VAA Magazin - Wirtschaft transformiert Fokus auf Zukunft: Entwicklung wegen Corona: Delegiertentagung verschoben
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April 2020 VAA Magazin Zeitschrift für Fach- und Führungskräfte Fokus auf Zukunft: Wirtschaft transformiert Entwicklung wegen Corona: Delegiertentagung verschoben
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Editorial System unter Stress Selten hat die moderne Welt eine Krise erlebt, die sich derart einschneidend in die Arbeits- und Lebensumgebung der Menschen gebrannt hat wie die Coronakrise. Im Kampf gegen die Ausbreitung der durch das neuartige Co- ronavirus ausgelösten COVID-19-Pandemie ist innerhalb kürzester Zeit der gewohnte Lauf der Dinge auf den Kopf gestellt worden. Denn ein Virus kennt keine Grenzen. Es kennt auch keine politischen und wirtschaftlichen Systemunterschiede. Ein Virus braucht einzig und allein einen Wirt, um zu überleben und sich zu reproduzieren. Und ist der Mensch erst einmal als Wirt gefunden worden, wird es schwierig, den Erreger wieder loszuwerden. Mit der Gesundheit des einzelnen „Wirtes“ steht und fällt am Ende auch die gesamte Wirtschaft – zumindest für einen gewissen Zeitraum. Foto: VAA Durch die gegenwärtige Ausnahmesituation werden nicht nur die Gesund- heitssysteme weltweit – ob entwickelt oder nicht, scheint im Auge des Sturms keine Rolle zu spielen – einem einzigartigen Stresstest unterzogen. Auch dem heutigen, globalisierten und in interaktiver Permanenz auf Hoch- touren laufenden Wirtschaftssystem sind die Systemgrenzen schnell und hart aufgezeigt worden. Inmitten eines noch viel tiefgreifenderen Stresstests befinden sich die freiheitlich-demokratischen Gesellschaften etwa in Europa. Hier wird in einem notwendigen und schmerzhaften Experiment auf Sicht gefahren – in der Hoffnung, dass Menschlich- keit, Verantwortung und Solidarität nicht niederen Instinkten zum Opfer fallen. Diese Instinkte treten immer dann zum Vorschein, wenn die eigene Existenz auf dem Spiel steht. Rücksicht ist im Eifer des Gefechts oft das erste Opfer – und das Gefecht fängt leider schon an der Supermarktkasse an. Wie soll es weitergehen? Stand die Wirtschaft trotz jahrelangen Booms nicht bereits durch den Klimawandel vor ei- ner enormen Herausforderung? Corona ist am ehesten als Katalysator der Transformation zu begreifen. Genau mit dieser Transformation der Wirtschaft unter Berücksichtigung des ökologisch-sozialen Faktors beschäftigt sich auch das Spezial auf den Seiten acht bis 15. In diesem Zusammenhang wird klar, dass die Menschheit es hier nicht mit ei- nem weiteren „Schwarzen Schwan“ zu tun hat. Viel treffender ist hier der von der US-Autorin Michele Wucker ge- prägte Begriff des „Grauen Nashorns“. Damit sind Gefahren gemeint, die lange bekannt sind, aber ignoriert werden. Und dazu gehören Pandemien genauso wie der Klimawandel. Aus jeder Krise müssen die richtigen Lehren gezogen werden, um gestärkt aus ihr hervorzugehen. Am Ende könnte die Gesellschaft positiv „immunisiert“ werden für die Gegenmaßnahmen im Kampf gegen die nächste Pandemie, die sicherlich kommen wird. Während das ganze System weltweit unter Stress steht, fragen sich Arbeitnehmer in den Unternehmen der chemisch- pharmazeutischen Industrie zu Recht, wie es weitergeht. Sie fragen sich auch, wie der VAA – die Interessenvertre- tung für außertarifliche und leitende Angestellte – ihnen in dieser Situation helfen kann. Zu den Auswirkungen der Coronapandemie auf den Verband sowie auf die arbeitsrechtliche und tarifliche Situation gibt es in dieser Ausgabe des VAA Magazins weiterführende Artikel auf den Seiten 16, 17 und 18. So viel vorweg: Der VAA ist auch weiter für seine Mitglieder da! Eingeschränkte Bewegungsfreiheit wird kompensiert durch flexible Arbeitsmodelle, ob in Unternehmen oder eben in unserem Verband. Das Wichtigste zum Schluss: Allen Lesern wünsche ich viel Kraft und Gesundheit! Gemeinsam und mit Rücksicht auf die Mitmenschen lässt sich jede Krise meistern. Rainer Nachtrab 1. Vorsitzender des VAA VAA MAGAZIN APRIL 2020 3
Inhalt VAA MAGAZIN – April Branche 2020 24 Netzwerk: 4. European Chemistry Partnering 26 Personalia aus der Chemie Lieferkette im Bild VAA Meldungen 16 Coronapandemie: 06 Wertschöpfung und Logistik VAA weiter im Einsatz 16 Arbeitsverhältnis: Spezial Ausnahmesituation durch COVID-19 18 Sozialpartnerschaft: Öffnungsklausel vereinbart 18 Veranstaltungen und Corona: 08 Transformation der Verschiebung von Delegiertentagung Marktwirtschaft und Vorstandswahlen 27 Alkohol am Arbeitsplatz, Wechsel bei Heraeus, 19 Community stärken: Reiserücktritt wegen Corona Begeisterung bei Beiersdorf 28 Hochschulveranstaltung, 22 Mitgliederwerbung: Befindlichkeitsumfrage, Bester Werber 2019 gekürt Zellteilung, Zuckerstrukturen 29 Chip als Neuronetz, Rechtsbroschüre auf Englisch, Recycling in Europa, KI und Personalarbeit, Ablagerung bei Alzheimer 30 Wasserstoff fürs Leben, Werks- und Landesgruppen, Erfolgsfaktor Stolz, Community bei Clariant Süd 4 VAA MAGAZIN APRIL 2020
Inhalt Wirtschaft ULA in Zahlen Nachrichten Lehmanns 39 Arbeitszeit: Welche Branchen liegen vorn? Destillat 45 Satirische Kolumne: Landleben in Quarantäne Recht 31 Chancengleichheit: Vermischtes Positionspapier von BDA und ULA 40 Interview mit Ilga Möllenbrink: Trennungen vom Arbeitgeber 32 Kommentar, ULA Intern 46 ChemieGeschichte(n): 34 Netzwerk: 43 Urteil: Erfindung des Wasserklosetts Luftfahrt in der Krise Lohnfortzahlung bei Krankheiten 48 Sudoku, Kreuzworträtsel 36 Führung: Bedingungen zum Verzweifeln 49 Glückwünsche 37 Bad Leadership: Wurzel allen Übels 60plus 50 Feedback, Wiedersehen Termine, Vorschau, Impressum 38 Führungskräfte Institut: Aktuelle Seminare 44 VAA-Pensionärsreise 2020: Coverfoto: Ildo Frazao – iStock. Montage: 38 EU-Projekt der CEC Absage wegen COVID-19 VAA VAA MAGAZIN APRIL 2020 5
Lieferkette im Bild 5 Abschnitte beschreiben den Prozess einer Wertschöpfungskette in einem Unternehmen, die durchlaufen werden, bis ein Produkt fertig hergestellt und am Markt verkauft ist: interne Logistik, Produktion, externe Logistik, Marketing sowie Verkauf und Service. In der Chemieindustrie ist diese Kette meist sehr komplex: Sie reicht von der Umwandlung der Rohstoffe bis hin zum Vertrieb des fertigen Produkts. 25.000 Direktlieferanten aus knapp 110 Ländern beliefern das Unternehmen Beiersdorf an 17 Produktionsstandorten in den vier geografischen Hauptregionen Europa, Nord- und Südamerika, Naher Osten und Afrika sowie Asien-Pazifik mit Rohstoffen, Verpackungsmaterialien und anderen Gütern oder erbringen Dienstleistungen. 7 Prozent weniger pro Tonne strebt der Henkel-Konzern an Emissionen aus dem Transport seiner Produkte bis 2020 im Vergleich zum Basisjahr 2015 an. Das Unternehmen sieht die Verantwortung der Wertschöpfungskette in der Optimierung seiner Transport- und Logistikprozesse. 2019 gliederten sich die Logistik- und Transportwege in Luftverkehr (ein Prozent), Eisenbahn (acht Prozent) Schifffahrt (23 Prozent) und LKW (69 Prozent). Foto: ralfgosch – iStock 6
