VAA Magazin Effizient elektrisch - Technologien für Batterien: Position für Lebensphasen: Flexibel erfolgreich

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VAA Magazin Effizient elektrisch - Technologien für Batterien: Position für Lebensphasen: Flexibel erfolgreich
Oktober 2019

VAA Magazin
Zeitschrift für Führungskräfte in der Chemie

Technologien für Batterien:

Effizient
elektrisch
Position für Lebensphasen:
Flexibel erfolgreich
VAA Magazin Effizient elektrisch - Technologien für Batterien: Position für Lebensphasen: Flexibel erfolgreich
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VAA Magazin Effizient elektrisch - Technologien für Batterien: Position für Lebensphasen: Flexibel erfolgreich
Editorial

Gutes Klima für Chancen
Bereits seit Monaten hat sich die Fridays-for-Future-Bewegung mit ih-
ren mittlerweile weltweiten Demonstrationen einen festen Platz in den
Nachrichten erarbeitet. Und die Schüler und Studenten denken gar nicht
daran, aus den Schlagzeilen zu verschwinden. Im Gegenteil: Auf dem
UN-Klimagipfel Ende September in New York hat die Gallionsfigur der
jungen Klimaschützer Greta Thunberg das ihr gebotene Podium effek-
tiv zu nutzen vermocht und der versammelten Politprominenz einmal

                                                                                                                   Foto: VAA
mehr medientauglich ins Gewissen geredet. Gewiss lässt sich über Gre-
ta streiten, ob über ihre Treibhausgasbilanz bei der Anreise zu hoher
See, ihre exzellenten PR-Berater oder auch den Nutzen von Schulstreiks
an sich. Aber die junge Aktivistin hat der Welt einmal mehr die Dring-
lichkeit vor Augen geführt, mit der die Herausforderungen des Klimawandels angegangen werden müssen.

Durch große Reden allein lässt sich die Klimakrise allerdings nicht lösen. Vielmehr erfordert effektiver Klima-
schutz eine Menge großer und kleiner Maßnahmen von allen gesellschaftlichen Akteuren – angefangen vom
einzelnen Verbraucher über kleine und große Unternehmen bis zu einer global abgestimmten Politik. Je größer
der Adressatenkreis, desto schwieriger das Gelingen. Deshalb ist es zu begrüßen, dass sich die Große Koalition
Ende September endlich auf ein – mehr oder weniger – konkretes Klimapaket geeinigt hat. Nicht zuletzt die
Ausweitung des Handels mit CO2-Zertifikaten auf bislang vom EU-Emissionshandel ausgenommene Branchen
ist absolut sinnvoll. Wichtig ist hierbei jedoch, dass bereits teilnehmende Unternehmen aus der Chemieindust-
rie nicht doppelt belastet werden und ihre Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet bleibt. Beim Drehen der zahlrei-
chen Stellschrauben kommt es am Ende immer auf das richtige Zusammenspiel von Ökologie, Ökonomie und
sozialer Gerechtigkeit an.

Um im Wettbewerb der Ideen zu bestehen, sollen laut Klimapaket der Bundesregierung klimafreundliche In-
novationen und Technologien gefördert werden. In der Tat sind enorme Investitionen nötig, damit der Indust-
riestandort Deutschland ein Hort der Innovationen und der Zukunftstechnologien bleibt. Doch Grund zur
Schwarzmalerei angesichts des Krisenklimas gibt es nicht: Im Bereich der Forschung und Entwicklung gehört
Deutschland global nach wie vor zu den besten Adressen. Wie viel hierzulande schon passiert, zeigt das Spezi-
al auf den Seiten acht bis 15, in dem es um innovative Batterietechnologien geht. Neben einem Start-up aus
Bonn, dessen Feststoffbatterie eine rund 50 Prozent bessere Umweltbilanz gegenüber herkömmlichen Lithium-
Ionen-Batterien anpeilt, wird auch der Beitrag etablierter Chemieunternehmen zur Verbesserung der Ressour-
ceneffizienz und der Performance bestehender Batteriesysteme gezeigt.

Batteriezellen selbst werden zurzeit vorwiegend in Asien gefertigt. Das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben,
weil die Industrie dort näher an der Nachfrage ist. In Ländern wie China gibt es eine höhere Bereitschaft, neue
Technologien einfach auszuprobieren und schneller zu skalieren. Unabhängig davon bleibt in Europa eine gro-
ße Innovationskompetenz für künftige Batterietechnologien langfristig erhalten. Um diese Kompetenz auszu-
bauen, eröffnet das gegenwärtige Klima im Krisenmodus sehr gute Chancen. Diese muss man nur erkennen
und am Schopfe packen.

Rainer Nachtrab
1. Vorsitzender des VAA

                                                                                       VAA MAGAZIN OKTOBER 2019                3
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Inhalt

VAA
MAGAZIN
–
Oktober
2019

Chemie
im Bild                           VAA                                         Meldungen
06       Batteriewelt in Zahlen                                               23   Digitalethik,
                                                                                   Strategiewerkzeug,
                                                                                   Humanbiomonitoring

Spezial                                                                       24   Siliziumcarbid,
                                                                                   VAA-Broschüre,
                                                                                   Auslandsforschung,
                                                                                   Frankfurter Jobbörse

08       Zukunft der Batterie     16       Mitbestimmung:                     25   Nanovulkan,
                                           Sprecherausschusskonferenz              WoMen-Netzwerk,
                                           in Nürnberg                             Zukunftskühlung,
                                                                                   NRW-Fest
                                  18	VAA-Positionen:
                                      Arbeitsorientierung an Lebensphasen     26   3-D-Zellgefäße,
                                                                                   Werksgruppennachrichten,
                                  20	Kooperationen:                               Methanolmessgerät,
                                      Stefan Müller bietet Karriereberatung        Deutscher Zukunftspreis

                                  Branche
                                  22       Personalia aus der Chemie

4    VAA MAGAZIN OKTOBER 2019
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Inhalt

ULA
Nachrichten
27	ULA Intern:
                                           Recht
    Positionspapier zur Digitalisierung

                                           36   Arbeitszeit:
                                                Was gilt bei Aufzeichnungspflicht
                                                und Reisezeit?

                                           40   Erben und Vererben:
                                                Eigenheim dank Pflegeverpflichtung?

29	Kommentar, Europa
                                           41   VAA-Praxistipp:
                                                Kümmern lohnt sich
                                                                                      Lehmanns
30	Politik:
    Keine Gnade für den Soli               42   Interview mit Stefan Ladeburg:        Destillat
                                                Bewerbung in der Schwangerschaft
31	Altersvorsorge:
    Mehr Kapital für Mitarbeiter           44   Urteil:
                                                Klarheit bei Schwellenwert            49       Satirische Kolumne:
32	Pro und kontra:                             für Aufsichtsrat                               Solizuschlag und kein Ende
    Welcher Weg führt zum Klimaziel?

33	Management:

34
    Gastbeitrag von Prof. Boris Kaehler

         Führungskräfte Institut:          Studium                                    Vermischtes
         Aktuelle Seminare

34       VK vergibt Ehrennadel                                                        50       ChemieGeschichte(n):
                                           46   Tipps zum Berufseinstieg:                      Ein Telegramm geht auf Reisen
                                                Hochschulveranstaltung in Hamburg
                                                                                      51       Glückwünsche

Wirtschaft                                                                            52       Sudoku, Kreuzworträtsel

in Zahlen                                  60plus                                     54       Personalia, Feedback,
                                                                                               Termine, Vorschau, Impressum

35       Einkommen in Deutschland:         48   VAA-Pensionärsreise 2019:             Coverfoto: Peshkova – Shutterstock
         Diskrepanz bei Eigenwahrnehmung        Begeisterung in Weimar                Montage: Elena Zolototrubova – VAA

                                                                                            VAA MAGAZIN OKTOBER 2019           5
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Chemie im Bild

                                                              Als
                                                         5. Generation
                                                           der technologischen Entwicklung bei Batteriesystemen
                                                              bezeichnet die High Performance Battery Techno-
                                                              logy GmbH ihre aktuelle Entwicklung des Feststoff-
                                                                   akkus. Die Vorläufergenerationen waren
                                                                    Batteriesysteme aus Bleisäure (1880),
                                                                       Nickel-Cadmium (1900), Nickel-
                                                                              Metallhydrid (1980) und
                                                                               Lithium-Ionen (1990).

