Ungeschminkt - AmateurTheater Hessen
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ungeschminkt Das Magazin des Landesverbandes Hessischer Amateurbühnen e.V. Ausgabe August 2015 Landesverbandstag 2015 Seite 5 KiJu-Theaterpreis 2014 - Preisverleihung in Wetzlar Seite 9 Wurzelwerk - Das Volkstheater Festival des BDAT Seite 16- 17 Theaterwoche Korbach 2015 Seite 20 - 22 1 Beijing Modern Dance Company: ungeschminkt August 2015 "Blooming of time" Seite 30 - 31
IMPRESSUM Inhalt Seite Herausgeber: Landesverband Hessischer Amateurbühnen e.V. Impressum, Inhaltsverzeichnis 2 Mitglied im BDAT Georg-Büchner-Str. 9 Editorial 3 61194 Niddatal Aus der Vorstandsarbeit/dem Verband 4 Verantwortlich: LV Tag 2015 in Wetzlar 5 Vorsitzender: Norbert Deforth (nd) Das Interview 6-7 Tel.: 06034-3467 8 Burgschauspieler Eppstein E-Mail: norbert.deforth@lvha.de KiJu-Preis 2014 9 Im Internet unter: www.lvha.de Seminar: Märchen f. Erwachsene 10 Theater im Hayn: Die Balkonszene 11 Redaktionsleiter/ Verantwortlicher Redakteur (V.i.S.d.P.): Seminar: Regie 12 Frank Weymann (fw), Mini Festival in Wachenbuchen 13 Königsberger Str. 15 34270 Schauenburg TGASS: Der Glöckner von Notre Dame 14 - 15 Tel.: 05601-5430 Wurzelwerk, Volkstheater Festival 16 - 17 Fax: 05601-920735 E-Mail: redaktion@lvha.de Seminar: Dramaturgie 18 Lektorat: Tag der Freilichtbühne in Merxhausen 19 Antje Hörl (ah) Theaterwoche Korbach 2015 20 - 22 Teichecke 15 34308 Bad Emstal VBE: Der Meisterboxer 23 Tel.: 05625-5577 TGASS: Der Zauberer von Oz 24 - 25 E-Mail: antje.hoerl@lvha.de Theater „Gans anders“: Drei tolle Väter 26 Nachdruck, mit Quellenangabe und gegen Über- sendung eines Belegexemplars an die Redaktion Statt-Theater Mengeringhausen: Die Welle 27 gestattet. WHT - Hatschi 28 Auflage 1000 Stck. 25 Jahre Theaterverein Oberursel 29 „Blooming of time“, Chin. Tanztheater 30 - 31 Die Zeitschrift erscheint zweimal jährlich (Februar / August). Die mit Namen oder Initialen gekennzeich- Nordhessen Info / Mitte/Ost Treffen 32 neten Beiträge geben die Auffassung der Verfasser, theater am bach: Petterson 33 nicht aber die des Herausgebers bzw. der Redakti- on wieder. Es wird nur die allgemeine, presserecht- West/Süd Treffen 34 liche Verantwortung übernommen. die hannemanns 35 BDAT: Fachtagung Seniorentheater 36 Layout, Satz und Bildbearbeitung: Frank Weymann Volksbühne Lampertheim - Ein Portrait. 37 Schauenburg Spieltermine, Seminare 38 Die nächste Ausgabe erscheint im Februar 2016 Spieltermine 39 Redaktionsschluss: Ensemble feel-x: Der Sturm 40 05. Januar 2016 Titelfoto: Druck: Förderer des Landesverbandes Hessischer Amateurbühnen e.V.: Theaterwoche Korbach, eine Insze- flyeralarm GmbH, nierung der Mies-van-der-Rohe- Alfred-Nobel-Str. 18, Schule aus Aachen, mit dem Titel 97080 Würzburg „Schillernde Räuber - die wollen www.flyeralarm.com doch nur spielen“. Foto: digiSTAGEfoto © Frank Weymann 2 ungeschminkt August 2015
Ed i tori al Liebe Theaterfreunde, …und „sie“ bewegt sich doch! Der Überlieferung nach soll Galilei diesen Satz beim Verlassen des Inquisitionsgerichts gemurmelt haben, nachdem er dem kopernikanischen Weltbild öffentlich abschwören musste. Vieles hat sich in und um die Amateurtheaterwelt im ersten Halbjahr 2015 in unserem Hessenland ereignet und es wurde auch Entscheidendes „bewegt“! Wir informieren über die Preisverleihung zu unserem Kinder- und Jugendwettbewerb 2014 sowie auch über unseren Landesverbandstag in Wetzlar. Sehr erfreut waren wir über den Besuch von Herrn Ministerialrat Albert Zetzsche vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Durch langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihm konnten schon viele Projekte des LV umgesetzt werden. So wird auch der bundesweite Wettbewerb AMARENA vom Ministerium maßgeblich unterstützt. Wir haben in der Februarausgabe darüber berichtet. Wir hoffen, dass sich viele Bühnen aus dem LV Hessen an den Wettbewerben beteiligt haben. Neben vielen Bühnenberichten informieren wir in dieser Ausgabe über das Volkstheaterfestival Wurzelwerk, über die Theaterwoche in Korbach sowie auch über unsere Bereichstreffen. Auch zur „Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung“ gibt es wieder Aktuelles zu berichten. Derzeit sprechen wir über die sogenannte „Digitale Dividende 2“ (DD2). Diesmal geht es vorrangig um den Frequenzbereich 694 bis 790 MHz. In der Rubrik „Das Portrait“ stellen wir die Volksbühne Lampertheim vor! Und unter der Überschrift: „Wir müssen mehr trommeln“ machen wir eindringlich auf die Fachtagung zur Seniorentheaterszene aufmerksam. Ein letztes Wort zu unseren verabschiedeten Vorstandsmitgliedern sei noch erlaubt: Thomas Bandy, der über 30 Jahre dem Vorstand angehörte und über viele Jahre die Finanzen des Landesverbandes hervorragend betreute und regelte, der in unzähligen Theaterprojekten mitwirkte und oftmals parallel in drei Vereinen seine Unterstützung und Erfahrung einbrachte, ist nun in den „verdienten“ Ruhestand getreten. Seine Verdienste für den Landesverband sind weder mit Geld noch mit Worten aufzuwiegen. Ein Gentleman erster Klasse! Chapeau Mr. Bandy, man sieht sich! Ebenso die „Hartmanns“! Wolfgang Hartmann, der mit 25 Jahren Vorstandsarbeit die juristische Seite des Vereins abdeckte und gemeinsam mit seiner Frau Karin mit über 20 Jahren Vorstandsarbeit die Bereichsleitung West inne hatte. Zwei wunderbare Theaterenthusiasten, die in jeder Beziehung dem Landesverband und dem Amateurtheater verbunden waren. Immer bestrebt den Laden am Laufen zu halten, haben beide mit einer immer währenden Energie Aufgaben wahrgenommen und Aktivitäten entfaltet. Mit Rat und Tat unseren Mitgliedsbühnen zur Seite zu stehen, den offenen Dialog zu pflegen, war ihr „credo in unum deum“; ihr Glaubensbekenntnis, das sie bis auf den heutigen Tag ohne Einschränkung dem Landesverband widmeten. Den bissigen Dialogen zum Trotz haben sie immer einen gemeinsamen Nenner verfolgt: Unvergessliches zu hinterlassen und Landesverbandsgeschichte zu schreiben. Chapeau Mr. Hartmann und Chapeau Mrs. Hartmann, man sieht sich! Den „Neuen“ im Vorstand rufen wir ein herzliches Willkommen zu und freuen uns auf eine fruchtbare Zusammenarbeit! Wir werden alle Kräfte mobilisieren und den „Gezeitenwechsel“ nutzen, um den Landesverband mit seinen Bühnen als einen der größten Theaterverbände im BDAT auszubauen und dauerhaft zu etablieren. In diesem Sinne wünsche ich allen Bühnen weiterhin gelungene Premieren, erfolgreiche Aufführungen und bleibt in „Bewegung“! Mit herzlichen und theatralen Grüßen Norbert Deforth ungeschminkt August 2015 3
