Ungeschminkt - AmateurTheater Hessen

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Ungeschminkt - AmateurTheater Hessen
ungeschminkt
Das Magazin des Landesverbandes Hessischer Amateurbühnen e.V.
Ausgabe August 2015

Landesverbandstag 2015    Seite 5

KiJu-Theaterpreis 2014 - Preisverleihung in Wetzlar               Seite 9

Wurzelwerk - Das Volkstheater Festival des BDAT               Seite 16- 17

Theaterwoche Korbach 2015           Seite 20 - 22

                                                                                       1
Beijing Modern Dance Company:                               ungeschminkt August 2015
                                            "Blooming of time"     Seite 30 - 31
Ungeschminkt - AmateurTheater Hessen
IMPRESSUM                                                       Inhalt                                         Seite
      Herausgeber:
      Landesverband Hessischer Amateurbühnen e.V.
                                                                     Impressum, Inhaltsverzeichnis                           2
      Mitglied im BDAT
      Georg-Büchner-Str. 9                                           Editorial                                               3
      61194 Niddatal
                                                                     Aus der Vorstandsarbeit/dem Verband                     4
      Verantwortlich:                                                LV Tag 2015 in Wetzlar                                  5
      Vorsitzender:
      Norbert Deforth (nd)                                           Das Interview                                        6-7
      Tel.: 06034-3467                                                                                                       8
                                                                     Burgschauspieler Eppstein
      E-Mail:
      norbert.deforth@lvha.de                                        KiJu-Preis 2014                                         9
      Im Internet unter:
      www.lvha.de                                                    Seminar: Märchen f. Erwachsene                         10
                                                                     Theater im Hayn: Die Balkonszene                       11
      Redaktionsleiter/ Verantwortlicher Redakteur
      (V.i.S.d.P.):                                                  Seminar: Regie                                         12
      Frank Weymann (fw),                                            Mini Festival in Wachenbuchen                          13
      Königsberger Str. 15
      34270 Schauenburg                                              TGASS: Der Glöckner von Notre Dame                 14 - 15
      Tel.: 05601-5430
                                                                     Wurzelwerk, Volkstheater Festival                  16 - 17
      Fax: 05601-920735
      E-Mail: redaktion@lvha.de                                      Seminar: Dramaturgie                                   18

      Lektorat:                                                      Tag der Freilichtbühne in Merxhausen                   19
      Antje Hörl (ah)                                                Theaterwoche Korbach 2015                          20 - 22
      Teichecke 15
      34308 Bad Emstal                                               VBE: Der Meisterboxer                                  23
      Tel.: 05625-5577                                               TGASS: Der Zauberer von Oz                         24 - 25
      E-Mail: antje.hoerl@lvha.de
                                                                     Theater „Gans anders“: Drei tolle Väter                26
      Nachdruck, mit Quellenangabe und gegen Über-
      sendung eines Belegexemplars an die Redaktion
                                                                     Statt-Theater Mengeringhausen: Die Welle               27
      gestattet.                                                     WHT - Hatschi                                          28

      Auflage 1000 Stck.                                             25 Jahre Theaterverein Oberursel                       29
                                                                     „Blooming of time“, Chin. Tanztheater              30 - 31
      Die Zeitschrift erscheint zweimal jährlich (Februar /
      August). Die mit Namen oder Initialen gekennzeich-             Nordhessen Info / Mitte/Ost Treffen                    32
      neten Beiträge geben die Auffassung der Verfasser,
                                                                     theater am bach: Petterson                             33
      nicht aber die des Herausgebers bzw. der Redakti-
      on wieder. Es wird nur die allgemeine, presserecht-            West/Süd Treffen                                       34
      liche Verantwortung übernommen.
                                                                     die hannemanns                                         35
                                                                     BDAT: Fachtagung Seniorentheater                       36
      Layout, Satz und Bildbearbeitung:
      Frank Weymann                                                  Volksbühne Lampertheim - Ein Portrait.                 37
      Schauenburg                                                    Spieltermine, Seminare                                 38
      Die nächste Ausgabe erscheint im Februar 2016                  Spieltermine                                           39
              Redaktionsschluss:                                     Ensemble feel-x: Der Sturm                             40

               05. Januar 2016
                                                                    Titelfoto:                            Druck:
      Förderer des Landesverbandes Hessischer Amateurbühnen e.V.:
                                                                    Theaterwoche Korbach, eine Insze-     flyeralarm GmbH,
                                                                    nierung der Mies-van-der-Rohe-        Alfred-Nobel-Str. 18,
                                                                    Schule aus Aachen, mit dem Titel      97080 Würzburg
                                                                    „Schillernde Räuber - die wollen      www.flyeralarm.com
                                                                    doch nur spielen“.
                                                                    Foto: digiSTAGEfoto © Frank Weymann

2   ungeschminkt August 2015
Ungeschminkt - AmateurTheater Hessen
Ed i tori al
               Liebe Theaterfreunde,

               …und „sie“ bewegt sich doch!
               Der Überlieferung nach soll Galilei diesen Satz beim Verlassen des Inquisitionsgerichts
               gemurmelt haben, nachdem er dem kopernikanischen Weltbild öffentlich abschwören
               musste.
               Vieles hat sich in und um die Amateurtheaterwelt im ersten Halbjahr 2015 in
               unserem Hessenland ereignet und es wurde auch Entscheidendes „bewegt“!
               Wir informieren über die Preisverleihung zu unserem Kinder- und
               Jugendwettbewerb 2014 sowie auch über unseren Landesverbandstag in
               Wetzlar.
               Sehr erfreut waren wir über den Besuch von Herrn Ministerialrat Albert Zetzsche vom
               Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Durch langjährige vertrauensvolle
               Zusammenarbeit mit ihm konnten schon viele Projekte des LV umgesetzt werden. So wird
               auch der bundesweite Wettbewerb AMARENA vom Ministerium maßgeblich unterstützt.
               Wir haben in der Februarausgabe darüber berichtet.
               Wir hoffen, dass sich viele Bühnen aus dem LV Hessen an den Wettbewerben beteiligt
               haben. Neben vielen Bühnenberichten informieren wir in dieser Ausgabe über das
               Volkstheaterfestival Wurzelwerk, über die Theaterwoche in Korbach sowie auch über unsere
               Bereichstreffen.
               Auch zur „Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung“ gibt es wieder Aktuelles zu
               berichten. Derzeit sprechen wir über die sogenannte „Digitale Dividende 2“ (DD2).
               Diesmal geht es vorrangig um den Frequenzbereich 694 bis 790 MHz.
               In der Rubrik „Das Portrait“ stellen wir die Volksbühne Lampertheim vor!
               Und unter der Überschrift: „Wir müssen mehr trommeln“ machen wir eindringlich auf die
               Fachtagung zur Seniorentheaterszene aufmerksam.
               Ein letztes Wort zu unseren verabschiedeten Vorstandsmitgliedern sei noch erlaubt:
               Thomas Bandy, der über 30 Jahre dem Vorstand angehörte und über viele Jahre die
               Finanzen des Landesverbandes hervorragend betreute und regelte, der in unzähligen
               Theaterprojekten mitwirkte und oftmals parallel in drei Vereinen seine Unterstützung und
               Erfahrung einbrachte, ist nun in den „verdienten“ Ruhestand getreten. Seine Verdienste für
               den Landesverband sind weder mit Geld noch mit Worten aufzuwiegen. Ein Gentleman
               erster Klasse! Chapeau Mr. Bandy, man sieht sich!
               Ebenso die „Hartmanns“! Wolfgang Hartmann, der mit 25 Jahren Vorstandsarbeit die
               juristische Seite des Vereins abdeckte und gemeinsam mit seiner Frau Karin mit über 20
               Jahren Vorstandsarbeit die Bereichsleitung West inne hatte.
               Zwei wunderbare Theaterenthusiasten, die in jeder Beziehung dem Landesverband
               und dem Amateurtheater verbunden waren. Immer bestrebt den Laden am Laufen zu
               halten, haben beide mit einer immer währenden Energie Aufgaben wahrgenommen und
               Aktivitäten entfaltet. Mit Rat und Tat unseren Mitgliedsbühnen zur Seite zu stehen, den
               offenen Dialog zu pflegen, war ihr „credo in unum deum“; ihr Glaubensbekenntnis, das sie
               bis auf den heutigen Tag ohne Einschränkung dem Landesverband widmeten.
               Den bissigen Dialogen zum Trotz haben sie immer einen gemeinsamen Nenner verfolgt:
               Unvergessliches zu hinterlassen und Landesverbandsgeschichte zu schreiben.
               Chapeau Mr. Hartmann und Chapeau Mrs. Hartmann, man sieht sich!
               Den „Neuen“ im Vorstand rufen wir ein herzliches Willkommen zu und freuen uns auf eine
               fruchtbare Zusammenarbeit! Wir werden alle Kräfte mobilisieren und den „Gezeitenwechsel“
               nutzen, um den Landesverband mit seinen Bühnen als einen der größten Theaterverbände
               im BDAT auszubauen und dauerhaft zu etablieren.

               In diesem Sinne wünsche ich allen Bühnen weiterhin gelungene Premieren, erfolgreiche
               Aufführungen und bleibt in „Bewegung“!