             LiTi2(PS4)3
            lautet die Summenformel eines neuen Ionenleiters
             mit ungewöhnlicher Kristallstruktur auf Basis von
             Lithium-Titanthiophosphat. In diesem Ionenleiter
                hat ein internationales Forscherteam unter
                  Beteiligung der TU Graz einen neuen
                Festelektrolyten für Batterien präsentiert.
                     Dieser Elektrolyt zeigt einen der
                       schnellsten, je gemessenen
                          Lithium-Wanderungs-
                                prozesse.

                                             150 Meter
                                             pro Minute
                                               können mit einem am Karlsruher Institut für
                                               Technologie (KIT) entwickelten Elektroden-
                                               beschichtungsverfahren für Lithium-Ionen-
                                                 Batterien erreicht werden. Es gilt damit
                                                  als schnellstes Produktionsverfahren.
                                                         Bislang waren Hersteller auf
                                                         Geschwindigkeiten von etwa
                                                         30 bis 40 Meter pro Minute
                                                                  begrenzt.

Foto: Artem Egorov – iStock

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Chemie im Bild

4,7 Millionen
    Euro
Fördermittel erhält das von der EU geförderte Projekt
„Recycling von Lithium-Ionen-Batterien für Elektro-
 fahrzeuge“ (ReLieVe) über die nächsten zwei Jahre.
   Zu den Projektmitgliedern gehören Eramet, die
    BASF und SUEZ. Ziel ist es, ein innovatives
   geschlossenes Kreislaufsystem zu entwickeln,
     um bis 2027 rund 50.000 Tonnen Lithium-
       Ionen-Batterien in Europa zu recyceln.
          Bis 2035 soll die Recyclingmenge
             auf das Zehnfache steigen.

        20.700
      Ladepunkte
       stehen der öffentlichen Ladeinfrastruktur derzeit für
      über 430.000 Elektroautos zu Verfügung, halb so viele
       sind derzeit beim Kraftfahrt-Bundesamt gemeldet.
       Bereits heute könnten die Stromnetze 13 Millionen
             Elektroautos versorgen. Das entspricht
            aktuell 30 Prozent des deutschen PKW-
                   Bestandes in Deutschland.

                                                                           7
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Spezial

Foto: Illus man – Shutterstock

8    VAA MAGAZIN OKTOBER 2019
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Spezial

ZUKUNFT DER BATTERIETECHNOLOGIE

Geladen und
gesichert
Von Timur Slapke

Gerade für energieintensive Branchen wie die Chemie steht die Netz- und Energiesicherheit im Zuge der Energiewende und
des Kohleausstiegs im Vordergrund. Heutzutage können Batterien diese Pufferspeicherkapazitäten noch nicht
wirtschaftlich attraktiv leisten – ein großes Potenzial für moderne Batterietechnologien. Zurzeit liegt der Schwerpunkt der
weltweiten Forschung und Entwicklung im Batteriebereich noch in der Optimierung bestehender Lithium-Ionen-
Batteriesysteme mit organischen Elektrolyten. An der Verbesserung der Performance beteiligt sind natürlich auch
Unternehmen aus der Chemieindustrie. Parallel dazu stehen einige Wissenschaftler bereits kurz davor, die nächste
Generation der Batterietechnologie mit einem anorganischen Festionenleiter zu erreichen und auf den Markt zu bringen.

In der Bonner Südstadt reiht sich eine         Schon 1986 hat sich Günther Hambitzer      Im Gegensatz zu etablierten Lithium-Ionen-
Gründerzeitvilla an die nächste, umgeben       für die Batteriechemie und insbesondere    Batterien kommen Feststoffbatteriezellen,
von Kneipen, Restaurants und Studenten-        die Alterung von Batterien interessiert    die als nächste, fünfte Generation der Batte-
cafés. Im Herzen der Bundesstadt lässt es      – zunächst als Wissenschaftler, später     rietechnologie gelten, ohne brennbare Flüs-
sich leben. Hier spricht Prof. Günther Ham-    auch als Unternehmer. Nach seinem Stu-     sigelektrolyte aus. Dadurch haben sie eine
bitzer über die Batterie von morgen: die Li-   dium in Bonn hat Hambitzer in Physika-     höhere Energiedichte bei deutlich kürzeren
thium-Ionen-Feststoffbatterie. „Der Leit-      lischer Chemie an der Universität Wit-     Ladezeiten und sind trotzdem deutlich siche-
gedanke hinter unserer Batterie ist, das Al-   ten/Herdecke promoviert, habilitiert und   rer. Weltweit wird viel daran geforscht. So
terungsproblem der Lithium-Ionen-Batterie      die Forschungsgruppe Batterie geleitet.    haben Forscher der TU Graz, der TU Mün-
an der chemischen Wurzel zu lösen“, er-        Nach mehreren Jahren am Fraunhofer-        chen und der belgischen Université Catho-
klärt Hambitzer. 2010 ist es Hambitzer erst-   Institut für Chemische Technologie in      lique de Louvain erst im Sommer 2019 einen
mals gelungen, eine Batterie zu bauen, die     Pfinztal war Günther Hambitzer zu-         neuen Festelektrolyten für Batterien präsen-
trotz einer Kapazitätsabnahme über die ge-     nächst Geschäftsführer mehrerer Batte-     tiert, der einen der schnellsten je gemessenen
samte Lebensdauer hinweg einen praktisch       riefirmen, ehe er 2015 die Verantwor-      Lithium-Wanderungsprozesse in einem Li-
konstanten Innenwiderstand gezeigt hat.        tung für das Start-up High Performance     thium-Ionenleiter zeigt.
„Damit wurde die bei Lithium-Ionen-Zel-        Battery Technology GmbH übernommen
len mit organischen Elektrolyten zwingen-      hat. Seit 2018 ist der Chemiker zugleich   Was unterscheidet High Performance Batte-
de Kopplung der Innenwiderstandszunah-         CEO der High Performance Battery Hol-      ry von diesen Projekten? „Bei uns ist der
me an die Kapazitätsabnahme aufgelöst.“        ding AG.                                   Feststoffakku das Ergebnis einer chemi- u

                                                                                                 VAA MAGAZIN OKTOBER 2019            9
VAA Magazin Effizient elektrisch - Technologien für Batterien: Position für Lebensphasen: Flexibel erfolgreich
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schen Reaktion in der Batteriezelle und nicht   Essener ist Energieversorgung der Zukunft        ten, sondern als Multi-Use-Anwendung.
etwa eine Kombination verschiedener Bau-        eines der herausragenden Themen, die man         Unsere Systeme können das schon jetzt.“
teile“, begründet Günther Hambitzer. „Unser     als Ingenieur angehen kann.
Ansatz soll eine ideale Anbindung zwischen                                                       Zwar sind alle sechs Batterieanlagen fast
Elektrolyt und Elektrode ermöglichen, was       Schon jetzt habe man eigentlich alles Not-       baugleich, sie werden aber bewusst unter-
zurzeit das größte Problem bei Feststoffak-     wendige für das Gelingen der Energiewende,       schiedlich betrieben. So konnte die STEAG
kus mit ihrer hohen Varianz in den Innenwi-     findet Lehmann. „Speicher sind essenziell,       ein umfangreiches Know-how erwerben, un-
derständen ist.“ Für Hambitzers Technologie-    um die notwendige Flexibilität und damit         ter anderem bei der Betriebseffizienz und
ziel gibt es mehrere Pfade, die man gehen       verbunden auch die erforderliche Versor-         Batteriealterung. „Wir optimieren dabei nicht
kann. Alle werden zurzeit systematisch eva-     gungssicherheit im Hinblick auf die Energie-     die Batteriezellen selbst, sondern die Auto-
luiert. „Unser ideal angestrebter Produkti-     wende garantieren zu können.“ Es sei not-        matisierungsfunktionen, also die Software,
onsweg orientiert sich an der bestehenden       wendig, einen Ausgleich der fluktuierenden       die den Anlagenbetrieb steuert“, berichtet
Lithium-Ionen-Produktion, damit die Um-         Einspeisung bereitstellen zu können, was un-     Lehmann. „Eines unserer Systeme verfügt
rüstkosten sich in Grenzen halten werden.“      ter anderem über Regelleistung passiert.         über eine sogenannte Schwarzstartfähig-
Zunächst möchten die Bonner Visionäre mit       „Früher wurde Regelleistung über Kraftwer-       keit.“ Wenn die Energieversorgung ausfällt,
den großen stationären Anwendungen für          ke bereitgestellt, aber Batteriespeicher spie-   kann eine Gasturbine über den Batteriespei-
Netzpuffer- und Energiespeicher starten:        len eine immer wichtigere Rolle.“                cher gestartet und anschließend für das An-
„Weil dort der Bedarf extrem hoch ist und die                                                    fahren eines Kraftwerksblocks eingesetzt
Vorteile der Batterie am deutlichsten ausge-    Durch die Anwendung in der Primärregel-          werden. „Netzwiederaufbau lässt sich mit
spielt werden können.“                          leistung müssen die Batteriesysteme mög-         unseren Speichern also auch realisieren.“
                                                lichst konstant im mittleren Ladungsbereich
Energiewende braucht Speicher                   um die 50 Prozent gehalten werden. „Das          Problematisch für die STEAG sind allerdings
                                                kann man übrigens auch auf den privaten An-      die regulatorischen Rahmenbedingungen
Energiespeicher gehören zu den zentralen        wendungsbereich bei Kleingeräten wie etwa        durch die Übertragungsnetzbetreiber. Spei-
Bausteinen für die Energieversorgung der        dem Smartphone übertragen“, gibt Daniel          cherexperte Lehmann erläutert: „Als wir die
Zukunft. Genau damit beschäftigt sich auch      Lehmann einen nützlichen Tipp für Privat-        Speicher gebaut haben, galt das sogenannte
Dr. Daniel Lehmann von der STEAG Energy         verbraucher. „Eigentlich wäre es gut, wenn       30-Minuten-Kriterium. Das heißt: Die Bat-

