EILDIENST 3/2020 - Aus dem Inhalt: Ministerpräsident Armin Laschet in der Vorstandsklausurtagung des LKT NRW Schwerpunkt: Stärkung der ...

 
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EILDIENST
                                                                   3/2020

Aus dem Inhalt:
●   Ministerpräsident Armin Laschet in der Vorstandsklausurtagung des LKT NRW
●   Schwerpunkt: Stärkung der Berufskollegs
●   Positionspapier zur Zusammenarbeit zwischen Landräten und Kreisbrandmeistern
EILDIENST 3/2020 - Aus dem Inhalt: Ministerpräsident Armin Laschet in der Vorstandsklausurtagung des LKT NRW Schwerpunkt: Stärkung der ...
EILDIENST 3/2020                                                                                              Auf ein Wort

                                        Ambulante Notfallversorgung von
                                        morgen: Neuordnung nur mit den
                                        Kommunen!
                                          Die Notfallversorgung in Deutschland gilt seit Jahren als optimierungsbedürftig. In
                                          der Praxis ist die Leistungsfähigkeit des kommunalen Rettungsdienstes anerkannt –
                                          hier geht es um die allgegenwärtig präsente Rufnummer 112. Dem gegenüber gibt
                                          es immer wieder Kritik am Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen
                                          – dahinter verbirgt sich die sperrigere Rufnummer 116 117. Das Bundesministeri­
                                          um für Gesundheit (BMG) zielt mit der Reform der ambulanten Notfallversorgung
                                          im Wesentlichen darauf ab, die Regelungen des Rettungsdienstes in ein bundes­
                                          einheitliches Raster zu überführen. Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs steht die
                                          Schaffung sogenannter Integrierter Notfallzentren (INZ) an Krankenhäusern, die
                                          allerdings nicht mehr an jedem Krankenhaus vorgehalten werden sollen.
                                          Mit dem Gesetzentwurf ist beabsichtigt, den Kassenärztlichen Vereinigungen die
                                          wesentliche Verantwortung für die Notfallversorgung – sogar innerhalb der Kran­
                                          kenhäuser – zu übertragen. Diese geplanten Strukturveränderungen und der damit
                                          einhergehende Konzeptwechsel geben aus kommunaler Sicht Anlass zur Besorgnis.
Auch wenn das Ziel des Gesetzentwurfs zu unterstützen ist, die sektorenübergreifende Vernetzung der beiden bestehenden
Notfallversorgungssysteme – einerseits 112, andererseits 116 117 – zu optimieren, stößt die konkrete Ausgestaltung auf
grundsätzliche Bedenken.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen verpflichtet werden, eine Kooperation mit den Integrierten Notfallzentren ein­
zugehen. Im Gegenzug sollen die Integrierten Notfallzentren (INZ) in den Krankenhäusern für ihre Leistungen an Patienten
kein Entgelt erhalten, wenn sie sich einer solchen Kooperation verschließen. Dieser Zwang ist neben der Tatsache, dass nur
ein kleiner Teil der bestehenden Krankhäuser ein INZ bekommen wird, nicht akzeptabel und sozialfachlich sowie politisch
nicht tragbar. Auch die Absicht, dass die INZ unter fachlicher Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigung in den
Krankenhäusern stehen sollen, ist höchst bedenklich, da die Kassenärztlichen Vereinigungen bisher nur im Ausnahmefall
selbst Akteur in der tatsächlichen medizinischen Versorgung gewesen sind. Schließlich ist der Rettungsdienst als prä­
klinischer notfallmedizinischer Sachwalter der Bevölkerung stets darauf angewiesen, alle Akutkrankenhäuser anfahren zu
können. Die geplante Regelung, nur an ausgewählten Krankenhäusern INZ auszuweisen und somit die rettungsdienstlichen
Anfahrten nur an diesen wenigen Krankenhäusern zu ermöglichen, würde den rettungsdienstlichen Sicherstellungsauftrag
gefährden und vor allem zu einer enormen Erhöhung der rettungsdienstlichen Umlaufzeiten führen. Infolge der in der
Regel weiter entfernten INZ würden auch zusätzliche Rettungsmittel und Personal erforderlich, so dass der Rettungsdienst
nicht nur fahrzeug-, sondern vor allem personalmäßig ausgebaut werden müsste.
Im Gesetzentwurf und der Begründung sollte vielmehr klargestellt werden, dass jedes Krankenhaus, das mindestens die
Kriterien der Stufe 1 im System der Notfallversorgung erfüllt, ein INZ bekommen kann. Unberücksichtigt blieben nur
diejenigen Krankenhäuser, die bereits jetzt für die Erbringung der Leistung der Notfallversorgung grundsätzlich nicht oder
nur im Ausnahmefall vorgesehen sind.
Die geplante Ermächtigung des sogenannten Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu Grundsatzentscheidungen über
die Errichtung von INZ stößt ebenfalls auf Bedenken, da hier allein Krankenkassen, Kassenärzte und Krankenhäuser maß­
geblich auf den Rettungsdienst einwirken, ohne dass die Träger des Rettungsdienstes – die Kommunen – einbezogen
werden. Dies wirft zusätzliche Fragen mit Blick auf die ohnehin mangelnde demokratische Legitimation des G-BA auf.
Der Gesetzentwurf fasst den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung neu. Denn die Notfallversorgung
soll nunmehr jederzeit (24 Stunden/7 Tage) und nicht nur außerhalb der üblichen Praxisöffnungszeiten gesichert werden.
Die Krankenhäuser ohne INZ sollen für ihre ambulanten Notfallleistungen Vergütungsabschläge in Höhe von 50 Prozent
erhalten und würden demnach dafür finanziell bestraft, wenn sie sich dennoch um Notfallpatienten kümmern. Dies kann
nicht ernsthaft gewollt sein: Es wäre ein Widerspruch sowohl gegen ethische Prinzipien als auch gegen das Berufsrecht der
Ärztinnen und Ärzte. Überdies sollte davon abgesehen werden, den Rettungsdienst als „medizinische Notfallrettung“ in das
SGB V aufzunehmen. Denn die engen Verflechtungen des Rettungsdienstes mit den weiteren Bereichen der nichtpolizei­
lichen Gefahren­abwehr würden durch eine Einbettung in das SGB V nicht hinreichend abgebildet. Darüber hinaus ist strikt
abzulehnen, dass künftig die Kommunen statt den Krankenkassen die Investitionskosten für die Vorhaltung des Rettungs­
dienstes tragen sollen.
Festzuhalten ist, dass der Gesetzentwurf noch deutlicher Änderungen bedarf, um zu tragfähigen Lösungen sowohl für
die Kommunen als auch für eine effektive und effiziente Notfallversorgung insgesamt zu kommen.

                                                                             Dr. Martin Klein
                                                                             Hauptgeschäftsführer
                                                                             des Landkreistages Nordrhein-Westfalen

                                                                                                                        109
EILDIENST 3/2020 - Aus dem Inhalt: Ministerpräsident Armin Laschet in der Vorstandsklausurtagung des LKT NRW Schwerpunkt: Stärkung der ...
Inhalt                                                                                                           EILDIENST 3/2020

  Kavalleriestraße 8
                                                      AUF EIN WORT                                                         109
  40213 Düsseldorf
                                                      ______________________________________________________________
  Telefon 0211/ 300 491-0
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  Internet: www.lkt-nrw.de
                                                      AUS DEM LANDKREISTAG

  Impressum                                           Vorstandsklausurtagung des LKT NRW in Aachen:
                                                      Justiz und Kommunen, Gesundheit, Berufskollegs und
  EILDIENST – Monatszeitschrift                       Klimaschutz als Schwerpunktthemen                                    113
  des Landkreistages
  Nordrhein-Westfalen                                 ______________________________________________________________

  Herausgeber:                                        Geschäftsführendes Vorstandsmitglied a.D. des Landkreistags NRW
  Hauptgeschäftsführer
  Dr. Martin Klein
                                                      Dr. Joachim Bauer verstorben                                   119
                                                      ______________________________________________________________
  Redaktion:
  Erster Beigeordneter Dr. Marco Kuhn
  Beigeordneter Martin Schenkelberg
  Hauptreferent Dr. Markus Faber
  Referentin Dr. Andrea Garrelmann                    THEMA AKTUELL
  Referentin Dorothée Heimann
  Pressereferentin Rosa Moya
  Referent Christian Müller                           Berufskollegs stärken und weiterentwickeln                           120
  Referent Roman Shapiro
  Hauptreferent Dr. Kai Zentara
                                                      ______________________________________________________________