Lieferkette im Bild 923 Arzneimittel und Medizinprodukte, erfasst nach PZN-Nummern, konnte Sanofi im Jahr 2019 in deutschen Krankenhäusern und Apotheken bereitstellen. Das französische Unternehmen hat weltweit mehr als 100.000 Beschäftigte, davon arbeiten annähernd 9.000 in Deutschland. 30 Milliarden Euro investierte die BASF als globaler Chemiekonzern mit rund 118.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 59 Milliarden Euro im Jahr 2019 für seine Produkte und Dienstleistungen: von der Rohrleitung bis zum Dienstwagen, vom Frachtcontainer bis zum Flugticket, von Naphtha bis zu Ethanol. 7
Spezial ZUKUNFT DER MARKTWIRTSCHAFT Die ökologische Transformation hat begonnen Von Klaus Bernhard Hofmann Das Thema dieses Spezials war lange vor dem Ausbruch der Coronakrise geplant. Damals konnten wir nicht wissen, dass dieses Virus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gehörig in Aufruhr oder gar in Angst versetzen würde. Es zeigte auf für uns ungewohnte, drastische Weise zum einen die Gefahr, die von ihm für Leib und Leben ausgeht. Aber es zeigte viel mehr. 9
Spezial Ohne den globalen Schiffsverkehr funktionieren die Wertschöpfungsketten der Unternehmen nicht mehr. Containerschiffe sind ein großer Emittent von Treibhausgasen und setzen nach wie vor auf umweltschädliches Schweröl, können aber durch effizientere Transportwege und eine Umstellung der Treibstoffsysteme zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen. Foto: thitivong – iStock 10 VAA MAGAZIN APRIL 2020
Spezial Man kann dieses neuartige Coronavirus kanter Unterschied zur Klimakrise. Corona in Europa an, hat man das Gefühl von ver- ganz sicher nicht mit der ökologischen Krise hat die Weltgemeinschaft aufgerüttelt und breitetem Fatalismus. Ausnahme Frankreich. vergleichen. Damit kein Missverständnis die Politik hellwach gemacht. Die ganze entsteht: Es gibt nicht einen einzigen wissen- Bandbreite menschlichen Reaktionsvermö- Diese Entwicklung begann 1989. Dazu später schaftlichen Hinweis, dass die Ökokrise das gens wurde sichtbar. Auf der Arbeitsebene mehr. Auf dem Gebiet der Bekämpfung des Ausbrechen der Coronapandemie hervorge- sah man alles, zunächst zögerlich in Gang Klimawandels hat sich die Politik gar von der rufen oder begünstigt hätte. Ein Virus, das kommend, dann aber immer stärker wer- Wirtschaft überholen lassen, vielleicht, weil grippeähnliche Krankheiten schwereren dend. Man sah großes Engagement bei der es bis heute keine demokratische Mehrheit oder leichteren Grades mit teils lebensbe- Erforschung der Ursachen, einen heftigen für eine ernsthafte Klimapolitik gibt. Aber drohlichen Folgen hervorruft, ist etwas An- Kampf gegen seine Ausbreitung, eine inten- ein mächtiges Gefühl hat das Virus und die deres als die Zerstörung der natürlichen Le- sive Suche nach dem geeigneten Impfstoff. dadurch ausgelösten Börsencrashs geschafft: bensgrundlagen durch die Art und Weise un- Corona rief positive und negative Reaktionen Es geht um die Wurst. seres Produzierens und Konsumierens, die hervor, die vom Egoismus Einzelner und von uns seit Jahren und mit zunehmender Ge- Staaten bis hin zur grenzüberschreitenden Menschen in den Mittelpunkt schwindigkeit begleitet. Solidarität reichten. Ähnliche Reaktionen gibt es auch in Klimafragen, aber die Inten- Man müsse den Menschen in den Mittel- Wieso aber Corona an dieser Stelle erwäh- sität ist anders. Hängt das damit zusammen, punkt stellen, hat Wirtschaftsminister Peter nen? Aus verschiedenen Gründen. Bei der dass man glaubt, man habe mehr Zeit? Altmeier mit Blick auf Corona gesagt. Wie Bewältigung der Umweltkrise sieht Roy wahr und wie selbstverständlich. Allerdings Scranton die größte Gefahr darin, dass unser „Würden wir die Klimakrise halb so ernst lässt sein Satz, Solidarität als individuelle Verstand es nicht schafft, mit dieser Entwick- nehmen wie die Coronakrise, wäre uns ge- Entscheidung zu verstehen, die Antwort auf lung umzugehen. In unserer Fantasie begin- holfen“, sagt Luisa Neubauer, Kopf der Fri- die Frage offen, ob das denn klappen kann, ne die Apokalypse immer mit einem Ereig- days-for-Future-Bewegung in Deutsch- wenn es im Falle der Coronakrise die Men- nis, dem Start eines neuen Waffensystems, land. Und schöpft deswegen Hoffnung. Der schen freiwillig nicht einmal hinbekommen, einem Krieg, einer Hungersnot. Nun aber weltweite Ausbruch beweise, „dass es an- angesichts der Epidemie Bars und Partys zu hätten wir kein globales „Ereignis“, das den ders gehen kann“. Die Botschaft, die auch meiden und zu Hause zu bleiben. Das kann Klimawandel real werden ließe und uns andere Klimaaktivisten in diesen Tagen man auch auf die Klimakrise übertragen, zwänge, unser Verhalten zu ändern. Die Kli- aussenden, lautet: So wie die Gesellschaft nämlich dann, wenn man die Stimmen hört, maapokalypse habe keinen Anfang und kein ihren Lebensstil zum Schutz der besonders die Folgen des menschengemachten Klima- Ende, nach dem die Überlebenden ihre Welt von Corona gefährdeten Risikogruppe äl- wandel verharmlosen oder gar leugnen. wiederaufbauen könnten. Hans Joachim terer Menschen ändert, müsste es eine dau- Schellnhuber spricht von einem „Me- erhafte Verhaltensänderung in Sachen Kli- In der Dezemberausgabe 2019 des VAA Ma- teoriteneinschlag in Zeitlupe“. Pessi- maschutz zugunsten der Jungen geben, wel- gazins wurde im Beitrag „Schönheit der He- mistisch schlussfolgert Scranton, che die Folgen der Erderwärmung am rausforderung“ die Frage thematisiert, wie dass wir „wahrscheinlich kein stärksten zu spüren bekommen. Wir werden man den Herausforderungen in der Klima- globales Ereignis erleben wer- sehen. Ob Corona dem Kampf gegen den und Umweltkrise am besten begegnen könne. den, das den Klimawandel Klimawandel nutzt, ist noch lange nicht aus- Es wurden unterschiedliche Stimmen zitiert, ‚real‘ werden lässt und uns gemacht. Da kann man geteilter Meinung warum es so schwer sei, diesen Wandel um- zwingt, unser Verhalten zu än- sein. Richtig aber ist, dass Corona ein Weck- zusetzen, ja sogar die Notwendigkeit des dern“. ruf ist. Ein Aufruf an die Politik, zu handeln. Wandels überhaupt anzuerkennen. Weltun- Was die Klimakrise nicht schaffte, gelingt tergänge, Epidemien, Krisen und Zusam- Das ist beim Coronavirus an- vielleicht dem Virus: die Politik wieder ge- menbrüche gehören seit den apokalyptischen ders. Es ist real. Der Ausbruch stärkt auf das Spielfeld des Handelns zu schi- Reitern der biblischen Offenbarung zur hat einen Anfang. Und hoffentlich cken. Zu sehr war sie in Dämmerschlaf ver- Grundausstattung der menschlichen Ent- ein baldiges Ende. Das ist ein erster, mar- sunken, zu sehr in pragmatischem Gewusel wicklung. Weder Pest noch spanische Grippe verloren. Schaut man sich die politischen noch Corona noch Hungersnöte, weder Welt- Parteien, nicht nur in Deutschland, sondern kriege noch Börsenzusammenbrüche hätten das Überleben der Menschheit bisher be- droht. Und Überbevölkerung, Ressourcen- verbrauch, Umweltzerstörung und Regen- waldabholzung würden an grundsätzlichen positiven Vorankommen der Menschheit nichts ändern. u VAA MAGAZIN APRIL 2020 11