„SPEICHER SIND ESSENZIELL, UM DIE NOTWENDIGE FLEXIBILITÄT UND DAMIT
VERBUNDEN AUCH DIE ERFORDERLICHE VERSORGUNGSSICHERHEIT IM HINBLICK
AUF DIE ENERGIEWENDE GARANTIEREN ZU KÖNNEN.“

Dr. Daniel Lehmann, Leiter der Leittechnik bei der STEAG Energy Services GmbH in Essen.

Services GmbH. Die STEAG ist ein Ener-          unser Smartphone auch immer im mittleren         terie muss im Normalbetrieb zu jeder Zeit die
gieerzeuger mit einem historisch gewachse-      Ladezustand zwischen 30 und 70 Prozent be-       volle präqualifizierte Regelleistung für 30
nen, breiten Portfolio an Energieerzeu-         trieben wird.“ Gleiches gelte für die Tempe-     Minuten in beide Richtung erbringen kön-
gungsanlagen – und zunehmend Speichern.         ratur: „Für uns angenehme Raumtemperatu-         nen.“ Vor Kurzem ist die Anforderung auf 15
Gerade der Aufbruch in die Energiewende         ren sind auch für die Batteriezellen ange-       Minuten reduziert worden. Das hat natürlich
war für Daniel Lehmann seinerzeit ein Trei-     nehm.“                                           Effekte auf Design, Kosten und künftige In-
ber, überhaupt als Ingenieur in den Energie-                                                     vestitionen. Die Lösung: Flexible Einsatz-
sektor einzusteigen. „Ich habe zwei kleine      Warum ist die Erbringung von Regelleis-          möglichkeiten für Batteriespeicher ermögli-
Kinder und mir liegt der Schutz des Klimas      tung für Lithium-Ionen-Batteriespeicher          chen eine schnellere Reaktion auf sich än-
natürlich am Herzen. Mit unserer Ingenieur-     interessant? „Weil der Energiedurchsatz          dernde Rahmenbedingungen, regulatorisch
kompetenz in Deutschland waren wir schon        überschaubar ist und die Leistungshübe           wie technologisch.
immer in einer Vorreiterrolle für globale       moderat sind“, antwortet Daniel Lehmann.
Entwicklungen.“ Der studierte Elektro- und      Mittlerweile kommt es auf diesem Markt           Technologisch verspricht gerade die Fest-
Informationstechniker hat sich auf den Be-      auf der Erlösseite aber zu deutlichen Sätti-     stoffbatterie viele interessante Anwendungs-
reich Regelungs- und Automatisierungs-          gungseffekten, weswegen man auch alter-          möglichkeiten. Mit den Bonner Kollegen von
technik spezialisiert und promoviert. Bei       native Ansätze der Speichernutzung               High Performance Battery hat auch Daniel
der STEAG in Essen leitet Lehmann die           braucht. „Die Erfahrung zeigt, dass Batte-       Lehmann bereits Projektideen skizziert und
Leittechnik und beschäftigt sich intensiv       rien und Speicher allgemein nie nur für eine     sogar einen gemeinsamen Forschungsantrag
mit Batteriespeichern. Für den gebürtigen       einzige Anwendung konzipiert werden soll-        gestellt. „Bei mir schwingt da neben einer

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positiven Erwartungshaltung natürlich im-
mer eine Portion gesunder Skepsis mit.“ Soll-
te es jedoch klappen wie geplant, wären Fest-
stoffbatterien den heutigen Lithium-Ionen-
Batterien in vielen Belangen deutlich überle-
gen, nicht zuletzt durch die enorme Verlän-
gerung der Lebensdauer.

Festionenleiter bremst Alterung

In herkömmlichen Lithium-Ionen-Systemen
liegt die Grundlage der Batteriealterung da-
rin, dass es an der negativen Elektrode zu der
Bildung einer sogenannten Deckschicht
kommt. Günther Hambitzer vom Bonner
Technologie-Start-up High Performance Bat-
tery klärt auf: „Diese Deckschicht wächst
umso schneller, je intensiver die Batterie ge-
nutzt wird. Die Deckschichtbildung ver-
braucht Kapazität und erhöht den Innenwi-
derstand – letzteres, weil die Ionen zusätzlich
durch die schlechter ionenleitende Deck-
schicht transportiert werden müssen.“

Hambitzers Team hat herausgefunden, dass
bei der Vorläufertechnologie zur Feststoff-
batterie mit einem flüssigen Elektrolyten ein
Umwandlungsprozess in der Batterie statt-
findet: Nach mehreren 10.000 Zyklen führt
dies zu einer fast konstanten Restkapazität
unter Umwandlung in eine neue Substanz.
„Von dieser Substanz haben wir schon 2011
im Rahmen einer von mir betreuten Disser-
tation einen Fingerabdruck genommen“, be-
richtet Hambitzer. „Nach 2015 konnten wir
schließlich die Substanz beschreiben und
selbst herstellen.“ Diese Substanz hat eine
sehr gute Ionenleitfähigkeit und bildet einen
Festionenleiter. „Die Nachweise hierzu ha-
ben wir im Wesentlichen am Zentrum für
BrennstoffzellenTechnik (ZBT) in Duisburg
und an der Eidgenössischen Materialprü-
fungsanstalt (Empa) in der Schweiz geführt.“

Der Weg vom Flüssigelektrolyten zum Fes-
tionenleiter ist ein mehrstufiger Prozess, der
durch Be- und Entladen initiiert wird. Zuerst
werden Salze gebildet, dann entsteht ein Re-
aktionspartner, der schließlich mit dem flüs-
sigen Elektrolyten den Festionenleiter bildet.
In den ersten circa 100 Lade- und Entladezy-
klen werden die Salze im Porenvolumen der
negativen Elektrode eingelagert. Mit Ende
der Einlagerung kommt es zu einer digitalen
Entscheidung, schildert Günther Hambitzer:
„Entweder werden weiterhin Lithium- u               Foto: Roman Zaiets – Shutterstock

