Good Translational Practice - Welche Hebel senken das Risiko im Innovationsprozess? - EY

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Good Translational Practice - Welche Hebel senken das Risiko im Innovationsprozess? - EY
Good Translational
Practice
Welche Hebel senken das Risiko
im Innovationsprozess?
Deutscher Biotechnologie-Report 2020
Good Translational Practice - Welche Hebel senken das Risiko im Innovationsprozess? - EY
Impressum

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Die Zahlenangaben und Informationen basieren auf
Daten, die im Rahmen einer Primärdatenerhebung
und einer Sekundärdaten­recherche von relevanten
­Unternehmen ermittelt wurden. Die in diesem Report
 wiedergegebenen qualitativen und quantitativen
 ­Einschätzungen wurden mit hoher Sorgfalt ermittelt,
  ­jedoch übernimmt der Herausgeber keine Haftung
   für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben.

Ernst & Young GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Theodor-Heuss-Anlage 2, 68165 Mannheim

Dr. Siegfried Bialojan
Executive Director, Life Sciences Center Mannheim
Telefon +49 621 4208 11405
siegfried.bialojan@de.ey.com

April 2020

Layout und Produktion:
CPoffice Bietigheim-Bissingen, Sabine Reissner

2   | Deutscher Biotechnologie-Report 2019 Vorwort
Good Translational Practice - Welche Hebel senken das Risiko im Innovationsprozess? - EY
Good Translational Practice (GTP)

Vorwort
Innovationen Vorschub geben durch
professionelle Translation                              4

1 Perspektive
„Innovationspotenziale besser nutzen“
weiterhin ganz oben auf der Prioritätenliste 8
Innovation und Risiko — zwei untrennbare
Seiten einer Medaille                                  10
Professionelle Translation als zentraler Stellhebel?   12
Translationseinrichtungen in Deutschland
im Vergleich                                           24
Aktivitäten anderer Stakeholder der Translation        28
Ökosystem Translation                                  39

2 Kennzahlen
Branchenkennzahlen setzen positiven Trend fort 42
Transfer, Translate, Transform — die 3 T für
erfolgreiche Cluster/BioRegionen                       45
Deutschland mit Biotechnologie wettbewerbs-
                                                            Weitere Informationen finden Sie unter
fähiger machen                                         48
                                                            www.de.ey.com/lifesciences

3 Finanzierung
Zahlen und Fakten Deutschland 52
Zahlen und Fakten Europa                               58
Zahlen und Fakten USA                                  63

4 Transaktionen
Allianzen Deutschland 68
Allianzen Europa und USA                               71
M&A Europa und USA                                     74

Methodik und Definitionen                              76

Danksagung                                             77
Good Translational Practice - Welche Hebel senken das Risiko im Innovationsprozess? - EY
Vorwort

                       Innovationen Vorschub
                       geben durch professionelle
                       Translation
                        Die Biotechnologie ist weltweit als Innovationsmotor anerkannt. Doch insbesondere in Deutsch-
                        land, wo gerade die Naturwissenschaften einen ausgezeichneten Ruf genießen und durch ein breit
                        angelegtes staatliches Fördersystem auch exzellente Forschungsergebnisse als Sprit für diesen
                        Motor produzieren, scheint dieser zu stottern. Zu wenig PS der Forschungsaktivitäten kommen
                        ­effektiv auf die Straße. Gerade die gegenwärtige Corona-Krise verdeutlicht, wie wichtig es ist,
                         hilfreiche Ansätze effizient und schnellstmöglich zum Patienten zu bringen, und auch hier gibt es
                         ­gerade in Deutschland einige Potenziale.

                        Der aktuelle Report behandelt aber explizit nicht die konkreten Ansatzpunkte der Biotechnologie
                        in Deutschland zur Bekämpfung von Covid-19. Vielmehr geht es hier um grundsätzliche Hebel, die
                        innovative Ideen zu wertschöpfenden Innovationen führen können.

                        Das Thema „Innovation“ stand schon in den letzten Jahren meist im Zentrum unserer Reports. Wir
                        hatten dazu auch in einer „Innovationsgleichung“ die Hebel beschrieben, die den schwächelnden
                        Motor wieder in Schwung bringen könnten: gute Ideen besser in kommerzielle Entwicklungen
                        umzusetzen, ein neues Mindset für unternehmerisches Handeln zu generieren und vor allem die
                        Eigenkapitalseite entscheidend zu stärken.

                        Gerade der letzte Faktor, „Eigenkapital“, stand immer sehr stark im Fokus unserer Diskussionen mit
                        Industrievertretern, Investoren und der Politik. Sicherlich berechtigt — aber wir dürfen auch nicht
                        die anderen Faktoren aus dem Auge verlieren.

                        Immer wieder haben wir betont, dass nicht die Verfügbarkeit von Eigenkapital das Hauptproblem
                        ist, sondern vielmehr die nicht stattfindende „Allokation“ in den Life-Sciences-Sektor. Hierfür aber
                        gezielte Rahmenbedingungen zu schaffen gelang bisher nicht.

                        Eine aktuelle Studie von EY aus dem Frühjahr 2020 (EY Start-up-Barometer 2020; https://start-
                        up-initiative.ey.com/en/) zeigt dies überdeutlich: Von den insgesamt 6,2 Mrd. € an Risikokapital für
                        deutsche Start-ups wurden nur 1,5 % in Biotech investiert — ein extremes Ungleichgewicht der
                        Kapitalallokation.

                        Ein Blick hinter die Verteilung klärt auf: Das Gros der Investitionen geht vornehmlich in Bereiche,
                        ­deren Risikoprofile im Vergleich zu Biotech signifikant niedriger liegen und in denen auch geringerer
                         Kapitalbedarf und kürzere Zeitverläufe für die Produktentwicklungen die Regel sind. Muss man also
                         nicht vielmehr an der Risikoschraube drehen, um dem Allokationsungleichgewicht beizukommen?
                         Und wo im komplexen Innovationsgetriebe sitzt diese Schraube?

                        Dies ist die Kernfrage, der dieser aktuelle Report mit dem Titel „Good Translational Practice“
                        ­vertieft nachgeht.

                        Als Komponente des Faktors Forschung bzw. Idee war Translation ja bereits in der Innovations­
                        gleichung enthalten und wir hatten einige Beispiele für professionelle Translation schon in der
                        ­Vergangenheit erwähnt. Möglicherweise muss dieser Komponente aber eine größere Bedeutung

4   | Deutscher Biotechnologie-Report 2019 Vorwort
Good Translational Practice - Welche Hebel senken das Risiko im Innovationsprozess? - EY
z­ uteilwerden. Könnte nicht die professionell begleitete Umsetzung von Lösungsideen aus der
 ­Forschung die Risiken des Scheiterns von Projekten reduzieren, damit zugleich die Chancen für
  ­Finanzierung erhöhen (geringeres Finanzierungsrisiko) und am Ende sicherlich auch durch die
   ­Herabsetzung des unternehmerischen Risikos die Gründungsdynamik neu anfachen?

Wir haben vor diesem Szenario einige etablierte und projektierte Translationseinrichtungen in
Deutschland unter die Lupe genommen. Wo setzen sie an? Was sind ihre Translationshebel, um
­Projekte besser zu entwickeln und für die kommerzielle Weiterentwicklung zu „maturieren“?
 Was sind ihre „Exit“-Ziele und bewirken sie tatsächlich auch Bewegung in der Gründungsdynamik?

Neben diesen „Hands-on“-Inkubatoren für wissenschaftliche Ideen und Start-ups haben aber noch mehr
„Stakeholder“ das Thema Translation stärker in ihren Fokus gerückt: Investoren — vor allem ­Corporate-
Venture-Fonds und Frühphasengeldgeber — erkennen die Bedeutung von professionellem „Company
Building“, Tech-Transfer-Organisationen sehen Vorteile in professionellen Start-up-Inkubatoren
und selbst die Politik denkt neu über eine konkrete Stimulierung der professionellen Translation nach.

Gibt es also möglicherweise ein aktives „Momentum“ als Fremdstarter für den stotternden Inno­vations­
motor Biotech?

