuden durch Pflanzen und besonders nungen im Einklang mit dem § 85 BO vorzuschreiben, Fassadenbegrünung hat positive Effekte auf das Klima so wie Höfe derart zu gestalten, dass Lebensraum für im Haus. Ein Anteil des Stromverbrauchszuwachses, zumindest einen Großbaum geschaffen wird. An Hand der auf Gebäudekühlung zurückgeht, kann damit ein- eines Klimamodells wäre verpflichtend nachzuweisen, gespart werden. ob weitere Maßnahmen notwendig sind und wie diese in die Planung eingeflossen sind. Der Schritt vom Konzeptiven zur breiten Umsetzung muss noch gelingen. Es ist daher nach wie vor not- Frischluft für die Stadt wendig auf den engen Zusammenhang dieser beiden Themen hinzuweisen und klar herauszustreichen, dass Wesentlich ist auf den Erhalt bzw. die Freihaltung von die Vielfalt der Stadtnatur und die klimatische Qualität Frischluftschneisen aus dem Umland in das Stadtin der Stadt für aktuelle und zukünftige Wienerinnen und nere ein Augenmerk zu legen. Diese müssen Grundla- Wiener durch die Umsetzung der bereits erarbeiteten ge für planerische Entscheidungen sein und sollten von Maßnahmen erhalten werden können. Es ist daher not- Bebauung weitgehend freigehalten werden. Sie dienen wendig, diese Themen in einem frühen Planungsstadi- nicht nur der Luftreinhaltung durch Luftaustausch, son- um von Projekten auch tatsächlich aufzunehmen, bzw. dern sie ermöglichen auch das Fließen von kühlenden Fachleute intern oder extern einzubinden. Luftmaßen entlang der Grünstrukturen in die dichter bebauten Stadtgebiete. Erleichtert wird das, wenn sie Klimamodelle – ausreichend dicht mit Bäumen durchsetzt sind. Würde Erwärmung ausgleichen man diese Schneisen verbauen, dann würden weitere städtische Hitzeinseln (urban heat islands) entstehen, Durch den planerischen Einsatz von Klimamodellen die die Lebensqualität im urbanen dicht bebauten Be- wird abschätzbar, welche Auswirkungen Vorhaben auf reich rapide sinken lassen würden. Um ein tieferes Ein- das Lokalklima haben können. Die geplanten Projekte dringen der kühlenden Luft vor allem nachts in dichtbe- sollen dadurch nicht verhindert, sondern qualitativ ver- baute Stadtteile zu ermöglichen, müssen die Frischluft- bessert werden. schneisen an ein dichtes innerstädtisches Netz von Grünstrukturen wie Straßenbegleitgrün in Form von Durch eine gezielte Positionierung der einzelnen Ge- schattenspendenden Bäumen, Parkanlagen, etc. an- bäude kann man die Bebauungsstruktur an die lokalen geschlossen sein. klimatischen Gegebenheiten anpassen, sodass die zu- sätzliche Bebauung keine mikroklimatischen Nachteile Dieses Grün- und Freiraumnetz muss über das ge- in der Abkühlung für den Bestand bringt und auch der samte Stadtgebiet gesponnen werden und orientiert Neubau optimal mit kühlenden Luftströmen versorgt sich zumeist an linearen Strukturen, wie eben Straßen- werden kann. räumen. Es muss jedenfalls eine Verbindung zu den übergeordneten Großgrünräumen Wiens gegeben sein, Die Erkenntnisse aus den Modellierungen ermöglichen die ebenfalls über die Frischluftschneisen hinein in das gezielt Ausgleichsmaßnahmen abzuleiten, die zusätz- Stadtgebiet kühlend wirken. lich zur Gebäudestruktur das Kleinklima positiv beein- flussen. Gemeint sind „sanfte“ Ausgleichsmaßnahmen Damit dieses stark vernetzte System an Grünräumen wie Fassaden- oder Dachbegrünung aber auch Alleen, stadtklimatisch seine kühlende Wirkung voll entfalten Großbäume etc., die im weiteren Verfahren auch in die kann, muss in der Planung auf die Freihaltung und Aus- Bauträgerwettbewerbe als Qualitätskriterien einfließen weisung solcher Flächen sehr genau geachtet werden. können. Trotzdem wird das stadtplanerische Gesamt- Das Netz der grünen Infrastruktur lässt die Stadt erst konzept im Auge behalten, da das Klimamodell immer richtig atmen und sollte allen frei zugänglich sein. 11
