WUK INFO-INTERN Scheitern - aufstehen - weitergehen Regen und Wind und wenige Frauen Mietvertrag ja - aber was für einer? Portrait von Gerhard ...

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WUK INFO-INTERN
     Nummer 3/12
                   Scheitern – aufstehen – weitergehen
        Juni

                   Regen und Wind und wenige Frauen
                   Mietvertrag ja – aber was für einer?
                   Portrait von Gerhard Brandstötter

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INHALT                                                                                                                  EDITORIAL
   Scheitern – Aufstehen – Weitergehen | Verena Gappmaier . . . . . . . . . . . . . 3                                       Liebe LeserInnen!
   Neues zum Thema Mietvertrag | Vincent Holper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

                                                                                                                            D
                                                                                                                                      er Mai ist vorbei!“ behauptete
   Besetzt! Kampf um Freiräume seit den 70ern | Susanna Rade . . . . . . . . . . 8                                                    Peter Henisch in seinem gleich-
                                                                                                                                      namigen, 1978 erschienenen
   Von der Arena zum WUK | Anton Mantler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
                                                                                                                            Roman, in dem er auf das Jahr 1968 und
   Wenn’s regnet, bleib ich zuhaus – Zeltstadt der Frauen | Claudia Gerhartl 13                                             dessen Folgen zurückblickte. WIE vorbei,
                                                                                                                            zeigt uns die Ausstellung „Besetzt!“ im
   Umschwung am Balkan | Philipp Leeb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
                                                                                                                            Wien Museum, das mit diesem Pro-
   Mit dem Bus durch Kalifornien | Charlotte Damböck . . . . . . . . . . . . . . 15                                         gramm genau auf diese Zeit zurückblickt,
                                                                                                                            auf Zeiten also, in denen es sogar in Wien
   23 Jahre Holz – Portrait von Gerhard Brandstötter | Jürgen Plank . . . . . 16
                                                                                                                            hoch herging, auf Zeiten, aus denen sich
   Werkschau XVII: Robert Zahornicky | Fotoalerie Wien . . . . . . . . . . . . . . 19                                       letztendlich das WUK herausbildete.
                                                                                                                               Heute gibt es uns im Museum zu be-
   Das waren die Mädchentage im WUK | Buxhofer, Müller, Gappmaier . . 21
                                                                                                                            staunen – sollte uns das zu denken geben?
   Gender-Workshops bei WUK m.power | Dieter Breitwieser, Nina Eckstein 22                                                     Sind Aufstand, Widerstand und Rebel-
                                                                                                                            lion etwas Antiquiertes, das im Museum
   WUK next.level nimmt Abschied | Verena Gappmaier . . . . . . . . . . . . . . 24
                                                                                                                            gezeigt werden muss, weil es sie in der
   Blitzlicht: Gerhard Zoubek | Claudia Gerhartl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25                                   Realität nicht mehr gibt?
                                                                                                                               Oder ist alles erreicht, was Arena-, Rot-
   WUK-Forum am 2.4. und 7.5. | Rudi Bachmann . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
                                                                                                                            stilzchen-, Amerlinghaus-, GAGA- und
   WUK-Radio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26                     letztlich auch WUK-AktivistInnen zu er-
                                                                                                                            reichen hofften? Lohnt es sich nicht
   Termine, Ankündigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
                                                                                                                            mehr, für oder gegen etwas zu kämpfen?
   Topics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28              Fehlen uns die Kraft, der Wille oder die
                                                                                                                            Hoffnung?
                                                                                                                               Wir, die wir damals (fast) dabei waren,
   Meinung                                                                                                                  haben alle Hände voll damit zu tun, das
                                                                                                                            Erreichte zu bewahren. Und die Jüngeren
                                                                                                                            haben ihren Widerstand in den virtuellen
   Endlich Trendwende in der österreichischen Kulturpolitik | IG Kultur . . . . 5                                           Raum verlegt, statt im öffentlichen zu
   Unpolitisch unkorrekt | Philipp Leeb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7                           agieren.
                                                                                                                               Etwas zu schwarz gemalt? Vielleicht.
   Unter uns über uns | Claudia Gerhartl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18                                  Es gibt sie ja, die Menschen, die auf die
   Zugang zum Arbeitsmarkt | Norbert Doubek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20                                    Straße gehen, manchmal, die sich einsetz-
                                                                                                                            ten für etwas, für jemanden. Nur der zün-
                                                                                                                            dende Funke, die Begeisterung, der An-
                                                                                                                            spruch, es müsse und würde sich etwas
                                                                                                                            verändern, fehlt, weil wir damit beschäf-
                                                                                                                            tigt sind und werden, uns davor zu fürch-
    Titelblatt: Vor der Räumung der besetzten Häuser
    Aegidigasse/Spalowskygasse, 1988 (aus der Ausstellung im Wien Museum)
                                                                                                                            ten, dass es schlimmer wird, dass uns weg-
    Foto: Robert Newald                                                                                                     genommen wird, was wir oder andere er-
                                                                                                                            fochten haben, sodass wir schon froh
                                                                                                                            sind, wenn es bleibt, wie es ist. Das lähmt.
    Beiträge, Ankündigungen: Mit E-Mail (Text- und Bild-Dateien als Bei-                                                       Führen wir also die Museumsbesuche-
    lage) an infointern@wuk.at. Auf CD, Stick oder Papier ins Info-Intern-                                                  rInnen durchs Haus und zeigen ihnen,
    Postfach im Informationsbüro. Bitte unbedingt Name und Kontaktmög-                                                      was wir waren und was aus uns geworden
    lichkeiten angeben.                                                                                                     ist: Die HüterInnen einer alten Idee von
    Gestaltung: Titel und Zwischenüberschriften sollen maximal 30 Zeichen                                                   alternativer Kultur – ohne Vision für die
    haben. Fotos, Zeichnungen und Grafiken immer mit Angabe der/des                                                         Zukunft, außer der, dass es uns weiterhin
    KünstlerIn. Keine Absatz-Formatierungen (nur Fließtext) und keine Format-                                               geben soll.
    vorlagen (außer Absatz-Standardschriftart und Standard).                                                                   Auf bessere Zeiten!
    Nächster Redaktionsschluss: Montag, 17. September, 17:00 Uhr
    Oktober-Ausgabe: Am Donnerstag, 27. September, im Haus                                                                      Claudia Gerhartl

Impressum: WUK-INFO-INTERN. Informations- und Diskussionsorgan. Medieninhaber, Herausgeber: WUK – Verein zur Schaffung offener Kultur- und Werkstättenhäuser, 1090 Wien,
Währinger Straße 59. Redaktion: Claudia Gerhartl, Philipp Leeb, Rudi Bachmann. Gestaltung/Layout: Computer Graphics Assoc. Druck: Riegelnik, Wien. GV-Beschlüsse vom 24.6.1992: 1. Ein-
schränkungen freier Meinungsäußerung: a) bei Verletzung von Rechten bzw. Privatsphären von Personen, b) bei Beschimpfungen, c) bei nicht belegten Anschuldigungen, d) bei möglichen straf- oder
verwaltungsrechtlichen Konsequenzen. 2. Bei strittigen Beiträgen gibt es Gegendarstellungen in derselben Ausgabe. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der AutorInnen wieder.
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jugendcoaching

                                                                                                             Foto: WUK CoachingPlus

Scheitern – Aufstehen – Weitergehen
Von Verena Gappmaier, WUK Bildung und Beratung