Spezial Nur die wenigsten Autoren sprechen ganz sendemonstrationen führte. Als die politi- verkörperten dieses Bewusstsein im Parla- offen vom Verschwinden des Menschen als sche Nachfolgegeneration der 68er die etab- ment. Sukzessive nahm das Umweltbewusst- Ergebnis des Klimawandels und der Arten- lierten Parteien vor sich hertrieb. Als es gro- sein zu: Umweltkatastrophen wie Tscherno- zerstörung. Nicht alle zitieren den Untergang ße öffentliche Diskussionen über Wertewan- byl und später Fukushima beschleunigten die von Zivilisationen. Die meisten vermeiden del und das Verhältnis von Wirtschaft und Entwicklung. Die Staatengemeinschaft be- sichere Aussagen über das Ende der Entwick- Umwelt gab. schäftigte sich mit ökologischen Grundsatz- lung oder beschränken sich wie der Informa- fragen. Zugleich thematisierte man neben der tikprofessor Franz Josef Rademacher auf die Die politische Diskussion erfasste die gesam- Zerstörung der natürlichen Lebensgrundla- Aussage, der Mensch würde schon irgendwie te Gesellschaft auf eine andere Art als heute. gen zunehmend auch die wachsende soziale und irgendwo überleben. Aber es werde ein- Sieht man heute die Greta Thunbergs und die Ungleichheit und weltweite Armut. Doch fach „hässlich“, wenn wir so weitermachten Lisa Neubauers der Fridays-for-Future-Be- blieben viele politische Initiativen auf die na- wie bisher. Da liegt die verführerische Frage wegung, kommen einem fast die Tränen an- tionale Ebene und auf verschiedene Aspekte nahe: Warum und wie eine Ordnung, ein Sys- gesichts der liebevollen Harmlosigkeit und von Klimafragen oder Umweltschutz be- tem ändern, das für die meisten gut funktio- des braven Fügens in demokratische Spielre- schränkt. Natürlich gab es Gesetze zum Aus- niert? Auf Deutschland bezogen war und ist geln. Was für ein Ausbruch an politischer bau der erneuerbaren Energien, zur Reduk- das System der freien und sozialen Markt- Emotion in den Siebzigern und Achtzigern. tion von CO2, zur Steigerung der Effizienz. wirtschaft ein Erfolgsmodell ohnegleichen. Hunderttausende im Bonner Hofgarten ge- Sie gab es auch auf europäischer Ebene. Die Soziale Marktwirtschaft versöhnte die gen die Nachrüstung, eine Außerparlamen- Deutschen mit dem Kapitalismus und den tarische Opposition (APO), die ihren parla- Doch fehlten eine profunde ethische Begrün- Kapitalismus mit der Demokratie, kann man mentarischen Arm in den Grünen fand. Pet- dung und eine klare Zielbeschreibung für ei- nicht nur bei der Konrad-Adenauer-Stiftung ra Kelly und Gert Bastian waren Leitfiguren, nen umfassenden Ansatz einer ökosozialen lesen. Warum sich auf einen neuen Weg zu deren Vorläufer die 68er waren, Rudi Dutsch- Modernisierung. Es gab keine Wegbeschrei- mehr Nachhaltigkeit aufmachen, der zwangs- ke oder gar Fritz Teufel. Das führte im bung für das, was manche eine Vierte Indus- läufig Opfer erfordert? Warum also eine so- schrecklichen Extremfall bis zur Roten Ar- trielle Revolution nennen. Zwar fehlte es zialökologische Modernisierung einfordern, mee Fraktion (RAF) und den Morden im nicht an Druck auf die Regierungen, ein- deren Chancen, die Unbezähmbarkeit der Deutschen Herbst. Auch die außenpoliti- schlägige Gesetze zu machen und Anreize Erde und des Menschen einzuhegen, ohnehin schen Veränderungen waren grundstürzen- für grüne Initiativen zu entwickeln. Aber es eher gering sind? der Art, sei es nun der Untergang der Sowje- gab keinen Aufruf zu einer ganz neuen Art tunion oder die deutsche Wiedervereinigung politischer Bewegung und keine Forderung, Zum einen, weil Erfolge der Vergangenheit oder der Vertrag von Maastricht. Damals die „Geschichte des Lebens auf der Erde und keine Garantie für eine erfolgreiche Zukunft führte die Politik die Welt. ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen“, sind. Zum anderen, weil die Fakten klar sind. wie es Jeremy Rifkin formuliert. Die wissenschaftlichen Grundlagen des Kli- Der frühere Staatssekretär im Bundesum- mawandels werden von der überwältigenden weltministerium Michael Müller glaubt, mit Schließlich nahmen sich zwei große Institu- Mehrheit der Forscher und Akteure aner- dem Sozialismus sei der ideologische Gegner tionen des Themas in umfassender Art und kannt und sprechen eine eindeutige Sprache. des Jahrhunderts verschwunden, und damit Weise an. Und von Anfang an ging es ihnen Es ist nicht mehr zu verdrängen, dass die bis- die politische Auseinandersetzung. Der Un- um beides: um die Zerstörung der natürli- herige Art von Produktion und Konsum die tergang der Sowjetunion machte sichtbar, chen Lebensgrundlagen, aber auch um welt- Grundlagen von Freiheit und Wohlstand un- dass aus dem vorwiegend politisch definier- weite Armut und wachsende soziale Un- tergräbt. Klimawandel, der rapide Verlust ten Systemwettbewerb ein vorwiegend öko- gleichheit. Papst Franziskus wie die Verein- biologischer Vielfalt, die Vermittlung der nomisch definierter Standortwettbewerb ten Nationen drängten auf eine umfassende Meere und der Verlust fruchtbarer Böden wurde. Wirtschaft und Finanzwelt übernah- Problemanalyse und eine neue Idee des Fort- sind grelle Warnzeichen. men das Ruder. Zwar erschütterte die Finanz- schritts. Im Mai 2015 erblickte die päpstliche krise von 2008 den Glauben an die Gestal- Enzyklika „Laudato si’“ das Licht der Welt Warum geht der Kampf gegen den Klima- tungskraft des Marktes, aber niemand setzte und im September 2015 folgten die Vereinten wandel und das Artensterben anders als im ein neues Paradigma an seine Stelle. Müller Nationen. Sie veröffentlichten die „Agenda Fall des Coronavirus nur so langsam voran? dazu: „Politik und Gesellschaft hatten 2030 für nachhaltige Entwicklung“ und for- Die Politik hat an Gestaltungskraft und an Schwierigkeiten, Zusammenhänge in diesen mulierten 17 globale Nachhaltigkeitsziele. Akzeptanz in der Bürgerschaft an Bedeutung Zeiten zu erkennen. Daher wird die aktuelle Die internationale Staatengemeinschaft do- verloren. Um den Abstieg zu ermessen, ist Diskussion in der Politik von Pragmatikern kumentierte damit ihren Willen, gemeinsam ein Blick in die 80er Jahre hilfreich. Manche bestimmt.