Unterwegs unimagazin - uni ma gazin
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Editorial #traveladdict #Weltenbummler #what1nicelife #enjoymyself #amsterdambarcelonaro- main1week #instatravel #picoftheday #followme #instagood #beautiful #selfie #wander- lust #instadaily #me #inszenierung #humblebrag #eitelkeiten #dasistfotonr8349 #stereo- typeindividualität #banal #googlehatmirdiesenortvorgeschlagen #essenmittlerweilekalt #nocheinkitschigeszitatvonmarktwaindazu Nachdenkliche Sprüche mit Bilder ist der Name eines bummeln ist irgendwie zum Statussymbol geworden. Facebook-Accounts, der kitschige Sprüche voller Recht- Diese sich ständig wiederholenden, von hinten vor einer schreibfehler mit Bildern von Sonnenuntergängen und Wahnsinnskulisse inszenierten Instagram-Bilder, die Ab- Ähnlichem kombiniert. Dahinter steckt nicht etwa ein geschiedenheit und Exklusivität ausdrücken sollen, wer- Mittfünfziger, sondern jede Menge Ironie. Accounts wie den an sogenannten lost places wie am Fließband gene- dieser verdeutlichen den Geltungsdrang, der in vielen riert. Ist ein Urlaub ohne Fotos überhaupt noch noch so kleinen Ausflügen mitschwingt. Was diese per- vorstellbar? Auf einer Reise ohne „besondere Vorkomm- manente Bilderflut erweckt, ist nicht etwa die eigene nisse“ bekäme das Wort Erholung eine ganz neue Bedeu- Reiselust, sondern ein Anflug plötzlicher Unlust, da sich tung und wäre mehr als ein Bild mit hochgelegten Füßen Reisen irgendwie ausgelutscht und auserzählt anfühlt. und Kaffeetasse. Dass mit dem Thema Reisen und „unterwegs sein“ trotz- dem regelmäßig ein ganzes Magazin gefüllt werden Die Redaktion war also mal wieder alternativ – vielleicht kann, lässt sich allein an der Deutschen Bahn ausma- auch alternativlos – unterwegs und hat sich in eine Reihe chen, die jeden Monat ein neues DB MOBIL-Magazin von Selbstversuchen gestürzt. Wir sind gereist, gewandert aus dem Boden stampft. Und es sollte einen auch nicht und haben verzichtet. verwundern, schließlich ist Reisen wirklich ein besonde- res Privileg. Das Nervige daran sind Instagram und Co., Dabei sind wir auf das aufgesprungen, was einem in die eine bestimmte Art zu reisen diktieren. Das Welten- Mannheim unmittelbar und alltäglich begegnet: den 2 Editorial
Die Redaktion Nahverkehr und den Schiffsverkehr. Eine ungewöhnli- Wer unsere alten Ausgaben kennt, wird sich vielleicht che Mitfahrgelegenheit haben wir auch mitgenommen über das neue Layout wundern. Hier haben wir mit ei- (Seite 6 ff. Alternatives Reisen). nem Dreier-Team einen ganz neuen Kurs eingeschlagen. Wir sind gespannt auf eure Rückmeldungen und wün- Auch wenn der Weg das Ziel sein soll, stellt sich dennoch schen viel Spaß beim Entdecken! die Frage: Wo geht’s hin? Unsere Empfehlung aus der Unterwegs – aber wohin? Derart philosophisch aufgela- Kategorie lokale Superlative: der Schuttberg, Mann- den starten wir zunächst einmal ins neue Semester. heims höchster Hügel. Verlaufen kann man sich auf der Friesenheimer Insel dabei nicht (Seite 16–23 Alternative Die Chefredaktion Weinwanderung). Wohin steuern eigentlich die deutschen Hochschulen, wenn es darum geht sich gegenüber rechtsextremem Ge- dankengut zu positionieren? Einen Rundumblick und ein Statement mit klarer Position findet ihr in unserer Campus-Rubrik (Seite 42–45 Von Skinheads und Na- zi-Hipstern). Editorial 3
CON TENT Alternatives Reisen Alternatives Reisen 06 Maximalgeschwindigkeit 16 km/h – Schiffstrampen 07 – 09 BlaBlaFlug nach Berlin – Ein Protokoll 10 – 11 Endstation – Mannheimer Tram-Endhalte 12 – 15 Alternative Monnemer Weinwanderung 16 – 23 4 Inhaltsverzeichnis
Campus Studieren auf dem Bau – Baustellen an der Uni 24 – 27 Schöne neue Welt – Abrissbirne EO 28 – 29 Zu den Aborten – Toiletten-Wegweiser 30 – 31 Sportler an der Uni 32 – 36 Das BWL-Studium und die Konkurrenz 38 – 39 Einhornforschung 40 – 41 Von Skinheads und Nazi-Hipstern – Nazis an der Uni 42 – 45 Nicht nur League of Legends – E-Sport 46 – 49 Kultur Warum in Mannheim starke Frauen zu Hause sind – 50 – 54 Frauenrechte Immer der Nase nach – Gerüche 56 Tiefer als der Tod – Eichbaum 58 – 59 Die Buschgirls Mannheim 60 – 61 Mensasuppen 62 Verzicht 64 – 65 Kreuzworträtsel 66 Impressum 67 Inhaltsverzeichnis 5
Alternatives Reisen Man muss das Rad nicht neu erfinden, um alternativ zu Wie die meisten sicher schon wissen, können wir ab die- reisen. Obwohl man in Mannheim in bester Gesellschaft sem Semester mit dem Studierendenausweis nach 19 Uhr wäre. Denn hier wurden einige Fortbewegungsmittel er- wochentags und am Wochenende ohne zeitliche Begren- funden: unter anderem das Fahrrad, das erste funktions- zung mit dem Nahverkehr im VRN-Gebiet umherfah- fähige Raketenflugzeug, der erste elektrische Fahrstuhl ren. Ungeahnte Möglichkeiten tun sich also auf, bei de- und das Automobil. Die Mittel der Wahl sind heute Va- nen der/die ein oder andere schonmal den Überblick rianten, die nachhaltig sind, für das klamme Portemon- verlieren kann. Wir hoffen euch Hilfestellung geben zu naie taugen und nebenbei auch Erfahrungen á la „Der können, falls ihr nach einer durchzechten Nacht in der Weg ist das Ziel“ und vielleicht auch eine Prise Ent- Bahn mit den Worten „Endstation, bitte alle aussteigen“ schleunigung mit sich bringen. Das ist nicht wenig. Ob geweckt werdet oder einfach am Wochenende mal nichts die drei Möglichkeiten, die wir ausprobiert und unter mit euch anzufangen wisst. dem bescheidenen Titel „Alternatives Reisen“ zusam- Text: Nina Burau mengestellt haben, diesen Ansprüchen gerecht werden, bleibt euch überlassen. 6 Alternatives Reisen – Alternatives Reisen
Maximalgeschwindigkeit 16 km/h N – Per Anhalter mit dem Frachtschiff – W O „Die kann das richtig gut!“, rief Kapitän Miro in die Kamera, als Nina das Steuerrad über- nehmen durfte. Als wir endlich an Bord der Jakob Götz (leider kein romantischer Schiffs- name) waren, fühlte es sich großartig an. Doch der Weg dorthin entpuppte sich als Hür- denlauf. Alles kam anders als gedacht. S Schiffstrampen – das hatten wir uns einfach und roman- Schiffstour, mit dicken Wanderrucksäcken inklusive tisch vorgestellt. Über ein paar Ecken hatten wir von je- Zelt, Schlafsäcken und Proviant, marschierten wir hoff- mandem gehört, dass ein Freund auf dem Rhein per An- nungsvoll zur Feudenheimer Schleuse. Dort wollten wir halter mit Containerschiffen gereist sei. Weil sich die erst mal unser Glück versuchen. Kapitäne wohl über Gesellschaft freuen und daher gerne mal jemanden mitnehmen würden. Das klang doch viel- Nachdem der erste Kapitän, den wir dort ansprachen, versprechend, dachten wir uns und nahmen uns dies als mit „Muscht du Firma fragen, muscht du Firma fragen“ persönliches Experiment für die Osterferien vor. Als wir für eine erste