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ionen über das Porenvolumen in das Graphit     ner quasikonstanten Kapazität unter weniger    stoffbatterien dagegen würden nahezu an-
eingelagert oder es kommt zur Lithium-Me-      Elektrolyteinsatz die Kapazität insgesamt im   wendungsunabhängig eine hohe Zyklenfes-
tall-Abscheidung auf der Anodenoberflä-        Vergleich zur Vorläufertechnologie verdop-     tigkeit vorweisen, also eine relativ geringe
che.“ Im Fall der Lithium-Metall-Abschei-      peln. „Wir sind gerade dabei, über ein Aus-    Alterung. Mit anwendungsunabhängig ist
dung kommt es zum Kurzschluss in der Zel-      wahlverfahren die richtige Methode zu er-      unter anderem das Verhältnis von Leistung
le und zum Öffnen der Berstscheibe. „Die       mitteln, um den Festionenleiter in die Poren   zu Kapazität gemeint, die sogenannte C-Ra-
Zelle bläst ab. Das Problem: Das Ganze ist     der Zellen zu bekommen.“ Auf dieser Basis      te. „Hier hat die Lithium-Ionen-Technologie
rein zufallsgesteuert.“                        können dann in einem mehrstufigen Verfah-      deutlich mehr Probleme.“ Die Feststoffbat-
                                               ren Prototypen mit einem langen Lebenszy-      terie hätte zudem den Vorteil, dass der Auf-
Was ist für Hambitzer die Lösung des Prob-     klus hergestellt werden.                       bau genauso modular wie bei bestehenden
lems? „Der Verzicht auf die Reaktionskette                                                    Systemen erfolgen und die gleiche Elektro-
samt Salzentstehung als Abfallprodukt. Wir     Grundsätzlich ist Batteriealterung sehr an-    nikumgebung genutzt werden kann.
  bringen den Festionenleiter direkt in die    wendungsspezifisch. „Wenn wir unsere
      Zelle ein.“ Damit könne man ein Abbla-   Großbatteriesysteme so betreiben würden        Optimierung durch Additive
          sen effektiv vermeiden und bei ei-   wie ein Smartphone, müssten wir die Anla-
                                               gen schon nach wenigen Jahren entsorgen“,      Um Batteriesysteme noch besser zu gestal-
                                               lacht Daniel Lehmann von der Steag. Fest-      ten, muss man manchmal bis in die Nanoe-
                                                                                              bene vordringen. Genau dies passiert im In-
                                                                                              dustriepark Wolfgang bei Evonik. Hier wer-
                                                                                              den weder Batteriezellen gebaut noch neue

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Ionenleiter erfunden, sondern Additive für    schen gefällter Kieselsäure und pyrogener       Aus Sicht von Frank Menzel ist diese Spei-
Batterieseparatoren und Elektroden entwi-     Kieselsäure, erläutert Dr. Guido Skudlarek,     chertechnologie mit Bleibatterien längst nicht
ckelt und maßgeschneidert. Diese Additive     der das Geschäft mit Spezialoxiden bei Evo-     tot. Einige interessante Entwicklungen haben
seien oftmals entscheidend für die Perfor-    nik leitet. Außerdem gibt es noch andere        vor allem in den letzten Jahren stattgefunden:
mance des Gesamtprodukts, hebt der Leiter     Metalloxide, die in einem ähnlichen Prozess     „Man kennt sie beispielsweise als Starterbat-
der Anwendungstechnik Spezial Oxide bei       hergestellt werden. „Am Ende reden wir im-      terie im Auto. Mit der Start-Stopp-Technolo-
Evonik Prof. Frank Menzel hervor. Mit sei-    mer über ein feines weißes Pulver, das in       gie kam auch eine einschneidende Verände-
nem Team betreut der Director Applied         nanostrukturierter Form vorliegt. Damit be-     rung bei der Batterie selbst: Mittlerweile
Technology Special Oxides die Entwickler      dienen wir viele verschiedene Industrien –      wird sie an jeder Ampel gefordert und muss
und Techniker bei den Kunden vor Ort und      unsere Kieselsäure und Oxide sind echte         nicht nur im Ladezustand zwischen 80 und
erklärt den optimalen Einsatz, um am Ende     Tausendsassa.“                                  100 Prozent betrieben werden, sondern fällt
das Optimum herauszubekommen. Der ge-                                                         plötzlich ab auf wenige Prozent.“ Diese Fä-
bürtige Wolfsburger hat nach dem Chemie-      Das Engagement von Evonik in der Batterie-      higkeit werde besonders bei der Elektromo-
studium bei einem Automobilzulieferer in      technologie kommt ursprünglich aus den alt-     bilität, aber auch in stationären Speichern für
der Fertigung und Entwicklung angefangen      bekannten, schweren Bleibatterien. Da gibt      regenerative Energien benötigt. Im Gegen-
und ist später zur chemischen Industrie ge-   es mehrere Anwendungsmöglichkeiten:             satz zur diskutierten Lithium-Ionen-Techno-
kommen. Seit knapp 20 Jahren arbeitet         „Beispielsweise wird gefällte Kieselsäure als   logie sind Bleibatterien zwar sehr günstig,
Menzel in Hanau-Wolfgang, erst in der For-    Hauptkomponente des Separators verwen-          aber auch groß und schwer.
schung, danach in der Anwendungstechnik.      det, um dort die notwendige Porosität zu ge-
                                              nerieren“, erklärt Skudlarek. „Man braucht      Vom Aufbau unterscheiden sich Lithium-
Woraus bestehen die Additive? Im Grund-       den Separator, damit Anode und Kathode          Ionen-Batterien von Bleibatterien. Lithi-
satz aus Kieselsäure und Metalloxiden. Man    voneinander getrennt sind. Trotzdem müssen      umionen sind kleiner als Bleiionen, wes-
unterscheidet zwischen der „nassen“ und       Ionen durch den Separator hindurchwandern,      wegen man kleinere Poren und dünnere
der „trockenen“ Technologie – also zwi-       um einen Elektronenfluss zu generieren.“        Membranen hat. Die verschiedenen u

   Damit der Umstieg auf eine regenerative Energieversorgung gelingt, braucht es genügend Speichermöglichkeiten für Strom und Energie.
            Dabei kommt es auf einen gesunden Speichermix und eine gute Koordination und Kombination verschiedener Technologien an.
                                                                                                          Foto: petrmalinak – Shutterstock

                                                                                                     VAA MAGAZIN OKTOBER 2019             13
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Foto: petrmalinak – Shutterstock

Arbeitsbedingungen der Akkus können          im anwendungstechnischen Labor.“ Kolle-      und Menzel immer kundenspezifisch,
recht drastische Anforderungen an das Ma-    ge Guido Skudlarek ergänzt: „Zum einen       welches Additiv zu welchem konkreten
terial haben. Wenn schnell geladen werden    optimieren wir unsere bestehenden Partikel   Kathodenaktivmaterial passt, um die best-
soll oder auch schnell sehr viel Leistung    und Partikelsysteme, indem Oberflächen       mögliche Performance herauszuholen.
abgefordert wird, kann sich der Akku stark   oder Mischverhältnisse verändert werden.
erwärmen. „Im Extremfall kann es so im       Zum anderen entwickeln wir neue Metall-      Eine optimale Performance und den baldi-
Inneren der Zelle richtig heiß werden und    oxide oder Metalloxidsysteme für bestehen-   gen Durchbruch mit der Feststoffbatterie
dann kann es auch zum Schrumpfen des         de Anwendungen.“                             erwartet man auch im Team von High Per-
Separators kommen“, geht Frank Menzel                                                     formance Battery in Bonn. Eine eigene
ins Detail. „Kommt es daraufhin zum di-      Heutzutage basieren die Additive weitest-    Produktion sei laut CEO Günther Hambit-
rekten Kontakt zwischen Kathode und          gehend auf Aluminiumoxid und Titandi-        zer aktuell nicht geplant. „Vielmehr streben
Anode, kann es sogar zur Zersetzung der      oxid. „Unsere Technologie ermöglicht al-     wir ein Lizenzmodell an, das offen für ver-
Elektrolyte kommen und die Batterie kann     lerdings auch die Herstellung anderer        schiedene Anwendungen, Technologien
explodieren. Hier liefern unsere Additive    Oxidsysteme“, so der studierte Wirt-         und Hersteller ist.“ Auf Basis verschiede-
einen Schutz.“ Eine keramische Beschich-     schaftsingenieur Guido Skudlarek. „Das       ner Anwendungsfelder und in abgrenzba-
tung auf der Separatormembran verhindert     ist vor allem dann relevant, wenn wir neue   ren Regionen soll die Technologie exklusiv
das Schrumpfen.                              Anwendungen erschließen und den Effekt       an ausgewählte Partner vergeben werden,
                                             unserer speziell designten Oxide evaluie-    um ihre jeweiligen Märkte in ihrer Breite
Additive optimieren verschiedene beste-      ren.“ Nimmt man das Beispiel des Sepa-       zu erschließen.
hende Technologien, doch das größte Op-      rators, so könne man überlegen, ob man
timierungspotenzial gibt es nach wie vor     die Additive nicht als Beschichtung auf      Auf den schnellen Euro ist das Technolo-
bei der Verknüpfung dieser Technologien      den Separator auf bringt, sondern direkt     gie-Start-up dabei nicht aus. Nachhaltiges
miteinander. „In die Technologie selbst      in die Membran während der Separator-        Wachstum steht im Vordergrund: „Lang-
muss man sich erst einmal hineindenken       herstellung mit einbringt. „Letztendlich     fristig sehen wir uns als schlanke, gut auf-
und das Zusammenspiel der Verbesse-          führt es zur Einsparung von Kosten und       gestellte Forschungs- und Entwicklungs-
rungsmöglichkeiten durch das entspre-        ist zusätzlich ressourceneffizient, da der   einrichtung, die unser Know-how durch
chende Additiv aufzeigen“, sagt Frank        nachträgliche Beschichtungsvorgang           Lizensierung und Kooperationen erfolg-
Menzel. „Wir arbeiten sowohl mit Simula-     entfällt.“ Bei der Additivierung von Ka-     reich in die Märkte bringt.“ Die jüngsten
tionen als auch mit konkreten Messungen      thodenaktivmaterial schauen Skudlarek        Entwicklungen beim Klimaschutz nehmen