Risikoreduzierung ist sicherlich gerade auch in der aktuellen SARS-CoV-2-Pandemie ein relevantes
Thema. In unsicheren Zeiten scheut man Risiko umso mehr. Die im Report angesprochenen Trans-
lationsthemen greifen allerdings zu einem viel früheren Zeitpunkt ein als die ad hoc wirklich erfor-
derlichen Maßnahmen für eine Beschleunigung der klinischen Entwicklung und regulatorischen Hand-
habung von dringend benötigten Therapeutika und Diagnostika. Hier stehen etablierte Firmen an
vorderster Front; neue Ideen und die effiziente Umsetzung innovativer Ideen werden zeitlich deutlich
später zum Tragen kommen.

Neben der o. a. Studie „Start-up-Barometer“ vertiefen wir im internationalen Kontext weiter die Kern-
fragen der Industrietransformation im digitalen Zeitalter, die auch alle Life-Sciences-Unternehmen
von Pharma über Medtech und Biotech bis hin zu Gesundheitsanbietern betreffen und dort sehr unter-
schiedlich umgesetzt werden. Richtunggebend sind hierfür unsere Studien „Progressions 4.0“ und
„Pulse of the Industry“ sowie die Perspektiven für eine Transformation des Transaktionsgeschehens
im „Firepower Report“.

Mit diesem Vorausblick hoffe ich, dass Ihnen die vorliegende Studie hilfreiche Anregungen liefert,
und freue mich auf den Dialog mit Ihnen.

Dr. Siegfried Bialojan, EY Life Sciences Center Mannheim

                                                                                Deutscher Biotechnologie-Report 2019 Vorwort |   5
Good Translational Practice - Welche Hebel senken das Risiko im Innovationsprozess? - EY
Perspektive

6   | Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive
Good Translational Practice - Welche Hebel senken das Risiko im Innovationsprozess? - EY
�
    Innovation und Risiko —
    zwei untrennbare Seiten
    einer Medaille
    Eigenkapitalverfügbarkeit in anderen
    Sektoren wie Mobility und IT weist
    darauf hin, dass die Allokation sehr
    viel direkter von den Risikoprofilen
    der jeweiligen Branchen abhängt. Ins-
    besondere im Biotech-Bereich be­darf
    es effektiver Stellhebel, die an den
    Entwicklungs-, Finanzierungs- und
    unternehmerischen Risiken an­setzen.

    Professionelle Translation
    als zentraler Stellhebel?
    Professionelle Translation senkt als
    Katalysator die „Aktivierungsener-
    gie“ für die Überwindung der Risiko-
    hürden. Aktuelle Ansätze stellen
    sich dem Vergleich: Inkubatoren, die
    akademische Ideen identifizieren,
    validieren und nach industriellen Maß-
    gaben maturieren, sowie solche, die
    etablierte Start-ups bei der Überset-
    zung ihrer Projekte in kommer­zielle
    Assets unterstützen.

    Auch Investoren und Tech-Trans­fer-
    Organisationen verfolgen als „Company
    Builder“ die Risiko­reduzierung und
    Übersetzung wissenschaftlicher Ideen.

    Ökosystem Translation
    Der Erfolg aller Translationsbemühun-
    gen kann nur gelingen, wenn die be-
    teiligten Parteien gemeinsam in e
                                    ­ inem
    konsistenten „Ökosystem Translation“
    zusammenfinden.

      Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive |   7
Good Translational Practice - Welche Hebel senken das Risiko im Innovationsprozess? - EY
„Innovationspotenziale besser
nutzen“ weiterhin ganz oben
auf der Prioritätenliste

Das zentrale Kernthema in den EY Biotech-Reports der                      sicherlich den F&E-fokussierten Unternehmen direkt, wenn-
letzten Jahre betraf immer wieder die signifikante Diskre-                gleich in einem doch eher bescheidenen Umfang mit Blick
panz zwischen den unbestritten großen Potenzialen der                     auf die maximale Förderung von 500.000 € pro Unterneh-
akademischen Forschung in den Naturwissenschaften und                     men. Gerade im Biotech-Sektor, wo vor allem im Therapeu-
dem unbefriedigenden „Outcome“ an Innovationen, die als                   tikabereich hohe Kosten für die Entwicklung innovativer
volkswirtschaftliche Wertschöpfung am Markt ankommen.                     Produkte die Regel sind, sind dies keine entscheidenden
                                                                          Hebel, um die Unternehmen existenziell zu unterstützen.
Insofern war die Zielsetzung unserer Studien immer, Wege                  Darüber hinaus ist hieraus auch nicht ohne Weiteres ein
aufzuzeigen und im Detail zu diskutieren, wie man dieser                  relevanter Effekt auf die Finanzierungssituation durch
sich immer weiter öffnenden Schere Einhalt gebieten könnte.               Eigenkapitalinvestoren abzuleiten.

Innovationsgleichung als Hebel für Verbesserungs­                         Bei den wichtigeren steuerlichen Anreizen für Anleger in
ansätze — aber: Lag der bisherige Fokus zu stark auf                      ­Beteiligungen — unser Fokus zur Ankurbelung des Kapital-
Kapitalzugang?                                                             ökosystems — waren die Fortschritte eher dürftig. Die
Wenngleich die Faktoren der bereits vor zwei Jahren ein-                   Hoffnungen der Branche wurden allerdings durch eine Ver-
geführten „Innovationsgleichung“ alle schon beschrieben                    lautbarung des Bundesfinanzministers im Oktober 2019
wurden, hatte doch immer ein starker Fokus auf der Ver-                    zerschlagen, in der stattdessen eine höhere Besteuerung
fügbarkeit von Eigenkapital und auf den Unzulänglichkeiten                 von Gewinnen aus Aktienanlagen im Rahmen der Trans­
des Finanzierungsökosystems in Deutschland gelegen.                        aktionssteuer ins Auge gefasst wurde — mit dem Argument,
Trotz vielfacher Initiativen und konkreter Vorschläge zur                  dass dies bei der geringen Aktienquote der Bundesbürger
proaktiven Förderung von Eigenkapitalanlagen sind die                      ohnehin nur wenige „begüterte“ Personen betreffe. Für das
Fortschritte an dieser Front eher bescheiden geblieben.                    Bemühen der Branche, einen „Mindset Change“ herbei­
                                                                           zuführen und die zielgerichtete Innovationsförderung über
Immerhin wurde im November 2019 zumindest ein Haupt-                       eine breite Finanzierung — u. a. durch Aktien — sicher­
anliegen der Protagonisten umgesetzt, indem die lange                      zustellen, war diese Entscheidung eher hinderlich. Entspre-
geforderte steuerliche F&E-Förderung umgesetzt wurde.                      chend blieb auch die Kritik an diesem Vorschlag nicht aus.
Das Gesetz trat Anfang 2020 in Kraft. Hier ist sogar eine
Ausgestaltung gelungen, von der vor allem kleinere und mitt-              In Gesprächen mit der Politik kristallisierte sich heraus,
lere, innovationsaktive Unternehmen profitieren. Ebenso                   dass viele bei solchen Anreizsystemen die Gefahr gewisser
entspricht die Einbeziehung von Auftragsforschungsaktivi-                 „Skandalisierungsrisiken“ sahen, wenn sich z. B. einzelne
täten für die Förderberechtigung explizit der Realität in                 Berufsgruppen mit Beteiligungen an ihnen inhaltlich
vielen KMU des Biotech-Sektors und wurde auch aufgrund                    nahestehenden Unternehmungen engagieren und dafür
konkreter Forderungen seitens BIO Deutschland mit auf­                    belohnt werden sollten.
genommen. Konkret werden laut Gesetzestext Lohnaufwen-
dungen für forschendes Personal (in beantragten Projek-                   Immerhin gab es auch hier Lichtblicke: Ein Papier der CSU-
ten) sowie Auftragsforschungskosten berücksichtigt, in Form               Landesgruppe im Bundestag sieht vor, dass Aktienanleger
einer Forschungszulage von 25 % und einer maximalen                       nach einer Haltefrist von fünf Jahren von der Kapitalertrag-
Bemessungsgrenze von 2 Mio. €. Diese Regelungen helfen                    steuer befreit werden sollen — ein zumindest in die richtige