“ die Grundlagen für eine nachhaltige Ent- werden sich noch an die großen gesellschafts- wicklung aller Staaten zu schaffen. politischen Diskussionen der damaligen Zeit Gleichzeitig wuchs in Wissenschaft und Ge- erinnern. Als die Partei der Grünen entstand sellschaft seit den 80er Jahren kontinuierlich Kernfragen werden dort gestellt. Welcher ist und der Widerstand gegen den Nachrüs- das Bewusstsein für die Zerstörung der na- der richtige Weg nachhaltiger Entwicklung? tungsbeschluss der NATO zu großen Mas- türlichen Lebensgrundlagen. Die Grünen In welchem politischen System kann er u 12 VAA MAGAZIN APRIL 2020
Spezial Der weltweite Luftverkehr hat schädliche Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima, ist aber ein Kernelement der modernen Wirtschaft. Flughäfen und Fluggesellschaften gehören nun zu den am stärksten von der Coronakrise betroffenen Unternehmen. Foto: chinaface – iStock 13
Spezial am besten umgesetzt werden? Welche Wirt- kommt die Gemeinde zusammen und man re dann die Unternehmen zu Effizienzpro- schaftsordnung ist die am besten geeignete? hilft sich gegenseitig.“ Die Handelsblatt-Au- grammen. Das Pathos von Rifkin ist ihm ein Ist Wachstum gut oder schlecht für die Ret- toren Christoph Kapalschinski und Sebastian Gräuel. Wo Rifkin gegen Gentechnik und tung der Welt? Die Frage, auf die noch immer Matthes haben sich intensiv mit den beiden extrem teure Atomkraft argumentiert, sieht unterschiedliche Antworten gegeben wer- beschäftigt. Dazu ihre Ausführungen: In sei- McAfee beide als legitime Klimaschutzinst- den. Ohne Zweifel haben gerade die Länder nem jüngsten, 2019 erschienenen Buch stellt rumente. „Was ist die drängendere Frage für der Dritten Welt durch Wirtschaftswachstum Rifkin einen globalen Green New Deal vor. künftige Generationen: ein bisschen Atom- und Globalisierung die größten Fortschritte Dieser Deal ist ein kühner ökonomischer müll oder ein überhitzter Planet?“ bei der Bekämpfung von Armut und Klima- Plan, mit dem er den aktuellen Umbau der schäden erreicht. Und doch ist Wachstum an Wirtschaft erreichen will. Der sei mit den Auch wenn beide glauben, dass der Klima- sich nicht immer eine hinreichende Bedin- ökonomischen Klassikern nicht mehr erklär- wandel noch zu bewältigen sei, durchzieht gung für die Beseitigung der Probleme. Denn bar. Seine These ist, dass der klassische Ka- gelegentlich Pessimismus das Buch von Rif- es schafft neue mit der Zerstörung der Um- pitalismus durch etwas Neues abgelöst wür- kin. Denn er beziffert die Zeitspanne, in dem welt und der Vernichtung der Rohstoffe. So de. Dabei zitiert er den Wandel der Automo- sein Plan umgesetzt werden muss, auf zwan- postulieren das die Vertreter der Postwachs- bilindustrie zu „Mobilitätsdienstleistern, die zig Jahre. Zwanzig Jahre, „um unsere Aus- tumsbewegung. ihren Kunden ständigen Zugang zum Ver- löschung zu verhindern“ und die ökologische kehr versprechen, statt ihnen alle paar Jahre Wende gelingen müsse. Das ist mehr als Viele Experten wie Silke Helfrich, Johan ein neues Auto zu verkaufen“. Er entwirft ein sportlich. Aber er hat Hoffnung. Rifkin fin- Rockström oder Otmar Edenhofer themati- umfassendes Szenario, wie aus der fossilen, det sie bei den Jungen. Er begrüßt die Schul- sieren diese Frage. Sie haben Verständnis für die Zukunft zerstörenden Welt eine neue, streiks und Protestaktionen der Fridays-for- wachstumskritische Positionen. Sie sehen grüne werden kann, in der das Leben koh- Future-Bewegung. Für ihn sind sie die Chan- Grenzen des Wachstums zum Beispiel bei lenstofffrei, die E-Mobilität autonom, die kli- ce, dass sich „zum ersten Mal weltweit zwei der Landnutzung, beim Ressourcenver- maeffizienten Gebäude vernetzt und die Generationen, die Generation Z und die Mil- brauch, beim Artenverlust oder beim Klima- Ökolandwirtschaft smart sind. lenials, als bedrohte Arten sehen“. Er will der wandel. Aber sie schreiben auch, dass man Graswurzelbewegung bei der Entwicklung ohne Wachstum nicht Armut und Hunger Die Voraussetzungen in allen Sektoren seien ihrer grünen kohlenstofffreien Infrastruktu- überwinden, sauberes Wasser und Energie, durch den Staat zu schaffen, das Geld dafür ren helfen, nicht nur um dem Klimawandel bessere Bildung und wirtschaftliche Ent- sei allerdings privat zu mobilisieren. Rifkin zu begegnen, sondern auch, um eine gerech- wicklung für alle Länder in der Welt errei- weist darauf hin, dass Massen von Anlegern tere und humane Wirtschaft und Gesellschaft chen kann. Und es spricht einiges dafür, um weltweit nach neuen Investitionsmöglichkei- zu schaffen. Er fordert für sie die schnelle die Sachverständigengruppe „Weltwirt- ten suchten, nachdem fossile Energien zum Übernahme von politischer Verantwortung. schaft und Sozialethik“ der deutschen Bi- Portfoliorisiko geworden seien. Er schätzt, schofskonferenz zu zitieren, dass eine not- dass die fossil befeuerte Zivilisation um 2028 Wer treibt die sozialökologische Modernisie- wendige Verbesserung der Emissionseffizi- kollabiert. Als Investoren der Energiewende rung voran? Wenn es zutrifft, dass seit der enz bei einer dynamischeren und innovati- führt er die mächtigen Pensionskassen ins Epochenwende von 1989 die Politik an Ge- veren Wirtschaft leichter möglich wäre als Feld. Die Idee hat Charme: Der Kapitalismus staltungskraft zugunsten der Wirtschaft ver- bei einer schrumpfenden oder stagnieren- würde von den Arbeitnehmern gerettet. Er loren hat, dann wird man dafür Bespiele fin- den Wirtschaft. Es muss also um ein Wirt- fordert die Aufhebung von Schuldengrenzen den müssen. Viele Unternehmen und Indus- schaftswachstum gehen, das ökologische für grüne Infrastruktur und die Ausgabe von trien hatten sich des Themas der ökologi- und soziale Folgen nicht ausklammert. Gibt Ökoanleihen durch Staaten. schen Modernisierung angenommen, vor al- es ein Wachstum, das die Kosten die Pro- lem Telekommunikationskonzerne, Strom- duktion und Konsum erzeugen, nicht auf Andrew McAfee setzt stärker als Rifkin auf versorger, Verkehrs- und Logistikunterneh- Dritte abwälzt, auch nicht auf nachfolgende die Kraft des Kapitalismus und auf noch men, der Bau- und