Unangepasste Jungs Delegierte im Homeoffice - statt in Solothurn - Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH 7/8
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Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH 7/8 | 2021 Unangepasste Jungs Delegierte im Homeoffice – statt in Solothurn 1
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7/8 | 2021 EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser Ausgabe 7/8 | 2021 | 29. Juni 2021 Vor einem Jahr freuten wir uns auf die Ferien. Sogar sehr. Denn es war an- Zeitschrift des LCH, 166. Jahrgang der Schweizer Lehrerinnen- und Lehrerzeitung (SLZ) strengend gewesen: Schulen zu, digitales Chaos zuweilen und dann noch BILDUNG SCHWEIZ erscheint 11 Mal jährlich die Angst um unsere Liebsten. Jetzt kommt die Auszeit erneut gerade recht. Denn dieses Schuljahr hatte es wieder in sich. Doch neben diesem berech- Impressum tigten Stossseufzer keimt eine Ahnung: Das werden wir nicht so schnell vergessen! Was Sie und Ihre Schülerinnen und Schüler geleistet haben, das Herausgeber/Verlag Dachverband Lehrerinnen und Lehrer war ausserordentlich. Und es wird die Schule verändern. Als Optimist würde Schweiz LCH ich sagen, zum Guten. • Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin • Franziska Peterhans, Zentralsekretärin • Beat A. Schwendimann, Leiter der Pädagogischen Wir wissen nun aus eigener Erfahrung, was persönliche Kontakte wert sind. Arbeitsstelle LCH Aber wir haben auch digitale Hilfsmittel schätzen gelernt. Der digitale Gra- Zentralsekretariat und Redaktion ben zwischen den Generationen ist keine unüberwindbare Schlucht mehr. Pfingstweidstrasse 16, 8005 Zürich Telefon 044 315 54 54 Wir haben uns darin geübt, flexibel zu sein. Kein Nachteil, würde ich sagen. E-Mail: bildungschweiz@LCH.ch Internet: www.LCH.ch, www.bildungschweiz.ch Erreichbar Mo–Do, 8–12 Uhr und 13.30–16.45 Uhr, Offen für Neues, geschätzte Leserinnen und Leser, möchte ich auch als Fr bis 16 Uhr neuer Chefredaktor von BILDUNG SCHWEIZ sein. Ich freue mich auf den Weg, den wir als Redaktionsteam mit Ihnen vor uns haben. Als junger Lehrer Redaktion • Christoph Aebischer (ca), Chefredaktor in den Neunzigerjahren sah ich mir die Filme des kanadisch-armenischen • Deborah Conversano (dc), stv. leitende Redaktorin Filmregisseurs Atom Egoyan an. Sein Verwirrspiel mit unterschiedlichen • Maximiliano Wepfer (mw), Redaktor Print/Online • Anna Walser (aw), Redaktorin Print/Online Realitäten eines medialen Zeitalters faszinierte mich. Gekonnt verwischte Ständige Mitarbeit: Adrian Albisser (Bildungsnetz), er Grenzen und stellte Gewissheiten zur Disposition. Freilich hatte ich auch Claudia Baumberger, Fiona Feuz, Marcel Hegetschweiler, Marina Lutz (Cartoon), Bedenken: Was macht das mit uns? Christian Urech, Roger Wehrli, Christa Wüthrich, Michael Merker/Lea Sturm (Schulrecht) Mittlerweile stecken wir mittendrin in dieser Welt. Als langjähriger Jour- Abonnemente/Adressen nalist bei verschiedenen Tageszeitungen erlebte ich das hautnah und Sie Bestellungen/Adressänderungen: Zentralsekretariat LCH, 044 315 54 54, als Lehrpersonen oder an Bildungsthemen Interessierte ebenso. Toll daran adressen@LCH.ch ist, dass dank digitalen Hilfsmitteln der Austausch über die eigene Blase Adressänderungen auch im Internet: www.bildungschweiz.ch hinaus einfacher geworden ist. Weniger ideal ist die Tendenz, dass wir diese Für Aktivmitglieder des LCH ist das Chance nicht unbedingt nutzen. Auch das eine Lehre aus der Pandemie. Abonnement im Verbandsbeitrag (CHF 82.– pro Jahr) inbegriffen Statt in einen Dialog zu treten und uns mit anderen Meinungen auseinan- Jahresabonnement für Nichtmitglieder: derzusetzen, suhlen wir uns allzu oft in der eigenen «Bubble». Schweiz CHF 108.50, Ausland CHF 183.50 Einzelexemplar CHF 10.25, ab dem 8. Expl. CHF 7.20 (jeweils plus Porto und MwSt.) Pluralismus und die Auseinandersetzung mit fremden Standpunkten sind Dienstleistungen aber wichtig. So kommen wir gemeinsam weiter. Gerne lade ich Sie zu die- Bestellungen/Administration: Zentralsekretariat sem Austausch ein, auch im Rahmen dieses Magazins. Einen Blick über die LCH, 044 315 54 54, adressen@LCH.ch Reisedienst: Jolanda Fraefel, j.fraefel@LCH.ch «Bubble» der eigenen Schule oder des eigenen Landes hinaus bietet in die- ser Ausgabe zum Beispiel der Bericht auf Seite 28 über das Bildungsprojekt Inserate/Druck «Enfócate» in Bolivien. Interessieren dürfte Sie ebenfalls, wie andere die Inserateverkauf: Martin Traber, Fachmedien, Zürichsee Werbe AG, Tel. 044 928 56 09 Zeit mit geschlossenen Schulen und Fernunterricht erlebt haben und wel- martin.traber@fachmedien.ch che Schlüsse man daraus ziehen Mediadaten: www.bildungschweiz.ch Druck: FO-Zürisee, 8132 Egg ZH könnte. Mehr dazu lesen Sie auf ISSN 1424-6880 Seite 32. Verbreitete Auflage: 41 604 Exemplare Total verkaufte Auflage: 41 593 Exemplare (WEMF/KS-Beglaubigung) Ich wünsche Ihnen gute Lektüre, und unbedingt: gute Erholung! Christoph Aebischer Chefredaktor Christoph Aebischer ist seit dem 1. Juni Chefredaktor von BILDUNG SCHWEIZ. Foto: Marc Renaud 3
7/8 | 2021 INHALT 12 Die DV LCH hat zwei neue Geschäftsleitungsmitglieder gewählt. 20 Mädchen werden für Fleiss und Pflichtgefühl belohnt. Buben werden für ihr Verhalten häufiger bestraft. Bevorzugt unser Schulsystem die Mädchen? 34 Was Knochen über unsere Vorfah- ren erzählen. 28 In Bolivien gibt es viele Teenie- Schwangerschaften und viel häusliche Gewalt. Jugendliche sollen starre Geschlechterrollen hinterfragen. Heftmitte Der LCH informiert über die wichtigsten Geschäfte im Verbandsjahr 2020/21. Fotos auf diesen Seiten: Marc Renaud, iStock/alexsl, Pascal Frischknecht, Christian Urech, Anna Walser Titelbild: Die Delegiertenversammlung LCH fand in Solothurn und im Homeoffice statt. Foto: Marc Renaud 4
7/8 | 2021 INHALT AKTUELL | BILDUNGSPOLITIK 6 Ein Digitalisierungsgraben zieht sich durch die Schweiz 7 Jugendschutz gibt im Bundeshaus zu reden AUS DEM LCH | DELEGIERTENVERSAMMLUNG 8 Bündner Lehrpersonen sind empört über Urteil gegen ihre Lohnklage 10 Die digitale Versuchung – Fluch und Segen zugleich 12 Neue Gesichter in der Geschäftsleitung INTEGRATIVE SCHULE 15 Eine Schule für möglichst alle 18 Wegweiser durch den Massnahmendschungel PÄDAGOGIK | BILDUNG INTERNATIONAL 20 Oh boy! 25 Warum sind wir nur so kurzsichtig? 28 Bolivianische Jugendliche sollen Gewaltspirale durchbrechen BILDUNGSFORSCHUNG | AUSSTELLUNG 32 Schulhaus geschlossen – Lernen aus dem Fernunterricht 34 Grabfunde, die Geschichte(n) schreiben RUBRIKEN BÜROZEITEN IM SOMMER 3 IMPRESSUM Vom 12. Juli bis und mit 31. Juli 27 SWISSDIDAC sind der LCH und die Redaktion nur von 8 bis 12 Uhr erreichbar. 36 SCHULRECHT 39 BILDUNGSNETZ 40 VERLAG LCH 41 MEHRWERT LCH 42 REISEN LCH 44 BILDUNGSMARKT 47 3 FRAGEN AN ... | BILDUNG SCHWEIZ demnächst Das Wichtige lesen, wenn es noch neu ist. Abonnieren Sie den Newsletter LCH. www.lch.ch/abonnieren/newsletter-abonnieren 5