  Quelle Titelbild:
  magele-picture
                                                      SCHWERPUNKT:
  Redaktionsassistenz:
  Gaby Drommershausen                                 Stärkung des Berufskollegs
  Astrid Hälker
  Heike Schützmann
                                                      Agenda zur Stärkung der Beruflichen Bildung                          122
  Herstellung:                                        ______________________________________________________________
  ALBERSDRUCK GMBH & CO KG
  Leichlinger Straße 11
  40591 Düsseldorf                                    Neu- und Umbauten der Berufskollegs des Kreises Kleve
  www.albersdruck.de                                  entfalten Strahlkraft auf die innere Ausrichtung                     125
                                                      ______________________________________________________________
  ISSN 1860-3319
                                                      Gemeinsam sind wir stark –
                                                      Im Verbund die Entwicklung von Berufskollegs fördern                 127
                                                      ______________________________________________________________

                                                      Schulträger und Berufskollegs gemeinsam
                                                      auf dem Weg in die Zukunft                                           129
                                                      ______________________________________________________________

                                                      Lernfabrik Lippe 4.0 – Netzwerkarbeit für die berufliche Bildung
                                                      und die digitale Arbeitswelt in Lippe                                131
                      Kreise in Nordrhein-Westfalen
                                                      ______________________________________________________________

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EILDIENST 3/2020 - Aus dem Inhalt: Ministerpräsident Armin Laschet in der Vorstandsklausurtagung des LKT NRW Schwerpunkt: Stärkung der ...
EILDIENST 3/2020                                                Inhalt

Gute Schule 2020 und Kommunalinvestitionsförderungsgesetz:
Eine Chance und eine Herausforderung                      134
______________________________________________________________

Unternehmenssimulation in der Lernwerkstatt 4.0
des Berufskollegs Rheine – eine innovative und
kooperative Form der beruflichen Orientierung
und Fachkräfteakquise                                    135
______________________________________________________________

Lernen weltweit: Berufskolleg Troisdorf kooperiert
mit Weltverband der Deutschen Auslandsschulen            138
______________________________________________________________

Deutsches Sprachdiplom an Berufskollegs
in Siegen-Wittgenstein                                   139
______________________________________________________________

THEMEN

Vertrauensvolle Zusammenarbeit von Landräten und
Kreisbrandmeistern ist Grundlage für einen gelingenden
Brandschutz im kreisangehörigen Raum                     140
______________________________________________________________

Minister Karl-Josef Laumann kündigt an:
Höhere Beiträge zur Pflegeversicherung                   142
______________________________________________________________

Mobilität nachhaltiger gestalten –
Oberbergischer Kreis beim Wettbewerb
des Bundesforschungsministeriums dabei                   143
______________________________________________________________

Arbeiten im Risikobereich: „Kindesschutz braucht
eine offene und konstruktive Fehlerkultur“               144
______________________________________________________________

DAS PORTRÄT

André Kuper, Präsident des Landtags NRW:
Wir brauchen überzeugte Demokratinnen und Demokraten     145
______________________________________________________________

                                                                  111
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Inhalt                                                      EILDIENST 3/2020

          IM FOKUS

          Kümmerer-Projekte gegen Wohnungslosigkeit
          in elf Kreisen in NRW                                       148
          ______________________________________________________________

          MEDIENSPEKTRUM                                              149
          ______________________________________________________________

          KURZNACHRICHTEN                                             150
          ______________________________________________________________

          HINWEISE AUF VERÖFFENTLICHUNGEN                             155
          ______________________________________________________________

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EILDIENST 3/2020                                                                                          Aus dem Landkreistag

Klausurtagung des LKT NRW in Aachen:
Justiz und Kommunen, Gesundheit, Berufskollegs und
Klimaschutz als Schwerpunktthemen

    Treffen mit Ministerpräsident Armin Laschet in Aachen – Gespräch mit NRW-Justizminister Peter Biesenbach –
    Austausch über Krankenhausplanung und Gesundheitspolitik mit NRW-Minister Karl-Josef Laumann – Überreichung
    des Positionspapiers zur Stärkung der Berufskollegs an NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer

Ministerpräsident Armin Laschet (Mitte) mit dem Präsidium das Landkreistags NRW.                                     Quelle: LKT NRW

E  in breites Spektrum an Themen füllte
   die Tagesordnung der Klausurtagung
des Vorstands des Landkreistags NRW am
                                            bach unter anderem über die Beschleuni-
                                            gung von gerichtlichen Verfahren und die
                                            Kooperation von Polizei, Staatsanwalt-
                                                                                          teur der Aachener Nachrichten, Thomas
                                                                                          Thelen, und seinem Stellvertreter, Amien
                                                                                          Idries. Darüber hinaus befassten sich die
20. und 21. Januar 2020 in Aachen. Höhe-    schaft und Gerichten sowie mit NRW-           Landräte im Rahmen der Vorstandssitzung
punkt des diesjährigen Treffens der NRW-    Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann        mit der Entscheidung des Verfassungsge-
Landräte war der ausführliche Austausch     über Telemedizin, Einsatzregelungen im        richtshofs NRW zur Einteilung von Wahl-
mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet,    Rettungsdienst und Krankenhausplanung.        bezirken angesichts der bevorstehenden
der sich mit den Landräten über die Ziele   Beim Treffen mit NRW-Schulministerin          Kommunalwahlen im September und mit
und Herausforderungen des Klimaschutzes     Yvonne Gebauer machten sich die Land-         der Frage der Sicherung von Fachkräften in
unter besonderer Schwerpunktsetzung auf     räte für die Aufwertung des dualen Ausbil-    der Kreisverwaltung.
die Energiewende austauschte. Dabei stand   dungssystems stark und überreichten der
die Rolle des kreisangehörigen Raums bei    Ministerin das Positionspapier zur Stärkung
der Klimapolitik im Mittelpunkt. Denn der   und Weiterentwicklung der Berufskollegs       Gespräch mit NRW-
kreisangehörige Raum trägt die Hauptlast    im kreisangehörigen Raum.                     Justizminister Peter Biesenbach
der Energiewende sowie der Maßnahmen
zur Begrenzung der Folgen des Klimawan-     Um den Stellenwert kommunaler Themen          Der NRW-Justizminister ging in seinem
dels. Darüber hinaus sprachen die Land-     und die Zukunft regionaler Medien dreh-       Austausch mit den NRW-Landräten auf
räte mit NRW-Justizminister Peter Biesen-   te sich das Gespräch mit dem Chefredak-       vier Themen ein: Wege zur Beschleuni-

                                                                                                                               113
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Aus dem Landkreistag                                                                                                   EILDIENST 3/2020

