Personalwirtschaft Das Magazin für den Job HR
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www.personalwirtschaft.de Personalwirtschaft 02 2020 Das Magazin für den Job HR Reflexion statt Reflex COACHING ALS BEGLEITINSTRUMENT DES WANDELS 18 Euro G 21212 ISSN 0341-4698 Art.-Nr. 07698002 +++ Case Study: ISS macht Mitarbeiter fit +++ Analyse: Zeitgemäßes Reisemanagement +++ +++ Marktübersicht: Payroll +++ Interview: Kurzarbeit, eine knifflige Sache +++
Europas führende Expos, Events & Conferences für die Welt der Arbeit //WHAT Leadership, Culture & Mindset Digitale Transformation Agiles Arbeiten MATTERS Co-working Spaces Digital Mindset Innovationsmanagement TO YOU? Design Thinking Changemanagement JETZT TICKETS SICHERN! WWW.ZUKUNFT-PERSONAL.COM/TICKETS //FUTURE OF WORK RETHINK. CREATE. TRANSFORM. ZP NORD ZP SÜD ZP EUROPE DIGITAL MIND CHANGE HAMBURG STUTTGART KÖLN MÜNCHEN 21.–22. APRIL 2020 12.–13. MAI 2020 15.–17. SEPTEMBER 2020 tba. 2020
EDITORIAL Diskrete Geburtshelfer Vom Reflex zur Reflexion So ist Coaching in der Essenz eine zurückhaltende Disziplin. Doch sind es auf dem Papier nur die Branche ist es nicht. Nach wie vor ist der Wettstreit im Markt drei Buchstaben – und doch laut und diffus, immer wieder tauchen halbseidene Schießbuden- liegt im täglichen Miteinan- figuren auf, deren Gebaren die seriösen Anbieter und Verbände der ein kleines Universum in Verruf bringt. Digitale Angebote bringen inzwischen deutlich dazwischen. Reagieren wir Bewegung in den Markt, die klassische Face-to-Face-Situation wird unwillkürlich auf einen Reiz, zunehmend abgewandelt. Das bringt neue Spielwiesen und einen so als stießen wir uns den breiteren Einsatz für Coaching jenseits der Führungsebenen mit Musikantenknochen? Oder sind wir in der Lage, für einen Moment sich. Aber es weicht auch das ohnehin schon schwammige Ver- aus der Situation zurückzutreten, ohne uns triggern zu lassen? In ständnis des Coaching-Begriffs weiter auf. einer Zeit, die auf Tempo, Klicks und Quote setzt, wird reflektiertes Verhalten zu einem raren Gut. Und damit immer wertvoller. Wir hoffen, ihn für HR und Personalentwicklung zu präzisieren und Orientierung zu geben. Dieses Ziel verfolgen wir ab Seite 26 – Dass das Wörterbuch unter dem Begriff „Reflektieren“ das Wider- so reflektiert es uns möglich ist. spiegeln ebenso wie das Nachdenken vermerkt, haben wir als Steil- vorlage für den Schwerpunkt dieser Ausgabe genommen, denn im Coaching geht es ja um beides: Ein guter Coach ist in der Lage, den Klienten zugleich wirksam und diskret bei der Wägung komplexer Angelegenheiten zu unterstützen und der Lösung eine gewisse Cliff Lehnen Geburtshilfe angedeihen zu lassen. Chefredakteur HRWORKS HEBT SICHERHEIT UND MUNDWINKEL AUF EIN NEUES LEVEL. Seit über 20 Jahren steht HRworks für den höchstmöglichen Schutz von personen- bezogenen Daten. Verschlüsselt und in der Cloud. Als Software-Spezialist sorgen wir für alle wichtigen IT-Sicherheitsvorkehrungen – damit Sie auch in Zukunft Ihr Lächeln bewahren. Ein Tool Kundenorientierter Höchster für alle Support und Datenschutz und HR-Aufgaben regelmäßige Updates DSGVO-konform www.hrworks.de
INHALT PERSONALWIRTSCHAFT 02_2020 3 EDITORIAL Coaching: Eine wirksame, aber diskrete Disziplin 6 STILKRITIK Wie man die agile Transformation nicht vorantreiben sollte 7 ZAHLEN, BITTE! Agil ist das Ziel; doch wie kommen wir hin? 8 EINBLICK Führungskräfte müssen motivieren statt kritisieren 10 KURZE FRAGE Sind Pferde die besseren Coaches? HR & ICH 12 ZOOM Wie HR mit Minderheitsgewerkschaften umgehen sollte 14 CASE STUDY ISS bietet individualisierte Gesundheits-App für Mitarbeiter 18 PRAXISTRANSFER PR-Arbeit stärkt HR und Arbeitgebermarke 20 MARKTÜBERBLICK Reisemanagement verabschiedet den Laufzettel 24 LEBENSLAUF Helene Blichmann von Allison im CV-Check TITEL: COACHING 26 ANALYSE Was gute Coaches ausmacht – und wie man sie findet 32 INTERVIEW Elke Berninger-Schäfer über den Online-Coaching-Markt 34 FOKUS Was interne Coaches besser können als externe RECHT & POLITIK 36 INTERVIEW Johannes Schipp über Arbeitszeitverkürzung im Konjunkturtief 39 SKURRILER FALL Brötchen und Kaffee sind noch lange kein Frühstück TECHNIK & TOOLS 40 ÜBERSICHT Die Vor- und Nachteile verschiedener Payroll-Lösungen 42 SERIE Telearbeit, zweiter Teil – von 2005 bis heute 45 UPDATE Software und IT-Infos für den Job HR FORSCHUNG & LEHRE 46 ANALYSE Wie Mitarbeitermeinungen im Change ankommen 48 STANDPUNKT Neue Learning-Konzepte sind mehr als nur Buzzwords EVENT & SZENE 50 SESSELWECHSEL HR-Personalien und die Geschichten dahinter 51 NACHGEFRAGT Carolyn Schlak managt Spartenverkauf bei Scout24 52 BÜCHER Boris Kaehler über den Beruf Führungskraft 54 STELLENMARKT Aktuelle Jobs für Personalmanager 56 RÜCKBLICK Was vom Hefte übrig blieb 57 VORSCHAU Was Sie in der März-Ausgabe erwartet 57 IMPRESSUM 58 BLICK VON AUSSEN Jan Recker über das Potenzial unkonventioneller Kollegen 4 Personalwirtschaft 02_2020
STILKRITIK Brechstange und Holzhammer 2018 verordnete die ING-Diba ihrer Belegschaft eine Rosskur in Sachen Agilität. Vorhang auf für ein Lehrstück, wie man die agile Transformation eben nicht vorantreiben sollte. VoN SVEN FRoST u Es rumort bei der ING-Diba. Seit der Vorstandsvorsit- nehmenswelt organisiert sein.“ Klingt erst einmal gut, zende Nick Jue 2018 verkündet hat, das Geldhaus innerhalb zumal das Konzept denjenigen in den Mittelpunkt stellt, von anderthalb Jahren zur ersten agilen Bank Deutschlands um den sich beim agilen Wandel eigentlich alles dreht: umbauen zu wollen, wächst innerhalb der Beleg- den Kunden. Andere Banken, unter anderem schaft der Unmut über den laufenden Trans- die Commerzbank, wollen nachziehen und formationsprozess. Die Stimmung ist ihre internen Prozesse ebenfalls auf Agi- mies. 2016 belegte man im prestige- lität trimmen. Allein, ganz so einfach trächtigen „Great place to work“-Ran- scheint der Wandel dann doch nicht king noch den fünften Platz. Beein- zu sein. So zitiert das Portal finanz- druckende 85 Prozent hätten die szene.de einen ING-Insider: „Das ING-Diba als Arbeitgeber weiteremp- Leitmotiv der Agilität als solches ist fohlen, ähnlich viele waren damals ja gut. Allerdings war es zu ambitio- stolz, für das Unternehmen tätig zu niert, den Umbau in nur anderthalb sein. Vorbei. Inzwischen sind es „nur“ Jahren durchprügeln zu wollen.