Ne u es aus d em Verb and Liebe Theaterfreunde, in unserer letzten Vor- Bühnenjubiläen standssitzung haben 30 Jahre wir beschlossen, die „ungeschminkt“ künf- Theatergruppe Morschen tig dreimal jährlich er- scheinen zu lassen. 25 Jahre Ab 2016 wird euch die neueste Ausgabe die hannemanns jeweils im Februar, im Juni und im Oktober Das Wettenberger Sammelsurium zugestellt werden. Theaterverein Oberursel Theatergruppe Martinhagen „TheMa90“ Die Redaktion Kurt Hardt gest. 13. 06. 2015 Die Theatergemeinschaft Ober-Schmitten trauert um Kurt Hardt. Er übernahm schon 1965 das Amt des 1. Vorsitzenden, welches er bis ins Jahr 2005 inne hatte. In all diesen Jahren war er nicht nur Vorsitzender, sondern auch Regisseur und Organisator in allen Belangen des Amateurtheaters. Kurt Hardt „war“ die The- atergemeinschaft Ober-Schmitten“. Noch vor kurzem wurde er für seine außerordentlichen Verdienste um das Amateurtheater mit der „Goldenen Maske“ des BDAT ausgezeichnet. Der Landes- verband und seine Mitglieder trauern mit der Familie und den Theaterfreunden aus Ober-Schmitten. h Neue Mitglieder im Landesverband Das Theater bildet Herzlic mehr als ein dickes i l l ko m men! Buch! W Nr. Bereich Name Wir begrüßen alle neuen 209 Süd A.T.O. - Atelier-Theater-Obertshausen Voltaire, (1694 - 1778) Mitglieder ganz herzlich 210 Ost Ockstädter Theaterbühne „Mäuseburg“ e.V. und freuen uns auf eine 211 Ost TSG 1864 Bleichenbach/Sparte Theater gedeihliche Zusammen- 212 West ZauBärhaft arbeit zum Wohle aller. 213 Ost Bechtelsberger Bühne 214 West ThoBri Den ausgeschiedenen Mitgliedern wünschen 215 Ost Junges Theater Wachenbuchen wir weiterhin eine span- nende Theaterarbeit Nicht mehr im Landesverband: und alles Gute. Nr. Bereich Name Der Vorstand 83 Ost Nolens Volens 4 ungeschminkt August 2015
Landesverbandstag 2015 28. März 2015 in Wetzlar Wahlen standen wieder einmal im Fokus des Landesver- Und noch eine Neuerung, die aber schon lange vorbereitet bands-Tages in Wetzlar – Ausrichter war erneut, wie schon wurde: Harald Soldan übernimmt von Thomas Bandy das in 2006, das Neue Kellertheater Wetzlar e. V. mit seinem Vor- Amt des Schatzmeisters. Harald ist bereits seit zwei Jahren sitzenden Andres Zarra Esperon an der Spitze. Herzlichen als stellvertr. Schatzmeister im Vorstand aktiv und hatte Dank noch einmal für die perfekte Ausrichtung im Saal der daher Gelegenheit, sich intensiv auf diese schwierige und Alten Aula in Wetzlar. arbeitsreiche Aufgabe vorzubereiten. Der Vorstand dankt Anders als in den letzten Wahljahren gibt es einige Neue- auch Thomas Bandy rungen – und Verjüngungen im Vorstand des LV. Wir begrü- ganz herzlich für sei- ßen recht herzlich Andres Zarra Esperon und Kerstin Freund ne 30-jährige (!) Mit- (beide Neues Kellertheater Wetzlar e. V.) als neue Bereichs- wirkung im Vorstand leiter West und bedanken uns für die hervorragende lang- des Landesverban- jährige Arbeit ihrer Vorgänger Wolfgang und Karin Hart- des! Wolfgang und mann. Insbesondere Wolfgang wird uns im Hintergrund Karin Hartmann so- als Experte für Wahlen und Satzungsfragen noch erhalten wie Thomas Bandy bleiben, worüber wir uns sehr freuen. Vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst besuchte uns der wurden zu Ehrenmit- Ministerialrat Albert Zetzsche. Mit ihm arbeitet der LV Vorstand seit Jahren gliedern ernannt. schon vertrauensvoll zusammen. Alle anderen Vorstandsmitglieder wurden in ihren Ämtern wiedergewählt – übrigens waren alle Wahlen in schönster Harmonie einstimmig, lediglich hier und da mit Enthaltun- gen, für die jeweiligen Kandidaten. Gegenkandidaten gab es für keine der zu besetzenden Positionen. Peter Herborg stellt sich auf der Website des Landesver- bandes unter „Aktuelles“ (evtl. scrollen) vor. Andres Zarra Verabschiedung von Thomas Bandy nach lagjähriger hervorragender Arbeit Esperon und Kerstin Freund haben sich in persönlichen für den Landesverband. Anschreiben den Bühnen ihres Bereiches und in direktem Kontakt mit ihnen bereits vorgestellt. Alle Kontaktdaten auf der HP des LV: www.amateurtheater- hessen.de unter „Vorstand“. Ein weiteres Highlight dieses Tages – dank Jörg Dreismann und Nadine Knauer als Vertretein der Jury eine wirklich tolle Show – war die Verleihung des Kinder- und Jugendtheater- preises 2014 an die zuvor Nominierten. Der 3. Preis mit einem Preisgeld von 500 Euro ging an: Verabschiedung von Karin u. Wolfgang Hartmann nach langjähriger erfolgrei- Wehlheider Hoftheater für „Michel in der Suppenschüs- cher Arbeit für den Landesverband und seine Mitgliedsbühnen. sel“ Der 2. Preis (Preisgeld 1.000 Euro): Theatergruppe Peter von Orb für „Amok – Winnenden ist überall“ Der 1. Preis (Preisgeld 1.500 Euro): Taunusbühne Bad Schwalbach für „Endstation“ Außerdem erhielten undotierte Förderpreise: Die Sand- bachminis aus Pfungstatt sowie das Statt-Theater Menge- ringhausen. Sie erhalten einen Sonder-Workshop für die Der Vorsitzende Norbert Deforth mit Heinrich Kraft, der für seine hervorragende Jugend mit Jörg Dreismann und Simon Isser. Arbeit die „Goldene Ehrennadel des BDAT“ erhielt, und den ausgeschiedenen Teilweise frenetischer Applaus – die nominierten Jugend- Vorstandsmitgliedern Karin und Wolfgang Hartmann. gruppen waren zum Teil in großer Zahl angereist und brachten eine mitreißende Stimmung mit – begleitete diese Außerdem neu im Vorstand ist Peter Herborg (Wehlhei- durch kurze Filme und Einblender auch optisch sehr anspre- der Hoftheater e. V., Kassel) als stellvertrender Vorsitzen- chende und abwechslungsreiche Preisverleihung. der. Frank Weymann hatte den Wunsch geäußert entlastet Das vollständige Protokoll des Landesverbandstages kann zu werden und wird sich nun mit ganzer Kraft der unge- im internen Bereich der Website – www.amateurtheater- schminkt und weiterer Öffentlichkeitsarbeit widmen. Auch hessen.de – abgerufen werden. Zugangsdaten erhalten alle Frank danken wir und begrüßen Peter sehr herzlich in un- LV-Mitglieder bei Frank Weymann oder Antje Hörl (Kontakt- serem Kreis. daten auf der Website unter „Vorstand“). Fotos: digiSTAGEfoto © Frank Weymann ungeschminkt August 2015 5