                                              Die Vorstöße zur Ausdehnung von Infra-         bleme hinsichtlich der Untersuchungen des
                                              strukturmaßnahmengesetzen, die an die          Reinheitsgrads von Rauschgift beim LKA
                                              Stelle von Planfeststellungsbeschlüssen        zu entgehen, habe man sich der Labore der
                                              treten könnten, sah Minister Biesen-           Universität Köln bedient.
                                              bach dagegen kritisch. Hier bestünde die
                                              Gefahr, dass viele Verfahren letzten Endes     Zugleich sei es wünschenswert, dass neben
                                              beim Bundesverfassungsgericht landeten,        der Justiz auch im Bereich der Kriminal-
                                              das dafür keine zusätzlichen Kapazitäten       polizei ein zusätzlicher Personalauswuchs
                                              erhalte. Darum sei zu befürchten, dass         erfolge, so der Minister. Im Haushalt des
                                              am Ende tatsächlich keine Verfahrensbe-        Justizministeriums sei von 2017 bis 2020
                                              schleunigung erreicht würde.                   ein Zuwachs von 2.000 Stellen zu ver-
                                                                                             zeichnen gewesen. Dennoch zeichne sich
                                              Auch beim Thema ehrenamtliche Betreu-          weiterer Personalbedarf etwa zur Bewälti-
                                              ung sah der Minister Handlungsbedarf: Die      gung der Folgen der Digitalisierung ab. Die
                                              ehrenamtliche Betreuung müsse grund-           Zentral- und Ansprechstelle für Cyber­crime
                                              sätzlich reformiert werden, erklärte Bie-      (ZAC) bei der Staatsanwaltschaft Köln ent-
                                              senbach. Das derzeitige System funktio-        wickle sich gut, sie brauche aber gege-
                                              niere nicht richtig und sei daher auch nicht   benenfalls weiteres Personal, weil durch
                                              zukunftsfähig. Die Zahl der Betreuungsver-     einzelne Ermittlungen innerhalb kürzester
                                              fahren wachse weiter. Die Zahl der ehren-      Zeit eine sehr hohe Zahl neuer Verfahren
Justizminister Peter Biesenbach.              amtlichen Betreuer sei hingegen rückläu-       angestoßen werden könne. Dies gelte
                           Quelle: LKT NRW   fig. Zum Teil ergäben sich auch nicht mehr     auch für Sammelklageverfahren wie etwa
                                              hinnehmbare Fallquoten pro Betreuer. Die       jenes gegen VW oder durch den zusätz-
gung von verwaltungsgerichtlichen Ver-        Verbände der Berufsbetreuer forderten          lichen Einsatz von „Legal Tech“, etwa
fahren, die Stärkung der ehrenamtlichen       seit geraumer Zeit eine bessere Finanzie-      durch Flugrechteportale. Der Deutsche
Betreuung, eine bessere Kooperation von       rung und eine eigene Fachhochschulaus-         Richterbund schätze insoweit, dass die Ein-
Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerich-     bildung. Der Etat des Justizministeriums       stellung von 50 neuen Richtern notwendig
ten sowie aktuellen Rechtsfragen der Nut-     für diese Zwecke unterliege einem enor-        sei. Ein weiteres Problemfeld sei die immer
zung von Social-Media-Kanälen durch die       men Wachstum. Zu beobachten sei auch,          noch wachsende Verbreitung von „Hate
öffentliche Verwaltung.                       dass die Verfahren immer aufwendiger           Speech“. Hier bedürfe insbesondere die
                                              und problematischer seien. Viele Betreuer      Aufdeckung von vermeintlicher Anony-
In Hinblick auf die Beschleunigung von        schreckten auch vor der Übernahme von          mität eines großen Aufwandes. Minister
verwaltungsgerichtlichen Verfahren erklär-    Betreuungen psychisch auffälliger Perso-       Biesenbach will aber an dem Ansatz „ver-
te Minister Biesenbach, das NRW-Justiz-       nen zurück. Noch ungeklärt sei die Frage,      folgen statt löschen“ festhalten.
ministerium verfolge das Ziel, bestimmte      ob es einer Zuständigkeitsverschiebung
verwaltungsgerichtliche Verfahren durch       auf das Ministerium für Arbeit, Gesundheit     Abschließend problematisierten die Land-
den Verzicht auf eine Instanz zu verkür-      und Soziales bedürfe, das derzeit für die      räte mit dem Minister die aktuellen Rechts-
zen. Planfeststellungsverfahren sollten auf   Betreuungsvereine verantwortlich sei.          fragen zur Nutzung von Social-Media-
zwei Instanzen beschränkt werden, mit                                                        Kanälen durch die öffentliche Verwaltung.
der Zuständigkeit des Oberverwaltungs-        Die NRW-Landräte interessierten sich           Vor dem Hintergrund einer Entscheidung
gerichts in der Eingangsinstanz und einer     zudem für die Einschätzung des Justizminis-    des Bundesverwaltungsgerichts, das in
Revisionsinstanz beim Bundesverwaltungs-      ters in Hinblick auf eine stärkere Koopera-    dieser Frage eine Vorabentscheidung
gericht. Das Bundesjustizministerium habe,    tion von Polizei, Staatsanwaltschaften und     des Europäischen Gerichtshofs eingeholt
nachdem Nordrhein-Westfalen über den          Gerichten. Biesenbach pflichtete den Land-     habe, sei davon auszugehen, dass zumin-
Bundesrat einen entsprechenden Anstoß         räten bei, dass es bei der Zusammenarbeit      dest nach derzeitiger Rechtslage die Nut-
gegeben habe, nun die Arbeit an einem         zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft        zung von Social-Media-Kanälen durch die
entsprechenden Gesetzentwurf eingelei-        weitere Verbesserungspotenziale gebe.          öffentliche Verwaltung rechtswidrig sei. Es
tet. Laut Biesenbach ist die Kritik an der    Dabei warb er für das Modell des „Staats-      gebe zwar noch keine instanzgerichtliche
Verkürzung des Rechtsweges nicht nach-        anwalts vor Ort“: Dieses Modell, das in        Entscheidung, da das Oberverwaltungs-
vollziehbar. Es sei insbesondere nicht so,    bestimmten Städten mit hohem Erfolg            gericht Schleswig, an das das Bundesver-
dass fundamentale Rechtsstaatsgrund-          umgesetzt werde, sollte auch in einzelnen      waltungsgericht das Verfahren zurück-
sätze aufgegeben würden. Gerade im            ländlichen Regionen eingeführt werden.         verwiesen habe, noch keine Entscheidung
Bereich der Planfeststellungsverfahren sei    Es sei wichtig, Ansprechpartner vor Ort zu     getroffen hat. Es sei allerdings nur noch
bereits durch das Verwaltungsverfahren        haben, die die jeweiligen Verhältnisse gut     eine Frage der Zeit, bis sich die Landesbe-
eine intensive Vorprüfung gegeben. Der-       kennen.                                        auftragten für Datenschutz und Informa­
zeit ergäben sich zahlreiche Möglichkeiten,                                                  tionsfreiheit gehalten sähen, gegen ent-
solche Verfahren zu „torpedieren“; auch       Ein weiterer Ansatz sei die verstärkte Nut-    sprechende Nutzungen vorzugehen.
weil keine Präklusion vorgesehen sei. Man     zung beschleunigter Verfahren und der
arbeite nun an einem sogenannten „kon-        Hauptverhandlungshaft. Dieses Instru-          Im Kern gehe es darum, dass Facebook
zentrierten Verfahren“, das aus anderen       ment käme immer in Frage, wenn sich            und andere Social-Media-Anbieter nicht
Gerichtsbarkeiten bereits bekannt sei: Zu     ein Verfahren innerhalb von sieben Tagen       bereit seien, Vereinbarungen abzuschlie-
Beginn des Verfahrens sollte der Vorsit-      abschließen lasse. So habe man die Pro-        ßen, die es gestatten, dass der Nutzer voll-
zende mit den Parteien einen Fahrplan zur     blematik des Rauschgifthandels auf dem         ständige Kontrolle über die von ihm zur
Bewältigung des Prozesses festlegen, an       Kölner Ebertplatz auf diese Weise positiv      Verfügung gestellten Daten bekomme, es
den die Parteien auch gebunden seien.         beeinflussen können. Um Kapazitätspro-         ihm insbesondere nicht möglich sei, Daten

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EILDIENST 3/2020 - Aus dem Inhalt: Ministerpräsident Armin Laschet in der Vorstandsklausurtagung des LKT NRW Schwerpunkt: Stärkung der ...
EILDIENST 3/2020                                                                                             Aus dem Landkreistag