7/8 | 2021 AKTUELL Ein Digitalisierungsgraben zieht sich durch die Schweiz Eine neue Schweizer Studie untersucht die Digitalisierung in der Bildung. Erste Ergebnisse zeigen: Es gibt grosse Unterschiede zwischen den Sprachregionen. In der Umfrage kamen Kinder und Jugendliche vom Zyklus 2 bis zur Sekundarstufe II zu Wort. Benutzt du an der Schule schungsinstitut gfs.bern im zu den subjektiven Einschät- WAS, WANN, WO Computer? In einer repräsen- Auftrag und in Zusammenar- zungen der Schülerinnen und tativen Studie beantworteten beit mit der Schweizerischen Schüler zur Nützlichkeit digi- Bildungsforschung und 88,5 Prozent der Schülerin- Koordinationsstelle für Bil- taler Anwendungen und nen und Schüler von Zyklus 2 dungsforschung (SKBF). Lernformen und zur Freude -praxis auf Augenhöhe bis Sekundarstufe II in der im Umgang mit diesen. Gute Beispiele für for- Deutschschweiz diese Frage Grosse Unterschiede zwi- schungsorientierte Praxis mit Ja. Dieser Wert steht im schen den Sprachregionen Weitere Ergebnisse betreffen und praxisorientierte For- Kontrast zu den Antworten Das Ziel der Studie sei es, zu die Abdeckung mit WLAN an schung sichtbar zu machen, aus der französischsprachi- untersuchen, ob die Zeit des den Schulen, Unterschiede in das ist das Ziel der nächsten gen Schweiz und dem Tessin: Fernunterrichts als mögli- der Nutzung je nach Fachbe- Tagung von profilQ. Am Dort bejahten 68,3 respektive cher Katalysator für die Digi- reich oder Unterschiede zwi- 15. September 2021 treffen 51,1 Prozent die Frage. talisierung in der Bildung schen den Geschlechtern. sich in Zürich Lehrpersonen, gewirkt hat, schreiben Chan- Ausserdem halten die For- Schulleitungen, Forschende Langzeitstudie geplant tal Oggenfuss und Stefan schenden fest, dass generell sowie Fachpersonen von Die Angaben gehören zu den Wolter. Sie sind das Autoren- noch nicht von einer sehr Schulbehörden und (kanto- ersten Ergebnissen des team des 25-seitigen «SKBF grossen Nutzungsintensität nalen) Verwaltungs- und «Monitorings der Digitalisie- Staff Paper», das im Mai von digitalen Hilfsmitteln im Schulentwicklungsstellen rung der Bildung aus der 2021 erschienen ist und die schulischen Umfeld gespro- zum Thema «Bildungsfor- Sicht der Schülerinnen und ersten Ergebnisse zu- chen werden könne. schung und Bildungspraxis Schüler». In einer Langzeit- sammenfasst. auf Augenhöhe – so studie sollen Informationen Deborah Conversano funktioniert’s!». Die Teilneh- darüber gesammelt werden, Die erwähnten grossen menden diskutieren, wie die wie digitale Medien in der Unterschiede zwischen den Partnerschaft zwischen Pra- Bildung genutzt werden. Die Sprachregionen zeigen sich Weiter im Netz xis und Forschung gestaltet erste Befragung fand im in praktisch allen Aspekten: www.skbf-csre.ch/bildungs- sein muss, damit sie als Oktober und November 2020 von den Neuanschaffungen forschung/staff-papers/ zufriedenstellend erachtet statt. Durchgeführt hat sie über die Nutzungsintensität wird. Weitere Informationen: das Markt- und Meinungsfor- und die Nutzungsform bis hin www.profilqualite.ch NEU IM AMT zell Ausserrhoden, zur neuen strahlt. Beat A. Schwendi- Tagung «Lesen 2030» Regionalsekretärin der EDK- mann, Leiter Pädagogische Laut der letzten PISA-Studie Alfred Stricker Ost gewählt. Sie folgt per Arbeitsstelle LCH, ist Mit- lesen Schweizer Schülerin- neuer Präsident 1. August 2021 auf Christoph glied der Jury. nen und Schüler nicht nur Zimmermann, Glarus. (pd) schlechter als noch vor eini- der EDK-Ost Kurse für Lehrpersonen gen Jahren, sie lesen in der Die Erziehungsdirektoren- In diesem Jahr wurde erst- Freizeit auch weniger Bücher. Konferenz der Ostschweizer PREISVERLEIHUNG mals eine Onlineschulung zu Zugleich begegnen sie auf Kantone und des Fürsten- Lernfilmen für Lehrpersonen digitalen Geräten täglich tums Liechtenstein (EDK- Rekordbeteiligung angeboten. 400 Personen unterschiedlichsten Text- Ost) hat am 28. Mai 2021 an Lernfilm estival nutzten diese. Festivaldirek- und Erzählformen. Wie wird einen neuen Präsidenten tor Fredi Althaus vermutet, sich das literarische Lesen gewählt. Alfred Stricker, Albert Einstein beschäftigt dass die Weiterbildung zur bei Kindern und Jugendli- Regierungsrat und Vorsteher sich mit Urheberrecht und hohen Beteiligung beigetra- chen bis 2030 verändern? des Departements Bildung die «Tagesschau» macht Avo- gen haben könnte. Die Schu- Welche Auswirkungen haben und Kultur des Kantons cados zum Hauptthema: Die- lung wird auch für das nächs- die digitalen Entwicklungen Appenzell Ausserrhoden, se Ideen setzten Gewinnerin- te Lernfilmfestival angeboten auf die Kinder- und Jugend folgt auf Benjamin nen und Gewinner des und im neuen Schuljahr literatur? Die diesjährige Jah- Mühlemann. diesjährigen Lernfilmfesti- ausgeschrieben. restagung des Instituts für vals um. Für die neunte Kinder- und Jugendmedien Der Glarner Bildungsdirektor Durchführung reichten Kin- Deborah Conversano (SIKJM) findet am Freitag, Mühlemann übte das Amt der und Jugendliche 700 Bei- 17. September 2021, im seit Mai 2018 aus. Per Anfang träge ein, doppelt so viele wie Volkshaus Zürich und parallel 2021 wechselte er ins üblich. Die Preisverleihung Weiter im Netz online via Livestream statt. Finanzdepartement Glarus. fand in Kooperation mit «SRF www.lernfilmfestival.ch Eine Anmeldung ist bis Mitte An der gleichen Sitzung wur- mySchool» statt und wurde www.srf.ch/myschool August möglich. Weitere de Daniela Ittensohn, Appen- Anfang Juni auf SRF 1 ausge- Informationen: www.sikjm.ch 6
7/8 | 2021 BILDUNGSPOLITIK Jugendschutz gibt im Bundeshaus zu reden Nach dem Nationalrat will nun auch der Ständerat die Einschränkungen für Tabakwerbung lockern. Uneins waren sich die beiden Kammern in der Sommersession, ob sich der Staat in das Ernährungsverhalten von jungen Menschen stärker einmischen müsste. Zudem will die grosse Kammer die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen stärken. Das Tabakproduktegesetz Tabakkontrolle (FCTC) machte den Auftakt für die erfüllen. aus Sicht des LCH interes- santen Geschäfte der Som- Dagmar Rösler, Zentralpräsi- mersession, die am Freitag, dentin LCH, ist enttäuscht 18. Juni 2021, zu Ende ging. über die Beschlüsse des Der Ständerat hat beschlos- Ständerats. «Es scheint so, sen, den Gesetzesentwurf als dass das Parlament weiter- indirekten Gegenvorschlag hin die Interessen der Indust- mit der Volksinitiative «Ja rie und der Werbung über die zum Schutz der Kinder und allgemeine Gesundheit und Jugendlichen vor Tabakwer- besonders über die unserer bung» zu verknüpfen. Darü- Kinder und Jugendlichen ber hinaus hielt er an seinem stellt. Wenn wir verhindern Entscheid fest, wonach die wollen, dass Kinder und Kantone jeweils strengere Jugendliche mit dem