“ Fast noch knapp 60 Prozent der Belegschaft, scheint es, als wüsste die Unternehmens- die sich entsprechend äußern. Bei der Online- leitung selbst nicht so genau, was sie mit der Bewertungsplattform Kununu häufen sich die von ihr angezettelten agilen Revolution überhaupt Negativkommentare der Mitarbeiter (exemplarisch: „Durch erreichen will. die Transformation wurden viele Kollegen auf der Strecke liegen gelassen und sehr verunsichert.“) Wie konnte das Der Fall der ING ist ein Lehrstück für alle Unternehmen, passieren? wie man den agilen Wandel eben nicht vollziehen sollte. Brachialität ist kein adäquates Mittel, um die Belegschaft Die Antwort ist simpel: Viel zu schnell trieb CEO Jue den mitzunehmen. Eher vergrault man sie damit, wie auch das Wandel voran. Er verordnete den Bankern eine regelrechte niederländische Geldhaus feststellen musste: Nicht wenige Agilitäts-Rosskur, ließ Wände einreißen und Großraum- Mitarbeiter gaben entnervt auf und kündigten. So etwas büros schaffen, warf alte Hierarchien über den Haufen, kostet Geld – laut ING gibt es nämlich eine „sehr mitar- installierte „Squads“, „Tribes“, „Expertise Teams“ und beiterorientierte Regelung für alle diejenigen, die im Zuge „Customer Loyalty Teams“. Innerhalb von 18 Monaten der Transformation die Bank verlassen wollen“. Was weit sollte die ING mit sämtlichen Mitarbeitern, Abteilungen schwerer wiegt als großzügige Abfindungsregeln, ist der und Prozessen auf Agilität getrimmt werden. So etwas Verlust von fachlicher Expertise. geht nur mit Holzhammer und Brechstange. Und das kam bei der Belegschaft gar nicht gut an. Es gibt mehrere Säulen, auf denen der agile Wandel ruht. Erstens Eigenverantwortung der Mitarbeiter, zweitens Warum überhaupt das Ganze? Dazu die ING-Diba: „Die Einbeziehung des Kunden und last but not least ein ein- fortschreitende Digitalisierung hat das Leben der Men- heitliches Organisationsdesign und einheitliche Arbeits- schen nachhaltig verändert. So sind Dienstleistungen und weisen. Ein von oben verordneter Wandel, der noch dazu Produkte 24 Stunden am Tag verfügbar. Märkte und in solch rasendem Tempo vorangetrieben wird, ist kon- Geschäftsmodelle verändern sich so schnell wie nie zuvor, traproduktiv. Er erzeugt Unsicherheit und sogar Angst Innovationszyklen werden immer kürzer. Unternehmen bei den Mitarbeitern. Agilität in dieser radikalen Form und ihre Kunden begegnen sich in dieser durch Plattfor- wird es schwer haben. Wer den Wandel will, muss auch men und Austausch geprägten Ökonomie als Partner auf bereit sein, Zeit und Geld zu investieren, muss die Mitar- Augenhöhe. So bunt, vielfältig und dynamisch die gesell- beiter mitnehmen auf dem bisweilen schwierigen Weg schaftliche Realität ist, muss daher auch die interne Unter- hin zum agilen Unternehmen. p 6 Personalwirtschaft 02_2020
ZAHLEN, BITTE Agilität auf dem Vormarsch Immer mehr Unternehmen verordnen sich beweglichere Strukturen. An manchen Stellen hakt es allerdings noch. Das zeigt eine Stichprobe. Glauben Sie, dass Ihr Unternehmen bereits agile Inwieweit hat in Ihrem Unternehmen bereits Voraussetzungen mitbringt? eine agile Transformation stattgefunden? Nein Wir stellen unsere Organisation, Prozesse und Tools so um, dass 12 % 63 % Teams zunehmend unternehmerische Mitverantwortung für den Produkterfolg erhalten. Ja Wir planen die Umstellung unserer organisation und Prozesse 23 % 58 % auf die Zusammenarbeit mehrerer (verteilter) Teams und gegebenenfalls auch externer Dienstleister als agile Teams. Wir haben Organisationsformen und zugehörige Prozesse, die 50 % Innovationen entstehen lassen, und in denen sich Produkte nach agilen Prinzipien mehrwertorientiert umsetzen lassen können. 65 % Wir haben unsere organisation und Prozesse auf die Zusammenarbeit 42 % mehrerer (verteilter) Teams und gegebenenfalls auch externer Dienstleister als agile Teams umgestellt. Teilweise In welchen Bereichen hat Ihr Unternehmen seine Prozesse bereits auf agile Methoden umgestellt? 25 % 21 % Digital Services (digitales) Marketing/Vertrieb 67 % 25 % Quelle: Lünendonk, 2019, n=26 8% IT-Anwendungs- R&D/ Autonomes Fahren entwicklung Produktentwicklung Für die 2018 erstellte Studie „Scalable Agility“ des Marktforschungsinstitutes Lünendonk wurden 26 Großunternehmen und Konzerne befragt. Sechs davon erzielten im Jahr 2017 mehr als 50 Milliarden Euro Umsatz, weitere sieben zwischen zehn und 50 Milliarden Euro. Personalwirtschaft 02_2020 7
Kaffee für alle! Die Ansprüche an Führungskräfte haben sich verändert. Statt Autorität und Kontrolle stehen für sie heute Kommunikation und Förderung der Mitarbeiter im Vordergrund. Druck und Missgunst waren allerdings noch nie hilfreich. u In der umfangreichen Karriere des Schauspielers Alec Baldwin (also zwischen „eher wichtig“ und „zum Teil wichtig“), damit gibt es einen Auftritt, der bis heute besonders in Erinnerung geblie- bilden sie allerdings das eindeutige Schlusslicht. ben ist. In „Glengarry Glen Ross“ (1992) spielt er den angesehenen Immobilienmakler Blake, der seine weniger erfolgreichen Kollegen Natürlich variieren die Ergebnisse von Branche zu Branche. In motivieren soll. Das macht er mit einer obszönen Tirade, stellt handfesten Sektoren wie dem Baugewerbe oder dem Handwerk ist ihren Erfolgswillen und ihre Männlichkeit drastisch infrage und Arbeitskontrolle nach wie vor verhältnismäßig relevant. Führungs- spricht ihnen letztlich gar das Recht ab, auf Kosten des Unterneh- kräfte dort müssen besonders entscheidungsfreudig und bereit sein, mens Kaffee im Büro zu trinken. „Coffee’s for closers only“, wirft Verantwortung sinnvoll zu delegieren. Auch die Größe des Unter- er ihnen an den Kopf: Kaffee gibt’s nur für diejenigen, die liefern. nehmens spielt eine Rolle. Je weiter die Führungsspanne, desto sel- tener müssen Führungskräfte auftretende Probleme selbst lösen. Nun war ein solches Verhalten schon beim Erscheinen des Films Stattdessen geht es bei großen Unternehmen laut Befragung vor bedenklich. Und heutzutage müsste eine Führungskraft, die so allem um Mitarbeiterentwicklung. mit ihren Mitarbeitern umgeht, wohl abdanken. Dabei ist das von Blake so krud verfolgte Ziel – die Mitarbeitermotivation – Das BIMOP empfiehlt Personalabteilungen, ihre Anforderungs- immer noch