zu löschen. Nach Ansicht des Ministers        ten die Vorstandsmitgliedern ausdrücklich.    in den Krankenhäusern stärken zu kön-
müsse nun Ziel sein, auf Facebook, Twitter,   Es wurde eine Ausdehnung in die Fläche        nen. Zudem betonte Laumann, er wolle
Instagramm, TikTok sowie die weiteren         angeregt und darauf hingewiesen, dass         als Minister zudem erreichen, dass im
Social-Media-Anbieter öffentlichen Druck      auch andere Standorte außerhalb der Bal-      neuen Krankenhausplan des Landes der
auszuüben, damit diese entsprechende          lungsräume in Betracht kämen.                 Grundsatz festgeschrieben werde, dass ein
Vereinbarungen abschließen. Einfach auf                                                     Krankenhaus innerhalb von dreißig Minu-
die Nutzung der Social-Media-Kanäle zu                                                      ten erreicht werden könne. Unter diesem
verzichten, sei aus Sicht von Minister Bie-   Gespräch mit                                  Blickwinkel sei aktuell von Überkapazitäten
senbach weltfremd.                            NRW-Gesundheitsminister                       in einigen Städten auszugehen.
                                              Karl-Josef Laumann
In der anschließenden Diskussion wurde                                                      Die NRW-Landräte hinterfragten, wie
vor allem das konsequente Vorgehen der                                                      genau die Maßgabe der Erreichbarkeit in
Justiz bei Beleidigungen und tätlichen                                                      dreißig Minuten zu definieren sei. Hierbei
Angriffen gegenüber Amtsträgern auch im                                                     sei entscheidend, was der Bezugspunkt
kommunalen Bereich ausdrücklich gelobt.                                                     dieser Vorgabe sei. Es bedeute in der
Vizepräsident Landrat Dr. Ansgar Müller,                                                    Praxis einen großen Unterschied, ob hier
Kreis Wesel, berichtete, dass er mit einer                                                  die Durchschnittsfahrzeit eines Rettungs-
Staatsanwaltschaft aus seinem Kreisbe-                                                      mittels oder eines privaten PKW gemeint
reich eine Vereinbarung treffen konnte,                                                     sei. Dabei erläuterte der Minister, dass sich
wonach statistisch aufgearbeitet werde,                                                     die Festlegung der durchschnittlichen Fahr-
wie einschlägige Verfahren von der Justiz                                                   zeit zu einem Krankenhaus auf die Benut-
behandelt worden seien. Auf diese Weise                                                     zung eines privaten PKW beziehe. Der
sei es möglich gewesen, dem – insbeson-                                                     Vorstand des LKT NRW sah in dieser Fra-
dere in Polizei und Verwaltung verbrei-                                                     gestellung noch weiteren Klärungsbedarf:
teten – Eindruck entgegenzutreten, dass                                                     So sei wichtig, wie das Land rechnerisch
Beleidigungen und Tätlichkeiten sank­                                                       zu den notwendigen Durchschnittswerten
tionslos blieben und sich daher das Schrei-                                                 kommen wolle und wer diese nach wel-
ben einer Anzeige nicht lohne. Vielmehr                                                     chen Kriterien festlegen würde. Bei dieser
gebe es eine ganze Reihe von Einstellun-                                                    Gelegenheit wiesen mehrere Vorstands-
gen gegen Geldauflagen, die aber gleich-                                                    mitglieder auch auf die kartellrechtliche
wohl als spürbare Sanktionen gegenüber                                                      Problematik der Krankenhausfusionen hin.
den Tätern zu betrachten seien. Minister      Arbeits-, Gesundheits- und Sozialminister     Oftmals scheiterten wirtschaftlich sinnvol-
Biesenbach nahm dieses Beispiel dankbar       Karl-Josef Laumann.       Quelle: LKT NRW    le Verbundbildungen von Krankenhäusern
auf, um in diese Richtung weiter zu agie-                                                   an den Restriktionen des bestehenden Kar-
ren. In diesem Zusammenhang wies er dar-      An das Gespräch mit Justizminister Biesen-    tellrechts. Das Problemfeld müsse daher
auf hin, dass eine Absprache gelte, wonach    bach schloss sich ein fachlicher Austausch    seitens des Landes juristisch untersucht
die Staatsanwaltschaften ein Beleidigungs-    mit dem Minister für Arbeit, Gesund-          werden, forderten die Landräte. Denkbar
verfahren oder ähnliche Delikte gegen         heit und Soziales des Landes Nordrhein-       sei für die Fusion von Krankenhäusern eine
öffentliche Amtsträger nicht aufgrund von     Westfalen, Karl-Josef Laumann, an. Dabei      Bereichsausnahme ähnlich wie bei Spar-
„fehlendem öffentlichen Interesse“ ein-       ging es im Wesentlichen um für die Kreise     kassen, Wasserwerken, Wohlfahrtsverbän-
stellt.                                       drängende politische Fragen zur Kran-         den oder auch im Rettungswesen.
                                              kenhausplanung, zur Zulässigkeit von
Ein weiterer Themenkreis der Diskussion       24-Stunden-Schichten im Rettungsdienst,       Als weiteres Thema sprach Präsident Tho-
war die Zusammenarbeit zwischen Poli-         zur Amtsarztquote beim Medizinstudium,        mas Hendele die Problematik der Zulässig-
zei und Staatsanwaltschaft im Bereich der     zum Belastungsausgleich für das Aus-          keit von 24-Stunden-Schichten der Tarif-
Pressearbeit. Es wurde darauf hingewie-       führungsgesetz zum Bundesteilhabegesetz       beschäftigten im Rettungswesen an. Hel-
sen, dass viele große Polizeipräsidien auch   und zur Reform der Notfallversorgung auf      mut Watzlawik, Abteilungsleiter Gesund-
einen großen Pressestab hätten und daher      Bundesebene.                                  heit im NRW-Gesundheitsministerium, der
die Medienarbeit dominieren könnten.                                                        den Minister begleitete, kündigte hierzu
Dies bestätigte Minister Biesenbach. So       Minister Laumann ging zunächst auf die        ein juristisches Gutachten an. Seitens der
habe der Polizeipräsident in Köln 20 Per-     Thematik der Krankenhausplanung ein.          Vorstandsmitglieder wurde nochmals die
sonen hierfür zur Verfügung, die Staatsan-    Dem Land liege nun ein Gutachten vor,         Bedeutung des 24-Stunden-Dienstes für
waltschaft Köln jedoch bislang nur einen      dass gezeigt habe, dass einige Kranken-       die Kreise als Träger des Rettungsdien-
Oberstaatsanwalt, der diese Tätigkeit         häuser Operationen in Spezialdisziplinen      stes betont. Die ausschließlich rechtliche
quasi „nebenamtlich“ ausübe. Er solle nun     mit eher geringer Fallzahl durchführten, so   Betrachtung der Problematik sei nicht
für diese Aufgaben vollständig freigestellt   dass hier die Frage gestellt werden müsse,    zielführend, da nach verbreiteter Einschät-
werden.                                       ob allen Kliniken unabhängig von der Fall-    zung etwa 95 Prozent der Beschäftigten
                                              zahl die Einhaltung der notwendigen Qua-      im Rettungsdienstbereich der Kreise ganz
Die Diskussion über die Frage der Nen-        litätsstandards möglich sei. Zudem habe       bewusst in 24-Stunden-Schichten arbeiten
nung der Staatsangehörigkeit der Täter sei    sich gezeigt, dass das „Bett“ als maßgeb-     wollten, um genehmigten Nebentätigkei-
zwischen dem Justiz- und Innenministeri-      liche Größe für die Krankenhausplanung        ten nachgehen zu können. Die Zulässigkeit
um noch nicht abgeschlossen.                  nicht mehr zeitgemäß sei. Vielmehr müsse      des 24-Stunden-Dienstes für die Tarifbe-
                                              man sich jeweils die spezifischen Fallzah-    schäftigten in den Kreisen sei somit auch
Die Aktivitäten der „Zentral- und             len in einem Krankenhaus anschauen, um        ein wichtiger Faktor im Konkurrenzkampf
Ansprechstelle Cyberkrime“ (ZAC) begrüß-      auf dieser Grundlage die Strukturqualität     um Fachkräfte mit den Ballungsräumen.

                                                                                                                                   115
EILDIENST 3/2020 - Aus dem Inhalt: Ministerpräsident Armin Laschet in der Vorstandsklausurtagung des LKT NRW Schwerpunkt: Stärkung der ...
Aus dem Landkreistag                                                                                                   EILDIENST 3/2020