               Mit herzlichen und theatralen Grüßen

               Norbert Deforth

                                                                                             ungeschminkt August 2015   3
Ungeschminkt - AmateurTheater Hessen
Ne u es aus d em Verb and

                          Liebe Theaterfreunde,

                          in unserer letzten Vor-
                                                         Bühnenjubiläen
                          standssitzung haben            30 Jahre
                          wir beschlossen, die
                          „ungeschminkt“ künf-           Theatergruppe Morschen
                          tig dreimal jährlich er-
                          scheinen zu lassen.            25 Jahre
                          Ab 2016 wird euch
                          die neueste Ausgabe
                                                         die hannemanns
                          jeweils im Februar, im
                          Juni und im Oktober            Das Wettenberger Sammelsurium
                          zugestellt werden.             Theaterverein Oberursel
                                                         Theatergruppe Martinhagen „TheMa90“
                                  Die Redaktion

                                             Kurt Hardt                      gest. 13. 06. 2015

                                             Die Theatergemeinschaft Ober-Schmitten trauert um Kurt Hardt.
                                             Er übernahm schon 1965 das Amt des 1. Vorsitzenden, welches
                                             er bis ins Jahr 2005 inne hatte. In all diesen Jahren war er nicht
                                             nur Vorsitzender, sondern auch Regisseur und Organisator in
                                             allen Belangen des Amateurtheaters. Kurt Hardt „war“ die The-
                                             atergemeinschaft Ober-Schmitten“. Noch vor kurzem wurde er
                                             für seine außerordentlichen Verdienste um das Amateurtheater
                                             mit der „Goldenen Maske“ des BDAT ausgezeichnet. Der Landes-
                                             verband und seine Mitglieder trauern mit der Familie und den
                                             Theaterfreunden aus Ober-Schmitten.

                                         h              Neue Mitglieder im Landesverband
Das Theater bildet             Herzlic
mehr als ein dickes
                              i l l ko m men!
Buch!                        W                           Nr.   Bereich   Name

                           Wir begrüßen alle neuen       209     Süd     A.T.O. - Atelier-Theater-Obertshausen
Voltaire, (1694 - 1778)    Mitglieder ganz herzlich      210     Ost     Ockstädter Theaterbühne „Mäuseburg“ e.V.
                           und freuen uns auf eine       211     Ost     TSG 1864 Bleichenbach/Sparte Theater
                           gedeihliche Zusammen-         212    West     ZauBärhaft
                           arbeit zum Wohle aller.       213     Ost     Bechtelsberger Bühne
                                                         214    West     ThoBri
                           Den ausgeschiedenen
                           Mitgliedern wünschen          215     Ost     Junges Theater Wachenbuchen
                           wir weiterhin eine span-
                           nende      Theaterarbeit     Nicht mehr im Landesverband:
                           und alles Gute.
                                                         Nr.   Bereich   Name
                                         Der Vorstand
                                                          83     Ost     Nolens Volens

4    ungeschminkt August 2015
Ungeschminkt - AmateurTheater Hessen
Landesverbandstag 2015
                                                                     28. März 2015 in Wetzlar
Wahlen standen wieder einmal im Fokus des Landesver-                                    Und noch eine Neuerung, die aber schon lange vorbereitet
bands-Tages in Wetzlar – Ausrichter war erneut, wie schon                               wurde: Harald Soldan übernimmt von Thomas Bandy das
in 2006, das Neue Kellertheater Wetzlar e. V. mit seinem Vor-                           Amt des Schatzmeisters. Harald ist bereits seit zwei Jahren
sitzenden Andres Zarra Esperon an der Spitze. Herzlichen                                als stellvertr. Schatzmeister im Vorstand aktiv und hatte
Dank noch einmal für die perfekte Ausrichtung im Saal der                               daher Gelegenheit, sich intensiv auf diese schwierige und
Alten Aula in Wetzlar.                                                                  arbeitsreiche Aufgabe vorzubereiten. Der Vorstand dankt
Anders als in den letzten Wahljahren gibt es einige Neue-                                                                                                            auch Thomas Bandy
rungen – und Verjüngungen im Vorstand des LV. Wir begrü-                                                                                                             ganz herzlich für sei-
ßen recht herzlich Andres Zarra Esperon und Kerstin Freund                                                                                                           ne 30-jährige (!) Mit-
(beide Neues Kellertheater Wetzlar e. V.) als neue Bereichs-                                                                                                         wirkung im Vorstand
leiter West und bedanken uns für die hervorragende lang-                                                                                                             des Landesverban-
jährige Arbeit ihrer Vorgänger Wolfgang und Karin Hart-                                                                                                              des! Wolfgang und
mann. Insbesondere Wolfgang wird uns im Hintergrund                                                                                                                  Karin Hartmann so-
als Experte für Wahlen und Satzungsfragen noch erhalten                                                                                                              wie Thomas Bandy
bleiben, worüber wir uns sehr freuen.                                                   Vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst besuchte uns der
                                                                                                                                                                     wurden zu Ehrenmit-
                                                                                        Ministerialrat Albert Zetzsche. Mit ihm arbeitet der LV Vorstand seit Jahren gliedern ernannt.
                                                                                        schon vertrauensvoll zusammen.

                                                                                        Alle anderen Vorstandsmitglieder wurden in ihren Ämtern
                                                                                        wiedergewählt – übrigens waren alle Wahlen in schönster
                                                                                        Harmonie einstimmig, lediglich hier und da mit Enthaltun-
                                                                                        gen, für die jeweiligen Kandidaten. Gegenkandidaten gab
                                                                                        es für keine der zu besetzenden Positionen.
                                                                                        Peter Herborg stellt sich auf der Website des Landesver-
                                                                                        bandes unter „Aktuelles“ (evtl. scrollen) vor. Andres Zarra
       Verabschiedung von Thomas Bandy nach lagjähriger hervorragender Arbeit
                                                                                        Esperon und Kerstin Freund haben sich in persönlichen
                              für den Landesverband.                                    Anschreiben den Bühnen ihres Bereiches und in direktem
                                                                                        Kontakt mit ihnen bereits vorgestellt.

                                                                                        Alle Kontaktdaten auf der HP des LV: www.amateurtheater-
                                                                                        hessen.de unter „Vorstand“.
                                                                                        Ein weiteres Highlight dieses Tages – dank Jörg Dreismann
                                                                                        und Nadine Knauer als Vertretein der Jury eine wirklich tolle
                                                                                        Show – war die Verleihung des Kinder- und Jugendtheater-
                                                                                        preises 2014 an die zuvor Nominierten.

                                                                                        Der 3. Preis mit einem Preisgeld von 500 Euro ging an:
      Verabschiedung von Karin u. Wolfgang Hartmann nach langjähriger erfolgrei-        Wehlheider Hoftheater für „Michel in der Suppenschüs-
             cher Arbeit für den Landesverband und seine Mitgliedsbühnen.               sel“
                                                                                        Der 2. Preis (Preisgeld 1.000 Euro):
                                                                                        Theatergruppe Peter von Orb für „Amok – Winnenden ist
                                                                                        überall“
                                                                                        Der 1. Preis (Preisgeld 1.500 Euro):
                                                                                        Taunusbühne Bad Schwalbach für „Endstation“