die wichtigste Aufgabe, die Unternehmen bei Füh- profile an Führungskräfte zu schärfen und konkrete Erwartungen rungskräften sehen, wie eine aktuelle Umfrage des Befragungs- auch in die Stellenausschreibung zu packen. „Grenzt man die tat- instituts BIMOP zeigt. Doch auch die anderen Antworten auf sächlichen Anforderungen der zu besetzenden Stelle nicht klar die Frage, was wichtige Führungsaufgaben seien (siehe auch genug ein, kann man den Eindruck erwecken, man suche die Interview Seite 52), zeigen, dass Blake mit seinem Ansatz kon- berühmt-berüchtigte ‚eierlegende Wollmilchsau‘“. Das könne auf sequenter Erniedrigung heute scheitern würde. Denn für die manche Interessenten abschreckend wirken, sagt Lothar Campe, Unternehmen kommt auf Platz zwei direkt „loben und aner- der die Umfrage betreut hat. kennen“. Auch Aufgaben wie „informieren und kommunizieren“ und „Mitarbeiter entwickeln“ landen sehr weit oben. „Kritisieren“ Stattdessen bewerben sich vielleicht die, denen es ums Führen an und „kontrollieren“ – Blakes besondere Stärken – sind hingegen sich geht. Und so bekommt man im schlimmsten Fall statt eines vergleichsweise wenig gefragt. Zwar sortieren die Unternehmen Menschenförderers den Choleriker, der Mitarbeitern nicht mal die sie immer noch irgendwo zwischen 2 und 3 auf der Skala ein Tasse Kaffee gönnt, wenn sie ihm zu wenig leisten. (nig) p Die wichtigsten Aufgaben von Führungskräften: Die am wenigsten wichtigen Aufgaben von Führungskräften: Motivieren Kritisieren 1,23 2,42 Loben und anerkennen Kontrollieren 1,31 2,28 Entscheiden Unterweisen/erklären 1,31 1,98 Informieren und kommunizieren Kontakte knüpfen 1,39 1,88 Mitarbeiter entwickeln Beurteilen 1,49 1,82 Quelle: BIMoP, 2019 n = 202; branchenübergreifende Befragung von Unternehmen unterschiedlicher Betriebsgröße zum Führungsverhalten Item: Bewertung der Wichtigkeit ausgewählter Führungsaufgaben auf einer Skala von 1 (sehr wichtig) bis 5 (gar nicht wichtig). Von insgesamt 16 Antwortoptionen sind hier die zehn mit den stärksten positiven und negativen Ausprägungen (Zustimmung versus Ablehnung) dargestellt. Personalwirtschaft 02_2020 9
KURZE FRAGE Sind Pferde die besseren Coaches? u Der Erfolg von pferdegestütztem Coaching ist offensichtlich. Viele Coachees, die zu uns kommen – vor allem Geschäftsführer und leitende Angestellte – haben Hemmungen, sich einer anderen Person vorbehaltlos zu öffnen. Gegenüber einem Pferd gelingt es ihnen leichter, Emotionen zuzulassen. Denn das Tier ist nicht nachtragend. Es überlegt auch nicht lange „Wie sage ich es dem Klienten?“. Es reagiert unmittelbar. Beispiel: Führungskräfte sollen ein Pferd durch Gestik, Mimik oder Körperhaltung bewegen. Wo im Alltag oft Hierarchien oder der Ärger des Chefs als Druckmittel auf Mitarbeiter wirken, reagiert das Pferd nur auf die Person und ihre Aura – und zeigt ihr sofort, ob sie zu ihm durchdringt. Durch ihre sensible Wahrnehmung erkennen Pferde dabei auch unbewusste Verhaltensweisen. Ein guter Coach wird die ebenso bemerken, aber das Pferd reagiert schneller und direkter auf nonverbale Aktionen. Bei der Frage „Wie wirke ich auf andere?“ – für Führungskräfte elementar – geben Coaching-Pferde so klare Rückmeldung: Wer Mitarbeiter verschreckt oder im Unklaren lässt, dem spiegeln sie genau das wider. Der Transfer in den Alltag gelingt aber erst durch die Reflexion mit dem eigentlichen Coach, ihn ersetzt das Pferd nicht. p Der Antwortgeber: Joachim Lang ist Geschäftsführer der 2001 gegründeten Unternehmensberatung und Personalvermittlung Consinion GmbH in Ulm, die auch das Coaching von Führungskräften mit oder ohne Pferd anbietet. Foto: Consinion Lang, einst Gründer eines großen Ingenieur-Unternehmens, gehört auch dem Aufsichtsrat mehrerer Firmen an. Der Hintergrund Das Pferd als „hundertprozentig authentischer Co-Coach“: Lässt sich diese Ankündigung, die das Beratungsunternehmen Consinion GmbH macht, einhalten? Sicher: Das Pferd ist dem Menschen seit jeher ein stützender Gefährte. Dass es nicht nur dann Antworten gibt, wenn man ihm was flüstert, ist etwa aus dem (psycho)therapeutischen Reiten mit Kindern bekannt. Aber Führungskräfte-Coaching ist doch noch mal ein anderes Setting, mit oft genug verkopften, kontrollierten Coachees. Ebendrum, sagen Consinion und andere Anbieter, das Pferd lässt sich nicht vom Kopf allein kontrollieren. Deshalb könne es den menschlichen Coach zwar nicht ersetzen, aber es habe ihm etwas mitunter Entscheidendes voraus. 10 Personalwirtschaft 02_2020
#HRmacht Ihr HR-Projekt gehört auf die große Bühne? Dann halten Sie sich bereit, wenn es bald wieder heißt: HR-Macher gesucht! Bewerben Sie sich mit Ihrem Projekt um den Deutschen Personalwirtschaftspreis 2020. Sie möchten den Bewerbungsstart nicht verpassen? Dann nutzen Sie unseren #HRmacht-Reminder und schreiben Sie einfach eine Mail an anmeldung-personalwirtschaft@wolterskluwer.com! deutscher-personalwirtschaftspreis.de Veranstalter:
HR & ICH ZOOM Kleine Gewerkschaften, große Verwirrung Ein Unternehmen, ein Tarif: Dem Ideal von Arbeitgeberverbänden und DGB haben sich Klinikärzte, Lokführer, Piloten und zuletzt Flugbegleiter widersetzt. Wie soll man mit ihnen verhandeln? VoN WINFRIED GERTZ u Es war am 14. November vergangenen Jahres: Kurz Das TEG wird vom Deutschen Gewerkschaftsbund und nachdem ein 48-stündiger Streik des Kabinenpersonals den Arbeitgeberverbänden begrüßt, da es einer „Balkani- zum Ausfall von rund 1300 Lufthansa-Flügen geführt sierung“ der Tariflandschaft vorbeuge. Vor Jahresfrist aber hatte, trat Bettina Volkens, seinerzeit amtierende Arbeits- musste es vom Bundesverfassungsgericht auf Initiative direktorin, vor die Presse, um die mit der Flugbeglei- mehrerer Vertretungen, allen voran der Gewerkschaft der ter-Gewerkschaft Ufo erarbeitete Schlichtungsverein- Lokführer (GDL), geprüft werden. Sie sahen ihr grund- barung zu verkünden. Durch Aufnahme des Dialogs, gesetzlich verbrieftes Recht der Koalitionsfreiheit bedroht. bekräftigte die Managerin, wolle sie weiteren Schaden abwenden und verloren gegangenes Vertrauen wieder- Zuvor hatten die Karlsruher Richter das TEG zwar bestätigt, herstellen. Und dann sagte sie diesen folgenschweren Unternehmen jedoch vorgeschrieben, die Interessen von Satz: „Mit der Vereinbarung zur Schlichtung erkennen Minderheitsgewerkschaften bei Tarifverhandlungen zu wir Ufo als Gewerkschaft an und werden das Statusfest- berücksichtigen. Nur so seien innerbetriebliche Machtkämpfe stellungsverfahren zurücknehmen.