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Technischer Umweltschutz 1 Luftreinhaltung Der Übergang von der Emission (Ort des Übertritts von Luftschadstoffen in die Atmosphäre) zur Immis- sion (Ort des Wirksamwerdens von Luftschadstoffen Begriffsbestimmungen nach dem an den verschiedenen Rezeptoren) wird als Trans- Bundes-Immissionsschutzgesetz mission oder Ausbreitungsprozess bezeichnet. Dieser Vorgang wird insbesondere durch meteoro- Unter Immissionen sind auf Menschen, Tiere und logische Parameter, die vor allem im Hinblick auf Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre Ausbreitungsrichtung, Ausbreitungstiefe und am je- sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende weils interessierenden Immissionsort anzutreffende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Schadstoffkonzentrationen wirksam werden, be- Licht, Wärme, Strahlen oder ähnliche Erscheinungen stimmt. zu verstehen, die von Anlagen, Maschinen und Fahr- zeugen als Emissionen abgegeben werden. Immis- Auf Grund der in der jüngeren Vergangenheit erziel- sionen sind schädliche Umwelteinwirkungen, wenn ten Erfolge bei der Verringerung der Schadstoff- sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Ge- emission an industriellen und gewerblichen Quellen fahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belas- sowie beim Hausbrand ist der motorisierte Straßen- tungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft verkehr verstärkt ins Blickfeld gerückt. Einerseits wird hervorzurufen[1]. trotz zunehmender Prozessoptimierung und Ausstat- tung der Motoren mit Abgasreinigungstechnik der er- Erläuterungen zielbare Effekt am Einzelfahrzeug durch die Fahrleis- Nach Definition der Weltgesundheitsorganisation tungszunahme der gesamten Fahrzeugflotte über- (WHO) liegt eine Luftverunreinigung vor, wenn sich kompensiert, andererseits sind jedoch nicht für alle ein luftverunreinigender Stoff oder mehrere luftver- Schadstoffe, die dem Betrieb von Verbrennungsmo- unreinigende Stoffe in solcher Menge und so lange in toren entstammen, geeignete Minderungstechniken der Außenluft befinden, dass sie für Mensch, Tier, entwickelt bzw. umfassend verfügbar. Pflanze oder Eigentum schädlich sind, zur Schädi- gung beitragen oder das Wohlbefinden oder die Be- Die Besonderheit der Schadstoffemission durch den sitzausübung unangemessen stören. Die Quantifi- motorisierten Straßenverkehr besteht in der räumli- zierung der entsprechenden Schwelle erfolgt durch chen Nähe von Schadstoffquelle zum Rezeptor Festlegung schadstoffspezifischer Grenzwerte. Mensch insbesondere in bebauten Gebieten. Bei Luftschadstoffen handelt es sich insbesondere um die luftverunreinigenden Komponenten Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchs- stoffe, die bei ihrem Übertritt in die Atmosphäre zu ei- ner Veränderung der natürlichen Zusammensetzung der Luft führen. Verkehrsmessstelle Bernau (Fotoarchiv LUA, T4) Messstation Eisenhüttenstadt (Fotoarchiv LUA, T4) UMWELTDATEN BRANDENBURG 2006 117
ringerten Staubniederschlagsmessstellen blieb Messstellen zur Überwachung der Lufqualität nahezu unverändert; die manuellen Schwebstaub- ➠messungen wurden weiter von 12 auf 10 reduziert. Im vorliegenden Bericht erfolgt die zusammen- fassende Bewertung der wichtigsten Luftverun- reinungskomponenten; für aktuelle Betrachtungen stehen im Internet tägliche Informationswerte zur Ver- fügung: www.mluv.brandenburg.de/info/luft-online. An den 24 TELUB-Messstellen wurden im Jahr 2005 rd. 2.2 Mio. Einzelmesswerte erzeugt; davon rd. – 240.000 Schwefeldioxid-, – 390.000 Schwebstaub- (zumeist PM 10), – 390.000 Stickstoffdioxid-, – 200.000 Kohlenmonoxid- und – 320.000 Ozonwerte. 1.2 Meteorologie und Jahresgang ausgewählter Luftschadstoffe Der Deutsche Wetterdienst (DWD) charakterisierte in seinem Jahresrückblick das Jahr 2005 in Deutschland als zu warm, sehr sonnig und etwas zu trocken [3]. Die meteorologische Jahresbewer- tung 2005 für das Land Brandenburg wird wie folgt vorgenommen: Aus den Daten der sieben DWD-Sta- tionen Angermünde, Neuruppin, Manschnow, Pots- dam, Lindenberg, Cottbus und Doberlug-Kirchhain, TELUB-Messstellen zur Überwachung der Luftqualität in die leicht verfügbar sind [4], wird ein brandenburg- Brandenburg weiter Mittelwert gebildet und mit dem jeweiligen Kli- manormal 1961 – 1990 der Stationen verglichen (Tab.). 1.1 Überwachung der Luftqualität in Brandenburg Demnach war das Jahr 2005 in Brandenburg um 0,8 Kelvin (K) zu warm. Somit setzte sich die seit Be- Zur Überwachung der Luftqualität wurden grundsätz- ginn der 1990er Jahre zu beobachtende allgemeine liche Ausführungen im Bericht des Landesumwelt- Erwärmungstendenz ein weiteres Jahr ungebro- amtes „Umweltdaten aus Brandenburg – Bericht chen fort. Sie illustriert damit im regionalen Maßstab 2003“ gemacht [2]. Die folgende Zusammenstellung den derzeit zu beobachtenden anthropogen beein- gibt Auskunft über den Umfang der im Berichtsjahr flussten weltweiten Klimawandel. 2005 erbrachten Messaktivitäten. Die Sonnenscheindauer erreichte mit 118 % deutlich Im Vergleich zu 2004 ist die Anzahl der telemetri- überdurchschnittliche Werte, wozu allerdings vor al- schen Stationen im automatischen stationären lem April, Oktober und November mit besonders ho- Luftgütemessnetz Brandenburg TELUB um eine hen relativen Andauerwerten beitrugen. auf 24 gestiegen. Dies betraf konkret die Wiederauf- nahme der Immissionsmessungen in Bernau zur Er- Das Berichtsjahr fiel mit 108 % des Mittelwertes der arbeitung eines Luftreinhalteplanes. In diesem Be- langjährigen Niederschlagssummen leicht übernor- richtsjahr wurden die temporären Sondermessun- mal nass aus. Besonders auffällig trat dabei der Juli gen auf vier verdoppelt. Dies betraf eine hervor (www.dwd.de). landwirtschaftliche Anlage in Bahnitz (Landkreis Ha- velland) zur Ammoniakimmissionsüberwachung und Die landesweite PM10-Schwebstaub-Immission drei verkehrsbezogene Sondermessungen (PM10- der TELUB-Messstationen betrug 2005 24 µg/m3 und Schwebstaub, NO2) in Belzig (Messwagen), Freien- stieg damit gegenüber dem Vorjahr (20 µg/m3) er- hufen und Potsdam, Behlertstraße (jeweils Contai- heblich an. Das bisherige Rekordniveau des epi- ner). Die Anzahl der bereits im Vorjahr erheblich ver- sodenreichen, häufig von austauschungünstigen Literatur Seite 213 118 FACHARTIKEL Technischer Umweltschutz