. . . m ac h m al f u nk t‘s au c h o hne P y r o te chnik Antje: Hallo, Lena und Daniel. Wir freuen uns, dass Daniel: Ich spiele seit 2003 Theater, da war ich 8 oder wir euch etwas näher kennen lernen dürfen. Erzählt 9 Jahre alt. Ich war ein Rebhuhn im „Gestiefelten Ka- doch zunächst mal wer ihr seid. ter“. Dann kamen mit der Kindergruppe „Das kleine Gespenst“, „Die kleine Hexe“ – da habe ich mir 5 Rollen Das Interview Von Antje Hörl Lena: Mein Name ist Lena Bollerhey, ich bin 20 Jahre mit einem Freund geteilt. Also, manchmal stand mein alt, in meinem dritten Jahr zur Ausbildung zur Erziehe- Freund in 5 Rollen auf der Bühne, in anderen Auffüh- rin, was mir sehr viel Spaß macht. Ich möchte später rungen ich. Dann war ich der König in „König Drossel- gern mal mit beeinträchtigten Kindern arbeiten. bart“. Meine erste Rolle bei den Erwachsenen war „Das Wirtshaus im Spessart“ in der Rolle des Goldschmieds, Daniel: Mein Name ist Daniel Schubert, ich bin 21 danach „Herren im Haus“ als Filippo. Dieses Jahr habe Jahre alt und mache eine Ausbildung zum Bankkauf- ich in „Landeier“ mitgespielt und mir dort auch eine mann. Ich habe aber meine Ausbildung bald beendet Rolle geteilt. Davon werden wir im Oktober noch eini- und vielleicht möchte ich noch mal ein Studium an- ge Aufführungen haben. schließen, wahrscheinlich ein Abendstudium in Ver- bindung mit Berufstätigkeit. Antje: Wie seid ihr überhaupt zum Theaterspielen gekommen? Wir seid ihr darauf aufmerksam gewor- Antje: Ihr spielt beide Theater – in welchen Bühnen den, dass es die Möglichkeit in euren Wohnorten seid ihr zu Hause? Beide sind ja im schönen Nord- gibt? hessen. Daniel: Ich hatte Freun- de, die schon in der Lena: Ich spiele bei der Kindergruppe Theater Theatergruppe Martin- spielten. Aus Neugierde hagen – TheMa90 – mit bin ich mal mitgegan- und wohne auch hier in gen und habe dann auch Martinhagen. Gerade sofort eine Rolle bekom- haben wir wieder mit den men. Proben für das nächste Stück im November an- Lena: Im Mitteilungs- gefangen. blättchen unserer Ge- meinde war eine An- Daniel: Und ich spiele im zeige, dass noch Kinder StattTheater Mengering- und Jugendliche zum hausen und wohne auch Theaterspielen gesucht in Mengeringhausen. Lena und Daniel werden. Antje: Welche Aufgaben habt ihr in euren Bühnen? Antje: Wie viel Zeit verwendet ihr so ungefähr auf Seid ihr in euren Jugendgruppen aktiv oder in der euer Hobby Theaterspielen? Macht ihr noch andere Erwachsenengruppe? Dinge in eurer Freizeit? Lena: Ich stehe auf der Bühne und habe in der Kinder- Lena: Neben Ausbildung spiele ich nur Theater, ein an- und Jugendgruppe angefangen. Jetzt spiele ich in der deres wirkliches Hobby habe ich nicht. Einmal in der Erwachsenen-Gruppe mit, im nächsten November das Woche ist Probe, kurz vor der Premiere natürlich viel zweite Mal. Mit meiner Ausbildung sind weitere Aufga- öfter. Dazu kommen Theaterseminare, die wir für un- ben in der Bühne leider nur schwer vereinbar. sere Bühne organisieren, und Proben-Wochenenden. Die Texte studiere ich in den Sommerferien ein (in mei- Daniel: Ich spiele – früher auch in der Kindergruppe, ner Ausbildung habe ich zum Glück normale Sommer- jetzt in der Erwachsenengruppe - außerdem bin ich im ferien, wie Schulferien). Wir nehmen uns bei den Lese- Vorstand als stellvertretender Kassierer aktiv und helfe proben auf, das höre ich dann immer wieder und lerne im Bühnenbau mit, wann immer es geht. so relativ schnell meinen Text. Mit den Proben sind wir insgesamt ungefähr ein halbes Jahr beschäftigt. Für Antje: Seit wann seid ihr jeweils dabei? In welchen mehr bleibt dann kaum Zeit. Rollen oder welchen Theaterstücken habt ihr bis jetzt auf der Bühne gestanden? Daniel: Ich bin auch noch als Fußball-Schiedsrichter aktiv, früher habe ich auch selbst noch gespielt. Ich Lena: Ich bin seit 2006 dabei, und mein erstes Stück hatte Glück und keine schlimmen Verletzungen, die in der Kindergruppe hieß „Stein der Fantasie“. Mit der mich von Bühnenauftritten abgehalten hätten. Aber Zeit habe ich mich auch an größere Rollen herange- die Termine zu koordinieren war sehr schwierig – ich traut. Am Anfang war ich noch sehr zurückhaltend, konnte oft nur eine Halbzeit spielen und musste dann das hat sich aber jetzt geändert, ich stehe sehr gern zu einer Aufführung. Das Theater stand für mich im- auf der Bühne. Danach kamen dann: „Das Gespenst mer an erster Stelle, daher habe ich als aktiver Spie- von Canterville“, „Michel in der Suppenschüssel“, „ (K) ler aufgehört. Wir proben von Beginn an zweimal in ein Apfel für Schneewittchen“. Das waren alles Kinder- der Woche, fast immer mit Doppelbesetzung, so dass und Jugendstücke. Mein erstes Stück bei den Erwach- meist jeder da ist und auch proben kann. So bin ich senen hieß „Putzfrauen und Waschlappen“ im letzten fast immer bei den Proben dabei. Unsere Proben dau- Daniel in „Das Wirtshaus im Spessart“ November. ern 12 bis 15 Wochen pro Inszenierung, wobei ich nur in einer pro Jahr mitspiele. 6 ungeschminkt August 2015
Antje: Der Grund, warum wir ein Porträt mit Antje: An welchem Theaterprojekt arbeitet ihr euch in der „ungeschminkt“ veröffentlichen wol- zurzeit bzw. demnächst? Was steht in euren Büh- len – erst mal herzlichen Dank dafür, dass ihr nen an? euch dazu bereit erklärt habt – also, der Grund ist, dass ihr euch über das Theater kennen gelernt Lena: Wir werden im November die Komödie „Mit- habt. Erzählt ihr mal, wie und wo und wann das ternachts-Shopping“ aufführen, und ich spiele die passiert ist? Verkäuferin in der Dessous-Abteilung, die was mit dem Geschäftsführer hat – heimlich natürlich. Die Daniel: Ich war bei einem Treffen der nordhessi- Leseproben haben schon begonnen. schen Bühnen im Herbst vorigen Jahres. Die an- wesenden Bühnen haben ihre Stücke vorgestellt, Daniel: Unser Kinderstück „Till Eulenspiegel“ wird und wir, das Statt-Theater, haben vereinbart, mal vorbereitet und geprobt. „Die Welle“ wird im Rah- zu einer Aufführung nach Martinhagen zu fahren. men der Präventionswoche in Bad Arolsen noch Ich habe mich dann nach der Aufführung ganz kurz einmal aufgeführt. Danach wie gesagt die Wieder- mit Lena unterhalten. Nachher, zu Hause, wusste holung von „Landeier“, wo ich ja mitspiele. ich aber nur noch ihren Vornamen - Antje: Würdet ihr gerne einmal zusammen Thea- Lena: Ich wusste seinen Namen überhaupt nicht. ter machen? Wenn ja, welches Stück oder welche Art von Theater würdet ihr gern mal zusammen Daniel: Aber zum Glück hatte ich einen Flyer mitge- spielen? nommen, da habe ich ihren Namen gefunden und dann in Facebook gesucht und sie auch gefunden. Daniel: Konkret haben wir uns darüber noch kei- – Ich habe sie angeschrieben und wir sind ins „Sch- ne Gedanken gemacht. Aber ich weiß noch nicht, reiben“ gekommen. Zuerst meist über das Theater. ob und wie ich in den nächsten Stücken eingesetzt Lena hatte vor ihren Auftritten im Erwachsenen- werde. Da habe ich mir gedacht, ich würde schon stück ziemlich Lampenfieber und ich habe ihr toi toi gern mal in Martinhagen mitspielen, wenn das toi gewünscht und ihr geschrieben: „Du schaffst das klappt. schon!