“ im Gewerkschaftslager auszuschließen. Der Gesetzgeber hatte die Karlsruher Vorgabe in ein von den Minderheits- Volkens’ Verhandlungsstrategie sollte künftig also vom gewerkschaften dann massiv kritisiertes Gesetz umgesetzt. Geist des Miteinanders und Respekts geprägt sein und die von persönlichen Anfeindungen geprägten Machtkämpfe Denn nach dem neuen Paragraf 4a TVG müssen diese mit Ufo überwinden. Doch die Chefetage widersetzte sich nachweisen, dass die Interessen ihrer Mitglieder eben nicht dem Aufruf der Personalvorständin, die Wogen zu glätten: ernsthaft und wirksam berücksichtigt sind. Damit werde Zuerst wurde Volkens aus der Verhandlungskommission die Darlegungs- und Beweislast umgekehrt, argumentiert abgezogen, wenig später ihr Vertrag vorzeitig aufgelöst. die GDL, die das Tarifeinheitsgesetz (ebenso wie der Deut- sche Beamtenbund) unwirksam erklären lassen will. Die- Damit hat sich der Wind gedreht: Der Lufthansa-Vorstand selbe Kritik äußert der Marburger Bund, die Gewerkschaft sucht die Eskalation. Statt auf die Forderungen nach Zula- der angestellten und beamteten Mediziner. gen und verbesserten Arbeitsbedingungen konzentriert er sich darauf, die Tariffähigkeit von Ufo in Zweifel zu Mit ihrem hohen Organisationsgrad agieren beide Gewerk- ziehen – nicht allein weil seitens der Spartengewerkschaft schaften aus einer „Position der Stärke“ heraus, die auch Nicoley Baublies die Verhandlungen führt, ein fristlos Ufo für sich reklamiert: Drei von vier Flugbegleitern sind gekündigter Mitarbeiter der Fluglinie. Wichtiger war und Mitglied, eine höhere Quote als bei Verdi. Während die ist das Ansinnen, eine Grundsatzfrage zu klären und das Lufthansa unter Bezug auf das TEG allein mit Verdi Tarif- Tarifeinheitsgesetz (TEG) für sich zu nutzen. Jenes Gesetz, verhandlungen führen will, hat Ufo wiederholt – so auch durch das 2015 ein neuer Paragraf 4a ins Tarifvertragsgesetz zum Jahreswechsel – mit Nutzung des Streikrechts reagiert. (TVG) eingefügt wurde, schreibt Arbeitgebern vor, im Einstweilige Verfügungen, mit denen der Konzern Arbeits- Fall miteinander kollidierender Tarifverträge den derje- kämpfe verhindern will, werden regelmäßig von Arbeits- nigen Gewerkschaft anzuwenden, die mehr Mitglieder im gerichten abgewiesen. Wer unter solchen Bedingungen Unternehmen hat. Aus Sicht der Lufthansa ist das Verdi, erfolgreich verhandeln will, muss mit allen Wassern gewa- nicht Ufo. schen sein. p 12 Personalwirtschaft 02_2020
Worum geht es? Was sollte HR tun? Der Umgang mit Minderheitsgewerkschaften Mit Fingerspitzengefühl den Rechtsrahmen Die Lufthansa ist nicht die erste Organisation, die ausschöpfen vor der Frage steht: Lohnt sich Eskalation, also die Ausgrenzung Können Unternehmen zugleich ihre Interessen wahren und zu von Minderheitsgewerkschaften, als Verhandlungsstrategie in einvernehmlichen Lösungen beitragen? Ja, meint Julia Sontheimer, Tarifkonflikten? In der Vergangenheit ist dies mehrfach gescheitert. Anwältin für Arbeitsrecht in der Kölner Kanzlei Wilde Beuger Weder konnte sich die Deutsche Bahn gegen die GDL durchsetzen. Solmecke. Sie verweist zunächst auf das TEG: Weil es die ernsthafte Noch gelang es kommunalen Arbeitgebern, den Marburger Bund und wirksame Berücksichtigung der Interessen von Minderheits- in Schach zu halten. Streiken solch einflussreiche Spartengewerk- gewerkschaften vorsehe, müssten diese die Chance haben, Tarif- schaften, legen sie nicht nur den Betrieb oder wie im Fall von verhandlungen aktiv zu beeinflussen. Sie lediglich in die Über- GDL das ganze Land lahm; sie verursachen Kosten in beträchtlicher legungen einzubeziehen, „reicht hierfür nicht aus“. Sontheimer Höhe, schwächen die Kundenbindung und gefährden den Ruf empfiehlt, die verschiedenen Arbeitnehmerseiten vor Verhand- der Unternehmen. lungen durch Beteiligungsverfahren einzubinden, etwa durch repräsentative Vertretung in Gremien. Auf der anderen Seite müssen Spartengewerkschaften sich die Position der Stärke erst erarbeiten, wie das Beispiel der Neue Und wenn Gewerkschaften wie beim Beispiel Lufthansa versus Assekuranz Gewerkschaft (NAG) zeigt. Ihr sprach das Bundes- Ufo streiken: Wie sollten Unternehmen darauf reagieren? Nun verfassungsgericht jüngst die Tariffähigkeit mit dem Argument wird es knifflig. „Das Bundesverfassungsgericht hat festgehalten, ab, sie sei nicht mächtig genug, Tarifforderungen im Versiche- dass Arbeitskämpfe zur Durchsetzung kollidierender Tarifverträge rungsgewerbe durchzusetzen. Der Spielraum solcher Gewerk- zulässig sind“, sagt Sontheimer. Deshalb rät die Juristin Arbeit- schaften in Verhandlungen mit Unternehmen ist folglich sehr gebern, in besagten Fällen den geforderten Tarifvertrag abzu- begrenzt. schließen, was die Friedenspflicht auslöse, ihn dann jedoch unter Verweis auf das TEG und die Regelungen zur Tarifkollision (siehe oben) nicht anzuwenden. Im Klartext sollten Arbeitgeber, so Woran hakt es? Sontheimer, „zum Beispiel das hohe Tarifentgelt des Minder- Das TEG verschärft den Machtpoker heitstarifvertrags nicht auszahlen“. Sprechen Arbeitsdirektoren in Tarifverhandlungen allein mit der größten Gewerkschaft, riskieren sie Streiks und Unlauter, aber zielführend: Ist solch eine Taktik mit Blick auf den langen Weg über die Schlichtung. Hinzu kommt: Sparten- eine gedeihliche Sozialpartnerschaft oder ein positives Arbeit- vertretungen wie GDL oder Marburger Bund sind einflussreich geberimage praxistauglich? Laut Marburger Bund zumindest genug, den Tarifpartner mit einer Grundsatzerklärung zu kon- kam noch kein Tarifvertrag zustande, weil Kanzleien Unternehmen frontieren, ohne die keine Verhandlungen möglich sind. Eine dazu geraten hätten, streikende Gewerkschaften durch Unterschrift solche Erklärung schließt eine Verdrängung konkurrierender unter den Tarifvertrag zu besänftigen, um dann deren Forderungen Tarifverträge wie im TEG vorgesehen ausdrücklich aus. nicht einzulösen. Ufo ist ein anderes Beispiel. Ein Schulterschluss mit Verdi ist Insofern bleibt es wohl dabei: Im Machtpoker kommt es auf juris- vorerst kaum möglich, im Gegenteil: Verdi facht den Machtkampf