Jahresgang ausgewählter meteorologischer Kenngrößen und Luftschadstoffkonzentrationen als landesweite Mittelwerte für Brandenburg im Jahre 2005 Monat T (K) (Min bis Max) RR (%) (Min bis Max) SD (%) (Min bis Max) PM10 (µg/m3) O3 (µg/m3) 01 (+3,4 bis +3,7) zu warm (100 bis 186) zu nass (81 bis 140) uneinheitlich 17 46 02 (-1,1 bis -0,2) zu kalt (114 bis 168) zu nass ( 97 bis 113 ) uneinheitlich 33 51 03 ( -0,9 bis +0,2) zu kalt (36 bis 64) zu trocken (106 bis 124) überdurchschnittlich 31 66 04 (+1,4 bis +2,3) zu warm (20 bis 44) zu trocken (142 bis 152) überdurchschnittlich 28 72 05 (+0,3 bis +0,9) zu warm (112 bis 169) zu nass (92 bis 101) unterdurchschnittlich 18 74 06 (-0,3 bis +0,5) uneinheitlich (19 bis 105) zu trocken (100 bis 116) überdurchschnittlich 18 71 07 (+0,7 bis +1,4) zu warm (204 bis 376) zu nass (85 bis 97) unterdurchschnittlich 19 64 08 (-1,0 bis –0,5) zu kalt (75 bis 183) uneinheitlich (91 bis 106) uneinheitlich 19 52 09 (+1,7 bis +2,3) zu warm (87 bis 116) uneinheitlich (121 bis 153) überdurchschnittlich 27 51 10 (+1,6 bis +2,1) zu warm (37 bis 115) uneinheitlich (151 bis 191) überdurchschnittlich 31 37 11 (- 0,3 bis +0,3) uneinheitlich (30 bis 69) zu trocken (134 bis 175) überdurchschnittlich 24 20 12 (- 0,1 bis +0,4) uneinheitlich (96 bis 150) zu nass (77 bis 131) uneinheitlich 20 28 Jahr 0,6 - 0,9 98 – 118 112 – 128 24 53 zu warm durchschnittlich leicht überdurchschnittlich durch leicht über- schnittlich durch- schnittlich T (K) Abweichung der Temperatur vom Klimanormal (1961-90) durch Angabe der Spannweite zwischen den verwendeten DWD-Sta- tionen, d.h. die niedrigste Abweichung (Minimalwert) und die höchste Abweichung (Maximalwert) vom Klimanormal sind ange- geben RR relative Niederschlagsmenge im Vergleich zum Klimanormal durch Angabe der Spannweite zwischen den verwendeten DWD-Sta- tionen SD relative Sonnenscheindauer im Vergleich zum Klimanormal durch Angabe der Spannweite zwischen den verwendeten DWD-Sta- tionen Großwetterlagen geprägten Jahres 2003 (25 µg/m3) 1.3 Stand und Entwicklung wurde nahezu wieder erreicht. der Immissionen ausgewählter Luftschadstoffe So wurden auch im Berichtsjahr die höchsten Fein- staubbelastungen in den Monaten Februar, März • Schwefeldioxid (SO2) und Oktober registriert, als sich tagelang andau- ernde Episoden erhöhten Feinstaubferntransportes Seit 1993 (Brandenburg-Jahresmittelwert (JMW) = bemerkbar machten. Verbunden mit inversionsbe- 33 µg/m3) ist aufgrund von Emittentenstilllegungen, dingt eingeschränkten Ausbreitungsbedingungen be- der Einführung der Rauchgasentschwefelung und vor günstigte dies den markanten Immissionsanstieg ins- allem durch den Brennstoffwechsel von Braunkohle- besondere im Winterhalbjahr (2005: 26 µg/m3; 2004: zu Erdgas- und Öl-Heizungen eine ständig sinkende 23 µg/m3; 2003: 28 µg/m3). Belastung zu verzeichnen gewesen. Sie kam um das Jahr 2000 auf einem Niveau von 5 µg/m3 an, das Das Sommerhalbjahr 2005 präsentierte sich in den vordem nicht einmal von emittentenfernen so ge- Monaten April, Mai, Juli und September als deutlich nannten Reinluftstationen erreicht worden war. Ver- zu warm und meist mit überdurchschnittlicher Son- bunden mit dieser starken Immissionsabnahme ver- nenscheindauer. Auch die gegenüber 2004 von 30 ringerte sich auch die Spannweite der JMW an den auf 43 gestiegene Anzahl der Sommertage begün- TELUB-Messstationen erheblich, so dass heute nicht stigte den leichten Anstieg des landesweiten Ozon- mehr von einem Nord-Süd-Gradienten der SO2-Be- Jahresmittelwertes von 52 auf 53 µg/m3, aber mehr lastung in Brandenburg gesprochen werden kann. noch der Häufigkeit von O3-Spitzenwerten. Seit dem Jahr 2000 blieb das SO2-Konzentrationsni- veau also nahezu unverändert: 2005 verzeichnete Der Sommermittelwert von 64 µg/m3 blieb gegenüber ein landesweites Mittel von 4 µg/m3. 2004 allerdings wenig verändert (2004: 65 µg/m3) und erreichte bei weitem nicht den Immissionspegel von Die Immissionsgrenzwerte der 22. BImSchV [8] 2003, wo ein landesweites O3-Mittel von 76 µg/m3 werden seit Jahren für Schwefeldioxid ganz klar verzeichnet worden war. eingehalten. Dies gilt insbesondere für die ökosys- tembezogenen Jahres- und Winterhalbjahres-Mittel UMWELTDATEN BRANDENBURG 2006 119
von jeweils 20 µg/m3. Auch zukünftig wird das SO2- So sank der landesweite JMW von 20 µg/m3 (1993) Immissionsniveau bei weiterhin geringer räumlicher nur auf 15 µg/m3 (2005) (Abb.). Auffällig ist dabei eine Differenz bei etwa gleich niedrigen Werten verharren. weiterhin starke Differenzierung der Stations-JMW, die jährlich um 15 µg/m3 schwankten und damit den • Stickstoffdioxid (NO2) und Stickstoffoxide unterschiedlich starken Einfluss des Straßenverkehrs (NOx) auf die jeweilige TELUB-Messstelle anzeigten. a) Gebietsbezogene Immissionsmessungen Die ab 2010 geltenden Immissionsgrenzwerte der 22. Im Gegensatz zum SO2 haben sich die anlagenbe- BImSchV werden an den städtischen Hintergrund- zogenen Verbesserungen beim Ausstoß von NOx messstationen seit Jahren problemlos eingehalten. und die Verringerung der spezifischen NOx-Emis- Dies gilt insbesondere für den Jahresmittelgrenzwert sionen des motorisierten Straßenverkehrs bisher von 40 µg/m3, der im Übrigen auch vegetationsbezo- nicht im erwarteten Maße in der Reduzierung der gen (als NOx-Immissionsgrenzwert von 30 µg/m3) an NO2- bzw. NOx-Belastung niedergeschlagen. Dies den beiden ländlichen TELUB-Messstationen Ha- dürfte vor allem durch das stark gewachsene Ver- senholz (Märkische Schweiz) und Neuzauche (Spree- kehrsaufkommen und insbesondere den erhöhten wald) 2005 mit 15 bzw. 14 µg/m3 sicher eingehalten Anteil von Diesel-Kfz bedingt gewesen sein. Eine her- wurde. ausragende Rolle spielen dabei vor allem die LKW. b) Verkehrsbezogene Immissionsmessungen Die NO2-Immissionssituation an den drei seit 2000 Mittlere Schwefeldioxidkonzentration verfügbaren Verkehrsmessstellen (VMSt) Cottbus, Frankfurt (O) und Potsdam ist ebenfalls durch eher geringe und unsystematische Schwankungen der JMW um 45 µg/m3 gekennzeichnet (Abb.). Es ist deutlich zu erkennen, dass der ab 2010 gel- tende Jahresmittelgrenzwert von 40 µg/m3 derzeit noch nicht eingehalten werden kann. Nur der seit 2000 mit einer abschmelzenden Toleranzmarge von 60 µg/m3 auf 50 µg/m3 (2005) abgesunkene aktuelle Grenzwert wurde noch nicht überschritten. Falls sich die in den Luftreinhalte-/Aktionsplänen die- ser drei Städte vorgesehenen immissionsmindernden Maßnahmen gegenüber PM10-Schwebstaub weitge- hend umsetzen lassen, kann eine Grenzwerteinhal- Mittlere Stickstoffdioxidkonzentration tung auch für NO2 im Jahr 2010 erwartet werden. Der wesentlich weniger strenge Kurzzeit-Grenzwert (max. 18 Überschreitungen des 1h-Mittels von 200 µg/m3 im Jahr 2010) wurde bisher in Brandenburg noch nie überschritten. • Ozon (O3) Die Bewertung der Ozonimmissionen, bezogen auf die Schutzgüter Mensch und Vegetation, ergab gemäß 33. BImSchV [9] folgende Situation: Die Überschreitung des Schwellenwertes zur Unter- Stickstoffdioxidkonzentration an ausgewählten Verkehrsmessstellen richtung der Bevölkerung von 180 µg/m3 im 1h-Mittel zeigte seit 1993 einen erkennbaren Häufigkeitsrück- gang, auch wenn sich besonders gute photochemische Begleiterscheinungen für die O3-Bildung in Einzeljahren wie 1994 und dem „Jahrhundertsommer“ 2003 deutlich hervorhoben. Hier sind bereits Erfolge einer EU- und deutschlandweiten Reduzierung der Emissionen der O3- Vorläufersubstanzen NOx und leichtflüchtige Kohlen- wasserstoffe (VOC) zu erkennen. Im Rahmen der me- teorologisch bedingten interannuellen Schwankungen sind auch die Ergebnisse für 2005 zu sehen, wo bran- 120 FACHARTIKEL Technischer Umweltschutz