“ Die Theaterfreundschaft zwischen Menge- ringhausen und Martinhagen hat sich dann nach Lena: Ja, doch, das könnte ich mir auch vorstellen. unserem Besuch auch verstärkt. Würde bestimmt viel Spaß machen, mal zusam- men was zu machen. Lena: Und dann haben wir beim Schreiben ent- deckt, dass wir beide doch noch ein zweites Hobby Antje: Habt ihr schon Pläne für die Zukunft? gemeinsam haben: Nämlich das Skifahren. Beruflich? Oder auch, was das Theater angeht? Oder euch beide privat? Daniel: Da hat Facebook doch mal seine guten Sei- ten gezeigt! Lena: Ich möchte meine Ausbildung beenden, und bis dahin fühle ich mich auf jeden Fall hier in Mar- Antje: Habt ihr schon Seminare beim LV mitge- tinhagen sehr wohl und möchte eigentlich auch macht? erst mal nur spielen. Vielleicht später mal Verant- wortung übernehmen im Vorstand oder mal in Lena: Ich war schon zweimal bei einem Ki-Ju-Camp andere Bühnen reinschnuppern. Aber im Moment des Landesverbands in Hohensolms. Im letzten Jahr steht erst mal noch die Ausbildung im Vorder- habe ich ein Theaterseminar, das von TheMa90 or- grund. ganisiert wurde, mitgemacht. Das soll auch dieses Jahr wiederholt werden. Mehr schaffe ich im Mo- Daniel: Ich bin bereits seit 3 Jahren im Vorstand ment aus zeitlichen Gründen leider nicht. und möchte auch weiter Verantwortung für die Daniel: Seminare des Landesverbandes habe ich Bühne übernehmen. Der Vorstand in Mengering- noch nicht mitgemacht. Wir hatten auch Thea- hausen soll jetzt nach und nach verjüngt werden, terseminare und Jugend-Workshops, die von der daher denke ich, dass ich auch weiterhin dort mit- Bühne organisiert wurden. Jetzt gibt es einmal im arbeiten kann. Monat Workshops für Jugendliche mit unterschied- lichen Schwerpunkten. Auch eine jährliche Jugend- Antje: Wir danken euch noch mal ganz herzlich, fahrt über 3 Tage mit vielen Freizeitangeboten und dass wir euch näher kennen lernen durften, einem „kleinen“ Workshop. Der Schwerpunkt liegt denn zwei junge Leute, die sich übers Theater bei dieser Fahrt auf Freizeit und soll den Zusam- kennen lernen und es schaffen, über mehre- menhalt fördern. re Kilometer hinweg eine Beziehung aufrecht zu erhalten, ist eine nicht ganz alltägliche Ge- Antje: Ihr seid jetzt zusammen. Wie ging es nach schichte. Es hat uns riesigen Spaß gemacht, dass den ersten Facebook-Kontakten weiter? Zwi- ihr sie uns erzählt habt! Wir wünschen euch für schen Martinhagen und Mengeringhausen lie- eure Zukunft – wie immer die aussieht - alles gen ja ein paar Kilometer. Aber ihr seid ja sicher Gute und toi toi toi für alles, was ihr noch auf der mobil? Bühne fabriziert! Fotos, rechts, von oben: Lena: Ja, wir sind mobil. Wir haben uns dann ir- Daniel als Vertreter in „Holiday in Las Vegas“... ...und als Räuber in „Wirtshaus im Spessart“. gendwann mal verabredet, Daniel ist zu mir nach Fotos von Daniel: Lars Jockel, Mengeringhausen Martinhagen gekommen und wir sind nach Fritz- 2006 Lena in „Stein der Fantasie lar ins Kino gefahren und auch mal zum Skifahren Lena im Erwachsenenstück „Putzfrau und Waschlappen“ nach Winterberg – na ja, und wie das dann eben so Fotos von Lena: Kurt Eisen, Schauenburg weitergeht. ungeschminkt August 2015 7
Seit Januar probten die 14 Darsteller ihr ne Rödl) mit, die ihren Mann bei den ersten Burgschauspieler Eppstein Bubblegum und Diamanten Stück - meist nur einmal die Woche. „Aufträgen“ begleiten möchte und ihn mit Und was dabei herauskam, konnten die Zu- guten Ratschlägen versorgt. schauer bei vier Vorstellun- gen auf der Burg Eppstein genießen. Ein Feuerwerk an Einfällen, witzig, humorvoll, hinter- listig, komisch – alles, was zu einem heiter-tragischen englischen Lustspiel gehört; 1 ½ Std. ungetrübtes Amü- sement. Erfrischend sich mal keine Gedanken machen zu müs- sen. Nur grenzenloses La- chen. Zum Stück: Ein Geschäftsun- tüchtiger Adliger Sir Middle- some (E.Schlosser) und Frau Ellen (S. Waldmann) sind finanziell ruiniert. Sie glau- ben nur noch einen Ausweg zu haben: sich Inzwischen – und durch die ungewöhnli- umzubringen. Doch auch das gelingt dem chen Einfälle des Butlers (R.El-Duweik) - be- lebensuntüchtigen Mann nicht und außer- sinnt sich der Adlige darauf, dass ein Leben dem erfahren sie, dass im Falle eines Selbst- ohne viel Geld und evtl. in einer Sozialwoh- mordes die Versicherung nicht zahlt. Nun en- nung lebend auch seine Reize haben könnte. gagieren sie einen Berufskiller (K. Vollmuth), Also soll der Killer abbestellt werden. Auch der sich aber als wenig professionell heraus- das misslingt und jetzt ist man auch noch in stellt. Außerdem bringt er seine Frau (Julia- der Sorge, dass nicht nur man selbst vom Kil- ler bedroht sein könnte, sondern die ganze sich im Hause befindliche Gesellschaft, die, alle aus verschiedenen Gründen, einen wie echt aussehenden Plastikdiamantring aus dem Kaugummiautomat tragen. Der Killer hatte den Auftrag, zwei Personen, die einen auffälligen Diamantring tragen, zu töten. Es kommen noch zwei etwas unfähige In- spektoren zum Einsatz, doch dank der Un- fähigkeit des Killers gerät alles zum guten Ende. Die permanente scharfe Würze, den brillan- ten Wortwitz lieferten (und da blieb kein Auge trocken) die nervige Tante Martha (G. Wittich) mit ihren aufgeplusterten Cafè- Freundinnen und der einzigartige Butler Mortimer mit seinen trockenen Einfällen in all seiner distanzierten englischen Würde. Regie hatte Dr. Peter Strauß, Co-Regie: Gerda Bimmel Die Gruppe um BurgschauspielerChefin Ju- liane Rödl lässt sich immer etwas einfallen und man darf auf die nächsten Aktionen ge- spannt sein. Schade, dass dieses brillante Stück nur vier- mal aufgeführt worden ist. Text: K. Hartmann, Foto: Burgschauspieler 8 ungeschminkt August 2015