      Innovation
                                    =                    Forschung/Idee
                                                                            ×          Unternehmertum
                                                                                                           ×            Kapital

8   | Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive
Good Translational Practice - Welche Hebel senken das Risiko im Innovationsprozess? - EY
Venture Capital Investments in deutsche Start-ups — Gesamtvolumen in Mio. € und Branchenzuordnung
Quelle: EY Start-up-Barometer Januar 2020                                         2019            2018

                                                                                                                                           1.605
                                                                  Mobility                  407
                                     +36 %
                                                                                                                                1.316
                                                        FinTech/InsurTech                             676
                                                                                                                          1.221
                                                      Software & Analytics                            671
                                            6.228
                                                                                                         730
                                                              eCommerce                                                                      1.658
                                                                                                475
                                                                   Health                 317
                                                                                    221
                                 4.592                            AdTech          136                                     Health
                      4.276                                                         167
                                                                PropTech            184
                                                                                                               Digital Health             181 (19)

                                                                               102
 3.306                                                          Hardware        147
                                                                                                                    BioTech             95 (22)

                                                                               96
                                                                  AgTech     29
                                                                                                                   MedTech              89 (20)

            2.276                                                  Energy     88
                                                                                                               Life Sciences       46 (6)
                                                                              99
                                                                             63
                                                    Media & Entertainment    73
                                                                                                                   Cannabis        37 (8)

                                                                             45
                                                             Recruitment     55
                                                                                                                     Fitness      8 (4)

                                                                             44
                                                     Professional Services    96
                                                                                                                        Care      5 (6)

                                                                             42
                                                                Education    43
                                                                                                                     Andere       15 (1)
  2015       2016      2017       2018      2019

Richtung gehender Vorschlag, der vor allem Spekulanten               Industriesegmente assoziiert ist und leider eher weniger
mit Kurzzeithorizont eher abhält und in der Tat Sparer zu            das vorhandene Wissenschaftspotenzial abbildet.
mehr Engagement in Aktien ermutigen soll.
                                                                     In das gleiche Horn stößt eine aktuelle Studie der KfW Ban-
Des Weiteren ist im selben Papier von einer „festverzinsten          kengruppe, die für das Jahr 2018 in Deutschland 70.000
Innovationsanleihe“ die Rede, die mit einem Festzins von             Start-ups mit einer jährlichen Zuwachsrate von 10.000 neu
2 % und einer Laufzeit von zehn Jahren aufzulegen wäre.              gegründeten Unternehmen aufführt. In derselben Ana-
Die eingenommenen Mittel sollen gezielt für Start-ups und            lyse werden 129.000 Gründer gezählt. Gibt es also doch
Innovationen in Schlüsseltechnologien investiert werden              ein „Mindset“ für Gründungen? Aber auch diese Aussagen
und dadurch ein „Kreislaufsystem“ mit attraktiven Ange-              passen nicht zur anhaltend stagnierenden Gründungs­
boten für Sparer und dem dringend benötigten Risikokapi-             dynamik im Biotech-Bereich in Deutschland und implizie-
tal für Start-ups schaffen. Es bleibt abzuwarten, wie weit           ren auch hier einen Zusammenhang mit entsprechenden
diese Diskussionsbeiträge im Laufe des Jahres 2020 in die            Risikobetrachtungen.
politischen Entscheidungsprozesse vordringen.
                                                                     Diese Zahlen führen zweifelsohne auch dazu, dass die bis-
Das EY Start-up-Barometer (https://www.ey.com/de_de/                 her geführte — vielleicht zu einseitige — Diskussion um
news/2020/01/ey-start-up-barometer-januar-2020) mit                  verbesserte Rahmenbedingungen für mehr Eigenkapital-
einem Überblick über die VC-Finanzierung von Start-ups in            verfügbarkeit oft ins Leere läuft. Wenn doch die o. a. Sta-
verschiedenen Branchen in Deutschland zeichnet im Übri-              tistiken mit so positiven Zahlen für die Eigenkapitalver-
gen ein überaus positives Bild für den Eigenkapitalzugang            fügbarkeit und auch für die Gründungsdynamik glänzen,
für Start-ups in Deutschland — mit 6,2 Mrd. € über alle              kann es ja nicht an den Rahmenbedingungen am Standort
Branchen hinweg ein neuer Rekord für das Jahr 2019.                  Deutschland liegen! Zumindest erschweren diese Statisti-
Dies steht scheinbar im krassen Widerspruch zu den in der            ken die Argumentation.
EY Biotech-Report-Serie immer wieder diskutierten Zahlen
für den unter Kapitalmangel leidenden Biotech-Sektor.                Ist hier also ein Umdenken notwendig?
Bei genauer Betrachtung wird allerdings sehr schnell klar,           Sicherlich nicht hinsichtlich der Bedeutung der Biotechno-
dass der Löwenanteil dieser Kapitalvolumina in Bereiche              logie als Innovationsmotor für einen stark wissenschafts-
geht, die Produkte wesentlich schneller und mit deutlich             geprägten Standort wie Deutschland — und auch nicht bei
geringerem Kostenaufwand und Risiko auf den Markt                    der volkswirtschaftlichen Verantwortung, diese Stärken
bringen können: Mobility (1,6 Mrd. €), FinTech/InsurTech             und resultierende Potenziale entsprechend der getätigten
(1,3 Mrd. €), Software & Analytics (1,2 Mrd. €) und E-Com-           Forschungsförderung in wertschöpfende Innovationen am
merce (0,7 Mrd. €). Eigenkapital in Biotech-Start-ups hat            Markt umzusetzen.
auch in dieser Statistik einen eher bescheidenen Umfang
(0,095 Mrd. €; 1,5 % der Gesamtsumme). Dies weist aber               Vielmehr sollten die unterschiedlichen Risikodimensionen
sehr deutlich darauf hin, dass — zumindest in Deutschland —          stärker in den Vordergrund rücken und gezielte Strategien
der Faktor „Kapitalzugang“ in der Innovationsgleichung               zu deren Bewältigung angegangen werden.
offenbar sehr viel enger mit dem Risikoprofil der einzelnen

                                                                                      Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive |             9
Good Translational Practice - Welche Hebel senken das Risiko im Innovationsprozess? - EY
Innovation und Risiko —
zwei untrennbare Seiten
einer Medaille

Aus dem vorher diskutierten Kontext drängt sich eine stär-       Spiel gebracht. Der Vergleich der o. a. Venture-Capital-
kere Einbeziehung der Risikokomponente zwingend auf.             Zahlen in Bereichen mit hohen (z. B. Biotech) und weni-
Zwar wurde dieser Zusammenhang — Hochrisikoforschung             ger extremen Risikoprofilen (z. B. Software, IT, Data Analy-
in Life Sciences — bereits oft artikuliert. In den politischen   tics etc.) stellt dies unter Beweis.
Forderungen konnte aber der Aspekt der Risikoakzeptanz
nie richtig gut mit Anreizen zu mehr Eigenkapitalengage-         Entsprechend schwierig bis aussichtslos wird häufig der
ment zusammengebracht werden. Und die Realität zeigt,            Ausweg aus dieser „Mindset“-Problematik gesehen.
dass allenfalls in risikoärmeren Feldern Bereitschaft zu Be-
teiligungen vorhanden ist.                                       Aber ist dies tatsächlich so gerechtfertigt?
                                                                 In den immer wieder zum Vergleich herangezogenen USA,
Muss also die Innovationsgleichung modifiziert werden?           wo die wagemutigen Unternehmertypen prototypisch als
Dass Innovation mit Risiko einhergeht, ist banal; jede Neu-      Vorbilder dargestellt werden und diese Eigenschaften als
entwicklung birgt Risiken: Risiko beim Adressieren der           wesentliche Erfolgsfaktoren für Innovation und innovative
wirklich marktrelevanten Bedarfe und des Scheiterns im           Wertschöpfung herausragen, herrscht sicherlich eine
Übersetzen der Ideen in die kommerzielle Entwicklung,            andere, positivere Risikokultur. Entsprechend wird eine aus-
unternehmerisches Risiko und Mut zum unternehmerischen           geprägte „Risikotoleranz“ als wesentliche unternehmeri-
Vorangehen sowie das immer wieder genannte Finanzie-             sche Eigenschaft lobend hervorgehoben.
rungsrisiko. Schwächen bei diesen Faktoren erhöhen nach
der auf S. 11 aufgeführten Formel das Risiko und setzen          Entscheidend sollte hier aber das tatsächliche, quantita-
infolgedessen die Wahrscheinlichkeit für die Generierung         tive Ausmaß des vorhandenen Risikos sein. Und hier hinkt
echter Innovationen herab.                                       der Vergleich an mehreren Stellen:

Gerade in Deutschland werden eine gewisse „Risikoaver-           • Der Zugang zu ausreichend Eigenkapital — privat und
sion“ und eine mangelnde „Risikokultur“ immer wieder ins           am Kapitalmarkt — ist in den USA unbestritten deutlich
                                                                   besser.
                                                                 • Das individuelle Reputationsrisiko von Entrepreneuren
                                                                   aufgrund eines gescheiterten Unternehmens ist in den
     Innovationswahrscheinlichkeit = 1/Risiko
                                                                   USA faktisch nicht vorhanden; Scheitern wird vielfach
                                                                   eher sogar positiv als wichtige Erfahrung gewertet.