tisches Geschick und Fingerspitzengefühl an. HR und Unter- immer wieder mit kritischen Statements über den Konkurrenten nehmensspitze sollten ihre Strategie gut abwägen – und die kom- an, der keine so starke Position wie der Marburger Bund innehat. plizierte, sich womöglich bald schon wieder ändernde Gesetzeslage Und die Zermürbungstaktik der Lufthansa, die mit allen erdenk- im Auge behalten. p lichen juristischen Mitteln gegen die kleine Gewerkschaft agiert, droht die nicht zuletzt von internen Machtkämpfen geschüttelte Ufo zu zerrütten. „Das Bundesverfassungs- So offenbart dieser Fall, wie kompliziert sich die Suche nach gericht hat festgehalten, Tarifeinheit gestalten kann. Hinzu kommt ein genereller Anse- dass Arbeitskämpfe hensverlust des TEG. Der Verband der Arbeitsrichter hält das zur Durchsetzung Gesetz für nicht anwendbar. Tatsächlich weisen Arbeitsgerichte kollidierender Tarifverträge nicht nur im Fall von Lufthansa die Arbeitsgeber regelmäßig ab zulässig sind.“ Foto: Tim Hufnagl und bestärken so die Gewerkschaften. Julia Sontheimer, Kanzlei Wilde Beuger Solmecke Personalwirtschaft 02_2020 13
HR & ICH BGM Arbeit 4.0 braucht Gesundheit 4.0 Unternehmen benötigen Mitarbeiter, die digital, flexibel und vernetzt sind – und leistungsbereit. Daher unterstützt der Gebäudedienstleister ISS seine Beschäftigten in einem gesundheitsorientierten Lebensstil. Doch wie erreicht man jene, die ihre Fitness bislang wenig im Blick hatten? u Manchmal können kleine Dinge Großes bewirken: Maßnahmen stärken das Herzkreislaufsystem, erhöhen Der Anbieter für Facility Services ISS Deutschland die Konzentrationsfähigkeit und senken den Blutdruck. motiviert seine Mitarbeiter dazu, Treppen zu steigen. Was sportaffinen Mitarbeitern als banal und Couch Bodenkleber navigieren sie am Düsseldorfer Hauptsitz Potatoes als aufdringlich erscheinen mag, ist bei ISS des Unternehmens am Aufzug vorbei hin zu den Trep- Strategie. Unter dem Begriff „New Ways of Working“ pen. Die Botschaft: Wer 400 Stufen pro Tag steigt, hat gestaltet das weltweit agierende Unternehmen den so viel geleistet wie ein Jogger nach 15 Minuten. Auch Arbeitsplatz der Zukunft – für Kunden und im eigenen werden Wege zu Druckern und Papierkörben vorge- Haus. Das in diesem Zuge entwickelte Programm schlagen. So gehen manche Mitarbeiter einige tausend „AKTIVoffice“ beinhaltet dabei so simple Tricks wie Schritte täglich, ohne sich dessen bewusst zu sein. Beide das Treppensteigen, um einen gesünderen Lebensstil 14 Personalwirtschaft 02_2020
auch am Arbeitsplatz mit extrem niedriger Einstiegs- ISS Facility Services Holding GmbH CASE STUDY barriere zu fördern. So soll das Wohlergehen der Beschäftigten insgesamt gesteigert werden. ISS will Nutzern von Gebäuden und Liegenschaften auf der ganzen Welt helfen, effizienter zu arbeiten: Denn natürlich sind die Mitarbeiterzufriedenheit, durch die intelligente Verknüpfung von Daten, Insight Reporting und Dienstleistung. Die Servicepalette -gesundheit und -motivation wichtige Bausteine für des Unternehmens umfasst Gebäudetechnik, Bauen im Bestand, Reinigung, Catering, Sicherheit, die Wettbewerbsfähigkeit und Leistungsfähigkeit des Bürodienstleistungen sowie Integrated Property und Facility Management. Im Jahr 2018 belief sich der weltweite Umsatz der ISS-Gruppe auf 9,87 Milliarden Euro bei über 480 000 Mitarbeitern. 1901 in Unternehmens. Neben „AKTIVoffice“ hat ISS 2017 ein Kopenhagen gegründet, ist das Unternehmen seit 1960 in Deutschland tätig. Heute beschäftigt ISS umfassendes Bewegungs- und Ernährungsangebot ein- hierzulande über 10 000 Mitarbeiter, 2018 machte man einen Jahresumsatz von 424 Millionen Euro. geführt. Dazu gehört auch ein unternehmenseigenes Fitnessstudio am Düsseldorfer Standort. Der Ansatz: Gesünder durch Technik unabhängigen Nutzung moderner digitaler Technolo- gien samt hochwertigen Inhalten. Arbeit 4.0 funktioniert nur, wenn man sie durch Gesundheit 4.0 stärkt. Es gilt, die Möglichkeiten zu Der Ablauf: Mit Impulsen und Ausdauer nutzen, die sich im Zuge der Digitalisierung bieten: individuelle Angebote, maßgeschneidert, orts- und Die Einführung des Fitness- und Ernährungsprogramms zeitunabhängig nutzbar. Für solch ein Angebot braucht läuft in drei Phasen ab: es in aller Regel Partner. So auch bei ISS. Die Wahl fiel auf Aeroscan: Das Digi- l Phase 1: Impulse setzen – tal-Health-Start-up aus Berlin zeigt Mitarbeitern mit Aufmerksamkeit schaffen Bewegungs- und Ernährungsempfehlungen, wie sie In einer Kommunikationskampagne werden die Be- sich gesund und fit halten können. Wobei der erste schäftigten in mehreren Schritten über das Aeroscan- Schritt ein ganz naheliegender ist: Bei einem initialen Angebot informiert. Die Inhalte werden gemeinsam Check-up-Termin werden Sauerstoff- und Kohlendi- von ISS und dem Dienstleister definiert. Die Kampagne oxidgehalt im Atem der teilnehmenden Mitarbeiter läuft an jedem Standort über vier bis acht Wochen vor gemessen. Anschließend kommt ein Aeroscan-eigenes, dem Start des Programms. mehrfach patentiertes Gerät zum Einsatz. Es wurde ursprünglich für Astronauten der Weltraumstation ISS l Phase 2: Atemdiagnose und Check-up – (die Namensgleichheit ist Zufall) entwickelt, um Rück- Bewusstsein schärfen schlüsse für effektives Training und passende Ernährung Mit dem persönlichen Check-up wird das Bewusstsein im All zu ziehen. der Mitarbeiter geschärft: Welche Zusammenhänge Bei Aeroscan-Kunden unterstützt diese Technologie bestehen zwischen Bewegung, Ernährung und Stress die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF): Nach und wie können sie ihre Fitness und Gesundheit positiv dem rund zehnminütigen Check-up besprechen zer- beeinflussen? Die Ergebnisse sind bei den meisten Mit- tifizierte Trainer die persönliche Zielsetzung mit arbeitern eine große Motivation, an sich zu arbeiten. jedem einzelnen Mitarbeiter und beraten ihn bei der Auswahl für ein Fitnessprogramm. Zur Verfügung l Phase 3: In die Praxis – stehen mehr als 50 Bewegungsprogramme, beispiels- dranbleiben und Erfolge feiern weise eine Lauf- oder eine Abnehmvariante mit ent- Check-up-Ergebnisse, individuelle Lebenssituation, sprechenden Ernährungstipps, die per App abgerufen persönliche Ziele und die Präferenz für Ernährung werden können. und/oder Bewegung fließen ein in