Und lokale Entwicklungsstrategien überdenken - European Commission
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Nr 18 I Herbst 2020 I SSN 2 3 6 3 -3 1 2 3 M A G A Z I N į Ausblick auf die nächste Programmperiode und lokale Entwicklungsstrategien überdenken į Bericht aus Portugal: Das blaue Zeichen į CLLD Herausforderungen im Mittelmeerraum und im Landesinneren į FLAGs reagieren auf COVID-19 į CLLD in Fischwirtschaftsgebieten: neue Forschungspläne DE
I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 2 I Inhaltsverzeichnis Fotos (Seitenangabe): Abdruck der den Projektbeschreibungen beigefügten Costa Brava (Spanien): Fotografien mit freundlicher Genehmigung der FLAG, der Vorbereitung auf die nächste Programmperiode . . . 4 LAG oder des Projektträgers mit folgenden Ausnahmen: Andreas Smaragdis (24, 25) Die FLAG Costa Brava ist für die gesamte Küste der Provinz Girona zuständig. Die Region is ein beliebtes Reiseziel sowie eine wichtige Säule des Fischerei- Deckblatt: Jesus Concepciòn Alvarado, East Cantabria photo competition sektors in Katalonien. Autorinnen und Autoren: Gilles van de Walle, Monica Veronesi Burch, Marta Edreira Bericht: Das blaue Zeichen (Ericeira-Cascais) . . . . . . . . . 8 Garcia, Jean-Luc Janot, Arthur Rigaud, Sophia De Smet, Die Säuberung des Meeres von Müll ist zu einem wesentlichen Anliegen der Richard Freeman, Urszula Budzich-Tabor Fischer und Anwohner in den Küstengemeinden nahe der portugiesischen Redaktionelle Beiträge: Hauptstadt Lissabon geworden. Hier trägt die Kreislaufwirtschaft blau. Ewan Geffroy, Prody Mwemena, Soumaya Bouker, Margot van Soetendael. Für den Wandel gerüstet: Herstellung: DevNet geie (AEIDL/Grupo Alba) / Kaligram. Strategien und Fördermaßnahmen der FLAG . . . . . . . . .11 Auch die FLAG haben es mit etwas zu tun bekommen, das sich nur wenige Kontakt: FARNET Magazine, FARNET Support Unit, vorstellen konnten: eine weltweite Pandemie in Form von COVID-19. Rue Belliard 40 B-1040 Brüssel +32 2 613 26 50 CLLD bis heute und in Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 info@farnet.eu – www.farnet.eu Drei Interviews geben Aufschluss über die Sichtweise einer FLAG in Person von Antonio Gottardo (Italien), eines nationalen Netzwerks für den ländlichen Raum in Person von Erko Veltson (Estland) und einer Verwaltungsbehörde in Person von Bety Breznik (Slowenien). CLLD im Binnenland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Das FARNET-Magazin wird von der Generaldirektion für Binnenlandregionen nutzen ihre Gewässer seit jeher viellfältig. Ein Viertel maritimte Angelegenheiten und Fischerei der Europäischen der europäischen FLAG-Regionen befindet sich im Landesinneren wo es Kommission herausgegeben. Es ist auf Bestellung kostenlos erhältlich. einen bedeutsamen Fischerei- oder Aquakultursektor gibt. Presserechtlich verantwortlich: Europäische Kommission, Generaldirektion für maritime Angelegenheiten und Fischerei Zusammenarbeit: gemeinsame Herausforderungen Haftungsausschluss: Die Generaldirektion für maritime Angelegenheiten und Fischerei ist für die Gesamtherstellung im Mittelmeerraum zusammen angehen . . . . . . . . . . . . . 24 dieses Magazins, nicht aber für die inhaltliche Richtigkeit der Die Existenz der Mittelmeerfischerei ist durch verschiedene Fehlentwicklungen Einzelbeiträge und für die in denselben geäußerten Meinun- gefährdet. Die damit verbundenen Herausforderungen lassen sich nur im gen verantwortlich. Sofern nicht anders angegeben, hat die Europäische Kommis- Wege der Zusammenarbeit überwinden. sion die in dieser Veröffentlichung geäußerten Meinungen weder sich zu eigen gemacht noch anderweitig gebilligt. Die Äußerungen in dieser Veröffentlichung sind nicht als Äuße- FLAG-Strategien überdenken: rungen der Kommission oder der Generaldirektion für mari- neue Forschungspläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 time Angelegenheiten und Fischerei zu verstehen. Bis vor kurzem noch größtenteils unbeachtet, zeichnen sich nun neue Die Europäische Kommission übernimmt für die Richtigkeit der Angaben in dieser Veröffentlichung keine Gewähr. Des Forschungsvorhaben zum Thema CLLD in Fischwirtschaftsgebieten ab. Weiteren übernimmt weder die Europäische Kommission noch eine in ihrem Auftrag handelnde Person Verantwortung für den Gebrauch der Angaben. © Europäische Union 2020 Wiedergabe unter Angabe der Quelle gestattet. In Belgien auf Recyclingpapier gedruckt.
I I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 3 Vor wor t „Ich bin gespannt auf diese neue Generation von FLAG, die von der Basis her ein widerstandsfähiges Europa aufzubauen bereit ist.“ 2020 ist ein Jahr tiefgreifender Veränderungen. ren Worten, die es der Bevölkerung ermöglichen, ihre Bedürfnisse so schnell und effektiv wie möglich zu erfüllen. Veränderungen auf Ebene der EU: mit Einsetzung einer neuen Kommission und Verabschiedung eines Grünen Deals mit dem Die FARNET-Unterstützungsstelle hat sich unlängst eingehend Ziel, Europa spätestens im Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen mit Steuerungsproblemen aus den zwei zurückliegenden Pro- Kontinent zu machen. grammperioden beschäftigt und entsprechende Lösungsvor- schläge unterbreitet. Wie sich zeigte, haben viele Mitgliedstaa- Veränderungen auf globaler Ebene aufgrund des Ausbruchs der ten ihre Steuerungssysteme so aufgestellt, dass Wirtschaft und Corona-Pandemie, die Wirtschaft und Gesellschaft ohne Vorwar- Gesellschaft auf lokaler und regionaler Ebene gestärkt werden. Es nung getroffen hat und deren langfristige Folgen nach wie vor besteht daher kein Grund zu der Annahme, dass ausgerechnet die nicht absehbar sind. dritte Generation der EMFF-CLLD nicht in allen Mitgliedstaaten der Veränderungen in der EU-Programmplanung, weil 2020 das letzte EU auf tragfähige Steuerungssysteme treffen sollte. offizielle Jahr der laufenden Programmperiode der Europäischen Das CLLD-Konzept liegt mir sehr am Herzen. Einen meiner ers- Struktur- und Investitionsfonds darstellt. ten öffentlichen Auftritte als Kommissar für Umwelt, Ozeane und Wie kann man diese Veränderungen verbinden und wie den bes- Fischerei hatte ich auf der Konferenz „CLLD nach 2020“ im Dezem- ten Nutzen daraus ziehen? Diese Europäische Kommission unter- ber 2019. nimmt alle Anstrengungen, um die Fischerei- und Aquakultur- Die Energie, der Antrieb und die Innovation, die ich dort sah, über- gemeinschaften dabei zu unterstützen, sich an die Corona-Krise zeugten mich davon, dass CLLD ein leistungsfähiges Instrument anzupassen, sich von ihr zu erholen und einen digitalen und ist, um nicht nur auf die Bedürfnisse zu reagieren, die durch den grüne (oder in diesem Fall blauen) Aufschwung sicherzustellen. Zu Wiederaufbau der lokalen Wirtschaft in den FLAG-Gebieten aus- Beginn einer neuen Programmperiode ergeben sich neue Mög- gelöst werden, sondern auch um die Innovationen zu stärken und lichkeiten, um sicherzustellen, dass unsere Ressourcen auf eine zu fördern, die erforderlich sind, um die lokale Wirtschaft neu zu widerstandsfähigere Zukunft ausgerichtet sind. erfinden und sie zum Motor des Grünen Deals und einer nachhalti- In der Zwischenzeit erweist sich CLLD als fähig, die Zivilgesellschaft geren Fischerei- und