S
      eit fünf Jahren unterstützt WUK       chische Erkrankungen verstärken. Das       Thema Scheitern aus gesellschaftspoliti-
      CoachingPlus Jugendliche mit psy-     Bestehen in der gegenwärtigen Arbeits-     scher und philosophischer Sicht. Sie
      chischer Erkrankung im Rahmen         welt wird dadurch immer noch schwie-       stellte fest, dass das Scheitern bei ober-
des Jugendcoachings (ehemals Clearing)      riger – zumindest ohne Unterstützung.“     flächlicher Betrachtung aus dem Schat-
beim Einstieg in die Arbeitswelt. Anläss-   In ihren Eröffnungsworten betonte          ten der verschämten Verschwiegenheit
lich dieses Jubiläums fand am 5. April in   WUK-Geschäftsleiterin Ute Fragner die      herausgetreten zu sein scheint: In Sit-
der Bücherei Philadelphiabrücke die         Wechselwirkungen zwischen psychi-          coms, Reality-Shows und Talk-Shows
Fachveranstaltung „Scheitern – Aufste-      schen Erkrankungen und den steigen-        werden die Misserfolge und Niederlagen
hen – Weitergehen“ statt, bei der das       den Herausforderungen unserer Leis-        von anderen mit viel Lust medial insze-
Erleben psychischer Erkrankungen, die       tungsgesellschaft.                         niert: „Fehlende ökonomische Absiche-
besonderen Herausforderungen von be-          Auch Hofrat Mario Jursitzky vom          rung, mangelnde soziale Aufstiegschan-
troffenen Jugendlichen und mögliche         Bundessozialamt wies in seiner Be-         cen, Ausgrenzungsgefährdung, niedriger
Wege zurück zu Lebensfreude und be-         grüßung darauf hin, dass gerade in un-     Bildungsstand und ähnliche Faktoren
ruflicher Selbstbestimmung thematisiert     serer Erfolgsgesellschaft das Thema psy-   sind der Boden, auf dem sich die Komik
wurden.                                     chische Erkrankungen verstärkte Auf-       entrollt und auf dem sich die Zusehe-
   Am Programm standen Vorträge von         merksamkeit braucht. Das große Inter-      rInnen mit dem Leiden der Hauptfigu-
Krista Susman und Christine Sonntag,        esse an der Veranstaltung – der Saal war   ren identifizieren und sich gleichzeitig
ein Interview mit der Kabarettistin And-    bis auf den letzten Platz besetzt – be-    davon abgrenzen können“, so Susman.
rea Händler sowie ein Videobeitrag, der     stätigte diese Beobachtungen und ist ein      Dennoch ist das Scheitern immer
von jugendlichen ProjektteilnehmerIn-       Zeichen dafür, wie wichtig Unterstüt-      noch ein großes Tabu. Denn sobald es
nen gestaltet wurde.                        zungsangebote wie WUK CoachingPlus         um das eigene Gescheitertsein geht,
                                            für Betroffene sind.                       wird meist versucht, dieses zu verstecken
Leistungsgesellschaft                                                                  oder es nachträglich in einen Erfolg um-
„Angst vor der Zukunft, finanzielle Pro-    Von der Sprachlosigkeit                    zudeuten. „Während das Sprechen über
bleme, die Sorge um den Job und Exis-       Im ersten Vortrag beleuchtete Krista       das Scheitern der anderen leicht fällt,
tenzängste können psychische Krisen         Susman (Geschäftsführerin Zentrum für      wird das eigene ‚Versagen’ nicht öffent-
auslösen oder bereits vorhandene psy-       Beratung, Training, Entwicklung) das       lich gemacht, da es oft mit Gefühlen

WUK-INFO-INTERN 3/12 Juni                                                                                                        3
jugendcoaching

von Scham verbunden ist“, beobachtet           der persönlichen Ebene immer ein             ‚Gefühl des totalen Gescheitertseins’
Susman, „Und Scham macht sprachlos             schwieriges Ereignis, doch für Jugendli-     einher, berichtet Christine Sonntag,
und unsichtbar.“                               che, die mangels Ausbildungsplatz oder       „Das liegt auch daran, dass unsere Ju-
  „Scheitern ist, anders als bloßes Verlie-    Job an den Rand der Gesellschaft ge-         gend extrem leistungsorientiert im
ren, ansteckend“ (Sylka Scholz), weshalb       drängt werden, ist das eine besonders        Sinne der Erwerbsarbeit, pragmatisch
wir laut Susman Distanz zu den „Ge-            prekäre Situation.                           und voller Sehnsucht nach Beziehung
scheiterten“ halten. Mit diesem als not-         Aber wie geht man mit so einer Situa-      ist, wie die Europäische Wertestudie
wendig empfundenen Abstand ist es              tion um? Ironisierungen und Erfolgs-         und die Shell Jugendstudie belegen.“
auch zu erklären, dass wir das eigene          umdeutungen sind der traurige Aus-           Daher stellen der Umgang mit Scheitern
Scheitern meist im Verborgenen halten          druck dafür, dass in unserer Gesellschaft    und die psychosozialen Entwicklungen
und darüber nur sprechen können,               kein Platz für das Scheitern zu sein         in Wechselbeziehung zu aktuellen Wer-
wenn wir es in einen Erfolg umdeuten:          scheint: „Failure ist not an option“.        ten der Gesellschaft und Jugendkultur
So findet man im Internet, wie Susman          Doch dieser Ansatz hilft Betroffenen         ein sehr wichtiges Thema dar.
eindrücklich dokumentiert, unzählige           wenig, mit ihrer Situation umzugehen
Anleitungen zur Umdeutung des eige-            und Lösungswege zu finden. „Anstatt          Mit professioneller Unterstützung
nen Scheiterns: Die Suchtreffer der Vor-       das Thema auszublenden sollte auf ge-        Im Projekt WUK CoachingPlus bekom-
tragenden reichen von „glücklich schei-        sellschaftlicher Ebene jenseits von Ironi-   men Jugendliche die Möglichkeit, Lö-
tern“ über „erfolgreich scheitern“ oder        sierung und Umdeutung eine eigene            sungs- und Handlungsmuster zu erar-
„immer besser scheitern“ bis hin zu            Sprache für das Scheitern entwickelt         beiten, die ihnen aus der aktuellen Krise
„schöner scheitern“, was sie dahingehend       werden, ein Raum, in dem die eigene          heraushelfen und sie für eventuelle
interpretiert, dass es offenbar einen          Biographie (wieder) angeeignet werden        zukünftige Krisen festigen. „Sie lernen,
großen Bedarf gibt, einen produktiven          kann.“                                       ihre psychische Widerstandsfähigkeit,
Umgang mit dem Scheitern zu finden.                                                         auch Resilienz genannt, zu stärken und
  Hintergrund dafür ist eine generelle         Vom Aufstehen und Weitergehen                neues Selbstbewusstsein zu entwickeln.“
Verunsicherung in der Erwerbsgesell-           Im zweiten Vortrag der Fachveranstaltung        Dabei spielen unter anderem soziales
schaft: Der Verlust ökonomischer Si-           setzte Projektleiterin Christine Sonntag     Kompetenztraining, in dem die Jugend-
cherheit und fehlende Möglichkeit zur          genau bei diesem (wieder) Aneignen der       lichen lernen, Beziehungen aufzubauen
Verwirklichung persönlicher Zielvorstel-       eigenen Biographie an. Denn die Jugend-      und zuzulassen, sowie die Schulung zur
lungen ist gegenwärtig die am häufig-          lichen, die zu WUK CoachingPlus kom-         kreativen Freizeitgestaltung eine Rolle.
sten auftretende Form des persönlichen         men, müssen lernen, mit einer psychi-        Denn wie bereits die Studie „Die Ar-
Scheiterns und betrifft immer mehr             schen Erkrankung umzugehen.                  beitslosen von Marienthal“ (1929,
Menschen, zunehmend auch Jugendli-                „Gerade bei Jugendlichen geht eine        1933) belegt, wird die psychische Ge-
che. Das Erleben von Scheitern ist auf         psychische Erkrankung oft mit dem            sundheit vor allem durch erfüllende be-
                                                                                            rufliche Beschäftigung mit einer Tages-
                                                                                            struktur, stabile soziale Beziehungen
                                                                                            und die Fähigkeit zur aktiven Freizeitbe-
    Neues Zuhause in der Thaliastraße                                                       schäftigung gefördert.
                                                                                               „Zusätzlich sind für die Jugendlichen
                                               rierefrei zugänglich.                        individuelle Beratungsgespräche wich-