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die Bonner Batterieinnovatoren als zusätz-        von der Steag in Essen genauso. Bei Batteri-     dies ohne Pufferspeicher voll auf die lokalen
lichen Schwung für ihr Unternehmen mit.           en könne dies durch ein effizientes Batterier-   Stromnetze durch, die damit – Stand heute
                                                  ecycling abgemildert werden. Hier gibt es        – überlastet wären“, warnt Batteriewissen-
Batterien brauchen Ressourcen                     aber noch viel Luft nach oben. Doch auch         schaftler Günther Hambitzer. „Insbesondere
                                                  hier spielt die Chemie mit. Beispielsweise be-   für die angestrebte Schnellladefähigkeit
Angesichts der durch den Klimawandel be-          teiligt sich die BASF gemeinsam mit Eramet       braucht man effektive und effiziente Puffer
reits verursachten und künftig mannigfaltig       und SUEZ an der Entwicklung eines ge-            zwischen dem Netz und den Fahrzeugen.“
erwarteten Probleme ist der Umstieg auf eine      schlossenen Kreislaufsystems, um bis zum         Eine weitere Hürde sind Schnellladestatio-
regenerative Energieversorgung eher früher        Jahr 2027 rund 50.000 Tonnen Lithium-Io-         nen. Denn diese arbeiten mit hohen Span-
als später notwendig. Das Problem: Auch als       nen-Batterien in Europa zu recyceln.             nungen. „Und je mehr man mit höheren
umweltfreundlich geltende Technologien wie                                                         Spannungen arbeitet, desto höher ist das Ge-
Elektromobilität und Batteriespeichersyste-       Was Optimierung angeht, geht auch die            fahrenpotenzial“, weiß Guido Skudlarek von
me verbrauchen Ressourcen und Energie.            Steag in die Offensive. „Gerade im Bereich       Evonik. Daher muss die Isolationseigen-
„Alle Rohstoffe, die wir nutzen, sind am          der Sekundärverbräuche und Verluste, also        schaft der Materialien weiter verbessert wer-
Ende nur begrenzt verfügbar“, gibt Frank          beispielsweise in der Klimatisierung und im      den. Das lasse sich unter anderem mit Addi-
Menzel im Industriepark Wolfgang zu be-           Betrieb einzelner Aggregate, konnten wir         tiven bewerkstelligen, die man den Kunst-
denken. Die Nachhaltigkeitsfrage beim Ab-         schon einiges optimieren“, stellt Lehmann        stoffen hinzufügt.
bau von Kobalt oder Lithium sei nicht neu         nicht ohne Stolz fest. „Es gibt im Betrieb von
und müsse klar an die Hersteller adressiert       Batteriesystemen unvermeidliche Verluste,        Wie kann die heile Batteriewelt der Zukunft
werden. „Umso mehr sind wir als Spezial-          aber wir haben schon einen ziemlich guten        aussehen? Evonik-Forscher Frank Menzel
chemie gefragt, die konkrete Performance          Wirkungsgrad.“ Bei der Steag wurde schon         wagt einen Ausblick: „Ich selbst habe ein
verschiedener Technologien zu erhöhen, um         immer viel mit Simulationstools gearbeitet.      kleines Häuschen für meine Familie unweit
endliche Rohstoffe zu schonen und Alterna-        Nun habe man mit der gewonnenen Betriebs-        vom Industriepark Wolfgang und habe eine
tivtechnologien zu fördern.“ Additive wie die     erfahrung an Optimierungseffizienz zuge-         Photovoltaikanlage auf dem Dach. Auch ein
von Evonik sorgen allein durch ihren Einsatz      legt. „Begleitend zum Betrieb füttern wir un-    Zehn-Kilowatt-Batteriespeicher gehört
schon dafür, dass beispielsweise die Batterie-    sere Simulationen mit Realdaten und identi-      dazu.“ Diesen Sommer hat er mehr als die
alterung verlangsamt, die Performance ver-        fizieren neue Stellschrauben, an denen wir       Hälfte der Energie direkt ins Netz einge-
bessert und damit auch Ressourcen geschont        drehen können. In Teilbereichen konnten wir      speist. „Diesen überschüssigen Strom hätte
werden.                                           auf diese Weise innerhalb von drei Jahren bis    ich aber nun gern verwendet für ein bezahl-
                                                  zu 80 Prozent Energiedurchsatz einsparen.“       bares Elektroauto. Dann bräuchte ich nur im
In Bonn hat High Performance Battery für          Im Gesamtenergiedurchsatz spart die Steag        Notfall ein Netz – das wäre meine persönli-
seine Lizenznehmer bereits eine Ökobilanz         damit im zweistelligen Prozentbereich.           che Vision.“ ¢
erstellt, die für die spezifischen Produktions-
bedingungen und Anwendungsfälle eine prä-         Nachholbedarf bei Infrastruktur
zise Analyse der Umweltwirkungen ermög-
licht. „Im Schnitt erwarten wir eine Verbes-      Am Ende ergeben Batterietechnologien
serung von 50 Prozent gegenüber herkömm-          ökologisch nur Sinn, wenn der Strom
lichen Lithium-Ionen-Batterien“, schätzt          aus erneuerbaren Quellen stammt.
CEO Günther Hambitzer. „Wir haben damit           Dann steht auch der Ausbreitung
auch die Grundlage für einen neutralen Tech-      der Elektromobilität nichts mehr
nologievergleich unterschiedlicher Speicher-      im Weg – bis auf die nicht unwe-
technologien gelegt.“ Treiber der verbesser-      sentliche Infrastruktur. Die
ten Ökobilanz sei die besondere Merkmal-          Nachfrage scheint jedenfalls zu
kombination aus Tiefentladefestigkeit,            stimmen: Laut einer Umfrage
Schnellladefähigkeit und Langlebigkeit bei        des Marktforschungsunterneh-
erwarteter quasikonstanter Kapazität und In-      mens prolytics im Auftrag des
nenwiderstand. Alles ohne Rückgriff auf Ko-       Bundesverbandes der Energie-
balt, Gold oder andere kritische Ressourcen.      und Wasserwirtschaft können sich
„Zudem ist das Batteriesystem aufgrund der        25 Prozent der Bevölkerung in
Nichtentflammbarkeit des Elektrolyten in-         Deutschland vorstellen, innerhalb der
trinsisch sicher.“                                nächsten fünf Jahre ein Elektroauto zu
                                                  kaufen. Über zehn Prozent schon bereits
Sobald eine Technologie endliche Ressour-         in den nächsten ein bis zwei Jahren. Doch
cen einsetzt, kann es sich bei dieser Techno-     Vorsicht ist geboten: „Wenn die Pläne zum
logie im Grunde nur um eine Brückentech-          Voranbringen der Elektromobilität und der                Additive aus Metalloxiden können die
nologie handeln. Das sieht Daniel Lehmann         Ladeinfrastruktur umgesetzt werden, schlägt      Batterieperformance verbessern. Foto: Evonik

                                                                                                          VAA MAGAZIN OKTOBER 2019           15
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Foto: Thomas Langer – VAA

     SPRECHERAUSSCHUSSKONFERENZ IN NÜRNBERG

     Mensch als Erfolgsfaktor
     Im digitalen Zeitalter nimmt das Veränderungstempo des Arbeitslebens immer weiter zu. Warum diese Herausforderung
     zugleich Chancen für Unternehmen und Mitarbeiter bietet, haben rund 40 Sprecherausschussmitglieder aus Chemie- und
     Pharmaunternehmen auf der VAA-Sprecherausschusskonferenz in Nürnberg diskutiert. Ende September 2019 standen unter
     anderem Formen der Zusammenarbeit, Personaldatenanalyse und transparente Kommunikation auf dem Programm.