Meerespolitik zu machen. vor Ort zusammenzuschweißen. Wie Sie in dieser Zeitschrift lesen Die Fischerei- und Aquakulturgemeinden brauchen unsere Hilfe. werden, haben FLAG vielerorts Aktivitäten unterstützt, um die Sie bringen alles mit, worauf es bei der wirtschaftlichen Wiederbe- negativen Auswirkungen der Corona-Krise abzumildern. An eini- lebung ihrer Regionen ankommt. Lassen wir ihnen die Unterstüt- gen Orten beschafften und verteilten sie Schutzausrüstung, damit zung und die entsprechenden Steuerungssysteme zuteilwerden, Fischer und in der Industrie Beschäftigte unter sicheren Bedin- die sie dafür benötigen. gungen weiterarbeiten können. In anderen Ländern entwickelten FLAG Kommunikationskampagnen, um die Vermarktung lokaler Fischprodukte zu unterstützen, insbesondere über den Direktver- trieb. FLAG und ihre freiwilligen Gremien haben auch Projekte ent- wickelt, die den Wiederaufbau der lokalen Wirtschaft vorbereiten. Virginijus Sinkevičius, Corona hat daher erneut die Bedeutung gut funktionierender EU-Kommissar für Umwelt, FLAG hervorgehoben. Angesichts des Ausmaßes der vor uns lie- Ozeane und Fischerei genden Herausforderungen müssen alle Ressourcen und Möglich- keiten voll ausgeschöpft werden. Wir müssen daher sicherstellen, dass CLLD sein volles Potenzial entfalten kann. Dazu benötigen wir Steuerungssysteme, die flexibel und zweckmäßig sind, mit ande-
I I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 4 Ein Jahr im Bestehen einer FL AG CO S TA B R AVA [ K ATA L O N I E N / S PA N I E N ] Vorbereitung auf die nächste Programmperiode Die FLAG Costa Brava wurde im Jahr 2016 gegründet und ist für die gesamte 175 km lange Küste der Provinz Girona zuständig. Die Region ist ein beliebtes Reiseziel und bildet mit einem Umsatzanteil von 34 Prozent eine wichtige Säule des Fischereisektors in Katalonien. Eine treibende Kraft der FLAG bilden neben Privatunternehmen, Kultur- und Forschungseinrichtugen sowie vier Kommunen die Berufsfischervereinigungen (cofradías1). „Wenn Sie sich am Strand selber nach einem Stück Plastik bücken und es aufheben, dann verändert das Ihr Leben für immer“, so Teresa Ferrés. Sie zählt zu den Initiatoren des Projekts Mou-te Pel Mar2, das mit Hilfe der App „TWINAPP“ Zusammenkünfte zu dem Zweck organisiert, gemeinsam Sport zu treiben und Strände zu reinigen. Auf ihrem Weg zu einem Treffen mit zwei App- Nutzern und ihrem Bruder Miquel Ferrés am Strand „Gran de Palamós“ erläutert sie: ▲ Twinapp. ▲ Master Peix, Teilnehmer. „Die Idee dazu hatte Miquel. Er ist Fischer und Läufer. In seinen Fischernetzen fand „Auf diese Weise kann ich sowohl meinem hat die FLAG bisher 54 Projekte mit mehr als er immer wieder genau jene Abfälle, die er Hobby nachgehen als auch meine Lebens- 2,86 Mio. Euro aus allen vier Achsen4 geför- schon tags zuvor beim Laufen am Strand grundlage – das Meer – schützen“, sagt dert, die in ihrer lokalen Entwicklungsstra- gesehen hatte. Alles, um das wir uns an Miquel, während er Styroporstückchen auf- tegie vorgesehen sind. Achse 2 ihrer Stra- Land nicht kümmern, landet letzten Endes sammelt. Auf die Frage, wie viele Mitstreiter tegie hat beispielsweise den Erhalt und die im Meer.“ unter Anwendung der App gerade „plog- Zukunftsfähigkeit des Umwelterbes und der gen“3, zieht er sein Smartphone hervor. „Die Küstenregionen zum Gegenstand. „Dieses nächste Aktion ist in Buenos Aires – vier Ziel wollen wir zu einem Querschnittsthema Leute“, stellt er wenig überrascht fest. machen, das zukünftig Bestandteil eines jeden von uns geförderten Projektes ist“, Mit Unterstützung durch die FLAG Costa so Francesc Galí, die Geschäftsführerin der Brava riefen die Projektträger in vier FLAG Costa Brava. Gemeinden eine Säuberungsaktion ins Leben und versuchten, die politischen Ent- Die von der FLAG Costa Brava unterstütz- scheidungsträger für ihre Ziele zu gewin- ten Projekte sind Miquel nicht fremd. „Ich nen. „Das beste Mittel, die Menschen zum bin auch ein Master Peix“, sagt er stolz. Mitmachen zu bewegen, sind allerdings Im Rahmen des Projekts „Master Peix“ die Säuberungsaktionen selbst.“ ▲ Teresa Ferrés, Initiatorin, Mou-te Pel Mar. organisiert die Stiftung Promediterránea Bei einem Gesamtbudget von vier Millionen Bildungsmaßnahmen für Fischerinnen und Euro für die Programmperiode 2014-2020 Fischer, die Fachberater für Fisch und Mee-
I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 5 I ▲ Hafen von Blanes. resfrüchte werden wollen. Die Ausbildung umfasst mehrere Intensivkurse von jeweils einem Monat Dauer. Bislang haben 27 Frauen und Männer die Ausbildung absol- viert und ihr Wissen im Jahr 2019 auf 40 Gas- tronomieveranstaltungen weitergegeben. „Im Veranstaltungsverlauf wird den Besu- cherinnen und Besuchern klar, dass die Fischerinnen und Fischer das Bindeglied zwischen ihnen und dem Fisch sind, den ▲ Roser Vall-llosada, Geschäftsführerin, Grenyal. sie verzehren“, so Conrad Massaguer, eben- falls ein Master Peix. Für Verbandsgeschäftsführer Xavi stellt Das Projekt fällt in einen ganz wichtigen das Konzept „eine gute Möglichkeit zur Tätigkeitsbereich der FLAG Costa Brava, Werbung für hochwertige und nachhaltig 1 Die spanischen Berufsfischervereinigungen sind nämlich die Verdeutlichung des kulturellen erzeugte Produkte wie diese Weißbeingar- Körperschaften des öffentlichen Rechts, die in einem klar abgegrenzten Gebiet tätig sind und und gastronomischen Wertes von Fisch- nelen dar, die zudem deutlich preisgüns- die Interessen der Fischerei als Ganzes vertreten. erzeugnissen aus der Region. Die Weiter- tiger als Tiefseegarnelen sind. Da sich der 2 Katalanisch für „Sich für das Meer bewegen“. bildung der Fischerinnen und Fischer kann Bestand an Weißbeingarnelen infolge des 3 Der Begriff „Plogging“ ist eine Zusammensetzung dabei förderlich sein und zudem als Moti- Klimawandels erhöht hat, lohnt es sich, sie aus „Jogging“ und dem schwedischen Terminus vationshilfe für Unternehmensgründun- bei Verbraucherinnen und Verbrauchern „plocka upp“ („aufsammeln“). Die Idee zur Verschmelzung von Sport und Umweltschutz gen dienen. beliebter zu machen.“ entstand im Jahr 2016 in Stockholm. Aktuell wird sie angeblich von 20 000 Menschen in mehr als Das regionale Unternehmen Grenyal5 bie- „Wir organisieren derzeit drei Mal so viele 100 Ländern praktiziert. tet Gastro-Touren auf der Grundlage regio- Veranstaltungen wie letztes Jahr“, 6 so Roser. 4 Die vier Achsen der CLLD-Strategie der FLAG Costa naler Erzeugnisse. Geschäftsführerin Roser „Inzwischen beschäftigen wir drei Vollzeit- Brava – Wettbewerbsfähigkeit (1), Nachhaltigkeit Vall-llosada erläutert das Konzept und brät kräfte und arbeiten mit rund 30 Berufsfi- (2), lokale Entwicklung (3) sowie Bildung und Ausbildung (4) sind so breit konzipiert, dass sie die unterdessen weiter Weißbeingarnelen: schern aus der Region zusammen. Wir müs- meisten lokalen Projekte erfassen. „Dank der FLAG konnte die Berufsfischer- sen das wertschätzen, was wir haben.“ 5 https://www.grenyal.com/qui-som-3/ vereinigung Blanes, die sich bei Touristen 6 https://www.blanescostabrava.cat/es/oci/ bereits einen Namen gemacht hatte, diesen ▶▶▶ el-grenyal-aula-gastronomica/ Zubereitungsraum einrichten.“ Darin kön- nen Touristen regionale Produkte probieren.