 S
         eit Ende April haben die beiden         Die gröbsten Um- und Aufbau-               tig, um das eigene Scheitern zu entta-
         jüngsten WUK Projekte, WUK            schritte sind schon erledigt. Dank der       buisieren und als Lernmodell ‚Versuch
         jugendcoaching.west und WUK           tatkräftigen Unterstützung aller Kolle-      und Irrtum’ zuzulassen. So lernen sie,
    Arbeitsassistenz, ihren neuen Standort     gInnen, der EDV und der Zivildiener          neuen Mut zu fassen, um auch berufli-
    bezogen. In der Thaliastraße 85 im         konnte der Umzug in zwei Tagen be-           che Schritte und Zielsetzungen wieder
    16. Bezirk stehen den derzeit acht         wältigt werden. Wie das so ist bei ei-       zu wagen.“
    MitarbeiterInnen drei Beratungs-           nem Umzug, finden aber natürlich
    räume, ein Gruppenraum, sechs Büros        nach wie vor Detailarbeiten statt.           Andrea Händler macht Mut
    und eine großzügige Empfangs- und            Wenn demnächst alles fertig ist,           „Viele Leute, denen man es nicht zu-
    Wartezone zur Verfügung. Zusätzlich        folgt die Einladung zur offiziellen          trauen würde, leiden an Depressionen.
    sind natürlich auch die übliche Büro-      Eröffnungsfeier. Doch auch vorab sind        Mich selbst hat es zwei Mal voll erwi-
    basisausstattung wie Küche, Toiletten      interessierte BesucherInnen jederzeit        scht.“ In einem Interview mit Psycho-
    sowie Server- und Abstellraum vor-         herzlich willkommen!                         therapeut Michael Biró erzählte die Ka-
    handen.                                      Impressionen der Schraub-, Bohr-,          barettistin Andrea Händler von ihren
       Am neuen Standort befinden sich         Putz- und Tragetätigkeiten wurden            Erfahrungen mit dieser psychischen Er-
    WUK juco.west und die Arbeitsassi-         von Arbeitsassistent Hans-Peter Wald-        krankung. „Mir machte einfach nichts
    stenz in bester Gesellschaft, denn Ju-     bauer auch für die nachkommenden             mehr Spaß, aber ich erkannte anfangs
    gend am Werk ist im selben Haus mit        Generationen festgehalten und sind in        nicht, dass ich eine Depression hatte.
    mehreren Büros vertreten. Die Räum-        der Galerie zu finden!                       Erst durch den Rat eines guten Freun-
    lichkeiten sind durchwegs hell und           Astrid Edinger, WUK Arbeitsassistenz       des ging ich zum Arzt.“
    freundlich gestaltet sowie allesamt bar-                                                  Andrea Händler berichtete mit beein-
                                                                                            druckender Offenheit darüber, wie es

4                                                                                               WUK-INFO-INTERN 3/12 Juni
jugendcoaching

ihr in den schlimmen Phasen der De-          „Auszeit vom Denken“ und somit als         das ja nicht aus.“ Anderen Betroffenen
pression ging und wie sie lernte, mit der    seelische Erholungsphase empfand.          gab sie vor allem den Rat, sich helfen zu
Erkrankung umzugehen. Ihr persönlich           Die Kabarettistin betonte, wie unver-    lassen, denn ohne professionelle Unter-
half neben einer gut eingestellten medi-     ständlich das Stigma ist, das der Krank-   stützung ist es enorm schwierig, aus ei-
kamentösen Behandlung die liebevolle         heit Depression anhaftet: „Man soll sich   ner Depression herauszukommen.
Unterstützung ihres Partners und sport-      nicht schämen, wenn man eine psychi-         Die Veranstaltung wurde gesponsert von
liche Betätigung, weil sie den Sport als     sche Erkrankung hat, man sucht sich        Bundessozialamt, Landesstelle Wien

 Endlich Trendwende in der österreichischen Kulturpolitik
 W
              ir begrüßen die Kehrtwende     nanziellen Ressourcen; kleinteilige,          Die Ministerin beklagt die neolibe-
              der Bundesministerin Clau-     zeitgenössische, aktuelle Kunst- und       rale (Kultur-) Politik und trifft den Na-
              dia Schmied, die sich in Zu-   Kulturarbeit wird durch eine diverse       gel auf den Kopf, diese Politik muss
 kunft mehr für zeitgenössische Kunst        Versorgungsstruktur verbreitet, etwa       enden, die nur jene absichert, die
 und Kultur einsetzen will. Insbesondere     von mittleren und kleinen Bühnen           schon am meisten vom System profi-
 in Hinblick auf die verstärkte Förde-       und Kulturinitiativen, die immer mehr      tieren. Das sagen die Kulturschaffen-
 rung mittlerer und kleinerer Strukturen,    vor die Frage gestellt werden, wie sie     den schon seit langem, vielleicht be-
 die derzeit von der „Plattform zeitgenös-   die KünstlerInnen bezahlen sollen, die     ginnt die Politik jetzt zuzuhören, und
 sischer Theater- und Tanzhäuser“ gefor-     ihre Einrichtungen erst zu dem ma-         die Umverteilungsdiskussionen kön-
 dert und von der Ministerin unterstützt     chen, was sie sind: Lebendige dezen-       nen endlich beginnen.
 wird, zeigt sich endlich der Schimmer       trale Orte, die sich der täglichen Her-       IG Kultur Österreich
 einer Trendwende in der Kulturpolitik.      ausforderung stellen, zeitgenössische      1060 Wien, Gumpendorfer Str. 63b
    Bundeskulturpolitik ist mehr als die     Kunst und Kultur sowie entsprechen-        01/503 71 20
 Versorgung der Bundestheater mit fi-        des Publikum weiter zu entwickeln.         www.igkultur.at

 Kinder an die Macht!
  A
          m Freitag, dem 11. Mai, fand         Mittlerweile hat es sich allerdings      nen wie die Großen. Ein besonderer
          der nun schon zur Tradition        etabliert, die Party im Hof steigen zu     Höhepunkt war diesmal wohl, dass es
          gewordene „DeckenDay“ statt,       lassen, nicht zuletzt deshalb, um dem      einige der älteren SchülerInnen durch
 an dem die Kinder des WUK mit               WUK und seinen Menschen zu zeigen,         hartnäckige Interventionen tatsächlich
 Decken den Hof besetzen und zeigen,         dass wir hier täglich mehr als 100 Kin-    schafften, dass alle Autos aus dem Hof
 dass sie da sind.                           der beherbergen, die genauso ein An-       entfernt wurden.
    Begonnen hat dieses Treffen aller        recht auf den Hof haben wie jene, die        In diesem Sinn: Macht Platz für die
 Kinder des Hauses vor einigen Jahren        den freien Raum kommerziell nützen.        Kinder! Nicht nur einmal im Jahr!
 mit einem gemeinsam gestalteten Tag           Natürlich war es auch dieses Mal           Claudia Gerhartl
 des KJB, wo die Gruppen mit ihren           wieder ein großes Ereignis für die Klei-
                                                                                                              Foto: Claudia Gerhartl
 Kindern von Raum zu Raum zogen,
 schauten, was bei den anderen so los
 ist, sich kennenlernten, miteinander
 spielten und zum Abschluss gemein-
 sam in der SchülerInnenschule zu Mit-
 tag aßen.
    Der Gedanke dahinter war ein Aus-
 tausch zwischen den Gruppen, das Ab-
 bauen von Vorurteilen und ein engeres
 Zusammenarbeiten. Schließlich haben
 alle Gruppen des Kinder- und Jugend-
 Bereichs ein ähnliches pädagogisches
 Konzept, basierend auf einem achtsa-
 men und respektvollen Umgang zwi-
 schen Kindern und Erwachsenen –
 und wünschenswert wäre ein erleich-
 terter Übergang von den Kindergrup-
 pen ins Schulkollektiv und von dort in
 die SchülerInnenschule und ins Werk-
 college.

WUK-INFO-INTERN 3/12 Juni                                                                                                              5
prekarium

Neues zum Thema Mietvertrag
Von einer Informationsveranstaltung in der PPH berichtet Vincent Holper