Kinder- und Jugendtheaterpreis 2014 Große Unterschiede der einge- reichten Wettbewerbsbeiträge konnten die Jurymitglieder bei der Bewertung feststel- len. Bei der Jurysitzung in Of- fenbach fand ein spannender Austauschprozess unter den Mitgliedern statt. Zunächst wurden zahlreiche Kriterien festgelegt. Dazu zählten unter Nadine Knauer und Jörg Dreismann präsentierten anderem: Mut zur Inszenie- die Gewinner des KiJu-Preises 2014 rung, Beziehung zum Publikum, Rollenauthentizität , theatrale Formen, Beteiligung der Kinder und Ju- gendlichen, Zusammenspiel, Spaß am Spiel, Stoffauswahl, Sprache, Mi- Der 1. Preis (Preisgeld 1.500 Euro): mik, Gestik, technisches Drumherum - um nur einige zu nennen. Taunusbühne Bad Schwalbach für „Endstation“ Schon bei der ersten Bewertungsrunde stellte sich heraus, dass zwei Produktionen mit großem Abstand vor den anderen Beiträgen gesehen wurden. Es wurde klar, dass diese bei der weiteren Diskussion nicht wei- ter berücksichtigt werden sollten. Hier würde sich am Ende nur die Frage des Platzes stellen. Im Verlauf der spannenden Sitzung näherte sich die Jury dem dritten Preisträger an. Zum Teil wurden auch noch einmal ge- meinsam die eingereichten Filme gesichtet. Es stellte sich heraus, dass die Kinder schwer mit den Jugendlichen vergleichbar sind. Am Ende schaffte es eine Kinderproduktion unter die ersten drei. Darüber hinaus fand die Jury je eine Kinder- und eine Jugendtheaterproduktion förderungswür- dig. Diesmal wurde daher noch jeweils ein Förderpreis vergeben. Die Einteilung der Preisträger am Ende war knapp, aber die Sieger hatten den Vorteil, ihr Stück selbst geschrieben zu haben, was ihnen den ent- scheidenden Vorsprung verschaffte. Der 2. Preis (Preisgeld 1.000 Euro): Die Jury verbrachte einen spannenden Tag in Offenbach und es hat sich Theatergruppe Peter von Orb für „Amok – Winnenden ist überall“ gezeigt, dass das gewählte Format, eine Entscheidung im Rahmen eines Jurytages zu fällen, ein guter Weg war. Unser Dank gilt den diesjährigen Jurymitgliedern: Dagmar Winter, Nadine Knauer, Heiner Kraft, Chris Goy und Simon Isser und natürlich sagen wir der Kinder- und Jugendfarm Of- fenbach herzlichen Dank dafür, dass wir in ihren Räumen zu Gast sein durften. Der nächste Preis ist für 2016 geplant und es wird über eine Trennung zwischen Kinder- und Jugendtheaterproduktionen nachgedacht. Wir danken allen Bühnen für das Einreichen ihrer spannenden und interes- santen Produktionen und die teils sehr aufwändigen Bewerbungsunter- lagen. Die eingereichten Bewerbungen spiegeln eindrucksvoll die Viel- falt des Hessischen Amateurtheaters wider. Im nächsten Jahr werden die Karten dann neu gemischt und wir freuen uns auf eure neuen Produktio- nen und Bewerbungen. Der 3. Preis mit einem Preisgeld von 500 Euro ging an: Allen Preisträgern noch einmal herzlichen Glückwunsch! Wehlheider Hoftheater für „Michel in der Suppenschüssel“ ungeschminkt August 2015 9 Fotos: digiSTAGEfoto © Frank Weymann
Dreiköpfige Kartoffeldrachen, Seminar lüsterne Prinzessinnen und Musketier-Ärsche Märchen für Erwachsenen mit Ulrich Schwarz Wer glaubte, bei dem Märchenseminar In Kleingruppen erarbeiten die Teilneh- auf bekannte Texte der Brüder Grimm, des mer ausgewählte Szenen und spielen sich Christian Andersen, Stücke wie Romeo diese anschließend vor. So entsteht nach und Julia oder das Urmel aus dem Eis zu und nach ein „Gesamtbild“ der behan- treffen, der lag falsch. Die Teilnehmer des delten Stücke. Die Teilnehmer erlernen Märchenworkshops bei Ulrich Schwarz neben der Schauspielkunst einen Blick begegneten dem Drachen und dem blau- für die Inszenierung als Ganzes sowie en Licht. Märchen für Erwachsene, mit ein Gespür für das entscheidende Detail. denen sich zuvor noch keiner der Teilneh- Schwarz lässt Freiraum sich selbst auszu- mer auseinandergesetzt hatte. probieren, persönliche Grenzen zu über- „Der Drache“ stammt im Original aus der schreiten und sich als Teil der Gruppe wie- Feder des Russen Jewgeni Lwowitsch derzufinden. Insbesondere die Arbeit an Schwarz, wurde 1965 im Deutschen Thea- den Massenszenen machte deutlich, wie ter Berlin unter Benno Bessons Regie ur- wichtig der Gruppenzusammenhalt in ei- aufgeführt und gilt als die erfolgreichste nem Ensemble ist, denn nur, wenn jeder Inszenierung des Theaters nach dem am selben Strang zieht und seine Rolle Krieg. Das Stück behandelt das Zusam- gefunden hat, wird eine Aufführung er- menspiel von Diktatur und Untertanen- folgreich. „Jetzt weiß ich, was unser Spiel- geist. „Der Dra-Dra“ von Wolf Biermann leiter alles durchmachen muss und wie ist eine politisch radikalere Fassung des wertvoll es ist, einen guten Regisseur an Drachens und sorgte 1971 für einen Skan- der Seite zu haben“, so eine Teilnehmerin. dal bei den Münchner Kammerspielen. Die Räumlichkeiten der DJH Fulda ermög- „Das blaue Licht“ behandelt ebenfalls das lichten abends ein gemütliches Beisam- Thema Macht. Es basiert auf dem gleich- mensein. Intensive Gespräche, Diskussio- namigen Grimm’schen Märchen bzw. der nen und Erfahrungsaustausch unterein- Christian Andersen Erzählung „Das Feu- ander bereicherten das Seminar. erzeug“. Wir behandelten die Hörspielfas- Ein herzliches Dankeschön an Ulrich sung des Autors Franz Fühmann. In den Schwarz und unsere Koordinatorin Ingrid Seminaren bei Ulrich Schwarz steht im- Suhr. mer die Praxis im Mittelpunkt. Verena Pressler © rudall30 - Fotolia 10 ungeschminkt August 2015
„Die Balkonszene“ Theater im Hayn e.V. Aus einem ehemals größeren Verein lösten enten (Jeremy) selbst in die Schusslinie von sich 2008 sieben Leute und gründeten ei- einem Liebestollen. Er ist unsterblich in sie nen neuen, kleinen Theaterverein in Drei- verliebt und will sie zur Liebe zwingen. Mit- eich - Dreieichenhain. Das gemeinsame Ziel tels ihrer Sekretärin Diana kommt sie auf war klar, wir wollten die Theaterkultur weiter die Idee, dass sie bereits verheiratet sei und pflegen und alle theaterbegeisterten Mit- gleich der erstbeste Mann (Godfrey, Earl of menschen mit unseren Produktionen, ins- Harpenden), der im Institut erscheint, wird www.theater-im-hayn.de besondere Komödien aller Art, zum Lachen prompt zu ihrem Ehemann erklärt. Daneben bringen. Denn Lachen macht ja bekanntlich treten nacheinander noch andere Klienten glücklich. (Mrs. Meadows, Kanonikus Fitch) auf, um Mit unserer 1. Produktion in 2009 „Ein ver- vermittelt zu werden. Außerdem taucht das längertes Wochenende“ feierten wir unseren neue Hausmädchen (Anna), leider ohne Ge- ersten Erfolg, der uns Vertrauen schenkte päck, aus Spanien auf. Sie geraten im Büro in und bestärkte, mit der Theaterarbeit in die- eine ungünstige Situation. Weil Jeremy von sem Sinne fortzufahren. Natürlich gehören Constance nicht erhört wird, greift er zu ei- dazu viele verschiedene Komponenten und ner List und droht, sich vom Balkon zu stür- es ist „weiß Gott nicht einfach“, mit einer zen. Das wiederum erregt die Aufmerksam- Handvoll Leuten eine funktionierende The- keit von Sergeant Hill, der auch noch glaubt, atergruppe am Leben zu erhalten. Wir sind in eine Lasterhöhle geraten zu sein. Als dann unendlich froh, dass wir nach Krankheit und auch noch die wirkliche Ehefrau (Countess