I I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 6 seit über 20 Jahren darauf hin“, so Jaume Vernetzung zum Schutz Caball, Kapitän auf einem der zwei Kutter. der biologischen Vielfalt Für Salvador Manera ist das Plastikproblem Die Unterwasserschluchten vor der Halb- nichts Neues. „Ich bin Kleinfischer wie alle insel Cap de Creus7 sind die wichtigste Kin- in meiner Familie. Plastik finde ich im Meer derstube für Delfine in Katalonien. Als die schon seit Jahren. Eines Tages meldete ich überstaatliche Organisation SUBMON fest- mich auf Empfehlung eines Freundes zu stellte, dass 80 Prozent der Delfinsichtun- einem Theaterkurs in Gerona an. Fünf Jahre gen von Fischkuttern gemeldet wurden, später habe ich ein Stück über meine eige- aus deren Netzen sich die Tiere bedienten, ▲ Carla Álvarez, SUBMON, Projektleiterin. nen Erfahrungen auf die Bühne gebracht. war die Zeit reif für ein Kooperationsprojekt. So ist Pescaplàstik9 entstanden.“ Die Fischereivereinigungen aus Roses und In seinem Theaterstück erzählt Manera die fen von Unfallverhütungsmaßnahmen im Llançá beteiligen sich mit ihrer gesamten Geschichte eines Fischers, der wegen Über- Umgang mit Walen, die Meldung von Sich- Fangflotte am Projekt „Delfine Tramun- fischung und Verschmutzung des Meeres tungen, die Standorterfassung mittels GPS tana“ zur Untersuchung des Bestands des mit Müll seinen Beruf nicht mehr ausüben und das Fotografieren der Flossen, die den Großen Tümmlers. Die Art zieht vor dem kann. „Das Stück krankte allerdings daran, Biologen zur Unterscheidung der einzelnen Cap de Creus ihre Jungen auf und ist durch dass es ihm an Bildungsinhalt fehlte. Und Arten dienen. „Darüber hinaus haben wir die Habitat-Richtlinie8 geschützt. genau in diesem Punkt könnte mir die FLAG Fischfachhändler geschult und dazu auf- helfen, dachte ich“, erinnert sich Manera. „Delfine sind eine Schirmart; wer ihnen gefordert, die Ware der regionalen Fischer Schutz angedeihen lässt, der schützt gleich- mit dem Projektsiegel zu kennzeichnen“, so In Zusammenarbeit mit der FLAG Costa Brava zeitig ihr gesamtes Lebensumfeld von ihren Projekttechnikerin Irene Albert de Quevedo. konzipierte Manera einen Ratgeber und vier Nahrungsfischarten bis hin zu dem Ökosys- Aufklärungskurse zum Thema Fischerei und Im Rahmen des Projekts wurden ferner tem, in dem sie leben“, erläutert die Projekt- Abfälle im Meer. „In einem der Kurse zeigen zwei Fischkutter in einem Pilotprogramm leiterin bei SUBMON, Carla Álvarez, „Ohne wir Filme, für die man eine Virtual-Reality- zur Abfallbeseitigung eingesetzt. „Zwei die Zusammenarbeit mit den Fischern wäre Brille benötigt. Mit 360-Grad-Kameras haben Wissenschaftler von SUBMON haben direkt die Untersuchung der entsprechenden wir den Fischfang auf einem Trawler, einem an Bord Art und Herkunft der Kunststoffe Wechselwirkungen nicht möglich gewesen.“ Ringwadenkutter, einem Thunfischfangschiff ermittelt, die sich in den Netzen verfangen und einem herkömmlichen Fischkutter sowie Die von der FLAG Costa Brava finanzierten hatten. Heute ist das Plastikproblem ja all- eine Fischauktion aufgenommen.“ Schulungen erstreckten sich auf das Ergrei- gemein bekannt, aber wir weisen schon Die Kurse finden in Gruppen von bis zu 80 Personen (Erwachsene und Kinder) statt und werden von vielen Gemeinden, Schulen und Zus ammenar beit au f allen Ebenen Privatunternehmen nachgefragt. „Im Jahr 2019 haben wir in ganz Katalonien 50 Ver- an der Cos t a Brava anstaltungen durchgeführt, und für 2020 haben wir bereits 20 fest terminiert“, sagt er. > Zusammenarbeit auf regionaler Ebene: Die FLAG Costa Brava hat zusammen mit der FLAG Delta del Ebre und der Föderation katalanischer Cofradías an der Gründung der Frauenvereinigung Dones de la Mar mitgewirkt. Aus dem Natur- und > Zusammenarbeit auf nationaler Ebene: Beim Projekt Cerco Cataluña-Euskadi hat die Kulturerbe des Gebiets FLAG Costa Brava mit der FLAG Baskenland zusammengearbeitet. In der Absicht, einen katalanischen Erzeugerverband für pelagische Fischerei zu gründen, wurden katalani- Nutzen ziehen sche Eigentümer von Ringwadenkuttern ins Baskenland entsendet, um sich über den Die Naturparks Cap de Creus und Medes- entsprechenden dortigen Erzeugerverband zu informieren. Inseln sind beliebte Touristenziele an der > Zusammenarbeit auf transnationaler Ebene: Die FLAG hatte die Federführung bei zwei Coast Brava, wo der Tauchsport schon seit transnationalen Projekten inne. langem einen wichtigen Wirtschaftszweig - Beim Projekt NorWedMed zur Erhöhung des Marktwertes von Fischereierzeugnissen darstellt. Die Vereinigung für Unterwasser- aus dem nordöstlichen Mittelmeerraum erarbeitete die FLAG Costa Brava gemein- tourismus an der Costa Brava11, die älteste sam mit spanischen, französischen und italienischen FLAG ein Kochbuch in vier Berufstauchervereinigung Spaniens, hat Mittelmeersprachen. im Jahr 2019 ein Projekt zur Förderung des - Die FLAG Costa Brava hat die Teilnahme von Trawlern aus ganz Katalonien an umweltverträglichen Tauchens finanziert, der Internationalen Fachmesse Danfish10 2019 in Dänemark mitfinanziert. Zweck in dessen Rahmen vierzehn kostenlose war die Förderung des Austausches zwischen den Eignern von Fischkuttern aus Kurse für die Tauchlehrerinnen und Tauch- dem Mittelmeerraum mit Vertretern der in puncto Fischereitechnik führenden lehrer aus den 36 Tauchstandorten der Ver- Berufsvereinigung Danfish. einigung organisiert wurden. > Zusammenarbeit auf europäischer Ebene: Die FLAG Costa Brava hat seit ihrer „Umweltschutz ist für uns eine Frage der Gründung an drei transnationalen FARNET-Seminaren teilegenommen. Ihre drei sozialen Verantwortung von Unterneh- Kooperationsprojekte wurden von der Regionalbehörde auf der Versammlung der men12. Wir arbeiten in geschützten Gebieten, Verwaltungsbehörden im Oktober 2019 in Brüssel vorgestellt.