Tabak- Vorschriften für Werbung, konsum beginnen, braucht In der Sommersession 2021 wurden gleich mehrere Vorstösse behandelt, Sponsoring und Verkaufsför- die Schweiz einen griffigen welche die Jugend betreffen. Bild: Parlamentsdienste 3003 Bern derung erlassen können. Jugendschutz, der seinen Namen auch verdient.» Noch Ausnahmeregelungen für sind die Beschlüsse nicht tiative ab. Im Gegenzug hat Zugleich soll er Massnahmen Werbung bleiben bestehen definitiv, die Vorlage geht der Nationalrat ein Postulat vorschlagen, damit die psy- Ansonsten folgte die kleine zurück an den Nationalrat. zum selben Thema deutlich chische Gesundheit gewahrt Kammer der Version des angenommen. Der Bundesrat wird. Der Nationalrat hat sich Nationalrats. So soll Werbung Einmal Ja und einmal Nein muss nun darlegen, welche klar für ein Postulat mit die- für Tabakprodukte in der für Jugend und Ernährung nationalen und kantonalen sen Forderungen ausgespro- Presse und auf Internetsei- Uneins waren sich die beiden Angebote im Bereich «Jugend chen. Für die Bündner SP- ten, die nicht für Minderjähri- Kammern in einem weiteren und Ernährung» bestehen, Nationalrätin Sandra Locher ge bestimmt sind, weiterhin Thema, das die Jugend wie diese finanziert werden Benguerel, frisch gewähltes erlaubt sein. Zudem wurde betrifft. Nach dem Vorbild und an welche Zielgruppe sie Mitglied der Geschäftslei- die Pflicht für Tabakfirmen von «Jugend und Sport» sich wenden. tung LCH, ist dies der erste gestrichen, ihre Ausgaben für wollte eine parlamentarische Schritt in die richtige Rich- Werbung, Verkaufsförderung Initiative in einem Programm Mehr Hilfe bei psychischen tung: «Dadurch können und Sponsoring zu melden. «Jugend und Ernährung» jun- Problemen gezielte Massnahmen unter Damit würde die Schweiz gen Menschen Kenntnisse Der Bundesrat soll aufzeigen, Einbezug der Fachpersonen nicht einmal mehr die Mini- über Ernährung vermitteln welche Auswirkungen die geplant werden.» malvoraussetzung zur Ratifi- und damit zur Gesundheits- Coronakrise auf die psychi- zierung der internationalen förderung beitragen. Der sche Gesundheit von Kindern Maximiliano Wepfer Rahmenkonvention über die Ständerat lehnte aber die Ini- und Jugendlichen hat. SONDERPÄDAGOGIK REVOS ist eine logische orga- halb werden die Spezial- darf entfällt damit die ner- nisatorische Folge des Integ- lehrpersonen neu direkt von venaufreibende Suche nach Bern integriert rationsziels, das seit 2008 im den Schulen angestellt und einem Schulplatz. Sonderschule Volksschulgesetz verankert in die Lehrerkollegien integ- ist. Dieses besagt, dass auch riert. Bislang hatte ein Teil Zusätzlich zur Sonderpäda- Im Kanton Bern kommen die Schülerinnen und Schüler dieser Lehrpersonen schul gogik beinhaltet REVOS auch Sonderschulen neu unter das mit besonderen Bedürfnis- extern und oft in teuren Eins- den Ausstieg des Kantons Dach der Bildungsdirektion. sen möglichst nicht in sepa- zu-eins-Situationen Bern aus der Beteiligung an Die weitgehend unbestritte- raten Institutionen unterrich- gearbeitet. Lehrmittelverlagen. Bei den ne Integration der Sonderpä- tet werden sollen. Tagesschulen sprach sich der dagogik in die Volksschule Künftig sollen bis auf wenige Grosse Rat dafür aus, dass bildet das Kernstück der Speziallehrpersonen werden Ausnahmen alle Kinder die Regierung Minimalvor- Revision des Volksschulge- Teil des Kollegiums innerhalb der Regelschule schriften zu Qualitätsstan- setzes (REVOS 2020), das der Mit der Gesetzesrevision von sonderpädagogischen dards erlässt. REVOS soll auf Grosse Rat des Kantons Bern wechselt der Sonderschulbe- Fördermassnahmen profitie- den Beginn des Schuljahres am 10. Juni 2021 mit 147 zu reich von der Gesundheits- ren. Für Eltern von Kindern 2022/2023 umgesetzt wer- 3 Stimmen verabschiedete. zur Bildungsdirektion. Des- mit besonderem Förderbe- den. (pd/mw) 7
7/8 | 2021 AUS DEM LCH Bündner Lehrpersonen sind empört über Urteil gegen ihre Lohnklage Das Bündner Verwaltungsgericht hat die Lohnklage des Verbands Lehrpersonen Graubünden (LEGR) abgewiesen. Das ist ein herber Rückschlag, aufgeben will der Verband deshalb noch lange nicht. Weil er eine Diskriminierung oberflächliche Behandlung würden. Für das Urteil seien das Urteil nicht einfach so in den Löhnen auf der Kinder- eines Parteigutachtens» die Löhne der Kindergarten- hinnehmen: «Es werden gartenstufe sah, zog der Ver- gestützt, schreibt der LEGR lehrpersonen durch die mögliche weitere Schritte band Lehrpersonen Graubün- in seiner Medienmitteilung. Gegenpartei nicht mit den intensiv geprüft.» Laura Lutz den (LEGR) mit der Frauenzen- «Das ist inakzeptabel. Nach Löhnen der Vergleichsberufe bestätigte dies gegenüber trale Graubünden und Einzel- wie vor wird in Graubünden verglichen worden, sondern dem Radio Südostschweiz: klägerinnen vor Gericht. Nach einem längst überholten mit jenen von Werkmeistern, «Wir werden jetzt auf jeden dreieinhalb Jahren hat das Berufsbild der Kindergarten- Revierförstern und Baulei- Fall den politischen Weg ein- Verwaltungsgericht des Kan- lehrperson nachgehangen.» tern. «In Glarus wurde der schlagen, unabhängig davon, tons Graubünden nun ein Dabei verharre das Verwal- Vergleich durch eine neutrale ob wir vor Bundesgericht zie- Urteil gefällt. Es lehnte die tungsgericht in der Ansicht, Instanz gemacht und die Löh- hen oder nicht.» Klage ab, da keine Diskrimi- dass der Beruf der Kinder- ne der Kindergartenlehrper- nierung in den Löhnen der gartenlehrperson keiner ech- sonen wurden auf das Niveau Anna Walser Kindergartenlehrpersonen zu ten Qualifizierung bedarf. von Primarschullehrperso- erkennen sei. nen angehoben», hielt Lutz Kein neutraler Vergleich fest. Weiter im Netz Urteil inakzeptabel Gegenüber Radio Südost- bit.ly/2U3NPb4 – «Der LEGR Die klagenden Verbände zei- schweiz sagte Laura Lutz, Verband gibt nicht auf ist empört» (Medienmittei- gen sich «schockiert» über Präsidentin des LEGR, dass Wie der LEGR in seiner lung) das Urteil. Nach mehr als die Löhne von Bündner Kin- Medienmitteilung weiter bit.ly/3xvUuJt – «Wir werden dreieinhalb Jahren Wartezeit dergartenlehrpersonen im schreibt, werden die Kinder- jetzt den politischen Weg ein- habe das Verwaltungsgericht schweizweiten Vergleich gartenlehrpersonen, der schlagen» (Südostschweiz) sein Urteil auf eine «sehr «ganz zuhinterst» liegen LEGR und die Frauenzentrale IN EIGENER SACHE Digital Publisher an der sowie der vierzehntäglich Team. Das Redaktionsteam Hochschule für Wirtschaft in erscheinende Newsletter und die Mitarbeitenden des Redaktion unter Zürich. In früheren Jahren LCH gehören in die Zustän- Zentralsekretariats LCH freu- neuer Leitung war er Lehrer, drei Jahre an digkeit der Redaktions- en sich auf die Zusammenar- der Primarstufe, danach leitung. beit mit dem neuen Kollegen. Die Geschäftsleitung LCH (GL während seines Geografie- LCH) hat