VON TWEETS UND POSTS Die Branden- 01 | 2 019 - Brandenburg.de
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ZEITUNG DE R POLIZE I BRANDENBURG 01 | 2 019 VON TWEETS UND POSTSDie Branden - burger Polizei in den sozialen Medien Außerdem im Heft Aktuell Externe Ein- stellungen in der Polizei Polizeipraxis SC-OWiWeb im Einsatz
Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, ein Blick zurück: Die Tageszeitung, sehr wahrscheinlich eine Regional- ausgabe, informierte umfassend über wichtige Ereignisse in der Re- gion. Der interessierte Leser erfuhr auf den ersten Seiten auch etwas über die Politik des Nachbarlan- des, den Vulkanausbruch auf Bali oder den Börsengang der Telekom. Die Schlagzeilen der Zeitung hat- ten eines gemein, sie waren mindesten einen Tag alt und dem Artikel ging eine mehr oder minder gründliche Recherche voraus. Und heute? Ein Jingle kündet von der Ankunft einer Eilmeldung. Ein kurzer Blick auf das Smartphone und schon ist man informiert, dass der FC Bayern München sicher im Finale der Königsklasse ist – der Ball wackelt praktisch noch im Netz. Binnen Sekunden folgt die Nachricht dem Ereignis. Sofort und weltweit, ist sie einmal im Internet, bleibt sie dort; – ewig. Das Netz vergisst nicht. Neuigkeiten, Bilder, Videos verbreiten sich in Sekundenschnelle. Fotos, die früher keine Redaktion verlassen hätten, werden tausendfach geteilt. Vielen macht das Angst, sie fühlen sich bedroht von Gefahren die ihnen objektiv betrachtet nicht drohen. Immer mehr Menschen informieren Herausgeber Ministerium des Innern und sich über soziale Medien. Die „neuen Medien“, wie sie fast gewohnheits- für Kommunales des Landes Brandenburg mäßig genannt werden, sind inzwischen so alt, dass fast zwei Generatio- Redaktion Jörg Müller (verantw.), nen mit ihnen aufgewachsen sind. Das Internet wurde 1961 „erfunden“, Katrin Böhme rudimentär zwar, aber der Anfang war gemacht. Die erste Email ging 1971 Anschrift Henning-von-Tresckow-Straße 9–13 14467 Potsdam auf den Weg, Google startete 1997, Facebook 2004. Telefon (0331) 866 –2027 Wenn wir also heute darüber reden, auch als öffentliche Institution auf eMail info110@mik.brandenburg.de polizei.brandenburg.de/info110 Facebook oder anderen Social-Media-Plattformen präsent zu sein, dann Redaktionsbeirat müssen wir eines konstatieren: Wir sind spät dran! Anja Resmer, Dörte Röhrs, Ines Filohn, Ingo Seit Mitte 2015 unterhält das Polizeipräsidium des Landes Brandenburg Heese, Heiko Schmidt, Gabriele Krümmel, Robert Bechmann, Norbert Remus, Christoph eine eigene Fanpage auf Facebook. Inzwischen ist auch ein Twitter-Kanal Koppe hinzugekommen, ein Einsatzkanal wird bedarfsabhängig bespielt. Wer ISSN 1430-7669 sind die „SoMe-Kollegen“ und wie finden die Nachrichten den Weg ins Layout Rosenfeld.MRDesign Netz? Welche rechtlichen Fallstricke gibt es auf dem weiten Feld der Druck LGB – Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg Social-Media-Aktivitäten für eine öffentliche Institution wie die Polizei – Fotos Ronny Wunderlich, Archiv Polizei, ZDPol, diese und viele weitere Fragen beantworten wir in dieser Ausgabe der Adobe Stock (S. 6,8,11,27,76,77), quinky Free- info110. pik.com (Pictogramme Social Media), Matthias Rosenfeld (S. 22), Uni Potsdam (S. 7)) 27. Jahrgang, Nr. 1/2019 Viel Spaß beim Lesen. Auflage 5.000 Redaktionsschluss 24.11.2018 Wir danken allen Verfasserinnen und Verfas- sern für die in dieser Ausgabe veröffentlichten Beiträge. Die mit Namen versehenden Beiträ- Katrin Böhme ge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich info110-Chefredakteurin das Recht der Kürzung vor. 2
INHALT Inhalt 5 Fragen an Frank Storch 10 TITElTHEMA Social Media – Information ohne Grenzen 11 Aktuelle Wie soziale Medien die polizeiliche 32 Neue Technik: Bargeldlos zahlen Informationen Informationsarbeit verändern 12 der Polizei am Funkwagen Brandenburg RECHT & WISSEN finden Sie auch auf Fahndungsfotos zur Gefahrenabwehr 22 Entwicklung des Medienrechts 26 PROJEKT Verwarngelder bargeldlos zahlen 32 INTERN Polizeipreis des Fördervereins der FhPol 34 Externe Einstellungen 39 37 in der Polizei Brandenburg Auszeichnung: Beste Danine Kussatz im Interview 40 Bachelor Thesis an der FhPol Peter Meyritz im Interview 42 Deutsch-französisches Austauschprogramm 44 Neue Polizeilaufbahnverordnung 48 FORSCHUNG Sprecher-Erkennung 50 Dunkelfeldstudie 56 PRAXIS 66 44 Die Waffe im Koffer Austauschprogramm: Brief an die Polizei 69 Willkommen in Brandenburg INTERN Einweihung der zentrale Gedenkstätte 70 Geste der Verbundenheit 72 Unterstützungsfonds für Polizisten 75 FEUILLETON One Nite in Mongkog 76 Verzweiflung zeigt viele Gesichter 77 Neuer Polizei-Kalender 78 Forschungsprojekt am LKA: Sprecher-Erkennung 50 KNOBELECKE 79
IM FOKUS TERMINE MEIN WEG. MEINE ZUKUNFT. MEINE KARRIERE. WIR SIND 13.02.2019 Oranienburg, Youlab 23.02.2019 VOR ORT Neuruppin, Deine Zukunft beginnt 15.03.2019 Petershagen, Career Compass 2019 23.03.2019 Cottbus, Ausbildungsbörse 05.04.2019 Berlin, Studieren in Berlin und Brb. KOMM VORBEI UND BESUCH UNS! 2019 2018 N N GESUCHT! polizei-brandenburg-karriere.de BEN! facebook.com/polizeikarriere youtube.com/polizeibrandenburgkarrierede instagram.com/polizeibrandenburg 5
infoMagazin Ängste der Deutschen: Trumps Politik auf Platz eins Die Deutschen sorgen sich aktuell am meisten um mögliche internationale Auswirkungen der Politik von Donald Trump. Das geht aus der diesjährigen Befra- gung über die „Ängste der Deutschen“ hervor. Für die repräsentative Langzeitstudie im Auftrag der R+V Versicherung werden seit 1992 etwa 2.400 Frauen und Männer befragt. Danach fürchten sich 69 Prozent der Befragten vor den politischen Entscheidungen des US-Präsidenten. Die zweitgrößte Angst der Deut- schen gilt der „Herausforderung Einwanderung“. Die Angst vor Terrorismus sank von Platz eins im Vorjahr auf Platz fünf. Das Zerbrechen der eigenen Partnerschaft oder der Verlust des Arbeitsplat- Digitale Zahlen zes wird im Vergleich deutlich gelassener betrachtet. Nur 18 Prozent Fast 21 Minuten schläft man fürchten um ihre Partnerschaft, die eigene Arbeitslosigkeit macht 25 in Durchschnitt weniger, wenn das Prozent der Befragten Angst. Smartphone oder Tablet neben dem Bett liegen bleibt, in wachem Zustand schaut der Deutsche etwa 53 Mal am Tag auf sein Handy. 57 Prozent der Schöne Bilder Smartphone-Nutzer erwarten, das Freunde und Familienmitglieder auf Ein Bild sagt mehr als tausend eine Nachricht sofort antworten, so Worte. Diese Weisheit erklärt of- eine Studie der Ludwig-Maximilians- fenbar auch das enorme Wachs- Universität München. tum des audiovisuellen sozialen Netzwerkes „Instagram“. Vor zwei Dafür nutzen die Deutschen Jahren, im September 2016, waren ihr Smartphone 6,94 Millionen Nutzer in Deutsch- land auf Instagram aktiv. Ein drei- Telefonie 100 % Foto und Video 90 % viertel Jahr später waren es be- Suchmaschine 79 % reits 15 Millionen Nutzer, was Musik 69 % einem Wachstum von 216% ent- Nachrichten 69 % spricht. Nach neueren Messungen Social Media 68 % nutzen monatlich etwa 17 Millio- Navigation 64 % nen Deutsche das Netzwerk zum Kurznachrichten 62 % Verbreiten und Tauschen von Fotos Wecker 61 % SMS 58 % und Videos. Im Sommer gingen E-Mails 53 % auch das Polizeipräsidium und die Dating-Dienste 22 % Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg mit einem gemeinsamen Instagram-Account an den Start. 6