›› Arbeitsschwerpunkte – wichtigste Projekte Stadtökologie Es müssen bestimmte Kriterien erfüllt werden, damit handen sein. Unterstützend könnte man dieses Gleich- die erwähnten linearen Strukturen Teil eines klimatolo- gewicht zwischen Wohnen und Freiraum aber durch- gisch funktionierenden Grün- und Freiraumnetzes sein aus auch über die Berechnungen an Ausgleichmaß- können. Wesentlich sind jedenfalls schattenspendende nahmen eines Klimamodells herstellen. Bäume und unversiegelte Flächen im Straßenraum. Ebenfalls nicht zu unterschätzen sind Fassadenbegrü- Die notwendigen Maßnahmen, die gesetzt werden müs- nungen. Diese wirken zwar tatsächlich sehr kleinräu- sen, um ein klimatisches Ungleichgewicht auszuglei- mig, aber in Kombination mit begrünten Straßenräu- chen, mit beispielsweise Baumpflanzungen, der Er- men bzw. unversiegelten Flächen wirken sie jedenfalls richtung von Parkanlagen, offene Wasserflächen, etc. unterstützend, fördern lokal die Abkühlung und filtern bieten natürlich gleichzeitig den BewohnerInnen nutz- zusätzlich auch noch den auftretenden Feinstaub. baren Freiraum, der die Lebensqualität enorm hebt und sich auch mikroklimatisch positiv auswirkt. Auf platzartigen Strukturen, urbanen Freiräumen sollten Großbäume Platz finden, die ausreichend Wur- zelraum ausbilden können und sich dann durch Hit- zeresistenz auszeichnen. Jede unversiegelte Fläche im Klimawandelanpassung dichtbebauten Stadtgebiet leistet über eine mögliche Die WUA setzt sich für Verbesserung der Lebensquali- Verdunstung der Regenwässer ihren Beitrag zur Küh- tät für die Menschen in Wien auch im Hinblick auf den lung. Ein gutes Beispiel dafür sind begrünte Innenhöfe, Klimawandel auseinander. die das Mikroklima durch einen offenen Boden und Be- pflanzung wesentlich verbessern. Um die Aufheizung der Stadt mit allen Folgewirkungen zu mildern, ist ein breit gefächertes Maßnahmenspek- Daher ist ein wesentliches Ziel einerseits unversiegel- trum notwendig. Die WUA hat sich in Kooperation te Flächen zu erhalten, anderseits Flächen durch ge- mit dem Wohnfonds dafür eingesetzt, dass für das zielte Entsiegelung wieder als Lebensraum und Beitrag Stadtentwicklungsgebiet EUROGATE II erstmalig eine zu einem besseren Stadtklima durch erhöhte Verdun- Bewertung der klimatischen Auswirkungen bezüglich stung zurückzugewinnen. Damit wird einerseits das des Indikators PET (gefühlte Temperatur) durchgeführt bereits relativ gut etablierte Regenwassermanagement wurde. sinnvoll weiter vorangetrieben, was das gesamte Kanal- system „erleichtert“ und andererseits wird durch eine Für dieses Areal auf den Aspanggründen wurde im erhöhte Verdunstung Kühlung in den dichtbebauten Herbst 2016 ein städtebaulicher Ideenwettbewerb Stadtgebieten gefördert. durchgeführt, in dem jedes der acht eingereichten Pro- jekte auf thermischen Komfort hin evaluiert wurde. Da Wohnraum und Freiraum im aus mikroklimatischer Sicht zunächst die Art, Dichte Gleichgewicht und Position der Bebauung (Beschattung, Durchlüf- tung) Einfluss hat, wurden diese bewertet. Für einen Ein kluges Bodenmanagement ist in einer wachsenden strategischen Ansatz haben die ENVImet bzw. Green- Stadt unerlässlich. Es muss ein ausgeglichenes Ver- 4Cities die Green Pass Methode entwickelt, die ein Pla- hältnis zwischen bebauten und unbebauten Flächen nungs-, Evaluierungs- und Zertifizierungsinstrument erreicht werden. Die unglaubliche Vielzahl an Funkti- für eine klimaresiliente Stadtplanung darstellt. Mit Bau- onen, die eine Fläche erfüllen muss, sollte sich durch werksbegrünung, dem Einsatz von Pflanzen und Was- Ausgewogenheit und Fairness auszeichnen. ser kann nennenswerte