ein individualisiertes Andere Varianten setzen eine besonders niedrige Programm, das nach drei Monaten angepasst oder Einstiegsbarriere. So kommen Nutzer in Bewegung, komplett gewechselt werden kann. An den ISS-Stand- ohne sich überwinden zu müssen. Neben knapp 4000 orten läuft die Begleitung der Mitarbeiter durch Aero- Rezepten beinhalten die verschiedenen Programme scan über mindestens zwölf Monate. qualitativ hochwertige Trainingsvideos – beispiels- weise mit Biathlon-Olympiasiegerin Andrea Henkel. Das Ziel: Mitarbeiterwohlbefinden Außerdem gibt es ein Online-Lexikon zu den wich- tigsten Fragen rund um Bewegung, Ernährung und Nicht nur Umfang und Qualität, sondern auch die Stress. Kosten liegen bei einem solch individualisierten Ansatz Damit bietet Aeroscan mehr als eine App. Nämlich über denen von digitalen Marktplätzen oder Plattfor- einen hybriden Ansatz aus Check-up, der Möglichkeit, men. Mindestens 15 Euro pro Monat und aktiven Mit- Rückfragen stellen zu können, sowie der orts- und zeit- arbeiter sollten für ein vergleichbares Programm bud- Personalwirtschaft 02_2020 15
HR & ICH BGM beitern an Standorten in Berlin und Brandenburg gestar- Wo hat es im Projekt gehakt? STOLPERSTEINE tet. Im September 2018 folgte der Roll-out in der Unter- • Die Belegschaft muss die Angebote des Betrieblichen Gesundheitsmanagements kennen. Dadurch, nehmenszentrale in Düsseldorf, wo inzwischen 350 dass viele ISS-Mitarbeiter dezentral im Einsatz sind, etwa bei Kunden vor ort, bedurfte es einer von rund 500 Mitarbeitern das freiwillige Angebot ken- Kampagne, die über verschiedene Kanäle über das Angebot informiert. Deshalb haben die Kommu- nengelernt haben und 270 Mitarbeiter das Programm nikationsteams von ISS und Aeroscan hier eng zusammengearbeitet. nutzen, Tendenz steigend. Bei Neueinstellungen ist die • Die Herausforderung besteht darin, auch die wenig sportaffinen Beschäftigten zu motivieren. Es ist wichtig, deutlich zu machen, dass es sich um ein individuelles Angebot handelt, das die Einführung in AKTIVoffice mit dem Aeroscan-Pro- Voraussetzungen jedes Einzelnen berücksichtigt und ihn in seiner Entwicklung begleitet. gramm bereits fester Bestandteil des Onboarding-Pro- • Wenn es Vorbehalte seitens der Personalabteilung oder des Betriebsrats gegen digitalisierte zesses. 2020 werden weitere der knapp 30 ISS-Nieder- Prozesse gibt, geht es häufig um den Datenschutz. Aeroscan erfüllt alle Vorgaben der lassungen in Deutschland folgen. Datenschutz-Grundverordnung (DSGVo) und betont, dass keinerlei persönlichen Daten oder Der Einsatz lohnt sich. Die Aeroscan-Teilnahmequote Informationen über das Trainingsverhalten weitergegeben werden. unter den bis dato informierten ISS-Mitarbeitern liegt im Durchschnitt bei 70 Prozent, wobei knapp zwei Drittel der Teilnehmer gemäß initialem Check-Up Was hat das Projekt gebracht? UNTERM STRICH einen unterdurchschnittlichen Fitnesszustand und deutlich reduzierte Fettverbrennungswerte aufweisen. • Dank der Betrieblichen Gesundheitsförderung wird ISS von seinen Mitarbeitenden als Rein digitale Vermittlungsplattformen oder bezu- Unternehmen wahrgenommen, das sich für ihr Wohlergehen, ihre Leistungsfähigkeit und schusste Firmenfitness erreichen oft nur Quoten unter ihre Gesundheit engagiert. 15 Prozent. Nach der Erfahrung von ISS fehlen hier • Rund 70 Prozent der bis dato angesprochenen ISS-Mitarbeiter in Deutschland nehmen das Aeroscan-Angebot wahr, darunter sehr viele mit zunächst unterdurchschnittlichem Fitness- die nachhaltigen Effekte, weil die Beschäftigten sich zustand – deutlich mehr als bei weniger umfassenden Fitnessprogrammen. oft selbst überlassen und angesichts einer ungeheuren • Bewerber lernen einen Arbeitgeber kennen, bei dem New Work, Work-Life-Balance sowie Vielfalt der Angebote orientierungslos bleiben. Wichtig Gesundheit und Wohlbefinden wichtige Bestandteile des Arbeitsplatzes sind. ist aber, dass die Beschäftigten ihre Grundeinstellung • Durch den individuellen Zuschnitt können die Mitarbeiter das jeweilige Bewegungs- und ändern. Ernährungsprogramm leicht in Arbeitsalltag und Privatleben integrieren – was die Nachhaltig- keit der Maßnahme stärkt. • Das Ergebnis ist eine gesteigerte Motivation, höhere Zufriedenheit und stärkere Identifikation Das Ergebnis: Fitness und Gesundheit der Belegschaft mit dem Arbeitgeber sowie abnehmende Fehlzeiten und Fluktuation. Das Angebot erreicht also nicht nur die ohnehin Fit- nessaffinen, sondern auch jene, die lange inaktiv waren. Für die meisten teilnehmenden ISS-Mitarbeiter lassen getiert werden. Der Gesetzgeber ermöglicht unkom- sich die Erfolge zudem ganz konkret feststellen, nämlich pliziert BGM-Investitionen von bis zu 500 Euro pro auf der Waage. Ein persönlicher Gewinn, denn die von Mitarbeiter und Jahr. Auch Krankenkassen unterstützen ihnen im Vorfeld am häufigsten genannte Zielsetzung AUToREN das Angebot. ist mit 55 Prozent die Gewichtsreduktion, gefolgt von Überdies lassen sich diese Kosten als Investititon Steigerung der Fitness mit 32 Prozent. betrachten. ISS Deutschland zielt mit seinen BGM- Im Schnitt haben alle Aeroscan-Nutzer bei ISS ihr Kör- Maßnahmen auf die Steigerung des Mitarbeiterwohl- pergewicht um gut drei Prozent reduziert; in Einzelfällen befindens und der Motivation ab. Wird dieses Ziel sogar um bis zu 19 Kilogramm. Ihre Fettverbrennung, erreicht, entsteht automatisch ein Return on Invest: also die Fähigkeit, überhaupt Fette bei Bewegung zu Frank Merry, Director People & Fehlzeiten und Fluktuation sinken und die Bindung nutzen, ist über alle Mitarbeiter hinweg um 120 Prozent Culture operations, sowie die Leistungsbereitschaft werden gestärkt. Mit- gestiegen. Seit Beginn des Programms wurden am ISS Facility Services Holding GmbH, Düsseldorf, arbeiterbefragungen bei ISS bestätigen dies. Zudem Standort Düsseldorf circa 670 kg Körpergewicht redu- frank.merry@de.issworld.com steigert ein zeitgemäßes BGM-Paket die Arbeitgebe- ziert. Das entspricht dem Fettgehalt von rund 2700 rattraktivität bei der Ansprache potenzieller Mitarbeiter Paketen Butter. und beim Rekrutieren allgemein. Der gesundheitliche Nutzen daraus ist so hoch, dass auch ISS-Kundenunternehmen hellhörig geworden Der Weg: Einsatz, der sich lohnt sind und sich für das Gesundheitsprogramm interes- sieren. Nun arbeitet der Gebäudedienstleister daran, Das Angebot kommt gut an bei den mehr als 10 000 ein entsprechendes Angebot für die Automobilwirtschaft Martin Kusch, Gründer Beschäftigten, die in Deutschland für ISS arbeiten – sowie die Pharma-, IT- und Telekommunikationsbran- und Geschäftsführer, Aeroscan GmbH, Berlin, und es soll weiter ausgebaut werden. In einem Pilot- che zu schnüren. Am Ende kommt eben keiner ohne martin@aeroscan.com projekt hatte Aeroscan 2017 mit rund 100 ISS-Mitar- Gesundheit und Fitness aus. p 16 Personalwirtschaft 02_2020