Raumzeitliche Struktur der Ozon-1h-Maximalwerte im Sommerhalbjahr 2005 in Brandenburg Mittlere Anzahl der Tage mit Überschreitung des Ozon-Schwellen- Relativer Anteil der Messstationen mit >25 Tagen wertes pro Messstelle (> 180 µg/m3 im 1h-Mittel) 8h-Max. >120 µg/m3 O3 UMWELTDATEN BRANDENBURG 2006 121
denburgweit im Durchschnitt nur knapp einmal pro Mess- Für den Schutz der Vegetation gibt die 33. BImSchV stelle eine 1h-Überschreitung von 180 µg/m3 auftrat einen ab 2010 im fünfjährigen Mittel einzuhaltenden (Abb.). Auf die für die menschliche Gesundheit wir- Dosiswert für die saisonale Belastung (tagsüber kungsbedingt weniger relevante mittlere O3-Belastung im Sommerhalbjahr) vor, den so genannten AOT40- soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Wert in Höhe von 18.000 µg/m3·h. Ein dabei seit Beginn der 1990er Jahre zu beobach- Auch diese AOT40-Werte spiegeln die stark me- tender langsamer Anstieg der JMW steht nicht im Wi- teorologisch beeinflussten Vegetationsbelastungen derspruch zu europaweiten Messbefunden. Die in- mit Maximalwerten 1994 und 2003 gut wider (Abb.) teressante Zusammenschau der täglichen stations- und zeigten für die letzten beiden Jahre eher unter- bezogenen 1h-Ozon-Maximalwerte in Brandenburg durchschnittliche Dosiswerte. Im landesweiten 5-Jah- (Sommerhalbjahr) ergibt anschaulich die raum-zeitli- resmittel wurden 2001 – 2005 etwa 15.000 µg/m3·h che Struktur insbesondere des großräumigen und erreicht, was für eine Reihe von Messstationen mit länger andauernden Auftretens von hohen Kurzzeit- der Überschreitung des ab 2010 geltenden Wertes belastungen (Abb.). verbunden war. Streng lässt sich diese Aussage je- doch nicht auf die städtischen Hintergrund-Messsta- So führten nahezu landesweite Ozonepisoden nur tionen anwenden, sondern sie gilt entsprechend 33. Ende Mai an drei Messstationen für einen Tag und BImSchV vor allem für ländliche Messstellen, die für Mitte Juli an immerhin elf Messstationen gleichzeitig größere naturnahe Gebiete repräsentativ sind. Hier zu maximalen 1h-Werten > 180 µg/m3. Eine länger verzeichneten Hasenholz und die zwischenzeitlich andauernde Spitzenbelastung blieb damit auch 2005 von Burg nach Neuzauche verlegte Spreewaldstation in Brandenburg aus. Zukünftig dürfte sich auch un- 16.122 bzw. 15.939 µg/m3·h. ter günstigen photochemischen Ozonbedingungen die Auftrittswahrscheinlichkeit derartiger Spit- Zukünftig wird am ehesten mit einer Quasikonstanz zenbelastungen immer weiter verringern. der derzeitigen Dosisbelastung zu rechnen sein, da einerseits O3-Spitzenbelastungen zurück gehen, der Als Zielwert für den Gesundheitsschutz darf ab mittlere O3-Pegel allerdings zunimmt. 2010 im dreijährigen Mittel das maximale tägliche 8h-O3-Mittel nicht öfter als an 25 Tagen über 120 • Benzen (C6H6) µg/m3 liegen. Auch hier zeigt ein Blick in die Ver- gangenheit, dass ausgeprägte „Ozonsommer“ vor al- Seit dem Jahr 2000 liegen an Brandenburger VMSt lem Anfang der 1990er Jahre auftraten, wobei aller- Immissionsdatensätze vor, die den Vorgaben der 33. dings nur bis 2001 von einem Abnahmetrend ge- BImSchV genügen. Demnach hat sich die straßen- sprochen werden könnte (Abb.). Dann folgten 2002/ nahe Benzenbelastung tendenziell an fast allen 2003 besonders gute meteorologische Vorausset- diesen Stationen bis 2005 deutlich verringert, zungen für die O3-Bildung, während 2004/05 wie- wenn auch Schwankungen auf relativ geringem Im- derum zu den ausgesprochen gering belasteten missionsniveau wie in Brandenburg/H. und Ebers- Jahren gehörten, was das maximale 8h-O3-Mittel walde auftreten. Einschließlich Toleranzmarge galt betrifft: An nur vier Messstationen wurden 2005 2005 ein Jahresmittel-Grenzwert von 10 µg/m3, der mehr als 25 derartige Überschreitungs-Tage regi- überall sicher eingehalten wurde. striert. Doch das Mittel 2003 – 2005 zeigt, dass durchschnittlich etwa 40 % der Stationen in Bran- Die bisherige positive Entwicklung, bedingt durch denburg diesen Zielwert noch nicht einhalten. Wei- wesentlich verbesserte Kraftstoffe, dürfte sich bis tere internationale Ozon-Vorläuferemissionsminde- 2010 in ähnlicher Weise fortsetzen und damit eine zu- rungen bleiben also auf der Tagesordnung, um 2012 sätzliche Sicherheit für die klare Einhaltung des dann EU-Konformität zu erreichen. geltenden Grenzwertes von 5 µg/m3 schaffen. Mittlerer AOT40-Dosiswert der Ozonimmission • Sonstige gasförmige Komponenten Schwefelwasserstoff (H2S) Die H2S-Immissionen zeigten bei der Dauerbelas- tung (JMW = 1 µg/m3 an den drei Messstellen Eisen- hüttenstadt, Premnitz und Schwedt/O.) weiterhin ein niedriges Niveau. Allerdings stiegen die Belas- tungsspitzen gegenüber 2004 geringfügig an. Der Leitwert der WHO für die halbstündliche Belastung (7 µg/m3) wurde in Eisenhüttenstadt und Premnitz er- neut überschritten (Geruchsbelästigung). Dominante 122 FACHARTIKEL Technischer Umweltschutz
Benzenkonzentration an ausgewählten Verkehrsmessstellen (Jahresmittelwerte) industrielle Einzelquellen im Umfeld der Messstatio- nen sind als Verursacher anzusehen. Kohlenmonoxid (CO) Die im städtischen Hintergrund gemessenen CO-Im- missionen entsprechen weitgehend dem bereits in den Vorjahren ermittelten niedrigen Niveau; der Grenzwert der 22. BImSchV für den 8h-Mittelwert wurde erneut in keinem einzigen Fall überschritten. Obwohl an den Verkehrsmessstellen (VMSt) Cottbus, Mittlere PM10-Schwebstaubkonzentration (Jahresmittelwerte) Frankfurt (O.) und Potsdam, Zeppelinstraße demge- genüber erwartungsgemäß deutlich höhere CO-Kon- zentrationen ermittelt wurden, blieb der ab 1. Januar 2005 geltende Grenzwert von 10 mg/m3 mit ca. 40 % Auslastung (2004: 46 %) weit unterschritten. Die CO- Belastungsabnahme an den VMSt hält damit seit Jah- ren an und widerspiegelt die Fortschritte in der Kfz- Emissionsminderung. Flüchtige organische Verbindungen (VOC) Die Erhebung summarischer Befunde über die Koh- lenwasserstoffbelastung gestattet eine kostengün- PM10-Schwebstaubkonzentration an ausgewählten Verkehrsmessstellen stige Langzeitbeobachtung, doch die Ergebnisse (Jahresmittelwerte) sind kaum toxikologisch aussagefähig. Deshalb erfolgen diese Immissionsmessungen nur noch in Schwedt/O., wo sich ein VOC-Großemittent befindet. Die leicht fallende JMW-Tendenz für Gesamtkohlen- wasserstoffe und für Methan setzte sich auch 2005 fort. Detaillierte Erhebungen über die VOC-Belastung fanden 2005 in Cottbus, Potsdam und Schwedt/O. je- weils verkehrsfern statt. Überschreitungen der Beur- teilungsgrößen für die 21 Komponenten waren nicht festzustellen. Die Benzol-Toluol-Xylole (BTX)-Belastung an den VMSt sank weiterhin leicht, während