Ausfall von Schauspielern immer wieder of Harpenden) von Godfrey erscheint, ist die neue Mitglieder in unserem immer noch Verwirrung komplett. kleinen Verein begrüßen können. Während die, die zusammen gehören, sich So spielten wir in unserer 6. Produktion am wieder finden, verliebt sich der Kanonikus 27. und 28. Februar sowie am 1. März 2015 in Diana, Mrs. Meadows erhält „Die Balkonszene“, eine englische Komödie, ein paar Vermittlungsvorschläge, von John Chapman und Anthony Marriott. Sergeant Hill begreift die Situati- Das Stück wurde von mir bearbeitet und be- on und Constance lässt auf An- wusst im englischen Stil inszeniert, was allen raten von Jeremy den Computer Mitwirkenden große Freude gemacht hat, sprechen. Die installierte Soft- vor allem deshalb, weil die Schauspieler end- ware soll die Übereinstimmung lich mal in „Kostümen“ auftreten konnten von Personen finden, was in vie- - zumindest teilweise very british! Das Büh- len Fällen schon überaus erfolg- nenbild mit dem Balkon stellte für die kleine reich war. Constance hofft, dass Bühne eine weitere Herausforderung dar, die der Datenabgleich zwischen ihr bestens gelöst wurde. und Jeremy negativ verläuft. Als Mit dem facettenreichen Stück und den Dar- der Computer ausspuckt: „….. stellern gelang ein unterhaltsamer Theater- Heirat empfohlen“, jubiliert Je- abend, das vom Publikum begeistert aufge- remy: „Es geht doch!“ und Cons- nommen und mit viel Beifall belohnt wurde. tance fällt in Ohnmacht. Der Inhalt ist schnell erklärt: Die erfolgreiche Heiratsvermittlerin Constance gerät durch Text: Ursula Seib Fotos: Danny Cobb einen, scheinbar nicht vermittelbaren, Kli- ungeschminkt August 2015 11
Seminar Regie mit Daniela Burkhardt Unsere erstes Zusammenkommen am Freitag- Nach der Mittagspause begannen wir mit abend begann mit einer lockeren Vorstellrun- einer Tiefen-Entspannung, dann Kontakt- de der einzelnen Teilnehmern sowie Dozentin Improvisation und Szenen aus der Raum- und Kursleiter selbst. Schon hier zeigte sich notwenigkeit heraus, die die einzelnen eine engagierte, individuell gefestigte Grup- Kleingruppen weitestgehend selbst entwi- pe mit viel Spiel-Erfahrung und großer Lust zu ckelten. Reine Körper-Szenen ohne Spra- schöpfen und zu schaffen. che, in der alles gesagt werden konnte! Die ersten Übungen fanden mit geschlosse- Nach dieser Einheit wendeten wir uns dem The- nen Augen – Augenbinden – statt. Ein im Kreis ma „Wille der Figur“ zu, als ein Kernthema, dass zusammen kommen, die Gruppe spüren, sich jeder Figur auf der Bühne inne wohnen sollte. selbst erleben - des Hauptsinnes - des Sehens Über verschiedene intensive Schau- beraubt. spiel-Übungen wurde dies direkt er- • wie fühle ich mich ohne die kontrollieren- lebt und am eigenen Leib erfahren. de Instanz des Blickes Die Gruppe hat dabei viel gewagt und sich • wie gehe ich mit den unterschiedlichsten mit Spaß in neue Gebiete vorgearbeitet. Empfindungen um Dennoch war der Samstag für viele ganz schön • wie erlebe ich die anderen anstrengend und es tat sich eine kleine Kluft • kann ich alles in mir als mein eigenes, aus den Hungrigen, die gerade erst warm lau- wertvolles Potential erkennen und aus- fen und den Erschöpften auf. drücken? So hatten wir nach dem Abendessen, nach In den Partner-Übungen entstanden sehr dich- einer langen Runde der Reflektion noch den te und nahe Momente, durch den Sprung in Sprung in die Psychologische Geste – Figuren- die Stimme - immer noch mit geschlossenen Arbeit nach Tschechow genommen, bei der Augen einen Satz aus der Rolle in verschiede- ich total überrascht war, wie schnell, einfach nen Emotionen sprechen - eine starke Atmo- und kompetent alle diese Methode anwenden sphäre im Raum… konnten und direkt zu tieffühlenden, authen- Der Freitagabend klang mit einer kleinen Kör- tisch, lebendigen Figuren fanden- aus derer perentspannungs-Übung aus. inneren Notwendigkeit heraus wir noch kleine Samstagmorgen starteten wir mit den Bewe- Szenen improvisierten. gungsqualitäten nach Tschechow, einem Schauspieltraining, dass gera- de für Schauspielgruppen ein super Warm-up bieten kann. Für die Gruppe selbst waren die Bewegungsqualitä- ten zwar fremd, aber schon am nächs- ten Tag abrufbar und anwendbar. Das Warm-up mündete in eine Improvisation, die von den Teilnehmern trotz des hohen Niveaus gut gespielt wurde. Im Folgenden stiegen wir in das Thema „ Präsenz“ ein, das nach ein paar Grund-Übungen im „Präsenz-Kreis“ endete. Hierbei ging es darum, die innere Anbin- dung des Schauspielers an sein Potential Dieses haben wir dann direkt am Sonntagmor- zu schaffen, um dieses dann auszudrücken gen in Kombination der Bewegungsqualitäten und schließlich in die Figur fließen zu lassen. aufgegriffen. Diese Erfahrung, in der kleinen Mitte eines Die kleinen Spiel-Szenen, die wieder in Klein- Zirkels zu stehen, ist für die Teilnehmer immer gruppen selbst entwickelt wurden, hatten vie- eine Herausforderung und geht in aller Regel les aufgegriffen, was wir in den beiden vergan- an eigene Grenzen. Der Sprung in den au- genen Tagen erarbeitet hatten. thentischen Ton, in das wahre eigene Potential Im Anschluss wanden wir uns noch dem The- scheint verrückter Weise für fast alle Menschen ma „Tablos- Umgang mit Bild und Raum“ sta- eine große Hürde zu sein. So wurden auch in tisch und dynamisch zu und dann waren die unserer Gruppe ganz unter-schiedliche Erfah- drei Tage auch schon rum. rungen gemacht, die über die Übung hinaus viel Gesprächsstoff in den Pausen lieferte. Bernd Herche / Daniela Burkhardt 12 ungeschminkt August 2015