infoMagazin Ummelden per Klick Bis 2022 sollen Bund, Länder und Kommunen alle Verwaltungsleistungen in Deutschland über Verwaltungsportale auch digital anbieten und diese Portale miteinander verknüpfen. Um ein Auto an – oder umzumelden, muss der Halter zukünftig nicht mehr bis zur Kfz-Zulassungs- stelle fahren, sondern kann alles vom eigenen Rechner aus erledigen. Vorbild für das deutsche Konzept ist Estland als eines der fortgeschrit- tensten Länder im Bereich e-Government. Seit 2000 garantiert der Staat per Gesetz seinen Bür- gern einen Zugriff auf das Internet, im ganzen Land gibt es WLAN-Zugangspunkte. Estland gibt an, das weltweit technologisch modernste Ver- waltungssystem zu haben. Jeder Bürger besitzt eine ID-Nummer. Seit 2007 können Esten über das Internet an Wahlen teilnehmen, ihre Steuern abrechnen und Rezepte vom Arzt empfangen. Twitternde Kiefer Eine twitternde Kiefer aus Britz bei Eberswalde bringt es inzwischen auf über 1.700 Follower. Der Nadelbaum ist seit 2016 mit Sensoren ausge- stattet, die elektronisch über Verdunstung und Wasserfluss des Ge- wächses informieren. Täglich setzt der Baum Kurznachrichten in engli- Das Verwaltungsportal Bund mit scher Sprache ab wie: „Heute habe ich 2,24 Liter transportiert. Wie viel Bürger- und Unternehmenskonto hast du heute getrunken?“. Die Bernauer Kiefer hat Kollegen, Bäume sowie Basiskomponenten in Belgien, Holland und England sind mit den twitterfähigen Sensoren Quelle: Bundesministerium des Innern, ausgestattet. Ziel sei es, ein europaweites Frühwarnsystem für Trocken- für Bau und Heimat heit zu schaffen. Elektro- Polizeimotorräder im Einsatz Mit elektrisch betriebenen Motorrädern sind seit Oktober 2018 Polizisten in Osnabrück im Einsatz. Zwei der umweltfreundlichen „E-Krads“ wurden bislang in Niedersa- chen angeschafft, auch sechs Pedelecs sollen folgen. Die neuen Fahrzeuge sollen im städtischen Streifendienst zum Einsatz kommen. Seit Mai 2017 ist auf Borkum das ers- te Elektro-Geländemotorrad fester Bestandteil des polizeilichen Fuhrparks auf der Insel. 7
Thüringer Polizei setzt Pilotprojekt »Bodycam« fort In sechs thüringischen Dienststellen, darunter Gotha und Jena, gibt es seit Ende 2018 eine Fortsetzung des Pilotprojektes „Bodycam“. Der Einsatz der Body- cams in Thüringen erfolgt anlassbezogen im Ein- satz- und Streifendienst sowie sowie bei besonderen E-Bikes statt Autos Einsatzanlässen. Die Kameras werden 24 Stunden an sieben Tagen der Woche mit mit- 80 Prozent aller Autofahrten in der Stadt liegen unter geführt. Aufzeichnungen werden nach sieben Kilometern. Sechs von zehn E-Bike-Käufern Ankündi-gung Ankündi-gung und Entscheidung wollen das Auto auf solchen Kurzstrecken ersetzen, des jeweiligen Beamten so die Einschätzung der ZEG Zweirad-Einkaufs-Ge- bei der Kontrolle von Per Per- nossenschaft. sonen und Fahrzeugen durchgeführt. Die erste Projektphase wurde durch die Polizisten positiv bewertet. Die Ergebnisse des ersten Trageversuchs zeigten, dass aus Sicht der Beamten eine deeskalierende Wirkung durch die Bodycams bei polizeilichen Einschreitsituationen möglich und in den meisten Fällen zu erwarten ist. Die Ausweitung des Projekts soll dazu dienen, eine valide Grundlage für eine abschließende Bewertung zu schaffen. So soll die Wirksamkeit der Körperka- meras ermittelt und über die flächendeckende Ein- führung entschieden werden. Neue Folgen für SOKO Potsdam Nach den ersten sechs Folgen der ZDF-Vorabendserie „SOKO Potsdam“, hat der Sender für das jüngste Mitglied der SOKO-Familie bereits zehn weitere Folgen in Auftrag gegeben. Mit Caroline Erikson und Katrin Ja- ehne als Ermittlerinnen in den Hauptrollen, wurde unter anderem im Holländischen Viertel und an der Glienicker Brücke ge- dreht. Im Pressetext zur Serie heißt es: „Eine der drei Hauptrollen in dieser neuen SOKO spielt die Stadt. Aber warum Potsdam? Potsdam, das ist die kleine, hübsche Schwester von Berlin, die fil- misch bisher weitgehend un- entdeckt blieb. Hier ist alles ein bisschen entspannter und ein bisschen gesünder als in der Großstadt.“ 8
infoMagazin Jürgen Glinde- mann aus Klein- machnow und Vertreterinnen des Projektes „Pflege in Not“ des Diakoni- 110 schen Werkes Potsdam e. V. gemeinsam mit Innenminister Karl-Heinz Schröter (2.v.r.) Landespräventions- und dem Prä- ventionsbeauf- preis für Senioren tragten des Landes Bran- Der zum 14. Mal verliehene Preis des Landespräven- denburg, Kay tionsrates Brandenburg ging im Dezember 2018 an Kasüschke (l.), Akteure der Kriminalprävention, die sich besonders bei der Verlei- den Senioren widmen. Im Jahr 2017 wurden in Bran- hung der An- denburg rund 2100 Menschen im Alter von über 60 Jah- erkennungs- ren Opfer einer Straftat. Zu den Preisträgern gehör- preise des ten die „Seniorpartner in School Landesverband Bran- Landessprä- denburg e. V“. Die Senioren sind als ehrenamtliche ventionsrates Schulmediatoren an Brandenburger Schulen tätig. Brandenburg. Ein weiterer Preis ging an die Mitglieder des Senio- ren-Sicherheitstheater Königs Wusterhausen. Das Theater präsentiert bei seinen Auftritten Szenen un- ter anderem zu Trickbetrügereien und bietet Tipps (Einsatz- und Lagezentrum, Quelle : Twitter, @PolizeiBB_E ) zum richtigen Verhalten. Die Vermittlung der Präven- tionsbotschaften erfolgt auf spielerische, unterhalt- same und einprägsame Weise, die Zuschauer werden Kein Waffenschein mitgenommen. Dieses Projekt könne so Vorbildwir- kung für andere Regionen des Landes entwickeln. Anhänger der „Reichbürger“-Szene dürfen nach ei- nem Beschluss des Verwaltungsgerichtes Gießen keinen Waffenschein haben, berichtet die Deutsche CARTOON VON THOMAS LEONHARDT Presseagentur dpa. Wer den Ideologien der Szene folge und die Rechtsordnung der Bundesrepublik ab- Mit Humor und lehne, „gebe Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt be- spitzem Stift folgen werde“, so die Entscheidung der Richter. Sie bestätigten damit in einem Eilverfahren die Ansicht der zuständigen Waffenbehörde, die einem mutmaßlichen Szene- Anhänger waffenrechtliche Er- laubnisse wegen Unzuverlässig- keit entzogen hatte. 9