I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 7 I ▲ Die Vereinigung für Unterwassertourismus bietet ▲ Josep Lluis, im ‚Maram‘ Zentrum. kostenlose Kurse über nachhaltige Entwiklung an. von denen einige die größte Kinderstube gleichzeitig umweltpolitische Wertvorstel- Nach und nach modernisierte das aus dem der handwerklich am stärksten befischten lungen vermitteln“, erläutert Raquel Gómez, Europäischen Fischereifonds (EFF) geför- Arten darstellen. Ein schlechter Umgang mit eine der geschulten Tauchlehrerinnen. derte Maram mit Finanzhilfe der FLAG seine diesen Gebieten kann zum Nachteil für die Unterrichtsräume und sein Lehrmaterial. „Bei „Der maritime Charakter der katalonischen Fischerei sein, die wir als Wirtschaftszweig unserer Entscheidung zur Einrichtung dieser Gesellschaft geht verloren. Die uneinge- zu achten haben“, so Verbandspräsident Flächen haben wir uns von der Absicht leiten schränkte Ausschöpfung aller unserer Mög- Genis Dalmau. „Deshalb haben wir in einem lassen, über die regionale Fischereitradition lichkeiten war der wesentliche Beweggrund ersten Schritt unsere Tauchlehrer instruiert, aufzuklären“, so Trinidad Agundez, Verbands- für die Verabschiedung der katalanischen die für jeden Umweltschaden Verantwor- sekretärin der Cofradía L´Escala. Meeresstrategie 203013 im Jahr 2018“, so Sergi tung übernehmen müssen, den ihre Kun- Tudela, Generaldirektor für Fischerei bei der „Unser Bestreben, für Fisch und traditio- den verursachen.“ Generalitat de Catalunya. „Dabei kommt nelle Gerichte aus der Region zu werben, Die auf zwölf Unterrichtsstunden angelegten den FLAG eine zentrale Rolle zu, etwa wenn ist kein Geheimnis“, fügt Fischer Josep Lluis Kurse umfassten Module zur Beaufsichtigung es darum geht, dass sich die Menschen dem hinzu. „Deshalb haben wir beispielsweise und Kontrolle von Taucherinnen und Tau- Meer wieder verbunden fühlen sollen.“ an der Gastronomiemesse in L´Escala15 teil- chern sowie zur Kommunikation mit diesen. genommen. Ich liebe mein Dorf, das ein Zu genau diesem Zweck wurde im Jahr „Bis dahin bekamen die Touristen vor dem stolzes Fischerdorf ist, aber mit Worten 2009 das Fischbildungszentrum Maram14 in Tauchgang eine Unterweisung zu den The- allein ist es nicht getan; vielmehr müssen L´Escala eröffnet. Es soll die Welt der Fische- men Lebensräume und Tierartenerkennung. wir aktiv dafür sorgen, dass unser Fische- rei den Menschen bildhaft und interaktiv Durch die Ausweitung des Kursangebots reierbe einen Wert bekommt.“ ■ näherbringen. können wir unsere Einnahmen steigern und 7 Die Halbinsel Cap de Creus bildet den nordöstlichs- ten Zipfel Spaniens und besteht in großen Teilen aus dem Naturpark Cap de Creus (katalanisch Parc COSTA BRAVA (Spanien) Natural del Cap de Creus). Er umfasst den größten Teil der Fläche von acht Kommunen und ist der erste Meeres-Land-Naturpark Kataloniens. 8 Richtlinie 92/43/EWG vom 21. Mai 1992 zur SPA N I EN Fläche: Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der 360 km² wildlebenden Tiere und Pflanzen 9 https://www.pescaplastik.com/ Bevölkerung: 10 Berufsverband Danfish FLAG Costa Brava 171 936 Einwohner 11 www.submarinismocostabrava.com Bevölkerungsdichte: 12 Unter sozialer Verantwortung der Unternehmen versteht man deren Selbstverpflichtung 479 Einwohner/km² zur Übernahme von Verantwortung für die Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf die Gesellschaftaft und die Umwelt. https:// ec.europa.eu/growth/industry/sustainability/ corporate-social-responsibility_de 13 Die von der Regionalregierung gebilligte Maritime EMFF-Haushalt EUR Strategie Katalonien trägt sämtlichen Tätigkeiten EU Regional Gesamt mit Auswirkungen auf die vom Meer bedeckte Fläche Kataloniens Rechnung. Sie gilt zunächst 3 044 045 537 185 3 581 230 bis zum Jahr 2030 und erstreckt sich auf die vier Handlungsfelder nachhaltige Entwicklung, Schutz KONTAKT der Meeresökosysteme, Bürgerbeteiligung und innovative Verwaltung. GALPA Costa Brava 14 Centro MARAM https://www.visitlescala.com/es/ c/o Ms. Francesc Galí museos/centro-dinterpretacion-del-pescado-maram c/Moll Pesquer, s/n 15 Die Gastronomiemesse L´Escala war ein von 17230 Palamós, Spanien der kommunalen Agentur für Wirtschafts- und Tourismusförderung unterstütztes FLAG-Projekt, Tel.: +34 659.68.54.00 in dessen Rahmen eine Gruppe einheimischer gerencia@galpcostabrava.cat – www.galpcostabrava.cat Fischer im September 2019 Werbemaßnahmen für traditionelle Fischgerichte durchführte.
I I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 8 Bericht DIE „BL AUE“ K REISL AUF WIR TSCHAF T Das blaue Zeichen Die Säuberung des Meeres von Müll im Allgemeinen und Kunststoffabfällen im Besonderen ist zu einem wesentlichen Anliegen der Fischer und Anwohner in den Küstengemeinden nahe der portugiesischen Hauptstadt Lissabon gewor- den. Hier trägt die Kreislaufwirtschaft blau. Wenn Ana Pêgo unterwegs ist, trifft man Anas Projekt mit der Bezeichnung Plasticus sie häufig mit gesenktem Kopf an. „Sehen Maritimus umfasst eine Facebook-Seite, ein Sie die Fossilien in dem Stein da?“ fragt sie in neun Sprachen herausgegebenes Buch und zeigt dabei auf weiße Abdrücke in den und ein Umweltbildungsprogramm für Steinplatten entlang der Hafenpromenade Schulkinder und deren Lehrkräfte. „Inzwi- in Cascais. Die Meeresbiologin kann nicht schen konzentriere ich mich auf die Lehre- anders: Nichts auf dem Boden, sei es gut rinnen und Lehrer, weil das Projekt immer oder schlecht, entgeht ihrem prüfenden größer wird und ich nicht mehr alle Anfragen Blick. Im Laufe der Zeit hat sie sich zunächst von Schulen erfüllen kann. Die Lehrkräfte zu einer Meisterin im Sammeln von Strand- wiederum bilden zwar einen großen Multi- gut entwickelt und dann diese Leidenschaft plikator, wissen aber oft nicht genau, wie sie einer praktischen Verwendung zugeführt. Im Lauf ihres Sammlerlebens hat Ana viele hundert Abfallgegenstände aus Kunststoff, aber auch aus anderem Material – Taschen, Spielzeug, Strohhalme, SIM-Karten, Filter von E-Zigaretten, Telefonakkus – gefunden. Sie hat das Gesammelte sortiert, gereinigt und zu hübschen Dekorationsgegenstän- den zusammengefügt, die sie in Schulen und Büchereien, in Cafés und sozialen Netz- werken zeigt – schlichtweg an jedem Ort in der echten oder in der virtuellen Welt, an dem sie Aufmerksamkeit für das wecken kann, was sie die „neue invasive Art“ der Meere nennt. „Durch die Verschmelzung von Wissenschaft und Kunst will ich mög- lichst viele Menschen ansprechen und ihr Bewusstsein für die Umweltkatastrophe schlechthin schärfen: Plastik. Diese verspielt wirkenden Gegenstände helfen dabei, sich die Größenordnung der Katastrophe vorzustellen.“ ▲ Ana Pêgo zeigt die Plastikgegenstände, die sie am Strand findet.