die Passiv- Zahl der PM10-Tagesmittelwerte > 50 µg/m3 an den TELUB-Messstellen sammler in Cottbus und Frankfurt (Oder) eine ge- ringfügige JMW-Erhöhung auf geringem Absolutni- veau gegenüber 2004 anzeigten. Alle Beurtei- lungswerte wurden klar eingehalten. Quecksilber (Hg) Die Screening-Erhebungen an der Stadtrandstation Cottbus, Markgrafenmühle wurden fortgesetzt und zeigten einen minimalen JMW-Anstieg gegenüber 2004 von 1,2 auf 1,4 ng/m3, wobei der Orientie- rungswert des Länderausschusses für Immissions- schutz von 50 ng/m3 weit unterboten blieb. Die EU tel zu erkennen. Von 25 µg/m3 im Jahr 2000 sank der hatte im Übrigen in ihrer „Schwermetall-Richtlinie“ auf Pegel 2004 auf 20 µg/m3, nachdem er zwischenzeit- die Festlegung eines Zielwertes für gasförmiges Hg lich im “Episodenjahr“ 2003 25 µg/m3 erreicht hatte. verzichtet. Das Brandenburg-Mittel von 24 µg/m3 2005 ent- sprach etwa dem mehrjährigen Durchschnitt. Somit • PM10-Schwebstaub ist in den letzten Jahren keine Fortsetzung der in den 1990er Jahren beobachteten deutlichen Abnahme a) Gebietsbezogene Immissionsmessungen der (Gesamt-) Schwebstaubbelastung in Bezug auf Anhand der seit 2000 EU-richtlinienkonform ermittel- PM10 zu erkennen (Abb.). Wesentlich strenger als ten Feinstaub-Immissionszeitreihen ist bezogen der Dauerbelastungsgrenzwert ist der Kurzzeit- auf die Jahresmittelwerte nur eine geringe Verän- belastungsgrenzwert der 22. BImSchV: derung der Dauerbelastung im landesweiten Mit- UMWELTDATEN BRANDENBURG 2006 123
Ein Tagesmittelwert (TMW) von 50 µg/m3 darf seit auf, der in dem ausbreitungsungünstigen Jahr 2003 2005 nur 35-mal im Jahr überschritten werden. Nach kulminierte und nach deutlichem Rückgang 2004 im umfangreichen statistischen Untersuchungen in Bran- Berichtsjahr erneut zumindest an der VMSt Cottbus denburg wird ab einem JMW von ca. 31 – 32 µg/m3 eine Überschreitung des ab 2005 geltenden JMW- dieser Kurzzeitbelastungsgrenzwert mit einer Wahr- Grenzwertes von 40 µg/m3 brachte (s. Abb.). Neben scheinlichkeit von mehr als 50 Prozent überschritten. den bereits erwähnten meteorologischen Begleitbe- dingungen, die 2002/03 besonders ungünstig ausfie- An Messstellen, die repräsentativ für die städtische len, zeigen diese Ergebnisse auch den Einfluss ei- Hintergrundbelastung sind (ohne direkten Einfluss ei- nes zumindest gleich bleibend hohen Verkehrs- ner Straße mit relativ hohem Verkehrsaufkommen), aufkommens in engen, schlecht belüfteten konnte dieser PM10-Kurzzeit-Grenzwert bisher Straßenschluchten. Alle JMW lagen 2005 in einer klar eingehalten werden. Ohne erkennbare Ten- Höhe, die die Überschreitung des PM10-Kurzzeit- denz traten im landesweiten Mittel jährlich etwa 10 – grenzwertes zumindest mit 50 % Wahrscheinlich- 20 Überschreitungstage pro Station auf, wobei sich keit erwarten ließ. das meteorologisch ungünstige Jahr 2003 (25 Tage im Mittel) deutlich abhob. Dieser statistisch eng gesicherte Zusammenhang wurde durch die TMW-Messergebnisse eindrucksvoll Ein Jahresvergleich macht deutlich (Abb.), dass die bestätigt. Alle vier VMSt wiesen 2005 mehr als 50 Kenngröße der PM10-Kurzzeitbelastung wesent- Tage mit TMW > 50 µg/m3 auf und bestätigten damit lich stärkere interannuelle Schwankungen auf- für Cottbus (Maximum mit 89 Überschreitungstagen) weist als der JMW. und Frankfurt (O) die Notwendigkeit für die bereits 2003 gem. § 47 (1) BImSchG begonnene Erarbeitung Dies ist auf eine weitaus größere Abhängigkeit dieser von Luftreinhalteplänen sowie die 2005 gem. § 47 (2) Kenngröße von der Häufigkeit austauscharmer BImSchG eingeleitete Aufstellung von Aktionsplänen Hochdruck-Wetterlagen (Inversionswetterlagen mit u.a. in Potsdam und Brandenburg/H. regionaler PM10-Anreicherung und Ferntransporten) zurückzuführen. Nebenstehende Abbildung zeigt gleichzeitig ein nur durch das Ausnahmejahr 2003 (episodenbedingt besonders viele PM10-Spitzenwerte) unterbro- b) Verkehrsbezogene Immissionsmessungen chenes allmähliches Ansteigen der Zahl von Die PM10-JMW an den vier dauerhaft betriebenen Überschreitungstagen, das in seiner Aussagekraft VMSt in den Oberzentren des Landes wiesen seit nur durch die vergleichsweise geringe Messhäufig- dem Jahre 2000 einen stetigen Belastungsanstieg keit bis 2003 etwas relativiert wird. Vertiefte Untersu- chungen der raumzeitlichen Immissionsstruktur und der Immissionsanteile an solchen Überschreitungs- Zahl der PM10-Tagesmittelwerte > 50 µg/m3 an Verkehrsmessstellen tagen [5, 6] weisen jedoch darauf hin, dass in der- artigen Situationen der großräumige PM10-Fein- staubtransport (vornehmlich aus Südwestpolen) die lokalen Eigenbeiträge des Straßenverkehrs deutlich übersteigt. Somit widerspiegeln die Überschreitungstage vor al- lem die unterschiedliche Häufigkeit von Großwetter- lagen mit ausbreitungsungünstigem Luftmassen- transport aus emissionsstarken Gebieten. Dadurch wird die Entwicklung der landesweiten PM10- Schwebstaub-Belastung in den nächsten Jahren we- sentlich von meteorologischen Einflüssen (vor allem Häufigkeit von Hochdruckwetterlagen mit PM10- Mittlere Bleikonzentration im Schwebstaub (Jahresmittelwerte) Ferntransport) sowie von Fortschritten bei der Emis- sionsminderung von Feinstaub und seinen gasförmi- gen Vorläufern NOx und SO2 in den benachbarten neuen EU-Mitgliedsländern abhängig sein. • Inhaltsstoffe des PM10-Schwebstaubes Die Reduzierung der Bleibelastung kann als luft- hygienische Erfolgsgeschichte angesehen wer- 124 FACHARTIKEL Technischer Umweltschutz
den, Hauptgrund ist die flächendeckende Einführung Mittlere Arsenkonzentration im Schwebstaub (Jahresmittelwerte des bleifreien Benzins in Deutschland ab 1997 (Abb.). Der ab dem Jahr 2005 geltende Jahresmittel- Grenzwert der 22. BImSchV von 0,5 µg/m3 wurde im Übrigen sogar schon 1991 an allen branden- burgischen Messstellen eingehalten. Derzeit besteht keine Gefahr, den künftig einzu- haltenden Arsen-Jahresmittel-Zielwert der 4. Tochterrichtlinie zur EU-Rahmenrichtlinie Luft- qualität [7] von 6 ng/m3 zu überschreiten und das geringe aktuelle Konzentrationsniveau bleibt mit Mittlere Cadmiumkonzentration im Schwebstaub (Jahresmittelwerte) Sicherheit erhalten. Der ab 2012 einzuhaltende Cadmium-Zielwert der 4. Tochterrichtlinie von 5 ng/m3 wird um mehr als eine Größenordnung unterboten. Die Nickel-Konzentrationen erreichten schon während der strukturellen Umbrüche in der branden- burgischen Industrie 1993 ein sehr niedriges Im- missionsniveau (2 – 4 ng/m3), das erst in den letz- ten Jahren zu einer weiteren Reduzierung auf 1 – 2 ng/m3 im Jahresmittel tendierte. Mitte der 1990er Jahre bestand noch ein erheblicher Einfluss braun- Mittlere Nickelkonzentration im Schwebstaub (Jahresmittelwerte) kohlegefeuerter Einzelheizungen und zudem exi- stierten auch relativ hohe spezifische Kfz-Emissio- nen. So kam es punktuell in verkehrsreichen innerstädtischen Altbaugebieten bei einem Bran- denburg-Mittel