10   | Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive
Risiko
                                     =                1/  (Marktbedarf × Unternehmergeist × Kapitalzugang)
                                                                               *

*Marktbedarf: impliziert Forschung zu den relevanten Anforderungen aus dem Markt

In dieser Konstellation ergibt sich nach der oben stehen-                    Als Schlüssel und Hebel könnte sich aber vor allem der
den Gleichung insgesamt ein weitaus geringeres Risiko für                    Faktor Translation erweisen. Wenn es gelingt, durch pro-
individuelle Gründer in den USA. In der Logik der „neuen“                    fessionellere Translationsansätze zunächst das Risiko bei
Innovationsgleichung (siehe oben) erklärt dies auch die                      der Übersetzung marktrelevanter Ansätze zu reduzieren,
höhere Effektivität in der Umsetzung von wissenschaftlichen                  würden dann nicht Ideen besser die erste Hürde in Rich-
Ideen in kommerzielle, wertschöpfende Innovationen.                          tung kommerzielle Entwicklung nehmen? Gingen die betei-
                                                                             ligten Forscher und Jungunternehmer nicht mit höheren
Als Schlussfolgerung aus diesen Überlegungen stellen sich                    Umsetzungschancen an die Sache heran und wären sie
also die folgenden Fragen:                                                   nicht schon deswegen stärker — auch für Neugründungen —
                                                                             motiviert? Hätten solche professioneller fundierten Pro-
• Was sind effektive Maßnahmen, die vor allem an der                         jekte nicht auch größere Chancen beim Kapitalzugang und
  Risikoschraube drehen und das Risiko quantitativ zu                        wären sie nicht auch deshalb ein starker Hebel für die
  reduzieren helfen?                                                         bessere Nutzung des vorhandenen Potenzials über die Ent-
• Können diese Maßnahmen insgesamt dazu beitragen, die                       stehung von mehr Start-ups?
  lahmende Gründungsdynamik in Schwung zu bringen?
                                                                             Professionelle Translation wirkt in diesem Geschehen quasi
Dazu gehört natürlich nach wie vor der Faktor Kapitalzu-                     als „Katalysator“ (Zitat: Dr. Christian Tidona, BioMedX),
gang; die hierzu bereits geforderten Rahmenbedingungen                       der — in Analogie zur Katalysatordefinition in der Chemie —
für mehr Eigenkapitalmobilisierung bleiben nach wie vor                      die „Aktivierungsenergie“ für die Ausgründungsentschei-
aktuell und oben auf der Agenda.                                             dung so weit senken könnte, dass die Innovations- und Grün-
                                                                             dungsdynamik stärker in Gang kommt.
Sicherlich werden immer noch auch die richtigen Typen
gebraucht, die unternehmerische Verantwortung überneh-                       Diese Grundthese soll im Folgenden als zentraler Punkt
men. Und nicht zuletzt bedingt auch die strikte Ausrichtung                  dieser Studie vertieft analysiert und diskutiert werden.
der Forschung an zukünftigen Marktbedarfen den Erfolg.

Risikohürde

                                             Aktivierungs­
                                                                   ohne Katalysator
                                                   energie

                                                                          mit Katalysator

   Idee                                                                                                               Innovation
Katalysator: professioneller Translationsprozess

                                                                                          Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive |   11
Professionelle Translation
als zentraler Stellhebel?

Die Begriffe „Translation“, „Akzeleration“ oder „Inkubation“     Es braucht also doch einen effektiveren Ansatz, um pro-
haben Konjunktur; Clusterstrukturen ebenso wie Förder-           fessionelle Translation voranzubringen. Und gerade hier
programme und „translationale“ Forschungsvorhaben erken-         zeigen sich in den letzten Jahren einige hoffnungsvolle
nen die Relevanz dieses Themas und segeln unter dieser           ­Ansätze, die insgesamt ein neues „Momentum“ kreiert
Flagge.                                                           ­haben — wir nennen das in dieser Studie „Good Translatio-
                                                                   nal Practice“.
Status quo: vor allem Coaching, Mentoring, Mietflächen
Fast alle regionalen Cluster unternehmen Anstrengun-              Die Haupttreiber und Differenziatoren für „Good Trans­latio­
gen, um die Gründungsdynamik für Start-ups anzukurbeln            nal Practice“ sind im Folgenden aufgezählt; deren g
                                                                                                                    ­ emein-
und damit die vorhandenen Potenziale ihrer jeweiligen            ­samer Nenner und zentrale Aufgabe besteht im professio-
Forschungslandschaft zu heben; der Beitrag der BioRegio-          nellen „Company Building“ als Hebel für Innovationen:
nen im Kapitel „Kennzahlen“ nimmt dazu Stellung. In den
meisten Fällen beschränken sich diese Aktivitäten allerdings     • Direkter Link zur Akademie; Zugang zu
auf Coaching, Mentoring, Bootcamps und andere beratende            Forschungsinstitutionen
Unterstützung oder Trainings. Sie organisieren außerdem            • Frühzeitiges, aktives Scouting von wissenschaftlichen
Zugänge zu regionalen Businessnetzwerken und anderen                 Ideen mit Zielrichtung Kommerzialisierbarkeit
relevanten Stakeholderzirkeln wie z. B. Investoren, Business       • Strenge Selektion der besten Ideen auf der Basis einer
Angels, strategischen Partnern etc.                                  fundierten Validierung (Due Diligence)
                                                                   • Enge Kooperation zur Formulierung von Business
Dies ist sicherlich hilfreich und ein unverzichtbarer Teil der       Cases
Serviceportfolios regionaler Cluster — hierin sehen sie rich-    • „Hands-on“-Unterstützung
tigerweise auch ihre Kernaufgabe („Purpose“).                      • Physische Inkubatoren oder Plattformen
                                                                   • Full Service — Forschungsteams und Start-ups können
Einrichtungen wie „Gründerzentren“ oder „Technologie-                sich auf die wissenschaftliche Arbeit konzentrieren
parks“ stellen zusätzlich entsprechende Räumlichkeiten zur         • Im Gegensatz zum reinen Immobilienprojekt voll aus-
Verfügung; aber hier handelt es sich im Wesentlichen um              gerüstete Laborräumlichkeiten
Angebote, die — vielfach aufgrund der dahinter stehenden           • Technische Infrastruktur (Gerätepark, IT, Versorgung)
Gebäudeinvestoren — in erster Linie Immobilienprojekte             • Breites Dienstleistungsportfolio (Einkauf, technische
sind, deren Geschäftsmodell vor allem auf Mieteinnahmen              Services etc.)
beruht. Als weiteres „Asset“ werben diese lokalen „Öko-            • Trainingsprogramme (Seminare, Managementkurse,
systeme“ mit hilfreichen Kontakten zu und Kooperations-              Business Planning etc.)
möglichkeiten mit anderen Start-ups derselben Einrichtung.         • Aktives Netzwerk und enge direkte Einbindung von
                                                                     strategischen Partnern, Investoren und anderen
Momentum für „Good Translational Practice (GTP)“ —                   Stakeholdern
professionelle Projektentwicklung und aktives                    • Aufbau kompetenter Teams
„Company Building”                                               • Finanzierung
Die Erfahrung der letzten 20 Jahre Biotechnologie in
Deutschland hat gezeigt, dass trotz dieser breiten Ange-          GTP-Beispiele in Deutschland gibt es bereits in
botspalette der große Durchbruch bei Firmengründungen            ­unterschiedlichen Formaten
und erfolgreichen Innovationen ausgeblieben ist. Offen-           Es gibt durchaus bereits einige Einrichtungen in Deutsch-
bar kann die Risikoschwelle (siehe S. 11) — die Aktivierungs-     land, die mit richtungsweisenden Strategien und Struk­
energie — ohne einen geeigneten Katalysator nicht aus-            turen konkret das „Hands-on“-Vorgehen zur Translation
reichend gesenkt werden.                                          im Zentrum ihrer Aktivitäten sehen.