                                                                                        Außerdem erhielten undotierte Förderpreise: Die Sand-
                                                                                        bachminis aus Pfungstatt sowie das Statt-Theater Menge-
                                                                                        ringhausen. Sie erhalten einen Sonder-Workshop für die
      Der Vorsitzende Norbert Deforth mit Heinrich Kraft, der für seine hervorragende   Jugend mit Jörg Dreismann und Simon Isser.
       Arbeit die „Goldene Ehrennadel des BDAT“ erhielt, und den ausgeschiedenen        Teilweise frenetischer Applaus – die nominierten Jugend-
                   Vorstandsmitgliedern Karin und Wolfgang Hartmann.                    gruppen waren zum Teil in großer Zahl angereist und
                                                                                        brachten eine mitreißende Stimmung mit – begleitete diese
Außerdem neu im Vorstand ist Peter Herborg (Wehlhei-                                    durch kurze Filme und Einblender auch optisch sehr anspre-
der Hoftheater e. V., Kassel) als stellvertrender Vorsitzen-                            chende und abwechslungsreiche Preisverleihung.
der. Frank Weymann hatte den Wunsch geäußert entlastet                                  Das vollständige Protokoll des Landesverbandstages kann
zu werden und wird sich nun mit ganzer Kraft der unge-                                  im internen Bereich der Website – www.amateurtheater-
schminkt und weiterer Öffentlichkeitsarbeit widmen. Auch                                hessen.de – abgerufen werden. Zugangsdaten erhalten alle
Frank danken wir und begrüßen Peter sehr herzlich in un-                                LV-Mitglieder bei Frank Weymann oder Antje Hörl (Kontakt-
serem Kreis.                                                                            daten auf der Website unter „Vorstand“).
                                          Fotos: digiSTAGEfoto © Frank Weymann
                                                                                                                                               ungeschminkt August 2015                       5
Ungeschminkt - AmateurTheater Hessen
. . . m ac h m al f u nk t‘s au c h o hne P y r o te chnik
                                        Antje: Hallo, Lena und Daniel. Wir freuen uns, dass        Daniel: Ich spiele seit 2003 Theater, da war ich 8 oder
                                        wir euch etwas näher kennen lernen dürfen. Erzählt         9 Jahre alt. Ich war ein Rebhuhn im „Gestiefelten Ka-
                                        doch zunächst mal wer ihr seid.                            ter“. Dann kamen mit der Kindergruppe „Das kleine
                                                                                                   Gespenst“, „Die kleine Hexe“ – da habe ich mir 5 Rollen
 Das Interview     Von Antje Hörl
                                        Lena: Mein Name ist Lena Bollerhey, ich bin 20 Jahre       mit einem Freund geteilt. Also, manchmal stand mein
                                        alt, in meinem dritten Jahr zur Ausbildung zur Erziehe-    Freund in 5 Rollen auf der Bühne, in anderen Auffüh-
                                        rin, was mir sehr viel Spaß macht. Ich möchte später       rungen ich. Dann war ich der König in „König Drossel-
                                        gern mal mit beeinträchtigten Kindern arbeiten.            bart“. Meine erste Rolle bei den Erwachsenen war „Das
                                                                                                   Wirtshaus im Spessart“ in der Rolle des Goldschmieds,
                                        Daniel: Mein Name ist Daniel Schubert, ich bin 21          danach „Herren im Haus“ als Filippo. Dieses Jahr habe
                                        Jahre alt und mache eine Ausbildung zum Bankkauf-          ich in „Landeier“ mitgespielt und mir dort auch eine
                                        mann. Ich habe aber meine Ausbildung bald beendet          Rolle geteilt. Davon werden wir im Oktober noch eini-
                                        und vielleicht möchte ich noch mal ein Studium an-         ge Aufführungen haben.
                                        schließen, wahrscheinlich ein Abendstudium in Ver-
                                        bindung mit Berufstätigkeit.                               Antje: Wie seid ihr überhaupt zum Theaterspielen
                                                                                                   gekommen? Wir seid ihr darauf aufmerksam gewor-
                                        Antje: Ihr spielt beide Theater – in welchen Bühnen        den, dass es die Möglichkeit in euren Wohnorten
                                        seid ihr zu Hause? Beide sind ja im schönen Nord-          gibt?
                                        hessen.                                                                              Daniel: Ich hatte Freun-
                                                                                                                             de, die schon in der
                                        Lena: Ich spiele bei der                                                             Kindergruppe Theater
                                        Theatergruppe Martin-                                                                spielten. Aus Neugierde
                                        hagen – TheMa90 – mit                                                                bin ich mal mitgegan-
                                        und wohne auch hier in                                                               gen und habe dann auch
                                        Martinhagen.     Gerade                                                              sofort eine Rolle bekom-
                                        haben wir wieder mit den                                                             men.
                                        Proben für das nächste
                                        Stück im November an-                                                                  Lena: Im Mitteilungs-
                                        gefangen.                                                                              blättchen unserer Ge-
                                                                                                                               meinde war eine An-
                                        Daniel: Und ich spiele im                                                              zeige, dass noch Kinder
                                        StattTheater Mengering-                                                                und Jugendliche zum
                                        hausen und wohne auch                                                                  Theaterspielen gesucht
                                        in Mengeringhausen.            Lena und Daniel                                         werden.

                                        Antje: Welche Aufgaben habt ihr in euren Bühnen?           Antje: Wie viel Zeit verwendet ihr so ungefähr auf
                                        Seid ihr in euren Jugendgruppen aktiv oder in der          euer Hobby Theaterspielen? Macht ihr noch andere
                                        Erwachsenengruppe?                                         Dinge in eurer Freizeit?

                                        Lena: Ich stehe auf der Bühne und habe in der Kinder-      Lena: Neben Ausbildung spiele ich nur Theater, ein an-
                                        und Jugendgruppe angefangen. Jetzt spiele ich in der       deres wirkliches Hobby habe ich nicht. Einmal in der
                                        Erwachsenen-Gruppe mit, im nächsten November das           Woche ist Probe, kurz vor der Premiere natürlich viel
                                        zweite Mal. Mit meiner Ausbildung sind weitere Aufga-      öfter. Dazu kommen Theaterseminare, die wir für un-
                                        ben in der Bühne leider nur schwer vereinbar.              sere Bühne organisieren, und Proben-Wochenenden.
                                                                                                   Die Texte studiere ich in den Sommerferien ein (in mei-
                                        Daniel: Ich spiele – früher auch in der Kindergruppe,      ner Ausbildung habe ich zum Glück normale Sommer-
                                        jetzt in der Erwachsenengruppe - außerdem bin ich im       ferien, wie Schulferien). Wir nehmen uns bei den Lese-
                                        Vorstand als stellvertretender Kassierer aktiv und helfe   proben auf, das höre ich dann immer wieder und lerne
                                        im Bühnenbau mit, wann immer es geht.                      so relativ schnell meinen Text. Mit den Proben sind wir
                                                                                                   insgesamt ungefähr ein halbes Jahr beschäftigt. Für
                                        Antje: Seit wann seid ihr jeweils dabei? In welchen        mehr bleibt dann kaum Zeit.
                                        Rollen oder welchen Theaterstücken habt ihr bis
                                        jetzt auf der Bühne gestanden?                             Daniel: Ich bin auch noch als Fußball-Schiedsrichter
                                                                                                   aktiv, früher habe ich auch selbst noch gespielt. Ich
                                        Lena: Ich bin seit 2006 dabei, und mein erstes Stück       hatte Glück und keine schlimmen Verletzungen, die
                                        in der Kindergruppe hieß „Stein der Fantasie“. Mit der     mich von Bühnenauftritten abgehalten hätten. Aber
                                        Zeit habe ich mich auch an größere Rollen herange-         die Termine zu koordinieren war sehr schwierig – ich
                                        traut. Am Anfang war ich noch sehr zurückhaltend,          konnte oft nur eine Halbzeit spielen und musste dann
                                        das hat sich aber jetzt geändert, ich stehe sehr gern      zu einer Aufführung. Das Theater stand für mich im-
                                        auf der Bühne. Danach kamen dann: „Das Gespenst            mer an erster Stelle, daher habe ich als aktiver Spie-
                                        von Canterville“, „Michel in der Suppenschüssel“, „ (K)    ler aufgehört. Wir proben von Beginn an zweimal in
                                        ein Apfel für Schneewittchen“. Das waren alles Kinder-     der Woche, fast immer mit Doppelbesetzung, so dass
                                        und Jugendstücke. Mein erstes Stück bei den Erwach-        meist jeder da ist und auch proben kann. So bin ich
                                        senen hieß „Putzfrauen und Waschlappen“ im letzten         fast immer bei den Proben dabei. Unsere Proben dau-
Daniel in „Das Wirtshaus im Spessart“   November.                                                  ern 12 bis 15 Wochen pro Inszenierung, wobei ich nur
                                                                                                   in einer pro Jahr mitspiele.
6        ungeschminkt August 2015
Ungeschminkt - AmateurTheater Hessen
Antje: Der Grund, warum wir ein Porträt mit            Antje: An welchem Theaterprojekt arbeitet ihr
euch in der „ungeschminkt“ veröffentlichen wol-        zurzeit bzw. demnächst? Was steht in euren Büh-
len – erst mal herzlichen Dank dafür, dass ihr         nen an?
euch dazu bereit erklärt habt – also, der Grund
ist, dass ihr euch über das Theater kennen gelernt     Lena: Wir werden im November die Komödie „Mit-
habt. Erzählt ihr mal, wie und wo und wann das         ternachts-Shopping“ aufführen, und ich spiele die
passiert ist?                                          Verkäuferin in der Dessous-Abteilung, die was mit
                                                       dem Geschäftsführer hat – heimlich natürlich. Die
Daniel: Ich war bei einem Treffen der nordhessi-       Leseproben haben schon begonnen.
schen Bühnen im Herbst vorigen Jahres. Die an-
wesenden Bühnen haben ihre Stücke vorgestellt,         Daniel: Unser Kinderstück „Till Eulenspiegel“ wird
und wir, das Statt-Theater, haben vereinbart, mal      vorbereitet und geprobt. „Die Welle“ wird im Rah-
zu einer Aufführung nach Martinhagen zu fahren.        men der Präventionswoche in Bad Arolsen noch
Ich habe mich dann nach der Aufführung ganz kurz       einmal aufgeführt. Danach wie gesagt die Wieder-
mit Lena unterhalten. Nachher, zu Hause, wusste        holung von „Landeier“, wo ich ja mitspiele.
ich aber nur noch ihren Vornamen -
                                                       Antje: Würdet ihr gerne einmal zusammen Thea-
Lena: Ich wusste seinen Namen überhaupt nicht.         ter machen? Wenn ja, welches Stück oder welche
                                                       Art von Theater würdet ihr gern mal zusammen
Daniel: Aber zum Glück hatte ich einen Flyer mitge-    spielen?
nommen, da habe ich ihren Namen gefunden und
dann in Facebook gesucht und sie auch gefunden.        Daniel: Konkret haben wir uns darüber noch kei-
– Ich habe sie angeschrieben und wir sind ins „Sch-    ne Gedanken gemacht. Aber ich weiß noch nicht,
reiben“ gekommen. Zuerst meist über das Theater.       ob und wie ich in den nächsten Stücken eingesetzt
Lena hatte vor ihren Auftritten im Erwachsenen-        werde. Da habe ich mir gedacht, ich würde schon
stück ziemlich Lampenfieber und ich habe ihr toi toi   gern mal in Martinhagen mitspielen, wenn das
toi gewünscht und ihr geschrieben: „Du schaffst das    klappt.
schon!“ Die Theaterfreundschaft zwischen Menge-
ringhausen und Martinhagen hat sich dann nach          Lena: Ja, doch, das könnte ich mir auch vorstellen.
unserem Besuch auch verstärkt.                         Würde bestimmt viel Spaß machen, mal zusam-
                                                       men was zu machen.
Lena: Und dann haben wir beim Schreiben ent-
deckt, dass wir beide doch noch ein zweites Hobby      Antje: Habt ihr schon Pläne für die Zukunft?
gemeinsam haben: Nämlich das Skifahren.                Beruflich? Oder auch, was das Theater angeht?
                                                       Oder euch beide privat?
Daniel: Da hat Facebook doch mal seine guten Sei-
ten gezeigt!                                           Lena: Ich möchte meine Ausbildung beenden, und
                                                       bis dahin fühle ich mich auf jeden Fall hier in Mar-
Antje: Habt ihr schon Seminare beim LV mitge-          tinhagen sehr wohl und möchte eigentlich auch
macht?                                                 erst mal nur spielen. Vielleicht später mal Verant-
                                                       wortung übernehmen im Vorstand oder mal in
Lena: Ich war schon zweimal bei einem Ki-Ju-Camp       andere Bühnen reinschnuppern. Aber im Moment
des Landesverbands in Hohensolms. Im letzten Jahr      steht erst mal noch die Ausbildung im Vorder-
habe ich ein Theaterseminar, das von TheMa90 or-       grund.
ganisiert wurde, mitgemacht. Das soll auch dieses
Jahr wiederholt werden. Mehr schaffe ich im Mo-        Daniel: Ich bin bereits seit 3 Jahren im Vorstand
ment aus zeitlichen Gründen leider nicht.              und möchte auch weiter Verantwortung für die
Daniel: Seminare des Landesverbandes habe ich          Bühne übernehmen. Der Vorstand in Mengering-
noch nicht mitgemacht. Wir hatten auch Thea-           hausen soll jetzt nach und nach verjüngt werden,
terseminare und Jugend-Workshops, die von der          daher denke ich, dass ich auch weiterhin dort mit-
Bühne organisiert wurden. Jetzt gibt es einmal im      arbeiten kann.
Monat Workshops für Jugendliche mit unterschied-
lichen Schwerpunkten. Auch eine jährliche Jugend-      Antje: Wir danken euch noch mal ganz herzlich,
fahrt über 3 Tage mit vielen Freizeitangeboten und     dass wir euch näher kennen lernen durften,
einem „kleinen“ Workshop. Der Schwerpunkt liegt        denn zwei junge Leute, die sich übers Theater
bei dieser Fahrt auf Freizeit und soll den Zusam-      kennen lernen und es schaffen, über mehre-
menhalt fördern.                                       re Kilometer hinweg eine Beziehung aufrecht
                                                       zu erhalten, ist eine nicht ganz alltägliche Ge-
Antje: Ihr seid jetzt zusammen. Wie ging es nach       schichte. Es hat uns riesigen Spaß gemacht, dass
den ersten Facebook-Kontakten weiter? Zwi-             ihr sie uns erzählt habt! Wir wünschen euch für
schen Martinhagen und Mengeringhausen lie-             eure Zukunft – wie immer die aussieht - alles
gen ja ein paar Kilometer. Aber ihr seid ja sicher     Gute und toi toi toi für alles, was ihr noch auf der
mobil?                                                 Bühne fabriziert!
                                                       Fotos, rechts, von oben:
Lena: Ja, wir sind mobil. Wir haben uns dann ir-       Daniel als Vertreter in „Holiday in Las Vegas“...
                                                       ...und als Räuber in „Wirtshaus im Spessart“.
gendwann mal verabredet, Daniel ist zu mir nach        Fotos von Daniel: Lars Jockel, Mengeringhausen
Martinhagen gekommen und wir sind nach Fritz-
                                                       2006 Lena in „Stein der Fantasie
lar ins Kino gefahren und auch mal zum Skifahren       Lena im Erwachsenenstück „Putzfrau und Waschlappen“
nach Winterberg – na ja, und wie das dann eben so      Fotos von Lena: Kurt Eisen, Schauenburg
weitergeht.
                                                                                                              ungeschminkt August 2015   7
Ungeschminkt - AmateurTheater Hessen
Seit Januar probten die 14 Darsteller ihr        ne Rödl) mit, die ihren Mann bei den ersten