INTERVIEW Revierpolizei, Wach-und-Wechseldienst, Kripo, Verwaltung – es gibt fast 60 verschiedene „Berufe“ bei der Polizei. So vielfältig die Tätigkeiten sind, so verschieden sind auch die Kolleginnen und Kol- legen, die jeden Tag aufs Neue ihren Job machen. Hier stellen wir sie vor, die Gesichter unserer Polizei. 5 FRAGEN AN … Sie sind mehr als 30 Jahre bei der Polizei. Gab es einen dienst- Frank Storch lichen Erfolg, auf den Sie beson- ders stolz sind, sozusagen das schönste Erlebnis? Da fallen mir zwei Sachen ein: Zur Person Das erste ist ein sonniger Tag, ich Vor dem Wechsel in den Norden stand der heutige Direktor glaube es war im Jahr 1992. Zwei beim Polizeipräsidenten dem Stabsbereich Kriminalitätsbe- Kollegen und ich sind in einem kämpfung/Kriminalprävention im Behördenstab des Polizeis- nicht mehr taufrischen Wartburg präsidiums vor. Er ist seit 23 Jahren verheiratet, Vater von zwei Tourist in „rasender´“ Fahrt zum Söhnen im Alter von 20 und 16 Jahren und lebt mit seiner Fa- Marktplatz in der Stadt Kremmen milie in Hohen Neuendorf im gestürzt und haben schlussend- Landkreis Oberhavel. lich um 11.57 Uhr zwei mutmaß- liche Bankräuber festgenommen, die entsprechend vorbereitet vor der Sparkasse in Kremmen auf ih- Sie treten in die großen Fußstap- re Gelegenheit lauerten. lm Nach- fen von Bernd Halle. Was war ihr hinein betrachtet ein schöner Er- Resümee nach 100 Tagen in der folg – taktisch und unter den As- neuen Funktion? pekten der Eigensicherung na ja … Die Zeit war schnell vergangen. Das Zweite ist die Abgabe mei- Ich habe eine sehr gut aufgestell- ner Diplom-Urkunde für den be- te Direktion übernommen, mei- standenen „Diplom-Kriminalis- ne Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ten“ bei der Personalabteilung. ter leisten jeden Tag gute Arbeit, Nach ganz vielen Widrigkeiten – das gilt für den Polizei- und/oder eine Genugtuung. Kriminalmeister vor Ort bis hin zu meinem Stellvertreter. Wir ste- Und was ging Ihnen nicht aus hen jeden Tag vor neuen Heraus- dem Sinn? forderungen und teilweise auch Es ist ganz erstaunlich – meine ers- vor völlig neuen Aufgaben, die wir te Todesermittlungssache als Kri- zu bewältigen haben – und das bei minaldienst. Selbsttötung einer ELZ, LKA, FüSAL, Stab PP und derzeit noch rückläufigen Perso- Mittvierzigerin in ihrer Wohnung. nun Leiter einer Direktion. Was nalzahlen. Ich kann meinen Mit- Ich fahre täglich auf dem Weg zur ist für Sie neu in diesem Job? arbeiterinnen und Mitarbeitern gar Arbeit ganz nah an dem Ereignis- Spontan geantwortet – der nicht genug danken für das, was sie ort von damals vorbei. Dienstort Neuruppin. Aber das täglich leisten. natürlich nicht allein. Alle anderen Ich hatte mir vorgenommen, so Gibt es für Sie einen Ausgleich Stationen meines beruflichen Wer- schnell wie möglich in alle Berei- nach dem Dienst? deganges hatten immer mehr oder che meiner Direktion zu kommen Ich habe meine Familie und Freun- weniger Teilaspekte polizeilicher in den ersten 100 Tagen. Leider ist de. Und außerdem gibt´s in Haus Arbeit zum Inhalt. Mit der neuen mir das nicht so ganz gelungen – und Garten immer etwas zu tun. Funktion habe ich die Verantwor- aber das wird noch. Ich möchte Frank Storch tung für die gesamte polizeiliche mit den Mitarbeitern ins Gespräch Arbeit im Nordwesten Branden- kommen, erfahren was sie bewegt, burg und für fast 1.000 Mitarbeiter was gut läuft, was wir gemeinsam übernommen. besser machen können. 10
C I A L TITELTHEMA SO N LO S E E N Z E GR AT I O N I N FO R M 11
SOCIAL DIGITALE TITELTHEMA COPS Nicht der Leser sucht die Nachricht, sondern die Nach- richt findet den Leser – besser Nutzer! Gerade einmal elf Jahre ist es her, da präsentierte Steve Jobs der Welt das erste und in dieser Form ein Novum war die Art und Weise, wie die Münch- ner Polizei und insbesondere ihr Pressesprecher Marcus da Gloria iPhone. Ein unaufhaltbarer Umbruch nahm seinen Lauf. Martins mit dem Ereignis umging. Von Digitalisierung bis zum Internet der Dinge – binnen Für seine gleichzeitig transparen- te und umsichtige Information von weniger Jahre stellte das Internet und seine Möglichkeiten Medien und Öffentlichkeit wurde vieles auf den Kopf, auch die Art zu kommunizieren und da Gloria Martins später mehrfach sich zu informieren. Klassische Medien wie Zeitung, Radio ausgezeichnet. und Fernsehen erreichen heute immer weniger Menschen V „Entscheidend dabei sei die Nutzung der sozialen Medien ge- iele kommunizieren und auf Facebook oder anderen Soci- wesen“ sagte da Gloria Martins informieren sich zuneh- al-Media-Plattformen präsent zu ein Jahr nach dem Amoklauf dem mend über soziale Netz- sein, dann müssen wir eines kons- Deutschlandfunk Kultur. „Wir hat- werke. Damit Nachrich- tatieren: Wir sind spät dran! ten unser Erweckungserlebnis, um ten heute überhaupt ih- Das Polizeipräsidium des Lan- es mal so zu bezeichnen, in der ren Adressaten errei- des Brandenburg unterhält seit Terrornacht Silvester 2015/16, wo chen, müssen sie immer stärker Mitte 2015 eine eigene Fanpage auf wir als einzige Großstadt bislang an Zielgruppen angepasst und an- Facebook. Inzwischen ist auch ein in Deutschland so was Ähnliches schließend über ein geeignetes Twitter-Kanal hinzugekommen, wie einen Terroralarm auslösen Medium verbreitet werden. Umge- ein Einsatzkanal wird bedarfsab- mussten. Dabei ist deutlich gewor- kehrt ist damit jeder Nutzer, jede hängig bespielt. Insgesamt acht den, dass die klassischen, alther- Nutzerin, eine „Nano-Redaktion“: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebrachten Kommunikationsmit- Neuigkeiten, Bilder, Videos ver- arbeiten derzeit im Social-Media- tel von Behörden im Akut-Fall tat- breiten sich in Sekundenschnel- Team der Brandenburger Polizei. sächlich einfach nicht mehr State le. Fotos, die früher keine Redak- Warum ein solches Team in Zeiten of the Art sind“, sagte der Presse- tion verlassen hätten, werden tau- knappen Personals? Welcher Sinn sprecher im Interview mit dem Ra- sendfach geteilt. Vielen macht das steckt dahinter? diosender. In der Silvesternacht Angst, sie fürchten sich vor Gefah- 2015/2016 hatte es konkrete Hin- ren die ihnen objektiv betrachtet Im Sommer 2016 versetzte der weise auf einen Terroranschlag in nicht drohen. Und das ist nur eine Amoklauf eines 18-jährigen Schü- München gegeben. Mögliche Zie- von vielen Facetten. lers ganz München in Panik. Infos, le: der Hauptbahnhof und der Hinweise und Bilder wurden bin- Bahnhof in Pasing. Die „neuen Medien“, wie sie fast nen weniger Minuten getwittert, gewohnheitsmäßig genannt wer- gepostet oder über WhatsApp hun- Zurück nach Brandenburg: Mit den, sind inzwischen so alt, dass dertfach geteilt. Die Polizei war im der Informationsarbeit über sozia- fast zwei Generationen mit ihnen Großeinsatz – auch weil Falsch- le Netzwerke sucht die Polizei den aufgewachsen sind. Wenn wir al- meldungen in den sozialen Medien direkten Kontakt. Sie „spricht“ mit so heute darüber reden, auch als zusätzlich für Panik in der Bevöl- dem Nutzer, der Nutzerin. Es gibt öffentliche Institution, als Polizei, kerung sorgten. Bemerkenswert keinen Zwischenschritt, wie es et- 12