Christoph Aebischer studiums in verschiedenen Zählen darf der 50-jährige Ich gratuliere Christoph Aebi- zum neuen Leiter der Redak- Teilpensen und Stellvertre- Christoph Aebischer auf ein scher zu seiner Wahl und tion gewählt. Er folgt auf tungen. Der grosse journa- exzellentes Redaktionsteam: heisse ihn beim LCH herzlich Belinda Meier, die diese Auf- listische Leistungsausweis, Deborah Conversano, Maxi- willkommen. gabe per Ende März 2021 die Erfahrung als Lehrer miliano Wepfer und Anna abgegeben hat. Zusammen sowie seine sozialen Kompe- Walser sind ein äusserst Franziska Peterhans, mit der ganzen GL LCH heisse tenzen haben die GL LCH kompetentes, engagiertes Zentralsekretärin LCH ich Christoph Aebischer als überzeugt. Aus über 30 und bestens eingearbeitetes Chefredaktor von BILDUNG Bewerbungen ist Christoph SCHWEIZ und Leiter der Aebischer als klarer Favorit Kommunikationsabteilung aus dem Auswahlverfahren herzlich willkommen. Er hat hervorgegangen und einstim- am 1. Juni 2021 seine Stelle mig in seine wichtige neue angetreten und folgt damit Aufgabe gewählt worden. auf die ehemalige Redakti- onsleiterin Belinda Meier «BILDUNG SCHWEIZ landet sowie die Leiterin ad interim auf meinem Tisch. Das ist Deborah Conversano. eine der wenigen Konstanten in meiner bisherigen Funkti- Christoph Aebischer war bis on als Journalist.» Dieser zu seinem Wechsel zum LCH Satz stammt aus dem Bewer- als Redaktor und Storymana- bungsschreiben von Chris- ger beim «Bund» angestellt. toph Aebischer. Nun wird er Er hat über 20 Jahre Erfah- die Zeitschrift zusammen mit rung im Tagesjournalismus der Redaktion verantworten. und absolvierte vor zwei Jah- Aber auch die Newsbeiträge ren seine Ausbildung zum auf der Website des LCH Die Redaktion BILDUNG SCHWEIZ in neuer Formation. Foto: Philipp Baer 8
Die Projektwoche Food und das Dossier zu unter Waste finden Sie h/ www.swissmilk.c schule PROJEKTWOCHE «FRISCH AUF DEN TISCH» Wochenplan für den Unterricht Ihre Schülerinnen und Schüler erfahren Spannen- des rund um die Produktion, die Verarbeitung und den Konsum landwirtschaftlicher Erzeugnisse aller Art, mit einem besonderen Fokus auf Milch und Milchprodukte. Unterrichtsmaterial und Flexibel und modular Vorbereitungshilfen Die Materialien und Hilfen Die Inhalte sind auf die Lehrplanziele der Projektwoche «Frisch der Zyklen 1 bis 3 abgestimmt. Pro auf den Tisch» sind modu- Zyklus und Wochentag steht online lar einsetzbar, sei es für unter www.swissmilk.ch/schule eine Einzellektionen, Werkstatt- Auswahl an Unterrichtsmaterialien unterricht oder Exkursionstage. und Vorbereitungshilfen zur Die Organisation und Durchführung Verfügung. der Projektwoche obliegt den Lehr- personen selbst. Food Waste für den Zyklus 3 Mit allen Sinnen lernen und WAH Die Schülerinnen und Schüler Was lässt sich dagegen tun? erhalten Einblicke in das Leben und Gehen Sie mit Ihrer Klasse die- Arbeiten von Bauernfamilien. Sie erfahren, ser Frage auf den Grund. Bei wie landwirtschaftliche Produkte erzeugt Swissmilk finden Sie ein Dossier und verarbeitet werden, welche Nährstoffe für drei Doppellektionen mit sie enthalten und wie man sie haltbar Arbeitsblättern, einem Lehrfilm, macht. Die Schülerinnen und Schüler ver- Rezepten und vielen weiterfüh- kosten die Produkte, experimentieren und renden Informationen. kochen oder backen damit.
7/8 STEHSATZ | 2021 | STEHSATZ DELEGIERTENVERSAMMLUNG RUBRIK Die digitale Versuchung – Fluch und Segen zugleich Text: Christoph Ohne digitale Hilfsmittel wäre die Delegiertenversammlung des LCH am Aebischer 12. Juni unmöglich gewesen. Insofern sind sie ein Segen. In Solothurn Fotos: Marc erfuhren die Delegierten, was die Hirnforschung von Computern und Renaud Internet hält. Eigentlich finde die diesjährige Delegiertenversammlung in Die Macht der Emotionen Solothurn statt, sagte Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin Letztlich, das mag Lehrpersonen ernüchtern, beschrieb LCH, am 12. Juni 2021 im Saal des Landhauses. Und holte Häusel den Menschen als ein von Emotionen gesteuertes zu einer Beschreibung des Offensichtlichen aus: «Die Aare Wesen. Das ist aber gut zu wissen: Schon der Anblick eines fliesst direkt am Tagungsort im Landhaus vorbei.» Tablets beispielsweise versetzt uns demnach in den «Play Das war durchaus nötig. Denn sehen konnten das nur and Goal»-Modus und weckt damit verbundene Erwartun- rund 25 Personen aus der Geschäftsleitung des Dachver- bands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH), des Zen- tralsekretariats und der Gastgebersektion. Alle anderen Delegierten, rund 80 Personen, sassen zu Hause vor dem Bildschirm und mussten sich mit einer Videoschaltung in den Saal des Landhauses begnügen. Eine Präsenzveranstal- tung im üblichen Rahmen war wie schon 2020 auch 2021 nicht möglich. Fastfood fürs Gehirn Corona bestimmte indirekt auch den Schwerpunkt des Morgenprogramms. Hans-Georg Häusel, Psychologe und Experte in Marketing, Verkaufs- und Management-Hirnfor- schung, vermittelte in einem unterhaltsamen Referat poin- tiert, was digitale Hilfsmittel mit uns machen: «Digitale Medien sind Fastfood für unser Gehirn», sagte er. Sie sind also höchst attraktiv, aber nicht unbedingt effektiv und im Übermass ungesund. Aus der Realität, das zeigt das vergangene Schuljahr mit aller Deutlichkeit, sind sie aber nicht mehr wegzudenken. Wo Vertiefung angestrebt werde, empfahl der Experte, brauche es aber weiterhin analoge Methoden, die verschie- dene Sinne ansprechen. Diese Kombination könne eine bis zu zehnmal höhere Wirkung auf das Gehirn ausüben als simple Stimulation. Entsprechend verleihe das Gehirn dem Vermittelten mehr Relevanz mit Auswirkungen auf den Lernerfolg. Digital schlägt Analog hingegen laut Häusel dort, wo es um räumliche Vorstellung oder um zeitnahe Feedbacks geht oder wo Lerninhalte spielerisch vermittelt werden können, in der sogenannten Gamification. Zentralpräsidentin Dagmar Rösler begrüsst die LCH-Delegierten – den grösseren Teil davon via Bildschirm im Homeoffice. 10