    Burgschauspieler Eppstein
                                Bubblegum und Diamanten
                                                          Stück - meist nur einmal die Woche.              „Aufträgen“ begleiten möchte und ihn mit
                                                          Und was dabei herauskam, konnten die Zu-         guten Ratschlägen versorgt.
                                                          schauer bei vier Vorstellun-
                                                          gen auf der Burg Eppstein
                                                          genießen.
                                                          Ein Feuerwerk an Einfällen,
                                                          witzig, humorvoll, hinter-
                                                          listig, komisch – alles, was
                                                          zu einem heiter-tragischen
                                                          englischen Lustspiel gehört;
                                                          1 ½ Std. ungetrübtes Amü-
                                                          sement.
                                                          Erfrischend sich mal keine
                                                          Gedanken machen zu müs-
                                                          sen. Nur grenzenloses La-
                                                          chen.
                                                          Zum Stück: Ein Geschäftsun-
                                                          tüchtiger Adliger Sir Middle-
                                                          some (E.Schlosser) und Frau
                                                          Ellen (S. Waldmann) sind
                                                          finanziell ruiniert. Sie glau-
                                                          ben nur noch einen Ausweg zu haben: sich         Inzwischen – und durch die ungewöhnli-
                                                          umzubringen. Doch auch das gelingt dem           chen Einfälle des Butlers (R.El-Duweik) - be-
                                                          lebensuntüchtigen Mann nicht und außer-          sinnt sich der Adlige darauf, dass ein Leben
                                                          dem erfahren sie, dass im Falle eines Selbst-    ohne viel Geld und evtl. in einer Sozialwoh-
                                                          mordes die Versicherung nicht zahlt. Nun en-     nung lebend auch seine Reize haben könnte.
                                                          gagieren sie einen Berufskiller (K. Vollmuth),   Also soll der Killer abbestellt werden. Auch
                                                          der sich aber als wenig professionell heraus-    das misslingt und jetzt ist man auch noch in
                                                          stellt. Außerdem bringt er seine Frau (Julia-    der Sorge, dass nicht nur man selbst vom Kil-
                                                                                                           ler bedroht sein könnte, sondern die ganze
                                                                                                           sich im Hause befindliche Gesellschaft, die,
                                                                                                           alle aus verschiedenen Gründen, einen wie
                                                                                                           echt aussehenden Plastikdiamantring aus
                                                                                                           dem Kaugummiautomat tragen. Der Killer
                                                                                                           hatte den Auftrag, zwei Personen, die einen
                                                                                                           auffälligen Diamantring tragen, zu töten.
                                                                                                           Es kommen noch zwei etwas unfähige In-
                                                                                                           spektoren zum Einsatz, doch dank der Un-
                                                                                                           fähigkeit des Killers gerät alles zum guten
                                                                                                           Ende.
                                                                                                           Die permanente scharfe Würze, den brillan-
                                                                                                           ten Wortwitz lieferten (und da blieb kein
                                                                                                           Auge trocken) die nervige Tante Martha (G.
                                                                                                           Wittich) mit ihren aufgeplusterten Cafè-
                                                                                                           Freundinnen und der einzigartige Butler
                                                                                                           Mortimer mit seinen trockenen Einfällen in
                                                                                                           all seiner distanzierten englischen Würde.
                                                                                                           Regie hatte Dr. Peter Strauß, Co-Regie: Gerda
                                                                                                           Bimmel
                                                                                                           Die Gruppe um BurgschauspielerChefin Ju-
                                                                                                           liane Rödl lässt sich immer etwas einfallen
                                                                                                           und man darf auf die nächsten Aktionen ge-
                                                                                                           spannt sein.
                                                                                                           Schade, dass dieses brillante Stück nur vier-
                                                                                                           mal aufgeführt worden ist.