TITELTHEMA Wie soziale Medien die polizeiliche Informations- arbeit verändern cherte Informationen nach drau- ßen. So kann schnell mit falschen Behauptungen aufgeräumt wer- den. Die fließende Kommunikati- on sorgt aber auch dafür, dass nicht immer mehr Besucher auf den ge- sperrten Markt strömen und be- troffene Anwohner auf dem Lau- fenden bleiben. Der Einsatz dau- ert bis in die Nacht – auch heute ist der Täter, der mit dem Paket die DHL zu erpressen versucht, noch wa bei Pressemitteilungen der Fall Die „Verbreitung“ einer Informati- nicht ermittelt. Auch zu neuen Er- ist. Hier deutet eine Redaktion, on kann gemessen werden - so er- kenntnissen, zu Zeugenhinwei- oder ein Redakteur, die Nachricht. reichte eine zugegeben etwas skur- sen und zur Pressekonferenz twit- Er oder sie kann sie umschreiben, rile Fotonachricht über ein Pony tert die Polizei noch Tage später. Informationen weglassen oder die im Kofferraum mehr als 1,6 Milli- Die Informationsarbeit der Polizei Nachricht gar nicht bringen. All onen Menschen. Brandenburg wird später von vie- das ist möglich. Ein Post der Bran- len Seiten gelobt. Im Sommer fand denburger Polizei dagegen geht Je mehr Menschen die neu- der erste „Twitter-Marathon“ statt. praktisch direkt an den Adressa- en Nachrichtenkanäle der Polizei Zwölf Stunden lang hielt das So- ten. Polizeithemen sind fast immer Brandenburg nutzen, desto höher Me-Team die Twitter-Gemeinde spannend, ein „Heimspiel“ ist die ist auch die Chance im Ernstfall zu fast allen Polizei-Einsätzen und Arbeit des Social-Media-Teams im valide Informationen verbreiten Notrufen in Brandenburg auf dem Polizeipräsidium in Potsdam den- zu können und damit eine gewis- Laufenden. „Gezwitschert“ wur- noch nicht. Es gilt möglichst vie- se Lenkungswirkung zu erziehen. de direkt aus dem Einsatz-und La- le „regelmäßige“ Leser zu gewin- Eine erste Bewährungsprobe hat- gezentrum (ELZ) in Potsdam. Ne- nen, auf Facebook bringt es @po- te die SoMe-Redaktion, als An- benher gab es auch Wissenswertes lizeibrandenburg aktuell auf fast fang Dezember 2017 ein verdäch- zum ELZ selbst zu erfahren (siehe 50.000 Abonnenten, auf Twit- tiges Päckchen auf dem Potsda- Grafik Magazin, Seite 9). Eine ge- ter sind es über 27.800 Follower. mer Weihnachtsmarkt entdeckt lungene Premiere, die fortgesetzt Zum Vergleich: Etablierte regiona- wurde. Der Markt selbst und Tei- werden soll – vielleicht bereits in le Tageszeitungen in Brandenburg le der Innenstadt wurden evaku- den nächsten Monaten. verzeichnen Auflagen zwischen iert. Rund um die zentrale Fußgän- 60.000 bis 90.000, Tendenz fal- gerzone wurden Straßen gesperrt, Die klassische Pressearbeit der lend. Die SoMe-Redaktion kann Menschen kamen nicht in ihre Polizei ist nicht abgelöst – sie ist also durchaus mithalten. Bedenkt Wohnungen. Bereits kurze Zeit um eine Komponente reicher, de- man zudem, dass die Nachrich- nach dem Fund des Paketes be- ren Wirkung nicht zu unterschät- ten in sozialen Netzwerken geteilt ginnt das Polizei-Team zu twittern. zen ist. Keine digitalen Cops, wohl und damit weiter verbreitet wer- Über den eigens für große Einsatz- aber digitale Polizeiarbeit. den, ist die Anzahl der Abonnen- lagen geschalteten Twitter-Kanal ten nur ein ungefährer Richtwert. @PolizeiBB_E gehen zügig gesi- Katrin Böhme 13
SOCIAL TITELTHEMA SOZIALE MEDIEN Der direkte und schnelle Draht zur Bevölkerung Das menschliche Kommunikations- und Informa- +++ Ein Rückblick +++ tionsverhalten hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Die Möglichkeit, nahezu grenzenlos und zeit- Bereits 2009 wurde die Branden- nah Informationen zu erlangen, prägt die Gesellschaft. burger Polizei mit einem Account Der klassisch stattfindende Medienkonsum über Zeitungen, der Fachhochschule der Polizei @FHPolBB bei Facebook aktiv. Radio oder das Fernsehen verlagern sich immer weiter Zunächst als weiterer Kanal für ins Internet. Dabei gewinnt nach wie vor die Nutzung sozia- die Öffentlichkeitsarbeit gedacht, ler Medien fortwährend an Bedeutung: Der erste Blick auf’s bewährte sich dieses Medium Handy oder Tablet kurz nach dem Aufstehen ist zur Normali- schnell und der Fokus wurde ver- mehrt auch auf die Nachwuchs- tät geworden. Die mobile Nutzung ermöglicht es, sich ständig werbung gelegt. Es folgten Twitter und überall zu informieren und Nachrichten via Messenger- im Jahr 2010 und YouTube 2014. Diensten mit anderen auszutauschen. Soziale Medien nehmen inzwischen einen immensen Stellenwert ein. Sie die- nen jedoch nicht nur der individuellen Unterhaltung, son- dern sind auch für uns als Polizei von großer Bedeutung. Sachbereich Soziale Medien im Polizeipräsidium Team PP Dem Redaktionsteam gehören sowohl Polizeivollzugsbeamte als auch drei Angestellte an, die über theoretische als auch praktische Kenntnisse bei der Betreuung eigener Seiten in sozialen Medien verfügen. E-Mail: socialmedia.pp@Polizei. brandenburg.de Verantwortlich: Anja Resmer Tel.: 0331-283 3530 Soziale Medien an der Fachhochschule der Polizei Team FhPol E-Mail: socialmedia@fhpolbb.de Verantwortlich: Tom Franke Tel.: 03301-850 201 14
TITELTHEMA +++ Aktivität der Brandenburger Polizei in den sozialen Medien+++++++++++++++++++++++ Erster Beitrag bei Facebook Beitrag mit großer Reichweite (veröffentlicht am 18. Januar 2017) Bundesweit begannen Länderpolizeien damit, eigene Auftritte auf solchen Plattformen zu etablieren. Auch im Polizeipräsidi- um in Potsdam wurde 2013 eine Arbeitsgruppe gebildet, um die polizeilichen Nutzungsmöglichkeiten in sozialen Medien auszu- loten. Auf der Grundlage eines Konzeptes war es 2015 soweit: Das Polizeipräsidium starte- te zunächst mit einer eigenen Seite bei Facebook. Diese er- reichte innerhalb kürzester Zeit eine Vielzahl von Nutze- rinnen und Nutzern. Um die Öffentlichkeit und auch Medien schnell zu erreichen, Posts und Tweeds sollen die Bevölkerung informie- stieg das Polizeipräsidium am 13. April 2016 anlässlich einer län- ren, warnen, Hysterie vermeiden, Falschmeldungen derübergreifenden Präventionskampagne zur Zurückdrängung entgegenwirken und Ermittlungen unterstützen. schwerer Verkehrsunfälle unter #8geben zusätzlich mit dem Account Einer der größten Polizeieinsätze, der bislang über @PolizeiBB auch bei Twitter ein. Darüber hinaus wurde zur Be- soziale Medien begleitet wurde, war der Fund ei- gleitung größerer und besonderer Polizeieinsätze am 9. Septem- nes verdächtigen Pakets auf dem Potsdamer Weih- ber 2017 der Twitter-Einsatzkanal @PolizeiBB_E eröffnet nachtsmarkt am 1. Dezember 2017. Die Medien- resonanz über soziale Netzwerke war positiv. 15