Vor dem Hintergrund des zunehmenden           (INZ) könne er sich eine Steuerung sowohl     In seiner Rede ging der Ministerpräsident
Fachkräftemangels plädierten die Landräte     durch die Kassenärztliche Vereinigung als     unter anderem auf das Verhältnis von
für die Einführung einer Amtsarztquote        auch durch die Krankenhäuser vorstellen.      Stadt und Land ein. Dieses Thema war
in Ergänzung zu der bereits bestehenden                                                     auch ein Schwerpunkt seiner Neujahrsan-
Landarztquote aus. Im Bereich des öffent-     Bezüglich der Organisation des Rettungs-      sprache 2020. Der Ministerpräsident
lichen Gesundheitsdienstes gebe es ver-       dienstes sei er der Auffassung, dass die-     betonte die Bedeutung einer Neuen Fair-
gleichbare personelle Probleme bei der        ser in Nordrhein-Westfalen insgesamt gut      ness im Umgang zwischen Bürgern in den
Besetzung von Stellen wie im Bereich der      organisiert sei und daher weiterhin auf       Städten und im ländlichen Raum. Es sei
niedergelassenen Ärzte im ländlich gepräg-    Ebene der Kreise und kreisfreien Städte       leicht, aus der städtischen Perspektive her-
ten Raum. Hier bestehe Handlungsbedarf        geplant und durchgeführt werden solle.        aus zu fordern, dass im ländlichen Raum
für den Landesgesetzgeber. Der Minister       Hinsichtlich der Finanzierung müsse zudem     etwa mehr Windräder aufgebaut werden
betonte, dass die Landarztquote in Höhe       darauf geachtet werden, dass die Kran-        oder die Menschen dort den öffentlichen
von nach bestehender Rechtslage 7,6           kenkassen weiterhin für die Investitions-     Nahverkehr nutzen sollten. Es werde aber
Prozent der Studienplätze im Bereich der      und Vorhaltekosten und nicht nur für die      oft übersehen, dass es dort eben kein aus-
Humanmedizin nicht angetastet werden          Kosten des Betriebs aufkommen müssten.        gebautes U- und S-Bahn-System gebe und
dürfe. Sollte darüber hinaus zusätzlich       Landrat Dr. Axel Lehmann (Kreis Lippe)        die Menschen schlichtweg auf die Nutzung
die Möglichkeit bestehen, eine Quote für      machte in diesem Zusammenhang auf             des Autos angewiesen seien. Daher sei aus
Amtsärzte vorzusehen, werde er sich dem       das bereits bestehende Modellprojekt der      seiner Sicht der nun gefundene Kompro-
nicht entgegenstellen. Dies sei aber letzt-   Kreise Höxter, Paderborn und Lippe auf-       miss zur Energiewende und zum Ausstieg
lich die federführende Entscheidung des       merksam. Im Rahmen des Projekts seien         aus der Braunkohle sehr zu begrüßen.
Ministeriums für Kultur und Wissenschaft      die Rufnummern 112 und 116 117 zusam-         Durch das Instrument der Pendlerpauscha-
des Landes Nordrhein-Westfalen.               mengelegt worden. Die Kreise führten hier     le sei auf die besonderen Mobilitätsanfor-
                                              bereits gemeinsam organisatorisch Regie       derungen im ländlichen Raum Rücksicht
Darüber hinaus sprachen sich die Land-        und lenkten die Patientenströme erfolg-       genommen worden.
räte für den Ausgleich der kommunalen         reich.
Mehrbelastungen der Eingliederungshilfe-                                                    Mit Blick auf die Kommunalfinanzen ver-
träger aufgrund des Ausführungsgesetzes                                                     wies der Ministerpräsident darauf, dass
zum Bundesteilhabegesetz (AG-BTHG)            Treffen mit Ministerpräsident                 das Land mit dem GFG 2020 vollständig
aus. Hier seit mit deutlichen Mehrkosten      Armin Laschet                                 auf den Vorwegabzug für die kommu-
für die Träger zu rechnen. Es könne nicht                                                   nale Beteiligung an der Finanzierung der
sein, dass diese auf den vom Bund verur-                                                    Konsolidierungshilfen verzichte. Zudem
sachten Kosten sitzen blieben, weil es auf                                                  erhielten die Kommunen erstmals seit dem
Bundesebene kein festgeschriebenes Kon-                                                     GFG 2006 einen Verbundsatz von „ech-
nexitätsprinzip gebe. Der Minister betonte                                                  ten 23 Prozent“. Anzugehen sei nun das
hierzu, dass er die im AG-BTHG vorgese-                                                     Problem der kommunalen Altschulden.
hene Evaluation fachlich richtig finde und                                                  Dabei komme es entscheidend auf die wei-
das Ergebnis zu einem fairen Ausgleich                                                      teren Verhandlungen zwischen Bund und
zwischen Land und Kommunen beitragen                                                        Ländern an. Der Ministerpräsident beton-
könne. Im Übrigen sei ein Konnexitäts-                                                      te, dass das Land seinen Beitrag leisten
verfahren zwischen den Kommunen und                                                         werde, sobald klar sei, wie sich der Bund
dem Land vor dem Verfassungsgerichtshof                                                     finanziell einbringe. Es sei allerdings auch
anhängig.                                                                                   damit umzugehen, dass zwölf der 16 Bun-
                                                                                            desländer von der Altschuldenproblematik
Abschließend thematisierten die Landräte                                                    kaum betroffen seien. Eine rückwärtsge-
gegenüber dem NRW-Gesundheitsmini-                                                          wandte Diskussion führe in diesem Zusam-
ster die Reform der Notfallversorgung auf                                                   menhang indes nicht weiter. Es sei klar,
Bundesebene. Der Minister gab zunächst                                                      dass bestimmte Städte auch bei größten
zu bedenken, dass noch nicht geklärt sei,                                                   Anstrengungen nicht mehr ohne Unter-
ob der Gesetzentwurf der Bundesregierung                                                    stützung von Bund und Land aus der soge-
im Bundesrat zustimmungspflichtig sei. Für                                                  nannten Schuldenfalle herauskommen
fachlich richtig erachte er jedenfalls die    Ministerpräsident Armin Laschet.              könnten. Folglich müsse jetzt ein Schnitt
sektorenübergreifende neue Finanzierung                                 Quelle: LKT NRW    gemacht und die aktuelle Lage betrachtet
über die gesetzliche Krankenversicherung.                                                   werden. Insoweit sei auch die Solidarität
Ebenso stimme er der Idee der Einrichtung     Am Abend des ersten Klausurtages trafen       des Bundes und anderer Länder, ohne dass
von Portalpraxen an den Krankenhäusern        die NRW-Landräte den nordrhein-westfä-        diese einen finanziellen Beitrag leisten soll-
zu, da sich – jedenfalls in Westfalen – die   lischen Ministerpräsidenten Armin Laschet.    ten, gefordert, zumal Nordrhein-Westfalen
Mehrzahl der Notfallpraxen bereits in oder    Dabei zeigte sich der Ministerpräsident       sich selbst über Jahrzehnte mit anderen
sehr nah an Krankenhäusern befänden, so       erfreut, sich erneut mit den Landräten        Bundesländern solidarisch gezeigt habe.
dass hier nur überschaubarer Aufwand ent-     austauschen zu können, noch dazu in sei-
stehen werde. Als problematisch empfinde      ner Heimatstadt Aachen. Er erinnerte an       Insofern sei auch eine unterschiedliche Dis-
er, dass Krankenhäuser, die Notfallpatien-    das Kriegsende vor 75 Jahren und an die       kussion zwischen Ost- und Westdeutsch-
ten versorgten, ohne über eine zugelassene    besondere Kommunalgeschichte der Stadt        land zu konstatieren; dies gelte auch für
Portalpraxis zu verfügen, mit Abschlägen      Aachen, wo nach der Befreiung durch die       die Entwicklungen des ländlichen Raums.
bestraft werden sollten. Hinsichtlich der     Alliierten bereits zum 31. Oktober 1944 ein   Während Ostdeutschland mit einer starken
Organisation Integrierter Notfallzentren      Oberbürgermeister eingesetzt worden war.      Abwanderung aus dem ländlichen Raum

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EILDIENST 3/2020 - Aus dem Inhalt: Ministerpräsident Armin Laschet in der Vorstandsklausurtagung des LKT NRW Schwerpunkt: Stärkung der ...
EILDIENST 3/2020                                                                                             Aus dem Landkreistag