7/8 | 2021 DELEGIERTENVERSAMMLUNG gen. Ein Buch hingegen wird mit Entspannung assoziiert. gierten. Er legte dabei den Fokus auf die gesellschaftliche Dass es nichts bringt, sich dem Wandel zu verschliessen, Polarisierung, die mit der Coronapandemie einhergeht. Ankli ja gar ihn zu verteufeln, illustrierte Häusel mit einem Blick wollte aber nicht bloss schwarzmalen, denn die intensive zurück. Jedes neue Medium wurde bei seinem Aufkom- Auseinandersetzung sei auch Ausdruck von Betroffenheit. men abgelehnt, angefangen mit der Schrift in der Antike «Im Idealfall wächst daraus ein politischer Gestaltungswille heran», meinte er. «Lehrpersonen nehmen hier eine wichtige «Hie und da eine Stunde am Tablet Aufgabe wahr.» Sie vermittelten Schülerinnen und Schülern das nötige Wissen, sollten sie zu Mitgefühl befähigen und spielen ist in Ordnung, wenn sich das ihnen beibringen, auch Widersprüche aushalten zu können. Kind viermal länger sensomotorisch Explizit bedankte er sich für den Beitrag der Lehrpersonen in dieser schwierigen Zeit, damit die Schulen auch während betätigt.» der Pandemie offen bleiben konnten. Mathias Stricker, Präsident des Verbands Lehrerinnen über den Buchdruck im Mittelalter oder das Fernsehen und Lehrer Solothurn (LSO), bot den Delegierten eine im 20. Jahrhundert bis eben heute zu den Vorbehalten bei Premiere: ein kurzes Promotionsvideo, in dem sich die digitalen Medien. Gastgebersektion vorstellt. In drei Minuten rückt der LSO Trotz der digitalen Schwelle aus dem Homeoffice ins seine vielfältigen Dienstleistungen ins rechte Licht. Zum Landhaus regte das Thema zu vielen Fragen an, die Fran- Beispiel gibt es auch dank seines Engagements im Kanton ziska Peterhans, Zentralsekretärin LCH, an Hans-Georg Solothurn einen Gesamtarbeitsvertrag, in den die Lehrper- Häusel richtete. Auf die Frage, wie viel Digitales er vier- bis sonen eingebunden sind. achtjährigen Kindern zumuten würde, antwortete er: «Mal Stricker ermunterte andere Sektionen, das Video als eine Stunde am Tablet spielen ist in Ordnung, wenn sich das Grundlage zur eigenen Mitgliederwerbung zu verwenden. Kind viermal länger sensomotorisch zum Beispiel draussen Zu sehen ist es auf Youtube, Interessierte können sich bei beim Ballspielen betätigt.» Stricker melden. ■ Beat A. Schwendimann, Leiter Pädagogische Arbeitsstelle LCH, nahm den von Häusel gesponnenen Faden auf. Er stellte eine neue Arbeitsgruppe unter seiner Leitung vor, die Weiter im Netz Mehr Impressionen unter www.LCH.ch > Der LCH > Über uns > in den nächsten vier Jahren Empfehlungen für die digitale Veranstaltungen LCH Transformation der Schule erarbeiten will. www.youtube.com/watch?v=pFmFq2hbayk – Promotionsvideo des LSO Polarisierung und Bildung Der Bildungsdirektor des Gastgeberkantons Solothurn Remo Ankli wandte sich mit einem Grusswort an die Dele- Gastreferent Hans-Georg Häusel räumt mit Der Solothurner Bildungsdirektor Remo Ankli LSO-Präsident Mathias Stricker ermutigt die Illusionen über unsere Wahrnehmung auf. bedankt sich für den Einsatz der Lehrpersonen. Sektionen zur Mitgliederwerbung per Videoclip. 11
7/8 | 2021 DELEGIERTENVERSAMMLUNG Neue Gesichter in der Geschäftsleitung Die Delegiertenversammlung LCH fand am 12. Juni 2021 in kleinem Rahmen in Solothurn und online statt. Die Delegierten genehmigten die Jahresrechnung des abgelaufenen Geschäftsjahrs, die positiv abgeschlossen hat, und wählten Sandra Locher Benguerel und Daniel Gebauer per August 2022 in die Geschäftsleitung. Hybrid war das Stichwort für die statu- Nachfolge für Franziska Peterhans gewählt wird. Diese ausserordentliche DV tarische Delegiertenversammlung (DV) gesucht findet am 22. Januar 2022 statt, weil die des LCH: Sie fand sowohl online als Dagmar Rösler erläuterte das geplante beiden ordentlichen DV von 2021 und auch physisch vor Ort im historischen Vorgehen der Findungskommission 2022 zeitlich ungünstig liegen. Die neue Landhaus in Solothurn statt. Diese hyb- (FiKo) für die Nachfolge von Zentralse- Person nimmt ihre Arbeit mit Beginn des ride Form bedeutete zugleich, dass die kretärin LCH Franziska Peterhans, die neuen Schuljahrs am 1. August 2022 auf Wahlen und Beschlüsse auf schriftlichem am 31. August 2022 pensioniert wird. und profitiert so während des Einführungs- Weg erfolgen mussten. «Aus rechtlicher «Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, eine monats vom Know-how der abtretenden Sicht sind sie auf diese Weise wasserdicht würdige Nachfolge für Franziska Peter- Zentralsekretärin. und abgesichert», erklärte Dagmar Rös- hans zu finden. Sie tritt nach mehr als Franziska Peterhans stellte den neuen ler. Die Zentralpräsidentin LCH skizzierte 15 Jahren in der Schaltzentrale des LCH Chefredaktor von BILDUNG SCHWEIZ den Fahrplan für die Arbeitsgruppe (AG) in den Slowdown», unterstrich Rösler. und Leiter Kommunikation LCH Chris- Formation.CH, die in der Vernehmlassung Nach Ablauf der Bewerbungsfrist wird toph Aebischer vor. Für die Einarbeitung für einen gesamtschweizerischen Dachver- sich die FiKo im September treffen, um könne Aebischer auf ein kompetentes und band Inputs zu verschiedenen Szenarien die Kandidatinnen und Kandidaten für die eingespieltes Redaktionsteam zählen, das abgeholt hat. An der Präsidentenkonfe- Bewerbungsgespräche auszuwählen. Im für Kontinuität stehe. «Gleichzeitig wer- renz vom September wird die AG über die November wird sie den Wahlvorschlag den wir seinen Blick von aussen zu nutzen Rückmeldungen informieren. «Wir geben zuhanden der ausserordentlichen DV wissen», versicherte Peterhans. Aebischer alles, damit sich alle integriert fühlen», ver- beschliessen, an der die künftige Zentralse- hielt fest, dass BILDUNG SCHWEIZ ein sicherte Rösler. kretärin oder der künftige Zentralsekretär Forum für alle Mitglieder des LCH sei: Zentralpräsidentin LCH Dagmar Rösler sprach an der Delegiertenversammlung sowohl für die Anwesenden im Landhaus in Solothurn als auch für diejenigen, welche die Veranstaltung dank Streaming von zu Hause aus verfolgten. Fotos: Marc Renaud 12
7/8 | 2021 DELEGIERTENVERSAMMLUNG «Wir machen das Magazin für Sie.» Der wurden. «Das war eine richtige und auch ehemalige Primarlehrer erinnerte sich auch nachhaltige Entscheidung, der Abschluss daran, dass zu seiner Zeit die Türen der ist positiv, die Beitragserhöhung greift.» Klassenzimmer verschlossen waren. Seit- Die Jahresrechnung 2019/2020 wurde her habe sich viel verändert und die Türen schliesslich einstimmig angenommen. stünden häufiger offen. «Mit dieser Offen- heit, auch für andere Meinungen, kommen Tendenz zum Rückgang bei den wir zusammen weiter», ist er überzeugt. zahlenden Mitgliedern Positiv war auch das Jahresbudget Jahresrechnung schliesst mit positivem 2021/2022, für das über alle Sparten gese- Ergebnis ab hen ein Gesamtgewinn von beinahe 30 000 Für Samuel Zingg gehört es zu den schö- Franken resultiert. Die Budgetierung sei Zentralsekretärin LCH Franziska Peterhans war zufrieden mit der positiven Jahresrechnung. nen Aufgaben als Vizepräsident LCH, kein einfaches Unterfangen gewesen, den Gremienbericht genehmigen zu las- erklärte Franziska Peterhans. «Vieles ist sen. Dabei könnten sich die Delegierten ungewiss, wir stecken noch mitten in der den Applaus gleich selber zu Hause geben, Coronapandemie. Sie hat sich nun zwar denn sie hätten in diesem schwierigen Jahr verändert, ist aber noch nicht vorbei.» viel geleistet, betonte er. Anspruchsvoller Zunächst berichtete Peterhans von den mit als der einstimmig genehmigte Gremienbe- rund drei Millionen Franken budgetierten richt präsentierte sich die Jahresrechnung Mitgliedererträgen. Die Mitgliederzahlen des LCH 2019/2020. Diese stand im