NEU Die beste HR-Strategie für Ihr Unternehmen Prof. Dr. Gery Bruederlin 4/0")0&/ %;"*03& '"(*;'+*/"-1"*0;1)/"05"* ;17;$"; .! +2".; ;"&0"*;; ; &"/"/;.1*!($"*3".';#9%.0; %.&00;#9.; %.&00;!1. %;!"*;0.0"$&",.+5"//;&"; ".#%."* • 3.1);"/;1#;+*/&/0"*5;*'+))0 • 3"( %";.1*!04,"*;2+*;0.0"$&"*; "/;$&0 • 3&";&";!&";".*/0.0"$&";%."/; *0".*"%)"*/;#"/0("$"* • 3&";&";,"./+*(/0.0"$&/ %"; *!(1*$/#"(!".;".)&00"(* • 3&";&";'+*'."0";8*%)"*; !"6;*&"."*;1*!;,.&+.&/&"."* • 3&";&";"&*;/0.0"$&/ %"/;+.0#+(&+; "*03& '"(* www.pwgo.de/hr-strategie &*";:"./& %0;1*/"."/;1 %,.+$.))/;6;*!"*; &";1*0".;333,"./+*(3&.0/ %#0!",.+!1'0"1" %".%0)(
HR & ICH PRAXISTRANSFER Pressepräsenz schlägt Phrasendrescherei Die Möglichkeiten der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit als Teil der Arbeitgeberkommunikation bleiben in vielen Unternehmen bislang unausgeschöpft. Eine neue Studie zeigt, wie es Arbeitgebern gelingen kann, sich mithilfe guter Employer PR erfolgreich zu positionieren. u Bekämen die allseits umschwärmten Bewerber für 1 Employer PR als Stiefkind der Unternehmens- jeden Claim und jede Phrase, die auf sie einprasselt, kommunikation auch nur einen Euro – der Fachkräftemangel wäre end- Fakt: Journalisten kritisieren die Presse- und Öffent- gültig verheerend, denn kein Kandidat müsste mehr lichkeitsarbeit deutscher Arbeitgeber deutlich. Zwei arbeiten. Das dahinter stehende Kommunikationsmo- Drittel von ihnen beurteilen die PR zu Arbeitgeberthe- dell vom Bewerber, der auf den nächsten Slogan oder men schlechter als die zu den Produkten der Unter- das nächste austauschbare Versprechen vom Fordern nehmen. Unter anderem monieren sie austauschbare und Fördern anspringt, hat mit der Wirklichkeit schon Pressemitteilungen und Mängel im aktiven Umgang lange nichts mehr zu tun. In dieser Wirklichkeit sind mit der Presse. „Sie jammern, dass sie keine Leute werbliche Botschaften an ihre Grenzen gelangt. finden, und wir Journalisten bekommen viel zu selten In der Realität des Jahres 2020 ist gelingende Arbeit- mit, wenn es interessante Personalprojekte im Unter- geberkommunikation das Resultat strategischer Kom- nehmen gibt“, berichtet ein Teilnehmer. munikationsarbeit, die sämtliche Kommunikations- Transfer: Unternehmen bedienen mit ihren Public- disziplinen abdeckt. Und diese Kommunikation kommt Relations-Maßnahmen dreierlei Märkte: den Produkt- nicht mehr länger ohne klassische Presse- und Öffent- markt, den Investorenmarkt sowie last but not least lichkeitsarbeit aus. Arbeitgebern, die es auf die Agenda den Talentmarkt. Die Kommunikation hat also einerseits von Journalisten und deren Redaktionspläne schaffen, die Produkte und Dienstleistungen des jeweiligen Unter- gelingt es auch, ihre Themen zu den Bewerbern und nehmens zum Inhalt, zweitens sein Potenzial als Inves- Mitarbeitern zu tragen. Entscheidend ist, dass sie dabei titionsobjekt sowie drittens die Arbeitgeberperspektive. sowohl die Perspektive der Journalisten als auch die Unsere Studie zeigt: Die letztere Perspektive wird hand- der Bewerber im Blick haben und ihre Alleinstellungs- werklich und inhaltlich sträflich vernachlässigt. Arbeit- merkmale in Form von Fakten und guten Storys ver- geber lassen also die Chance liegen, sich in wichtigen packen. So werden relevante Inhalte geschaffen, die Medien facettenreich und transparent als Arbeitgeber auch von Suchmaschinen gefunden werden. Wir spre- darzustellen. Dieses Vorgehen sollten Unternehmen chen hier also von einem nicht zu unterschätzenden dringend überdenken. Performance-Charakter, den gute Employer PR ebenso mitbringt wie gutes und schlüssiges Storytelling. 2 Kaum Trendsetter in den HR-Abteilungen Doch wie es ist es derzeit um die Employer PR auf dem Fakt: Personalabteilungen selbst setzen aus Sicht der deutschen Arbeitsmarkt bestellt? Diese Frage beant- Journalisten nur selten HR-Trends. Auf die Frage, wer wortet die aktuelle Employer-Telling-Studie „Employer denn aus der Branche solche setze, antwortet mehr als PR – Deutsche Arbeitgeber und ihre Öffentlichkeits- die Hälfte der Journalisten, dass diese meist aus der arbeit“. Diese verbindet eine Journalistenbefragung wissenschaftlichen Richtung, also von Professoren und mit einer Bewerberumfrage und stellt die Ergebnisse Forschern, kommen. Den HR-Abteilungen schreibt in Bezug zueinander. dies nur jeder fünfte Teilnehmer zu. Transfer: Im Wettbewerb um Raum in den Köpfen der Journalisten sehen HR-Verantwortliche leider alt aus. Die Studie Selbst HR-Persönlichkeiten aus den großen Unterneh- Für die Studie von Employer Telling (ein Angebot der Böcker Theisen Consult GmbH & Co. KG) men gelingt es kaum, regelmäßig in den wichtigen befragte das Marktforschungsinstitut Respondi 1052 Kandidaten zu ihrem Informationsverhalten Wirtschafts- und Publikumsmedien präsent zu sein, bezüglich Arbeitsweltthemen. Alle Studienteilnehmer befanden sich in den letzten beiden Jahren Meinung zu beziehen und damit ihr Unternehmen in einem Bewerbungsprozess. Der Befragungszeitraum lag im Juli 2019. Parallel dazu gab es eine eben auch mit seinen Arbeitgeberwerten in den Fokus qualitative Befragung unter 30 Journalisten, die für die Wirtschafts- oder Publikumspresse über die Arbeitswelt in Unternehmen berichten. Zu diesen Journalisten zählten Vertreter renomierter zu stellen. Unternehmen, die das gegen den beschrie- Medien wie Spiegel Online, Süddeutsche Zeitung oder Die Welt. benen Trend schaffen, punkten mit Persönlichkeit und 18 Personalwirtschaft 02_2020