von 3 – 4 ng/m3 (JMW) zu Spitzen- werten von fast 9 ng/m3 im Jahresmittel. Mit dem weitgehenden Einsatz von Gas- und Öl- Heizungen sowie den Fortschritten bei der moto- rischen Verbrennung sank der Benzo-a- Mittlere Benzo(a)pyrenkonzentration im Schwebstaub pyren(B(a)P)-Pegel in Brandenburg Ende der (Jahresmittelwerte) 1990er Jahre rasch auf etwa 1 ng/m3, dem Zielwert der EU für 2012. • Staubniederschlag Angesichts des massiven Rückgangs der eher punk- tuell auftretenden Ablagerung von Grobstaub aus In- dustrieanlagen und Hausbrand in den 1990er Jahren konnte das Staubniederschlagsmessnetz erheblich reduziert werden. Seit 1999 traten im Grunde keine Überschreitungen des TA Luft-Immissionswertes von Mittlere Staubniederschlagbelastung (Jahresmittelwerte) 350 mg/(m2·d) im Jahresmittel mehr auf (Abb.). Das Brandenburg-Mittel liegt seitdem quasikonstant bei 70 – 90 mg/(m2·d) und dürfte das zu erwartende Minimalniveau inzwischen erreicht haben. Hieran könnte nur ein massiver Einsatz technisch unausge- reifter oder unzureichend bedienter Holzfeuerungen etwas ändern. UMWELTDATEN BRANDENBURG 2006 125
dingte leichte Erhöhung auf 0,42 eingestellt, die in • Luftverunreinigungsindex gleichen Anteilen verstärkten PM10-Schwebstaub- Als Kennzeichen für die Dauerbelastung durch meh- und O3-Immissionen zuzuschreiben war. rere gleichzeitig einwirkende Luftverunreinigungen verwendet das LUA Brandenburg seit langem einen Nach einer bundesweit angewandten Klassifikation Index, der auf den jeweils aktuellen Grenzwerten für können Indexwerte zwischen 0,25 und 0,50 einer den Jahresmittelwert (hier: SO2, NO2, PM10- mittleren Belastungsstufe zugeordnet werden. Dieser Schwebstaub gemäß 22. BImSchV) sowie in Über- generelle Belastungsrückgang dokumentiert in kom- einstimmung mit der Praxis anderer Bundesländer für primierter Form anschaulich (auch anhand der deut- Ozon auf dem Zielwert der gleitenden 8h-Mittelung lich reduzierten Index-Spannweiten) die flächen- von 120 µg/m3 (33. BImSchV) beruht. deckenden Verbesserungen der Luftqualität in Bran- denburg an ausgewählten TELUB-Messstellen. Im Die so kompakt in einer Kenngröße analysierte lan- Detail vermittelt die Abbildung des Index an ausge- desweite Immissionssituation zeigt seit 1993 eine sig- wählten TELUB-Messstellen, dass die aktuelle Im- nifikante Belastungsabnahme von Werten über 1,0 missionssituation im Norden des Landes (und selbst- (gleichzusetzen mit einer nahezu flächendeckenden verständlich in den wenig belasteten Naturräumen) Überschreitung heutiger Grenzwerte im Zusammen- noch erkennbar besser als in Süd- und Ostbranden- wirken mehrerer Luftschadstoffkomponenten) auf 0,4 burg sowie im berlinnahen Raum ist. Allerdings be- im Jahr 2001 (Abb.). Seitdem hatte sich zumindest trägt der Unterschied zwischen Senftenberg und Wit- zwischenzeitlich bis 2003 eine meteorologisch be- tenberge nur 0,13 Indexpunkte und belässt alle Orte in derselben Luftqualitätskategorie. Mittlerer Luftverunreinigungsindex (Jahresmittel für Brandenburg) 1.4 Stand und Entwicklung der Emissionen ausgewählter Luft- schadstoffe Die Emissionen der „klassischen“ Luftschad- stoffe Schwefeldioxid, Stickstoffoxide und Staub be- finden sich im Land Brandenburg seit der Jahrtau- sendwende etwa auf dem Niveau der Altbundes- länder. Trotz der erreichten Fortschritte beim Rückgang der Belastung der Luft mit diesen Schad- Luftverunreinigungsindex an ausgewählten TELUB-Messstellen 2005 stoffen gilt es zunehmend Maßnahmen zu realisie- ren, die die Auswirkungen von Treibhausgasen, ver- sauernden und eutrophierenden Schadstoffen und Ozonvorläufersubstanzen, Schwermetallen und per- sistenten organischen Schadstoffen eindämmen und die Belastung der Luft mit feinen Stäuben, die ein ho- hes Risiko für Leben und Gesundheit bergen, wir- kungsvoll zu vermindern. Die Bundesregierung hat 2003 ein nationales Pro- gramm zur Einhaltung der in der RL 2001/81/EG (NEC-RL) festgelegten nationalen Emissionshöchst- mengen bis 2010 zur schrittweisen Verminderung der Luftbelastung in Europa bis zur Einhaltung der so ge- nannten kritischen Belastungswerte für Versauerung und Eutrophierung von Ökosystemen und bodenna- hes Ozon vorgelegt. Die NEC-Richtlinie begrenzt die jährlichen natio- nalen Gesamtfrachten auf 520 kt SO2, 1051 kt NOX, 550 kt NH3 und 995 kt flüchtige Nichtmethan-Kohlen- wasserstoffe (NMVOC), die ab 2010 nicht mehr über- schritten werden dürfen. 126 FACHARTIKEL Technischer Umweltschutz
Emissionen 2004 nach Emittentengruppen (kt/a) Schwefel- Staub davon Stickstoff- Ammoniak Flüchtige dioxid [SO2] Feinstaub oxide [NH3] Nichtmethan- (PM10) [NOx] kohlenwasser- stoffe [NMVOC] Genehmigungsbedürftige Anlagen 39,5 3,7 2,4 35,5 2 3,1 Nicht genehmigungs- bedürftige Anlagen 2,3 0,2 0,2 3,7 k. A. 3,6 Verkehr 0 2,4 2,4 27,6 0,4 6,7 Brandenburg gesamt 41,8 6,3 5 66,8 2,4 13,4 Entwicklung der Gesamtemission (kt/a) ausgewählter Luftschadstoffe Im Jahr 2004 ist im Vergleich zu 2000 im Land Bran- Einführung des Katalysators die Hauptemissions- denburg die SO2-Emission um 35 % und die Staub- quelle geworden. Von der Verordnung zur Begren- emission um 32 % gesunken. zung der Emission flüchtiger organischer Verbindun- gen bei der Verwendung organischer Lösemittel in Die PM10-Emission betrug 2004 5 kt. Die NOX-Emis- bestimmten Anlagen (31.BImSchV) vom 25. August sion verminderte sich um 12 %, wobei der Verkehr 2001, die europäische Vorgaben (RL 1999/13/EG) in den größten Beitrag zur Emissionssenkung lieferte. deutsches Recht umsetzt, sind Anlagen betroffen, in Die vergleichsweise hohe Senkung der SO2-Emis- denen der Lösemittelverbrauch bestimmte Schwel- sion wurde durch die Außerbetriebnahme alter Kraft- lenwerte überschreitet. Neuanlagen müssen die An- werkskapazität 2001 bei schrittweiser Inbetrieb- forderungen ab Inbetriebnahme erfüllen, Altanlagen nahme eines neuen Industriekraftwerkes (seit 1999) müssen die Anforderungen bis spätestens 31.Okto- in Schwedt/O. bewirkt. ber 2007 einhalten. Von der Verordnung sind auch zahlreiche kleine und mittlere Anlagen erfasst, für die Die Ammoniakemissionen, die fast ausschließlich es zuvor keine besonderen Anforderungen zur Be- aus landwirtschaftlichen Aktivitäten stammen, lagen grenzung der Kohlenwasserstoffemission gab. 2004 bei 2 kt. Die Daten von 2000 wurden nachträg- lich und auf anderer Berechnungsgrundlage korrigiert Die NMVOC-Emissionen werden derzeit in Branden- und sind somit mit früheren und den aktuellen nicht burg mit 13,4 kt ausgewiesen. Hier stellt der Verkehr unmittelbar vergleichbar. Die Emissionen aus der nach der Datenlage noch die größte Quellgruppe. Landwirtschaft insgesamt sind erfassungsbedingt Es muss allerdings angenommen werden, dass bis- höher als angegeben, da zahlreiche Tierhaltungsan- herige Abschätzungen der Gruppe der immissions- lagen infolge Anhebung der Leistungsgrenzen in der schutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anla- 4. BImSchV im Jahr 2000 nicht genehmigungsbe- gen zu gering ausfielen. Basis für die Berechnung dürftig und damit auch nicht erklärungspflichtig wa- der verkehrsbedingten Emissionen sind die Fahr- ren. leistungsabschätzung für das Land Brandenburg so- wie die sich jährlich verändernden Emissionsfaktoren Bei den Emissionen von NMVOC ist in der Bun- der Kfz je nach Emissionsminderungsstandard. desrepublik die Anwendung von Lösemitteln und lösemittelhaltigen Produkten nach dem starken Rück- Gab es von 1996 bis 2000 noch eine Zunahme in der gang dieser Emissionen aus dem Verkehr durch die Jahresfahrleistung, so ist diese von 2000 bis 2004 UMWELTDATEN BRANDENBURG 2006 127