Zei- würden wohl steigen, aber nicht unbedingt chen eines Übergangsjahres für die Rech- die Erträge. «Es nimmt vor allem die Zahl nungslegung, weil die ursprünglichen vier nichtzahlender Mitglieder wie Pensionier- Nebenrechnungen zusammengelegt und in ter zu, die zahlenden Mitglieder sind dage- ein neues Modell überführt wurden. Trotz gen eher rückläufig», präzisierte Peterhans. des grossen Aufwands sei dies eine nach- Die sich hier abzeichnende Tendenz will Die Bündnerin Sandra Locher Benguerel wurde haltige Lösung, befand Franziska Peter- die Zentralsekretärin schnell kehren. Sie für den GL-Sitz Zyklus 2 gewählt. hans. «Zum einen sind wir zeitgemässer in forderte deshalb Anstrengungen von allen der Rechnungsdarstellung geworden und Mitgliedern, um die Höhe der Mitglieder- zum anderen wird Ivo Haug, Buchhalter beiträge zu halten. des LCH, spürbar entlastet.» Dies sei sehr In der Folge griff Franziska Peterhans sinnvoll angesichts weiterer geplanter Pro- einzelne Punkte aus dem Budget auf. So jekte wie der Digitalisierung der ganzen ist zum Beispiel der Schweizer Bildungs- Buchhaltung, an deren Umsetzung der tag selbsttragend, denn alle Kosten sol- LCH bereits dran sei. len durch Sponsoringerträge finanziert Peterhans ging auf die coronabeding- werden. Obwohl in der Kommunikation ten Abweichungen zum Budget ein, wie erneut mit guten Erträgen gerechnet wird, beispielsweise den tieferen Finanzertrag wurde ein kleiner Verlust budgetiert. Die oder die Gremienkosten, die aufgrund der Mehrkosten ergeben sich aus der anste- vielen abgesagten Veranstaltungen gerin- henden Digitalisierung von BILDUNG Daniel Gebauer von Bildung Bern übernimmt den ger ausgefallen sind. Zudem hob sie das SCHWEIZ. «Diese Aufgabe müssen wir GL-Sitz Zyklus 3. hervorragende Ergebnis von BILDUNG angehen, wenn wir zukunftsfähig sein SCHWEIZ hervor, wo mit Fremdeinnah- wollen. Immer mehr Mitglieder möchten men in Form von Inseraten und Beilagen die Zeitschrift nur noch digital lesen, auch rund 1,1 Millionen Franken erwirtschaftet wenn es sie weiterhin in der Printversion wurden. Insgesamt ist der Verband finan- geben wird», stellte Peterhans klar. Die ziell gut aufgestellt, aus der Gesamtkos- Delegierten folgten ihrer Empfehlung und tenstellenrechnung resultiert ein Gewinn nahmen das Budget 2021/2022 an. von rund 88 000 Franken. Dies, nachdem der LCH jahrelang mit einem strukturellen Zwei Kandidatinnen stellen sich Defizit gelebt hatte. In diesem Zusammen- zur Wahl hang würdigte die Zentralsekretärin den Um die Zukunft des LCH ging es ebenfalls Beschluss der DV, zunächst die Bilanzaus- bei den Wahlen in die Geschäftsleitung gleichsreserve aufzubrauchen, bevor die (GL). Zwei Sitze werden nach dem Rück- Bruno Rupp, der die GL per Ende Juli 2021 ver- Mitgliederbeiträge vor zwei Jahren erhöht tritt von Ruth Fritschi und Samuel Zingg lässt, wurde gebührend verabschiedet. 13
7/8 | 2021 DELEGIERTENVERSAMMLUNG per 31. Juli 2022 frei. Zunächst konnten sich alle Kandidatinnen und Kandidaten live vor der Kamera während maximal zehn Minuten vorstellen. Darauf folgten Unterstützungsvoten der nominierenden Sektionen per Videoschaltung und Fra- gen der Delegierten per Chat. Nach dem Rückzug einer Person verblieben zwei Kandidatinnen, die sich zur Wahl um den GL-Sitz Zyklus 2 stellten: Sandra Locher Benguerel, ehemalige Präsidentin von Lehrpersonen Graubünden (LEGR), und Rita Marty, Vizepräsidentin von Lehre- rinnen und Lehrer Kanton Schwyz (LSZ). Sandra Locher Benguerel stellte sich unter verschiedenen Perspektiven vor: «Bei allen zieht sich die Bildung wie ein roter Faden durch mein Leben.» Als Leh- rerin im Zyklus 2 interessierte sie sich für standespolitische Fragen und engagierte sich in unterschiedlichen Gremien des LEGR. Als Politikerin spürte die heutige Einer der grossen Vorteile von Präsenzveranstaltungen ist und bleibt der persönliche Austausch. SP-Nationalrätin, dass ihre Leidenschaft wuchs, die Eckwerte der Bildung politisch mitzugestalten und festzulegen. Als GL- ein wertvolles Netzwerk aufzubauen, sagte zum Einsitz im Rat für deutsche Recht- Mitglied könne sie ihr Bildungswissen er. Zusätzlich ist Gebauer als Schulleiter schreibung. Dank seiner Französisch und ihr nationales Netzwerk zugunsten tätig. Dies helfe ihm, sein eigenes Han- kenntnisse bildete er eine wichtige deln als Lehrer besser zu begreifen und Brückenverbindung zu den Lehrerinnen ein besseres Verständnis für die Bildung und Lehrern in der Romandie. Rösler «Die Bildungslandschaft ist im Allgemeinen aufzubringen. «Die Bil- unterstrich Rupps Qualitäten als beson- wie ein Mobile. Wenn dungslandschaft ist wie ein Mobile. Wenn nener Zuhörer, der im entscheidenden irgendwo daran gezogen oder herumge- Moment die richtigen Fragen gestellt irgendwo daran gezogen oder schraubt wird, dann bewegt sich nicht habe. «Er geht sachlich an die Dinge herumgeschraubt wird, dann allein dieser Teil, sondern das Ganze gerät heran und kann mit feinem Humor und in Bewegung.» Zum Schluss erinnerte er gutem Gespür für die Menschen auch das bewegt sich nicht allein dieser sich an seinen Mentor zu Beginn seiner nicht Offensichtliche sehen.» Mit tosen- Teil, sondern das Ganze gerät Lehrerlaufbahn. In dessen Klassenzimmer dem Applaus und einer Standing Ovation hing stets eine Krawatte, die er dann anzog, drückten die Anwesenden ihre Wertschät- in Bewegung.» wenn er den Schülerinnen und Schülern zung für Bruno Rupp aus, der sich tief etwas Wichtiges mitzuteilen hatte. Gebauer berührt für die intensive, spannende und des LCH einbringen und sich für attraktive zog ebenfalls eine Krawatte an und bekräf- bereichernde Zeit in der GL bedankte. Arbeitsbedingungen einsetzen. «Diese sind tigte seinen Willen, die anspruchsvolle Die nächste ordentliche DV findet am nicht gegeben, sondern erfordern ein lau- Aufgabe in der GL zu übernehmen. Die 11. Juni 2022 in Luzern statt – hoffentlich fendes Engagement», unterstrich Locher Delegierten wählten ihn schliesslich mit in gewohnter Manier vor Ort mit allen Benguerel. Sie wurde mit klarem Mehr als überwiegendem Mehr in die GL. Delegierten. neues GL-Mitglied gewählt. Zum Schluss der Versammlung ver- abschiedete Dagmar Rösler GL-Mitglied Maximiliano Wepfer Ist die Krawatte an, wird’s ernst Bruno Rupp, der nach elf Jahren per Für die Neubesetzung des GL-Sitzes Zyk- 31. Juli 2021 das Gremium verlässt. «Wer lus 3 hatte einzig Daniel Gebauer von Bil- sich deine Ämtli-Liste anschaut, kann dung Bern kandidiert. Der 42-jährige, im sofort erfassen, welch grosses Engagement Emmental wohnhafte Hobby-Ornithologe du für den LCH geleistet hast», betonte engagiert sich erst seit zwei Jahren in der Rösler. Rupps Mandate reichen von SRF Standespolitik. Gleichwohl habe er sich mySchool über verschiedene Vertretungen schnell zurechtgefunden und sei nun daran, des LCH in kantonalen Sektionen bis hin 14