I I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 9 ▲ Müll wird von Fischern im Hafen Cascais angesammelt und von dort entsorgt. sich mit ihren Schülerinnen und Schülern des, Koordinatorin des Verbands A25 (Asso- der Generaldirektion für Fischereihäfen und dem Thema Meeresökologie nähern sollen. ciação para o Desenvolvimento Sustentável Fischauktionen Docapesca in Zusammen- Ich helfe ihnen mit vielerlei Ratschlägen da Região Saloia), den die portugiesische arbeit mit dem portugiesischen Verein zur insbesondere zum Erkennen der Herkunft Regierung als zwischengeschaltete Stelle Beseitigung von Meeresabfällen entwickelt von Abfällen. Abgesehen von dem, was für die Verwaltung europäischer Beihilfen wurde und seit 2017 vom portugiesischen direkt auf dem Strand zurückgelassen wird, für ländliche Gebiete und Küstengebiete in Meeresministerium gefördert wird. gelangt der Plastikmüll sowohl aus dem den Außenbezirken von Lissabon („Região Das neue Projekt geht jedoch einen Schritt Binnenland als auch vom Meer dorthin, als Saloia“) anerkennt. A2S verwaltet ein LEA- weiter. Der beim Fischfang anfallende Müll Straßen- und Industrieabfall, aber auch als DER-Programm im Binnenland und die (Netze und andere Kunststoffartikel) wird Folge von Havarien oder Zwischenfällen FLAG Ericeira/Cascais an der Küste. nicht nur gesammelt und entsorgt, sondern auf See. Diese Druckerpatrone zum Beispiel Die Mitgliedschaft der FLAG bilden zwei als Rohstoff zur Herstellung dauerhafter stammt aus einem Container, der vor den Gemeinden (Mafra und Cascais), drei Kör- Gebrauchsgüter (zunächst Stiefel, Ölzeug, Azoren über Bord eines Frachters ging. Die perschaften des öffentlichen Rechts und elf Berufs- und sonstige Kleidung) verwendet. Meeresströmung hat Teile der Fracht den andere Körperschaften, darunter drei regio- „Mit sichtbaren Konsequenzen für das öko- langen Weg bis hierher getragen. Schlimm nale Fischfangorganisationen. Der Europäi- logische und soziale Verantwortungsgefühl ist auch, dass Kunststoff – sehr langsam – in sche Meers- und Fischereifonds (EMFF) finan- der Verbraucherinnen und Verbraucher“, so kleine Partikel zerfällt, die von Fischen auf- ziert gegenwärtig rund zehn Projekte auf den Isabel Farinha, Professorin für Marketing an genommen werden, so dass dieses ‚Mikro- Feldern Fisch- und Meeresfrüchteverkauf, der Lissaboner Hochschule Universidade plastik‘ letztlich auf unserem Teller und in Tourismus und „blaue“ Kreislaufwirtschaft. Europeia und Initiatorin des Projekts als Teil unserem Blutkreislauf landet.“ „Bis jetzt haben wir erst ein Projekt in die- des Fachbereichs UNIDCOM. sem letzten Bereich finanziert, doch es gibt „Die Einführung des Modells einer blauen in unserer Region andere, die zwar nicht von Nachhaltige lokale uns finanziert worden sind, aber jede Berech- Kreislaufwirtschaft unter Beteiligung zivilge- sellschaftlicher, fischereiwirtschaftlicher, poli- Entwicklung tigung haben, auf europäischer Ebene geför- tischer und unternehmerischer Interessen hat dert und bekannter gemacht zu werden.“ Mit ihrem Projekt hat Ana beim Wettbewerb die Umwandlung des Tag für Tag anfallenden Terre de Femmes der Yves-Rocher-Stiftung Mülls zu etwas Neuem und Wertvollem zum unlängst den dritten Preis gewonnen. Ihre Ziel. Das ist der Gedanke hinter der ,Postmor- Eigeninitiative könnte eine nützliche Start- Das blaue Zeichen tem-Markenentwicklung‘ – ich habe mir die- hilfe für eine aus europäischen Fonds geför- Das von März bis September 2019 konzipierte sen Begriff ausgedacht, weil wir den Abfällen derte lokale Entwicklung sein. „Ich versuche und von der FLAG geförderte Projekt „Post- ein zweites Leben, eine zweite ‚Marke‘ geben Ana davon zu überzeugen, dass sie im Rah- mortem-Markenentwicklung in der blauen wollen“, erläutert Isabel Farinha. men unserer vierten Aufforderung einen Kreislaufwirtschaft“ orientiert sich am Projekt Projektvorschlag einreicht“, so Marcia Men- „Fischfang für ein abfallfreies Meer“, das von ▶▶▶
I I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 10 „Wir versuchen, ein transparentes und ganzheitliches Kreislaufwirtschaftsverfah- ren zu fördern, das nach dem Grundsatz ‚Ich kaufe, was mir gehört‘ die sozioökono- mische Entwicklung stärkt. Wir stellen uns eine Industrie vor, die für das Meer schäd- liche Stoffe in neue Produkte mit starker ökologischer Prägung verwandelt. Nach- haltigkeit ist das Produkt eines ethischen und kreativen Prozesses der ökologischen Gestaltung rund um ein hohes Maß an Qualitäts- und Umweltbewusstsein.“ Das anfangs von den Fischern aus Ericeira und für sie konzipierte Projekt wurde infolge unerwarteter Umstände auf Cascais ausgedehnt. „Im Dezember 2019 zerstörte der Sturm ‚Helena‘ die Hafen-Infrastruktur von Ericeira fast völlig“, sagt Sonia Seixas, Biologin an der Universität Aberta und ver- antwortlich für die Projektkoordinierung. „Uns war klar, dass es ohne den Hafen kein Projekt geben würde, und deshalb wichen wir auf Cascais aus.“ Im Januar 2020 organisierte das Projekt- team in Cascais ein Treffen zwischen den Fischern, der Gemeinde, dem kommunalen Abfallverwertungsunternehmen Tratolixo und Docapesca. Im Hafen wurden Sammel- ▲ Fernando Teixeira und die neue Produktpalette behälter aufgestellt, neben dem Fischauk- aus aufbereitetem Kunststoff. tionshaus wurden Flächen bereitgestellt. Alles war für die Auftaktveranstaltung am 16. März vorbereitet, doch dann kam Fapil Corona und die damit verbundene Stillle- Mit der Vereinigung von Machbarkeit, Nach- Dank dieses neuen Rohstoffs aus aus- gung des täglichen Lebens. Bei Redaktions- haltigkeit und Rentabilität kennt sich Fer- gedienten Tauen, Netzen und anderen schluss (Mai 2020) stand das Projekt „Blaue nando Teixeira gut aus. Er ist Vorstandsvor- Kunststoffabfällen aus der Meereswirt- Kreislaufwirtschaft“ noch immer in den sitzender der Firma FAPIL, die sich auf die schaft konnte FAPIL eine Palette von rund Startlöchern. „Ich habe keinen Zweifel am Herstellung von Haushaltsprodukten aus dreißig neuen Produkten entwickeln, die Erfolg des Projekts, zumindest nicht, was Kunststoff spezialisiert hat. „Schon als mein zu mindestens 20 % aus Recyclingmate- uns betrifft“, so Paulo Pina, Präsident des Vater das Unternehmen 1975 gründete, war rial bestehen und in Kürze auf den Markt Berufsfischervereins Cascais mit rund ein- er ein echter Vorkämpfer für den Umwelt- gebracht werden. „Sie sind zwar zehn bis hundert Mitgliedern. „Die jüngeren Fischer schutz. Nach seinem Tod im Jahr 2018 dach- zwanzig Prozent teurer, fühlen sich aber haben ein ausgeprägtes Bewusstsein für ten wir erstmals über die Herstellung neuer aufgrund des verwendeten Recyclingma- die Umwelt, für nachhaltige Fischerei und Produkte aus Kunststoffmüll aus dem Meer terials unvergleichlich ‚biologisch‘ an. Das für das Problem der Meeresverschmutzung nach, der nicht ins Meer zurück sollte, um eröffnet uns die Möglichkeit, in gehobene durch Abfälle. Und die Zusammenarbeit so den Weg der Verklappung, Verbrennung Preissegmente vorzudringen und die nord- mit Biologen motiviert sie nur noch mehr.“ oder Deponierung zu verlassen, den Abfälle europäischen Märkte zu erschließen.“ für gewöhnlich nehmen. Also haben wir „Das Coronavirus kam wirklich zur Unzeit“, weltweit nach Firmen Ausschau gehalten, sagt Sonia Seixas. „Wir sind startbereit, die uns mit Granulat aus aufbereitetem die Fischer sind es auch, und die von uns Kunststoff beliefern können.“ durchgeführten quantitativen und qualita- tiven Studien haben die Tragfähigkeit des Projekts bestätigt.“