Abmilderung von Temperatur- spitzen erreicht werden. Bebauung und Grün- und Freiraum dürfen keines- falls als Widerspruch bzw. als Konkurrenten wahrge- Das Pilotprojekt hat gezeigt, dass es möglich ist, die- nommen werden. Sie wirken ergänzend und sind eng ses Instrument zum Nutzen der zukünftigen Bewoh- miteinander verwoben. Allerdings braucht jede dieser nerInnen im städtebaulichen Wettbewerbsverfahren zu Funktionen – Wohnen und Freiraum – ausreichend integrieren. Ziel muss es sein diesen Temperatur-Puf- Fläche, um auch ihr Potential voll auszuschöpfen. Da- fer, der durch Begrünung entsteht, in der Stadt auszu- her gilt: kein Wohnraum ohne ausreichende grüne In- bauen und so die Erholung der Menschen – vor allem frastruktur. durch Abkühlung in den Nachtstunden – auch weiter möglich zu machen. Wieviel an grüner Infrastruktur notwendig und sinnvoll ist, kann mit dem „jungen“ Instrument der Freiraum- kennwerte bei konsequenter Anwendung in Angriff ge- nommen werden. Mit diesem Instrument werden die Bedürfnisse an unterschiedlichen Freiräumen für jeden Einzelnen rechnerisch ermittelt. Sie müssen nachweis- bar auf den Bauplätzen und auch darüber hinaus vor- 12
›› Arbeitsschwerpunkte – wichtigste Projekte Stadtökologie Strategien und Die WUA setzt sich daher für den Erhalt und Ausbau übergeordneter Grünstrukturen ein, weil jede für sich Fachkonzepte einen wertvollen Beitrag zu einer lebenswerten Stadt leistet und sie in der Summe ein ökologisches, unver- Aus den unterschiedlichsten Fachbereichen Wiens zichtbares Rückgrat für unsere Stadt darstellen. kommen ausnehmend gute Impulse: Die MA 22 – Wie- ner Umweltschutzabteilung hat in Kooperation mit der Frei- und Grünräume im unmittelbaren Wohnumfeld Universität für Bodenkultur einen Strategieplan „Urban der Menschen werden bei immer dichterem Wohnen Heat Islands Strategie Plan Wien“ erarbeitet, in dem immer wichtiger. Das Bedürfnis nach Weite, Raum und Maßnahmen gegen Hitzeinseln in der Stadt festge- Bewegung wächst und diese Tatsache sollte für plane- macht werden. Diese reichen von einer Erhöhung des rische Entscheidungen eine ebenso wichtige Grundlage Straßenbegleitgrüns, über bepflanzte Wandelemente, darstellen wie beispielsweise wirtschaftliche Kriterien. Begrünung und Kühlung von Gebäuden (Fassaden- und Dachbegrünungen), über die Erhöhung des Was- In Frei- und Grünräumen im Wohnumfeld treten auch seranteils in der Stadt, bis zur Beschattung gebäude- „sicherheitstechnische“ bzw. „erschließungs-entsor- ferner Freiflächen. gungstechnische“ Nutzungskonflikte auf. Feuerwehr und MA 48 – Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Der aktuelle STEP 2025 bekennt sich direkt, und in den Fuhrpark müssen die Anlagen befahren können, die Fachkonzepten zu Sicherung und Ausbau von Grün- Grünräume werden gepflegt. Der Trend Wohnviertel zu räumen auch im Sinne der Aktivität, gegen den Klima- planen, die in sich autofrei sind, also eine innere fuß- wandel. Das Fachkonzept „Grün- und Freiraum“ setzt gänger- und radfahrerfreundliche Erschließung aufwei- auf Grünraumvernetzung und das Fachkonzept „Öf- sen, ist an und für sich der richtige Weg. Gleichzeitig fentlicher Raum“ befasst sich unter anderem mit dem sollten sich die Bauträger jedoch auch überlegen, dass Thema Klimawandelanpassung im öffentlichen Raum. die Müllentsorgung (Anfahren durch die MA 48) der Anlage so angeordnet wird, dass die Entsorgung über Die MD-Klimaschutzkoordination hat in Arbeitsgruppen die externe Haupterschließung (Straße) erfolgen kann, unter intensiver Beteiligung der WUA Strategiepapiere um eben diesen Mehrwert des großzügigen Frei- und zur Klimawandelanpassung ausgearbeitet. Grünraumes nicht zusätzlich zu beeinträchtigen. Die WUA plädiert