                                                                                                           Text: K. Hartmann, Foto: Burgschauspieler

8          ungeschminkt August 2015
Ungeschminkt - AmateurTheater Hessen
Kinder- und Jugendtheaterpreis 2014
                                                         Große Unterschiede der einge-
                                                         reichten Wettbewerbsbeiträge
                                                         konnten die Jurymitglieder
                                                         bei der Bewertung feststel-
                                                         len. Bei der Jurysitzung in Of-
                                                         fenbach fand ein spannender
                                                         Austauschprozess unter den
                                                         Mitgliedern statt. Zunächst
                                                         wurden zahlreiche Kriterien
                                                         festgelegt. Dazu zählten unter
         Nadine Knauer und Jörg Dreismann präsentierten anderem: Mut zur Inszenie-
                die Gewinner des KiJu-Preises 2014     rung, Beziehung zum Publikum,
        Rollenauthentizität , theatrale Formen, Beteiligung der Kinder und Ju-
        gendlichen, Zusammenspiel, Spaß am Spiel, Stoffauswahl, Sprache, Mi-                             Der 1. Preis (Preisgeld 1.500 Euro):
        mik, Gestik, technisches Drumherum - um nur einige zu nennen.                              Taunusbühne Bad Schwalbach für „Endstation“
        Schon bei der ersten Bewertungsrunde stellte sich heraus, dass zwei
        Produktionen mit großem Abstand vor den anderen Beiträgen gesehen
        wurden. Es wurde klar, dass diese bei der weiteren Diskussion nicht wei-
        ter berücksichtigt werden sollten. Hier würde sich am Ende nur die Frage
        des Platzes stellen. Im Verlauf der spannenden Sitzung näherte sich die
        Jury dem dritten Preisträger an. Zum Teil wurden auch noch einmal ge-
        meinsam die eingereichten Filme gesichtet. Es stellte sich heraus, dass die
        Kinder schwer mit den Jugendlichen vergleichbar sind. Am Ende schaffte
        es eine Kinderproduktion unter die ersten drei. Darüber hinaus fand die
        Jury je eine Kinder- und eine Jugendtheaterproduktion förderungswür-
        dig. Diesmal wurde daher noch jeweils ein Förderpreis vergeben.
        Die Einteilung der Preisträger am Ende war knapp, aber die Sieger hatten
        den Vorteil, ihr Stück selbst geschrieben zu haben, was ihnen den ent-
        scheidenden Vorsprung verschaffte.                                                               Der 2. Preis (Preisgeld 1.000 Euro):
        Die Jury verbrachte einen spannenden Tag in Offenbach und es hat sich              Theatergruppe Peter von Orb für „Amok – Winnenden ist überall“
        gezeigt, dass das gewählte Format, eine Entscheidung im Rahmen eines
        Jurytages zu fällen, ein guter Weg war. Unser Dank gilt den diesjährigen
        Jurymitgliedern: Dagmar Winter, Nadine Knauer, Heiner Kraft, Chris Goy
        und Simon Isser und natürlich sagen wir der Kinder- und Jugendfarm Of-
        fenbach herzlichen Dank dafür, dass wir in ihren Räumen zu Gast sein
        durften.
        Der nächste Preis ist für 2016 geplant und es wird über eine Trennung
        zwischen Kinder- und Jugendtheaterproduktionen nachgedacht. Wir
        danken allen Bühnen für das Einreichen ihrer spannenden und interes-
        santen Produktionen und die teils sehr aufwändigen Bewerbungsunter-
        lagen. Die eingereichten Bewerbungen spiegeln eindrucksvoll die Viel-
        falt des Hessischen Amateurtheaters wider. Im nächsten Jahr werden die
        Karten dann neu gemischt und wir freuen uns auf eure neuen Produktio-
        nen und Bewerbungen.
                                                                                               Der 3. Preis mit einem Preisgeld von 500 Euro ging an:
        Allen Preisträgern noch einmal herzlichen Glückwunsch!                                Wehlheider Hoftheater für „Michel in der Suppenschüssel“

                                                                                                                   ungeschminkt August 2015                 9
Fotos: digiSTAGEfoto © Frank Weymann
Ungeschminkt - AmateurTheater Hessen
Dreiköpfige Kartoffeldrachen,
Seminar                                                  lüsterne Prinzessinnen und Musketier-Ärsche

            Märchen für Erwachsenen mit Ulrich Schwarz
                                                         Wer glaubte, bei dem Märchenseminar           In Kleingruppen erarbeiten die Teilneh-
                                                         auf bekannte Texte der Brüder Grimm, des      mer ausgewählte Szenen und spielen sich
                                                         Christian Andersen, Stücke wie Romeo          diese anschließend vor. So entsteht nach
                                                         und Julia oder das Urmel aus dem Eis zu       und nach ein „Gesamtbild“ der behan-
                                                         treffen, der lag falsch. Die Teilnehmer des   delten Stücke. Die Teilnehmer erlernen
                                                         Märchenworkshops bei Ulrich Schwarz           neben der Schauspielkunst einen Blick
                                                         begegneten dem Drachen und dem blau-          für die Inszenierung als Ganzes sowie
                                                         en Licht. Märchen für Erwachsene, mit         ein Gespür für das entscheidende Detail.
                                                         denen sich zuvor noch keiner der Teilneh-     Schwarz lässt Freiraum sich selbst auszu-
                                                         mer auseinandergesetzt hatte.                 probieren, persönliche Grenzen zu über-
                                                         „Der Drache“ stammt im Original aus der       schreiten und sich als Teil der Gruppe wie-
                                                         Feder des Russen Jewgeni Lwowitsch            derzufinden. Insbesondere die Arbeit an
                                                         Schwarz, wurde 1965 im Deutschen Thea-        den Massenszenen machte deutlich, wie
                                                         ter Berlin unter Benno Bessons Regie ur-      wichtig der Gruppenzusammenhalt in ei-
                                                         aufgeführt und gilt als die erfolgreichste    nem Ensemble ist, denn nur, wenn jeder
                                                         Inszenierung des Theaters nach dem            am selben Strang zieht und seine Rolle
                                                         Krieg. Das Stück behandelt das Zusam-         gefunden hat, wird eine Aufführung er-
                                                         menspiel von Diktatur und Untertanen-         folgreich. „Jetzt weiß ich, was unser Spiel-
                                                         geist. „Der Dra-Dra“ von Wolf Biermann        leiter alles durchmachen muss und wie
                                                         ist eine politisch radikalere Fassung des     wertvoll es ist, einen guten Regisseur an
                                                         Drachens und sorgte 1971 für einen Skan-      der Seite zu haben“, so eine Teilnehmerin.
                                                         dal bei den Münchner Kammerspielen.           Die Räumlichkeiten der DJH Fulda ermög-
                                                         „Das blaue Licht“ behandelt ebenfalls das     lichten abends ein gemütliches Beisam-
                                                         Thema Macht. Es basiert auf dem gleich-       mensein. Intensive Gespräche, Diskussio-
                                                         namigen Grimm’schen Märchen bzw. der          nen und Erfahrungsaustausch unterein-
                                                         Christian Andersen Erzählung „Das Feu-        ander bereicherten das Seminar.
                                                         erzeug“. Wir behandelten die Hörspielfas-     Ein herzliches Dankeschön an Ulrich
                                                         sung des Autors Franz Fühmann. In den         Schwarz und unsere Koordinatorin Ingrid
                                                         Seminaren bei Ulrich Schwarz steht im-        Suhr.
                                                         mer die Praxis im Mittelpunkt.
                                                                                                                                        Verena Pressler

                                                                                                                             © rudall30 - Fotolia

10   ungeschminkt August 2015
„Die Balkonszene“

                                                                                                    Theater im Hayn e.V.
Aus einem ehemals größeren Verein lösten           enten (Jeremy) selbst in die Schusslinie von
sich 2008 sieben Leute und gründeten ei-           einem Liebestollen. Er ist unsterblich in sie
nen neuen, kleinen Theaterverein in Drei-          verliebt und will sie zur Liebe zwingen. Mit-
eich - Dreieichenhain. Das gemeinsame Ziel         tels ihrer Sekretärin Diana kommt sie auf
war klar, wir wollten die Theaterkultur weiter     die Idee, dass sie bereits verheiratet sei und
pflegen und alle theaterbegeisterten Mit-          gleich der erstbeste Mann (Godfrey, Earl of
menschen mit unseren Produktionen, ins-            Harpenden), der im Institut erscheint, wird