Immobiliensektor, Smart Generationen? Gibt es ein ökonomisches mehr Wachstum. Aber ein anderes Wachs- Farming und die Unternehmen aus den Bio- Rezept gegen den Klimawandel? tum, das weniger Ressourcen verbraucht wissenschaften. Viele von ihnen haben („more from less“). Die Wirtschaft demate- Nachhaltigkeitsprogramme aufgelegt. Kapitalismus als Retter? rialisiere sich, für eine höhere Wirtschafts- leistung sei immer weniger Materialeinsatz Auch die chemisch-pharmazeutische Indus- An diesen Rezepten haben sich viele Denker nötig. In Industrieländern sinke der Einsatz trie in Deutschland macht Tempo auf dem im Westen versucht. Zwei prominente Öko- von Metallen und Kohle – bei gleichzeitig Weg zur Treibhausgasneutralität. Bayer ver- nomen aus den USA sollen stellvertretend für höherem Bruttoinlandsprodukt. Kapitalis- folgt einen umfassenden Ansatz. Das Unter- alle zitiert werden. Der eine, Andrew McA- mus, technischer Fortschritt, verantwortlich nehmen strebt nicht nur an, bis 2030 kli- fee, schwört auf die Stärke des Kapitalismus, handelnde Regierungen und öffentliche Be- maneutral zu sein, sondern leistet seinen Bei- der andere, Jeremy Rifkin, setzt auf die Kraft teiligung sind die Treiber der ökologischen trag im Einklang mit den Zielen für nachhal- der Gemeinschaft. Klimakrise als Solidari- Transformation. Allerdings setzt er auf ge- tige Entwicklung der Vereinten Nationen. Es tätsstifter. „Während einer Naturkatastrophe sellschaftlich gewollte Regulierung. Die füh- will darüber hinaus bis 2030 100 Millionen 14 VAA MAGAZIN APRIL 2020
Spezial Kleinbauern in Ländern mit geringen und formation voranzubringen, zählt er eine Rei- der Atomenergie, Ausbau erneuerbarer Ener- mittleren Einkommen unterstützen, indem he von Handlungsfeldern auf. Er spricht von gien, Klimaziele, Verminderung der Treibh- sie Zugang zu Innovationen, Wissen und Klimaschutz und Dekarbonisierung, von ei- ausgase um 85 Prozent bis zum Jahr 2050. Partnerschaften erhalten. Die BASF will nem sektorübergreifenden, einheitlichen Sie unterstützt das Pariser Klimaabkommen mehr erneuerbare Energien zukaufen und CO2-Preis für alle Aktivitäten, die Treibh- und macht sich für den Erhalt der Regenwäl- neue, CO2-arme Produktionstechnologien ausgase freisetzen, sowie vom Abbau der der stark. Es passiert also etwas. Und den- entwickeln. Covestro, einer der Spitzenreiter ökonomisch und ökologisch schädlichen noch bleibt der Eindruck von Halbherzigkeit auf dem Weg zu nachhaltiger Produktion Subventionen für Kohle, Flugbenzin und oder Lethargie. War und ist sie sich ihrer ei- weltweit, bewertet alle Lieferanten, für die Dieselkraftstoffen. Es geht um Klimaabga- genen Gestaltungskraft nicht mehr sicher? mehr als 100.000 Euro pro Jahr getätigt wer- ben beim Im- oder Export von Waren. Für Ist es der Umbruch im Parteiensystem? Sind den, und verlangt, dass sie den Nachhaltig- ihn wie für viele andere ist die Minderung es die Herausforderungen von Globalisie- keitsforderungen entsprechen. der externen Effekte beim Auto-, Schiffs- rung und Digitalisierung? und Flugverkehr durch eine angemesse- Der Verband der Chemischen ne Bepreisung des Zu diesem Zeitpunkt schlug die Coronakrise Industrie (VCI) und der Ver- wie eine Bombe in diese Gemengelage ein. ein Deutscher Ingenieure Unerwartet, heftig und mit (VDI) haben den Aufbau der unüberschaubaren Plattform „Chemistry4Cli- Konsequenzen. Sie mate“ beschlossen, die von löste eine Stunde beiden Organisationen be- der Wahrheit an den trieben wird. Die Platt- Börsen aus, deren form ist die erste von der Auswirkungen noch Wirtschaft getriebene nicht überschaubar Klimaallianz für eine sind. Für eine Zeit ganze Branche. Ihr Ziel wird der Coronavirus ist es, die nationalen Politik, Wirtschaft und deutschen Klima- und Gesellschaft in Geisel- Energ ievorgaben haft nehmen. Für viele ebenso zu erreichen ist er eine menschliche wie jene des „Green Tragödie. Er wird, wenn Deals“ der Europäischen Foto: air es ganz schlimm kommt, Kommission unter Ursula von der Leyen. do n e – an den Börsen katastro- iStock Dazu sollen Unternehmen, Umweltverbän- Energie- und phale Wirkung entfalten. de, Gewerkschaften, Verbraucherschützer, Schadstoffverbrauchs von Bedeutung. Möglich, dass wir dann die Politik, die Energieerzeuger und Netzbe- Auch den ressourcenschonenden Flächen- nicht mehr von der sozialökologischen treiber sowie andere Akteure gemeinsam die verbrauch spricht er an. Transformation sprechen, weil wir dann Grundsteine für die Dekarbonisierung des ganz andere Sorgen haben. Das ist zum jet- riesigen Industriezweiges legen. Diese Forderungen findet man natürlich auch zigen Zeitpunkt nicht erkennbar. Erkennbar bei anderen. Erwähnenswert in seiner Argu- aber ist, dass die Menschen wach sind. Er Wachstum neu vermessen mentation erscheint daher vor allem sein wird einen ungeheuren Schub an neuer Soli- Hinweis, dass die notwendige Transformati- darität auslösen. Er schärft das Bewusstsein Johannes Wallacher ist ein deutscher Öko- on dann einfacher zu erreichen sei, wenn sie für Veränderungen. Die Menschen sehen hin nom und Philosoph sowie seit 2011 Präsident von einem Bewusstseinswandel vorbereitet und hören zu. Nicht nur der Politik, aber eben der Hochschule für Philosophie München. Er und mitgetragen wird. „Ein Bewusstsein wie auch ihr. beginnt seinen Artikel „Wachstum neu ver- bei Corona“, sagt Luisa Neubauer. Die Re- messen“ über die Notwendigkeit einer sozi- flektionen über das rechte Maß ist wichtig Und so ist der verblüffendste „Kollateral- alökologischen Modernisierung mit einer und soll dazu beitragen, Produktionsweisen schaden“ der Corona- und der Börsenkrise, unmissverständlichen Feststellung, die aus von Unternehmen und Lebensstile wie Kon- dass die Politik als Spielmacher auf das „Laudato si‘“ und der Agenda 2030 der UN summuster einer hohen Zahl von Bürgern zu Spielfeld zurückgekommen ist. Politik ver- gefiltert sind: „Die zentralen Herausforde- verändern. standen in einem breiten Sinne, der auch rungen unserer Zeit, die weltweite Armut, Graswurzelbewegungen und große Institu- wachsende soziale Ungleichheiten und die Die Wirtschaft scheint auf dem Weg zu sein. tionen umfasst. Nur über sie werden Coro- Zerstörung unserer natürlichen Lebens- Die Politik folgt ihr, bleibt aber seltsam re- nakrise und Börsenkrise in den Griff zu be- grundlagen, sind eng miteinander verknüpft serviert. Auf dem Weg zu größerer Nachhal- kommen sein. Und nur über sie wird die so- und können daher nur gemeinsam gelöst tigkeit hat sie viele Dinge nicht nur angesto- zialökologische Transformation ins Werk ge- werden.“ Um eine sozialökologische Trans- ßen, sondern auch entschieden. Ausstieg aus setzt werden können. ¢ VAA MAGAZIN APRIL 2020 15