dafür, das Stadtgefüge in seiner Ge- samtheit zu betrachten und alle wesentlichen Faktoren Strategisches – Beispiele im Auge zu behalten und über intensive Kommunika- tion nachhaltige Lösungen zu finden. Fachkonzept öffentlicher Raum Ein Ziel der Stadtplanung muss es sein, Grün- und Die WUA hat sich intensiv für das Pflanzen von (zusätz- Freiräume grundsätzlich zu sichern und auch zu er- lichen) Bäumen in der Stadt eingesetzt, vor allem von weitern. Die Tendenz den „verbauten“ Grünraum über Großbäumen, die als natürliche Schattenspender das qualitative Aufwertungen anderer bereits bestehender Stadtklima maßgeblich positiv beeinflussen und somit Grünräume ausgleichen zu wollen, kann über einen die Lebensqualität in der Stadt erhöhen. Diese Forde- längeren Zeitraum nicht die Lösung sein, da dennoch rung schlägt sich im Fachkonzept jedenfalls mit der ge- Grün und Freiflächen verloren gehen und später auch planten Pflanzung von bis zu 10.000 Bäumen bis 2025 nicht mehr als „Reserve“ für Nutzungen, die wir heute nieder und ist als großer Erfolg zu verbuchen, eben- noch nicht kennen, zur Verfügung stehen. so wie die Gestaltung mit ausreichend Schatten und (Trink-)Wasser. Zahlreiche Forderungen der WUA für Der Grüngürtel um Wien, der 1995 vom Gemeinderat das städtische Mikroklima finden sich in den Maßnah- beschlossen wurde und in allen weiteren strategischen men wieder. Das Fachkonzept soll 2018 im Gemeinde- Papieren der Stadt Wien (Strategieplan Wien 2004, rat beschlossen werden. Stadtentwicklungspläne) immer wieder als wichtige Basis für die Stadt bestätigt und weiterverfolgt wurde, Wienerwald Nordost/Norbert-Scheed Wald unterliegt zur Zeit einem zusätzlichen Nutzungsdruck. Im Zuge der Erstellung des STEP 2025 war es die WUA, Zur Sicherung und Erweiterung eines übergeordneten die darauf gedrängt hat, der Stadtlandwirtschaft auch Grünraumes um die Schließung des Grüngürtels um weiterhin Platz einzuräumen und regionale Versorgung Wien im Nordosten voranzutreiben, hat sich die WUA möglich zu machen. Die WUA hat sich für die Über- sehr für den Norbert-Scheed-Wald eingesetzt. Die WUA arbeitung des Agrarstrukturellen Entwicklungsplans nimmt auch am Projekt LOSDAMA teil, das für eine (AGStep) eingesetzt und damit zu Erhaltung von Le- Vernetzung der Grünräume zwischen Norbert-Scheed bensmittelproduktion und unversiegelten Erholungsflä- Wald und dem Bisamberg steht. chen („Gartln in Wien“) beigetragen. 13
›› Arbeitsschwerpunkte – wichtigste Projekte Stadtökologie Grün- und Freiflächenfaktor senen Baumbestand trotz geplanter Wohnbebauung zu erhalten und eine zukünftige öffentliche Zugänglichkeit An der Universität für Bodenkultur wird das Instrument des Geländes zu ermöglichen. eines Grün- und Freiflächenfaktors erarbeitet, der das Interesse der WUA geweckt hat. Im Jahr 2016 hat die In einem sehr frühen Planungsstadium ist die WUA WUA daher mit Interessierten im Magistrat ein Treffen daher offensiv an die Projekttreiber und Magistratsab- organisiert, um das Instrument vorzustellen, eine fach- teilungen herangetreten, um einerseits in Erfahrung liche Diskussion zu ermöglichen und Kontakte inner- zu bringen, was genau geplant ist und um anderer- halb des Magistrat mit der BOKU herzustellen. Wichtig seits die Positionen der WUA (weitgehender Erhalt des war es, den Informationsfluss zu initiieren. Dank der Baumbestandes, sensibler Umgang mit Beleuchtung, Initiative der WUA hat sich der Begriff Grün-und Freiflä- Durchgängigkeit, öffentliche Zugänglichkeit, Durch- chenfaktor mittlerweile etabliert und es wird daran gear- grünung, geringe Versiegelung) darzulegen. Im Jahr beitet, wie dieses Instrument in Planungsprozesse zu- 2017 wurde die WUA eingeladen am städtebaulichen künftig implementiert