Desillusionierung sorgte, ließen wir uns dann aber nochmal Genaueres erfragen wollten, ent- erstmal nichtsahnend (okay, ein „Betreten verbo- puppte sich diese Geschichte als veraltet. Dieser „Freund“ ten“-Schild war da schon) auf einem Grünstreifen am war der ehemalige Lehrer, der dies wohl mal als Anekdo- Schleusenrand nieder. Die Gemütlichkeit hielt jedoch te aus seiner 20 Jahre zurückliegenden Jugend brachte. nicht lange an, nachdem uns der Schleuser einen Besuch abstattete und uns mit den Worten „Ihr könnt hier nicht Früher war halt doch alles besser. Da sind die Leute ans einfach euer Picknick ausbreiten“ des Platzes verwies. Schiff geschwommen, haben hochgerufen und sind dann Außerdem hätten wir ja auch gar keine Schwimmwesten an. ein Stück mitgefahren, wie wir später noch erfahren. Doch die Dinge haben sich geändert. Die Binnenschiff- Letztendlich fand uns der Schleuser wohl doch ganz fahrt hat sich wie viele Branchen zentralisiert. Die gro- sympathisch und gab uns, nachdem wir nochmal lieb ßen Konzerne haben ihre Richtlinien. nachfragten, einen guten Rat mit auf den Weg: Wir soll- ten es mal beim Containerterminal an der Jungbusch- Zwischen dem Ludwigshafener und dem Mannheimer brücke versuchen. Außerdem würden an der Feudenhei- Hafen existiert seit 2001 ein Kooperationsvertrag. Rech- mer Schleuse nur die Schiffe vorbeikommen, die „zu net man den Güterumschlag der beiden Städte zusam- Berg“ fahren – also stromaufwärts. Damit meinte er den men, darf man hier sogar vom größten Binnenhafen Neckar stromaufwärts. Doch genau das wollten wir gera- Europas sprechen. Kein Wunder also, dass es in Mann- de nicht. Uns schwebte der große weite Rhein vor. Köln, heim ein Schifferkinderheim und eine Hafenkirche gibt. Antwerpen, die offene See, die große weite Welt, das Die Schifferstadt hingegen hat wohl nichts damit zu tun. wollten wir! Für alles gewappnet, also vorbereitet auf zwei Wochen Alternatives Reisen – Maximalgeschwindigkeit 16 km/h 7
An der Jungbuschbrücke angelangt, sagte uns eine Mit- den Containerterminals am Rhein. So machten wir uns arbeiterin in der Raucherpause, wir sollten mal hochge- auf zu neuen, gegenüberliegenden Ufern. Mit der Linie 4 hen und bei der Anmeldung fragen oder am besten direkt ging’s nach Ludwigshafen. Dort angekommen, liefen wir mit Herrn Götz, dem Reedereiinhaber und Chef des schüchtern ein bisschen am Rheinufer nahe der Containerterminals sprechen – den Namen kannten wir Rhein-Galerie hin und her. Kein Kapitän in Sicht, den aber leider schon. Hatten wir doch erst letzte Woche mit man hätte ansprechen können. Wir hatten uns deutlich ihm telefoniert und leider die ernüchternde Antwort er- mehr erhofft vom Rat des Mainzer Schleusers. Unschlüs- halten, dass Schiffstrampen nicht mehr so einfach sei. Er sig, was wir nun machen sollten, versuchten wir es mal nannte uns mehrere Gründe: Polizeikontrollen, Gefahr- wieder mit Recherche und Kaffeetrinken, unser Anker in guttransport, Versicherungsanforderungen... Es habe sich der Not. viel verändert, sagte er. Auch sei ihm unwohl bei dem Gedanken an zwei Frauen auf einem Schiff mit üblicher- Von Mannheim und Ludwigshafen über Mainz und weise männlicher Besatzung. Sympathisch schoss er je- Aschaffenburg telefonierten wir uns sogar bis nach Hol- doch hinterher: „Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Ge- land durch. So richtig weiter wusste keiner und wollte büsch.“ Und so bot er uns eine geplante Schifffahrt auf sich auch niemand aus dem Fenster lehnen, bis wir dem Neckar nach Neckargemünd an. Das fühlte sich für schließlich auf die sympathische Frau Klinkenberg stie- uns allerdings nach wenig Abenteuer und eher nach Kaf- ßen. Überraschung: eine Frau an der Spitze des Vereins feefahrt an. Das mit dem Gebüsch interpretierten wir der deutschen Binnenschifffahrt, der ach so männerlasti- also ein wenig anders und so waren uns alle Gefahrenhin- gen Branche. Begeistert von unserer Idee, ließ sie uns weise egal. Dennoch war der erste Tag gelaufen. Nach wieder hoffen und eine Reise auf dem Rhein nach Ant- zähem Warten, vielen Fragen und Absagen endete er im werpen war plötzlich gar nicht mehr so fern. Wirtshaus Uhland in der Neckarstadt-Ost (wir hatten es gerade einmal vor die Haustür geschafft) mit einer Lage- Doch wie kamen wir jetzt an Miro? Mit dem Angebot besprechung. Aufgeben war keine Option. Frau Klinkenbergs zufriedengestellt, redeten wir uns nun auch die Kaffeefahrt schön und verabredeten uns mit der Reederei Götz für ein geplantes Schiffstrampen am nächsten Morgen. Diesmal ohne Zelt, ohne Schlafsack, gingen wir also am nächsten Tag um 8 Uhr morgens am Containerterminal im Jungbusch an Bord der Jakob Götz. „Ich hol mir noch schnell ’n Brötchen.“ So lernten wir den aus der Slowakei stammenden Kapitän Miro kennen, der als solcher seit 1982 unterwegs ist. Gut gestärkt muss man schon sein für drei Wochen auf dem Schiff. Das ist der Alltag der Crew – drei Wochen arbeiten, drei Wo- chen frei. Und nun waren wir dabei und legten ab. Ein Kapitän Miro meldet sich bei der Schleuse tolles Gefühl! „Hier auf dem Schiff sind wir wieder ver- eint!“, scherzte Miro, nachdem er uns, die aus Tschechien Mit frischer Motivation begann der nächste Tag, ohne und der Slowakei stammende, vierköpfige Crew vorstellte. Zelt, mit Schlafsack (Restoptimismus), Proviant und ei- nem neuen Hinweis, den wir am Morgen telefonisch von Auf dem Schiff konnten wir uns zwischen Männerkaffee einem Schleuser aus Mainz-Kottenheim erhalten hatten: (mit Schuss) und herkömmlichem Kaffee entscheiden. 8 Alternatives Reisen – Maximalgeschwindigkeit 16 km/h
Zugegeben, die alkoholische Alternative war von Miro Von einem hohen Verkehrsaufkommen konnte in der nicht ganz ernst gemeint, führte uns aber direkt zu unse- Osterferienzeit keine Rede sein, dennoch kam uns hin rer ersten klischeebehafteten Frage: „Wird denn viel ge- und wieder ein Schiff entgegen. Die Schiffsverkehrsord- trunken an Bord?“ Die Antwort, wie so oft: „Früher nung ist recht simpel: Normalerweise gilt Rechtsverkehr, schon, heute nicht mehr.“ aber derjenige, der zu Berg fährt, hat das Recht, eine blaue Tafel auszuklappen und damit das Signal für Links- Früher gab es zudem noch mehr Partikuliere. Das sind verkehr zu geben, sodass man Steuerbord an Steuerbord selbstständige Schiffer, die mit ihrer Familie auf dem vorbeifährt. Punkte wie in Flensburg gibt’s hier nicht. Schiff leben. So auch der Besitzer der Somnium viverde, Eine Geschwindigkeitsüberschreitung wird allerdings der mit seinem Schiff grüßend an uns vorbeizieht, wor- von der Wasserpolizei mit 50 Euro geahndet. aufhin unser Kapitän kommentiert: „Das ist der Tobias, der Chef vom Neckar.