VAA COVID-19-PANDEMIE VAA weiter für Mitglieder da! Im Kampf gegen die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie halten sich auch die Mitarbeiter der VAA-Geschäftsstelle und des VAA-Büros Berlin an die zurzeit gültigen behördlichen Anordnungen und Empfehlungen. Für seine Mitglieder steht der VAA in gewohnter Weise und ohne jede Einschränkung zur Verfügung. Es wird alles dafür getan, um die Aus- glieder in den Gremien wird, wo es geht, auf satzfähig und belastbar.“ Bis auf Weiteres breitung des neuartigen Coronavirus ein- den virtuellen Raum verlegt“, erklärt Kro- könne der Betrieb in Deutschlands größ- zudämmen. „Das Wichtigste vorweg: nisch. Anstehende Präsenzveranstaltungen tem Führungskräfteverband ohne Abstri- VAA-Mitglieder können den Juristischen und Sitzungen sind entweder abgesagt wor- che aufrechterhalten werden. Service und die weiteren Dienstleistun- den oder werden online durchgeführt. gen des Verbandes jederzeit in Anspruch VAA-Praxistipp: VAA-Mitglieder kön- nehmen“, versicher t VA A-Hauptge- Dienstreisen und persönliche Gespräche nen sich jederzeit telefonisch an die schäftsführer Gerhard Kronisch. „Der der VAA-Mitarbeiter werden in nächster VAA-Geschäftsstelle und das VAA-Büro VAA bietet weiterhin in vollem Umfang Zeit ebenfalls auf das Nötigste zurückge- Berlin wenden. Beratungstermine kön- Rechtsberatung an und gewährt selbst- fahren, um Infektionen mit dem Corona- nen sowohl telefonisch als auch online verständlich Rechtsschutz.“ erreger zu verhindern. „Wir haben alle nö- wahrgenommen werden. Sollte aus be- tigen Maßnahmen ergriffen, um flexible stimmten Gründen ein persönliches Er- Die Geschäftsführung und der Vorstand Arbeitsmodelle wie eine verstärkte Tätig- scheinen vor Ort erforderlich werden, des Verbandes befinden sich in enger Ab- keit der VAA-Mitarbeiter aus dem Home- beispielsweise bei Vertretungen vor Ge- stimmung miteinander, um zeitnah auf office gewährleisten zu können“, betont richt, wird auch dies von den VAA-Juris- aktuelle Entwicklungen rund um CO- VAA-Hauptgeschäftsführer Kronisch. ten abgedeckt, sofern vonseiten der Be- VID-19 reagieren zu können. „Das eh- „Unsere Workf lows funktionieren ein- hörden keine anderweitigen Anordnun- renamtliche Engagement der VAA-Mit- wandfrei – unsere Organisation ist ein- gen erlassen werden. ¢ Was gilt arbeitsrechtlich? Das neuartige Coronavirus und die von ihm ausgelöste Krankheit COVID-19 hat Deutschland in den letzten Wochen mit voller Wucht erreicht. Wie wirkt sich diese Ausnahmesituation auf das Arbeitsverhältnis aus? VAA-Hauptgeschäftsführer Gerhard Kronisch erklärt, was arbeitsrechtlich gilt. Wenn Arbeitnehmer an COVID-19 er- beitsrechtlich so, dass der Arbeitnehmer bis die deutschen Gesundheitsbehörden kranken, gelten die Regeln des Entgelt- das allgemeine Lebensrisiko trägt, bei- offiziell etwas anderes anordnen.“ fortzahlungsgesetzes. Das heißt: Jemand, spielsweise auf der Fahrt zum Arbeits- der erkrankt ist, muss wie bei jeder ande- platz, zu einem Termin oder durch Kon- Für den Fall, dass Arbeitnehmer im Home- ren Erkrankung auch eine Arbeitsunfä- takt zu Kolleginnen und Kollegen, einem office arbeiten dürfen, gilt Kronisch zufol- higkeitsbescheinigung vorlegen. erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt ge: „Gerade jetzt dürfen sie ihre Arbeits- zu sein.“ Aus bloßer Angst vor einer An- leistung nach Absprache vom Homeoffice Dürfen Arbeitnehmer aus Angst vor ei- steckung dürfen Arbeitnehmer ihre Ar- aus erbringen.“ Arbeitgeber sind verpflich- ner Ansteckung zuhause bleiben? „Die beitsleistung nicht verweigern, so der tet, im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht dafür Angst, sich anzustecken, ist verständ- Rechtsanwalt und Fachanwalt für Ar- Sorge zu tragen, mögliche Ansteckungen lich“, erklärt VAA-Hauptgeschäftsführer beitsrecht. „Der Arbeitnehmer bleibt so der übrigen Belegschaft zu verhindern, Gerhard Kronisch. „Trotzdem ist es ar- lange zur Arbeitsleistung verpf lichtet, beispielsweise durch Hygienemaßnahmen. 16 VAA MAGAZIN APRIL 2020
VAA Foto: ArtistGNDphotography – iStock Werden behördenseitig Quarantänemaßnah- Auslandsreisen in bestimmte Gebiete mit dies zur Unwirksamkeit des Widerspruches men angeordnet, wie in den letzten Wochen den Mitarbeitern nach Möglichkeit eine und damit gilt die Zustimmung des Gremi- in allen Bundesländern geschehen, müssen einvernehmliche Regelung treffen sollte.“ ums als erteilt.“ Der Arbeitgeber könnte so Arbeitgeber ebenso wie bei einer Erkran- Für Tagungen, Seminare und Schulungen, die personelle Maßnahme trotz des Wider- kung für die Dauer von sechs Wochen das wie sie beispielsweise auch vom VAA an- spruches berechtigterweise durchführen. So Gehalt zahlen. Kronisch ergänzt: „Wobei der geboten werden, hatten viele Arbeitgeber weit die Rechtslage in normalen Zeiten. Arbeitgeber die ausgezahlten Beträge von schon vor der Quarantäne ein Teilnahme- der zuständigen Behörde auf Antrag erstattet verbot verhängt. Hier gilt es insbesondere, BMAS erkennt bekommt.“ Ab der siebten Woche müssen die die behördenseitigen Anordnungen weiter Ausnahmesituation an Arbeitnehmer selbst eine auf die Höhe des zu verfolgen und zu beachten. Krankengeldes beschränkte Verdienstausfal- Allerdings handelt es sich bei der COVID- lentschädigung beantragen. Was gilt für Betriebsräte 19-Pandemie um eine absolute Ausnahmesi- und Sprecherausschüsse? tuation. Dies hat das Bundesministerium für Sofern Kinder von Arbeitnehmern erkrankt Arbeit und Soziales am 20. März 2020 in ei- sind, gelten die allgemeinen Regelungen. „Noch ein Wort zur Betriebsrats- und Spre- ner Ministererklärung ausdrücklich bestä- Anders sieht es aus, wenn aufgrund einer cherausschussarbeit“, erklärt Gerhard Kro- tigt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil Schließung der Kita, der Schule oder des nisch. „Als VAA sprechen wir uns schon seit appelliert darin an die Arbeitgeber und Be- Kinderhorts die Betreuung des Kindes Langem dafür aus, sowohl im Betriebsver- triebsräte, möglichst schnelle und pragmati- nicht gesichert ist, ohne dass ein Kind tat- fassungsgesetz als auch im Sprecheraus- sche Lösungen zu finden. In der aktuellen sächlich krank ist. „In Bezug auf Kinder- schussgesetz die Möglichkeit von Onlinesit- Lage, „wenn beispielsweise die Teilnahme an betreuung gibt es im Arbeitsrecht auch im zungen und vor allem auch von Onlinebe- einer Präsenzsitzung zu Gefahren für das Le- Falle einer Epidemie keine Sonderrege- schlussfassungen vorzusehen – und in einem ben oder die Gesundheit der Betriebsratsmit- lung“, gibt VAA-Rechtsexperte Gerhard weiteren Schritt auch Onlinewahlen zu er- glieder führt oder wegen behördlicher An- Kronisch zu bedenken. „Gibt es für den Ar- möglichen.