12   | Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive
Wenngleich einige von ihnen schon in früheren Reports          ihrer Aktivität sind verschiedene „Transfer“-Optionen —
­erwähnt und kurz beschrieben wurden (z. B. BioMed X,          Ausgründung von soliden Start-ups oder die Kollaboration
 BioLabs), so geht es im Folgenden um eine systematischere     mit strategischen Partnern.
 Analyse dieser Ansätze mit dem Ziel, sie nebeneinander-
 gestellt zu vergleichen und daraus möglichst die erfolgs­     Kaum einer der physischen Inkubatoren konzentriert sich
 kritischen Details der GTP-Arbeitsweise der Translations-     auf die professionelle Unterstützung bereits existierender
 einrichtungen abzuleiten.                                     Start-ups, beispielsweise bei der Geschäftsplanung, mit
                                                               Finanzierung, optimaler Arbeitsinfrastruktur und Manage-
Die hier einbezogenen Einrichtungen stellen eine Auswahl       menttraining.
dar und erheben keinen Anspruch auf Vollzähligkeit.
                                                               Bei dem folgenden beschreibenden Blick auf die ausgewähl-
Eine erste Erkenntnis aus dieser Analyse ist, dass die meis-   ten Einrichtungen widmen wir uns mit BioMed X, LDC, TRON,
ten der betrachteten Translationseinrichtungen ihren Fokus     LSI und Evotec BRIDGE zunächst der Kategorie „Translation
auf der Identifizierung, Evaluierung und Selektion viel-       wissenschaftlicher Ideen in kommerziell valide Projekte“,
versprechender Ideen haben, die sie dann als „Projekte“        bevor wir mit dem Bayer CoLaborator und dem BioLabs-
für eine kommerzielle Entwicklung vorbereiten. Endpunkt        Heidelberg-Projekt die Inkubation von Start-ups betrachten.

                                                                           Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive |   13
“
                                                                          Die Innovationskraft von Boston können
                                                                          wir nur erreichen, indem wir die welt-
                                                                          besten Talente systematisch an unsere
                                                                          Spitzenstandorte umsiedeln.
                                                                          Dr. Christian Tidona,
                                                                          Managing Director, BioMed X GmbH

BioMed X, Heidelberg
www.bio.mx

Das Innovationszentrum BioMed X in               dann konkret mit der Suche nach Lösun-      technisch voll ausgestattet und wer-
Heidelberg ist ein privates Unterneh-            gen beauftragt; ein „Champion“ des          den durch ein intensives Mentoring-
men; es versteht sich explizit als hoch-         Sponsors begleitet diesen Prozess eng       Programm (BioMed X — akademischer
effektiver „Translationshebel“ in einem          und gewährleistet das nachhaltige           Experte — Pharma Champion) eng
neuen Kollaborationsmodell zwischen              Commitment des Sponsors ebenso wie          begleitet.
Akademie und Industrie.                          die enge wissenschaftliche Einbindung
                                                 in den BioMed-X-Prozess.                    Damit ist sichergestellt, dass die
Ziel ist die Generierung hochinnova­                                                         Projekte von Anfang an exakt auf die
tiver präklinischer Projekte in den              • BioMed X rekrutiert mithilfe einer        Pharma-Fragestellung eingehen und
­Bereichen Biomedizin, Molekular- und            professionellen Online-Plattform            inhaltlich an den bei den Partnern ­­vor-
 Zellbiologie sowie Diagnostik. Einer            in ­einem weltweit aufgesetzten Auf-        handenen wissenschaftlichen und regu-
 der Kernpunkte ist dabei, dass explizit         ruf junge, ambitionierte Forscher           latorischen Standards orientiert sind.
 nur konkrete Fragestellungen der                (Gruppenleiter, Postdocs), die rele-
 ­Industriepartner bearbeitet werden, für        vante Ideen und Beiträge zur gege-          • Das Geschäftsmodell von BioMed X
  die in einem „Crowd-Sourcing“-Pro-             benen Problemstellung anbieten              beruht auf der Finanzierung dieser
  zess weltweit Lösungsansätze g  ­ esucht       (ca. 200 – 500 Proposals).                  ­Aktivitäten durch die Industriesponso-
  werden. Im Erfolgsfall werden die                                                           ren, die im Rahmen ihrer „External
  ­Projekte direkt in kommerzielle For-          • In einem hochselektiven Evaluations-       ­Innovation“-Strategien Zugang zu qua-
   schungsprojekte der industriellen             verfahren, begleitet von einem pro­           litativ herausragenden Projektideen
   Sponsoren überführt. Damit kommt vor          fessionell gestalteten „Bootcamp“,            erhalten. Darüber hinaus wird BioMed X
   allem der Marktbedarf als zen­trales          werden sowohl die besten Ideen zu             bei erfolgreicher Übernahme eines
   Element der Translationsaufgabe zum           kommerziell umsetzbaren Projektvor-           Projekts in die Pharma-Forschung über
   Ausdruck. Ausgründungen von Start-            schlägen weiterentwickelt als auch            eine „Success Fee“ weiter incentiviert.
   ups sind nicht primär beabsichtigt.           die geeignetsten Talente identifiziert
                                                 und von einer Fachjury prämiert.            Die Liste der bisherigen Pharma-Spon-
Die wesentlichen Geschäftsprozesse                                                           soren (Merck KGaA, Roche, AbbVie,
bei BioMed X sind folgendermaßen                 • Die Gewinner erhalten die Möglich-        Johnson & Johnson, Boehringer Ingel-
definiert:                                       keit, in den „Open-innovation“-Inkuba-      heim), die z. T. bereits Projekte aus
                                                 tor-Labors von BioMed X in Heidel-          der BioMed-X-Schmiede übernommen
• Gemeinsam mit industriellen Spon-              berg ihr Projekt interdisziplinär weiter    haben, begründet den „Track Record“ die-
soren werden in Innovationsworkshops             voranzubringen, bis es im Erfolgsfall       ses Translationsansatzes. BioMed X ist
neue, „Out-of-the-Box“-Denkanstöße               am Ende (nach 3 – 5 Jahren) in die prä-     inzwischen mit 20 der Top-30-Pharma-­­
entwickelt, die für die entsprechenden           klinische Forschung des jeweiligen          Unter­nehmen weltweit im Gespräch.
Therapiegebiete zu neuen, relevanten             ­Industriepartners transferiert wird. In
Fragestellungen führen. BioMed X wird             dieser Phase sind die Teams finanziert,

14   | Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive
“
                                             Auf der Basis seiner starken Grundlagenforschung und seines verlässlichen
                                             akademischen Netzwerks arbeitet das LDC außerordentlich kollaborativ
                                             bei der professionellen und rein datengetriebenen Wirkstoffsuche – zum
                                             Nutzen des Patienten. Unsere Industriepartner und der pharmazeutische
                                             Markt schätzen die Translationsergebnisse und Wirkstoffkandidaten mit
                                             neuartigen Mechanismen, die das LDC damit hervorbringt.
                                             Dr. Bert Klebl,
                                             Managing Director, Lead Discovery Center GmbH