und einem damit einhergehenden Rück-           Einsatz zusätzlicher Schnellbusse und die     Gespräch mit NRW-Schul­
bau der Infrastruktur umgehen müsse,           Reaktivierung von Schienenstrecken.
befinde sich in Nordrhein-Westfalen die
                                                                                             ministerin Yvonne Gebauer
große Mehrzahl der Industriearbeits­plätze     In der anschließenden Diskussion wurde
im ländlichen Raum. Für Nordrhein-West-        einmal mehr im Zusammenhang mit der
falen sei daher bereits der Landesentwick-     Energiewende die Frage des Windkraftaus-
lungsplan so gestaltet worden, dass nach-      baus und der Akzeptanz der Bevölkerung
haltiges wirtschaftliches Wachstum mög-        vor Ort thematisiert. Die Landräte wie-
lich bleibe.                                   sen zugleich darauf hin, dass auch wei-
                                               tere wichtige Fragen der Energiewende
In diesen Zusammenhang gehöre auch die         noch nicht geklärt seien, etwa die Frage
Frage der Digitalisierung ländlicher Räume.    der Versorgungssicherheit durch Strom
Nordrhein-Westfalen habe sich das Ziel         aus erneuerbaren Energien. Es sei etwa zu
gesetzt, die Landesverwaltung bis 2025         befürchten, dass es doch zu Stromausfäl-
zu digitalisieren. Im Bereich der Schulen      len kommen könne, wenn die Produktion
habe man schon große Erfolge erzielt. So       von Windenergie und Solarstrom gleich-
sei die Zahl der Schulen, die einen Gigabit-   zeitig ausfalle. Dass insoweit Atom- oder
Anschluss haben oder bei denen er konkret      Kohle­strom aus dem benachbarten Aus-
vorbereitet wird, von 59 Prozent auf 92        land zugekauft werde müsse, während in
Prozent gesteigert worden. Auch bei den        Hochlastzeiten Strom „verschenkt“ würde,
Gewerbegebieten habe es einen Anstieg          sei zusätzlich problematisch. Auch stelle
von 58 Prozent auf 83 Prozent gegeben.         sich die Finanzierung entsprechender Pro-
Für innovative Projekte stünden im Rah-        jekte als nicht abschließend geklärt dar.
men der 5G-Mobilfunkstrategie des Lan-
des 90 Millionen Euro zur Verfügung.           Im Hinblick auf die Altschuldenproblema-      Schulministerin Yvonne Gebauer.
                                               tik wurde seitens der Landräte nochmals                                Quelle: LKT NRW
Beim Thema Klimaschutz mache Nord­             ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der
rhein-Westfalen als Vorreiterland Tempo.       Landkreistag Nordrhein-Westfalen eine         Der zweite Klausurtag in Aachen startete
Die vorherige Landesregierung habe im          andere Position vertrete als der Deutsche     mit der Zusammenkunft mit NRW-Schul-
Jahr 2013 festgelegt, bis 2020 eine CO2-       Landkreistag. Der Landkreistag Nordrhein-     ministerin Yvonne Gebauer. Dabei über-
Reduktion um 25 Prozent im Vergleich zu        Westfalen stehe an der Seite der gemeind-     reichten die NRW-Landräte der Ministe-
1990 zu schaffen. Mittlerweile habe man        lichen Verbände und plädiere ebenfalls für    rin das Positionspapier zur Stärkung und
eine Reduktion um 28 Prozent erreicht. Vor     eine nachhaltige Lösung der Altschulden-      Weiterentwicklung der Berufskollegs im
diesem Hintergrund und angesichts des          frage. Offen sei allerdings, ob Bundesfi-     kreisangehörigen Raum. Dabei unterstrich
geplanten Ausstiegs aus der Braunkohle         nanzminister Olaf Scholz für die gesamte      Präsident Hendele die Bedeutung der
könne es sogar gelingen, dass die Bundes-      Bundesregierung spreche und inwieweit         Berufsausbildung für den Wirtschaftsstand-
republik insgesamt die gesetzten Klima-        die von ihm aufgestellte Bedingung reali-     ort NRW und erklärte, dass für die Kreise
schutzziele noch erreiche. Auch das Modell     stisch sei, dass alle anderen Bundesländer    als Träger der Berufskollegs die berufliche
des      Verschmutzungsrechte-Zertifikate-     ebenfalls einer Lösung zustimmen müssten.     und die akademische Bildung den gleichen
Handels habe sich bewährt. Der Preis für                                                     Stellenwert hätten. „Daher müssen beide
die ausgestoßene Tonne CO2 von 25 Euro         Der Ministerpräsident machte darauf auf-      Bildungswege auch gleichwertig gefördert
sei angemessen. Laschet betonte zugleich,      merksam, dass eine Lösung der Altschul-       werden“, forderte Hendele und erinner-
dass die Maßnahmen zur Erreichung der          denfrage im Koalitionsvertrag auf Bun-        te an den im NRW-Koalitionsvertrag von
Energiewende sozial- und wirtschaftsver-       desebene festgeschrieben sei. Insofern        CDU und FDP vereinbarten „Pakt für die
träglich gestaltet werden müssten. Dem         genieße der Bundesfinanzminister Rücken-      berufliche Bildung“.
komme man durch Änderungen bei der             deckung. Seinem Eindruck nach seien die
EEG-Umlage nach. Auch die gezielte För-        Staatskanzleien und Finanzministerien der     Schulministerin Gebauer erläuterte in dem
derung von Unternehmen, die die Techno-        betroffenen Länder dabei, die fachlichen      Zusammenhang gleich zu Beginn einige
logien für die Energiewende zur Verfügung      Detailfragen einer Altschuldenlösung zügig    der seitens ihres Ministeriums bereits auf
stellen, werde vom Land vorangetrieben.        zu klären. Die in der CDU/CSU-Bundes-         den Weg gebrachten Vorhaben: Im letz-
Dabei verwies der Ministerpräsident ins-       tagsfraktion geäußerten Vorbehalte seien      ten Jahr sei die „Agenda zur Stärkung der
besondere auf die in Nordrhein-Westfalen       ihm bekannt, er gehe aber davon aus, dass     Beruflichen Bildung“ aufgelegt worden, zu
bereits vorhandene Expertise im Bereich        eine Lösung möglich sei.                      der bereits einige Veranstaltungen statt-
der Wasserstoff- und Batterietechnolo-                                                       fanden. Für März 2020 sei eine große Ver-
gien. Es sei allerdings erforderlich, diese    Betont wurde, dass bei der Diskussion auch    anstaltung gemeinsam mit Minister Lau-
Maßnahmen auch durch Änderungen im             beachtet werden müsse, dass der Bund in       mann geplant. Insgesamt liege ein Fokus
Planungsrecht zu flankieren und insbeson-      den vergangenen Jahrzehnten immer mehr        des Schulministeriums auf der beruflichen
dere Beschleunigungen zu erreichen. Man        Soziallasten begründet habe, die von den      Bildung; hier verwies die Ministerin auf
könne einen Strukturwandel, wie er für das     Kommunen zu finanzieren seien. Daher          450 neue Stellen, die in diesem Bereich
Rheinische Revier geplant sei, nicht errei-    stehe auch weiterhin eine stärkere Beteili-   bereits eingerichtet worden seien.
chen, wenn sich die entsprechenden Ver-        gung des Bundes an den Soziallasten zur
fahren über viele Jahre hinzögen. Das Land     Debatte. Es sei allerdings fraglich, ob der   Ein großes Thema sei natürlich auch die
investiere darüber hinaus in den Ausbau        Bund auf diese gemeinsame Forderung           Inklusion, die gänzlich neu ausgerichtet
der Radschnellwege und des Öffentlichen        der Kommunen und der Länder eingehen          und mit Qualitätskriterien ausgestattet
Personennahverkehrs, etwa durch den            werde.                                        worden sei. Problematisch stelle sich hier

                                                                                                                                   117
Aus dem Landkreistag                                                                                                     EILDIENST 3/2020