SOCIAL TITELTHEMA Märkische Allgemeine, 02.12.2017 (U. Wangemann) Mit dem Start der Karriereseite www.polizei-brandenburg-karrie- re.de im Jahr 2016 reagierte auch die Fachhochschule in Oranien- burg auf den veränderten Zeitgeist moderner Kommunikation; gera- de im Hinblick auf potentielle Be- werberinnen und Bewerber. Seit- dem werden dort ausschließlich Informationen bereitgestellt, die für sie und die Bewerbung rele- vant sind. Unter diesem Aspekt erfolgte zeitgleich auch die Trennung der Nachwuchswerbeinhalte von der übrigen Öffentlichkeitsarbeit der Fachhochschule in den sozialen Medien. Diese wurden in eigen- ständige Karriere-Accounts über- führt, die nun sowohl optisch als auch namentlich dem einheitli- chen Gesamterscheinungsbild „Polizei Brandenburg Karriere“ entsprechen. Im Rahmen eines Pilotprojekts betreiben die Fachhochschule der Polizei und das Polizeipräsidium seit einigen Monaten gemeinsam den Account @polizeibranden- burg bei Instagram. Dies ist ein – vor allem bei jungen Menschen – beliebtes Netzwerk, das Millionen Nutzern das Einstellen, Verbreiten und Austauschen von Fotos und Videos ermöglicht. 16
TITELTHEMA +++ Polizeilicher Nutzen +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Mit der Nutzung sozialer Medien sollen unterschiedliche Ziele erreicht werden. Diese differieren vor allem entsprechend des je- weiligen Accounts. Grundsätzlich werden folgende Ziele verfolgt: ■■ Steigerung des Images der Polizei des Landes Brandenburg ■■ Erschließung neuer Zielgruppen ■■ Nachwuchsgewinnung ■■ Erlangung der Deutungshoheit (insbesondere bei der Beglei- tung größerer Polizeieinsätze) ■■ Verkehrsunfall- und Kriminalprävention Die Beiträge, Ziele und auch Zielgruppen können sich je nach Plattform unterscheiden. Neben der Themenvielfalt sind für die Auswahl der Inhalte Kriterien wie zum Beispiel Aktualität, Emoti- onalität, Kuriosität, Relevanz für die Nutzerinnen und Nutzer oder ein direkter Bezug zu polizeilichem Handeln maßgeblich. Die Ziel- gruppe wird in den jeweiligen Netzwerken unterschiedlich ange- sprochen; so gestaltet sich die Kommunikation bei Instagram zum Beispiel persönlicher als bei Facebook oder Twitter. Wie erfolgreich ein Beitrag wird, lässt sich nie mit Gewissheit voraussagen. Fakt ist aber: Je mehr Interaktion ausgelöst wird, desto größer ist auch die Reichweite. @Polizei Brandenburg Karriere #Wusstestduschon Unter diesem Hashtag wird im Karriere-Account @Polizeikarriere mit Klischees aufgeräumt. Auch werden hier häufig gestellte Fragen, die den Wer- be- und Auswahldienst der Fachhochschule rund um Bewerbung und Einstellung erreichen, beant- wortet. Öffentlichkeitsfahndungen Gegenwärtig können noch keine Öffentlichkeits- fahndungen nach Personen auf den Kanälen des Polizeipräsidiums publiziert werden, da noch nicht alle datenschutzrechtlichen Erfordernisse wie zum Beispiel ein 24/7-Monitoring erfüllt sind. Sach- fahndungen, zum Beispiel für die Ermittlung von Fahrradeigentümern oder Zeugenaufrufe, werden dagegen regelmäßig veröffentlicht. 17
SOCIAL TITELTHEMA Auf Bilderfang bei der Ver- kehrskontrolle Neben der täglichen redaktionellen Arbeit werden auch bun- desweite Polizei-Kampagnen unterstützt und eigene Aktionen initiiert. Beispiele: Bundesweite Imagekampagne „Wir sind Polizei“ 2017 / Video Facebook oder 12 h-Twittermarathon im Juni 2018 Soziale Medien sind dialogbasiert. Deshalb ist es wichtig, auf Nut- Beispiel Facebook: Frage: zerkommentare möglichst zeitnah und verlässlich zu antworten. Fachfragen können mitunter erst beantwortet werden, wenn eine polizeiliche Expertise des jeweiligen Bereiches eingeholt wurde. In diesen Fällen bekommen die Anfragenden in der Regel eine Zwischenantwort. Allein im Jahr 2017 sind insgesamt rund 32.100 Kommentare auf Beispiel. Facebook: Antwort den Social-Media-Seiten (Twitter und Facebook) des Polizeiprä- sidiums eingegangen. Dazu wurden rund 2.100 Antworten vom Redaktionsteam gegeben. 18
TITELTHEMA +++ Zukunftsfähige Organisationsstruktur +++++++++ +++ Ausblick ++++++ Um der stetig steigenden bundes- keitsarbeit umstrukturiert und der Die Polizei des Landes Branden- weiten Bedeutung sozialer Medi- Sachbereich Soziale Medien gebil- burg konnte sich in der Vergangen- en für die polizeiliche Presse- und det. Das achtköpfige Team betreut heit den (polizeilichen) Heraus- Öffentlichkeitsarbeit, der Nach- von hier die beiden Twitter-Kanäle forderungen moderner Kommuni- wuchsgewinnung und auch dem @PolizeiBB und @PolizeiBB_E, die kation erfolgreich stellen. Gerade gewachsenen Qualitätsanspruch Facebook-Seite @Polizei Branden- im Bereich sozialer Medien sind der Nutzergemeinde gerecht zu burg sowie den Instagram-Account jedoch unheimlich rasante und werden, wurde innerhalb der Poli- polizeibrandenburg. schwer vorhersehbare Entwick- zei des Landes Brandenburg dieser Auch an der Fachhochschule der lungen zu verzeichnen. Vor nicht Entwicklung personell und organi- Polizei in Oranienburg wurden die allzu langer Zeit war Facebook bei satorisch Rechnung getragen. Weichen für die Zukunft gestellt: jungen Leuten das Nonplusultra So wurde das Redaktionsteam im Die Expertise für soziale Medien und das Netzwerk des Internetgi- Polizeipräsidium personell aufge- wurde hier 2018 innerhalb des Prä- ganten Google+ hatte das Poten- stockt, die Pressestelle des Polizei- sidialbüros im Präsidialbereich 1 tial, entsprechende Marktanteile präsidiums am 24. April 2017 zum gebündelt und so unmittelbar auf zu erobern – doch es kam anders. Bereich Presse- und Öffentlich- der Leitungsebene angebunden. Fest steht, dass die polizeiliche Relevanz sozialer Medien in naher Zukunft nicht an Bedeutung ab- Ranking der größten sozialen Netzwerke und Messenger nehmen wird; unklar ist jedoch, in welche Richtung und auf welcher Facebook 2.167 Plattform die Kommunikation zu- YouTube 1.500 künftig stattfinden wird. WhatsApp 1.300 Für unsere Landespolizei gilt es Facebook Messenger 1.300 daher am Ball zu bleiben, Entwick- WeChat 980 lungen – online und offline – früh- QQ 843 Ranking der größten sozialen zeitig zu erkennen und auch künf- Instagram 800 Netzwerke und Messenger tig mit der nötigen Flexibilität dar- Tumbir** 794 nach der Anzahl der monatlich auf zu reagieren. Eine Flexibilität, QZone 568 aktiven Nutzer im Januar 2018 die die Bürgerinnen und Bürger Sina Weibo 376 (in Millionen) von ihrer modernen Polizei erwar- Twitter 330 ten können. *Stand: 25. Oktober 2018 Quelle: ht- Baidu Tieba* 300 tps://de.statista.com/statistik/daten/ Skype* 300 studie/181086/umfrage/die-weltweit- groessten-social-networks-nach- Linkedin** 260 anzahl-der-user/ Wissenswertes Alle polizeilichen Auftritte in sozialen Medien können auch ohne vorherige Anmeldung auf der jeweiligen Plattform aufgerufen werden: Facebook Abonn. Twitter Follower YouTube Abonn. Instagram Abonn. www.facebook.com/ 49.196 www.twitter.com/ 27.800 www.youtube.com/c/ 398 www.instagram.com/ 6.500 polizeibrandenburg polizeibrandenburg Polizei-brandenburg- polizeibrandenburg karriereDe www.facebook.com/ 4.366 www.twitter.com/ 1.741 polizeikarriere fhpolbb www.youtube.com/c/ 167 FhpolbbDe110 www.facebook.com/ 3.329 www.twitter.com/ 7.096 fhpolbb PolizeiBB_E 19