leicht rückläufig gewesen. Die Durchdringung der die Aufstellung von Luftreinhalte- und Aktionsplänen Fahrzeugflotte mit Kfz, die der Abgasnorm Euro 2 und (§ 47 BImSchG) und definiert Verwaltungsgrundsätze Euro 3 genügen, führte deshalb von 2000 bis 2004 zu in Bezug auf den Umgang mit der Schadstoffquelle einem Rückgang bei den NOX-Emissionen um 21 % Straßenverkehr (§ 40 BImSchG). Die 22. Verordnung bzw. bei den NMVOC um 43 %. Die verbrennungsbe- zur Durchführung des BImSchG (22. BImSchV) be- dingten Partikelemissionen reduzierten sich in die- inhaltet die neuen EU-Grenzwerte [2]. Mit der so ge- sem Zeitraum um 22 %. Der zunehmende Bestand an nannten Luftqualitätsrahmenrichtlinie 96/62/EG [3] Diesel-Pkw führte zu dieser leicht gedämpften Ent- und ihren inzwischen vier „Tochterrichtlinien“ [4] wicklung. Die Partikelemissionen, die durch Aufwirbe- wurde das bis 1996 teilweise zersplitterte EG-Luft- lungs- und Abriebprozesse entstehen, sanken nur reinhalterecht systematisiert und harmonisiert. Die leicht in Analogie zur Fahrleistungsentwicklung. neuen EG-Luftqualitätsrichtlinien sind begrifflich und inhaltlich eng aufeinander abgestimmt; die Rege- Es ergab sich von 2000 bis 2004 bei den Partikele- lungsgegenstände folgen einem in der Rahmenricht- missionen insgesamt eine Reduzierung um 10 %. Die linie festgelegten Arbeitsprogramm, das die neuen Emissionen von SO2 sind durch die Betankung der Erkenntnisse der WHO aus der Wirkungsforschung Kfz mit schwefelarmem Kraftstoff, gemessen an den weitestgehend berücksichtigt. Leitgedanke ist dabei, Beiträgen anderer Quellen, zu vernachlässigen. die Luftqualität dort zu verbessern, wo es erforderlich ist, und eine Verschlechterung zu vermeiden, wo die Im Gebäudebereich wird ein großes Energieein- Luftqualität bereits als gut zu bezeichnen ist. sparpotential zur Erreichung von Klimaschutzzielen gesehen. Für Heizung und Warmwasserbereitung Hervorzuheben ist, dass das neue Luftreinhalterecht wird im bestehenden Wohnungsbestand fast dreimal schärfere Anforderungen als bislang stellt: Die Im- soviel Energie verbraucht, als nach der Energieein- missionsgrenzwerte beziehen sich auch auf kürzere sparverordnung (EnEV) für Neubauten vorgeschrie- Zeiträume (mit ihren Spitzenbelastungen bis hinab zu ben ist. Neben der Energieeinspargesetzgebung und einer Stunde) und die Wirkung von Schadstoffen wird der Förderung des Einsatzes von erneuerbaren Ener- stärker berücksichtigt, z.B. über den Einbezug fei- gien ist vor allem die Förderung energetischer Sa- ner Schwebstaubpartikel (PM10). Die Immissions- nierungsmaßnahmen im Gebäudebestand insbeson- grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesund- dere ab 01. Februar 2006 weiter verbessert worden. heit werden 2005 (PM10) bzw. 2010 (z.B. Stickstoff- Die Vergünstigungen betreffen Wohnraumsanie- dioxid NO2) wirksam und waren bzw. sind mit bis rungs- und -modernisierungsprogramme sowie „Öko- 31.12.2004 bzw. 31.12.2009 jährlich abschmelzen- logische Neubauprogramme“. den Toleranzmargen gekoppelt, die die Auswirkun- gen für die Übergangszeit abfedern sollen. Nach dem Im Zeitraum 2000 bis 2004 wird von einem weiteren Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom Mai Rückgang des Kohleeinsatzes als überwiegend 2004 sind diese Immissionsgrenzwerte in maßgebli- verwendete Energieträgerart zur Beheizung eines cher Weise kleinräumig (200 m2 Flächenrepräsen- Gebäudes ausgegangen. In den noch verbliebenen tanz bei straßenverkehrsbedingten Spitzenbelastun- Festbrennstoffheizungen ist jedoch von einer star- gen) einzuhalten. ken Zunahme des Holzeinsatzes auszugehen, wie auch von einem Anstieg des Verbrauchs von • Ausgangssituation bei der Erstellung von Luft- Holzbrennstoffen zur Verfeuerung in Kaminen, reinhalteplänen und Aktionsplänen in Branden- Kaminöfen und Heizkesseln (Pelletfeuerung, Hack- burg gutfeuerung, Stückholzkessel). Diese gelten als Hauptquelle für staubförmige Emissionen im Nach der Novellierung des BImSchG und der 22. Kleinfeuerungsanlagenbereich. Hinsichtlich des BImSchV liegen inzwischen gesicherte Erkennt- verstärkten Einsatzes von nachwachsenden Roh- nisse zur richtlinienkonformen Beurteilung der stoffen kommt der Feinstaubbegrenzung in der 1. Luftqualität und Erfahrungen aus dem Vollzug des BImSchV besondere Bedeutung zu. § 47 BImSchG im Land Brandenburg vor [5]. Aus- gehend von der durch das LUA erarbeiteten Beurtei- lung der Luftqualität ist festzustellen, dass in drei 1.5 Luftreinhalteplanung in Branden- Städten Brandenburgs Luftreinhaltepläne (LRP) gemäß § 47 (1) BImSchG notwendig wurden bzw. burg sind und aktuell zusätzliche zehn Aktionspläne Luftreinhalteplanung in Deutschland und damit (AP) gemäß § 47 (2) BImSchG schrittweise aufzu- auch im Land Brandenburg fußt im Wesentlichen auf stellen sein werden. der direkten Umsetzung der EG-Luftqualitätsricht- linien. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz Auslösende Überschreitungen von Immissions- (BImSchG) [1] regelt in den §§ 40 ff. insbesondere grenzwerten der 22. BImSchV sind im Wesentlichen 128 FACHARTIKEL Technischer Umweltschutz
PM10-Schwebstaub-Tagesmittelwerte (TMW) > 60 und Eberswalde; voraussichtlich weitere sieben µg/m3 (2003) bzw. > 50 µg/m3 (ab 2005) oberhalb der Städte in den Folgejahren) den Charakter von Stu- zugelassenen Überschreitungshäufigkeit von 35 Ta- fenplänen besitzen. gen. Die unmittelbaren Anforderungen des Immissions- Hauptanteile bei Situationen mit erhöhter PM10-Im- schutzrechtes sollen sich in Umweltentlastungskon- mission (TMW > 50 µg/m3) stellen die großräumige zepte und umweltverbessernde Planungen der Kom- mitteleuropäische Belastung, die in erheblichen munen integrieren lassen. Insbesondere sind die Um- Maße aus internationalem Feinstaub-Langstrecken- weltplanungen zur Lärmminderung und zur transporten bei ungünstigen meteorologischen Aus- Luftreinhaltung – soweit dies möglich und sinnvoll breitungsbedingungen (Inversionswetterlagen) ge- ist – miteinander zu verzahnen. Dadurch werden er- speist wird, und verkehrsbezogene Anteile dar. Die hebliche Kostenreduzierungen – vor allem mit der ab großräumige Hintergrundbelastung wird verstärkt 2008 