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Die 2. VAA-Vorsitzende Dr. Daniele Bruns hat
  die Sprecherausschusskonferenz eröffnet.
                                                                                                                 Dr. Martin von Hören,
                                                                                                                            Partner bei
                                                                                                                            Kienbaum
                                                                                                                           Consultants
                                                                                                                      International, hat
                                                                                                                               aktuelle
                                                                                                                   Entwicklungen rund
                                                                                                                   um Boni beleuchtet.

                                                                                                                Am 20. und 21.
                                                                                                                September 2019 sind
                                                                                                                rund 40 Teilnehmer
     Marie Christin Jahn, Senior Executive                                                                      zur Konferenz für
Human Resources, Transfers & Projects bei                                                                       Sprecherausschüsse
   der BASF, hat vorgestellt, wie die BASF                                                                      nach Nürnberg
   Feedbackkultur als Führungsinstrument                                                                        gekommen.
                                   einsetzt.

              VAA-Hauptgeschäftsführer Gerhard Kronisch klärte die    Welche Erwartungen haben Millennials an die digitale Arbeitswelt
    Konferenzteilnehmer über die rechtliche Umsetzung der digitalen    und ihre Führungskräfte? Antworten dazu gab es von Dr. Tobias
                        Arbeitswelt auf. Fotos: Thomas Langer – VAA      Zimmermann, Research Manager bei StepStone Deutschland.

                                                                                                 VAA MAGAZIN OKTOBER 2019            17
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                                                                  INTERVIEW MIT GERHARD KRONISCH

                                                                  Personalpolitik
                                                                  für die neue
                                                                  Arbeitswelt
                                                                  Um Stellung zu beziehen, hat der Verband Positionen zu
                                                                  zentralen, für VAA-Mitglieder relevanten Zukunftsthemen
                                                                  erarbeitet: von der Arbeitszeit und den Auswirkungen der
                                                                  Digitalisierung auf die Arbeitswelt über das Entgelt bis hin zum
                                                                  lebensphasenorientierten Arbeiten. Im Interview mit dem VAA
                                                                  Magazin erläutert VAA-Hauptgeschäftsführer Gerhard
                                                                  Kronisch, warum eine lebensphasenorientierte Personalpolitik
                                                                  das Zukunftsmodell für die Unternehmen sein muss.

                                                                                                              Foto: Simone Leuscher – VAA

VAA Magazin: Im vergangenen Jahr hat der        Kronisch: Die Demografie verändert durch        nen, wie es ihren persönlichen Präferenzen
VAA auch zum lebensphasenorientierten Ar-       verschiedene Mechanismen die Basis, auf         und ihrer Leistungsfähigkeit entspricht. Das
beiten eine Position erarbeitet. Was verbirgt   der die heutige und vor allem die künftige      ist ein wichtiger Aspekt des lebensphaseno-
sich hinter diesem eher sperrigen Begriff?      Arbeitswelt stehen: Die Menschen werden         rientierten Arbeitens: Älteren Arbeitneh-
                                                immer älter und durch die Geburtenrate in       mern mehr Flexibilität zu geben, ihren Über-
Kronisch: Dahinter steckt die Idee, dass sich   Deutschland von 1,5 Kindern pro Frau wach-      gang in den Ruhestand zu gestalten.
die Personalpolitik in den Unternehmen auf      sen weniger Menschen nach, was auch durch
Entwicklungen einstellt, die unsere Gesell-     den Zuzug von Menschen durch Migrations-        VAA Magazin: Welche Maßnahmen wären
schaft und insbesondere unsere Arbeitswelt      bewegungen derzeit nicht ausgeglichen wird.     dafür sinnvoll?
verändern. Dazu gehören die demografische       Also gibt es anteilig mehr ältere und weniger
Entwicklung und veränderte Erwerbsmuster,       junge Menschen. In der Folge muss länger        Kronisch: Dazu kann die Stärkung von In-
aber auch die Digitalisierung und die damit     gearbeitet werden, damit die sozialen Siche-    strumenten wie Langzeitkonten gehören, in
verbundene Flexibilisierung der Arbeit.         rungssysteme stabil bleiben und kein Mangel     die Zeit- und Entgeltbestandteile zur Finan-
                                                an Arbeitskräften entsteht. Also müssen die     zierung von Weiterbildungszeiten, individu-
VAA Magazin: Welche Rolle spielt die Demo-      Arbeitsbedingungen so angepasst werden,         ellen Freistellungsphasen oder eben eines
grafie dabei?                                   dass ältere Menschen auch so arbeiten kön-      vorzeitigen Ruhestandes einfließen können.

18   VAA MAGAZIN OKTOBER 2019
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Im Tarifbereich wird das durch den Tarif-      Hinblick auf das lebensphasenorientierte Ar-    Kronisch: Natürlich ist es bis zu einem gewis-
vertrag Demografie bereits gefördert und       beiten nur durch die höhere Flexibilität von    sen Grad unvermeidlich, dass gerade bei
diese Förderung sollte auch auf die außer-     Bedeutung oder gibt es auch andere Aspekte,     Akademikern Berufseinstieg, Familiengrün-
tariflichen Angestellten ausgedehnt wer-       die berücksichtigt werden müssen?               dung und die ersten Schritte auf der Karri-
den. Das gilt auch für die Forderung der IG                                                    ereleiter zeitlich häufig im dritten und in der
BCE in der aktuellen Tarifrunde nach ei-       Kronisch: Zunächst möchte ich nochmals          ersten Hälfte des vierten Lebensjahrzehnts
nem sogenannten Zukunftskonto. Dabei           ganz deutlich sagen, dass Flexibilität durch    zusammenfallen. Was sich aber durchaus
kann jeder Beschäftigte über einen jährlich    Digitalisierung aus Arbeitnehmersicht nur       vermeiden ließe, ist der Umstand, dass die
gezahlten Betrag individuell verfügen,         dann positiv ist, wenn die Rahmenbedingun-      Inanspruchnahme von Elternzeit und fami-
zum Beispiel zur Umwandlung in zusätz-         gen stimmen. Wir brauchen hier eine echte       lienbedingter Teilzeittätigkeit teilweise im-
liche freie Tage oder zum Ansparen auf ei-     Vertrauenskultur, in der die Arbeitnehmer       mer noch als Karrierekiller für Nachwuchs-
nem Langzeitkonto. Die Flexibilität dieses     mitentscheiden, wann, wo und wie lange sie      führungskräfte gilt. Es kann nicht sein, dass
Ansatzes ist sehr gut, denn natürlich wol-     arbeiten. In jedem Fall aber bringt die Digi-   überall von Diversity Management und Em-
len nicht alle Arbeitnehmer vorzeitig in       talisierung für die Arbeitnehmer die Heraus-    ployer Branding geredet wird und die tat-
den Ruhestand gehen. Teilweise geht es         forderung mit sich, mit ihren Qualifikationen   sächliche Personalpolitik in manchen Unter-
auch darum, im Alter einfach die Arbeits-      mehr denn je am Puls der Zeit zu bleiben. Als   nehmen immer noch nach den Regeln des
zeit zu reduzieren und dafür vielleicht län-   Lebensphasen kann man auch Phasen der in-       letzten Jahrhunderts abläuft. Der VAA hat
ger im Job zu bleiben. Nachteile durch die     tensiven Weiterbildung betrachten und die       bereits 2013 intensiv das EU-Projekt „Child-
Inanspruchnahme der sogenannten Alters-        wird es in Zukunft häufiger geben als früher.   ren – Care – Career“ unterstützt, bei dem sich
freizeit sind aus unserer Sicht deshalb ein                                                    unser europäischer Dachverband FECCIA
absolutes Tabu und wir brauchen zum Bei-       VAA Magazin: Wer sich weiterbildet, hat in      mit seinen Sozialpartnern auf Arbeitnehmer-
spiel auch bessere gesetzliche Regelungen      der Regel schon die ersten Schritte ins Be-     und Arbeitgeberseite für eine bessere Verein-
zur freiwilligen Verlängerung der Arbeits-     rufsleben hinter sich. Welche Unterstützung     barkeit von Familie, Beruf und Karriere en-
zeit über das Renteneintrittsalter hinaus.     kann Personalpolitik für diese häufig als       gagiert hat. Auch mit unserer regelmäßigen
                                               „Rushhour des Lebens“ titulierte Lebenspha-     Chancengleichheitsumfrage machen wir im-
VAA Magazin: Mit dem Übergang in den Ru-       se mit Berufseinstieg, Familiengründung und     mer wieder darauf aufmerksam, wo hier die
hestand haben wir jetzt über das Ende der      Karriereplanung leisten?                        Defizite liegen und was sich ändern muss. ¢
klassischen Erwerbsbiografie gesprochen.
Gehen wir einen Schritt zurück und schauen
in die Mitte des Arbeitslebens. Woran sollte
sich gute Personalpolitik für diese Lebens-
phase orientieren?