I I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 11 ▲ Granulat aus Tauen, Netzen und anderen Kunststoffabfällen. ERICEIRA / CASCAIS (Portugal) Skeleton Sea „Portugal hat beim Schutz der Meeresum- welt in den letzten Jahren zwar große Fort- Fläche: schritte erzielt, aber der Plastikmüll stellt wie PORTUGAL 95 km² überall auf der Welt immer noch ein riesiges Problem dar. Damit wir uns davon befreien Einwohner: können, müssen wir für den Müll eine Ver- 80 860 Einwohner wendung finden“, so der deutsche Surfer Ericeira / Cascais Bevölkerungsdichte: Xandi Kreuzeder. Er lebt in Ericeira, das seit 852 Einwohner/km² 2011 „World Surfing Reserve“ ist. Xandi betei- ligt sich vor Ort am Aufbau der blauen Kreis- laufwirtschaft, die immer mehr Mitstreiter findet. Im Rahmen seines Projekts Skeleton Sea entstehen aus Meeresabfällen Groß- EMFF-Haushalt EUR skulpturen, die teilweise bereits in ganz Por- EU National Gesamt tugal und (während des Volvo Ocean Race 1 462 918 258 162 1 721 080 2011/2012) sogar weltweit zu sehen waren. Rund 1200 Schülerinnen und Schüler haben KONTAKT am Umweltbildungsprogramm des Projekts GAL Ericeira/ Cascais teilgenommen, das mit Beihilfen der Euro- A2S – Associação para o Desenvolvimento Sustentável da Região Saloia päischen Umweltagentur (aus Island, Liech- c/o Márcia Mendes tenstein und Norwegen) gefördert wurde. Mafra Business Factory Das Schlusswort überlassen wir Xandi: „Die Avenida Primeiro de maio, n.°1 jungen Menschen sind sich des Problems 2640-455 Mafra – Portugal sehr bewusst – so bewusst, dass sie ihren www.a2s.pt – geral@a2s.pt Eltern Nachhilfe darin geben. Und das stimmt mich zuversichtlich!“ ■
I I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 12 Für den Wandel gerüstet: Strategien und Förder- maßnahmen der FLAG Den Blick bereits auf die nächste Programmperiode gerichtet, haben es auch die FLAG mit etwas zu tun bekommen, das sich nur wenige vorstellen konnten: eine weltweite Pandemie in Form von COVID-19. Kurzfristig hat der Ausbruch in vielen Teilen Europas dazu geführt, dass die Menschen ihre Häuser nicht verlassen durften und Fischerei und Aquakultur zum Erliegen kamen. Langfristig sind die Auswirkungen von COVID-19 auf die Gesellschaft im Allgemeinen und die Fischwirtschaft im Besonderen jedoch noch nicht absehbar, auch wenn die Wirtschaft all- ▲ Verteilung der Schutzausrüstung. mählich wieder Fahrt aufnimmt und über die Neuordnung gesellschaftlicher Strukturen bereits nachgedacht wird. UMVERTEILUNG VON BUDGETMITTELN UND UMLENKUNG VON SENSIBILISIERUNGSMASSNAHMEN Deutlich geworden ist allerdings, dass die lokalen Entwicklungs- IN NOTSITUATIONEN [SPANIEN] strategien die Widerstandsfähigkeit von Gemeinden gegenüber Als COVID-19 in Spanien ausbrach und die Fortführung der Fische- Erschütterungen von außen stärken helfen und flexibel sein müs- rei gefährdete, reagierte die FLAG Baskenland zügig auf den Man- sen, wenn sie es den FLAG ermöglichen sollen, auf Bedarfsverände- gel an einfachen Gesundheits- und Sicherheitsartikeln wie etwa rungen vor Ort zu reagieren. Die Gegebenheiten, unter denen die Masken, Thermometer und Desinfektionsmittel. Wo immer mög- meisten FLAG tätig sind, verändern sich durch COVID-19 ebenso tief- lich, half sie bei deren Beschaffung und Verteilung an die Fischer greifend wie durch die Finanzkrise im Jahr 2008. in ihrem Gebiet. Dabei arbeitete sie ebenso eng mit den örtlichen Fischereivereinen, einer überstaatlichen Organisation und der Im Folgenden wird aufgezeigt, wie einige FLAG ihre Förderung so Regionalregierung zusammen wie bei einem Projekt zur Anpas- umgewidmet haben, dass sie neuen und drängenden, zu Beginn sung der Fischverarbeitungsvorschriften im größten Hafen ihres der Programmperiode nicht absehbaren Erfordernissen gerecht Gebiets. Damit war die Einhaltung der Abstandsregeln gewähr- werden können. Ihre Vorgehensweise könnte anderen FLAG Denk- leistet, so dass gefangener Fisch weiter angelandet und verkauft anstöße für die Ausarbeitung von deren Strategien für die Zeit werden konnte. nach 2020 geben.
I I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 13 ▲ Mario Belo (GF von Quinta Quanta) mit Halophytenpflanzen. ▲ Lokaler Fischer bietet seinen Fang zum Verkauf an. Projekt gefördert von FLAG Oeste. ANBAUBETRIEB FÜR MEERESPFLANZEN AUFRUF AN DIE BEVÖLKERUNG ÜBER STELLT KURZFRISTIG AUF HERSTELLUNG VON SOZIALE MEDIEN ZUR UNTERSTÜTZUNG HANDDESINFEKTIONSMITTELN UM [PORTUGAL] DER FISCHWIRTSCHAFT [ITALIEN] In der Corona-Krise waren Handdesinfektionsmittel im Gebiet der Die FLAG VeGAL führte auf Facebook eine Werbekampagne für FLAG Oeste zunächst ein knappes Gut. Da die FLAG aber zuvor die den Verzehr von Fisch aus ihrer Region durch. Darin klärten Fischer Gründung eines Unternehmens gefördert hatte, das Meerespflan- aus der Region in Videos über ihre Erzeugnisse auf. Zur Unter- zen zur Gewinnung ätherischer Öle anbaut, konnten die Anlagen stützung der mitwirkenden Fischer und sonstiger einheimischer dieses Betriebs auf die Erzeugung eines hydroalkoholischen Hand- Gewerbebetriebe förderte die FLAG ferner den Direktverkauf, gels umgestellt werden. Als Ausgangsprodukt zur Gewinnung indem sie Auskunft über die Geschäftszeiten und die Lieferorte des benötigten Alkohols bezog das Unternehmen Kürbisse aus der einheimischen Erzeuger gab. Verfolgen konnte man die Aktion regionalem Anbau. Zu Hochzeiten der Krise wurden wöchentlich über den Hashtag #IoMangioItaliano. Die Vorstandsmitglieder der 50 Liter Handgel produziert, ohne dass die Erzeugung ätherischer FLAG organisierten sowohl die Kampagne als auch die Genehmi- Öle darunter litt. gung neuer Projekte zur Abmilderung der Folgen von COVID-19 im Wege von Telekonferenzen. ▲ Fisch im Verkaufsautomat. ▲ Fischer auf Gran Canaria. KONTAKTLOSER KAUF UND VERKAUF AUFBAU EINES ÖRTLICHEN LIEFERNETZES VON FRISCHFISCH [SLOWENIEN] ÜBER WHATSAPP [SPANIEN] Die FLAG Posavje ließ sich etwas einfallen, damit die Verbrauche- Während der Corona-Beschränkungen in Spanien konnten viele rinnen und Verbraucher ohne Kontakt zu anderen Personen Frisch- Verbraucherinnen und Verbraucher auf Gran Canaria ihre gewohn- fisch kaufen konnten. Auf dem Marktplatz der Stadt Krško wurde ten Fischbezugsquellen nicht nutzen. Zur Lösung dieses Problems ein Verkaufsautomat aufgestellt, aus dem man unter Beachtung gründete die FLAG Gran Canaria eine WhatsApp-Gruppe als Binde- der Abstandsregeln rund um die Uhr frischen Fisch und andere glied zwischen Erzeugern und Konsumenten. Über die Gruppen- Fischerzeugnisse ziehen konnte. funktion konnten die Kunden Frischfisch bestellen, der dann von den Fischern an bestimmte Abholstationen geliefert wurde. Die FLAG fördert auch die Weiterentwicklung dieser Initiative zur digi- talen Dauerplattform.