7/8 STEHSATZ | 2021 | STEHSATZ INTEGRATIVE SCHULE RUBRIK Eine Schule für möglichst alle Text und Fotos: Integration ist für die Klassenlehrerin Fabienne Odermatt und den Anna Walser Schulischen Heilpädagogen Frank Schaufuss Teamarbeit. Seit elf Jahren arbeiten sie in Cham (ZG) zusammen. Diese Reportage zeigt, wie sie mit Heterogenität umgehen. Während die Klasse von Fabienne Odermatt ihre grosse zu zweit. Leon und Alina arbeiten allein. Ihr Midi-Projekt Pause geniesst, betritt der Schulische Heilpädagoge (SHP) wird auch nicht benotet wie beim Rest der Klasse, denn Frank Schaufuss das Schulzimmer. In der Hand hält er ein beide haben Lernzielanpassungen. Leon erhält verstärkte Holzbrett von ungefähr einem Meter Länge. «Heute messen Massnahmen in Form einer Integrativen Sonderschulung wir Handys, wir machen eine Handybox für die Klasse», in der Regelklasse (IS). Alina soll ebenfalls bald verstärkte sagt er. Das Brett mit 22 Feldern hat Schaufuss von einem Massnahmen erhalten, wie Frank Schaufuss erklärt. «Es Kollegen erhalten. Analog zu diesem möchte er eines für ist eine sehr heterogene Klasse», sagt Fabienne Odermatt, Fabienne Odermatts Klasse herstellen. «Die heutigen Han- die damit nicht nur Leon und Alina meint. «Wir sind auf dys passen hier nicht mehr hinein. Deswegen wird Leon* der Sekundarstufe I in Cham in Jahrgangsteams organisiert. heute Morgen einige Geräte seiner Mitschülerinnen und Grundsätzlich betreut ein Heilpädagoge oder eine Heilpäda- Mitschüler ausmessen.» gogin ein solches Team, das in jedem Schulhaus aus drei bis vier Klassen besteht», erklärt Luzia Traxel, Schulleiterin der Förderung für besondere Bedürfnisse Sekundarschule Röhrliberg I. Im Kanton Zug wird pro circa In der nächsten Doppellektion Deutsch arbeitet die zweite 100 Schülerinnen und Schüler ein 100-Prozent-SHP-Pensum Realschulklasse an ihrem sogenannten Midi-Projekt. «Wir gesprochen. Darin eingeschlossen sind die Timeout-Klasse schreiben in Zweierteams eine Arbeit über ein Land unserer und Angebote der Begabtenförderung. Ein Teil der Ressour- Wahl. Am Schluss müssen wir einen Vortrag darüber hal- cen fliesst auch in die Kunst- und Sportklassen, die in Cham ten», erklärt eine Schülerin. Nicht alle schreiben die Arbeit seit 2010 geführt werden. Einzelne Jugendliche brauchen viel Ressourcen In Fabienne Odermatts Klasse ist Frank Schaufuss acht Lektionen ausschliesslich für Leon da. Etwa zwei Lektionen arbeitet er speziell mit Dominik, einem Jugendlichen mit einer Autismus-Spektrum-Störung. Die restlichen Lektionen für die Integrative Förderung (IF) teilt er auf das Jahrgangs team auf. Während die Achtklässlerinnen und -klässler an ihrem Midi-Projekt arbeiten, macht ihre Klassenlehrerin die Runde, fragt nach ihren Fortschritten und schaut, ob sie Hilfe benö- tigen. Frank Schaufuss unterstützt indessen Alina, die ihre Arbeit über Japan schreibt. Sie hat bereits viele schöne Bilder von Tokio eingefügt – unter anderem von der bekannten Shibuya-Kreuzung und von Kirschblütenbäumen in einem Park. Leon geht einer anderen Aufgabe nach und misst verschiedene Handys für die Handybox aus. Frank Schau- fuss hat ihm hierfür eine Liste erstellt, in die er Länge und Breite der Mobiltelefone eintragen kann. Leon zeigt dem Frank Schaufuss plant mit Leon ein Ablagefach für Mobiltelefone. 15
7/8 | 2021 INTEGRATIVE SCHULE Heilpädagogen nach jedem neuen Eintrag die Liste, bis er Eine alternative Aufgabe für Leon sie schliesslich komplett ausgefüllt hat. «Einige meiner Schü- Am darauffolgenden Tag hat die Klasse WAH-Unterricht. lerinnen und Schüler kennen Leon schon seit acht Jahren. Dominik möchte gebratenen Reis machen. «Da Dominik Für sie ist es normal, dass Kinder wie er dazugehören», jedoch krank ist, werden Leon und ich nachher den Reis erklärt Fabienne Odermatt. «Es stört sie auch nicht, dass kochen», erklärt der Heilpädagoge. Für gebratenen Reis er teils ‹spassigere› Aufgaben lösen darf als sie», ergänzt empfiehlt es sich nämlich, keinen frischen, warmen Reis, sondern ausgekühlte Reste zu verwenden. So klebt er weni- ger und die Konsistenz ist nicht zu breiig. In der grossen «Der Erfolg der Integration liegt nicht modernen Küche kocht die WAH-Lehrerin Jeannette Hür- nur beim Modell, sondern auch bei den limann mit einer Halbklasse. An einem Kochblock steht bereits alles für Leon bereit. Er muss lediglich noch den Menschen, die beteiligt sind.» Reis abmessen, die richtige Menge Wasser zum Kochen bringen und den Reis schliesslich ziehen lassen. «Weisst Frank Schaufuss. Leon wiederum störe es nicht, dass er du noch, was wir machen müssen, damit das Wasser nicht schulisch nicht mit seinen Gspänli mithalten kann. «Seit überkocht?», fragt Frank Schaufuss den Schüler. Leon kann diesem Schuljahr merken wir aber, dass er sich in der Frei- sich nicht mehr erinnern und das Wasser sprudelt schon zeit weniger mit seinen Klassenkameraden verabredet», so gefährlich nah am Deckel. Schliesslich kocht das Wasser der Heilpädagoge. «Diese Beobachtung machen wir immer über. Nachdem die beiden alles getrocknet haben, versuchen wieder. Je älter die Jugendlichen werden, desto mehr gehen sie die optimale Einstellung für den Herd zu finden. Als der ihre Interessen auseinander», berichtet Odermatt. Reis fertig ist, gehen die beiden zurück in die Klasse. Dort Leon misst Wasser und Reis ab. Es stört ihn nicht, dass er einfachere Aufgaben löst als seine Klassengspänli. 16
7/8 | 2021 INTEGRATIVE SCHULE sollen alle Schülerinnen und Schüler berichten, wie weit sie mit ihrer Projektarbeit gekommen sind, bevor sie in die Mittagspause entlassen werden. Die ganze Schule macht mit Wäre Dominik nicht krank gewesen, hätte er mit dem Heilpädagogen Reis gekocht. Leon hätte dann wie seine Mitschülerinnen und Mitschüler am Projekt über sein Hei- matland Kosovo gearbeitet. «Das Ziel ist, dass Leon an denselben Themen wie die Klasse arbeitet, allerdings her- untergebrochen auf sein Niveau», erklärt Fabienne Oder- matt. Die Klassenlehrerin unterrichtet seit elf Jahren an der Sekundarschule Röhrliberg. Seither arbeiten sie und Frank Schaufuss als Team. Zu diesem Zeitpunkt nahm er seine Ausbildung zum Schulischen Heilpädagogen in Angriff. Bereits in ihrer ersten eigenen Klasse hatte Odermatt eine in die Realklasse integrierte Werkschülerin. «Wir haben gemeinsam unsere ersten Erfahrungen mit der Integrativen Die Klassenlehrerin Fabienne Odermatt und der Schulische Heilpädagoge Förderung gemacht und so die Haltung aufgebaut, die es Frank Schaufuss sind ein eingespieltes Team. dafür braucht», erzählt Frank Schaufuss. «Diese integrative Haltung ist grundlegend», betont seine Kollegin. Nicht nur die Schulleitung stehe dahinter, sondern das ganze Team. sonen erfahren auch sehr viel Wertschätzung seitens der «Das ist das Schöne, wenn die ganze Schule mitmacht. Sogar Eltern, die