Kronisch: In dieser Phase haben viele Men-
schen die eigene Familienplanung abge-
schlossen, müssen sich aber immer öfter
um die Pflege ihrer Eltern oder anderer
Angehöriger kümmern. Denn die vorhin
schon angesprochene Zunahme der Zahl
alter und sehr alter Menschen führt auch
dazu, dass die Phasen der Unterstützungs-
und Pflegebedürftigkeit länger werden. In-
zwischen sind in den meisten Familien               VAA-Hauptgeschäftsführer Gerhard Kronisch (im Bild rechts) erläutert im Gespräch mit
Männer und Frauen berufstätig, also brau-       VAA-Redakteur Christoph Janik die Position des Verbandes zum lebensphasenorientierten
chen Arbeitnehmer auch hier die Flexibi-                                                          Arbeiten. Foto: Simone Leuschner – VAA
lität, ihre Erwerbstätigkeit mit diesen An-
forderungen zu vereinbaren. Die Digitali-
sierung bietet durch die Entkopplung von           VAA-Position zum lebensphasenorientierten Arbeiten
Arbeits- und Produktionsort dafür neue
Möglichkeiten, die aber durch gut ausge-           •    Fach- und Führungskräfte fordern höhere Flexibilität bei der Arbeitszeitgestal-
staltete betrieblichen Rahmenbedingungen                tung ein, um der mit dem demografischen Wandel einhergehenden Verände-
auch richtig genutzt werden müssen.                     rung der Lebensentwürfe gerecht zu werden.
                                                   •    Familie und Karriere, Pflege von nahen Angehörigen, Weiterbildung, Diversity
VAA Magazin: Über den Einfluss der Digita-              und ehrenamtliches Engagement sind entscheidende Faktoren, die in Einklang
lisierung auf das Arbeitsleben wird derzeit             zu bringen sind.
viel gesprochen und geschrieben. Ist sie im

                                                                                                      VAA MAGAZIN OKTOBER 2019             19
VAA

VAA-KOOPERATIONEN: INTERVIEW MIT STEFAN MÜLLER

Karriere in der Sackgasse?
Beratung zeigt Auswege!
Ob Coaching, Karriereberatung oder Executive Outplacement: Wer als VAA-Mitglied Fragen zur beruflichen Veränderung
oder Neuorientierung hat, ist beim VAA-Kooperationspartner Stefan Müller gut aufgehoben. Vor 24 Jahren hat Müller sein
Unternehmen „stefan müller personalperspektiven“ gegründet. Und bereits seit über 18 Jahren besteht die Partnerschaft mit
dem VAA. Im Interview mit dem VAA Magazin erläutert der Karriereexperte, warum sich eine kompetente und unabhängige
Beratung lohnt.

VAA Magazin: Wie erleben Sie die Zu-        eine Lernplattform, um effizient und         wicklungen am Arbeitsplatz rechtzeitig
sammenarbeit mit dem VAA?                   professionell agieren zu können.             zu erkennen und agieren zu können?

Müller: Für uns ist die Kooperation mit     VAA Magazin: Warum sollte ein Mitglied       Müller: Das ist genau der Punkt, weshalb
dem VAA ein Musterbeispiel fairer und       im Falle eines Trennungsprozesses vom        wir mit dem VAA ein Produkt entwickelt
wertschätzender Zusammenarbeit. Wir         bisherigen Unternehmen diese Dienst-         haben, das wir Etappenanalyse nennen.
erleben eine offene Kommunikation, die      leistung annehmen? Wo sehen Sie Vor-         Hier geben wir Mitgliedern die Möglich-
Einbindung in Arbeitskreise und Tagun-      teile gegenüber einer Bewerbungskam-         keit, in zwei halben Tagen persönlichem
gen sowie Einladungen in die Werks-         pagne in eigener Regie?                      Gespräch, begleitenden Reflexionen und
gruppen zu Vorträgen und Diskussionen.                                                   Übungen sowie zwei Persönlichkeitstests
Auf diese Weise haben wir über viele        Müller: Hier wird gern argumentiert, dass    ein differenziertes Bild zu eigenen Ver-
Jahre ein sehr differenziertes Bild der     mithilfe des Beraters schneller eine neue    haltens- und Handlungsmustern, dem be-
chemischen Industrie und der Tätigkeits-    Stelle erreicht wird. Manche Berater drü-    ruflichen Status, den unternehmensinter-
bilder der VAA-Mitglieder gewinnen          cken im eigenen Interesse aufs Tempo –       nen beziehungsweise externen Möglich-
können.                                     zulasten des Klienten. Nach meiner Er-       keiten und Alternativen und den Wegen
                                            fahrung haben VAA-Mitglieder aufgrund        dorthin zu gewinnen. Wir ergänzen die-
VAA Magazin: Nun gelten Sie als ausge-      ihrer vertraglichen Situation und der Be-    ses Programm durch die exklusive Mög-
wiesener und sehr erfahrener Spezialist     ratung durch die Fachanwälte in aller Re-    lichkeit einer Organisationsaufstellung.
in Sachen berufliche Entwicklung, Ver-      gel genügend Zeit für eine Neuorientie-      Wie bei allen Programmen erhalten Mit-
änderung und Neuorientierung. Welche        rung, die alle beruf lichen und privaten     glieder dafür sehr günstige Konditionen.
Dienstleistungen bieten Sie den Mitglie-    Aspekte berücksichtigt, die Lebensphase
dern genau an?                              einbezieht und auf persönliche Bedürf-       VAA Magazin: Lassen Sie uns einmal über
                                            nisse eingeht.                               das Coachingangebot sprechen. Der Be-
Müller: Beginnen wir mit dem Outplace-                                                   griff Coaching wird oft sehr unspezi-
ment, das ich gern in „Beratung zur be-     Entsprechend nehmen wir uns Zeit für         fisch verwendet und unterschiedlich be-
ruf lichen Neuorientierung“ übersetze.      eine sorgfältige Standortbestimmung mit      legt. Welche Möglichkeiten haben VAA-
Hier verbinden sich mehr als 26 Jahre Er-   den grundlegenden Fragen „Wer bin            Mitglieder konkret, wenn sie bei Ihnen
fahrung mit einem komplett neu entwi-       ich?“, „Was kann ich?“ und – ganz wich-      Coaching suchen?
ckelten Programm. Wir haben unserer-        tig – „Was will ich?“. Damit wird gleich-
seits Beratung eingeholt und jungen HR-     zeitig das Scheidungssyndrom vermie-         Müller: Zunächst unterscheiden wir zwi-
Experten unsere Vorgehensweise zur          den: Ich suche unbewusst wieder ähnli-       schen drei wesentlichen Schwerpunkten:
Diskussion gestellt.                        che Konstellationen, die mich früher         Personal Coaching, Transition Coaching,
                                            oder später in eine vergleichbare Situati-   Leadership Coaching. Bevor wir coa-
Der gemeinsame Prozess war äußerst          on bringen.                                  chen, ist also eine genaue Analyse des
fruchtbar: Im Ergebnis bleiben wir ein-                                                  Bedarfs und der Zielsetzung jedes Klien-
zigartig in unserer individuellen Bera-     VAA Magazin: Sollte diese Standortbe-        ten notwendig. Danach schaffen wir mit
tung unter vier Augen, nutzen aber          stimmung dann nicht proaktiv und regel-      Elementen der Persönlichkeits- und Wer-
gleichzeitig alle modernen Medien und       mäßig durchgeführt werden, um Fehlent-       degangsanalyse die Grundlage für einen

20   VAA MAGAZIN OKTOBER 2019
VAA

maßgeschneiderten Prozess. Ein gutes
Coaching führt den Klienten letztlich zu
seinen eigenen Antworten, Entwick-
lungspotenzialen und Entscheidungen.