D
         er Abschluss eines Mietvertrags      Im schlimmsten Fall könnten sanie-        ¥ Vermieter zahlt Erhaltung und
         mit der Gemeinde Wien ist ei-      rungsbedürftige Gebäudeteile künftig        Reparatur
         nes der großen Themen, das die     gesperrt statt repariert werden. Bei Ab-    ¥ Weitervermietungsrecht
Vorstandsarbeit mittlerweile schon seit     schluss eines Mietvertrags, so stellt die   ¥ Akzeptabler Mietpreis (Symbolmiete)
vier Jahren dominiert. Die Verhandlun-      MA34 in Aussicht, könnte die Instand-         Bedauerlicherweise ist durch den bis-
gen verlaufen äußerst zäh, und ein Ende     haltung des Hauses wieder in großzügi-      lang vorliegenden Entwurf keiner die-
ist nicht absehbar.                         geren Dimensionen vorgenommen               ser Punkte erfüllt. Ein für die Exper-
   Zwar wurde dem Vorstand im De-           werden.                                     tInnen akzeptabler Vertrag könnte so
zember 2011 ein erster Entwurf überge-                                                  ähnlich aussehen wie jener, der 1989
ben, dieser schien aber offensichtlich      Prekariat                                   fast zum Abschluss gebracht worden
auch der MA34 unannehmbar, weil sie         In ihren ersten Statements gehen die        wäre.
umgehend ankündigte, eine verbesserte       ExpertInnen auf die aktuelle Rechts-
Version nachfolgen zu lassen. Diese         grundlage der Nutzung des WUK ein:          Vetragsentwurf 1989
steht aber bis dato noch aus.               Diese ist ein Prekarium – eine Bitt-        Als die Gemeinde Wien das Gebäude in
   Der Vorstand, der ja schon bei ver-      leihe, die das WUK nur verpflichtet,        der Währinger Straße 1989 vom Bund
schiedenen Gelegenheiten über den           jene Kosten, die sich aus der ordentli-     übernommen hatte, wurde recht zügig
Stand der Verhandlungen informiert          chen Nutzung des Gebäudes ergeben,          mit Verhandlungen über einen Mietver-
hat, wollte nun die Diskussion um das       (Energie, Reinigung etc.) zu überneh-       trag begonnen, letztendlich konnte mit
Für und Wider eines Mietvertrags auf        men.                                        dem Frauenzentrum aber keine Eini-
eine breitere Basis stellen und hat dazu       Alle Erhaltungskosten hat der Eigen-     gung über einige von ihnen geforderte
Interessierte aus dem WUK und dem           tümer zu tragen – was er aber im Mo-        Punkte erzielt werden (wie etwa die
Frauenzentrum zu einer Informations-        ment nicht tut. Und rechtlich gibt es       Übernahme der Betriebskosten aus der
veranstaltung in der Psychopannenhilfe      keinen Anspruch darauf. Und inwieweit       Subvention des WUK, oder die Mög-
eingeladen. Hier sollten Mag. Jirina        er es bei einem Mietvertrag tun müsste,     lichkeit, Räume auch zu Wohnzwecken
Rady, Expertin für Vertragsrecht, und       ist fraglich.                               zu nutzen).
Dr. Peter Iwaniewicz Einblick in die ge-       Aus Sicht der beiden ExpertInnen            Was sich retrospektiv als großer Fehler
setzlichen Grundlagen geben und darü-       wäre die Beseitigung dieser Rechtsunsi-     erweist, hat sich damals wohl anders
ber hinaus skizzieren, wie ein für WUK      cherheit ein Argument für den Ab-           dargestellt, der Abschluss des Vertrags
und Frauenzentrum akzeptabler Vor-          schluss eines Mietvertrags – allerdings     schien gegenüber den Bedürfnissen nach
schlag aussehen könnte.                     nicht zu den Bedingungen wie sie im         Autonomie und klarer Abgrenzung we-
   An der dreistündigen Veranstaltung       Entwurf der MA34 vorgesehen sind.           niger wichtig zu sein.
am 16. Mai nahmen etwa dreißig Perso-                                                      Wollen WUK und Frauenzentrum in
nen teil, die profunde Informationen        Mietvertrag                                 der aktuellen Situation zu einem Vertrag
bekamen und an einer angeregten Dis-        Um dem Mietrechtsgesetz MRG zu un-          kommen, müssten sie in den Verhand-
kussion teilhaben durften.                  terliegen, müsste eine Nutzung für          lungen wohl besser koordiniert sein als
                                            Wohn- oder Geschäftszwecke vorliegen.       damals.
Aktuelle Situation                          Dies ist weder beim WUK noch beim
In den letzten Jahren hat die MA34 ihre     Frauenzentrum der Fall, weshalb ein         Zwei Mietverträge
finanziellen Beiträge zur Instandhaltung    Vertrag nach dem Allgemeinen Bürgerli-      Ein Punkt, der aktuell für Probleme
zunehmend reduziert bis eingestellt, was    chen Gesetzbuch (ABGB) abgeschlossen        sorgt, stand damals außer Diskussion.
mittlerweile an vielen Stellen im WUK       werden müsste.                              1989 wären eigenständige Mietverträge
bemerkbar ist.                                Ein solcher Vertrag kann völlig freie     für WUK und Frauenzentrum möglich
  Die MA34 (die schon bei der Über-         Vereinbarungen enthalten, sollte aber,      gewesen, während die MA34 dies für
nahme der Triester Straße klargestellt      um einen möglichst guten Schutz des         den neuen Vertrag ausschließen will.
hatte, dass sie bei den von ihr verwalte-   Mieters zu gewährleisten, wesentliche       Die dafür vorgebrachten technischen
ten Objekten zumindest kostendeck-          Elemente des Mietrechtsgesetzes (wie        Argumente, wie die Verflechtung der
ende Mieteinnahmen erzielen will) be-       etwa den Kündigungsschutz) beinhal-         beiden Gebäudeteile durch überlap-
kommt Druck vom Kontrollamt, das            ten. Weitere Anforderungen an einen         pende Fluchtwege, Installationen, Hei-
das bisherige Prekariat durch einen Ver-    akzeptablen Mietvertrag wären:              zung und dergleichen mehr, sind aus
trag ersetzt haben will. Dieser Druck       ¥ Abschluss auf unbefristete Dauer          Sicht der beiden ExpertInnen nicht
wird an das WUK weitergegeben, in-          ¥ Geltung für Haus und Innenhof             wirklich stichhaltig.
dem hier nur mehr die allernotwendig-       ¥ Betriebskostenregelung wie bisher           Besteht Einvernehmen zwischen den
sten Arbeiten finanziert werden.            oder nach MRG                               beiden Mietparteien, dann könnten sol-

6                                                                                            WUK-INFO-INTERN 3/12 Juni
prekarium

che Punkte ohne Probleme vertraglich       vorab geklärt werden.                        großen Teil dadurch ergeben, dass sich
geregelt werden.                              ¥ Ein entscheidender Punkt für den        im Laufe der letzten dreißig Jahre nicht
  Aber auch wenn nur ein Mietvertrag       Erfolg der Verhandlungen wird nach           nur die handelnden Personen, sondern
(mit dem WUK) abgeschlossen werden         Ansicht der ExpertInnen sein, in wel-        auch die Rahmenbedingungen der ein-
sollte, könnten die Interessen des Frau-   chem Ausmaß es gelingt, Druck durch          zelnen Abteilungen geändert haben.
enzentrums gewahrt werden, wenn das        Öffentlichkeitsarbeit zu erzeugen.             Erst eine übergeordnete politische
WUK so wie bisher Instandhaltungen,           Eine wesentliche Aufgabe, die WUK         Weichenstellung – wie jene, die 1981
Versorgungen etc. auch für das FZ über-    und Frauenzentrum zu leisten haben           die Gründung des WUK ermöglicht
nimmt.                                     werden, ist die, die politisch verantwort-   hat – könnte die Probleme wirksam be-
                                           lichen Personen an einen Tisch zu brin-      heben.
Regelung nach innen                        gen. Denn das Problem, vor dem wir im
Im Binnenbereich des WUK, also ge-         Moment stehen, hat sich zu einem
genüber den Bereichen und Gruppen,
dürften sich durch einen Mietvertrag
keine ernsthaften Probleme ergeben.
Zwar sind die Bereiche keine Organe
des WUK, aber nachdem die bisherige
                                            Unpolitisch unkorrekt
Praxis des Verhältnisses von Verein und             lle zwei Jahre ver(un)anstalten     rechtliche Situation, gerade in der
Autonomie (vor allem die Raumvergabe
durch die Bereiche) ja funktioniert –
und nach dem politischen Willen auch
                                            A       die Fußballaffinen gemeinsam
                                                    mit FM4 im WUK ein masku-
                                            lines „Großevent“ zur Zusammen-
                                                                                        Ukraine. Über Timoschenko wird
                                                                                        schon berichtet, aber da muss sie
                                                                                        schon hungerstreiken.
so beibehalten werden soll – könnten        schau von millionenschweren Ballspie-         Drittens thematisiert wieder einmal
die vorhandenen Regelungen einfach          len. Ja, ja, Frauen schauen das auch.       niemand die grauenhafte Homo- und
fortgeschrieben werden.                     Die wenigsten allerdings aus Interesse,     Transphobie in Polen und in der
  Der Verein als Mieter hätte dann ge-      die gehen nämlich auf die Friedhofs-        Ukraine, vor allem auch im Vorfeld
wissermaßen Prekariats-Vereinbarungen       tribüne proletarischen Fußball              der EM.
mit den Bereichen (so könnte man die        schauen oder werden Schiedsrichterin-         Ganz zu schweigen von Schuh- und
bisherige Regelung interpretieren). Al-     nen oder spielen eben selbst.               Ballproduktion, Arbeitsbedingungen
ternativ wäre als weitere Variante auch        Dieses Jahr zeigt sich wieder mal        während der EM. Hauptsache, die
der Abschluss von Verträgen zwischen        grandios die Fratze des Unpolitischen       Kopeken (Zloty, Hrywnja, Euro) rollen.
Verein und Bereichen oder Gruppen           und Unkorrekten im Haus. Erstens              Und die Kinder des WUK werden
möglich.                                    thematisiert wieder einmal niemand          wieder einmal aus dem Hof vertrieben
                                            die grauenhaften Bedingungen von            – wo sie vielleicht eh Fußball spielen
Wie könnte es weiter gehen?                 Prostituierten, vor allem gerade in der     wollten (wenn nicht grad Autos im
Dass mit dieser Veranstaltung erst der      Ukraine während der EM, geschweige          Hof stehen).
Auftakt zu einer umfassenden Diskus-        denn den Frauenhandel. Über ver-              Ein Armutszeugnis für das WUK.
sion und Meinungsbildung innerhalb          meintlich misshandelte und hingerich-       Fußballschauen ohne Nachdenken.
des Hauses gestartet wurde und noch         tete Straßenhunde schon, aber das           Ach ja, Fußball ist ja unpolitisch. Ha
viel Arbeit vor uns liegt, war zu diesem    sind halt arme Tiere.                       ha. Und männlich.
Zeitpunkt allen Anwesenden klar. Die           Zweitens thematisiert wieder einmal        Philipp Leeb
ExpertInnen versuchten, die nächsten        niemand die grauenhafte menschen-
Schritte zu skizzieren:
  ¥ Dringend wären die Beziehungen
zwischen WUK und FZ zu klären, auch
im Binnenbereich wäre eine Klärung
                                            Haubenküche à la WUK m.power
der Beziehung zwischen Verein und Be-               ie Kids aus den Hauptschulab-       anschaulich kennen zu lernen.
reichen erforderlich. Ziel wäre, die
Kräfte in einer gemeinsamen Verhand-
lungsstrategie zu bündeln.
                                            D       schlusskursen von WUK
                                                    m.power schwangen die
                                            Kochlöffel – und lecker war’s. Im Rah-
                                                                                           In allen drei Gruppen wurden indi-
                                                                                        viduelle Menüs ausgearbeitet, die Zu-
                                                                                        taten eingekauft. Die Jugendlichen be-
  ¥ Über den Zustand des Gebäudes           men des Ernährungsunterrichts war           reiteten die verschiedenen Gänge lie-
wäre eine Bestandsaufnahme zu ma-           bei den Jugendlichen vielfach der           bevoll zu und entdeckten ihren Sinn
chen, ebenso über die Beiträge, die die     Wunsch aufgetaucht, das erworbene           für selbstgemachtes Essen. Auf dem
NutzerInnen bislang zur Erhaltung des       Wissen um ausgewogene, gesunde              Speiseplan standen unter anderem ge-
Gebäudes geleistet haben.                   Ernährung auch praktisch umzusetzen.        mischter Salat „Al Capone“, „Due Ri-
  ¥ Die eigenen finanziellen Möglich-         Wie kocht man gut und gesund?             sotti alla Mafia“, Spaghetti mit zweier-
keiten müssten geklärt und die Anforde-     Kohlenhydrate, Eiweiß, Fette, Vita-         lei Saucen und sizilianischer Obstsalat.
rungen an einen Mietvertrag festgelegt      mine und Mineralstoffe waren aus               Das gemeinsame Festmahl stellte je-
werden. Auf Basis dessen könnte dann        dem Unterricht theoretisch bereits be-      weils den Höhepunkt der Kochaktio-
ein eigener Entwurf zum Mietvertrag er-     kannt – Zeit, diese Nährstoffe und ihr      nen dar.
stellt werden.                              Zusammenspiel auch praktisch und               Sebastian Beer
  ¥ Verhandlungsoptionen müssten