LDC, Dortmund
www.lead-discovery.de

Das LDC (Lead Discovery Center) wurde        anhand der wissenschaftlichen Quali-              der späteren Wertschöpfung durch
bereits 2008 von der „Max-Planck-­           tät der Idee, für deren Beurteilung das           Start-ups oder Pharma-Partner vor.
Innovation“ gegründet — d ­ amals bereits    LDC die Kernkompetenz besitzt; diese
explizit als neuer A
                   ­ nsatz, um aus dem       Selektion wird ergänzt durch die aktive           Im operativen Projektablauf bringt
Potenzial der MPG-­Grundlagen­for­           Einbindung und weiterlaufende Koope-              das LDC Kernkompetenzen in der Erar-
schung durch Identi­fizierung neuer The-     ration mit den ­Ideengebern in den For-           beitung relevanter Testsysteme bis
rapeutika für Krankheiten mit h­ ohem        schungsinstituten während der Projekt-            hin zum Tiermodell und zur Nominie-
medizinischen Bedarf (Marktbedarf)           umsetzung. Ein Investment-Komitee                 rung der Entwicklungskandidaten ein,
„Kapital zu schlagen“.                       prüft entsprechend die Tauglichkeit für           um Ideen professionell zu prüfen, und
                                             eine spätere Weiterfinanzierung.                  darüber hinaus Expertise zur Identifi-
Die Translationsleistung des LDC liegt                                                         zierung und Optimierung von Wirkstof-
insbesondere darin, mit eigenen Exper-       Außerdem wird streng Wert darauf                  fen inklusive Bioanalytik. Andere Leis-
tenteams und Forschungsplattformen           ­ge­legt, wirklich innovative Fragestellun­       tungen — z. B. präklinische und klinische
aus vielversprechenden Frühphasen-            gen zu bearbeiten, die nicht bereits im          Expertise — werden im Netzwerk oder
projekten aus der Akademie konkrete           „Mainstream“ der Pharma-Forschung                von CROs zugekauft.
„Assets“ in Form von innovativen Leit-        verfolgt werden.
strukturen oder therapeutischen Anti-                                                          In enger Partnerschaft mit der Max-
körpern zu generieren und für diese          Interessant ist das Finanzierungs-                Planck-Gesellschaft hat das LDC inzwi-
einen ersten präklinischen „Proof of         modell des LDC: Während initial die               schen bereits umfangreiche Allianzen
Concept“ in Tierversuchen zu erarbei-        meisten Projekte durch die Max-Planck-­           mit einer Reihe von Pharma-­Firmen
ten. Diese Arbeit orientiert sich expli-     Gesellschaft in Form einer Kooperation            geschlossen (z. B. AstraZeneca, Boeh-
zit bereits zu diesem frühen Stadium         ­finanziert wurden, gibt es inzwischen            ringer Ingelheim, Bayer, Merck KGaA,
an den Qualitätskriterien und r­ egula­-      ein neues, fondsähnliches Konstrukt              Daiichi Sankyo etc.). Das LDC ist aber
tori­schen Anforderungen späterer             für die Projektfinanzierung (KHAN-­I             generell auch offen für Start-up-Aus-
Partner und berücksichtigt dadurch            GmbH & Co. KG), an dem sich neben                gründungen, von denen ebenfalls
den Marktbedarf.                              der Max-Planck-Förderstiftung (MPF)              bereits einige auf den Weg gebracht
                                              auch andere beteiligt haben (z. B. EIF,          wurden (allein 3 Start-ups 2019).
Das daraus resultierende Portfolio von        AWS). KHAN wiederum hat einen
Assets mit hohem kommerziellen und            ­Co-Finanzierungsvertrag mit der MPG             Die wesentliche Leistung des LDC be-
medizinischen Potenzial steht für die          ­geschlossen, um nach dem bewährten             steht in der deutlichen Qualitätsstei-
kommerzielle Entwicklung zur Verfü-             Modell Projektideen aus dem MPG-               gerung für innovative Projekte, die
gung, die präferenziell durch Verpart-          Umfeld am LDC zu veredeln. Entspre-            deren Erfolgswahrscheinlichkeit in der
nerung mit Pharmaunternehmen, aber              chend wurde mit der Finanzierung               weiteren kommerziellen Entwicklung
auch über die Ausgründung von Start-            durch KHAN auch der Zugang für neue            erhöhen und das inhärente Risiko ent-
ups erfolgen kann.                              Ideen deutlich weiter geöffnet. Das            sprechend senken. Diese Faktoren de-
                                                Fondsmodell sieht neben der Projekt-           finieren die Attraktivität der Einrich-
Die Selektion von Projekten zur Be­ar­          finanzierung auch Beteiligungen an             tung für Investoren und strategische
beitung im LDC erfolgt auch hier e
                                 ­ xplizit      den Projekten und insbesondere an              Partner.

                                                                                      Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive |   15
“
                                                                          TRON ist seit 2010 erfolgreich in der Translation von
                                                                          Innovationen, die klinisch zu entwickeln und unmittel-
                                                                          bar auf den individuellen Patienten ausgerichtet sind.
                                                                          Prof. Dr. Ugur Sahin,
                                                                          Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz,
                                                                          Mitgründer, Gesellschafter und wissenschaftlicher Berater von TRON

TRON, Mainz
www.tron-mainz.de

Das TRON (Translationale Onkologie) —            TRON konzentriert sich auf das Über-         forschung in Mainz — vornehmlich mit
eine biopharmazeutische Non-Profit-              brücken der Lücke zwischen For-              Schwerpunkt „Individualized Thera-
Forschungseinrichtung und Ausgrün-               schungserkenntnissen und der Ent-            pies“. Dies geschieht mit klarem Ziel der
dung der Universitätsmedizin Mainz —             wicklung marktreifer Produkte. Als           kommerziellen Weiterentwicklung zu-
basiert auf der Überzeugung, dass                besonderer Fokus kristallisieren sich        sammen mit Industriepartnern aus dem
Innovationstransfer nur in einer Umge-           hierbei vor allem die Maturierung            Biotech- (z. B. dem Pionierunterneh-
bung gedeihen kann, in der kreative              wissenschaftlicher Ideen und ihre            men der individualisierten Immunonko­
und begeisterte Köpfe mit diversen               Befähigung für den Übergang in die           logie, BioNTech) und dem Pharma-Sek­
und komplementären Kompetenzen                   präklinische und klinische Forschung         tor. Kommerzielle Partner arbeiten aber
zusammenarbeiten, um praktikable                 heraus.                                      auch aktiv an Projekten mit TRON mit.
Lösungen für komplexe Herausforde-
rungen zu erarbeiten.                            TRON ist auf Therapie- und Diagnos-          Die Ausstattung des Zentrums orien-
                                                 tikansätze im Bereich Krebs wie auch         tiert sich an der Front der modernen
In dieser Konstellation ist TRON auch            bei Infektionskrankheiten und selte-         technischen Möglichkeiten: Genomik,
ein „Thinktank“, der die Stärken der             nen Krankheiten mit hohem „Medical           DNA-/RNA-Sequenzierung, Bioinfor­
hypothesengetriebenen akademischen               Need“ (Marktbedarf) ausgerichtet.            matik, Biostatistik, Immunologie und
Forschung mit der von Qualitäts- und                                                          Molekularbiologie.
regulatorischer Kontrolle bestimmten             TRON entwickelt dabei innovative Platt-
industriellen Forschung verbindet.               formen basierend auf der Grundlagen-

                                  TRONs Expertise                        Unterstützung

                                         Validierung                     Phase I           Phase II           Phase III          Zulassung
 Grundlagen-         Zielstruktur-                        Präklinische
                                         und                             klinische         klinische          klinische          und
 forschung           identifizierung                      Entwicklung
                                         Optimierung                     Studie            Studie             Studie             Anwendung

                                       Translationslücke

16   | Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive
“Unsere Kompetenz erstreckt sich nicht nur auf die Entwicklung und
                                               Zusammenführung neuer wissenschaftlich-technologischer Lösungs­
                                               ansätze auf Feldern wie der personalisierten Biomarkerforschung und
                                               Immuntherapie, sondern beinhaltet ebenso eine mit Grundlagenforschung
                                               und Klinik eng verzahnte, patientenzentrierte Forschungs- und Trans­
                                               lationsplattform, die verschiedene Technologien, von In-vivo-Studien bis
                                               zur Nutzung künstlicher Intelligenz, nahtlos integriert.
                                               Dipl.-Kfm. Michael Föhlings,
                                               Managing Director, TRON gGmbH

Dem entspricht der funktionale                Das konkrete Vorgehen
Aufbau des TRON:                              ist klar definiert:

• Im Biomarker Development Center            • Forschung an vorderster Front der Technologie sowie der Themenschwer-
   (BDC) werden klinisch relevante               punkte Onkologie und Immunologie mit Fokus auf Krebsgenomik, Krebs­
   (molekulare, zelluläre, serologische)         immunologie und Immuntherapie
   Biomarker identifiziert und validiert.
                                              • Aktiver Technologietransfer durch Verbesserung und Validierung von For-
• Das Immunotherapy Development                 schungsergebnissen sowie Evaluierung von Kommerzialisierungspotenzialen
   Center (IDC) entwickelt innovative
   Strategien für die Immuntherapie           • Kollaboration mit Biotech-und Pharma-Unternehmen in Forschungsprojekten
   mit breiter Ausrichtung auf geeignete         bis zum präklinischen Proof of Concept
   Modalitäten (monoklonale Anti­
   körper, Vakzine, Zelltherapie, Gen-        • Training junger Wissenschaftler im Bereich translationaler Forschung
   therapie).