SOCIAL TITELTHEMA WER SINDWIR? DAS TEAM FAKTEN GUT ZU WISSEN Telefon 07-241- 0331-283- Anja Resmer • Polizeihauptkommissarin #SocialMediaManagerin -3530 • Leiterin SB Soziale Medien #Optimistin • Alter: 41 Jahre Stefanie Neumann • Polizeioberkommissarin #Redaktionsleiterin -3531 • Stellvertretende Leiterin SB Soziale Medien #Organisationstalent • Alter: 36 Jahre Stephan Wedlich • Polizeioberkommissar #CommunityManager -3533 • Sachbearbeiter Redaktion seit dem 16.05.2017 #Querdenker • Alter: 30 Jahre Thomas Pöge • Polizeikommissar #ExperteFürFachfragen -3532 • Sachbearbeiter Redaktion seit dem 16.05.2017 #Sportler • Alter: 39 Jahre Adrian Schantor • Polizeikommissar #Videospezialist -3537 • Sachbearbeiter Redaktion seit dem 01.10.2018 #Autofanatiker • Alter: 29 Jahre Daniela Kulisch • Kommunikationswissenschaftlerin #Allrounderin -3534 • Sachbearbeiterin Redaktion seit dem 01.12.2017 #Lifestyle • Alter: 27 Jahre Lisa Giannis • Kommunikations- und Medienwissenschaftlerin #Hashtagqueen -3535 • Sachbearbeiterin Redaktion seit dem 01.01.2018 #Reiselust • Alter: 31 Jahre Georg-Stefan Russew • Kommunikations- und Medienwissenschaftler, #GeorgWillsWissen -3536 Journalist #Analyst • Sachbearbeiter Redaktion seit dem 01.02.2018 • Alter: 47 Jahre 20
TITELTHEMA Das Social-Media-Team Teamgeist und Eigenverant- der Polizei Brandenburg wortung sind stellt sich vor: wichtig im Anja Resmer, Sachbereich Daniela Kulisch, Soziale Medien Georg-Stefan Russew, Adrian Schantor, Stephan Wedlich, Stefanie Neumann, Thomas Pöge, Lisa Giannis (v.l.n.r.) Unsere Bitte Wir freuen uns über spannende oder auch kuriose Geschichten und Bilder aus dem Polizeialltag, die wir bei Twitter, Facebook und Instagram veröffentlichen. Wie erreicht Ihr uns? Polizeipräsidium Leitungsbereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Kaiser-Friedrich-Straße 143 14469 Potsdam Telefon intern: 07–241- (3530 bis –3537) extern: 0331–283 – (3530 bis –3537) E-Mail: socialmedia.pp@polizei.brandenburg.de 21
RECHT & WISSEN FAHNDUNGS 22
RECHT & WISSEN Nein, es ist kein massenhaftes Problem, aber es kommt immer wieder vor und dann stellt es die Sachbearbeiter vor schwierige juristische, insbeson- dere persönlichkeits- und datenschutzrechtliche Fragen: die öffentliche Fahndung nach unbekannten, aufgefundenen Personen, meist Toten, aber auch Menschen, die unter Gedächtnisverlust leiden, und nach Vermissten – zwecks Gefahrenabwehr. Wann und wie darf die Polizei die öffentliche Fahndung durchführen, die nicht Strafverfolgungszwecken dient? FOTOS ZUR GEFAHREN- ABWEHR Eine juristische Betrachtung und Einordnung von Rechtsanwalt Michael Schmuck B ei unbekannten Toten den nach § 131 b StPO das Foto besteht in aller Regel Selbstgefähr- gibt es zunächst einmal zur Aufklärung/Fahndung veröf- dungsgefahr; die Identifizierung ist die spezielle Regelung fentlicht werden – wenn es um eine dabei nicht das Problem. des § 159 StPO. Danach eine Straftat von „erheblicher Be- Persönlichkeitsrechtlich ist die und nach der dazu ergan- deutung“ geht. Aber das Strafrecht Veröffentlichung von Fotos nach genen Rechtsprechung ist hier nicht Thema. § 24 Kunsturhebergesetz gleicher- sowie den zugehörigen Richtlini- Das alles muss dann auch ent- maßen zur Strafverfolgung und en des Strafverfahrens und Buß- sprechend über das Polizeirecht zur Gefahrenabwehr zulässig: Für geldverfahrens (RiStBV) Abschn. für aufgefundene unbekannte le- Zwecke der Rechtspflege und der I, Nr. 4, 33, müssen unbekannte bende (oder tote) Personen oder öffentlichen Sicherheit dürfen Tote selbstverständlich zunächst Vermisste gelten, wenn nicht der von den Behörden Bildnisse ohne mit den üblichen Mitteln identifi- geringste Verdacht auf eine Straf- Einwilligung des Berechtigten so- ziert werden – um erst einmal he- tat vorliegt. Hier muss die Gefahr wie des Abgebildeten oder seiner rauszufinden, ob es sich um einen bzw. der Schaden für die öffentli- Angehörigen vervielfältigt, ver- unnatürlichen Tod oder eine Straf- che Sicherheit und Ordnung besei- breitet und öffentlich zur Schau tat handeln könnte. Zudem ist die tigt werden, die schon allein dar- gestellt werden. Identität schon allein für die Be- in bestehen, dass die unbekann- Doch diese Vorschrift ist keine stattung und die Verständigung der te Person keine Personalien hat, Ermächtigungsgrundlage für die Angehörigen Voraussetzung. nicht identizifierbar ist, somit nicht Polizei, sondern regelt lediglich die Sind unbekannte Lebende auf- mehr in ihr Lebensumfeld zurück- Zulässigkeit gegenüber den Abge- gegriffen worden und irgendwie gebracht werden kann oder etwa bildeten und die Beeinträchtigung mit einer Straftat in Verbindung ohne Identität medizinisch behan- deren Persönlichkeitsrechts. zu bringen, kann unter Umstän- delt werden muss. Bei Vermissten 23
RECHT & WISSEN Polizeimeldung wehr Daten erhoben werden. Nun zu unbekann- steht in den vielen detaillierten Vor- tem Jogger, schriften zur Datenerhebung und ergänzt um den zum Datenaustausch alles mögli- Hinweis, dass che drin, aber eben nichts dazu, ob der Mann iden- Daten auch veröffentlicht werden tifiziert und dürfen. So schließt sich der Kreis sein Foto daher wieder zurück zur Generalermäch- entfernt wurde. tigung des § 10 Absatz 1: Es besteht vor allem die konkrete Gefahr, dass der Unbekannte nicht identifiziert und somit nicht in sein Umfeld zu- rückgebracht werden kann. Fotofahndung ist das letzte Mittel Über alledem schwebt wie immer der Grundsatz der Verhältnismä- ßigkeit mit Geeignetheit, Erforder- lichkeit und Angemessenheit. Alle andere Mittel müssen also ausge- schöpft sein. Die Fotofahndung ist das letzte Mittel. Für die Fahndung zur Strafver- Das Internet vergisst nie. Hier ein Beispiel. Das klar folgung und -vollstreckung (und erkennbare Foto des Unbekannten, veröffentlichte damit nun doch zurück nach dort) im März 2018. Auch im Oktober 2018 zeigt ein News- regeln das auf der Basis des § 131 b Portal das Bild des Mannes klar erkennbar, zu die- StPO die Richtlinien für das Straf- sem Zeitpunkt ist er bereits identifiziert (den Balken verfahren und das Bußgeldverfah- haben wir aus genannten Gründen für die Ausgabe ren (RiStBV), Anlage B. Dort ist in der info110 ergänzt) Nr. 4 allerdings geregelt: Die Inanspruchnahme der Fahndungshilfe durch Publikati- Die Regelungslücke mit sen wie so oft Generalklauseln onsorgane sowie die Nutzung des passenden Normen füllen oder ein Kompositum aus Gene- Internets oder anderer elektro- ralklauseln und speziellen Rege- nischer Kommunikationsmittel Doch welche Ermächtigungs- lungen herhalten. Es ist das übli- zur Fahndung für andere Aufga- grundlage hat die Polizei? Welche che Verfahren, wenn der Gesetz- ben, insbesondere für präventiv- Vorschriften erlauben die öffentli- geber eine klare Regelungslücke polizeiliche Zwecke, zur Identifi- che Fahndung mit Foto? Wonach hinterlassen hat: Ist es zweckmä- zierung von unbekannten Toten, dürfen unbekannte Personen zur ßig, sachgerecht und richtig, dass zur Auffindung von Vermissten Gefahrenabwehr identifiziert wer- eine Maßnahme notwendig ist und sowie die Sachfahndung bleiben den, wenn alle üblichen internen erlaubt sein muss, sucht man sich von dieser Regelung unberührt. polizeilichen Mittel (die hier nicht die Vorschriften dazu zusammen. Dies gilt auch dann, wenn die Thema sind) ausgeschöpft sind? Nach § 1 Absatz 1, § 10 Absatz Fahndungshilfe durch die Medi- Da leider im Polizeigesetz dazu 1 und vor allem § 30 Absatz 1 Nr. en für eine andere Aufgabe in An- nichts Spezielles geregelt ist, müs- 1 BbgPolG dürfen zur Gefahrenab- spruch genommen wird, zugleich 24