“ Auch auf dem Schiff muss man Musste man sich früher noch mehr darauf verlassen kön- einkaufen, so legten wir zunächst noch einmal bei Bosche nen, dass die Crew sich nonverbal verstand, so gibt der Schiffsbedarf an, welches selbst ein kleines Schiff ist und *die Kapitän*in heute aus der Steuerkammer per Blue- am Rheinufer anliegt, und besorgten diversen Klein- tooth-Headset Kommandos. Den vielfach zitierten rauen kram. Eine weitere feste Einrichtung auf dem Rhein sind Ton konnten wir dabei nicht vernehmen. Reiseleiter die vielen Bunkerboote, wie zum Beispiel die Rheintank Miro war sehr herzlich und freute sich sichtbar über un- 14 (nach dem jeweiligen Flussabschnitt benannt), die die sere Gesellschaft, sodass er uns voller Enthusiasmus über Binnenschiffe direkt anfahren und mit fossilem Brenn- seine zweite Heimat, den Neckar, erzählte. Eine wirklich stoff versorgen. Nach dem kurzen Einkauf auf dem bemerkenswerte Persönlichkeit, dachten wir uns, wäh- Rhein ging es für das 105 m lange und 11,4 m breite rend er zufrieden an seinem böhmischen Kaffee nippte. Schiff wieder auf dem Neckar gen Stuttgart. Die erste Schleuse passierten wir in Feudenheim und trafen dabei Was bleibt, ist der süße Geschmack einer viel zu süßen auf einen alten Bekannten, den Schleuser, der uns am Flasche Wein, die uns Miro zur Erinnerung schenkte, ersten Tag in die Schranken wies, und uns überkam das aber auch das Gefühl, einen ganz besonderen Einblick erhabene Gefühl, es geschafft zu haben. Kleiner Tipp: In bekommen zu haben. Nach sechstündiger(!) Schifffahrt der Schleuse befindet sich ein interessantes Binnenschiff- bedankten wir uns herzlich bei Miro und seiner Crew – fahrtsmuseum. das obligatorische Selfie inbegriffen. Wir lernten viel von Miro und Dirk Götz, dem Reeder: So sei zum Beispiel die Pegelanzeige am Mannheimer Rheinufer nur eine historische: In Wahrheit muss man seit der Vertiefung des Rheins nochmal ein paar Meter draufrechnen. Die erlaubten Geschwindigkeiten für die Schiffe betragen 12 km/h im Kanal und 16 km/h auf dem Fluss. Auch über die sogenannte „Tauchbootkran- heit“ wussten wir trotz Psychologie-Studiums noch nichts. Auslöser ist dabei ein Fünffaches an Testosteron, gepaart mit einem klassischen „Aufeinanderhocken“, was zu einem unausweichlichen Lagerkoller führt. Dies Beim Schiffstrampen ist Geduld gefragt sei auch der Grund für den geringen Frauenanteil in der Text: Sophia Laubel und Nina Burau Branche, die sich bisher noch nicht gewandelt habe. Fotos: Sophia Laubel, Nina Burau und Paula Sica Alternatives Reisen – Maximalgeschwindigkeit 16 km/h 9
BlaBlaFlug nach Berlin – Ein Protokoll – Wer bei BlaBlaCar an vollgestopfte Autos, enge Rück- in der Nähe oder es für ihn praktischer ist. Er ist am bänke, eingeschlafene Gliedmaßen und einen Haufen nächsten Tag schließlich auch mit seinem Auto vorgefah- fremder Leute denkt, liegt in den meisten Fällen nicht ren, das aber eher wie ein Arbeitsauto aussah, in dem falsch. Wahrscheinlich haben aber auch die Wenigsten Handwerker im Laderaum ihr Werkzeug verstauen. schon einmal über die französische Mitfahrzentrale einen „Keine Sorge, wir fahren nicht hiermit“, meinte Louie. Flug gefunden. Also Flug wie in Flugzeug. Leider war Ich konnte das nicht so richtig einordnen. Da rief mich Louie, der großzügige Pilot, der diese Flüge zumindest der Freund an, den ich in Berlin besuchen wollte. zeitweise in Mannheim angeboten hat, nicht zu finden. „Ich bin dann in sieben Stunden da, glaube ich.” Ich Aber uns bleiben die Eindrücke seiner Mitfliegerin So- drehte mich zu Louie rüber: „Kommt hin, oder?“ phie Ströhler. Ein Protokoll über eine zufällig gebuchte, „Ne, in zwei, zweieinhalb Stunden sind wir da.“ grenzenlose Freiheit über den Wolken. „Hä, wie?” „Na wir fliegen.“ Im Sommer 2017 wollte ich spontan nach Berlin und Bemerkt habe ich es also erst kurz bevor ich sein kleines, war abends nicht mehr ganz nüchtern, als ich das billigs- privates Flugzeug tatsächlich gesehen habe. Er muss das te BlaBlaCar-Angebot für den nächsten Tag buchte. Da- ein- oder zweimal im Jahr zur Inspektion fliegen. Und her hatte ich mich bei der Zeitangabe verlesen und nur wenn er schon fliegt, kann er auch Leute mitnehmen, verstanden, dass der Fahrer für 18 Euro vom Mannhei- meinte er. Eigentlich würde er den Preis höher ansetzen, mer Flughafen losfahren würde. Im ersten Moment aber es hatte niemand Interesse, sodass er den Preis ein dachte ich mir, dass da vielleicht eine Autobahnauffahrt paar Stunden vor meiner Anfrage nochmal runtergesetzt hatte. 10 Alternatives Reisen – BlaBlaFlug nach Berlin
Louies BlaBlaPlane Er hat mir von sich und seinem Hobby erzählt, während Im Nachhinein habe ich auch jetzt keine großen Beden- er das Flugzeug fertig gemacht hat; dann sind wir losge- ken, weil es eine relativ kurze Strecke war und er ja wirk- flogen. Während des Flugs hatte ich auch Kopfhörer und lich fliegen musste. Das ist ja die Idee von BlablaCar, Headset auf und habe seine Gespräche mit Fluglotsen dass man das gemeinsam nutzt. Abgesehen davon, dass mitgehört. Gesehen habe ich Deutschland von oben: ir- es vielleicht ökologisch verwerflich ist ein Privatflugzeug gendwelche Erhebungen im Raum Thüringen, Wälder zum Spaß zu haben, und vorausgesetzt, dass er die Stre- und Wasser. Wir waren echt in zweieinhalb Stunden in cke sowieso fliegt, also eine gute Sache. Trebbin bei Berlin. Anscheinend hatte er Kontakte auf dem Flugplatz. Von dort fuhr nämlich ein Shuttlebus, Meine Oma, meine Familie und die Freunde, die ich be- bei dem er abgesprochen hatte, dass ich kostenlos zum sucht habe, fanden es sehr lustig und schräg, dass man nächsten Bahnhof kam. sich aus Versehen einen Flug buchen kann. Respekt an Louie, der war ein netter Pilot. Ein schlechtes Gewissen wegen meines ökologischen Fußabdrucks hatte ich nicht, weil ich damals noch nicht so sensibilisiert dafür war. Das kam erst im Jahr danach. Aufzeichnung: Carlos Hanke Vor allem aber, weil ich gar keine Zeit hatte, darüber Mitarbeit: Malte Wilkes nachzudenken. Du hast das bezahlt und woanders war- ten Leute auf dich. Alternatives Reisen – BlaBlaFlug nach Berlin 11
Endstation „To boldly go where no man has gone before“: Wir sind die Mannheimer Tramlinien bis zum Ende mitgefahren und haben dabei fremde neue Welten entdeckt, von denen wir hier eine bunte Auswahl vorstellen (Die komplette Übersicht gibt es auf unserer Website). Von schön bis häßlich, von spießig bis aufregend war alles dabei. Generelle Beobachtungen: Es gibt in Mannheim sehr viele Schrebergärten; das Großkraftwerk ist aus der Ferne sehr markant. Während der circa 20 Stunden Recherchefahrten ereigneten sich eine Fahrscheinkontrolle und ein Verkehrsunfall. Score 1 – 5 Haltestelle Was gibt es da? Hinfahrt Interessant Schön Bad Dürkheim Brunnen 5 4 5 Neckarstadt-West Prostitution 2 5 1 Rheingönheim Nichts 3 1 1 Sandhofen Restaurant 4 3 4 Schönau Döner 3 2 3 Vogelstang Wohnen im Grünen 5 1 4 Waldfriedhof Grabsteine 2 3 2 Weinheim Schöne Fahrt nach HD 1 1 1 Linie 1: Schönau Durch vielfältige urbane Szenerien geht es in bilderbuch- hafte, ruhige Vorortstraßen, in denen die Tram geradezu fehl am Platz wirkt. Am Endhalt wendet die Tram um ein wildes Getreidefeld mit Gebüsch mitten im Ort. Ein von Grafitti übersätes oranges Jugendzentrum steht drei Im- bissen gegenüber; die Apotheke hat dichtgemacht. Das Licht auf der öffentlichen Toilette ist blau. 12 Alternatives Reisen – Endstation