                                                                                                                      www.theater-im-hayn.de
besondere Komödien aller Art, zum Lachen           prompt zu ihrem Ehemann erklärt. Daneben
bringen. Denn Lachen macht ja bekanntlich          treten nacheinander noch andere Klienten
glücklich.                                         (Mrs. Meadows, Kanonikus Fitch) auf, um
Mit unserer 1. Produktion in 2009 „Ein ver-        vermittelt zu werden. Außerdem taucht das
längertes Wochenende“ feierten wir unseren         neue Hausmädchen (Anna), leider ohne Ge-
ersten Erfolg, der uns Vertrauen schenkte          päck, aus Spanien auf. Sie geraten im Büro in
und bestärkte, mit der Theaterarbeit in die-       eine ungünstige Situation. Weil Jeremy von
sem Sinne fortzufahren. Natürlich gehören          Constance nicht erhört wird, greift er zu ei-
dazu viele verschiedene Komponenten und            ner List und droht, sich vom Balkon zu stür-
es ist „weiß Gott nicht einfach“, mit einer        zen. Das wiederum erregt die Aufmerksam-
Handvoll Leuten eine funktionierende The-          keit von Sergeant Hill, der auch noch glaubt,
atergruppe am Leben zu erhalten. Wir sind          in eine Lasterhöhle geraten zu sein. Als dann
unendlich froh, dass wir nach Krankheit und        auch noch die wirkliche Ehefrau (Countess
Ausfall von Schauspielern immer wieder             of Harpenden) von Godfrey erscheint, ist die
neue Mitglieder in unserem immer noch              Verwirrung komplett.
kleinen Verein begrüßen können.                    Während die, die zusammen gehören, sich
So spielten wir in unserer 6. Produktion am        wieder finden, verliebt sich der Kanonikus
27. und 28. Februar sowie am 1. März 2015          in Diana, Mrs. Meadows erhält
„Die Balkonszene“, eine englische Komödie,         ein paar Vermittlungsvorschläge,
von John Chapman und Anthony Marriott.             Sergeant Hill begreift die Situati-
Das Stück wurde von mir bearbeitet und be-         on und Constance lässt auf An-
wusst im englischen Stil inszeniert, was allen     raten von Jeremy den Computer
Mitwirkenden große Freude gemacht hat,             sprechen. Die installierte Soft-
vor allem deshalb, weil die Schauspieler end-      ware soll die Übereinstimmung
lich mal in „Kostümen“ auftreten konnten           von Personen finden, was in vie-
- zumindest teilweise very british! Das Büh-       len Fällen schon überaus erfolg-
nenbild mit dem Balkon stellte für die kleine      reich war. Constance hofft, dass
Bühne eine weitere Herausforderung dar, die        der Datenabgleich zwischen ihr
bestens gelöst wurde.                              und Jeremy negativ verläuft. Als
Mit dem facettenreichen Stück und den Dar-         der Computer ausspuckt: „…..
stellern gelang ein unterhaltsamer Theater-        Heirat empfohlen“, jubiliert Je-
abend, das vom Publikum begeistert aufge-          remy: „Es geht doch!“ und Cons-
nommen und mit viel Beifall belohnt wurde.         tance fällt in Ohnmacht.
Der Inhalt ist schnell erklärt: Die erfolgreiche
Heiratsvermittlerin Constance gerät durch                              Text: Ursula Seib
                                                                     Fotos: Danny Cobb
einen, scheinbar nicht vermittelbaren, Kli-

                                                                                           ungeschminkt August 2015                            11
Seminar
           Regie mit Daniela Burkhardt
                                         Unsere erstes Zusammenkommen am Freitag-          Nach der Mittagspause begannen wir mit
                                         abend begann mit einer lockeren Vorstellrun-      einer Tiefen-Entspannung, dann Kontakt-
                                         de der einzelnen Teilnehmern sowie Dozentin       Improvisation und Szenen aus der Raum-
                                         und Kursleiter selbst. Schon hier zeigte sich     notwenigkeit heraus, die die einzelnen
                                         eine engagierte, individuell gefestigte Grup-     Kleingruppen weitestgehend selbst entwi-
                                         pe mit viel Spiel-Erfahrung und großer Lust zu    ckelten. Reine Körper-Szenen ohne Spra-
                                         schöpfen und zu schaffen.                         che, in der alles gesagt werden konnte!
                                         Die ersten Übungen fanden mit geschlosse-         Nach dieser Einheit wendeten wir uns dem The-
                                         nen Augen – Augenbinden – statt. Ein im Kreis     ma „Wille der Figur“ zu, als ein Kernthema, dass
                                         zusammen kommen, die Gruppe spüren, sich          jeder Figur auf der Bühne inne wohnen sollte.
                                         selbst erleben - des Hauptsinnes - des Sehens     Über      verschiedene       intensive   Schau-
                                         beraubt.                                          spiel-Übungen wurde dies direkt er-
                                         • wie fühle ich mich ohne die kontrollieren-      lebt und am eigenen Leib erfahren.
                                              de Instanz des Blickes                       Die Gruppe hat dabei viel gewagt und sich
                                         • wie gehe ich mit den unterschiedlichsten        mit Spaß in neue Gebiete vorgearbeitet.
                                              Empfindungen um                              Dennoch war der Samstag für viele ganz schön
                                         • wie erlebe ich die anderen                      anstrengend und es tat sich eine kleine Kluft
                                         • kann ich alles in mir als mein eigenes,         aus den Hungrigen, die gerade erst warm lau-
                                              wertvolles Potential erkennen und aus-       fen und den Erschöpften auf.
                                              drücken?                                     So hatten wir nach dem Abendessen, nach
                                         In den Partner-Übungen entstanden sehr dich-      einer langen Runde der Reflektion noch den
                                         te und nahe Momente, durch den Sprung in          Sprung in die Psychologische Geste – Figuren-
                                         die Stimme - immer noch mit geschlossenen         Arbeit nach Tschechow genommen, bei der
                                         Augen einen Satz aus der Rolle in verschiede-     ich total überrascht war, wie schnell, einfach
                                         nen Emotionen sprechen - eine starke Atmo-        und kompetent alle diese Methode anwenden
                                         sphäre im Raum…                                   konnten und direkt zu tieffühlenden, authen-
                                         Der Freitagabend klang mit einer kleinen Kör-     tisch, lebendigen Figuren fanden- aus derer
                                         perentspannungs-Übung aus.                        inneren Notwendigkeit heraus wir noch kleine
                                         Samstagmorgen starteten wir mit den Bewe-         Szenen improvisierten.
                                         gungsqualitäten nach Tschechow,
                                         einem Schauspieltraining, dass gera-
                                         de für Schauspielgruppen ein super
                                         Warm-up bieten kann. Für die Gruppe
                                         selbst waren die Bewegungsqualitä-
                                         ten zwar fremd, aber schon am nächs-
                                         ten Tag abrufbar und anwendbar.
                                         Das Warm-up mündete in eine
                                         Improvisation,     die      von     den
                                         Teilnehmern trotz des hohen Niveaus
                                         gut gespielt wurde.
                                         Im Folgenden stiegen wir in das
                                         Thema „ Präsenz“ ein, das nach
                                         ein paar Grund-Übungen im
                                         „Präsenz-Kreis“ endete. Hierbei
                                         ging es darum, die innere Anbin-
                                         dung des Schauspielers an sein Potential          Dieses haben wir dann direkt am Sonntagmor-
                                         zu schaffen, um dieses dann auszudrücken          gen in Kombination der Bewegungsqualitäten
                                         und schließlich in die Figur fließen zu lassen.   aufgegriffen.
                                         Diese Erfahrung, in der kleinen Mitte eines       Die kleinen Spiel-Szenen, die wieder in Klein-
                                         Zirkels zu stehen, ist für die Teilnehmer immer   gruppen selbst entwickelt wurden, hatten vie-
                                         eine Herausforderung und geht in aller Regel      les aufgegriffen, was wir in den beiden vergan-
                                         an eigene Grenzen. Der Sprung in den au-          genen Tagen erarbeitet hatten.
                                         thentischen Ton, in das wahre eigene Potential    Im Anschluss wanden wir uns noch dem The-
                                         scheint verrückter Weise für fast alle Menschen   ma „Tablos- Umgang mit Bild und Raum“ sta-
                                         eine große Hürde zu sein. So wurden auch in       tisch und dynamisch zu und dann waren die
                                         unserer Gruppe ganz unter-schiedliche Erfah-      drei Tage auch schon rum.
                                         rungen gemacht, die über die Übung hinaus
                                         viel Gesprächsstoff in den Pausen lieferte.                        Bernd Herche / Daniela Burkhardt

12   ungeschminkt August 2015
Mein schönster Sommer-Theater-Tag

                                                                                                Junges Theater Wachenbuchen
                                                                                                                              www.kulturhaus-wachenbuchen.de
Mini-Festival in Wachenbuchen sorgt für Begeisterung
Das „Junge Theater Wachenbuchen“ lud am          luter Rekordzeit und mit bester Laune. Ein
Pfingstsonntag zum schon traditionellen          Vergnügen, diesen Festivaltag miterleben
„Sommer-Theater-Tag“ in das evangelische         zu dürfen. Ich freue mich schon auf nächstes
Gemeindezentrum im Main-Kinzig-Kreis ein.        Jahr, dann übrigens an Fronleichnam 2016,
Drei Eigenproduktionen und ein Gaststück         wieder im evangelischen Gemeindezentrum
sorgten für Theatervergnügen pur und in          Wachenbuchen.
den Pausen sorgte engagierte Live-Musik,
Kaffee, Kuchen und ein Grillstand für den
gemütlichen Zeitvertreib der zahlreichen
Zuschauer. Die Kinder freuten sich über ein
Bastelangebot im Gemeindegarten.

Den gut gefüllten Zuschauerraum wussten
gleich vier Theaterproduktionen bestens zu
unterhalten:
Die gezeigte Mischung war ein Querschnitt
der Theaterformen und begeisterte mit
spannenden Inszenierungen. Los ging es
mit dem Kinderbuch-Klassiker „Peter Pan“ in
einer witzigen und liebevollen Inszenierung,
die nicht nur die kleinen Zuschauer in ihren
Bann zog. Spannend die kleinen Botschaf-
ten, wenn etwa aus der strengen Mutter
später der Piratenkapitän Hook wird. Danach
sorgte die hauseigene Kindertheatergruppe
mit den „Hütern des Lichts“ für ein märchen-
haftes Theatervergnügen. Weihnachtsmann,
Osterhase und Co. fesselten mit ihrem Spiel
und besonders ein cooler Schneemann wird
noch lange in Erinnerung bleiben. Am Nach-
mittag bezogen dann die Gäste vom Offen-
bacher Theaterclub ELMAR die Bühne und
präsentieren ihre Comedy-Eigenproduktion
„TV LUTHER - Im Fahrstuhl zur Reformation“.
Eine spaßige Biografie des Reformators mit
allerlei Anleihen an das heutige Fernseh-
programm und deren Sendeformate. Am
Abend war dann Zeit für gleich zwei Theater-
premieren der Gruppe aus Wachenbuchen.
Regisseur Christopher Goy präsentierte mit
„Hohe See“ eine spannende Groteske um
drei schiffbrüchige Herren und nach der
Pause mit „Weites Meer“ ein Teenager-Drama                  Fotos: Hans-Jürgen Stumpf
um die pubertierende Mira und den Konflikt
mit ihrer Mutter. Dabei taten sich auch in der
scheinbar so bürgerlichen Familie tiefe Ab-
gründe in der Eltern-Kind-Beziehung auf. Ein
beeindruckendes Spiel zu später Stunde, das
sein Publikum zu fesseln wusste und man-
chen nachdenklichen Blick zurück ließ.