I I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 14 ▲ Kunden kaufen Fisch direkt vom Kutter dank ▲ Kavala, Griechenland. des „Fisch vom Kutter“ Online-Portals ANPASSUNG EINES LAUFENDEN FLAG- TECHNOLOGIEFÖRDERUNG PROJEKTS AN NEUE ERFORDERNISSE UND BÜROKRATIEABBAU [GRIECHENLAND] [DEUTSCHLAND] Zur Aufrechterhaltung von Projektaufrufen und Projektauswahl- Das Onlineportal Fisch vom Kutter als Bindeglied zwischen Konsu- verfahren griffen die griechischen FLAG in der Corona-Krise auf menten und einheimischen Fischern ist ein Langzeitprojekt der Telekonferenzen zurück. Zur Minderung des Drucks, dem sowohl FLAG Ostseeküste. Seinen Nutzen hat es in der Corona-Krise mehr die FLAG als auch die Projektträger ausgesetzt waren, verlänger- denn je unter Beweis gestellt. Die Seitenaufrufe nahmen deutlich ten mehrere FLAG (Pilio, Thessaloniki, Kavala, Dodecanese und zu, auch weil jene Fischer, die zuvor lediglich einen niedrigen Pro- Aitoliki) ferner die Einreichungsfristen. Darüber hinaus wurde das zentsatz ihres Fangs direkt vermarkten wollten, nun ihren gesamten Auswahlspektrum erweitert, um die Einreichung von Projektvor- Fang über das Portal zum Verkauf anboten. Darüber hinaus organ- schlägen zu fördern, die eine Bewältigung pandemiebedingter sierten die Projektträger als Ergänzung zu den üblichen Abgabestel- Herausforderungen zum Gegenstand haben. len einen Verkaufs-Lieferwagen in jener Zeit, in der Wochen- und andere Märkte unter freiem Himmel geschlossen waren. ▲ Abholdienst als Reaktion zum Lock-Down. ▲ Region der FLAG Costa Brava. EINRICHTUNG EINES ABHOLDIENSTES AUSARBEITUNG EINER STRATEGIE FÜR ZUR ABMILDERUNG DER FOLGEN VON DIE ZEIT NACH DER PANDEMIE [SPANIEN] AUSGANGSBESCHRÄNKUNGEN [FINNLAND] Die FLAG Costa Brava hat mit Blick in die Zukunft auf mehreren Nach Einführung der Corona-Beschränkungen in Finnland richtete Telekonferenzen erörtert, wie sie ihre Strategie nach dem Ende ein Fischverarbeitungsbetrieb im Gebiet der FLAG Zentralfinnland der Pandemie anpassen könnte. Gegenstand der virtuellen Kon- in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Restaurant und mit För- ferenzen waren Ideen und Vorschläge zur Bewältigung der pan- derung durch die FLAG einen Abholdienst für die einheimische demiebedingten neuen Herausforderungen im Gebiet der FLAG. Bevölkerung ein. Infolgedessen konnten die gebietsansässigen Darüber hinaus wollte die FLAG mit den Konferenzen sowohl ihre Fischer den Verarbeitungsbetrieb und dieser wiederum das Res- eigene Sichtbarkeit als auch jene der Fischwirtschaft in ihrem taurant ohne Unterbrechung mit frischer Ware beliefern. Gebiet erhöhen und die Auswahl von Projekten vorantreiben, die der örtlichen Gemeinschaft als Ganzes nutzen würden. ■
I I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 15 Die Menschen CLLD heute und in Zukunft Vor dem nicht mehr fernen Beginn der nächsten Programmperiode im Jahr 2021 wollten wir den aktu- ellen Stand des CLLD-Konzepts und dessen Einfluss auf die Zukunftsplanung in Erfahrung bringen. Im Folgenden berichten drei Vertreter einer FLAG, eines nationalen Netzwerks für den ländlichen Raum und einer Verwaltungsbehörde über die laufenden Vorbereitungen auf die nächste Programmperiode und ihre Zukunftserwartungen. ▲ Antonio Gottardo, Vorsitzender der FLAG VeGAL. FLAG VeGAL (Italien) will In der nächsten Programmperiode wird unser Schwerpunkt ähnlich sein. Unsere lokale Strategie hat seit jeher die Sicherung von Arbeitsplätzen und Umweltschutzgedanken stärken die Förderung der Wirtschaft zum Ziel. Die traditionelle Fischerei sichert Das nahe der historischen Stadt Venedig gelegene Gebiet der FLAG den Lebensunterhalt, deshalb versuchen wir die Anzahl der Beschäftigten VeGAL verzeichnet alljährlich bis zu 40 Millionen Touristen. Antonio in der Branche zu stabilisieren und die Fischer zu ermutigen, sich durch Gottardo ist Präsident der FLAG. Ausübung anderer Tätigkeiten wie etwa Ökosystemleistungen und Vieh- zucht weitere Einkommensquellen zu erschließen. Auf diese Weise behal- „Das Gebiet der FLAG VeGAL umfasst ca. 784 km² Fläche und etwa ten handwerkliche Fischerei und Aquakultur ihre Existenzfähigkeit. 83 km Küste. Mit Flussgebieten, landwirtschaftlich genutzten Flächen und Küstenzonen ist es geografisch vielfältig. Die Mitglieder der FLAG Eine weitere Möglichkeit zur Förderung von Beschäftigung und Ein- repräsentieren fast die gesamte Fischerei- und Nutztierwirtschaft des kommensdiversifizierung verkörpert die Verknüpfung von Fischerei Gebiets, und das erwarten wir auch in der nächsten Programmperiode. und nachhaltigem Fremdenverkehr. Wir versuchen, die Stärke der venezianischen Tourismuswirtschaft mit dem einzigartigen Kulturerbe Unsere lokale Entwicklungsstrategie für die laufende Periode hatte die der Fischerei zu vereinen und dabei das von Generation zu Generation Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, die Stärkung der Rolle von weitergegebene venezianische Kaufmanns- und Handwerkerwissen zu Fischwirtschaftsgemeinden in der lokalen Entwicklung und in lokalen berücksichtigen. Darüber hinaus wird es wichtig sein, die Aufmerksam- Körperschaften sowie die Förderung der Entwicklung von Fischerei und keit auf Orte mit Fischereibezug wie etwa Uferzonen, Hafengebiete und Aquakultur zum Ziel. Unsere Projekte galten in erster Linie Fischerei- und Fischerdörfer zu lenken, damit diese Eingang in die Reiserouten finden. Aquakulturbetrieben und somit der Wirtschaftsförderung. Gegenwärtig läuft eine Aufforderung zur Auswahl von Projekten, die Zum Schutz von Schildkröten und Delfinen wurden in der laufenden ‚traditionsreiche Fischerdörfer‘ finden und als solche ausweisen. Periode ohne größere wissenschaftliche Grundlage neue Gebiete von Bei früheren Projekten zum Thema nachhaltiger Tourismus ging es gemeinschaftlichem Interesse (engl. sites of Community importance, Abk. oftmals um die Vereinheitlichung von Leistungsangebot, Leistungsaus- SCI) ausgewiesen, was für die Fischerei mit tiefgreifenden Einschnitten ver- führung und Leistungsorten. Jetzt wollen wir uns stärker um die Aspekte bunden ist. Gemeinsam mit einheimischen Fischern und benachbarten Einzigartigkeit und Biodiversität kümmern – Aspekte, die den italieni- FLAG in den Regionen Friaul und Emilia Romagna haben wir untersucht, schen Küstengebieten als Unterscheidungsmerkmal dienen können. wo in den SCI der Fischfang gefährdet ist. Dank dieser Zusammenarbeit wurden kleinere Gebiete ausgewiesen, in denen weiter gefischt werden ▶▶▶ darf und Wissenschaftler auf den Kuttern mitfahren können.