werden kann. Vertrag für die Körner Kaserne inhaltlich mitzuwirken und das Thema ökologische Bauaufsicht in der Bau- phase auszuformulieren und einzubringen. Der aus- Kernteam Forcierung Fassadenbegrünung formulierte Passus wurde unter den für die Bauträger verbindlichen Punkten in das Handbuch „Qualitätssi- In einem breit gefächerten ExpertInnenteam, unter Lei- cherung“ aufgenommen. tung der Magistratsdirektion – Baudirektion, werden Hemmnisse für Fassadenbegrünung bearbeitet. Die Aufgabe der WUA in diesem Kreis ist es vor allem die FH Campus Favoriten Wichtigkeit eines weiteren „naturnahen“ Bausteins“ in einer Stadt darzulegen und die multifunktionale Sinn- Hier ist es erstmals gelungen, dass die WUA als bera- haftigkeit (Kühlung, Lebensraum für Fauna und Flora, tende Stelle bei einer Jury zum Wettbewerb zur Erwei- Feinstaubfilter, Schallschutz) dieser Maßnahme her- terung des FH Campus Favoriten eingebunden war. Da vorzuheben. Fortgesetzt soll mit Dach- und Tragwerks- sich unmittelbar angrenzend an den FH Campus ein begrünung werden. Landschaftsschutzgebiet befindet, war es wichtig The- men und auch Bedenken darzulegen und so Einfluss auf die Weiterentwicklung des Projektes zu nehmen. Baukultur und Klimaschutz Bei der Präsentation des Siegerprojektes im Jänner, wa- ren die Umweltthemen sichtbar rahmengebend für die Die MA 19 – Architektur und Stadtgestaltung hat sich bauliche Umsetzung der Erweiterung des Campus. zum Ziel gesetzt das Thema Klimaschutz, Klimawandel und Klimawandelanpassung im Zusammenhang mit Wesentliche Umweltaspekte waren die massive phy- Baukultur und öffentlichem Raum aufzuarbeiten. Im sische Abgrenzung des Baustellenbereichs gegen das Jahr 2017 wurde eine Serie von Workshops gestartet, Landschaftsschutzgebiet, eine insektenfreundliche die sich inhaltlich sehr ambitioniert damit auseinander- Außenbeleuchtung mit Full-Cut-Off-Leuchten, der Ein- gesetzt haben. Es gab BesucherInnen aus Deutschland satz von Vogelschutzglas für Glasflächen, die nicht der und aus anderen österreichischen Städten, die ihre Er- Wohnraumbelichtung dienen und die Anbringung von fahrungen in der Verwaltung mit diesem Thema vorge- Fledermausquartieren und Nistkästen für Gebäudebrü- stellt haben. ter. Die Zufahrt darf weder für Bauführung noch für den Betrieb durch das Schutzgebiet führen. Gestaltungs- Auch der Green Pass und das seitens der WUA be- maßnahmen im Landschaftsschutzgebiet müssen sich auftragte Green Pass-Modell Eurogate II waren Thema. an den Ansprüchen der geschützten Arten auf den Er- Viele der WUA-Themen (Erstellen von Klimamodellen weiterungsgebieten des Campus orientieren, das Ge- für Bauvorhaben, Aktualisierung der Stadtklimakarten biet ist mit standortgerechten Wildgehölzen zu bepflan- Wiens, Einsatz von Instrumenten wie den Green Pass, zen und naturnahe zu pflegen. Bauwerksbegrünungen, Reduktion der Bodenversiege- lung) konnten einfließen und wurden sehr offen und Freiraumgestaltung östlicher Karlsplatz positiv aufgenommen. (Wien Museum) Praktische Beispiele Die WUA hat an der Freiraumgestaltung im Bereich des Karlsplatzes um das Wien Museum teilgenommen. Die Wohnbebauung Körner Kaserne WUA hat sich erfolgreich vehement gegen das Fällen von anfangs mehr als zehn Bäumen im Bereich des Die WUA versucht Themen und Anliegen möglichst früh Wien-Museums gewehrt. Mit Vorschlägen betreffend in diverse Planungsprozesse einzubringen und Akteur die zukünftige Bebauung (geringere unterirdische Er- Innen zur Zusammenarbeit zu motivieren. Im Falle der weiterung) beispielsweise ist es gelungen die Zahl Körner Kaserne war es der WUA wichtig, den gewach- der zu fällenden Bäume auf etwa drei zu reduzieren. 14
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