WUK-INFO-INTERN 3/12 Juni                                                                                                          7
wienmuseum

Besetzt! Kampf um Freiräume
seit den 70ern                                           Von Susanna Rade

W
            em gehört die Stadt? Und
            was ist Kultur? Die Ausstel-
            lung „Besetzt! Kampf um
Freiräume seit den 70ern“ im Wien
Museum fragt nach den gegenkulturel-
len Bewegungen der Stadt, nach ihren
politischen Visionen und Erfolgen sowie
der Aktualität ihrer Forderungen.
   Mit der Besetzung der Arena, des ehe-
maligen Auslandsschlachthofs in St.
Marx, im Sommer 1976 traten erstmals
neue politische und gegenkulturelle Be-
wegungen in den Blickpunkt einer brei-
ten Öffentlichkeit. Forderungen nach
selbstverwalteten Kulturräumen, das In-
fragestellen politischer Verhältnisse im
Allgemeinen und die Kritik an einer ab-                   Autonomes Stadtteilzentrum, 1987 Foto: Robert Newald
rissfreudigen, „betonlastigen“ und der
Kommerzialisierung öffentlicher Räume        klirrenden Fensterscheiben auf der         staurierungsmaßnahmen des völlig de-
zugeneigten Stadtpolitik im Speziellen       Kärntner Straße trafen sich unter dem      solaten Gebäudes, Flohmärkte und das
fanden hier ihren Anfang.                    Motto „Rettet das TGM“ Sozialarbeite-      Eröffnungsfest am 3.10.1981 folgten.
                                             rInnen, KünstlerInnen, LehrerInnen, Ar-       Das WUK-Leben nahm seinen An-
Das WUK                                      chitektInnen, Frauengruppen, Studen-       fang: Plena in unbeheizten Räumen,
Die folgenden Jahre brachten weitere         tInnen und PensionistInnen. Konkretes      permanente Neuaufnahmen von Grup-
Kämpfe um Freiräume und Mitbestim-           Objekt ihrer Bemühungen war das leer-      pen, Putz- und Aufbaubauwochen,
mung und fanden Konkretisierungen            stehende und zunehmend verfallende         Schlüssel-Diskussionen, das „WUK ist
im zunächst besetzten Amerlinghaus,          Gebäude des ehemaligen TGM in der          kein Hotel“, „Wer da aller auf die Chefs
das 1978 zum ersten selbstverwalteten        Währinger Straße. Die Gruppe arbeitete     wartet?“, Kinderhaus-Eröffnungsfest:
Kulturzentrum der Stadt wurde, in der        an den inhaltlichen und materiellen Vor-   antifaschistisch, solidarisch, pädago-
„neuen“ Arena, im WUK, der Gasser-           aussetzungen für die Schaffung eines al-   gisch, ohne Maulkorb, etwas frech und
gasse, der Aegidigasse oder dem Ernst-       ternativen, autonomen Kulturzentrums.      nicht zu bieder, Friedens- und Früh-
Kirchweger-Haus.                                1979 wurde der „Verein zur Schaffung    lingsfeste, die Aktion „Begegnungen“:
  Das WUK war Teil dieser Bewegung           offener Kultur und Werkstättenhäuser“      Leben, Lieben und Atmen zwischen Be-
und ist es bis heute geblieben, mit all      (WUK) gegründet. Kontinuierliche po-       tonwänden; 10.2.1982: Generalver-
den Vor- und Nachteilen einer mehr als       litische Arbeit, zahlreiche Aktionen und   sammlung, Wahl eines12-köpfigen Vor-
30-jährigen Erfahrung, den Vor- und          intensive Öffentlichkeitsarbeit bereiten   stands mit Walter Hnat als Obmann:
Nachteilen erprobter Strukturen und          den Boden für die Verwirklichung eines     „Für das Recht auf Teilnahme am kul-
Strategien, mehr oder weniger gefestig-      kritischen, alle Lebensbereiche umfas-     turellen Leben für alle und gegen alles,
ter Existenzbedingungen sowie dem            senden Kulturbegriffs in einem offenen     was dies aufhält!“
Ringen um notwendige Anpassungen             Kulturhaus.
bei Erhalt seines Charakters als Frei-          1981 wurde das Gebäude des ehema-       Heute
raum und Experimentierfeld.                  ligen TGM durch AktivistInnen des          Noch heute fühlt sich das WUK den
                                             Vereins besetzt. Bürgermeister Gratz       Grundsätzen der Anfangsjahre ver-
Der Anfang                                   versprach dem Verein WUK das TGM           pflichtet: seine kulturelle, gesellschafts-
Die Geschichte des WUK reicht in die         zur provisorischen Nutzung. Der offizi-    politische und soziale Vielfalt sowie die
Jahre 1978/79 zurück. Vor dem gesell-        ellen Anerkennung folgte die erste Sub-    basisdemokratischen Strukturen sind
schaftspolitische Hintergrund einer          vention der Stadt Wien.                    nach wie vor einzigartig.
geräumten Arena, spektakulärer Jugend-          WUK-Gruppen und der Verein Frau-          Das WUK bietet Raum für mehr
proteste in einigen Nachbarstaaten, alter-   enkommunikationszentrum verlegten          als150 Gruppen, Initiativen, Einzelper-
nativer Arbeits- und KulturtheoretikerIn-    ihre wöchentlichen Treffen vom Amer-       sonen – für Kinder und SeniorInnen,
nen, Nullwachstum der Wirtschaft und         linghaus ins TGM, erste Putz- und Re-      für MigrantInnen und Menschen mit

8                                                                                            WUK-INFO-INTERN 3/12 Juni
wienmuseum

besonderen Bedürfnissen, für künstleri-
sche Experimente und traditionelle
Techniken, für gesellschaftspolitisches
Engagement und alternative Strukturen.
  Das WUK ermöglicht den Gruppen
eine kontinuierliche oder innovative
Umsetzung ihrer Arbeiten jenseits eines
finanziellen Drucks und kommerzieller
Verwertbarkeit.