RECHT & WISSEN aber auch der Strafverfolgung dient und die andere öffentliche Aufgabe vorrangig ist. Das bedeutet aber nun nicht, dass es verboten wäre, sich ent- sprechend an den RiStBV, Anlage B, zu orientieren. Denn dort ist das alles gut geregelt. Hier die wichtigs- ten Punkte – umgesetzt, verändert und fokussiert auf die Fahndung zur Gefahrenabwehr: ■■ Die gesetzlichen Regelungen der Öffentlichkeitsfahndung stellen in weiten Teilen Ausgestaltun- gen des Verhältnismäßigkeits- grundsatzes dar. In jedem Ein- zelfall bedarf es daher einer sorg- fältigen Abwägung zwischen dem Interesse an einer wirksa- men Gefahrenabwehr einerseits und den schutzwürdigen Inter- essen des Betroffenen anderer- seits. ■■ Daher ist stets zu prüfen, ob der Fahndungserfolg auch durch Maßnahmen erreicht werden Eine Fotosuche zum Thema ergibt kann, die den Betroffenen und ■■ Bei Nutzung des Internets zur Monate nach der Identifizierung sein Umfeld, vor allem seine Ver- Fahndung ist zu berücksichti- des Mannes diese Treffer. Auf wandten, weniger beeinträchti- gen, dass die eingestellten Da- mehreren Fotos ist der Betroffene gen, etwa dass ten weltweit abgerufen, verar- klar erkennbar. Auch hier wurden • nur Medien von geringerer beitet und weiterverbreitet wer- die Balken erst durch die Redak- Breitenwirkung genutzt wer- den können, ähnlich einer in- tion der info110 ergänzt. den, ternationalen Fahndung. • andere Formen der Öffent- ■■ Um die Aufmerksamkeit der In- lichkeitsfahndung wie Plaka- ternetnutzer für die Öffentlich- te, Handzettel oder Lautspre- keitsfahndung zu erlangen, ist dungsaufruf auf ihren Seiten zu cherdurchsagen gewählt wer- es zweckmäßig, die Fahndungs- löschen, insbesondere das Foto zu den oder aufrufe auf den Seiten der Poli- entfernen oder unkenntlich zu ma- • die Fahndungshilfe örtlich zei zu bündeln. Private Interne- chen. oder in anderer Weise be- tanbieter sollen grundsätzlich Das alles muss einem Bundes- schränkt wird, etwa durch Ver- nicht eingeschaltet werden. land selbstverständlich einheitlich zicht auf die Verbreitung der geregelt sein und gehandhabt wer- Abbildung des Betroffenen. Sobald das Fahndungsziel er- den, im optimalen Fall bundesweit (Schwierig ist bei den milderen reicht ist, ist die Nutzung des Inter- – wie man es sich von so vielen po- Formen allerdings zu verhindern, nets zu Fahndungszwecken unver- lizeilichen Regelungen wünscht. dass Andere die Fahndung via In- züglich zu beenden und sind An- ternet weiterverbreiten.) dere dazu aufzurufen, den Fahn- Michael Schmuck 25
RECHT & WISSEN RECHT BELIEBIG Eine kritische, glossierende Betrachtung von Rechtsanwalt Michael Schmuck zur Entwicklung des Medienrechts Es wird immer komplexer, nebulöser und kniffliger: Presse- und Medienrecht zerfranst. Blogs, Facebook, Twitter und Smartphones zerfetzen es. Und nun schießt auch noch das neue Datenschutzrecht quer. Gleichzeitig wird immer mehr gestritten in dem Gestrüpp von unterschiedlichen Urteilen diverser Gerichte und widersprüchlichen Entscheidungen verschiedenster Behörden. Was ist noch erlaubt und was schon verboten? Was darf noch angstfrei geschrieben, foto- grafiert, gefilmt und dann publiziert werden? Und wie sieht es dann aus, wenn die Polizei als Exikutivorgan das alles tut und zu alledem womöglich eine Eingriffbefugnis braucht? Kaum einer weiß es heute noch so recht und kann es guten Gewissens vorhersagen oder gar entscheiden. Besonders schwierig ist das, wenn man „an der Front“ in Sekunden Entscheidungen treffen muss – und nicht erst ein (meist doch vages) Rechtsgutachten einholen kann. Der Rechtsfall wird immer mehr zum Zufall. Doch warum? Um auf die komplizierten Fragen möglichst einfach zu antworten: Hier sind kurz und bündig Michael Schmuck zehn Punkte, warum Medienrecht immer diffuser wird. ganz erheblichen Schaden anrich- Punkt 1 ten. Das allein steigert die Zahl der Presserecht ist nicht mehr nur das Probleme und Streitigkeiten schon Recht der Presse. Was früher nur ganz enorm. Wie enorm genau, ist die klassischen Medien konnten, schwer herauszufinden. Die Ge- etwas weit verbreiten, weil nur richte jedenfalls haben immer sie die Technik, Druckereien und mehr damit zu tun. Was ohne Ge- Sender hatten, können heute auch richte so alles ausgefochten wird, Blogs, Facebook, Twitter & Co. – dazu gibt es keine Zahlen. und das ganz einfach, millionen- Zudem: Früher wurde noch mehr fach und weltweit. Weltweit! Das oder weniger genau geprüft, was schaffte früher kaum ein Medium. in einer Zeitung oder Zeitschrift Da war bundesweit schon sehr stand oder was durch den Äther weit, wenn man bedenkt, welche ging – bevor es in die Welt posaunt Verbreitung die meisten Hörfunk- wurde (auch Leserbriefe, Zuschau- sender und Regionalzeitungen ermeinungen und Pressemitteilun- hatten. gen). Erfahrene Schlussredakteu- Heute kann jeder pubertieren- re oder Rechtsabteilungen hatten de, spätpubertierende, infanti- den Daumen drauf. Irgendwelche le, senile Depp oder radikale Idi- Deppen konnten ungeprüft (schon ot (und auch mancher narzissisti- mangels Finanzkraft) allenfalls sche Präsident) von der Bettkan- Flugblätter verteilen und an Bäu- te oder aus der Kassenschlange via me nageln. Die Pamphlete verrot- Internet und Social Media mit glo- teten dann rasch. Und beim „Ver- baler Wirkung andere wüst belei- rotten“ sind wir schon beim nächs- digen, hetzen, drohen und hem- ten Punkt. mungslos falsche Tatsachen in die Welt setzen, in Sekunden weiter- verbreiten oder teilen – und damit 26