Ein tolles Theatererlebnis und eine logisti-
sche Meisterleistung des jungen Teams in
Wachenbuchen. Galt es doch allein viermal
die Bühne und Technik komplett umzubau-
en und neu einzurichten, jedes Mal in abso-
                                                                                        ungeschminkt
                                                                                         ungeschminktAugust
                                                                                                      August  2015 13
                                                                                                            2015    13
Theatergruppe Assenheim e.V.
                                                                               Musicals für Kinder und Erwachsene
                                                                               Es scheint ein Zauber über den uralten Ge-              nenspiel mit großartigen Choreographien
Der Glöckner von Notre Dame
                                                                               mäuern der „Kirche der Heiligen Mutter Got-             ausgeschmückt und, wenn nötig, mit Video-
                                                                               tes“ in Paris, der „Notre Dame“, zu liegen. Ver-        einspielungen gekonnt dramaturgisch er-
                                                                               wunschene Wasserspeier, filigrane, gotische             gänzt.
                                                                               Architektur, geheime Gänge und Kammern                  Die große Spielfreude und Harmonie, mit
                                                                               und hohe Türme, von denen man zur Zeit                  der alle Akteure zwischen 8 und 18 Jahren
                                                                               der Geschichte des berühmten „Glöckners“,               ihr Publikum in den Bann zogen, war bemer-
                                                                               dem Roman von Victor Hugo, sicher über                  kenswert! Sie bestachen mit großer Textsi-
                                                                               ganz Paris blicken konnte.                              cherheit, Spielwitz und ungewöhnlich hoher
                                                                                                                                       gesanglicher Präsenz, gleich ob Solo, Duett
                                                                                                                                       oder mehrstimmigem Chor.

                                                                                                                                       Die kontinuierliche Aufbauarbeit und die
                                                                                                                                       gezielte Förderung der Kinder und Jugend-
                                                                                                                                       lichen haben mit YMC einen Höhepunkt er-
                                                                                                                                       reicht, der so nicht unbedingt absehbar war.
                                                                                                                                       Auf der Basis einer inzwischen breiten Kin-
                                                                                                                                       der- und Jugendgruppe konnte das Konzept
                                                                                                                                       von Norbert Deforth, dem Leiter der Theater-
                                                                                                                                       gruppe Assenheim, mit der intensiven Un-
                                                                                                                                       terstützung von Maja und Ursula Rathgeber
                                                                                  Die Bürger von Paris feiern den „Kunterbuntertag“
                                                                                                                                       vollendet werden.
                                                                                                                                       Neben dem unermüdlichen Einsatz der Kre-
                                                                               Die Youth Musical Company (YMC) der The-                ativmotoren sind aber auch eine stramme
                                                                               atergruppe Assenheim entführte ihre Zu-                 Organisation und eine realistische Durchfüh-
                                                                               schauer in 5 ausverkauften Vorstellungen                rungsplanung der Schlüssel zum Erfolg.
                                                                               in das Jahr 1347 n. Chr. auf den Marktplatz
                              N ac h de r Rom a nvor lag e vo n Vic tor Hugo

                                                                               vor der Kathedrale „Notre Dame“, in den Hof
                                                                               der Wunder und schließlich auf den Glocken-
                                                                               turm zu Quasimodo, dem Glöckner von Not-
                                                                               re Dame, dem Held der Geschichte.

                                                                                                                                         Die Wasserspeier (v.ln.r.Franziska, Lilly Clara, Inka),
                                                                                                                                            belehren „ihren“ Quasimodo (Robin Weber)
                                                                                                                                       „Wir haben jetzt den Status semiprofessio-
                                                                                                                                       neller Inszenierungen erreicht, das ist weit
                                                                                                                                       mehr, als man erwarten durfte“, berichtet
                                                                                                                                       Deforth.
                                                                               Frollo (Maja Rathgeber) lehrt Quasimodo (Robin Weber)   Auch die Elternunterstützung und Akzep-
                                                                                                   das Alphabet                        tanz darf bei solchen Projekten nicht fehlen.
                                                                               Schon das musikalische Intro und die Video-             Insbesondere wenn es um Kulissen- und
                                                                               animation versprachen einen packenden,                  Techniktransport geht oder um den Aufbau
                                                                               spannenden und unterhaltsamen Theater-                  und Abbau der Bühne und des Besucher-
                                                                               besuch. Obwohl die Inszenierung mit 42                  saals.
                                                                               Kindern und Jugendlichen mit Pause fast 3               Vor drei großen Kulissen konnten die Prota-
                                                                               Stunden in Anspruch nahm, war zu keinem                 gonisten ihr Können darbieten, wobei insbe-
                                                                               Zeitpunkt Langeweile angesagt. Ganz im                  sondere der Glockenturm mit seinen beweg-
                                                                               Gegenteil. Geschickt wurden die Themen                  lichen Glocken in der Gebälkkonstruktion
                                                                               musikalisch verknüpft und das rasante Sze-              tatsächlich faszinierte. Immer wieder kam es
14              ungeschminkt August 2015
zu „standing ovations“, die die Akteure natür-                                  Den Dauerstress mit dem Einsatz von 32
            lich gerne entgegennahmen. Zu bewundern                                         Funkmikrofonen und ständigem Mikro-
            waren auch die absolut zeitgerechten Kos-                                       fonwechsel merkte man Marcel Ernst, dem
            tüme, mit denen alle Mitspieler ausgestattet                                    Tonmeister, nicht an. Souverän führte er
            waren. Es fehlte an nichts. Dabei konnten für                                   gemeinsam mit Marc Bugnard die Tonregie
            die Inszenierung über 95 % aller benötigten                                     und brachte Sprache, Gesang und Musik zu
            Kostüme aus dem eigenen Kostümfundus                                            einem optimal ausgewogenen akustischen
            der TGAss genutzt werden.                                                       Erlebnis.

                                                                                            Vor diesem Hintergrund konnten alle Ak-
                                                                                            teure das Publikum in das mittelalterliche
                                                                                            Paris entführen, die Intrigen des Adels und
                                                                                            das Leben der Bürger und Bettler vermitteln
                                                                                            und die Geschichte von Quasimodo und der
                                                                                            Zigeunerin Esmeralda, in die er sich unsterb-
                                                                                            lich verliebte, zum Leben erwecken. Mit viel
                                                                                            Wortwitz und Phantasie wurden die Szenen
                                                                                            neu gestaltet und beim Narrenfest mit dem
                                                                                            „kunterbunten Tag“ gezeigt, wozu diese
                                                                                            Truppe fähig ist!
              Frollo (Maja Rathgeber) unterstreicht seine Herrschaft

            Mit 120 Lichteinstellungen hatte auch der
            Lichtmeister Thomas Mutzenbach ein gro-
            ßes und sehr anspruchvolles Programm ab-
            zuwickeln. An acht Abenden wurde das ge-
            samte Lichdesign eingestellt und der Ablauf
            einprogrammiert.

                                                                                             Frollo wird seinen Alptraum „Esmeralda“ (Emelie Dirk-
                                                                                                                  sen) nicht los!
                                                                                            Mit großem Beifallssturm ging die ereig-
                                                                                            nisreiche, wunderbare und aufwändige In-
                                                                                            szenierung dieses Dramas als eine absolut
                                                                                            fetzige Geschichte, die alle Facetten des The-
                                                                                            aterspiels umfasste, zu Ende.