“ Leider sieht das geltende Gesetz ordnungen nicht möglich ist“, sei auch die beitnehmer keine andere Möglichkeit, die all dies nicht vor. Es fordert die Anwesenheit Teilnahme an einer Betriebsratssitzungen per Betreuung seines Kindes zu gewährleisten, der Betriebsrats- beziehungsweise Sprecher- Video- oder Telefonkonferenz einschließlich kommt in den Grenzen des § 616 BGB zur ausschussmitglieder, und zwar die Anwesen- WebEx oder Skype zulässig. Heil weiter: Entlohnung bei vorübergehender Verhinde- heit an einem Ort. „Beschlüsse können weder „Dies gilt sowohl für die Zuschaltung einzel- rung eine Entgeltfortzahlung in Betracht.“ fernmündlich noch im Umlaufverfahren ge- ner Betriebsratsmitglieder als auch eine vir- Allerdings sei diese Vorschrift in vielen Ar- fasst werden. Lediglich Vorbesprechungen tuelle Betriebsratssitzung. Die Beschlüsse, beitsverträgen ausgeschlossen. oder Beratungen sind im Rahmen einer Te- die in einer solchen Sitzung gefasst werden, lefon- oder Videokonferenz möglich.“ sind nach unserer Auffassung wirksam.“ Die Frage, ob Mitarbeiter trotz des Corona- virus auf Dienstreise geschickt werden kön- Hier bedarf es aus Sicht des VAA dringend Weil es eine handschriftlich unterzeichnete nen, lässt sich nicht abschließend beantwor- einer Reform des Betriebsverfassungsgeset- Anwesenheitsliste in solch einem Fall nicht ten. Kronisch dazu: „Grundsätzlich ist der zes und des Sprecherausschussgesetzes. geben kann, sollte die Teilnahme gegenüber Arbeitnehmer verpflichtet, seine Arbeitsleis- Wenn entgegen der geltenden Rechtslage Be- dem Betriebsratsvorsitzenden bestätigt wer- tung zu erbringen. Beinhaltet dies auch Aus- schlüsse gleichwohl im Rahmen von Telefon- den, zum Beispiel per E-Mail. Zu beachten landsreisen, besteht kein Recht auf Verwei- oder Videokonferenzen gefasst werden, be- ist jedoch: Auch bei einer Video- oder Tele- gerung.“ Etwas anderes gelte nur dann, wenn wegen sich die Gremien hierbei in einem fonkonferenz muss der Grundsatz der Nicht- das Auswärtige Amt eine offizielle Reise- Graubereich, den es zu vermeiden gilt. Kro- öffentlichkeit gewahrt bleiben – unberechtig- warnung ausgesprochen hat oder es entspre- nisch erläutert: „Wenn zum Beispiel der Be- te Dritte dürfen nicht an der Sitzung teilneh- chende Empfehlungen der Weltgesundheits- triebsrat im Rahmen einer Anhörung zu ei- men. „Nach unserer Auffassung gilt alles, organisation (WHO) gibt. „Arbeitgeber soll- ner Versetzung den ablehnenden Beschluss was in der Ministererklärung steht, auch für ten jedoch beachten, dass man hinsichtlich per Telefon- oder Videokonferenz fasst, führt Sprecherausschüsse“, ergänzt Kronisch. ¢ VAA MAGAZIN APRIL 2020 17
VAA Foto: Baona – iStock SOZIALPARTNERSCHAFT IN ZEITEN VON CORONA BAVC und VAA vereinbaren Öffnungsklausel Aus Anlass der durch die COVID-19-Pandemie verursachten konjunkturellen Einbrüche in der Auftrags- und Ertragslage vieler Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie haben der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und der VAA eine Öffnungsklausel zu § 5 des Manteltarifvertrags für akademisch gebildete Angestellte in der chemischen Industrie vereinbart. Der Klausel zufolge „kann zur Erreichung durch das neuartige Coronavirus verursach- Entwicklung. „Wir sind davon überzeugt, einer unternehmens- oder betriebseinheitli- ten COVID-19-Pandemie einzudämmen“, dass wir am Ende gestärkt aus der Krise chen Regelung der Kurzarbeit von den Vor- betont VAA-Hauptgeschäftsführer Gerhard kommen“, so Kronisch. „Unser Akademiker- schriften des § 5 abgewichen werden“, so- Kronisch. Dazu gehöre selbstverständlich, Manteltarifvertrag in der jetzigen Fassung fern die konjunkturelle Entwicklung infolge dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeit- gilt bereits seit 1976 und hat sich auch in Kri- von Auftragsrückgängen und Ertragsein- nehmer und Führungskräfte Verantwortung senzeiten stets bewährt.“ brüchen größere Produktionseinschränkun- übernehmen, um gemeinsam nach Lösun- gen erforderlich mache. Die Regelung gilt gen zu suchen. Allgemeine Informationen zur Kurzar- rückwirkend ab 1. März 2020 und ist bis beit für außertarifliche und leitende An- zum 31. Dezember 2020 befristet. „Die So- Die Öffnungsklausel gibt den Unternehmen gestellte enthalten die auf der VAA-Web- zialpartner in der Chemie tun alles in ihrer die nötige Flexibilität für schnelle und not- site zum Download verfügbaren VAA- Kraft Stehende, um die Ausbreitung der wendige Reaktionen auf die konjunkturelle Informationen „Kurzarbeit“. ¢ Delegiertentagung und Vorstandswahlen auf Herbst 2020 verschoben Auf der VAA-Delegiertentagung 2020 wird satzungsgemäß ein VAA Magazins gültigen Vorstandsentscheidung findet die Tagung neuer VAA-Vorstand gewählt. Ursprünglich sollte die Tagung am am 29. und 30. Oktober 2020 statt. Tagungsort bleibt Bad Neue- 8. und 9. Mai in Bad Neuenahr stattfinden. Im Zuge der Entwick- nahr. Da der 31. Oktober in einigen Bundesländern ein Feiertag lungen rund um die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie in ist, beginnt die Tagung am Donnerstag. Dagegen fällt die VAA- Deutschland und Europa wird die Delegiertentagung zu einem Jahreskonferenz aus. Die Vorstellung der Kandidaten für die Vor- späteren Zeitpunkt nachgeholt. Gemäß der bei Drucklegung des standswahlen erfolgt in der Augustausgabe des VAA Magazins. 18 VAA MAGAZIN APRIL 2020