                                                              TRON
                                                    Transdisziplinäre Kompetenzen

                                                                                                          Präklinische Validierung
                                                                                                          therapeutischer Zielstrukturen
Quantifizierung der
Genexpressionslevel                                                                                       Entwicklung von innovativen
                                                                                                          Genexpressionsvektoren und
Vorhersage von                                                                                            Impfstoffen
T-Zell-Rezeptor-Spezifität
                                                                                                          Antigenevaluation für
Quantifizierung tumor­                                                                                    Impfstoffentwicklung
infiltrierender Lymphozyten                 Biomarker-                  Immuntherapie-
                                            entwicklung                   entwicklung                     Analyse der Wirkmechanismen
Bioinformatische Algorithmen für                                                                          von Krebsimpfstoffen und
personalisierte Krebsimpfstoffe                                                                           Kombinationstherapien

Hochdurchsatz Next Generation                                                                             In-vivo-Studien zur
Sequencing (NGS)                                                                                          Wirkstofffreisetzung

Patientenspezifische NGS-Profile                                                                          in-vivo-Imaging zu
                                                                                                          Tumormodellen

                                                                                    Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive |   17
“
                                                                          Deutschland braucht ergänzende Förderungs- und
                                                                          Finanzierungssysteme für frühphasige, risikoreiche
                                                                          Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit hohem
                                                                          Marktpotenzial.
                                                                          Dr. Jörg Fregien,
                                                                          Managing Director, Life Science Inkubator GmbH

LSI, Bonn
www.life-science-inkubator.de

Der LSI (Life Science Inkubator) ist             am LSI geprüft, konzeptionell weiter-        • Projektentwicklung: eigene Labor- und
eine Public Private Partnership. Betei-          entwickelt und nach folgenden Krite-            Büroräume; modernste Infor­mations­
ligt sind Partner aus Politik (BMBF,             rien bewertet: IP (Patente, FTO), Markt         technik; Rechtsberatung, Patentma-
NRW-Wissenschaftsministerium), Wis-              (Größe, Dynamik, Wettbewerb, USP,               nagement, Qualitätsmanagement;
senschaft (Max-Planck-Gesellschaft,              Geschäftsmodell), Innovation (strate­-          Konzeptionierung, Entwicklung und
Helmholtz-Gemeinschaft, Fraun­hofer-             gischerWettbewerbsvorteil, Umset-               Steuerung der Projekte nach Indus­
Gesellschaft u. a.) und Wirtschaft               zungswahrscheinlichkeit, Nutzen), Team          triestandards; frühzeitige Festlegung
(NRW.Bank, Sparkasse Bonn u. a.).                (Gründer-Audit, Fähigkeiten/Fertigkei-          von Meilensteinen; diese werden kon-
Damit sind hier namhafte Forschungs-             ten des Gründerteams, unternehmeri-             tinuierlich mit den Fortschritten des
einrichtungen eng eingebunden, die               sches Denken).                                  Projekts abgeglichen; bei Bedarf Er-
ihr Wissenschaftspotenzial einbringen.                                                           gänzung um externe Expertise
                                                 • Inkubation: Die Inkubation umfasst         • Unternehmensentwicklung: Aufbau
Ziel ist die Inkubation wissenschaft­            die Entwicklung von Technologie/                  und Etablierung unternehmerischer
licher Projekte bis zur Ausgründungs-            Produkt, Persönlichkeit und unter­                Strukturen und Prozesse; Vorberei-
reife bzw. Investmentattraktivität von           nehmerischen Strukturen. In der For-              tung des Markteintritts durch den
Start-up-Unternehmen, die danach                 schungseinrichtung des LSI am Bonner              Inkubator und dessen Netzwerk, d. h.
(außerhalb des Inkubators) mit eige-             Forschungszentrum caesar geben die                industrielle Partner, VC-Gesellschaf-
ner Finanzierung die kommerzielle                Teams ihrer Gründungsidee den nöti-               ten, staatliche Förderinstrumente
Entwicklung vorantreiben. Wichtiges              gen Schliff und holen sich dazu noch              etc.; direkte Anschlussfinanzierung
Element des LSI ist ein angeschlosse-            das Know-how, das es für ein Unter-               durch die Fondsgesellschaft in einem
ner Fonds, der nicht nur die NRW.                nehmen braucht. Die Projektentwick-               Finanzierungssyndikat möglich
Bank als Hauptinvestor hat, sondern              lung erfolgt nach dem Vier-Säulen-
auch die großen o. a. Wissenschafts-             Modell des LSI:                              • Transfer: Ausgründung (nach 3 – 5
gesellschaften, die Sparkasse Köln/              • Finanzierung/Förderung: Evaluie-          Jahren) ist der präferierte Exit aus dem
Bonn und das Forschungszentrum                      rung der Projektidee (Markt-/Innova-      LSI; hierbei hilft der LSI bei der Ver-
caesar in Bonn. Dieser Fonds finan-                 tions-/Patentgutachten /Teamaudit);       mittlung der Finanzierung durch klas-
ziert u. a. den Betrieb des Inkubators              Übernahme der Projekt- und Perso-         sische VC-Investoren; der LSI-Fonds
und erhält dafür Anteile an den aus­                nalkosten zu 100 Prozent (Festanstel-     ­finanziert mit im Sinne des Verwässe-
zugründenden Start-ups, d. h., er par-              lung aller Forschungsteam-Mitglie-         rungsschutzes seiner Anteile aus der
tizipiert direkt an Innovationen aus                der); projektspezifische Ausstattung       Inkubation, geht aber nicht ins Lead.
dem LSI. Der LSI umfasst drei verschie-             der Labore
dene Phasen:                                     • Personalentwicklung: Auditierung und      Die Qualitätsansprüche des LSI bei
                                                    zielgerichtetes Coaching des Füh-         der Evaluierung und Neukonzeptionie-
• Evaluierung: Ca. 100 eingereichte                 rungsteams; Schulung des Teams im         rung sowie beim Projektmanagement
Projektideen pro Jahr (vornehmlich aus              Projektmanagement; umfassende             nach Industriestandard sowie die Aus-
Deutschland über direkte Hochschul-                 Betreuung des Teams hinsichtlich          richtung auf die investmenttaugliche
kontakte und Vermittlung durch Busi-                Marktvorbereitung und Finanzierung        „Maturierung“ von Projekten und Teams
nessplanwettbewerbe, VCs, HTGF)                     nach Ausgründung                          sorgen für eine signifikante Reduzie-
werden durch ein fachkundiges Team                                                            rung des Translationsrisikos.