Mein schönster Sommer-Theater-Tag Junges Theater Wachenbuchen www.kulturhaus-wachenbuchen.de Mini-Festival in Wachenbuchen sorgt für Begeisterung Das „Junge Theater Wachenbuchen“ lud am luter Rekordzeit und mit bester Laune. Ein Pfingstsonntag zum schon traditionellen Vergnügen, diesen Festivaltag miterleben „Sommer-Theater-Tag“ in das evangelische zu dürfen. Ich freue mich schon auf nächstes Gemeindezentrum im Main-Kinzig-Kreis ein. Jahr, dann übrigens an Fronleichnam 2016, Drei Eigenproduktionen und ein Gaststück wieder im evangelischen Gemeindezentrum sorgten für Theatervergnügen pur und in Wachenbuchen. den Pausen sorgte engagierte Live-Musik, Kaffee, Kuchen und ein Grillstand für den gemütlichen Zeitvertreib der zahlreichen Zuschauer. Die Kinder freuten sich über ein Bastelangebot im Gemeindegarten. Den gut gefüllten Zuschauerraum wussten gleich vier Theaterproduktionen bestens zu unterhalten: Die gezeigte Mischung war ein Querschnitt der Theaterformen und begeisterte mit spannenden Inszenierungen. Los ging es mit dem Kinderbuch-Klassiker „Peter Pan“ in einer witzigen und liebevollen Inszenierung, die nicht nur die kleinen Zuschauer in ihren Bann zog. Spannend die kleinen Botschaf- ten, wenn etwa aus der strengen Mutter später der Piratenkapitän Hook wird. Danach sorgte die hauseigene Kindertheatergruppe mit den „Hütern des Lichts“ für ein märchen- haftes Theatervergnügen. Weihnachtsmann, Osterhase und Co. fesselten mit ihrem Spiel und besonders ein cooler Schneemann wird noch lange in Erinnerung bleiben. Am Nach- mittag bezogen dann die Gäste vom Offen- bacher Theaterclub ELMAR die Bühne und präsentieren ihre Comedy-Eigenproduktion „TV LUTHER - Im Fahrstuhl zur Reformation“. Eine spaßige Biografie des Reformators mit allerlei Anleihen an das heutige Fernseh- programm und deren Sendeformate. Am Abend war dann Zeit für gleich zwei Theater- premieren der Gruppe aus Wachenbuchen. Regisseur Christopher Goy präsentierte mit „Hohe See“ eine spannende Groteske um drei schiffbrüchige Herren und nach der Pause mit „Weites Meer“ ein Teenager-Drama Fotos: Hans-Jürgen Stumpf um die pubertierende Mira und den Konflikt mit ihrer Mutter. Dabei taten sich auch in der scheinbar so bürgerlichen Familie tiefe Ab- gründe in der Eltern-Kind-Beziehung auf. Ein beeindruckendes Spiel zu später Stunde, das sein Publikum zu fesseln wusste und man- chen nachdenklichen Blick zurück ließ. Ein tolles Theatererlebnis und eine logisti- sche Meisterleistung des jungen Teams in Wachenbuchen. Galt es doch allein viermal die Bühne und Technik komplett umzubau- en und neu einzurichten, jedes Mal in abso- ungeschminkt ungeschminktAugust August 2015 13 2015 13
Theatergruppe Assenheim e.V. Musicals für Kinder und Erwachsene Es scheint ein Zauber über den uralten Ge- nenspiel mit großartigen Choreographien Der Glöckner von Notre Dame mäuern der „Kirche der Heiligen Mutter Got- ausgeschmückt und, wenn nötig, mit Video- tes“ in Paris, der „Notre Dame“, zu liegen. Ver- einspielungen gekonnt dramaturgisch er- wunschene Wasserspeier, filigrane, gotische gänzt. Architektur, geheime Gänge und Kammern Die große Spielfreude und Harmonie, mit und hohe Türme, von denen man zur Zeit der alle Akteure zwischen 8 und 18 Jahren der Geschichte des berühmten „Glöckners“, ihr Publikum in den Bann zogen, war bemer- dem Roman von Victor Hugo, sicher über kenswert! Sie bestachen mit großer Textsi- ganz Paris blicken konnte. cherheit, Spielwitz und ungewöhnlich hoher gesanglicher Präsenz, gleich ob Solo, Duett oder mehrstimmigem Chor. Die kontinuierliche Aufbauarbeit und die gezielte Förderung der Kinder und Jugend- lichen haben mit YMC einen Höhepunkt er- reicht, der so nicht unbedingt absehbar war. Auf der Basis einer inzwischen breiten Kin- der- und Jugendgruppe konnte das Konzept von Norbert Deforth, dem Leiter der Theater- gruppe Assenheim, mit der intensiven Un- terstützung von Maja und Ursula Rathgeber Die Bürger von Paris feiern den „Kunterbuntertag“ vollendet werden. Neben dem unermüdlichen Einsatz der Kre- Die Youth Musical Company (YMC) der The- ativmotoren sind aber auch eine stramme atergruppe Assenheim entführte ihre Zu- Organisation und eine realistische Durchfüh- schauer in 5 ausverkauften Vorstellungen rungsplanung der Schlüssel zum Erfolg. in das Jahr 1347 n. Chr. auf den Marktplatz N ac h de r Rom a nvor lag e vo n Vic tor Hugo vor der Kathedrale „Notre Dame“, in den Hof der Wunder und schließlich auf den Glocken- turm zu Quasimodo, dem Glöckner von Not- re Dame, dem Held der Geschichte. Die Wasserspeier (v.ln.r.Franziska, Lilly Clara, Inka), belehren „ihren“ Quasimodo (Robin Weber) „Wir haben jetzt den Status semiprofessio- neller Inszenierungen erreicht, das ist weit mehr, als man erwarten durfte“, berichtet Deforth. Frollo (Maja Rathgeber) lehrt Quasimodo (Robin Weber) Auch die Elternunterstützung und Akzep- das Alphabet tanz darf bei solchen Projekten nicht fehlen. Schon das musikalische Intro und die Video- Insbesondere wenn es um Kulissen- und animation versprachen einen packenden, Techniktransport geht oder um den Aufbau spannenden und unterhaltsamen Theater- und Abbau der Bühne und des Besucher- besuch. Obwohl die Inszenierung mit 42 saals. Kindern und Jugendlichen mit Pause fast 3 Vor drei großen Kulissen konnten die Prota- Stunden in Anspruch nahm, war zu keinem gonisten ihr Können darbieten, wobei insbe- Zeitpunkt Langeweile angesagt. Ganz im sondere der Glockenturm mit seinen beweg- Gegenteil. Geschickt wurden die Themen lichen Glocken in der Gebälkkonstruktion musikalisch verknüpft und das rasante Sze- tatsächlich faszinierte. Immer wieder kam es 14 ungeschminkt August 2015
zu „standing ovations“, die die Akteure natür- Den Dauerstress mit dem Einsatz von 32 lich gerne entgegennahmen. Zu bewundern Funkmikrofonen und ständigem Mikro- waren auch die absolut zeitgerechten Kos- fonwechsel merkte man Marcel Ernst, dem tüme, mit denen alle Mitspieler ausgestattet Tonmeister, nicht an. Souverän führte er waren. Es fehlte an nichts. Dabei konnten für gemeinsam mit Marc Bugnard die Tonregie die Inszenierung über 95 % aller benötigten und brachte Sprache, Gesang und Musik zu Kostüme aus dem eigenen Kostümfundus einem optimal ausgewogenen akustischen der TGAss genutzt werden. Erlebnis. Vor diesem Hintergrund konnten alle Ak- teure das Publikum in das mittelalterliche Paris entführen, die Intrigen des Adels und das Leben der Bürger und Bettler vermitteln und die Geschichte von Quasimodo und der Zigeunerin Esmeralda, in die er sich unsterb- lich verliebte, zum Leben erwecken. Mit viel Wortwitz und Phantasie wurden die Szenen neu gestaltet und beim Narrenfest mit dem „kunterbunten Tag“ gezeigt, wozu diese Truppe fähig ist! Frollo (Maja Rathgeber) unterstreicht seine Herrschaft Mit 120 Lichteinstellungen hatte auch der Lichtmeister Thomas Mutzenbach ein gro- ßes und sehr anspruchvolles Programm ab- zuwickeln. An acht Abenden wurde das ge- samte Lichdesign eingestellt und der Ablauf einprogrammiert. Frollo wird seinen Alptraum „Esmeralda“ (Emelie Dirk- sen) nicht los! Mit großem Beifallssturm ging die ereig- nisreiche, wunderbare und aufwändige In- szenierung dieses Dramas als eine absolut fetzige Geschichte, die alle Facetten des The- aterspiels umfasste, zu Ende. Frollo beschwört „Das Feuer der Hölle“ Fotos: Ulrich Bedacht Clopin (Svenja Berger) eröffnet das Narrenfest ungeschminkt August 2015 15 (Dieses Projekt wurde vom „Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst“ gefördert!)