beginnenden Aufstellung von Aktionsplänen zur durch die nationalen PM10-Emissionen aus Industrie Umsetzung der EG-Umgebungslärmrichtlinie – er- und Landwirtschaft und erreicht selbst an den ver- wartet, und es wird weiter dem Ansatz einer inte- kehrsexponierten Messstationen um die 50 %. Der grierten Betrachtung der Immissionsminderung ge- abgeschätzte verkehrsbedingte Immissionsanteil aus folgt. der Immission der betroffenen Straße liegt zwischen 25 und 45 %. Wirksame Maßnahmen zur PM10-Min- Die Maßnahmen zur Luftqualitätsverbesserung derung müssen daher sowohl lokal, regional als auch werden vom MLUV und LUA gemeinsam mit den deutschland- und EU-weit ergriffen werden. Kommunen sowie den für den Straßenverkehr zu- ständigen Stellen festgelegt. Der Regelfall ist die kom- Ohne die punktuelle Wirkung anderer Emittenten binierte Anwendung mehrerer Maßnahmen bis hin zu auszuschließen, ist die Hauptursache für die PM10- flächenhaften Verkehrsplanungen. Gerade bei dem Kurzzeitgrenzwert-Überschreitungen in den bran- Erfordernis, größere verkehrsplanerische, technische denburgischen Innenstädten dem motorisierten und bauliche Maßnahmen in geeigneter Weise mit- Straßenverkehr zuzuschreiben. einander zu verbinden, ist eine Planungstätigkeit im engeren Sinne (kommunale Fachpläne, wie z.B. Ver- Maßnahmen im Straßenverkehr werden deshalb in kehrsentwicklungspläne einschließlich Wirkungsana- den derzeit erarbeiteten LRP und AP eine zentrale lyse geplanter Maßnahmen) im Benehmen mit den Rolle spielen. Dabei werden mittels eines im LUA ent- betroffenen Kommunen und Verkehrsbehörden wickelten Screening-Verfahrens [6] nicht nur Städte zwingend notwendig. Grundsätzlich wird darauf orien- mit messtechnisch nachgewiesener Grenzwert- tiert, unter Berücksichtigung des Verhältnismäßig- überschreitung erfasst, sondern auch Kommunen keitsgrundsatzes zunächst verkehrsplanerische (> 5.000 Einwohner) mit einer wahrscheinlich zu erwar- und verkehrslenkende Maßnahmen zu ergreifen, tenden Anzahl von mehr als 35 TMW > 50 µg/m3 pro Jahr bevor der Kfz-Verkehr massiv beschränkt oder ver- an den Punkten höchster Immissionsbelastung. boten wird. • Planerischer Ansatz für die Umsetzung des § 47 Es ist darauf hinzuweisen, dass gerade bei den rela- BImSchG in Brandenburg tiv kleinen brandenburgischen Städten, die massiv vom überregionalen Durchfahrtsverkehr betroffen In Übereinstimmung mit bundesweit koordinierten sind, der Neubau von Umgehungsstraßen in Kom- Überlegungen zur Gestaltung von Maßnahmeplänen bination mit einem Rückbau der ehemaligen Orts- [7] geht das Land Brandenburg von einer weitgehen- durchfahrten zu spürbaren Entlastungen führen kann den Ähnlichkeit der für Luftreinhaltepläne einer- [8]. seits und Aktionspläne andererseits zu ergreifen- den Maßnahmen aus. Insbesondere soll statt auf • Aktionspläne als Instrument der Luftreinhalte- mitunter durchaus öffentlichkeitswirksamen, aber oft planung ab 2005 [9] kontraproduktiv wirkenden Aktionismus verzichtet werden. Eher ist auf solche Maßnahmen zu orientie- – Notwendigkeiten ren, die zwar aufgrund der planerischen, technischen Basierend auf der vom LUA Brandenburg durchge- und finanziellen Vorbereitung eher langfristig umzu- führten Beurteilung der Luftqualität ist davon auszu- setzen sind, aber zumindest kurzfristig schrittweise gehen, dass in brandenburgischen Ober- und Mittel- realisierbar erscheinen und zur dauerhaften Grenz- zentren sowie weiteren Kommunen über 5.000 wertunterschreitung in problematischen Bereichen Einwohner ab dem Jahr 2005 weiterhin Überschrei- führen. Die in Aktionspläne übergehenden Luftrein- tungen des Kurzzeit-Grenzwertes der PM10- haltepläne von 2006 werden deshalb wie die künfti- Schwebstaub-Immission gemäß 22. BImSchV auf- gen Aktionspläne selbst (Potsdam, Brandenburg/H treten (d.h. mehr als 35 Überschreitungen des TMW Literatur Seite 213 UMWELTDATEN BRANDENBURG 2006 129
von 50 µg/m3 im Kalenderjahr). Nach § 47 (2) BIm- wie z.B. die Beurteilung der Immissionssituationen, SchG sind in den betroffenen Gebieten wegen der die Feststellung von Orten mit Grenzwertüberschrei- Gefahr der Grenzwert-Überschreitung Aktionspläne tungen und die Analyse relevanter Quellen ohnehin aufzustellen. In AP werden möglichst kurzfristig zu nur durch die zuständige Landesfachbehörde in der ergreifende Maßnahmen festgelegt. Als Handlungs- vom Gesetzgeber geforderten Tiefe und Genauigkeit plan städtischer Stellen verpflichtet er die Zuständi- landesweit einheitlich vorzunehmen bzw. ist bei der gen den Plan umzusetzen, was über Eingriffe, För- Einbeziehung externer Sachverständiger die Qua- derungen, Empfehlungen, vertragliche Lösungen litätssicherung zu betreiben. und Planungen geschehen kann. Für die zu ergreifenden Maßnahmen sind – nicht zu- Grundsätzlich kommen als Verursacher der PM10- letzt aus Kostengründen – die verkehrlichen Not- Immissionsbelastung der Verkehr, die Industrie, das wendigkeiten sowie wichtige städtebauliche, wirt- Gewerbe und öffentliche Einrichtungen, private schaftliche und soziale Belange bereits bei der Auf- Haushaltsfeuerungen sowie die Landwirtschaft in- stellung der Pläne angemessen zu berücksichtigen. frage. Als Hauptursache ist deutschlandweit der mo- Nach Aufstellung des Aktionsplanes sind dessen torisierte Straßenverkehr in den Innenstädten an- Festlegungen für die öffentliche Hand verpflichtend. zusehen; die punktuelle Wirkung anderer Quellen ist jedoch in jedem Einzelfall zu prüfen. Die höchsten Ergänzend ist festzuhalten, dass in Gebieten mit Im- PM10-Immissionen sind an stark befahrenen Inner- missionsbelastungen unterhalb der Grenzwerte der orts-Straßen mit beidseitig weitgehend geschlos- 22. BImSchV die bestmögliche Luftqualität in Ein- sener Bebauung zu erwarten. Deshalb hatte das klang mit der Strategie einer dauerhaften und um- LUA einen Kriterienkatalog erarbeitet, um in Abhän- weltgerechten Entwicklung (§ 50 BImSchG) zu erhal- gigkeit von Einwohnerzahl der Gemeinde, durch- ten ist. Deshalb verbieten sich auch kleinteilige schnittlichem täglichem Verkehrsaufkommen, Schwer- straßenverkehrliche „Problemlösungen“ zur Unter- verkehrsaufkommen und Straßenrandbebauung in bietung von Grenzwerten, die über Verdrängungsef- einem Screening-Verfahren die Orte höchster erwar- fekte die hohe Immissionsbelastung nur verlagern. teter Belastung zu identifizieren, da repräsentative Für Brandenburg haben integrierte planerische An- 1-Jahresimmissionsmessungen nur schrittweise vor- sätze für Luftreinhaltung/Lärmminderung/Verkehrs- genommen werden können. entwicklung, die das Stadtgebiet als Ganzes be- trachten, Vorrang. Der Spielraum für PM10-immissionsmindernde Maß- nahmen lokalen und regionalen Charakters ist relativ – Maßnahmenkatalog zur Reduzierung der PM10- begrenzt, da PM10-Ferneintrag (einschließlich aus Schwebstaubbelastung gasförmigen Vorläufer-Luftschadstoffen entstande- Die