Gesellschaftspolitisches Experiment
Die Gruppen im WUK sind in sieben
autonomen Bereichen organisiert: Bil-
dende Kunst, Gesellschaftspolitische In-
itiativen, Interkulturell, Kinder und Ju-
gend, Musik, Werkstätten und Tanz-
Theater-Performance.                                      Und das WUK schaut auch schon lang nicht mehr so alternativ aus
   Gemeinsam sind den Bereichen basis-                    Foto: Archiv
demokratische Entscheidungsstrukturen
und die Organisation bereichsinterner        sprüche an Stadt, Kultur und Leben in-     jenseits kommerzieller Vereinnahmung
Belange über ein monatlich stattfinden-      teressiert, wer wissen möchte, welche      werden weiter geführt und haben nichts
des Plenum. In Selbstverwaltung wer-         politischen Visionen die AkteurInnen       von ihrer Aktualität verloren!
den Räume aufgeteilt, neue Mitglieder        bewegt haben, was umgesetzt werden            „Besetzt! Kampf um Freiräume
aufgenommen und eigene Veranstaltun-         konnte und entlang welcher Konfliktli-     seit den 70ern“
gen durchgeführt.                            nien die gesellschaftlichen Auseinander-   Ausstellung bis 12. August
   Offene Formen der Diskussion und          setzungen stattfanden, sei ein Besuch      Dienstag bis Sonntag
Entscheidungsfindung in den Gruppen          der Ausstellung im Wien Museum drin-       von 10:00 bis 18:00 Uhr
und Bereichen des WUK stellen eine           gend empfohlen.                               1040 Wien, Karlsplatz
wichtige gesellschaftliche Lernchance dar      Und das Wichtige ist: Es geht dabei      Telefon: 01/505 87 47-0,
und bilden eine Voraussetzung für den        nicht nur um Geschichte. Die Kämpfe        Telefax: 01/505 87 47-7201
Prozess einer breiten Demokratisierung.      um Freiräume und Experimentierfelder       office@wienmuseum.at

WUK ermöglicht
Ermöglicht und unterstützt wird die Ar-
beit der Gruppen sowie die Selbstver-
waltung durch eine unentgeltliche Nut-
                                              Kulinaria Craticulis
                                              W
zung der Räume, durch die Infrastruk-                     er kennt nicht den Som-       dass in Kräuter verpacktes oder in
tur eines funktionstüchtigen Hauses,                      mersport, bei dem alle Be-    heißen Steinen vergrabenes Fleisch
allgemeine Serviceleistungen, Öffent-                     teiligten ordentlich ins      wirklich lecker schmeckt, vor allem
lichkeitsarbeit sowie einen Präsentati-       Schwitzen kommen? Genau, das Ver-         wenn es ganz lange der Hitze preisge-
onsort auf der WUK-Homepage.                  kohlen von Fleisch. Den anschließen-      geben wird. Kümmel, Majoran und
   Der Schwerpunkt der Unterstützung          den Verzehr von außen schwarz und         Rosmarin machen das Ganze auch gut
liegt vor allem im Erhalten und Fördern       innen rot zum wiederholt zu Tode ge-      verdaubar.
von alternativen, offenen Strukturen          grilltem Tier. Männer vermuten darin         Tatsächlich altes Wissen zeigt aber
und Freiräumen, in denen sich unab-           archaisches Wissen, das sie versuchen,    auch, dass eher selten gegrillt wurde
hängiges Engagement und Experiment,           wissenschaftlich zu belegen.              und das meiste Fleisch durch Einsal-
soziale und künstlerische Arbeit entfal-        Die entstehenden polyzyklischen         zen haltbar gemacht wurde. Essen
ten können.                                   aromatischen Kohlenwasserstoffe wie       wurde damals wohl auch nicht im Su-
   Auf der Basis dieser Grundausstattung      Benzopyren gelten als krebserregend.      permarkt gekauft. Und Feuer diente
verfolgen die Gruppen eigenständig ihre       Wieso finden wir keine zigaretten-        einem überlebenswichtigen Zweck,
sozialen, kreativen oder politischen          packungsähnlichen Warnungen auf           keinen romantischen Vorstellungen.
Ziele. Mit selbständig aufgebrachten          Fleischverpackungen? Viele regen sich        Heute muss alles flott gehen, das
Mitteln werden MigrantInnen beraten,          über Geruchsbelästigungen in Hinter-      Grillen geht aber nicht flott. Also viel-
Kinder und Jugendliche betreut und            höfen auf, um dann bierflaschenhal-       leicht ein Hohelied auf die Langsam-
unterrichtet, SeniorInnenarbeit geleistet,    tend unter Österreichfahnen ein Ho-       keit singen? Oder doch auf den vege-
Selbsthilfegruppen betrieben oder inter-      helied auf die Beherrschung des Feuers    tarischen alles relativierende Nudelsa-
kulturelle Vielfalt gepflegt.                 zu singen. Genug gescherzt!               lat, für Caniden durchaus auch mit
                                                Wer auf Kohle, Öl und Fett verzich-     Extrawurst. Archaisch? Gute Unter-
Kämpfe gestern und heute                      tet, kann dem Fleisch viel abgewin-       haltung beim Selchen wünscht
Wer sich für die Geschichte und Ent-          nen. Tatsächlich altes Wissen zeigt,         Der Köchin
wicklung alternativer Ideen und An-

WUK-INFO-INTERN 3/12 Juni                                                                                                           9
geschichte

                                                                                          entdeckten Architekturstudenten aus

Von der Arena                                                                             der Klasse Peichl die bereits vorliegen-
                                                                                          den Abrisspläne des Auslandschlachtho-
                                                                                          fes von St. Marx. Sie (unter ihnen der

zum WUK
                                                                                          heutige Leiter des Wiener Architektur-
                                                                                          zentrums Dietmar Steiner) verteilten
                                                                                          Flugblätter mit der Forderung „Der
                                                                                          Schlachthof darf nicht sterben“.
                                                                                            Am 27. Juni 1976 war der letzte Ver-
Von Anton Mantler                                                                         anstaltungstag. Das Publikum des Musi-
                                                                                          cals „Schabernack“ wurde zum Bleiben
                                                                                          aufgefordert. Am gleichen Tag war das

E
        rstens als Nachtrag zu den Jubiläums-Beiträgen im Oktober                         Fest gegen die Schleifung des
        („Das WUK wird 30 – i werd deppert“ oder so ähnlich) und                          Naschmarktes angesetzt. Die dort auf-
        zweitens, weil es so schön zur Ausstellung im Wien Museum passt                   tretenden Gruppen „Schmetterlinge“
(siehe Seite 8), drucken wir hier die gekürzte Fassung eines Vortrags von                 und „Keif“ riefen ihr Publikum zur
Dr. Anton Mantler (ehem. Theaterreferent der WienBibliothek im Rat-                       Übersiedlung in die Arena auf. Um
haus) ab, den er im Juni 2002 vor dem Wiener Geschichtsverein gehalten                    22:00 Uhr etwa hatten sich gegen 1300
hat. Thema: „25 Jahre Wiener Geschichte der Kulturalternativen“ (red)                     Jugendliche in der Arena versammelt.
                                                                                          Die Veranstalter alarmierten die Polizei.
                                                                                          Die große Theaterhalle wurde abgerie-