Das Volkstheaterfestival Wurzelwerk, das Die inhaltliche Palette zeichnete ein buntes vom 30. April bis 3. Mai in Sulzbach an der Bild vom Volkstheater. Klassische Volksthea- Saar stattfand, hat Maßstäbe für eine neue terinszenierungen wie „Der verkaufte Groß- Form des Theaterdialogs gesetzt, darin wa- vater“ von der saarländischen Volksbühne ren sich die Veranstalter vom Bund Deutscher Hülzweiler oder „Der kühne Schwimmer“ vom Amateurtheater (BDAT) und vom Verband hessischen Theaterclub Elmar wurden mit Saarländischer Amateurtheater (VSAT) ei- großer Spielfreude präsentiert. nig. Bei ihrer Eröffnungsrede betonte Minis- Das Mysterienspiel „Der Pakt mit dem Teufel terpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbau- – Theophilus in Not“ vom Theaterverein „Rott er: „Der Blick auf neue Theaterformen und am Inn“ aus Bayern stand stellvertretend für Themen, die die Menschen beschäftigen, ist ein lebendiges, religiöse Volkstheater und es wichtig“. In diesem Kontext spiele auch das fand in der Kirche Allerheiligen einen passen- Thema Einwanderung eine wichtige Rolle, so den Aufführungsort. die Schirmherrin, und sie stellte heraus, dass Einen Einblick in die Welt des türkischen die Sprachen und Dialekte wichtige Funkti- Schattentheaters boten die Meisterspieler Ali onen in unserer Gesellschaft übernähmen. & Erhan Köken mit ihrem Karagöztheater, in Dass sich Sulzbach als „Bundeshauptstadt“ dessen Mittelpunkt der etwas einfache, aber für Mundart- und Volkstheater präsentiere, bauernschlaue Karagöz, und der intellektuel- Vo l k s t h e a t e r f e s t i v a l Wu r z e l w e r k Meilenstein für einen neuen Dialog zum Mundarttheater sei eine besondere Auszeichnung, sagte Bür- le Hacivat humorvolle Rededuelle durchfech- germeister Michael Adam und deshalb habe ten. man das Festival auch gern unterstützt. Ein Monolog als Volkstheater? Auch das war eine Facette des Festivals. Mit „Bagger“ von Henning Mankell wagte sich die Schleswiger Speeldeel an eine Adaption des Gegenwarts- stückes, das in Plattdeutscher Sprache zu überzeugen wusste. Zwischen Barbiewelt und Rollenklischees bewegte sich das JugendTheaterBüro Berlin mit ihrer politischen, teils derben, vor allem aber ironisch-sarkastischen Eigenproduktion „90/60/90: Rollenscheiß“. Die jungen Darstel- Der Präsident des BDAT, Norbert Radermacher, bei der Begrüßung. ler zeichneten ein exemplarisches und sehr buntes Bild postmigrantischen Volkstheaters. BDAT-Präsident Norbert Radermacher hob „Umsonscht isch dr Dod“, ein eindringlicher das Amateurtheater als einen der großen Dialog zwischen „Jakob und Isabelle“, der sich Bewahrer der deutschen Mundarten hervor. mit essentiellen Lebensfragen auseinander- „Aufgrund der sozialen und künstlerischen setzt, wurde sensibel vom Theater Emerkin- Bedeutung der Dialekte und Mundarten für gen aus Baden-Württemberg in Szene ge- unsere Gesellschaft gilt es, diese nicht nur zu setzt. schützen, sondern ihre Einzigartigkeit, ihre Josef Sedlmeier, Präsident des Verbandes Vielfalt und gesellschaftliche Wirkung zu er- Saarländischer Amateurtheater, und Erika kennen und öffentlich zu diskutieren“. Das Sedlmeier, Sprecherin des Bundesarbeitskrei- Festival bot für diesen Dialog den geeigneten ses Mundart und Sprachen (BDAT), waren sich Ort. am Schluss einig, dass dieses Festival mit rund 100 Teilnehmenden und mehr als 1.200 Zu- schauern ein erster Meilenstein war, der der weiteren Entwicklung des Theaters in Mund- art und Dialekten wichtige Impulse gegeben hat. Das nächste Wurzelwerk-Festival soll in zwei Jahren stattfinden. Das Festival wurde gefördert von der Beauf- tragten der Bundesregierung für Kultur und Die Saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer Medien, dem Land Saarland, dem Verband begrüßt die Gäste des Festivals. Saarländischer Amateurtheater, der Stadt Sieben Theatergruppen aus verschiedenen Sulzbach, dem Saarländischen Ministerium Regionen Deutschlands stellten ihre Inszenie- für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie rungen vor, spannende Aufführungsgesprä- sowie von weiteren Sponsoren. che gaben einen Einblick in die künstlerischen Arbeit im Kontext der jeweiligen Sprache oder Aus Spiel & Bühne des jeweiligen Dialekts. 16 ungeschminkt August 2015
Auch aus Hessen kam ein Beitrag zum Volkstheater-Festival „Wurzelwerk“. Dargeboten wurde vom Theaterclub Elmar aus Offenbach: „Der kühne Schwimmer“. Ein Schwank, der schon über 90 Jahre alt ist und nicht nur vom Millowitsch Theater mit großem Erfolg aufgeführt wurde. Hier geht es um einen Mann, der durch eine Verwechslung zu einem vermeintlichen Lebens- retter wird. Er soll eine schöne junge Frau vor dem Ertrinken gerettet ha- ben, dabei ist er ein Nichtschwimmer und traut sich gar nicht ins Wasser. Die Gerettete ist dem vermeintlichen Retter darauf- hin so dankbar, dass sie ihn sofort heiraten will - sehr zum Leid- TC Elmar Offenbach: „Der Kühne Schwimmer“ wesen von Simon Isser, der als Fritz Neubauer eigentlich der Verlobte von dem jungen Fräulein ist. Mit vielen Verwechslungen und Verwirrungen um den angebli- chen Lebensretter, der ein reicher und lediger Generaldirektor ist, bringen die Elmaraner das Publikum immer wieder zum La- chen, und – wie kann es anders sein – am Ende der Geschichte geht doch alles gut aus, und jeder erhält den Partner, den er will. Weitere tolle Theaterstücke gab es von folgenden Gruppen: 1. Volksbühne Hülzweiler e.V. TC Elmar Offenbach: „Der Kühne Schwimmer“ Saarland (moselfränkisch) - Der verkaufte Großvater 2. Ali u. Erhan Köken NRW (türkisch/deutsch) - Almanya yolculugi und Herr Nixverstehen 3. Schleswiger Speeldeel, Schleswig-Holstein (Niederdeutsch), - Bagger (von Henning Mankell) 4. TC Elmar Offenbach, Offenbach/Hessen (südhessisch) - Jugendtheaterbüro Berlin: 90/60/90 - Rollenscheiß Der kühne Schwimmer 5. Theaterverein Rott am Inn Rott am Inn (bayrisch) – Der Pakt mit dem Teufel 6. Jugendtheater Büro Berlin, Berlin (kiezdeutsch) - 90/60/90 Rollenscheiß 7. Theater Emerkingen Baden-Württemberg (schwäbisch) – Umsonschd isch dr Dod Theater Emerkingen: Umsonschd isch dr Dod Nach jedem Theaterstück gab es eine sehr gut besuchte Stück- besprechung, bei der Stärken und Schwächen der Inszenierung noch mal beleuchtet und diskutiert wurden, und wo es auch Gelegenheit gab, die Verantwortlichen zu ihren Arbeiten zu be- fragen. Viele Gespräche zu den Themen Volkstheater und Mundart Theater wurden mit sachkundigen Theaterschaffenden geführt und am Ende des Festivals waren alle Organisatoren froh und glücklich, dass es eine sehr gelungene Veranstaltung gewesen ist. Simon Isser (TCE) im Gespräch mit dem BDAT Vizepräsidenten Jörg Sobeck/ Frank Weymann Berlin und Katrin Kellermann, Redaktion Spiel&Bühne des BDAT. Fotos: digiSTAGEfoto © Frank Weymann ungeschminkt August 2015 17
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