der Mangel an Sonderpädagoginnen und            pe derzeit dabei, hierzu ein Konzept zu        und kreisfreien Städte gut gehalten wer-
Sonderpädagogen dar. Geplant sei daher          erarbeiten. Außerdem gebe es noch eine         den könne; dies sei insbesondere wichtig
zum einen eine bessere Verteilung der           weitere Projektgruppe zum Thema Schul-         für ein Gelingen der Inklusion. Auch im
vorhandenen Ressourcen, zum anderen             aufsicht, da die Schulaufsicht gemäß den       Rahmen der Flüchtlingskrise habe sich die
auch eine bessere Stellenausstattung. Ins-      Ankündigungen des Koalitionsvertrags           intensive Zusammenarbeit der Bezirksre-
gesamt böten aktuell etwa 780 Schulen in        weiterentwickelt werden solle.                 gierungen mit den kommunalen Schuläm-
Nordrhein-Westfalen gemeinsames Lernen                                                         tern bewährt, ebenso wie die Zusammen-
an. Diese Bündelung sei gerade wegen            In der anschließenden Diskussion wurde         arbeit der Schulämter mit kommunalen
der knappen Ressourcen notwendig. Auch          zunächst nach den voraussichtlichen Ent-       Ämtern, insbesondere den Gesundheits-
weitere Studienplätze für Sonderpädago-         wicklungen im Bereich der Schulaufsicht        ämtern. Auch thematisierten die Landräte
gik würden aktuell bereits eingerichtet.        gefragt. Die Vorstandsmitglieder beto-         die ungleiche Bezahlung von Angestellten
                                                nen, dass eine Stärkung der Schulaufsicht      und Beamten. Hierzu führte Ministerin
Bezüglich des allgemeinen Lehrkräfteman-        das Ziel sein müsse. Zudem sei eine reine      Gebauer aus, dass es bereits verschiedene
gels werde dieser nach Einschätzung der         Schulaufsicht bei den Bezirksregierungen       Rechenmodelle gebe, wie diese Ungleich-
Ministerin noch mehrere Jahre andauern,         in der Praxis schwer vorstellbar. Ministe-     heit stufenweise ausgeglichen werden
das Ministerium habe hierzu eine Bedarfs-       rin Gebauer betonte, dass die bisherigen       könne. Man gehe in jedem Fall von Kosten
prognose erstellt. Über 700 Studienplätze       Überlegungen nicht in die Richtung gin-        in Höhe von einer halben Milliarde Euro im
seien bereits eingerichtet worden. Auch         gen, die Schulaufsicht bei den Bezirksregie-   Jahr aus. Ein entsprechender Stufenplan
weitere Standorte seien hier notwendig.         rungen zu konzentrieren. Das Ziel sei keine    werde entwickelt.
Das Land habe zudem mehrere Maß-                Zweistufigkeit, sondern vielmehr eine
nahmenpakete geschnürt, ein weiteres            optimierte Dreistufigkeit, also auch keine     Angesprochen wurde abschließend die
sei derzeit in Arbeit. Dieses regele unter      rein örtlich angesiedelte Schulaufsicht. Die   Frage des technischen Supports für die
anderem die anlasslose Teilzeit, die durch      Ministerin führte weiter dazu aus, dass sich   Digitalisierung. Hier solle der First-Level-
die Bezirksregierungen nicht mehr ohne          das Auseinanderfallen von Dienst- und          Support Ländersache sein, der Second-
weiteres gestattet werden sollte. Die Situa-    Fachaufsicht nicht unbedingt als gutes         und      Third-Level-Support     kommunal.
tion sei im Land allerdings regional unter-     Konzept erwiesen habe. Die Schulämter          Jedoch sei festzustellen, dass diese Lösung
schiedlich, so sei der Bereich Grundschule      sollten insbesondere in ihren Querschnitts­    nicht überall funktioniere. Die Ministerin
im Regierungsbezirk Detmold beispiels-          aufgaben gestärkt werden und auch stär-        verwies hierzu zunächst auf § 79 Schulge-
weise gut aufgestellt, jedoch nicht in den      ker eine koordinierende Funktion überneh-      setz NRW, der die kommunalen Aufgaben
Regierungsbezirken Münster und Düssel-          men. Auch sei es notwendig, dass die Rolle     eindeutig regle. Auch sei der pädagogische
dorf. Als weitere Maßnahme sei eine Zula-       der Schulämter als untere staatliche Ver-      Standard durch den Medienkompetenz-
ge geplant, die über einen Zeitraum vom         waltungsbehörde nach außen sichtbarer          rahmen vorgegeben. Zwar sei das Land
zweieinhalb Jahren gezahlt werden könne,        gemacht werde. Hier sei auch die Einbin-       an einer möglichst weitgehenden Lösung
wenn eine bereits zweimal erfolglos aus-        dung der Schulämter in das Landesverwal-       interessiert, jedoch müssten die Schulen
geschriebene Stelle angenommen würde.           tungsnetz ein Thema, das noch bearbeitet       über die Ausstattung schon individuell ent-
Zwangsabordnungen sollten soweit mög-           werden müsse. Der Zeitplan sehe vor, dass      scheiden.
lich weiterhin vermieden werden.                bis Ende 2020 vollzugsfähige Ergebnisse
                                                vorliegen. Die Diskussion werde aber
Mit Blick auf die Digitalisierung verwies die   sicherlich weitergehen.                        Treffen mit der Chefredaktion
NRW-Schulministerin auf den Digitalpakt,                                                       der Aachener Nachrichten
der die Auszahlung von Fördermitteln in         Die NRW-Landräte wiesen darauf hin, dass
Höhe von rund einer Milliarden Euro an die      der Kontakt zu den Lehrkräften nur durch       Um den Stellenwert und die Perspektiven
Schulen in Nordrhein-Westfalen ermög­           eine Schulaufsicht auf Ebene der Kreise        kommunaler Themen in den Medien ging
liche. Dennoch bleibe noch viel zu tun; so
sollen bis Ende 2022 alle Schulen in NRW
an ein leistungsfähiges Netz angebunden
sein. Auch die entsprechende Ausbildung
der Lehrkräfte sei wichtig. Im Rahmen
des Studiums gebe es mittlerweile ver-
pflichtende Module, für die bestehenden
Lehrkräfte werde eine Fortbildungsinitia-
tive aufgelegt, die auf unterschiedlichen
Niveaus angeboten werde. Bis Ende 2020
werde auch der Medienkompetenzrahmen
NRW verbindlich. Auch der Support sei
eine wichtige Aufgabe, jedoch solle dies
keine Aufgabe der Lehrkräfte sein.

Zum Thema Fortbildung berichtete die
Ministerin über eine Evaluation der beste-
henden Fortbildungsangebote, die einen
dringenden Handlungsbedarf ergeben
habe. Da eine Überarbeitung auch die
Gesamtstruktur der Fortbildungsangebote
betreffen müsse, sei eine Projektgrup-          Amien Idries und Thomas Thelen (v. l.) von den Aachener Nachrichten.       Quelle: LKT NRW

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es im anschließenden Gespräch mit dem           anders erzählen. Auch im kommunalpoli­         Chancengleichheit müsse letztlich vor Ort
Chefredakteur der Aachener Nachrichten,         tischen Bereich gelte es, genau hinzu-         erfolgen.
Thomas Thelen, und seinem Stellvertreter,       schauen, Themen zu erkennen und ent-
Amien Idries.                                   sprechend aufzuarbeiten.                       Zudem befasste sich der Vorstand mit dem
                                                                                               Entwurf eines klimapolitischen Positionspa-
Konstruktivkritischer Journalismus mit                                                         piers des LKT NRW mit Blick auf die Ener-
einem Fokus auf die Themen, die für die         Vorstandssitzung                               giewende und dem Kohleausstieg sowie
Menschen in der Region wichtig sind, sei                                                       der besonderen Rolle der Kreise in diesem
das Zukunftsgeschäft der Aachener Nach-         In ihrer Vorstandssitzung diskutierten         Kontext. Dazu hatten sich die Landräte
richten, betonte Thelen. Die Zeitungen          die NRW-Landräte die Entscheidung              bereits am Tag zuvor mit NRW-Minister-
hätten in den vergangenen Jahren einen          des Verfassungsgerichtshofes NRW vom           präsident Armin Laschet ausgetauscht.
dramatischen Auflagenrückgang erlebt,           20.12.2019 zur Neuregelung der Wahl-
der aus seiner Sicht nicht mehr aufzuhalten     bezirkseinteilung. Dabei verdeutlichten        In Hinblick auf die Nachwuchssicherung
sei. Professioneller Journalismus sei aber in   mehrere Vorstandsmitglieder, dass die          beschloss der Vorstand, eine Image- und
Zeiten von Social Media, in denen jeder die     Aussagen des Verfassungsgerichtshofs zu        Werbekampagne für den kommunalen
Möglichkeit hätte, Inhalte weltweit zu ver-     den Abweichungstoleranzen bei der Wahl-        Verwaltungsdienst in den Kreisverwal-
breiten, wichtiger denn je.                     bezirkseinteilung – und nachfolgend zur        tungen zu konzipieren. Insbesondere der
                                                Bewerberaufstellung – zahlreiche Fragen        demographische Wandel und die älter
Die Aachener Nachrichten setzten – wie          aufwerfen. Das gelte im Besonderen für         werdenden Belegschaften setzen das kom-
viele andere Verlage auch – auf die digi-       den kreisangehörigen Raum. Beispielswei-       munale Personalmanagement zunehmend
tale Transformation. Die große Heraus-          se sei offen, inwieweit bei der Einteilung     unter Druck, mit immer begrenzteren (Per-
forderung sei, mit dem digitalen Geschäft       der Kreiswahlbezirke eine Abweichung           sonal-)Ressourcen müssten die Kreise ein
Geld zu verdienen. Werberelevante Reich-        zwischen 15 und 25 Prozent verfassungs-        immer breiter und komplexer werdendes
weite zu generieren reiche nicht aus und        rechtlich gerechtfertigt sei, wenn damit das   Aufgabenspektrum abdecken. Um in dem
funktioniere im regionalen Nischenmarkt         Durchschneiden von Stadt- und Gemeinde­        sich stetig verschärfenden „Wettbewerb
nicht. Man setze daher auf bezahlte Inhal-      grenzen vermieden werden könne.                um die besten Köpfe“ gegenüber ande-
te. Dabei zeigten sich die Redaktionsleiter                                                    ren öffentlichen Dienstherren bzw. Arbeit-
der Aachener Nachrichten überzeugt, dass        Die Geschäftsstelle erläuterte, dass sie im    gebern oder auch der Privatwirtschaft
eine Zahlungsbereitschaft für journalistisch    engen Austausch mit dem Innenministe-          bestehen zu können, wolle man nun eine
aufgearbeitete Inhalte vorhanden sei. Die       rium stehe, um die aufgeworfenen Rechts-       Kampagne entwickeln, die insbesondere
Menschen seien aber nicht bereit, für alles     fragen zeitnah zu beantworten. Abschlie-       die spezifischen Anforderungen der Kreise
zu zahlen, was man bisher traditionell in       ßend verbindliche Antworten seien aber         hervorhebe mit dem Ziel, das Profil der
der Zeitung veröffentlicht hätte. Daher         mit Rücksicht auf die Unabhängigkeit der       Kreise als Arbeitgeber in der Öffentlichkeit
setze man auf Investigativjournalismus und      kommunalen Wahlausschüsse nicht zu             zu schärfen.
aktive Inhalte: Es reiche nicht, Pressemit-     erwarten. Die Abwägung konkreter räum-
teilungen automatisch ins Netz zu setzen,       licher Gegebenheiten mit den verfassungs-                 EILDIENST LKT NRW
man müsse Themen aktiv besetzen und             rechtlichen Geboten der Wahlrechts- und              Nr. 3/März 2020   00.10.10.1