den grossen Einsatz für ihr Kind meist nicht als selbstverständlich nehmen.» «Je älter die Jugendlichen werden, Integrative Haltung ist keine Selbstverständlichkeit desto mehr gehen ihre Interessen Auf der Sekundarstufe I in Cham werden die Schülerinnen und Schüler in 25 Real- und Sekundarschulklassen in den auseinander.» Schulhäusern Röhrliberg I und II unterrichtet. Das Team besteht aus 60 Lehrpersonen, darunter sechs Heilpädagogen unser mittlerweile pensionierter Hauswart dachte an Leon und Heilpädagoginnen. «Die integrative Haltung ist keine und fand immer wieder kleine Arbeiten, die für Leon geeig- Selbstverständlichkeit, sondern ein Prozess, in dem sich net und lehrreich waren», freut sich der Heilpädagoge. Dem auch unsere Schule nach wie vor befindet», sagt die Schul- neuen Hauswart haben sich Frank Schaufuss und Leon leiterin zusammenfassend. Und Frank Schaufuss fügt hinzu: bereits vorgestellt. «Der Erfolg der Integration liegt nicht nur beim Modell, sondern auch bei den Menschen, die beteiligt sind.» Durch Der grosse Einsatz wird geschätzt das Engagement verschiedener Seiten sei es so gelungen, ein Trotz der gemeinsamen integrativen Haltung sei die Integ- Berufsfindungsjahr für Jugendliche mit IS ins Leben zu rufen. ration für Fachlehrpersonen nicht immer ganz einfach, weil Ein ehemaliger IS-Schüler von Fabienne Odermatt absolviert sie die Schülerinnen und Schüler teilweise nur einmal in nun eine Ausbildung in der Migros. «Leon ist ein grosser der Woche sehen, so Schaufuss. «Ihnen fehlt der tägliche Fan von ihm. Er durfte bereits in der Migros schnuppern. Austausch, wie wir ihn haben.» Diesen Eindruck bestätigt Laut der dortigen Filialleiterin muss er aber noch an sich die Schulleiterin Luzia Traxel. In solchen Fällen erhielten sie arbeiten, bis er bereit ist für eine berufliche Ausbildung», sagt deshalb zusätzliches Coaching durch die SHP. Im Allgemei- Schaufuss in Hinblick auf das kommende letzte Schuljahr. ■ nen mache man gute Erfahrungen mit der Integration. «Die Mitschülerinnen und Mitschüler erleben sie als alltäglich und * Namen der Schülerinnen und Schüler von der Redaktion normal. Unsere Lehrpersonen erachten die Integration als geändert Teil ihres pädagogischen Auftrags und leben eine integrative Haltung», so die Schulleiterin. «Die SHP und die Lehrper- 17
7/8 | 2021 INTEGRATIVE SCHULE Wegweiser durch den Massnahmendschungel Wo gibt es welche separativen und integrativen schulischen Massnahmen? Erstmals geben eine digitale Landkarte und ein eBook einen Überblick über Massnahmen für Lernende mit besonderem Förderbedarf. Welche Kantone in der Schweiz führen gegeben. Bei einer Datenrecherche stellte beispielsweise entscheidend sein, in wel- Einführungsklassen? Und wo muss zwin- sie fest, wie schwierig es ist, vergleichbare chen Kantonen eine Fördermassnahme gend das Gutachten einer anerkannten Daten zu erhalten. «In manchen Kantonen im Zeugnis erscheint oder nicht. Für eine Fachstelle vorliegen, damit ein Kind einen sind verschiedene Personen für die Mass- Fachperson der Schulischen Heilpädagogik Nachteilsausgleich erhält? Antworten auf nahmen und deren Vergabe zuständig. ist hingegen relevant, welche Formen der solche Fragen musste man bisher müh- Zudem variieren die Bezeichnungen der Förderung im Anstellungskanton angebo- sam zusammensuchen – wenn man sie Massnahmen stark», erklärt sie. ten werden können, auch wenn es teils überhaupt fand. Gemeinsam mit dem SZH lancierte grosse Unterschiede in der Umsetzung gibt. Transparenz schafft seit Kurzem eine Sahli Lozano eine Umfrage bei den Kanto- Das eBook liefert diesbezüglich ergänzend digitale Landkarte der häufigsten Massnah- nen, stellte die Ergebnisse zusammen und zu den Kantonsporträts eine kantonsüber- men im Förderbereich. Sie ist unter dem vereinheitlichte die Informationen. Appen- greifende Darstellung. Stichwort «Integrative und separative schu- zell Innerhoden und Solothurn haben bis- Mit der Publikation ist die Arbeit für lische Massnahmen» oder kurz «InSeMa» her nicht an der Befragung teilgenommen. Caroline Sahli Lozano und ihr Team nicht auf der Website des Schweizer Zentrums Als die Kantone eingeladen wurden, ihre abgeschlossen – die Landkarte soll jährlich für Heil- und Sonderpädagogik (SZH) zu Angaben einzugeben und dann zu über- aktualisiert und weitere Bereiche wie die finden. Das Projekt InSeMa wurde vom prüfen, erhielt sie sehr unterschiedliche Schulassistenzmodelle erforscht und trans- Reaktionen. «Mit manchen kantonalen parent gemacht werden. Verantwortlichen war die Kooperation toll «In manchen Kantonen sind und sie wollen unseren Link kantonsintern Deborah Conversano verschiedene Personen für die weiterverbreiten. Bei anderen Kantonen Massnahmen und deren Ver- war die Kooperation schwieriger.» Weiter im Netz gabe zuständig. Zudem Transparenz schaffen https://www.szh.ch/de/phberninsema#/ – Seit dem 9. Juni 2021 stehen Landkarte interaktive Landkarte variieren die Bezeichnungen und eBook kostenfrei zur Verfügung. Die der Massnahmen stark.» Landkarte ist auch für Menschen mit Weiter im Text Behinderung nutzbar, eine Anforderung Caroline Sahli Lozano, Stefanie Crameri, SZH zusammen mit der Pädagogischen des Eidgenössischen Büros für die Gleich- Dshamilja Adeifio Gosteli: «Integrative und Hochschule Bern (PHBern) durchgeführt. stellung von Menschen mit Behinderungen, separative schulische Massnahmen in der Die Landkarte soll Diskussionen rund das die Publikationen gemeinsam mit dem Schweiz (InSeMa). Kantonale Vergabe- und um Chancengleichheit, Partizipation und SZH finanziert. Die Daten können nun von Umsetzungsrichtlinien», 2021, Edition Inklusion anregen. allen Beteiligten im Schulbereich genutzt SZH, Bern. Das eBook ist kostenlos down- werden. Für betroffene Familien kann es loadbar unter www.szh-csps.ch/b2021-01 Vergleichen und erklären Die gewünschten Angaben lassen sich auf der Landkarte mit verschiedenen Filterein- stellungen finden. So kann man für einen einzelnen Kanton alle integrativen oder separativen Massnahmen darstellen, zwei oder mehr Kantone einander gegenüber- stellen oder sich die Verbreitung einzel- ner Massnahmen auf der Schweizer Karte anzeigen lassen. Die interaktive Landkarte und das vertiefende eBook bieten einen weiteren Nutzen. Sie zeigen, was unter den jeweiligen Massnahmen zu verstehen ist und wie sie in den Kantonen benannt werden. So gibt es für ein vergleichbares Angebot beispielsweise die synonymen Begriffe integrative Förderung, ambu- lante sonderpädagogische Förderung oder Förderangebot. Caroline Sahli Lozano, Leiterin des Schwerpunktprogramms Inklusive Bildung der PHBern, hat den Anstoss für InSeMa Die digitale Landkarte zeigt zum Beispiel, dass es aktuell in zwölf Kantonen Einführungsklassen gibt. Grafik: InSeMa-Website 18
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