RECHT & WISSEN kriegen sind. Namen und Kon- terfeis von Verdächtigen werden im Netz verewigt. Der Verdacht wird global zementiert. Doch wer ist dafür verantwortlich, wenn die Behörden nach erfolgreicher Fah- nung oder womöglich sogar fal- schem Verdacht dazu aufrufen, diese Daten zu löschen und den Zement aufzubröseln? Das zu klären, danach aasgei- ern dann Advokaten: Anwälte und Anwältinnen suchen nach Feh- lern und Streitpunkten und finden viele – auch alte und unbedeuten- de, aber gebührenträchtige. Der neue Datenschutz bietet nun fri- sche Beute. Aber auch Bürger und Mandanten fahnden nach Mög- lichkeiten, mal wieder einen klei- nen Streit zu entfachen. Denn viele Menschen sind streitsüchtiger und dünnhäutiger geworden. Und da ist schon der nächste Punkt. gelangen. An Nachrichten, die so Punkt 2 wichtig waren, dass Sie dafür den Internet und Social Media lassen Weg ins Archiv machten. Heute ge- Punkt 3 Nachrichten ewig leben und im- nügen ein paar Tastendrucke, um Hatten vor allem Promis, Schau- mer jung aussehen. Da verrottet Nachrichten zu finden, für die Sie spieler, Politiker, Wirtschaftsbos- nichts. Experten nennen das: die niemals in vergilbten Seiten ge- se früher noch meist ein relativ Perpetuierungsfunktion. Googeln blättert hätten. „Was schert mich dickes Fell und haben blödsinni- Sie mal nach einem Namen oder mein Geschwätz von gestern“ oder ge aber harmlose Unterstellun- einem Ereignis und schon sind „nichts ist so alt wie die Zeitung gen, kleine Unverschämtheiten, alle Informationen darüber da. von gestern“, das sind heute stein- Nickligkeiten und Fehlerchen in Mühelos. Ob alt, ob richtig, ob zeitliche Sprüche, die damals aber Presseberichten an sich abprallen bedeutsam, ob interessant – ganz auch friedenserhaltende Funktion lassen, so sind viele Promis heute gleich: Alles frisch auf dem Bild- hatten. Heute wird die oft bemüh- bei kleinstem Herumgekratze an schirm oder Display. Nichts wird te nächste Sau zwar immer noch, ihrer (oft zweifelhaften) Ehre aufs vergessen (und darum oft auch und sogar noch öfter, durchs in- Allerschwerste verletzt. Und bei nicht vergeben). Ob bedeutsam zwischen globale Dorf getrieben, mikroskopischen Abweichungen oder interessant entscheidet nicht aber die alten Sauen werden nicht von den wahren Tatsachen füh- der Sucher, sondern oft nur ein Al- vergessen. Das macht Polizei und len sie sich aufs Allerschlimmste gorithmus. Staatsanwaltschaft dann Proble- geschädigt. Und Kritik können sie Früher mussten Sie in ein dunk- me, wenn persönliche Daten aus schon gar nicht mehr vertragen. les, modriges Archiv herabsteigen Pressemitteilungen, Facebook- Aber hallo! und in vergilbten Seiten staubiger Postings, Twittermitteilungen, vor Und dabei gibt es ja immer mehr Kladden blättern, um an Nach- allem Fahndungsaufrufe und -fo- Promis. Wer heute so alles promi- richten aus der Vergangenheit zu tos nicht mehr aus dem Netz zu nent und damit Opfer von Kratzern 27
RECHT & WISSEN oder wirklichen Verletzungen wer- her nicht einmal Gegenstand eines blick über eine Sache, verliert aber den kann, ist beinah unüberschau- Telefonates gewesen wären (was die Trennschärfe für Details. Aber bar. Lange vor den Bloggern, Fa- aber auch in anderen Rechtsgebie- diese Trennschärfe lieben Juristen, cebooklern, Twitterern und You- ten nicht besser ist): ob jemand tat- also eben auch Medienanwältin- tubern kamen ja bereits die vielen sächlich eine Träne im Auge hatte nen und -anwälte. Sie nehmen al- privaten Fernsehsender. Sender, in oder nur traurig war; ob jemand ei- les sehr genau. Und oft aus Jour- denen Moderatoren und Redak- ne schlimme Nachricht (die unbe- nalistensicht zu genau. Auch aus teure arbeiten, die in öffentlich- stritten via Smartphone gesendet Polizeisicht nehmen es Juristen ja rechtlichen (jedenfalls damals) al- wurde) per Mail, Twitter, Whatsap manchmal etwas zu genau, wenn lenfalls einen Job als Hilfsbeleuch- oder als SMS verschickt hat. Oder Sie im Nachhinein (auf schlau: ex ter, oder Kabelträger bekommen ob ein nachweislich megaböser Bu- post) einer Pressemitteilung, Fahn- hätten. Und in Privatsendern, in- be eine tiefdunkelblaue oder eine dung oder bereits eines Einsatzes zwischen leider auch im öffent- schwarze Limousine fährt; ob je- alles besser und genauer wissen. lich-rechtlichen, treten Gäste (so- mand bei seiner Haarfarbe ein we- Da können Sie nicht einfach mal gar als Experten) auf, die früher al- nig nachgebessert hat oder gern lapidar und redensartlich schrei- lenfalls als Zuschauer auf die hin- Mettwurstbrötchen isst – das sind ben, dass dicke Schmiergelder für tersten Studiobänke eingelassen billige Themen für teure Prozesse. die Vergabe etwa einer WM bei ei- worden wären. Und da ist der nächste Punkt: nem Glas Wein übergeben wur- Doch zurück zur Dünnhäutig- den oder verbotene Preisabspra- keit. Nun weiß man nicht so ganz chen bei einer Tasse Kaffee getrof- genau, ob es an der Dünnhäutig- Punkt 4 fen wurden. Was passiert, wenn es keit der Betroffenen liegt oder am Falsch ist falsch, ganz gleich wie in Wahrheit ein Glas Bier oder ei- gebührenjagenden Anwalt. Das bedeutsam der Fehler ist oder wen ne Tasse Tee war? Wer weiß, ob mag mal so oder so sein, manch- er peripher ein wenig interessieren nicht ein Medienanwalt einen di- mal findet sich auch die passende mag. Fehler ist Fehler. 1,9 ist eben cken Fehler daraus macht und den Kombination. Dann aber Halali. nicht gleich 2. Und 43 Mitarbeiter ganzen (ansonsten richtigen) Bei- Diese Kombination passt übrigens sind nicht einfach rund 40, auch trag verbieten lassen will? Oder oft, wenn manche Verleger oder wenn es gar nicht um die Zahl von schreiben Sie mal redensartlich, Chefredakteure sich durch einen Mitarbeitern geht, sondern darum, dass jemandem die Haare zu Berge Bericht über ihre vielleicht nicht wie schlecht die Chefin ihre rund standen, sich ihm die Nackenhaa- immer so ehrenvolle Arbeit in ih- 40 oder genau 43 Mitarbeiterin- re sträubten oder er mit den Ohren rer zweifelhaften Würde angegrif- nen und Mitarbeiter behandelt. schlackerte – womöglich kommt fen fühlen. Diese Würdenträger ha- Aber gefunden haben die vielen ein Anwalt und lässt darüber Be- ben eine exzellente Presserechts- Anwältinnen und Anwälte der weis erheben, ob es wirklich so abteilung oder die besten Medien- Chefin nur diesen garstigen Run- war. (An Redensarten wie „Arsch- anwälte – und das nötige Geld, um dungsfehler. kriechen“ gar nicht zu denken.) sich ihrer dünnen Haut zu weh- Das ist ja nun alles umso blöder, Viele Journalisten fragen sich, ren. Da herrscht schon längst nicht wenn man bedenkt, dass Journa- wie sie überhaupt noch kritisch be- mehr das weise Prinzip „Wer aus- listen und Journalisten zwar nicht richten können, wie sie den Mäch- teilt, muss auch einstecken“. Das fünf immer gerade sein lassen sol- tigen auf die Finger schauen und gilt häufig auch für Großkriminel- len, aber dem Leser oder Zuschau- klopfen sollen, ohne einen teuren le, die exquisite und spektakeln- er Sachverhalte einfach, verständ- und absurden Prozess zu riskieren. de Medienanwälte beschäftigen. lich und anschaulich darstellen So wie sich Polizistinnen und Po- (Wobei ich nun nicht Verleger und müssen und dabei auch mal auf mi- lizisten oft fragen müssen, ob und Chefredakteure mit Großkriminel- kroskopisch genaue Abgrenzun- wie sie jemanden behandeln, be- len gleichsetzen will.) gen verzichten. Aus einer gewis- fragen oder anfassen sollen, ohne Jedenfalls wird heute abgemahnt sen Distanz, aus größerer Höhe, im Nachhinein als Prügelknaben und geklagt wegen Punkten, die frü- gewinnt man den besseren Über- und -mägde darzustehen. 28
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