Linie 2: Neckarstadt-West Vorbei an Kneipen, Spielplätzen und Uringeruch geht es zur Wendeschleife rund um ein Schulgelände. Direkt gegenüber geht es in die Lupinenstraße, aus der Musik schallt. Hinter der Schule führen eine Bundesstraße und Fernbahngleise entlang. Hier tobt das Leben in all seinen Facetten. Linie 3: Sandhofen Nach einem Stück altehrwürdiger Luzenberger Straße folgt eine sanfte Kurve mit Blick auf den Altrhein auf der einen Seite und Industrie und Firmenparkplätzen auf der anderen. In Sandhofen wendet die Tram rund um ein Seniorenwohnheim, dessen Front es wie ein Schiff aus- sehen lässt. Der Platz davor ist neu und durchgestylt: Pastellfarben und Edelstahl. Durch einen Glitch in der Matrix gibt es Ali’s Bistrorante gleich zweimal. Ein wohl- habendes Subzentrum, das sich nicht nach Ende anfühlt. Linie 4: Bad Dürkheim Nachdem man Ludwigshafen hinter sich gelassen hat, geht es über Felder und durch Vororte gen Westen den Bergen entgegen. Vor Bad Dürkheim sind die Weinreben neben den Gleisen zum Greifen nah. Eine Tramstrecke wie eine Radtour. Der Endhalt ist ein kopfsteingepflas- terter Platz mit hübschen Blumenrabatten, einem Denk- mal, reichlich Bäumen, frischer Luft und einem plät- schernden Brunnen. Eine völlig andere Welt als Mann- heim. Alternatives Reisen – Endstation 13
Linie 4: Waldfriedhof Gegenüber einer einsamen Straße mit kleinen Doppel- häusern, die nirgendwohin führt, befinden sich Grab- steingeschäfte und der Waldrand. Das große Gebäude zwischen den Bäumen ist die Trauerhalle. Es ist passend zur Stimmung des Ortes nichts los. Linie 5: Weinheim Der ehemaligen US-Wohnsiedlung Franklin folgt ein Hauch Wald. Stets nahe der Autobahn geht es vorbei an Einkaufszentren, Wohngebieten und Feldern. Zum Re- cherchezeitpunkt ist der Weinheimer Bahnhof eine ein- zige Baustelle. Auch ohne diese liegt er an einer recht häßlichen Geschäftsstraße. Der Kontrast zu den idylli- schen Bergen im Hintergrund ist frappierend. Höhen- mäßig kann Weinheim nur Bad Dürkheim Konkurrenz machen. Subjektiv steht man in Weinheim auf dem phy- sikalischen Höhepunkt des RNV-Netzes. Geheimtipp Linie 5: Weinheim – Heidelberg Die Strecke zwischen Weinheim und Heidelberg ist sehr zu empfehlen. Mit dem weiten Blick in die Mannheimer Ebene auf der einen Seite und malerischen Bergansichten auf der anderen fährt man von einem kleinen Örtchen zum nächsten. Heidelberg präsentiert sich mit eleganten Altbauten von seiner besten Seite und ist generell stets eine Reise wert, weil es natürlich viel mehr ist als eine Tram-Endstation. 14 Alternatives Reisen – Endstation
Linie 6: Rheingönheim Fährt man zunächst mitten durch Ludwigshafen entlang leidlich begrünter, schnurgerader Straßen, so geht es ge- gen Ende plötzlich hinter den Häusern zwischen den Gärten hindurch. Dahinter empfängt einen der gnaden- lose Nihilismus eines großen Asphaltplatzes vor der fens- terlosen Rückwand eines Geschäftsgebäudes. Daran an- grenzend ein mickriger Parkplatz und eine absolut belanglose Straße. So brutal, dass es schon wieder gut ist. Linie 7: Vogelstang Nach der Universitätsklinik folgen Hauptfriedhof, Schrebergärten und Felder. Weiter geht es trotz zahlrei- cher umgebender Wohnblöcke mitten durchs urbane Grün. Dann plötzlich hält die Tram in Vogelstang Zent- rum im Erdgeschoss eines Einkaufszentrums. Der End- halt ist wiederum wie inmitten eines Parks, trotz der das Gegenteil verheißenden Wohnhochhäuser. Die Tram wendet um eine wildwachsende Wiese, hinter der zwei Kindergärten stehen. Fehlt nur noch ein See. Der befin- det sich etwa 600 m weiter südlich. Man merkt: Dieser Stadtteil wurde durchgeplant. Foto und Text: Felix Dunker Alternatives Reisen – Endstation 15
Alternative Monnemer Weinwanderung *Insert guten Weintrinkspruch* Wer behauptet, dass eine Weinwanderung in Mannheim ein Unding sei, der*die wird hier eines Besseren belehrt. Der Deponie-Berg auf der Friesenheimer Insel mit seinen imposanten 156 Metern liegt an dem Ort, wo der Neckar den Rhein küsst. Er ragt majestätisch in den Himmel der Kurpfalzregion und wacht wie ein stiller Patron über die Quadratestadt. Aus den Trümmern des zweiten Weltkrie- ges entstand einst dieser imposante Riese und stellt seit- dem die größte Erhebung Mannheims dar. Welcher Ort könnte also besser für eine Weinwanderung in Mann- heim geeignet sein? 16
Mit guten Freund*innen und billigem Wein, der nur be- dingt mit Sprudelwasser gemischt wird, geht es also in ohne Genehmigung strengstens verboten! Der Weg lohnt Richtung Sehnsuchtsfantasie Weinwanderung in Mann- sich dennoch, da sich hier am Fuß des Berges ein kleines heim. Auf dem Weg zum Schuttberg erwarten einen Naturschutzgebiet entwickelt hat, welches zum sommer- nicht etwa harmonische Weinfelder, bei denen sich die lichen Badeausflug verleitet. ein oder andere Weintraube runterpflücken ließe, son- dern vielmehr das Panorama eines Industrieparks. Los Was hinter dem Zaun auf einen wartet, ist neben der geht es beim Marchivum dem Neckar flussaufwärts fol- größtenteils renaturierten Fläche vor allem Bauschutt wie gend bis zu der Kammerschleuse, nach deren Überque- Asbest oder Dämm-Material. Diese gefährlichen Ab- rung die prächtige Friesenheimer Straße auf einen war- schnitte lassen sich aber leicht vermeiden, da eine Straße tet. Highlight dieser knapp zwei Kilometer langen direkt auf den Hügel des Berges führt. Oben angelangt Betonsafari ist etwa der Kult-Imbiss Schotti’s Burger-Im- wartet ein beeindruckender Ausblick. Neben den ausgie- biss, oder die Kart-Bahn Power-Car Motodrom. bigen Naturflächen im Norden des Berges, die das Natur- schutzgebiet Kopflache am Friesenheimer Altrhein bilden, Nach einem kurzen Schlenker auf die Rudolf-Die- prägen das Panorama vor allem die industrieabhängige sel-Straße lässt sich der Monte Scherbelino, wie der De- Rhein-Neckar-Region. Besonders markant sind dabei die ponie-Berg liebevoll auf Google Maps benannt ist, in sei- Schornsteine der MVV oder die Mülldeponie am unteren ner vollen Pracht bewundern. Ein Großteil der Hang des Berges, auf der sich eine ganze Kompanie von Mülldeponie ist schon renaturiert und seit 2010 befindet Störchen zum gemeinsamen Mittagsessen eingefunden sich sogar eine der größten Solaranlagen der Region am hat. südlichen Bergkamm. Der Berg an sich ist von einem Zaun umschlossen, da hier gefährliche Abfallprodukte Wir verbleiben eine gefühlte Ewigkeit auf dem Gipfel des lagern und das Gelände von der ABG Abfallbeseitigungs- Berges und genießen etwas erschöpft vom Wandern und gesellschaft mbH genutzt wird. Ein Betreten des Berges ist schon reichlich angetrunken – denn das gehört zu einer also Weinwanderung schließlich auch dazu – die Aussicht. Dabei wird uns der Kontrast von Natur und Mensch hier wie an keiner anderen Stelle der Stadt deutlich. Text: Joe Brandes Foto: Lars Walsleben 17