Aktionsplan(AP)-Maßnahmen müssen geeignet nen Sulfaten und Nitraten) einen hohen Anteil der in- sein, die Gefahr der Grenzwert-Überschreitung er- nerstädtischen PM10-Konzentrationen ausmacht. heblich zu reduzieren oder die Überschreitungsdauer Trotzdem muss der vorhandene lokale Spielraum deutlich zu verkürzen (§ 47 (2) BImSchG). Die Maß- verantwortungsbewusst genutzt werden. nahmen müssen auch so lange wirksam bleiben, wie die Gefahr der Grenzwert-Überschreitung – ohne die – Zuständigkeiten entsprechend ergriffenen Maßnahmen – fortbesteht. Entsprechend der Immissionsschutzzuständig- Insofern zeigt sich hier ein deutlicher Unterschied zu keitsverordnung Brandenburg ist das MLUV für die den zeitlich befristeten und an austauscharme Wet- Aufstellung von Luftreinhalteplänen – und damit auch terlagen von wenigen Tagen Dauer gebundenen von Aktionsplänen – zuständig. Durch ministeriellen Maßnahmen im Zusammenhang mit früheren Win- Erlass ist die Federführung für diese Aufgabe dem tersmogsituationen. Es erscheint uns sinnvoll, auch LUA übertragen worden. In jeder betroffenen Kom- solche Maßnahmen in Aktionspläne zu integrie- mune wird eine begleitende Arbeitsgruppe einge- ren, die zwar erst langfristig umsetzbar, dafür in richtet, in der seitens der Stadtverwaltung die Fach- einem Stufenprozess sehr schnell begonnen wer- gebiete Umwelt (federführend), Stadtentwicklung, den können. Basis aller im AP abzuleitenden immis- Stadtplanung (Verkehrsplanung), Tief- und Straßen- sionsmindernden Aktivitäten hinsichtlich PM10- bauamt und die untere Straßenverkehrsbehörde be- Schwebstaub sind Emissionserhebungen für das teiligt sind. Gemeinsam werden die erforderlichen vorgesehene Gebiet (§ 46 BImSchG), das im We- Maßnahmen von MLUV, LUA, Stadt und externem sentlichen durch die Gemeindegrenze definiert wird Planer festgelegt. und den eigentlichen lokalen Bereich mit Grenzüber- schreitung umschließt. Beim Erstellen des AP ist fol- Dieses Vorgehen, das die Kommunen fachlich und fi- gendes zu berücksichtigen: nanziell entlastet, garantiert auch ein landesweit ein- heitliches Vorgehen. So sind wesentliche Aufgaben, – Festlegung der Maßnahmen anteilig gegenüber 130 FACHARTIKEL Technischer Umweltschutz
allen Emittenten entsprechend ihrem Emissions- 1.6 Stand der Umsetzung von drei anteil, der zur Grenzwertüberschreitung beiträgt (§ 47 (4) BImSchG), Luftreinhalteplänen in Branden- – Abschätzung/Quantifizierung der zu erwartenden burg Immissionsminderung, Seit dem 01.01.2005 sind die Grenzwerte der 22. – Beteiligung der Öffentlichkeit und der Verursacher BImSchV [2] für PM10-Schwebstaub verbindlich. Der bei der Maßnahmeplanung (§ 47 (5) BImSchG). Handlungsbedarf für die Aufstellung von Luftreinhal- teplänen in Brandenburg ergab sich auf der Grund- Beim Kfz-Verkehr ist zu berücksichtigen, dass er nicht lage der Richtlinie 1999/30/EG [3] und des § 47 BIm- nur direkte Abgasemissionen von spezifischen Parti- SchG [1] aus den gemessenen Überschreitungen keln (u.a. Ruß) von Diesel-Kfz sowie von unspezifi- des Kurzzeitgrenzwertes (Tagesmittelwert) für PM10- schen Partikeln von Kfz mit Otto-Motoren (u.a. Alt- Schwebstaub im Kalenderjahr 2003. Zu diesem Zeit- fahrzeuge ohne Katalysator) hervorruft, sondern punkt betrug der zulässige Tagesgrenzwert (Grenz- auch Verursacher von Staubaufwirbelungen und Ab- wert plus Toleranzmarge) 60 µg/m3. Seit 2005 gilt der rieb (Straße, Bremsen, Kupplungsbeläge, Reifen) ist. Kurzzeitgrenzwert von 50 µg/m3, der im Kalenderjahr Insgesamt muss das größere Minderungspoten- weiterhin maximal 35-mal überschritten werden darf. tial stets die Maßnahmenauswahl bestimmen, Der gültige Jahresmittelwert (Langzeitwert über ein wobei Maßnahmenkombinationen zu prüfen sind. Kalenderjahr) liegt seit 2005 bei 40 µg/m3. Ausgehend von wenigen und leicht überwachbaren Maßnahmen ist im Straßenverkehr ein hoher Befol- gungsgrad notwendig. Die Maßnahmen sind beizu- • Umfang und Vorgehensweise behalten, bis sichergestellt ist, dass die Gefahr der Überschreitungen des Kurzzeitgrenzwertes wurden Grenzüberschreitung mit hoher Wahrscheinlichkeit im Jahre 2003 in Cottbus, Frankfurt(O) und Bernau auf Dauer ausgeschlossen werden kann. Dabei ist an verkehrsnahen Messstellen des Luftgütemessnet- eine sorgfältige messtechnische Überwachung als zes des Landesumweltamtes gemessen. Erfolgskontrolle unumgänglich. Für die drei genannten Städte wurde im Oktober 2004 • Vorteil einer kombinierten Luftreinhalte- und im Auftrag des MLUV als zuständiger Landesbehörde Lärmminderungsplanung durch externe Verkehrsplanungsbüros unter fachli- cher und organisatorischer Begleitung einer LUA-in- Das LUA hat die Beurteilung der Luftqualität für das ternen Arbeitsgruppe "Stadtverträglicher Verkehr" mit Land Brandenburg unter Berücksichtigung vorliegen- der Aufstellung der Luftreinhaltepläne begonnen. der Messungen, Modellrechnungen und ergänzender Im Rahmen der Sachstandsanalysen wurde sehr statistischer Berechnungen nach einem auf bran- schnell erkannt, dass neben den Industrie- und Haus- denburgische Verhältnisse angepassten aufwands- brandemissionen vor allem der motorisierte Straßen- reduzierten Verfahren durchgeführt. Für die in diesem verkehr als Hauptverursacher von PM10-Schweb- Screening-Verfahren identifizierten Straßenab- staub (Motoremission; Abrieb an Fahrbahn, Reifen, schnitte in brandenburgischen Städten, in denen Bremsen und Kupplung; Aufwirbelungen von eine Überschreitung des Kurzzeitgrenzwertes für Straßenstaub) innerstädtisch infrage kommt. PM10-Schwebstaub zu erwarten ist, hat das LUA auch die Verkehrslärmbelastung untersucht, soweit Ziel der Luftreinhalteplanungen war es deshalb von vom LUA ausgefertigte Schallimmissionspläne vorla- Anfang an, ein Konzept zu entwickeln, das in die je- gen. weilige städtische Planungslandschaft passt, als Teil einer umweltfreundlichen, gesamtstädtischen Ver- Das Ergebnis ist eindeutig: Die Straßenabschnitte kehrsentwicklungsplanung angenommen wird und mit starker PM10-Belastung sind auch stark lärm- die Maßnahmen aus den Luftreinhalteplänen belastet. Es kann also auch kleinräumig von einem tatsächlich akzeptiert und zielstrebig umgesetzt wer- engen Zusammenhang von notwendiger Lärm- und den. Die wesentlichen Aufgaben bestanden in der Luftschadstoffminderung ausgegangen werden. Ins- gesamt gesehen, sprechen gewichtige Gründe dafür, – Erstellung bzw. Kalibrierung eines Verkehrsmo- Luftreinhalteplanung und Lärmminderungspla- dells zur Modellierung der Verkehrsentstehung nung im Zusammenhang zu gestalten [10]. und Verkehrsumlegung (straßenbezogene Ver- kehrsaufteilung), – Berechnung der Immissionsbelastung, – Aufstellung von Maßnahmen, die mittelfristig (2010) die sichere Einhaltung der Grenzwerte ge- währleisten, – Abschätzung der Wirkung der vorgeschlagenen Literatur Seite 214 UMWELTDATEN BRANDENBURG 2006 131
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