D
         ie internationale StudentInnen-     Besuch Nixons in Salzburg. Kreisky ließ      gelt. Vor der Halle auf der Wiese fand
         bewegungen und -revolten von        den DemonstrantInnen viele Freiheiten,       unter der Leitung von Willi Resetarits
         1968 sowie das legendäre            was auf eine gefestigte Position hinweist.   eine Diskussion statt. Unterschriftlisten
Woodstock-Festival mit der Order von         Unter den Demonstranten war auch Pe-         wurden vorbereitet. Die Versammelten
Love and Peace können als Auslöser der       ter Kreisky, der Sohn des Kanzlers.          verschafften sich trotz Polizei Zugang
Arena-Bewegung angenommen werden.               Manfred Deix und Gottfried Heln-          zur Veranstaltungshalle. Der Intendant
Der Theaterwissenschaftler Erich Gindl       wein erregten mit ihren Bildern 1972         Ulrich Baumgartner lehnte Gewaltan-
dazu: „Das Jahr 1968 mit seinen inter-       und 1973 erstmals die Gemüter. 1974          wendung ab. Die Polizei, die sich dar-
nationalen Studentenrevolten machte          wurden die ersten Folgen von Hinter-         aufhin zurückgezogen hatte, blieb im
vor Österreich nicht halt. Man darf je-      bergers „Ein echter Wiener geht nicht        Hintergrund. Die Rettungsaktion ging
doch nicht verschweigen, dass der Ge-        unter“ ausgestrahlt. 1976 ermittelte         in eine Besetzung über, die bis in den
nerationskonflikt wohl nirgends in Eu-       zum ersten Mal ein gewisser Kottan im        Herbst hinein andauerte.
ropa so gut zugedeckt blieb wie in           Fernsehen. 1978 wurde mit einer Volks-         Zwei Bürgerinitiativen – eine zur Ret-
Österreich.“                                 abstimmung gegen die friedliche Nut-         tung des Naschmarktes, die andere zur
  Und Gindl an anderer Stelle: „Die          zung der Atomkraft in Österreich ge-         Rettung des Spittelbergs – brachten eine
Kultur, welche seit 1955 hauptsächlich       stimmt. 1984 gab die Au-Besetzung bei        gewisse Trendwende in der Stadtpolitik.
Repräsentationscharakter hatte, konnte       Hainburg im Weiteren den Impuls für          Das Musical „Schabernack“ von der
sich den geänderten Anforderungen            eine Grün-Partei in Österreich. 1986         Gruppe „Misthaufen“ spielte übrigens
nicht mehr anpassen. Daher brachen           wurde Kurt Waldheim Bundespräsident,         auf die lokalpolitischen Begebenheiten
viele Kulturschaffende mit traditionellen    gleichzeitig bekam Jörg Haider zuse-         an: So sollte der Naschmarkt einer Au-
Begriffen von Kunst und Kultur. Kunst        hends politische Bedeutung.                  tobahn geopfert werden. Ein Kompro-
und Arbeit sollten eine Symbiose einge-         Aber wieder zurück ins Jahr 1976. Die     miss im Gemeinderat rettete den
hen, sich gegenseitig befruchten.“           Stimmung dieses Jahres fing wohl Wolf-       Naschmarkt in jener Form, wie er heute
  1968 sah man im Fernsehen „Der gol-        gang Ambros sehr treffend mit dem            noch besteht. Der Großmarkt wurde
dene Schuss“ mit Vico Torriani und „Ei-      Song „Hoiba zwöfe“ ein:                      nach Inzersdorf verlegt.
ner wird gewinnen“ mit Hans Joachim             „Hoiba zwöfe, da Wirt macht an Bahö
Kulenkampff – noch in schwarz-weiß.          hoiba zwöfe, mia solln endlich geh.          Betriebsansiedlungsgesellschaft
Farbfernsehen kam ein Jahr später. 1968      Hoiba zwöfe, die Stimmung is dahin,          Aber zurück zur Arena. Die Besetzung
war auch das Jahr, in dem Günter Brus        weu um hoiba zwöfe is finsta in mein         und die Veranstaltungen gingen weiter.
von den Wiener Aktionisten in einem          Wien.“                                       Sogar Leonard Cohen trat in der Arena
Uni-Hörsaal die Bundeshymne sang,                                                         auf; von der heimischen Prominenz
während er onanierte und sich mit Kot        „Übersiedlung“ in die Arena                  Wolfgang Ambros, Georg Danzer, Peter
beschmierte. Er bekam dafür 6 Monate         Die Arena, eine Veranstaltungsreihe der      Turrini und viele andere. Das Ensemble
unbedingt.                                   Wiener Festwochen, gab es seit 1970.         des Kärtnertortheater gastierte mit
                                             Ulrich Baumgartner war deren Begrün-         Brechts „Die heilige Johanna der
Es ist finster in Wien                       der. Sie sollte dem vom Mainstream Ab-       Schlachthöfe“. Die „Kronen-Zeitung“,
1970 sang Marianne Mendt den viel-           weichenden bei den Festwochen eine           die (man staunt) der Arena-Bewegung
leicht ersten Austro-Pop-Song „Wia a         Plattform geben. 1975 machte man             positiv gegenüberstand, schlug als Al-
Glockn“. 1971 folgte dann Wolfgang           erstmals den Auslandsschlachthof von         ternativgelände das Simmeringer Neu-
Ambros‘ Song „Da Hofa“. 1972 war der         St. Marx zum Veranstaltungsort. 1976         gebäude vor. Eine weitere Alternativva-

10                                                                                            WUK-INFO-INTERN 3/12 Juni
geschichte

                                                                                      1983 auch ein Anstoß-Stein
                                                                                      Foto: Christian Schreibmüller

                                                                                      Flugblatt zur Demo, 1981
                                                                                      Foto: Wien Museum

riante war eine Lederfabrik in Meid-       gründete Wohngemeinschaften, da-
ling. In der „Zeit im Bild 2“ fand zur     mit die gefährdeten Jugendlichen
Arena eine große Diskussion statt. Eine    sich wieder in der Gesellschaft stabi-
IFES-Befragung im Juli 1976 ergab,         lisieren konnten.
dass ein Viertel der WienerInnen mit
der Arena nichts zu tun haben wollte,      Gassergasse und Ägigi/Spalo
knapp die Hälfte wünschte sich einen       Ein Jahr nach Abbruch des Ausland-
Kompromiss.                                schlachthofes wurde im Inlands-
  Die damalige Kulturstadträtin Ger-       schlachthof die neue Arena weiterge-
trude Fröhlich-Sandner wollte „jungen      führt. Das ursprüngliche Modell hat
Menschen die Chance geben, sich selbst     man aber nicht weiterbeleben können.
zu verwirklichen“. Andererseits wollte     1981 gelang es einer Initiativgruppe,
und konnte man von Seite der Stadtver-     den Inlandsschlachthof für Jugendliche       Eine Zwitterstellung zwischen alterna-
waltung aus bestehenden Verträgen          wieder interessant zu machen. Recht viel   tivem Kommunikationszentrum und
nicht aussteigen. Da gab es Verträge mit   mehr als ein Veranstaltungsangebot ist     etablierter Einrichtung nahm und
einem späteren Modecenter und einer        dabei nicht herausgekommen.                nimmt das Amerlinghaus ein. Das
Tiefkühlfirma. Als besondere Ironie der      In der Gassergasse – einige Arena-       schon dem Verfall preisgegebene Ba-
Geschichte darf angesehen werden, dass     Leute fanden hier ein Dach über dem        rockhaus wurde aufgrund der Initiative
im 3. Bezirk vom SPÖ-Abgeordneten          Kopf – wurde die ursprüngliche Arena       junger Leute aus der unmittelbaren
Dr. Heindl gegen die Arena Stimmung        fortgesetzt. Unter anderem gab es dort     Nachbarschaft von der Gemeinde re-
gemacht wurde. Man befürchtete, dass       eine Fahrradgruppe und eine alternative    stauriert. Sieben hauptberuflich tätige
Schaufenster in Schöps-Filialen einge-     Schule. Die alternative Schule gibt es     Kulturarbeiter, von der Stadt Wien be-
schlagen würden und „Madln an die          übrigens bis heute, allerdings mit der     zahlt, führen das Haus.
Wand gestellt wern“. Die Genossen wa-      Adresse Hofmühlgasse.
ren überzeugt, wilde Arena-Horden ter-       1983 besetzten ehemalige Gassergasse-    WUK-Herbergssuche
rorisierten das gemütliche Wien.           BewohnerInnen das Haus Ecke                Erstmals im Februar 1979 trat der „Ver-
  Am 22. September 1976 wurde der          Ägidi-/Spalowskigasse. Massive Anrainer-   ein zur Schaffung offener Kultur- und
71.927 Quadratmeter umfassende Aus-        und sonstige Proteste bereiteten dieser    Werkstättenhäuser“ (WUK) öffentlich
landschlachthof an die WIBAG - Wie-        lautstarken, autonomen Form von Kom-       in Erscheinung. Aktionen wie ein Park-
ner Betriebsansiedlungsgesellschaft        mune 1988 ein Ende.                        fest in unmittelbarer Nähe des TGM
endgültig verkauft. Der Auslands-            1988 gründeten Ägidi/Spalo-Leute         oder „Herbergssuche“-Aktionen an ver-
schlachthof wurde somit zum Abbruch        das „Flex“ in der Arndtstraße. 1993        schieden Orten in Wien folgten. Im
freigegeben, Strom und Wasser wurden       wurden sie von dort vertrieben. 1994       Konzhept des WUK ging man von An-
Anfang Oktober abgedreht. Die Beset-       fanden sie einen geeigneten Veranstal-     fang an von den Bedürfnissen „heimat-
zung war ab diesem Zeitpunkt illegal.      tungsort am Donaukanal. Ein Standort,      loser Gruppen“ aus. Zu diesem Zeit-
Caspar Einem, zunächst im Arena-Pu-        der bis heute besteht und im Bereich       punkt waren es bereits 37 Gruppen, die
blikum, bemühte sich nach der Auflö-       der Jugendkultur nicht mehr wegzuden-      eine Bleibe suchten. In erster Linie sollte
sung der Arena um Randgruppen,             ken ist.                                   zunächst die umliegend ansässige Bevöl-