                         Frollo beschwört „Das Feuer der Hölle“
                                                                                                              Fotos: Ulrich Bedacht

           Clopin (Svenja Berger) eröffnet das Narrenfest

                                                                                                                                            ungeschminkt August 2015   15
(Dieses Projekt wurde vom „Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst“ gefördert!)
Das Volkstheaterfestival Wurzelwerk, das                             Die inhaltliche Palette zeichnete ein buntes
                                                                                                                         vom 30. April bis 3. Mai in Sulzbach an der                          Bild vom Volkstheater. Klassische Volksthea-
                                                                                                                         Saar stattfand, hat Maßstäbe für eine neue                           terinszenierungen wie „Der verkaufte Groß-
                                                                                                                         Form des Theaterdialogs gesetzt, darin wa-                           vater“ von der saarländischen Volksbühne
                                                                                                                         ren sich die Veranstalter vom Bund Deutscher                         Hülzweiler oder „Der kühne Schwimmer“ vom
                                                                                                                         Amateurtheater (BDAT) und vom Verband                                hessischen Theaterclub Elmar wurden mit
                                                                                                                         Saarländischer Amateurtheater (VSAT) ei-                             großer Spielfreude präsentiert.
                                                                                                                         nig. Bei ihrer Eröffnungsrede betonte Minis-                         Das Mysterienspiel „Der Pakt mit dem Teufel
                                                                                                                         terpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbau-                             – Theophilus in Not“ vom Theaterverein „Rott
                                                                                                                         er: „Der Blick auf neue Theaterformen und                            am Inn“ aus Bayern stand stellvertretend für
                                                                                                                         Themen, die die Menschen beschäftigen, ist                           ein lebendiges, religiöse Volkstheater und es
                                                                                                                         wichtig“. In diesem Kontext spiele auch das                          fand in der Kirche Allerheiligen einen passen-
                                                                                                                         Thema Einwanderung eine wichtige Rolle, so                           den Aufführungsort.
                                                                                                                         die Schirmherrin, und sie stellte heraus, dass                       Einen Einblick in die Welt des türkischen
                                                                                                                         die Sprachen und Dialekte wichtige Funkti-                           Schattentheaters boten die Meisterspieler Ali
                                                                                                                         onen in unserer Gesellschaft übernähmen.                             & Erhan Köken mit ihrem Karagöztheater, in
                                                                                                                         Dass sich Sulzbach als „Bundeshauptstadt“                            dessen Mittelpunkt der etwas einfache, aber
                                                                                                                         für Mundart- und Volkstheater präsentiere,                           bauernschlaue Karagöz, und der intellektuel-
     Vo l k s t h e a t e r f e s t i v a l Wu r z e l w e r k
                                                                 Meilenstein für einen neuen Dialog zum Mundarttheater

                                                                                                                         sei eine besondere Auszeichnung, sagte Bür-                          le Hacivat humorvolle Rededuelle durchfech-
                                                                                                                         germeister Michael Adam und deshalb habe                             ten.
                                                                                                                         man das Festival auch gern unterstützt.                              Ein Monolog als Volkstheater? Auch das war
                                                                                                                                                                                              eine Facette des Festivals. Mit „Bagger“ von
                                                                                                                                                                                              Henning Mankell wagte sich die Schleswiger
                                                                                                                                                                                              Speeldeel an eine Adaption des Gegenwarts-
                                                                                                                                                                                              stückes, das in Plattdeutscher Sprache zu
                                                                                                                                                                                              überzeugen wusste.
                                                                                                                                                                                              Zwischen Barbiewelt und Rollenklischees
                                                                                                                                                                                              bewegte sich das JugendTheaterBüro Berlin
                                                                                                                                                                                              mit ihrer politischen, teils derben, vor allem
                                                                                                                                                                                              aber ironisch-sarkastischen Eigenproduktion
                                                                                                                                                                                              „90/60/90: Rollenscheiß“. Die jungen Darstel-
                                                                                                                            Der Präsident des BDAT, Norbert Radermacher, bei der Begrüßung.   ler zeichneten ein exemplarisches und sehr
                                                                                                                                                                                              buntes Bild postmigrantischen Volkstheaters.
                                                                                                                         BDAT-Präsident Norbert Radermacher hob                               „Umsonscht isch dr Dod“, ein eindringlicher
                                                                                                                         das Amateurtheater als einen der großen                              Dialog zwischen „Jakob und Isabelle“, der sich
                                                                                                                         Bewahrer der deutschen Mundarten hervor.                             mit essentiellen Lebensfragen auseinander-
                                                                                                                         „Aufgrund der sozialen und künstlerischen                            setzt, wurde sensibel vom Theater Emerkin-
                                                                                                                         Bedeutung der Dialekte und Mundarten für                             gen aus Baden-Württemberg in Szene ge-
                                                                                                                         unsere Gesellschaft gilt es, diese nicht nur zu                      setzt.
                                                                                                                         schützen, sondern ihre Einzigartigkeit, ihre                         Josef Sedlmeier, Präsident des Verbandes
                                                                                                                         Vielfalt und gesellschaftliche Wirkung zu er-                        Saarländischer Amateurtheater, und Erika
                                                                                                                         kennen und öffentlich zu diskutieren“. Das                           Sedlmeier, Sprecherin des Bundesarbeitskrei-
                                                                                                                         Festival bot für diesen Dialog den geeigneten                        ses Mundart und Sprachen (BDAT), waren sich
                                                                                                                         Ort.                                                                 am Schluss einig, dass dieses Festival mit rund
                                                                                                                                                                                              100 Teilnehmenden und mehr als 1.200 Zu-
                                                                                                                                                                                              schauern ein erster Meilenstein war, der der
                                                                                                                                                                                              weiteren Entwicklung des Theaters in Mund-
                                                                                                                                                                                              art und Dialekten wichtige Impulse gegeben
                                                                                                                                                                                              hat. Das nächste Wurzelwerk-Festival soll in
                                                                                                                                                                                              zwei Jahren stattfinden.
                                                                                                                                                                                              Das Festival wurde gefördert von der Beauf-
                                                                                                                                                                                              tragten der Bundesregierung für Kultur und
                                                                                                                           Die Saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer   Medien, dem Land Saarland, dem Verband
                                                                                                                                             begrüßt die Gäste des Festivals.                 Saarländischer Amateurtheater, der Stadt
                                                                                                                         Sieben Theatergruppen aus verschiedenen                              Sulzbach, dem Saarländischen Ministerium
                                                                                                                         Regionen Deutschlands stellten ihre Inszenie-                        für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie
                                                                                                                         rungen vor, spannende Aufführungsgesprä-                             sowie von weiteren Sponsoren.
                                                                                                                         che gaben einen Einblick in die künstlerischen
                                                                                                                         Arbeit im Kontext der jeweiligen Sprache oder                                                      Aus Spiel & Bühne
                                                                                                                         des jeweiligen Dialekts.
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Auch aus Hessen kam ein Beitrag zum Volkstheater-Festival
„Wurzelwerk“. Dargeboten wurde vom Theaterclub Elmar aus
Offenbach: „Der kühne Schwimmer“. Ein Schwank, der schon
über 90 Jahre alt ist und nicht nur vom Millowitsch Theater mit
großem Erfolg aufgeführt wurde. Hier geht es um einen Mann,
der durch eine Verwechslung zu einem vermeintlichen Lebens-
retter wird.
Er soll eine schöne junge Frau vor dem Ertrinken gerettet ha-
ben, dabei ist er ein Nichtschwimmer und traut sich gar nicht
ins Wasser. Die Gerettete ist dem vermeintlichen Retter darauf-
hin so dankbar, dass sie ihn sofort heiraten will - sehr zum Leid-                TC Elmar Offenbach: „Der Kühne Schwimmer“
wesen von Simon Isser, der als Fritz Neubauer eigentlich der
Verlobte von dem jungen Fräulein ist.
Mit vielen Verwechslungen und Verwirrungen um den angebli-
chen Lebensretter, der ein reicher und lediger Generaldirektor
ist, bringen die Elmaraner das Publikum immer wieder zum La-
chen, und – wie kann es anders sein – am Ende der Geschichte
geht doch alles gut aus, und jeder erhält den Partner, den er
will.
Weitere tolle Theaterstücke gab es von folgenden Gruppen:
1. Volksbühne Hülzweiler e.V.
                                                                                  TC Elmar Offenbach: „Der Kühne Schwimmer“
Saarland (moselfränkisch) -
Der verkaufte Großvater
2. Ali u. Erhan Köken
NRW (türkisch/deutsch) -
Almanya yolculugi und Herr Nixverstehen
3. Schleswiger Speeldeel,
Schleswig-Holstein (Niederdeutsch), -
Bagger (von Henning Mankell)
4. TC Elmar Offenbach,
Offenbach/Hessen (südhessisch) -
                                                                               Jugendtheaterbüro Berlin: 90/60/90 - Rollenscheiß
Der kühne Schwimmer
5. Theaterverein Rott am Inn
Rott am Inn (bayrisch) –
Der Pakt mit dem Teufel
6. Jugendtheater Büro Berlin,
Berlin (kiezdeutsch) -
90/60/90 Rollenscheiß
7. Theater Emerkingen
Baden-Württemberg (schwäbisch) –
Umsonschd isch dr Dod
                                                                                   Theater Emerkingen: Umsonschd isch dr Dod
Nach jedem Theaterstück gab es eine sehr gut besuchte Stück-
besprechung, bei der Stärken und Schwächen der Inszenierung
noch mal beleuchtet und diskutiert wurden, und wo es auch
Gelegenheit gab, die Verantwortlichen zu ihren Arbeiten zu be-
fragen.

Viele Gespräche zu den Themen Volkstheater und Mundart
Theater wurden mit sachkundigen Theaterschaffenden geführt
und am Ende des Festivals waren alle Organisatoren froh und
glücklich, dass es eine sehr gelungene Veranstaltung gewesen
ist.                                                                 Simon Isser (TCE) im Gespräch mit dem BDAT Vizepräsidenten Jörg Sobeck/
                                                  Frank Weymann          Berlin und Katrin Kellermann, Redaktion Spiel&Bühne des BDAT.
Fotos: digiSTAGEfoto © Frank Weymann
                                                                                                ungeschminkt August 2015                       17
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