Geschäftsführendes Vorstandsmitglied a.D.
des Landkreistags NRW Dr. Joachim Bauer verstorben

A    m 05.02.2020 ist Dr. Joachim Bauer,
     der in den Jahren von 1992 bis 2000 als
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des
                                                senschaftlicher Assistent an den kommu-
                                                nalrechtlichen Lehrstuhl der Hochschule
                                                für Verwaltungswissenschaften in Speyer
                                                                                               und Staatskirchenrecht“. Er war Mitglied
                                                                                               der EUREGIO Mozer-Kommission für
                                                                                               grenzüberschreitende     Zusammenarbeit
Landkreistags NRW amtierte, nach langer         wurde er 1970 in das nordrhein-westfäli-       mit den Niederlanden und fungierte als
schwerer Krankheit im Alter von 82 Jah-         sche Innenministerium berufen. Dort war        deutscher Verhandlungsführer bei den
ren verstorben. Geboren am 11.10.1937           er für den Bereich der Aus- und Fortbildung    Verhandlungen für einen Vertrag mit den
in Gütersloh war Dr. Joachim Bauer nach         des höheren Dienstes zuständig. Seit 1974      Niederlanden über grenzüberschreitende
dem Studium der Rechtswissenschaft in           betreute er in der Staatskanzlei des Landes    kommunale Zusammenarbeit. Ein weiterer
Freiburg und Münster und der Promotion          Nordrhein-Westfalen das Gesetzgebungs-         Schwerpunkt seiner Tätigkeit waren ver-
zunächst in der Inneren Verwaltung des          referat mit Schwerpunkten im internatio-       fassungsrechtliche Fragen der Teilhabe der
Landes Nordrhein-Westfalen tätig. Seine         nalen Recht und im Europarecht. Seit dem       deutschen Länder an den Entscheidungen
Laufbahn begann er beim Regierungsprä-          01.05.1991 leitete Dr. Joachim Bauer die       der Europäischen Gemeinschaften. Zudem
sidium in Detmold und wurde zeitweise           Gruppe „Recht“ und das Referat „Verfas-        wirkte er bei den Vorbereitungen zur
zur Kreisverwaltung Paderborn abgeord-          sungsrecht, Verfassungsangelegenheiten         Regierungskonferenz über die politische
net. Nach weiterer Abordnung als wis-           grundsätzlicher Art, Landesgesetzgebung        Union Europas mit.

                                                                                                                                      119
Aus dem Landkreistag • Thema aktuell                                                                                  EILDIENST 3/2020

                                               Mit Wirkung zum 01.04.1992 wurde Dr.          Für die Verdienste von Dr. Joachim Bauer
                                               Joachim Bauer als Nachfolger von Dr.          um das Land Nordrhein-Westfalen und die
                                               h.c. Adalbert Leidinger Geschäftsführen-      nordrhein-westfälischen Kreise wurde ihm
                                               des Vorstandsmitglied des Landkreistages      1990 das Bundesverdienstkreuz am Bande,
                                               Nord­rhein-Westfalen.                         1997 das Bundesverdienstkreuz Erster Klas-
                                                                                             se verliehen. Mit Ablauf des 31.03.2000 ist
                                               In seine Amtszeit fiel die Abschaffung der    Dr. Joachim Bauer in den Ruhestand getre-
                                               Doppelspitze aus dem bisherigen Ober-         ten. Auch während seines Ruhestandes
                                               kreisdirektor und dem ehrenamtlichen          begleitete er die Arbeit des Landkreistages
                                               Landrat und die Einführung des direkt         NRW mit großem Interesse und wirkte im
                                               gewählten hauptamtlichen Landrates, die       Kuratorium des Freiherr-vom-Stein-Institu-
                                               Einführung neuer Steuerungsmodelle für        tes, der wissenschaftlichen Forschungsstel-
                                               betriebswirtschaftliche Verfahren in vielen   le des Landkreistages NRW an der Univer-
                                               Kreisen, Veränderung in der Zuständig-        sität Münster, engagiert mit.
                                               keit für wichtige Aufgaben der sozialen
                                               Sicherung im Rahmen der Verwaltungs-          Der Verstorbene hat sich um den Land-
                                               strukturreform sowie die Umsetzung der        kreistag Nordrhein-Westfalen große Ver-
                                               FFH-Richtlinie mit nachhaltige Beschrän-      dienste erworben. Der Landkreistag Nord­
                                               kungen für die wirtschaftliche Entwicklung    rhein-Westfalen wird das Andenken an Dr.
                                               in den Kreisen. Hinzu kam die Einführung      Joachim Bauer stets in Ehren halten.
                                               der Pflegeversicherung mit ihren ent- und
                                               belastenden Rückwirkungen auf die Sozial-                EILDIENST LKT NRW
Dr. Joachim Bauer.          Quelle: LKT NRW   hilfe sowie die Hilfe zur Pflege.                    Nr. 3/März 2020   00.10.00

Berufskollegs stärken und weiterentwickeln

    In den bildungspolitischen Debatten der letzten Jahre sind die Berufskollegs als maßgebliche Träger der beruflichen
    Bildung in Nordrhein-Westfalen unberechtigt aus dem Blick geraten. Nachdem zuletzt Gesamtschulen und Gymnasien
    im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Landesregierung standen, möchte der LKT NRW die Berufskollegs mit einem
    eigenen Eckpunktepapier stärker in das Bewusstsein der Landespolitik rücken. Der Zeitpunkt hierfür ist gut, da das Land
    kurz vor der Veröffentlichung seiner „Agenda zur Stärkung der beruflichen Bildung“ steht (vgl. auch EILDIENST LKT
    NRW Nr. 3/März 2020, S. 122 ff).

B   ildungspolitikerinnen und -politiker
    aller Parteien haben sich in den letzten
Jahren intensiv an den allgemeinbildenden
                                               und Gemeindeverbände im Haushalts-
                                               jahr 2019 (Gemeindefinanzierungsgesetz
                                               2019 – GFG 2019) für alle 6.000 Schulen
                                                                                                                 Der AUTOR

Schulen abgearbeitet. So lag der Fokus         in öffentlicher Trägerschaft im Jahr 2019
der ehemaligen rot-grünen Landesre-            insgesamt weniger als 660 Mio. Euro zur                           Martin Schenkelberg,
gierung bis zum Jahr 2017 vor allem auf        Verfügung stellt. Die Berufskollegs als die                       Beigeordneter beim
der Stärkung der Gesamtschulen als der         berufsbildenden Schulen Nordrhein-West-                           Landkreistag
„Schule für alle“, während sich die aktu-      falens sind hierbei nach Einschätzung des                         Nordrhein-Westfalen
elle schwarz-gelbe Landesregierung sehr        Landkreistages NRW zunehmend aus dem
schnell auf die Gymnasien und die längere      Blick der Landespolitik geraten.
gemeinsame Bildungszeit konzentrierte.                                                       region Aachen sind hierbei Träger von ins-
                                                                                             gesamt 123 Berufskollegs. Im Durchschnitt
Alleine für die bauliche Ertüchtigung der      Die besondere Bedeutung                       unterhält jeder Kreis in NRW demnach
Gymnasien im Hinblick auf einen zusätz-        der Berufskollegs                             etwa vier Berufskollegs.
lichen 13. Jahrgang gibt die Landesregie-
rung in den nächsten Jahren für landes-        In Nordrhein-Westfalen gibt es zum Schul-     Berufskollegs sind keine allgemeinen oder
weit weniger als 630 Gymnasien mehr als        jahr 2019/2020 insgesamt 370 Berufs-          allgemeinbildenden Schulen, da diese nicht
eine halbe Milliarde Euro aus, während sie     kollegs. 255 dieser Berufskollegs stehen      primär auf die Vermittlung von Allgemein-
den Schulträgern über die Schul- und Bil-      in Trägerschaft vor allem der kreisfreien     wissen, sondern in erster Linie auf die
dungspauschale nach § 17 des Gesetzes          Städte, der Kreise und zu einem geringen      Vermittlung von Fachwissen ausgerichtet
zur Regelung der Zuweisungen des Landes        Teil auch der kreisangehörigen Städte und     sind. Nach § 22 des Schulgesetzes NRW
Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden           Gemeinden. Die 30 Kreise und die Städte-      vermittelt das Berufskolleg in einem dif-

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