I I Farnet Magazin Nr 18 Herbst 2020 Seite 16 Die Umweltbilanz der entsprechenden Projekte verbessert sich durch die fortlaufende Überwachung der Küstenzonen und Lagunen durch die Fischer, was beweist, dass die Fischwirtschaft eine aktive Rolle beim Schutz des Meeres übernehmen kann. Die Unterstützung der Wirt- schaft bei Expansionsvorhaben und bei der Ergreifung neuer Chancen trägt zur Entstehung ökonomisch und sozial aktiver Unternehmen bei, von deren Tätigkeit das Umland profitiert. Es werden dann aber auch Projekte gebraucht, die sich der verbesserten Infrastruktur bedienen und das Potenzial von Häfen und Fischmärkten möglichst weit ausschöpfen. Es bedarf einer engeren Vernetzung zwischen den Handelnden, einer intensivierten technischen Forschung und einer stärkeren Absatzförde- rung. Wir als FLAG können die entsprechende Planung und Ausführung in Gang setzen. Unter den von uns ausgewählten Projekten sind Initia- ▲ Erko Veltson, Estnisches Nationales Netzwerk. tiven zur Wertschöpfung aus ‚Moeche16‘ mittels entsprechender Ange- bote in Restaurants, Aufklärungskampagnen in Verkaufsstellen und Teilnahme an Fachmessen. Estländisches Netzwerk für den Das Umweltbewusstsein der staatlichen Stellen auf nationaler, regio- ländlichen Raum zur Fortsetzung naler und lokaler Ebene hat zugenommen. Dieser Bewusstseinswandel hat schon jetzt Einfluss auf die Projektauswahl und wird sie auch in der seiner guten Arbeit gerüstet nächsten Periode beeinflussen. Die FLAG VeGAL sieht für die Fischer zwei Die nationalen Netzwerke (NN) sind unterschiedlich strukturiert; große Chancen. Erstens sollten sie auf See auch Aufgaben der Umwelt- sie können beispielsweise eine Abteilung der Verwaltungsbe- überwachung wahrnehmen. Damit das in der Praxis funktioniert, sind hörde oder eine externe Agentur sein, die „technische Hilfe“ aus ein Mentalitätswandel bei den Fischern, die entsprechende Weiter- dem EMFF erhält. Unabhängig von der Zusammensetzung haben bildung der Fischer und der Aufbau engerer Beziehungen zwischen die NN zumeist ähnliche Ziele wie etwa Kapazitätsaufbau, Kon- Fischern und Forschung vonnöten. Zweitens muss die Verwendung bio- taktpflege, Gedanken- und Erfahrungsaustausch sowie Verbesse- logisch abbaubarer Fangausrüstung zur Norm werden. Gegenwärtig rung des Informationsflusses zwischen der Verwaltungsbehörde setzen nur wenige Fischerei- und Aquakulturbetriebe entsprechendes (VB) und den FLAG. Gerät ein. Die FLAG haben in dieser Hinsicht noch eine wichtige Rolle zu In Estland mit seinen acht FLAG fungiert als NN das Fischerei-Infor- spielen, und der können wir gerecht werden, indem wir die Forschung mationszentrum (FIZ), ein vom EMFF gefördertes Langzeitprojekt. an biologisch abbaubarem Fanggerät fördern und die Fischer dazu Erko Veltson arbeitet beim FIZ. bewegen, derlei innovative Ausrüstung einzusetzen. „Das FIZ wurde als Teil von Achse 4 in der Programmperiode zuvor In Vorbereitung auf die nächste Programmperiode sind auf lokaler bzw. gegründet. Es pflegt Kontakte zu allen Bereichen der Fischwirtschaft regionaler Ebene mehrere vom nationalen Netzwerk der FLAG geför- – von der Aquakultur über die gewerbliche Kleinfischerei bis hin zur derte Maßnahmen ergriffen worden. Auf den FLAG-Tagungen in Noto Schleppnetzfischerei. Darüber hinaus koordiniert es die Zusammen- und Chioggia im Juli bzw. Oktober 2019 wurde über die nächste Periode arbeit zwischen Fischerei und Aquakultur und zwischen Fischereior- beraten. Eine Bewertung des aktuellen Programms ist im Gange, und ganisationen und Forschung sowie Studien und Pilotprojekte. wir erarbeiten weiterhin Verbesserungsvorschläge für die Zukunft. Bei seiner Gründung wurde das FIZ von jenen NN abgegrenzt, die mit Da wir unser CLLD-Budget für die laufende Programmperiode bereits dem CLLD-Konzept arbeiteten. Im Jahr 2015 beschloss das Ministe- verbraucht haben, bestand die Gefahr einer Finanzierungslücke bis rium die Zusammenlegung von FIZ und NN. Ich bin eines von zwei Mit- zum Beginn der folgenden Periode. Dieses Risiko haben wir ausge- gliedern des NN, die im CLLD-Zentrum arbeiten. Eine 2019 in Auftrag räumt, indem wir uns um die Verwaltung anderer Finanzmittel aus gegebene CLLD-Bewertung führte zu dem Ergebnis, dass das FIZ gut EMFF-Maßnahmen beworben haben. Nach Rücksprache mit der arbeitet und die Zusammenarbeit mit der Fischwirtschaft im Allge- Region Venetien als unserer zwischengeschalteten Stelle können wir meinen und der Küstenfischerei im Besonderen sehr positiv ist. jetzt CLLD-fremde Projekte fördern, sofern diese uns die Aufrecht- erhaltung des Kontakts zu denselben Bevölkerungsgruppen und Wirt- Jeweils am Jahresende erstellt das NN den Aktionsplan und das Budget schaftszweigen ermöglichen. Das gilt beispielsweise für Initiativen für das Folgejahr. Im Aktionsplan werden Tätigkeiten, Bildungsmaß- rund um das Einsammeln von Meeresabfällen und die Förderung des nahmen, Veranstaltungen und Veröffentlichungen für das Folgejahr Einsatzes biologisch abbaubarer Stoffe in Fischerei und Aquakultur.“ niedergelegt und die vorgesehenen Einzelpostenbudgets ausgewie- sen. Aktionsplan und Budget werden nach der Aufstellung vom Rat des FIZ geprüft und genehmigt. Die FLAG sind mit einem Mitglied im Rat des FIZ vertreten und somit an dessen Entscheidungen beteiligt. Ich erwarte, dass sich die Struktur des FIZ in der nächsten Programm- periode ebenso wenig ändern wird wie die von ihm finanzierten Maß- nahmen, denn die sind ja weiterhin notwendig. Mit der Arbeit an unserem Programm für die nächste Periode haben wir letztes Jahr begonnen. Die FLAG waren ununterbrochen einge- 16 Krebse verlieren während der Häutung für wenige Tage ihr Rückenschild. Auf bunden. Im Juli 2019 fand für sie ein Sommerseminar statt, und es Venezianisch werden sie in diesem Zustand moeche genannt. wurden regelmäßig Gesprächsrunden einberufen, zuletzt im Novem-
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