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Bilderrätsel: Erkennt ihr alle Störche auf dem Müllberg? Wenn ihr die richtige Antwort wisst, dann sendet uns diese an unsere Redaktionsmail: kontakt@uni-ma-gazin.de. Unter allen Gewinnern verlosen wir ein Mannheimer Weinwanderungsset, bestehend aus: 1x Packung Tafelwein von Aldi, 1x Plastikbecher zum Weinschorle mixen, 1x Flasche Mineralwasser medium Sprudel (empfohlenes Mischverhältnis ¾ Wein und ¼ Mineralwasser) und 1x Gutschein für Pommes essen bei Schotti’s Burger-Imbiss auf dem Rückweg. Fotos: Lars Walsleben Alternatives Reisen – Weinwanderung 23
Studieren auf dem Bau Gute Lehre muss in guten Räumen stattfinden. Um die komplexe Gebäude-Situation der Universität Mannheim zu verstehen, ist es zunächst wichtig zu wis- Wer organisiert das? sen, „dass es sich beim Schloss um ein Gebäude aus ganz Eigentümer der universitären Gebäude ist dabei nicht unterschiedlichen Bauzeiten und jeweils unterschiedli- etwa die Uni Mannheim selbst, sondern das Land Ba- cher Bausubstanz handelt“, erklärt die Kanzlerin der den-Württemberg; die Universität tritt lediglich als Nutz- Universität Mannheim, Barbara Windscheid. Das Ba- nießer auf. Zwar hat die Universität in dieser Rolle ein rockschloss stellt dabei ganz markant den Mittelpunkt Mitspracherecht bei der Planung von neuen Gebäuden der Universität dar. Von den Kurfürsten der Pfalz zwi- und bei der Sanierung bestehender Abschnitte, jedoch schen 1720 und 1760 als Residenzschloss errichtet, wur- müssen für solche Zwecke das Land und das Finanzmi- de es nach dem zweiten Weltkrieg ab 1947 phasenweise nisterium als zahlende Instanz überzeugt werden. Auch wiederhergestellt. Das Gebäude war also nie als Lehrstät- die Beschäftigung der Bauarbeiter*innen erfolgt nicht te vorgesehen. Die Nutzung als Universität ist außerdem durch die Universität, sondern über das Bauamt. Zuge- an strenge Vorgaben des Denkmalschutzes gebunden. spitzt könnte man behaupten: Dem Land gehört alles, Beides sind entscheidende Faktoren, die eine Gestaltung das Finanzamt zahlt alles, das Bauamt baut alles und die und Nutzung des Barockschlosses als Hochschule stark Universität als Nutznießer koordiniert die Einrichtung beeinflussen. und Nutzung der Räumlichkeiten. Die derzeitigen Sanierungsarbeiten an der Universität Die Zusammenarbeit mit allen Stellen muss gut abge- führen dazu, dass zusätzliche Räumlichkeiten angemietet stimmt sein, um intensive Kostenbeteiligungen seitens werden müssen, um den akademischen Betrieb im vollen der Universität zu minimieren. Erneut hohe Summen aus Umfang gewährleisten zu können. Dadurch verteilt sich Eigenkapital zu stemmen, wie es bei dem knapp 21 Mil- der Campus auf einer weitläufigen Fläche vom Parkring lionen Euro teuren Bau des neuen B6-Gebäudes gesche- bis hin zum Kaiserring. Eine Situation, die durch einen hen ist, kann sich die Universität nicht leisten. „Das ist verstärkten Ausbau zur Campus-Universität zukünftig Geld, das dann in der Forschung fehlt“, wirft die Kanzle- vermieden werden soll. Kurze Wege für Studierende im rin ein. Von Großspenden, wie sie einst Hasso Plattner Uni-Alltag garantieren und räumliche Nähe zwischen für die Aufstockung des Schloss-Mittelbaus tätigte, sollen wissenschaftlichen Fachbereichen ermöglichen, um den die Projekte allerdings nicht abhängig sein. interdisziplinären Austausch zu fördern – das sind klar definierte Ziele für die zukünftige Ausrichtung der Uni- versität Mannheim. Die räumlichen Abstände zwischen den Lehrveranstaltungen sollten so klein sein, dass sie in den 15-minütigen Pausen zwischen den Lehrblöcken gut zurückzulegen sind. Einige der Räumlichkeiten sind zu- dem nicht mehr zeitgemäß und bedürfen dringend einer Sanierung. „Gute Lehre muss in guten Räumen stattfin- den“, davon ist Dieter Zinser überzeugt. Diese Räume „Eine Bau-freie Uni müssten allerdings erst geschaffen werden. gibt es nicht.“ 24 Campusleben – Baustellen an der Uni
Was in den nächsten Jahren passiert: Sanierung der be- men, also in etwa ein Bachelorstudium in Regelstudien- stehenden Gebäude. zeit; der gesamte Masterplan ist bis Anfang der 2030er In den nächsten Jahren wird sich weiterhin einiges am Jahre ausgelegt. Die derzeitige Baustelle, die Aula, Kata- Barockschloss tun. Zum einen spielen Gesetze, wie etwa komben und Kunstturm umfasst, soll Ende dieses Jahres Brandschutzauflagen oder die Versammlungsstättenver- an die Universität übergeben werden. Jedoch müssen die ordnung, eine Rolle, aber auch das Bestreben der Uni- Räumlichkeiten anschließend noch ausgestattet und auf versität, die Lehrstätten auf den jeweiligen Stand der den Lehrbetrieb vorbereitet werden. Die gesamte Sanie- Technik aufzurüsten. Diese unvermeidbaren Sanierun- rung des Schlosses ist auf Grund entsprechender Gesetze gen können jedoch nicht zeitgleich umgesetzt werden, da notwendig, wird aber auch als Chance gesehen, die man ansonsten die ganze Universität für mehrere Jahre Räumlichkeiten an die sich stets ändernden Bedürfnisse schließen müsste. Stattdessen wurde ein dezidierter Zeit- des akademischen Betriebs anzupassen. Früher wurden plan erstellt, der eine sukzessive Renovierung der Lehr- etwa vermehrt große Auditorien gebaut, wie das Audi- gebäude vorsieht. Mittelbau, Westflügel und Teile des max in A3. In der heutigen Lehre geht der Trend jedoch Schneckenhofes wurden im Rahmen dieser Maßnahmen zu kleineren Arbeitsräumen und gemeinsamen Arbeits- bereits saniert. Anfang nächsten Jahres sollen die Arbei- bereichen. So soll bei der Sanierung des Ehrenhof-Ost ten am Bauabschnitt Ehrenhof-Ost beginnen. Danach im Dachgeschoss ein großzügiger Arbeitsbereich entste- folgen Ehrenhof-West und anschließend der Ostflügel hen. Auch technisch werden die Räume aufgerüstet, um und der Rest des Schneckenhofs, wobei letzterer in zwei insbesondere die Methodenlehre zu fördern. bis drei Bauphasen aufgeteilt werden soll. Jeder Bauab- schnitt wird dabei circa 2 ½ bis 3 Jahre in Anspruch neh- Barbara Windscheid ist seit Anfang Dieter Zinser ist für die Gesamtlei- Matthias Heitz leitet das Dezernat 2017 Kanzlerin der Universität tung und das Gremienmanagement III (Bau und Technik). Mannheim. (Foto: Stefanie Eichler) des Teams Rektorat zuständig. (Foto: Farina Stock) (Foto: Stefanie Eichler) Campusleben – Baustellen an der Uni 25