VAA COMMUNITY STÄRKEN BEI BEIERSDORF Begeisterung durch Leidenschaft Schon seit vielen Jahren gehört die VAA-Werksgruppe Beiersdorf zu den aktivsten Werksgruppen im Verband. In den letzten zwei Jahren haben die Hamburger aber noch eine Schippe draufgelegt und sich zu den absoluten Best-Practice-Beispielen in der ehrenamtlichen Community-Arbeit entwickelt. Wie dies gelungen ist? Das verraten Prof. Manuela Rousseau, Vorsitzende der Werksgruppe Beiersdorf und Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, Katja Bühl, Managerin Real Estate HH Maintenance and Projects und Mitglied im Werksgruppenvorstand, und Claudia Steikert, Global Category Managerin Procurement im Unternehmen und für das Marketing in der Werksgruppenarbeit mit verantwortlich, im Interview mit dem VAA Magazin. VAA Magazin: Wie haben Sie es hinbe- mien sind wir vertreten? Was zeichnet Bühl: Wir nutzen das, um zu sehen, wel- kommen, die Sichtbarkeit der VAA- uns aus? Zum anderen die Erhöhung der che Formate und welche Themen wir am Community in Ihrem Unternehmen noch Sichtbarkeit: Wie können wir welche besten bespielen. Beispielsweise laufen einmal deutlich zu erhöhen? Themen spielen, um Aufmerksamkeit zu außer in Krisenzeiten klassische Infover- generieren. Dazu haben wir einen Ideen- anstaltungen eher schlecht. Man muss Rousseau: Nachdem die Kollegen aus der speicher aufgesetzt und einen Zeitstrahl dann schon zusätzlich den Netzwerkcha- VAA-Geschäftsstelle und dem Büro Ber- verfasst. So konnten wir immer wieder rakter hineinbringen, um unsere Mitglie- lin uns vor etwa zwei Jahren vom geplan- über Veranstaltungen und Treffen Zei- der zu begeistern. Menschen engagieren ten Projekt „Community stärken“ in den chen setzen. Dazu gehören beispielswei- sich nicht aus reinem Selbstzweck, son- großen Werksgruppen erzählt haben, wa- se Willkommenspakete für neue Mitglie- dern sie wollen sich austauschen und ei- ren wir sofort Feuer und Flamme und der, gemeinsames Kaffeetrinken und re- nen Wissensvorsprung erhalten. wollten mitmachen. Wir haben uns im gelmäßige Treffen der Werksgruppe. In Werksgruppenvorstand überlegt, wer bei einem weiteren Workshop haben wir VAA Magazin: Wie schwer ist es für Sie, uns für ein solches Engagement infrage One-Pager erarbeitet, um einen roten Fa- Mitglieder zu mobilisieren und ein Wir- kommt und dann fand sich eine Gruppe. den für das weitere Vorgehen zu haben. Gefühl zu schaffen? u Bühl: Wir haben schon im Zuge der letz- ten Betriebsratswahl zahlreiche Themen identifiziert, bei denen wir uns als VAA klar positionieren, und auch Talksheets erarbeitet, um als Community auch an einem Strang zu ziehen. Diese Inhalte wollten wir auch nach der Betriebsrats- wahl nutzen, um dranzubleiben. Wir ha- ben uns mit unseren Mitgliedern getrof- fen und offen ausgetauscht. Daraus ha- ben sich dann Teams gebildet, mit denen wir in der Community arbeiten. VAA Magazin: Wie ging die Themenfin- Katja Bühl dung vonstatten? ist Managerin Real Estate HH Mainte- Steikert: Je nach Expertise unserer ein- nance and Projects zelnen Stakeholder haben wir uns in den bei Beiersdorf und Teams zusammengesetzt und Kernthe- Mitglied im Werks- men identifiziert. Zum einen die Identität gruppenvorstand. des VAA: Wer sind wir? In welchen Gre- Foto: Beiersdorf VAA MAGAZIN APRIL 2020 19
VAA nehmen bewegen und bekommt Infos zu vielen berufsrelevanten Themen, welche sie unmittelbar betreffen. Das alles sind harte Argumente, die den einen oder an- deren interessieren und auch motivieren, den VAA kennenzulernen. Bühl: Nicht zu unterschätzen ist auch der Wissensvorsprung, den wir unseren Mit- gliedern bieten. Ein Beispiel: Beiersdorf plant einen neuen Campus. Dazu haben wir eine Sonderveranstaltung geboten, Claudia Steikert auf der wir dann Informationen aus ers- ist Global Category ter Hand erhalten haben, und zwar früher Managerin als andere Mitarbeiter. Procurement bei Beiersdorf und in Rousseau: Dazu gehören auch externe der Werksgruppe Veranstaltungen wie Besichtigungen der mit verantwortlich Elbphilharmonie oder der Tchibo-Röste- für das Marketing. rei. Hier ist das Interesse immer beson- Foto: Beiersdorf ders groß. Rousseau: Uns ist es gelungen, für unse- karten bekommen oder immer auch ak- Bühl: Auch bei den gemeinsamen Veran- re Community Marketing voranzubrin- tuelles VAA-Infomaterial für Interessier- staltungen mit anderen Werksgruppen gen. Begegnungen und persönlicher Aus- te griff bereit haben. Neue Mitglieder be- der Region, etwa mit Aurubis, rennen tausch sind sehr wichtig. Außerdem ist grüßen wir schriftlich und laden sie auf uns unsere Mitglieder sprichwörtlich die die Erhöhung der eigenen Sichtbarkeit re- einen Kaffee ein. Manchmal verschen- Bude ein. Über die Landesgruppe Nord levant sowie das Bedienen des Bedürf- ken wir auch Gutscheine aus der Mitglie- halten wir immer den Kontakt mit den nisses der Menschen, sich einzubringen. der-werben-Mitglieder-Aktion. Das ist anderen Werksgruppen. Das heißt, eine aktive Einbindung zu er- kein Muss. Bei Interesse können neue möglichen. Mitglieder bei unseren Jour fixes oder an VAA Magazin: Welche betriebspolitischen unseren gemeinsamen Lunchterminen Themen besetzen Sie bei Beiersdorf? Dass wir Vorbilder wie Katja Bühl und teilnehmen. Claudia Steikert gefunden haben, die bei- Steikert: Hier haben wir die Themen bei de eine jüngere Generation vertreten, hat Bühl: Dazu gehört auch, dass wir mit der letzten Betriebsratswahl bereits iden- Signalcharakter. Beide sind in verant- Vertretern aus der Community bei jeder tifiziert und ausgebaut. Dazu gehören wortlichen Positionen tätig und leben Betriebsversammlung an einem VAA-In- Karriereentwicklung, Gehaltsverhand- Vereinbarkeit von Familie und Karriere fostand Präsenz zeigen. Wir haben gute lungen, Arbeitszeit und natürlich Diver- vor. Es ist eine Riesenleistung, hier noch Laune und unterhalten uns mit allen Kol- sity. In diesen Themenblöcken haben wir zusätzlich ehrenamtliche Aufgaben zu legen und Interessenten. uns mit Kernteams zusammengesetzt übernehmen. Darauf bin ich sehr stolz. und dazu kurze, knackige Sätze formu- VA A Magazin: Was antworten Sie den liert, die wir aber auch je nach Bedarf VAA Magazin: Wie setzen Sie das Marke- Kollegen, die danach fragen, warum sie aktualisieren. ting denn um? überhaupt zum VAA kommen sollen? Bühl: Das kann man mit einem Wahlpro- Rousseau: Alle unsere Mitglieder sind Steikert: Dafür haben wir eben jenen gramm vergleichen. So wissen die Mit- dazu angehalten, nach Interessenten zu One-Pager erarbeitet, der explizit aus der arbeiter genau, wer hinter dem VAA steht suchen. Wir haben gemeinsam mit den Perspektive „What’s in for me?“ spricht. und was wir zu bestimmten Themen zu Vertretern unserer Tochterfirmen einen Wir sind eine starke Gemeinschaft, und sagen haben. regelmäßigen Jour fixe einmal im Monat zwar deutschlandweit, wir können uns und wir wissen alle, dass wir Gemein- gemeinsam viel schneller mit interessan- Rousseau: Zu den wichtigsten Themen schaft leben und uns gegenseitig unter- ten Kollegen vernetzen und wir haben im Moment gehört beispielsweise die stützen. natürlich eine kompetente Rechtsbera- Pflegeversicherung, bei der die IG BCE tung im Rücken. Ein weiterer Punkt: Wer die AT-Mitarbeiter bewusst ausgeschlos- Wir haben dafür gesorgt, dass aktive sich über die betriebliche Mitbestim- sen hat. Hier läuft unsere Meinungsbil- Werksgruppenmitglieder VAA-Visiten- mung engagiert, kann einiges im Unter- dung noch, wie wir unser Unternehmen 20 VAA MAGAZIN APRIL 2020
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