VAA Magazin: Gibt es spezifische Coa-
chingthemen für VAA-Mitglieder?

Müller: Ja, der Anstoß kam aus der VAA-
Delegiertentagung 2014. Damals trug
Prof. Jürgen Deller unter dem Titel
„Work Ability Survey“ unter anderem
vor, dass der Tiefpunkt der beruflichen
Arbeitsfähigkeit – und damit auch der
Arbeitszufriedenheit – bei rund 50 Jah-
ren liegt.

Das Thema hat uns nicht mehr losgelas-
sen. Wir beobachten in einer frappieren-
den Häufung bestimmte Phänomene bei
Klienten um die 50, die zu beruf lichen
und privaten Verwerfungen führen. Die
– inzwischen vielfach aufgegriffene – so-
genannte 50er Krise hat uns veranlasst,
dafür eigene Coachingprogramme anzu-
bieten. Als Überschrift haben wir „Um-
bruch mit 50 – Auf bruch für viele erfolg-
reiche Berufsjahre“ gewählt. Andere
Themen sind zum Beispiel „Führung als
Lust oder Last – sind Anforderung und
Motivation im Einklang?“ oder „Ich
kann nicht mit meinem Chef – was kann
ich ändern?“

VAA Magazin: Welche beruf lichen Her-
ausforder ungen erwarten Sie in den
nächsten Jahren für die Mitglieder unse-
res Verbandes?

Müller: Insbesondere die Führungskräfte
werden sich damit auseinandersetzen
müssen, dass die nachwachsenden Gene-
rationen ein völlig anderes Bild von Ar-
beit, Karriere und Work-Life-Balance
haben und leben wollen. Die Möhren, mit
denen man die Generation der Baby Boo-           Stefan Müller ist Diplom-Betriebswirt (FH) im Fachbereich Personalwesen und war acht
mer und die Generation X zum Laufen           Jahre in Vertrieb, Marketing und Stab in der Industrie sowie drei Jahre in leitender Funktion
gebracht hat, wirken nicht mehr.             einer internationalen Outplacementberatung tätig. Anschließend hat er sich als Gründer der
                                                stefan müller personalperspektiven (smpp) erfolgreich selbstständig gemacht und gehört
VAA Magazin: Warum ist das so?                                seit vielen Jahren zum Netzwerk der VAA-Kooperationspartner. Foto: smpp

Müller: Dafür gibt es vielfältige Gründe.    existenziellen Grundsicherung, die wir El-      halten zum Teil drastisch ändern, wenn wir
Wir selbst sind keinesfalls unbeteiligt an   tern geschaffen haben, werden uns Bewerber      ein motiviertes Team aufbauen und stabil
dieser Entwicklung. Vor dem Hinter-          und Mitarbeiter Fragen stellen, die wir nie     halten wollen. An diesem Prozess arbeiten
grund neuer Communitys, dem „Be-             gestellt hätten, aber beantworten müssen.       wir derzeit in vielen Unternehmen als Per-
gehrtsein“ am Arbeitsmarkt und einer         Entsprechend muss sich das Führungsver-         sonal- und Organisationsentwickler mit. ¢

                                                                                                     VAA MAGAZIN OKTOBER 2019           21
Branche

                                    r s t ü t zung v
                                                    on      Personalia aus der Chemie
                              U n te
        M   it f r eundlicher                               ››››››››››››››››››››

GDCh: Peter R. Schreiner wird                                    Tesa: Norman Goldberg
neuer Präsident                                                  übernimmt Vorstandsvorsitz
                                                                 Norman Goldberg wird ab dem 1. Januar 2020 das Amt des
                                                                 Vorsitzenden des Vorstands der Tesa SE übernehmen und tritt
                                                                 die Nachfolge von Robert Gereke an, der zum 31. Dezember
                                                                 2019 in den Ruhestand geht. Goldberg ist seit Januar 2017 Mit-
                                                                 glied des Vorstands und dort für das Ressort Direct Industries
                                                                 verantwortlich. Zuvor war er Geschäftsführer und Co-CEO bei
                                                                 Lohmann. Der promovierte Chemiker forschte und lehrte zu-
                                                                 nächst an der Cornell University in den USA und an der TU
                                                                 Braunschweig. Seine industrielle Karriere begann Norman
                                                                 Goldberg 2000 bei der Henkel AG in Düsseldorf, wo er ver-
                                                                 schiedene Managementpositionen in Vertrieb und Marketing
                                                                 sowie der globalen Forschung und Entwicklung innehatte.

                                                                 Bayer verkleinert Vorstand von
                                                                 sieben auf fünf Mitglieder
                                                                 Der Aufsichtsrat der Bayer AG hat beschlossen, mit Wirkung
                                                                 zum 1. Januar 2020 den Vorstand des Unternehmens von der-
                                                                 zeit sieben auf dann fünf Vorstandsmitglieder zu verkleinern:
                                                                 Dr. Hartmut Klusik (63) und Kemal Malik (56) werden das Un-
                                                                 ternehmen zum 31. Dezember 2019 verlassen. Die beiden Vor-
Foto: Franz Möller                                               standspositionen werden als Teil der angekündigten Effizienz-
                                                                 maßnahmen beim Leverkusener Chemie- und Pharmaunter-
Der neue Vorstand der Gesellschaft Deutscher Chemiker            nehmen nicht nachbesetzt.
(GDCh) hat in seiner konstituierenden Sitzung am 16. Sep-
tember 2019 in Aachen Prof. Peter R. Schreiner zum zukünf-
tigen Präsidenten gewählt. Er tritt sein Amt am 1. Januar 2020   Neue Köpfe bei Evonik
an und folgt damit auf Dr. Matthias Urmann von der Sanofi-
Aventis Deutschland GmbH. Die stellvertretenden Präsiden-        Axel Kobus hat zum 1. Juli 2019 die Leitung des Geschäfts-
tinnen werden ab diesem Zeitpunkt Prof. Stefanie Dehnen von      gebiets Process Technology & Engineering bei Evonik über-
der Philipps-Universität Marburg und Dr. Carla Seidel von        nommen und folgt damit Wilhelm Otten, der bis zu seinem
der BASF SE sein. Zum neuen Schatzmeister wurde Dr. Ti-          Ausscheiden am 31. Dezember 2019 neben seiner Gremienar-
mo Fleßner von der Bayer AG gewählt. Peter R. Schreiner          beit ein internes Projekt verantwortet. Zum 1. September 2019
wurde 1965 in Nürnberg geboren und hat jeweils 1994 in or-       hat Rainer Fretzen den Vorsitz der Geschäftsführung der Evo-
ganischer Chemie in Erlangen und in theoretischer Chemie in      nik Technology & Infrastructure übernommen. Zum gleichen
Athen promoviert. Habilitiert hat Schreiner 1999 in Göttin-      Datum ist er in den erweiterten Vorstand der Evonik Industries
gen. Seit 2002 ist der künftige GDCh-Präsident Professor für     eingezogen. In beiden Funktionen folgt Fretzen auf Gregor
Organische Chemie an der Justus-Liebig-Universität Gießen.       Hetzke, der in den Ruhestand getreten ist.

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