Plan für den Campus an der Bismarckstraße (Copyright: Hähnig-Gemmeke Architekten BDA 7202 Tübingen) Neues Rechenzentrum in A5 Ein weiterer Neubau entsteht im A5-Quadrat. Auf den Baustelle auf dem Ehrenhof (Stand Juni 2019) derzeitigen Freiflächen und neben der Sternwarte soll bis Friedrichspark circa 2024 ein neues Rechenzentrum gebaut werden. Das Im Friedrichspark sind gleich vier neue Gebäude geplant, derzeitige Rechenzentrum befindet sich gegenüber dem deren Bau mit einer Neugestaltung der Parkanlage ein- Hauptbahnhof. Die Gebäudetechnik ist nicht auf die hergeht und den Abriss des alten Eisstadions einschließt. heutigen Anforderungen eines Rechenzentrums ausge- In der ersten Bauphase werden zunächst zwei Gebäude- richtet; die Rechner sind teilweise im Dachgeschoss un- komplexe gebaut. Einer davon als zukünftiges Verfü- tergebracht und gerade im Sommer ist eine ausreichende gungsgebäude und der andere für die Philosophische Fa- Kühlung mit hohem Energieaufwand verbunden. Die kultät. Dabei plant die Universität nicht, die Zuverlässigkeit des Rechenzentrums ist von entscheiden- Studierendenanzahl anzuheben, sondern die momentane der Bedeutung, da ein Ausfall der Server die ganze digita- Situation, externe Gebäude für viel Geld anmieten zu le Infrastruktur der Universität lahmlegen würde. müssen, zukünftig zu vermeiden. Der Baustart für die Mit dem neuen Rechenzentrum erhofft sich die Univer- Anlage steht derzeit noch nicht fest, soll aber zeitnah er- sität eine bessere digitale Vernetzung am Campus zu folgen, damit die erste Bauphase abgeschlossen ist, wenn schaffen und Serverausfällen besser vorbeugen zu kön- die Sanierung des Ehrenhof-West in voraussichtlich fünf nen. Bei dem Bau werden aber nicht nur die akademi- bis sechs Jahren beginnt. Der gesamte Friedrichspark ist schen Anforderungen berücksichtigt, sondern auch das ein groß angelegtes Projekt, das voraussichtlich erst 2035 Thema Nachhaltigkeit. Konkret geplant sind energeti- bis 2040 abgeschlossen sein wird. Durch den Ausbau des sche Elemente, wie etwa begrünte Dächer, ähnlich de- Friedrichsparks soll die Forderung nach einer Cam- nen, die sich auf dem neuen B6-Gebäude befinden, oder pus-Universität mit Zentrum Schloss-Friedrichspark um- energiesparende Systeme für die Raumkonzeption. Wie gesetzt werden. Die Sorge vieler Bürger*innen, dass viel Herzblut in diesen Planungsprozessen steckt, merkt durch die Bebauung des Friedrichsparks wichtige Grün- man, als Matthias Heitz stolz von diesem Projekt redet: flächen für die Stadt verloren gehen, teilen die Verant- „Ein solches Rechenzentrum baut man als Architekt wortlichen nicht. Vielmehr soll die Grünfläche erweitert meist nur einmal in seinem Leben.“ Hier wurden die und belebt werden; etwa durch den Abriss des Eisstadi- Proteste der Bewohner*innen allerdings schon deutlicher. ons und die Erschließung des Parks als Erholungsfläche Dies zeigte sich etwa durch die Anbringung von Flyern für die Studierendenschaft und die Anwohner. an mehreren Bäumen, die auf die damit verbundene Ro- dung derselben aufmerksam machte. 26 Campusleben – Baustellen an der Uni
Die Kommunikation dig. Insbesondere durch die lange Bauplanung „müsse Es werden in den nächsten Jahren nicht weniger, sondern man oft wieder von vorne anfangen, sobald der letzte deutlich mehr Baustellen auf die Studierendenschaft zu- Bauabschnitt fertiggestellt ist. Dies liegt auch daran, dass kommen. Aber wieso wissen die Studierenden oft nicht die Haustechnik meist alle zehn bis zwölf Jahre erneuert über die immensen Bauprojekte der Universität Be- werden muss“, erklärt Matthias Heitz. Auch sei die Uni- scheid, wie ich aus den vielen Gesprächen mit meinen versität kein Finanzamt, in dem sich in den nächsten Kommilitonen*innen immer wieder heraushörte? Das fünfzig Jahren garantiert kaum etwas ändern müsse, son- wundert auch die Kanzlerin und Herrn Zinser, da diese dern ein sich stetig im Wandel befindender Ort des aka- Themen in den Gremiensitzungen regelmäßig angespro- demischen Austauschs und der Forschung auf höchstem chen werden und die studentischen Vertreter*innen in Niveau. diesen Gremien somit stets aktuell zum Stand der Bau- Die Frage, ob es ein Fluch oder Segen sei, dass die Uni- maßnahmen informiert sind. Zudem findet zweimal im versität im Barockschloss ist, stellt sich für die Kanzlerin Semester ein Concilium statt, in dem die Studierenden nicht: „Selbstverständlich ist es ein Segen, insbesondere die Möglichkeit haben, Fragen an die Uni-Leitung zu für das Renommee. Wenn wir es nun schaffen, die Räu- stellen. Außerdem halfen Studierendenvertretungen mit, me im Schloss auf den neusten Stand zu bringen, dann den Gemeinderat der Stadt von der Umsetzung des Bau- ist alles perfekt.“ Auf die Frage, ob eine Bau-freie Uni- projekts Friedrichspark zu überzeugen. versität denn überhaupt möglich sei, erwidert sie mit ei- Tatsächlich findet sich auf der Internetseite der bAStA nem Lächeln auf den Lippen: „Ich arbeite jetzt schon seit (die Studierendenzeitung des AStA) ein gut recherchier- 25 Jahren in diesem Bereich. Eine Bau-freie Uni gibt es ter Artikel zu den Umbauten; von offizieller Uni-Seite nicht.“ aus fehlen aber Informationen über geplante und laufen- de Baumaßnahmen. Auch für kleinere Baustellen, die immer mal wieder vorkommen, würde sich eine Infor- mationsseite lohnen, um die Studierendenschaft schnell und umfangreich über Dauer und Art der Maßnahmen zu informieren. Fazit Das Gespräch mit den Verantwortlichen machte eines sehr deutlich: Ihnen geht es wirklich um uns Studieren- de. Das sind gar nicht die bösen, realitätsfremden Be- hördenmenschen, die uns Studierende bewusst mit Bau- stellen quälen möchten. Vielmehr merke ich während des gesamten Gesprächs, wie engagiert und mit wieviel Herzblut alle Beteiligten an diesen Projekten arbeiten. Als Studierende sind wir vielleicht etwas zu fokussiert auf unser eigenes Studium, sodass wir oft kein Verständnis für die langfristige Planung des Campus haben. Zudem sind die Projekte oft so langfristig angelegt, dass sogar die Wettbewerbsmodell: Blick von Norden auf den neuen hartnäckigsten Langzeitstudierenden deren Fertigstel- Friedrichspark mit neuem Rechenzentrum im A5-Quadrat lung nicht in ihrer Studienzeit erleben werden. (Copyright: Hähnig-Gemmeke Architekten BDA 7202 Klar, die Baustellen stören den universitären Betrieb oft Tübingen) immens, aber sie sind nun einmal zwangsläufig notwen- Campusleben – Baustellen an der Uni 27