18   | Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive
“
                                                                         Das „Valley of Death“ der Translationsforschung hat
                                                                         sich nicht mangels Kapitals, sondern mangels Zugangs
                                                                         zu relevantem Know-how und zu robusten Technolo-
                                                                         gieplattformen gebildet. Die Evotec BRIDGEs wollen
                                                                         und können das ändern.
                                                                         Dr. Thomas Hanke,
                                                                         EVP, Head of Academic Partnerships Europe, Evotec International GmbH

Evotec BRIDGE, Hamburg
www.evotec.com

Biomedical Research, Innovation &         Ideen durch ein Team aus den Top-Wis­­             Beispielsweise gehen aus der ältes-
Development Generation Efficiency         senschaftlern der jeweiligen Forschungs-           ten und größten BRIDGE „LAB282“ in
Evotec hat mit seiner global führen-      einrichtung und Evotec-Fachleuten.                 Oxford aus 30 bis 40 akademischen
den Drug-Discovery-/-Development-                                                            Projekten in diesem Jahr drei bis fünf
Plattform bereits einen breiten Zu-       Dazu kommt in allen Fällen ein Eigenka-            Start-ups hervor.
gang zu führenden Pharma-Firmen           pitalinvestor, der projektübergreifend
und profitiert dabei vom zunehmend        investiert. Für diesen stellt die BRIDGE-          Interessant ist das Finanzierungsmo-
wichtigen Trend um „Outsourcing“          Partnerschaft aufgrund der Validie-                dell insbesondere, weil die Beteiligten
von F&E-Prozessen.                        rungskompetenz einen signifikanten                 (Universität, Forscher/Entrepreneure,
                                          Risikoreduzierungsmechanismus dar.                 Evotec, Investoren) von Anfang an
Inzwischen ist Evotec bewusst gewor-                                                         definierte Anteile an den entstehenden
den, dass dieselbe Plattform ebenso       Für die experimentelle Validierung                 Start-ups besitzen und somit alle von
effektiv eingesetzt werden kann, um       stellt Evotec seine gesamte „Drug Dis-             dem „Derisking“-Modell der BRIDGE-
frühe Forschungsprojekte aus der          covery & Development“-Plattform als                Translation profitieren.
Akademie auf ihre Tauglichkeit für        einen „virtuellen Inkubator“ zur Ver­
die kommerzielle Entwicklung zu vali-     fügung (unabhängig von der Lokalisie-              BRIDGEs bedienen damit einen Haupt-
dieren und entsprechend die ersten        rung der benötigten Kompetenzen).                  hinderungsfaktor für die kapitaleffi­
Entwicklungsschritte deutlich zu be-                                                         ziente Translation akademischer For-
schleunigen. Dies ist u. a. die Aufgabe   Die anschließende „Transfer“-Phase                 schung in eine nachhaltige Wirkstoff-
der Evotec BRIDGEs.                       schließt Ausgründungen von Start-ups               entwicklung — nämlich den einfachen
                                          (präferiertes Modell) ebenso ein wie               und zeitnahen Zugang zu industriell
Eine Evotec BRIDGE ist somit ein sehr     die Möglichkeit, Projekte direkt mit               validierten Technologieplattformen,
relevanter Beitrag zur professionellen    Pharma-Firmen zu verpartnern.                      wie sie Evotec zur Verfügung stellt.
Translation innovativer Forschungs-
ideen in kommerziell entwickelbare        Eine Evotec BRIDGE basiert auf drei Grundelementen:
Projekte. Im Rahmen der inzwischen
                                                   Partner                    Beitrag                        Treiber
deutlichen Erweiterung der Evotec-
Plattform bezieht sich diese Kompe-                                              Projekte, grundlegendes         nterstützung der Projekt­
                                                                                                                U
tenz auf die gesamte Palette an thera-
peutischen Modalitäten, von Small
                                            1       Forschungseinrichtung
                                                    der Spitzenklasse
                                                                                 wissenschaftliches Know-
                                                                                 how, IP
                                                                                                                leiter, IP-Rechte, Lizenz­
                                                                                                                einnahmen, Eigenkapital

Molecular Entities (SMEs) über Biolo-
gics bis hin zu Zelltherapien.              2       Risikokapitalgeber           Kapital, Netzwerk              Eigenkapital in Newcos

Nur global führende Forschungsin­sti­                                            Integrierte Plattform:
tutionen mit entsprechendem ­„Science
Track Record“ und kritischer Masse
                                            3       Evotec                       Scouting, Validierung und
                                                                                 Durchführung
                                                                                                                Beteiligungen an
                                                                                                                Produkten, Newcos

bzgl. „Output“ kommen für BRIDGEs
in Betracht. Im ersten Schritt erfolgt
ein „Scouting“ von vielversprechenden
                                           4        Biotech-/
                                                    Pharma-Unternehmen
                                                                                 Strategischer Fokus auf
                                                                                 Indikationen, Kapital
                                                                                                                Möglichkeiten zur Lizenzierung
                                                                                                                oder zur Akquisition

                                                                                   Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive |         19
Inkubation akademischer
Projekte und etablierter
Start-ups im Vergleich

Inkubation etablierter Start-ups                                In Start-up-Inkubatoren wie zum Beispiel dem Bayer Co-
Die bisher beschriebenen Translationsstrukturen fokussie-       Laborator in Berlin oder dem Start-up-Inkubator bei Merck
ren sich alle auf die Evaluierung innovativer akademischer      in Darmstadt können Start-ups zwar in einem sicherlich
Ideen und deren Übersetzung und „Maturierung“ in kom-           motivierenden Umfeld arbeiten und z. T. von der Pharma-
merziell valide Projekte. Damit wird eine wesentliche Vor-      Erfahrung profitieren; insgesamt erfahren sie aber nicht
aussetzung für eine erfolgreiche kommerzielle Entwick-          die enge und umfassende Betreuung und Anbindung an pro-
lung geschaffen. Die bestehenden Risikoprofile werden           fessionelle Netzwerke, wie sie professionelle Inkubatoren
durch die professionelle Inkubation signifikant reduziert.      anbieten, zum Beispiel LabCentral/BioLabs (Prototyp in
Die Generierung innovativer Start-ups steht hierbei am          Boston).
Ende der Prozesskette, als möglicher „Exit“ der Projekte.
                                                                Insofern eröffnet sich gerade hier ein signifikanter Bedarf
In der Konsequenz bedarf es aber gerade in Deutschland          an professionellen Translationseinrichtungen, die Start-
auch effektiver „Translationshebel“ für die weitere kommer-     ups von ihrer Gründung bis zum Erreichen der ersten Mei-
zielle Entwicklung, die vor allem helfen, erfolgreiche Start-   lensteine vollumfassend begleiten. Ihre Ausrichtung sollte
ups aufzubauen und sie über die nun bevorstehenden Risiko-      sicherstellen, dass den gegründeten Start-ups eine voll
hürden — unternehmerisches Risiko, Finanzierungsrisiko —        funktionsfähige Infrastruktur zur Verfügung steht und ein
zu heben. Hier gibt es weit weniger Erfolgsmodelle.             Betreuungsnetzwerk, das es ihnen ermöglicht, sich von
                                                                Tag 1 an voll und ganz auf ihre Stärken zu fokussieren — das
                                                                Schaffen von Werten auf der Basis ihrer innovativen Ideen.
                                                                In Deutschland gibt es solche Einrichtungen derzeit nicht —
                                                                allenfalls sind sie in Planung (z. B. BioLabs Heidelberg).

                                                                Translationseinrichtungen im direkten Vergleich
                                                                Die zuvor und nachfolgend beschriebenen Translations­
                                                                einrichtungen sind anschließend in einer Matrix mit ihren
                                                                Strategien, Strukturen, Leistungen und Erfolgsfaktoren
                                                                nebeneinander im Vergleich dargestellt. Die in die Tabelle
                                                                aufgenommenen Informationen wurden in einem Frage­
                                                                bogen und in ergänzenden Interviews mit den Leitern der
                                                                Zentren erhoben; sie entsprechen somit authentisch den
                                                                subjektiven Angaben der Verantwortlichen aus den ent-
                                                                sprechenden Einrichtungen und sind mit diesen explizit
                                                                abgestimmt.

                                                                Eine weitere Variante
                                                                Wenngleich nicht in Form eines Inkubators, aber dennoch
                                                                als direkt translationales Engagement in dem lange vernach-
                                                                lässigten Feld der psychischen Erkrankungen beschreibt
                                                                im Nachgang des Vergleichs das Unternehmen ATAI Life
                                                                Sciences seinen Ansatz.

20   | Deutscher Biotechnologie-Report 2020 Perspektive
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