WUK-INFO-INTERN 3/12 Juni                                                                                                     11
geschichte

kerung aktiviert und in soziale Stadtteil-   den. Anderseits soll durch freie Zu-       einen relativ konventionellen Integra-
arbeit und Gemeinschaftsaufgaben ein-        gänglichkeit der Werkstätten für die       tionsprozess beschreibt. Bei den einzel-
bezogen werden.                              Bevölkerung dieser Region die Mög-         nen Gruppen ist das schon anders. Bei-
  Das in der Währinger Straße inner-         lichkeit eröffnet werden, am Schaffen      spielsweise die Ausländergruppen: Das
halb des Gürtels leerstehende TGM bot        teilzunehmen und damit die Schranken       sind Menschen im Exil und daher aus-
sich als Raum an. Pläne wie die Errich-      zwischen Kulturproduzenten und Kon-        gesprochene Subkultur. Nicht im Sinne
tung einer Schulungsstätte für General       sumenten abzubauen. Erwiesener-            einer Gegenkultur wie Punks und Häu-
Motors oder eines Versuchslabors konn-       maßen fehlt es an Kulturstätten, die       serbesetzer. Aber auf Grund ihrer objek-
ten vereitelt werden. Im Frühjahr 1981       eine Alltagskultur als Lebenspraxis för-   tiven Stellung in der Gesellschaft stehen
kam es über Sympathiekundgebungen            dern und soziale Modelle erproben,         sie mit einem oder mit beiden Füßen
des Bundes und der Stadt hinaus zu           welche gemeinschaftsbezogenes Verhal-      draußen und haben sicherlich eine ganz
konkreten Plänen für ein alternatives        ten unterstützen. In einem offenen         eigene Dynamik der Meinungsbildung
Kulturzentrum in der Währinger               Kultur- und Werkstättenhaus sieht der      und politischen Kultur. Dasselbe gilt
Straße.                                      Verein eine Möglichkeit, diesen Man-       auch für Alternativschulen oder den
  Im Juni 1981 erhielten die Vertreter       gel weitgehend zu beheben und im           Frauenturm.“
des WUK den Schlüssel für das Haus.          TGM einen solchen Modellfall zu               Hermann Hendrich befindet: „Das
Mit einem großen Fest wurde im Okto-         schaffen.“                                 WUK ist für die meisten Leute doch
ber 1981 das WUK offiziell eröffnet.                                                    eine Art Anfangs- oder Durchgangssta-
Noch gab es sehr viel Arbeit. In mühe-       Statements nach 10 Jahren                  tion. Der Erfolg liegt eher bei einzelnen
voller Kleinarbeit musste Raum für           1991, anlässlich des 10-jährigen Beste-    Initiativen als beim Ganzen. Dennoch
Raum adaptiert werden. Die Selbstver-        hens, diskutierten WUK-GründerInnen        könnte hier ein konkreter Prozess aller
waltung war von Beginn an und ist bis        und BenützerInnen über den Sinn und        Teilnehmenden stattfinden, nämlich et-
heute bestimmend für die im WUK              die Entwicklung des Kulturzentrums.        was zu lernen und sich von gewissen
stattfindenden Aktivitäten. Im Gegen-        Dazu einige Stellungnahmen:                Zwangsvorstellungen zu emanzipieren,
satz zur Arena war und ist bis heute das       Josef Wais: „Ich glaube, dass das        die man mit sich herumträgt.“
WUK auf Vereinsbasis aufgebaut.              WUK nie eine subkulturelle Basis ge-          Daraufhin nochmals Julius Mende:
  Etwas über die Gründungsabsichten          habt hat, weil es durchaus von im nor-     „Als linkes, gegenkulturelles Projekt ist
des WUK sagt ein Brief aus einem pri-        malbürgerlichen Leben stehenden Men-       das WUK für mich gescheitert. Ande-
vaten WUK-Archiv aus. Der Brief ist          schen ideell geboren und in Besitz ge-     rerseits gibt es sehr wohl bemerkenswerte
mit den Unterschriften von Helmut            nommen wurde – und weil hier Dinge         Einzelinitiativen: Greenpeace hatten
Fielhauer, Walter Hnat und Christine         verwirklicht wurden, die nicht subkul-     hier ihr erstes Büro, ebenso das Ökolo-
Leinfellner versehen. Sie waren die Per-     turell waren, sondern für die es ganz      gie-Institut oder die Ausländerberatung.
sonen der ersten Stunden des WUK.            einfach einen finanziellen, behördlichen   Die Galerie, die Fotogalerie und die
Wörtlich heiß es dort unter anderem:         oder sonstigen Mangel in dieser Stadt      Veranstaltungen zeigen doch, dass eini-
„Deshalb möchte dieser Verein im             gegeben hat. Als die Subkultur einge-      ges passiert.“
TGM alternative Kultur- und Sozialar-        brochen ist, gab es sofort Schwierigkei-      Zusammenfassend resümiert schließ-
beit mit einer Vielfalt von Aktivitäten      ten. Nach der Schleifung der Gasser-       lich nochmals Hermann Hendrich: „Ich
und Veranstaltungen unbürokratisch           gasse kamen Leute aus der – wie ich        meine, es ging um ein letztes Aufwallen
verbinden. Damit soll einerseits jenen       glaube – tatsächlichen Subkultur herein,   der Hoffnung von Leuten, die aus der
sozial und kulturell initiativen Grup-       was bis zu handgreiflichen Konflikten      68er-Bewegung kamen und im Weiter-
pen eine Chance gegeben werden, die          führte.“                                   ziehen dieser Bewegung das WUK
ansonsten häufig mangels geeigneter            Julius Mende entgegnete: „Auf der all-   gründeten.“
Räumlichkeiten wieder zerfallen oder         gemeinen Ebene stimme ich Josef Wais
in ein Schattendasein abgedrängt wer-        vielleicht zu, der das gesamte WUK als

 Frühlingserwachen bei WUK bio.pflanzen
       risch herausgeputzt empfing           berg, die Gänserndorfer Stadträtin         Hackenberg sprach über die arbeits-

 F     WUK bio.pflanzen auch heuer
       wieder Interessierte am Tag der
 offenen Tür in der Novofermstraße in
                                             Christine Beck und WUK-Geschäfts-
                                             leiterin Ute Fragner.
                                                Lobende Worte der Ehrengäste: Bür-
                                                                                        marktpolitische Bedeutung von WUK
                                                                                        bio.pflanzen in der landwirtschaftlich
                                                                                        geprägten Region und unterstrich, dass
 Gänserndorf, um munter in die neue          germeister Robert Michl freut sich         das landschaftspflegerische und gärt-
 Pflanzsaison zu starten. Zu den Gä-         über die Präsenz von WUK                   nerische Arbeitsangebot gut mit den
 sten, die die soziale Landwirtschaft am     bio.pflanzen in Gänserndorf: „Leise        Bedürfnissen vieler arbeitssuchender
 21. April besuchten, zählten unter an-      und wirkungsvoll arbeitet WUK              Menschen übereinstimme.
 derem der Gänserndorfer Bürgermei-          bio.pflanzen und ermuntert Menschen          Andreas Konecny
 ster Robert Michl BA, die Leiterin des      in schwierigen Situationen, wieder Be-
 AMS Gänserndorf Waltraud Hacken-            schäftigung anzustreben …“. Waltraud

12                                                                                           WUK-INFO-INTERN 3/12 Juni
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