Schöne neue Welt – Abrissbirne EO – Aus alt mach neu – Das EO, der Ort, wo vieles begann, und jetzt soll es linarischen Freiheiten von Herrn Völker und seinem schließen! Voraussichtlich schon Ende des Jahres! Sind Team deutlich größer. So erklären sich die von mir fest- die Arbeiten am Westflügel soweit abgeschlossen, ist der gestellten gustatorischen Unterschiede zwischen EO und Ehrenhof-Ost an der Reihe. Diese schmerzliche Nach- Mensa. Indessen werden im Rahmen des Programms Stu- richt erhielt ich bereits im April, als ich Herrn Opatz, den difit auch die Gerichte in der Mensa aufgewertet. Da- neuen Leiter der Hochschulgastronomie des Studieren- durch soll gewährleistet werden, dass mindestens 15 Pro- denwerks Mannheim, und EO-Chef Heiko Völker inter- zent der Zutaten aus ökologischer und biologischer viewte. Dabei wollte ich nur ein paar Geheimnisse des Landwirtschaft stammen. Im EO ist man ohnehin schon EO lüften, beispielsweise, warum das Essen hier besser sehr auf Regionalität und Saisonalität bedacht. schmeckt als in der Mensa, wer eigentlich für die Musik verantwortlich ist und warum die Toiletten so aussehen, Dies ist allerdings nicht bei allen Zutaten möglich. Zwar wie sie aussehen. werden regionale Waren grundsätzlich bevorzugt, aber da Deutschland kein subtropisches Gebiet ist, stammen Nach dem Krieg bezog die Mensa 1954 als Interimslö- Produkte wie Orangen aus Spanien oder Ägypten. Dabei sung für acht Monate den Schlossbunker unter dem Eh- wird besonders auf Nachhaltigkeit geachtet. So werden renhof. Am 17.11.1955 war die Zeit im Untergrund vo- eher Engpässe in Kauf genommen, anstatt zu viel da zu rüber und die erste Tageslichtmensa und ihre Cafeteria haben. Das spiegelt sich auch beim Kochen wider: Ab wurden im Ehrenhof-Ost eingeweiht. In diesem Ausbau- neun Uhr werden die Kochlöffel geschwungen, um für zustand fanden in der Mensa 300 und in der Cafeteria 70 die ersten warmen Gerichte am Mittag zu sorgen. Alles Personen Platz. Aber auch das war durch die schnell stei- ist eng getaktet. Das Motto lautet just in time. Statt ex- genden Studierendenzahlen bald zu wenig. Zusätzliche zessive Vorkochen wird über den Tag hinweg peu à peu Essensplätze wurden in der ehemaligen Behördenkantine nachfrageadaptiert produziert. „Volle Bleche am Abend geschaffen. 1972 eröffnete hier die Mensa II. Nach dem sind also eher eine Ausnahme?“, frage ich kritisch nach. Umbau 2005 öffnete das heutige EO. Anscheinend ja, denn im Schnitt werden nur ein bis zwei Kilo am Abend weggeschmissen. Fun-Fact: 175 Kilo- Montagmorgen, 6.00 Uhr. Während sich die meisten gramm werden an umsatzstarken Tagen laut Schätzungen Studierenden wahrscheinlich nochmal im Bett umdre- verspeist. Bei durchschnittlich 500 Tellern oder Schüs- hen, nimmt Herr Völker in unserem EO bereits die Ware seln, die über die Waage gehen, sind das 350 Gramm pro für den Tag an. Geliefert werden jeden Tag frisches Ge- Kopf, die der*die durchschnittliche Kund*in verspeist. müse und Obst, frische Kräuter, frisches Fleisch. Da das EO ein anderes Budget als die Mensa hat und in deutlich Viele Dinge wie angemachte Salate oder Antipasti kön- kleineren Mengen als die Mensa produziert, sind die ku- nen aufgrund der Säure beziehungsweise des Öls auch am 28 Campusleben – Abrissbirne EO
nächsten Tag verwendet werden. Ab und an kann auch repariert werden? Das kostet Geld und ist somit Sache mal etwas eingefroren werden. Der Rest muss aufgrund des Landes Baden-Württemberg. Zudem werde seit Jah- hygienischer Richtlinien verworfen werden und würde ren ein steigender Vandalismus beobachtet, welchem wohl auch von der Tafel nicht mehr angenommen wer- auch die Toiletten, insbesondere das Waschbecken des den. Und verschenken? Das wiederum würde sich für das EO, zum Opfer gefallen sind. Man habe sich darauf ge- EO nicht lohnen, da dann wohl die meisten nur darauf einigt, dass, solange ein funktionstüchtiges Waschbecken warten würden, umsonst essen zu können. existiere, keine Sanierung vorgenommen werden muss. Wie oben angedeutet wird das EO ohnehin bald saniert, Das Becherfasten im EO wurde vom Studierendenwerk weshalb es auch keinen Sinn machen würde, sich jetzt anlässlich der Fastenzeit organisiert. Hatte man seinen um die rudimentären Toilettenverhältnisse zu kümmern, eigenen Becher dabei oder nahm eine Tasse, so gab es den um sie in einem halben Jahr wieder abzureißen. Kaffee 10 Cent günstiger. Musste man auf Pappbecher und Plastikdeckel zurückgreifen, so konnte man diese Das EO schließt, und jetzt? für 20 Cent erwerben und somit letztlich 10 Cent drauf- Wie sieht die Zukunft aus? Wir können uns auf einen zahlen. Die Aktion sei sehr gut angenommen worden; Food-Truck freuen. Jeden Tag soll es zwei wechselnde einige Studierende waren wohl auch eher beschämt, Gerichte geben. Eine vegetarische und eine Fisch- oder wenn sie auf Pappbecher und Plastikdeckel zurückgrei- Fleischalternative. Gekocht wird in einer Art „Notkü- fen mussten. Allgemein sei der Kaffeekonsum in den ers- che“, in der bis zum Beginn des Herbst-/Wintersemes- ten Tagen jedoch deutlich gesunken. Der Wunsch, das ters neu sanierten Küche der Schlossmensa. Frisch und Becherfasten zu verlängern, ist auch der Wunsch des Stu- heiß soll das Essen per Shuttlebus zur mobilen Ausgabe- dierendenwerks. stelle im Ehrenhof befördert werden. Auch der studenti- schen Koffeinsucht wird weiterhin nachgekommen. Für Herr Opatz, der Chef der Hochschulgastronomie des die Kaffeemaschinen und deren Anschlüsse, um das gute Studierendenwerks, betont aber auch, dass diese Aktion Mannheimer Wasser zu entkalken, ist im Food-Truck al- nur gut gelingen kann, wenn alle an einem Strang zie- lerdings kein Platz. Deshalb besteht der Wunsch des Stu- hen. So möchte er an alle appellieren, dass die Tassen, die dierendenwerks, einen Teil der Katakomben nutzen zu nun anstatt der Plastikbecher to go mitgenommen wer- dürfen. Dort sollen neben dem Kaffeeangebot auch Sitz- den, ihren Weg wieder ins EO finden. Neben dem Be- gelegenheiten sowie gegebenenfalls Platz für ein redu- cherfasten-bedingten Tassenschwund ist übrigens auch ziertes Frühstücksangebot geschaffen werden. immer wieder ein Ersti-bedingter Geschirrschwund zu Text: Sophia Laubel und Finja Gilles beobachten. Die WG-Küchen müssen schließlich einge- Foto: Nina Burau richtet werden. Welche Frequenzen neben Gesprächsgeräuschen unser Ohr erreichen ist abhängig von der Person hinter der Bar. Gespielt wird übers Internetradio, kein Spotify. Gefällt einem die Musik nicht, kann man sich gerne einen ande- ren Sender, z.B. Radioaktiv, unser Uni-Radio, wünschen. Auch das Toilettengeheimnis im EO konnte ich ein Stück weit lüften, wohl einer der größten Beschwerde- herde. Für die Reinigung der Toiletten ist das EO zustän- dig, aber sie gehören offiziell zur Uni. Warum diese nicht Campusleben – Abrissbirne EO 29
Zu den Aborten – Toiletten-Wegweiser oder Bachelor of Lokus – Eine der wichtigeren Angelegenheiten, die man als Studi gels das Licht wieder ankriegt, wenn man sich ein wenig an einer neuen Uni auskundschaften muss, was man auch mehr Zeit gelassen hat. Dinge, über die es sich unseres intuitiv, ja instinktiv tut, denn wir sind darin alle Meister Erachtens nach zu sprechen lohnt. Die gesammelten Be- unseres Fachs, ist die Toilettenlage. Um euch dies ein we- funde galt es dann auszuwerten und aufzubereiten: Ver- nig zu vereinfachen, haben wir durch eine Umfrage zu- geben wurden die drei Top- bzw. Flop-Töpfchen. Wir sammengetragen, was bereits als unermesslicher Schatz ließen uns nicht lumpen und verliehen den nigelnagel- an Wissen auf dem Campus kursiert. Dass ihr mit so viel neuen B6-Toiletten den verdienten ersten Preis – die gol- Enthusiasmus und Entschlossenheit Auskunft gebt, hat dene Klobürste. Die mit Rituals-Seife ausgestattete Lu- uns zugegebenermaßen ein wenig beeindruckt. Wir durf- xustoilette der Business School blieb uns, dem gewöhn- ten auch erfahren, dass wir nicht die einzigen sind, die lichen Proletariat, leider vorenthalten. Das Verliererklo sich fragen, wie sich beispielsweise während der Klausur- ausfindig zu machen war hingegen ein Kinderspiel: Im phase das ganze Klopapier auf dem Teppich der VWLer- EO-Keller tun sich menschliche Abgründe auf. Bib verteilt oder wie man im Keller des Ehrenhof-Ost-Flü- 30
Die 3 Top-Töpfchen 1. Neues B6-Gebäude + Top Zustand + Wenig frequentiert + Besonders diskret, da kein Luftschlitz unter der Tür 2. Ehrenhof-West 2. Stock Mitte + Gute Aussicht + Selten jemand anzutreffen + Risiko: Man könnte Dozenten antreffen. 3. Campusshop/Schneckenhof + Ganzkörperspiegel + Gut zu erreichen + Mäßig voll Top-Töpfchen 1. Platz Die 3 Flop-Töpfchen 1. Keller am EO-Café + Uringeruch + Vollgelaufene Toilette + Gesperrtes Waschbecken + Keine Seife + Kein Papier + Seit Monaten hängt dort dieselbe Handtuchschleife aus dem Automaten... Die Liste ist lang. 2. A3 1. Stock + Nur eine Toilette + Lange Schlangen + Gestank 3. Toilette im Mensa-Keller + Zu warm + Teilweise das Türschloss rausgebrochen + Komische Lichtverhältnisse Flop-Töpfchen 1. Platz Geheimes Klo Um das geistige Eigentum eines anonymen Hinweisge- bers zu schützen, sei nur so viel verraten: Als Geheimtipp für ein ganz besonders stilles, geradezu andächtiges Ört- chen mit Blick auf die Mensawiese nehme man den Ein- gang zwischen Ausleihzentrum und Business School, über- winde ein paar Treppen und passiere die Schlosskirche. Umfrage: Svea Seidler und Nina Burau Fotos: Lars Walsleben und Svea Seidler „Stilles Örtchen“ Text: Nina Burau Campusleben – Toiletten-Ranking 31
Interview mit Sportstipendiaten – Cedric Trinemeier (Kugelstoßen), Lisa Nippgen (Schwimmen), Selina Hocke (Sprint), Katrin Wallmann (Leichtathletik) – Leistungssport und Uni miteinander vereinbaren, geht das? Ja, sagen die interviewten Sportstipendiaten der Universität Mannheim. Dabei macht die Unterstützung durch das Spitzensport-Stipendium Metropolregion Rhein-Neckar das alles erst möglich. Leistungsbereitschaft, Disziplin und Durchhaltevermögen zeichnen diese Sportler aus. Wir sind beeindruckt und möchten Näheres erfahren. Hierfür haben wir einige Fragen an Ce- dric (BaKuWi MKW), Lisa (Unternehmensjura), Selina (Psychologie) und Katrin (Politikwissenschaft) gestellt. Cedric Trinemeier (Kugelstoßen) 32 Campusleben – Sportler an der Uni
Woher kommst du und wie alt bist du? Was schätzt du auch Anträge genehmigt, dass Klausuren verschoben an der Uni Mannheim? werden und eine Klausur habe ich auch im Trainingsla- ger geschrieben. C.T: Ich bin 21 Jahre alt und komme ursprünglich aus S.H: Ich hatte noch keine Probleme, obwohl ich viel Mannheim Käfertal. Die schon vorhandene Verbindung unterwegs bin. durch den Sport war ein ausschlaggebender Punkt für K.W.: Also ich glaube, die meisten Dozenten wissen gar meine Studienortswahl. Am meisten an der Uni Mann- nicht, dass ich so viel Sport mache. Ich versuche auch heim schätze ich, dass ich die Möglichkeit habe, Sport immer, dass ich das mit möglichst wenigen Fehltagen und Studium zu vereinbaren und darin die bestmögliche hinkriege und das hat bisher auch sehr gut geklappt. Also Unterstützung zu erfahren. so viel verpasse ich gar nicht von der Uni. L.N: Ich bin 22 Jahre alt und komme aus Schwieberdin- gen bei Stuttgart. Ich habe mich für den Studienort ent- schieden, da ich zu meinem Trainer nach Mannheim wechseln wollte. Durch das Sportstipendium in Mann- heim erhalte ich in allen Bereichen Unterstützung und habe somit auch die Möglichkeit, das Studium zu stre- cken. S.H: Ich bin 22 Jahre alt und komme ursprünglich aus Berlin. Zuerst habe ich in einem Sportinternat in Hei- delberg gewohnt. Für die Uni Mannheim habe ich mich entschieden, da es das Stipendium nur dort gab. Als ich 2017 angefangen habe zu studieren, war das Sportstipen- dium noch ein lokales Projekt. Viele Freunde mussten sich zwischen Sport oder Uni entscheiden – das kam für mich nicht in Frage. K.W.: Ich komme aus der Nähe von Heilbronn und bin 21 Jahre alt. Ich bin vor drei Jahren dann nach Mann- heim gezogen – für das Studium und den Sport. Am Katrin Wallmann (Leichtathletik) meisten schätze ich an der Uni Mannheim vor allem die Vorteile des Sportstipendiums. Das Tolle ist, dass man Seit wann machst du deine Sportart und wie bist du dazu hier als Leistungssportler immer einen Ansprechpartner gekommen? hat, wenn es Fragen oder Terminkollisionen gibt. C.T: Seit 7 Jahren, also seit ich 14 Jahre alt bin. Ich bin Haben die Dozenten Verständnis hinsichtlich Fehltage etc.? über einen Freund von meinem Bruder dazu gekommen, der in der Leichtathletik aktiv war. Als ich 15 Jahre alt C.T: Der Großteil der Dozenten hat Verständnis und ich war, habe ich mich dann auf das Kugelstoßen spezialisiert. bekomme meist die Kurse, die ich brauche, um parallel L.N: Mit 4 Jahren habe ich angefangen; meine Mutter auch meinen Trainingsplan gestalten zu können. Bei Ab- und mein Bruder waren damals in der Leichtathletik ak- wesenheiten wegen eines Trainingslagers oder Ähnlichem tiv und haben mich mitgenommen. In der 6. Klasse habe kann man mit den Dozenten jederzeit Kontakt aufnehmen. ich auch auf eine Sportschule gewechselt. Früher habe L.N: Da es keine Anwesenheitspflicht gibt, wird es na- ich alle Disziplinen gemacht, aber nach einer Fußverlet- türlich nicht so streng gehandhabt. Mir wurden kürzlich zung habe ich mich auf den Sprint konzentriert und Campusleben – Sportler an der Uni 33
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