nutzen Aufmerksamkeit, die andere Arbeitgeber gar 5 Informationsbedürfnis auf Kandidatenseite ist nicht erst auf dem Schirm haben. Als positives Anschau- noch nicht ausgeschöpft ungsbeispiel, wie es gehen kann, mag an dieser Stelle Fakt: Die intensive Nutzung klassischer Medien im Janina Kugel von Siemens gelten, die Medienpräsenz Karrierekontext geht einher mit dem Wunsch nach mit Positionierungsgeschick vereinbarte, das aber mitt- noch mehr Berichterstattung zu Karrierethemen. Und lerweile nicht mehr tut – ein Verlust für Siemens auch dieser Wunsch geht über alle Altersklassen hinweg. 57 in dieser Hinsicht. Prozent aller Teilnehmer würden sich explizit wünschen, dass klassische Medien mehr über Arbeitsweltthemen 3 Print ist tot? Von wegen! berichten. Das erhoffen sich beispielsweise 49 Prozent Fakt: 59 Prozent der Bewerber in Deutschland nutzen der 18- bis 29-Jährigen und 66 Prozent der 40- bis 49- regelmäßig regionale Tageszeitungen, um sich über Jährigen. Karriere- und Arbeitsweltthemen zu informieren. Damit Transfer: Wir stellen fest, dass das bereits sehr große ist die Tageszeitung der meist genutzte Medienkanal Informationsbedürfnis für Karrierethemen noch nicht in diesem Kontext. Auch überregionale Tageszeitungen am Limit ist – ganz im Gegenteil. Unternehmen, die dies werden demnach stark für Karrierezwecke genutzt und bedienen und neue Themen schaffen, diese kontinuierlich erreichen einen Anteil von 44 Prozent. Hörfunk (26 bedienen und so eine dauerhafte Medienpräsenz als Prozent) und TV (30 Prozent) werden vergleichsweise Arbeitgeber sicherstellen, bedienen den Wunsch von wenig konsumiert, um sich rund um die Job- und Kandidaten, in deren Fokus sie fortan stehen. Arbeitgebersuche schlauzumachen. Transfer: Das Informationsverhalten zu Karrierethemen 6 Unbekannte Arbeitgebersiegel geben keine Ori- ist deutlich von der Nutzung der konventionellen klas- entierung sischen Medien bestimmt. Während beispielsweise bei Fakt: Arbeitgebersiegel sind oft ein Mittel, Bewerbern sozialen Medien die allgemeine private Nutzung im die eigene Attraktivität als Arbeitgeber zu vermitteln. Vordergrund steht, zeigt sich bei klassischen Medien, So werden sie zu einem Instrument der Öffentlichkeits- dass ein Großteil der Leser Karrierethemen liest – ein arbeit in diesem Kontext. Das Problem: Der Mehrheit deutlicher Wink mit dem Zaunpfahl für PR-Abteilun- deutscher Bewerber sind Arbeitgebersiegel weitgehend gen, die ihre Arbeitgeberthemen also viel zielführender unbekannt. 82 Prozent der Kandidaten können auf dort platzieren könnten als etwa auf vermeintlich hippen Nachfrage kein Arbeitgebersiegel nennen, das ihnen Blogs oder Instagram-Seiten. bekannt wäre. Selbst bei Ansicht einer Liste mit zehn Siegeln, die derzeit von Arbeitgebern unter Stellenan- 4 Counting likes is not what counts zeigen oder auf Karrierewebseiten vielfach eingesetzt Fakt: Social-Media-Kanäle werden im Schnitt nur von werden, antworteten immer noch 39 Prozent der Kan- 24 Prozent genutzt, um sich über Arbeitgeber zu infor- didaten, keines davon zu kennen, das bekannteste Siegel mieren. Bestes soziales Netzwerk in diesem Kontext ist erreicht gerade einmal 28 Prozent. Facebook, das von immerhin 38 Prozent der Teilnehmer Transfer: Arbeitgebersiegel geben Bewerbern keine AUToREN genutzt wird, um sich über Arbeitsweltthemen zu infor- Orientierung bei der Suche nach einem neuen Arbeit- mieren. Andere Netzwerke wie Instagram (15 Prozent), geber. Arbeitgeber versuchen im War for Talents Snapchat (6 Prozent) oder Twitter (14 Prozent) spielen umschwärmte Kandidaten mit Siegeln zu beeindrucken, dagegen eine untergeordnete Rolle. die diese gar nicht kennen. Orientierung für Bewerber Transfer: Gemäß unserer Studie wird ein großer Unter- sieht anders aus. schied zwischen privater Nutzung und der im Karriere- Sascha Theisen, Böcker Theisen kontext auf Kandidatenseite sichtbar. Ein Beispiel: Fazit: PR-Themen, Kanäle und Methoden verdienen Consult GmbH & Co. KG (Employer Telling), Köln, Während 85 Prozent unserer Studienteilnehmer Whats- eine größere Priorisierung in der Arbeitgeberkommu- st@employer-telling.de app nutzen, tun dies nur 19 Prozent für Arbeitswelt- nikation als dies derzeit der Fall ist. Dazu gehört ein themen. Das ist übrigens auch in der jungen Altersklasse aktives Themenmanagement, ein ernst gemeintes Joint nicht anders. Instagram beispielsweise nutzen gerade Venture zwischen PR- und Personalabteilung sowie einmal 16 Prozent der 18- bis 29-Jährigen, um sich eine passgenaue Auswahl der richtigen Zielmedien, zu über berufliche Themen zu informieren. Wir schließen denen regionale Tageszeitungen übrigens eher gehören daraus: Personalabteilungen, die ihre knappe Zeit damit als Social-Media-Zeiterscheinungen. Unternehmen, verbringen, Kandidaten auf Snapchat, Twitter oder die das erkennen, indem sie in die Employer PR ein- Dr. Manfred Böcker, Böcker Theisen Consult GmbH & Co. KG Insta anzusprechen, kommunizieren schlicht auf dem steigen, haben den ersten Schritt zur Differenzierung (Employer Telling), Köln, falschen Kanal. getan. p mb@employer-telling.de Personalwirtschaft 02_2020 19
HR & ICH UNTERNEHMENSORGANISATION Zeit zum Aufbruch Das Reisemanagement vieler Unternehmen sei veraltet, behaupten Softwareanbieter. Tatsächlich stellt sich die Frage, wie sich steigende Nachfrage und steigende Ansprüche der Mitarbeiter ohne integrierte Lösung befriedigen lassen. Eine Bestandsaufnahme. VoN LARS-THoRBEN NIGGEHoFF UND JAN SCHULTE u Ob Flugzeug, Bahn, Mietwagen oder Hotelunterkunft: dem Topstandard hinterher, veraltete Reisesysteme Wer als Altran-Mitarbeiter in Deutschland eine Reise würden den Ansprüchen der Mitarbeiter nicht gerecht. plant, landet eher früher als später in den Händen von „Gerade bei mittelständischen Unternehmen kommt Daniel Hambsch und seiner fünf Kollegen. „Bei uns es noch immer vor, dass man einen Laufzettel ausfüllen bucht bis auf wenige Ausnahmen niemand etwas selber“, muss, um einen Reiseantrag zu stellen“, sagt Götz Rein- sagt der Travel Manager. In der Deutschland-Zentrale hardt, Geschäftsführer für Mittel- und Osteuropa bei der französischen Technologieberatung haben sie ent- SAP Concur. „Und selbst digitalisierte Systeme haben schieden, die Dienstflüge und -fahrten der insgesamt oft noch Brüche. Dann müssen Sie das Dokument, das rund 3000 Mitarbeiter vollelektronisch aus einer Hand Sie eingescannt haben, noch extra kuvertieren.“ zu organisieren. Um beim schon einmal zitierten Stichwort Kostener- Das hat zwei große Vorteile: Zum einen kann Altran stattung zu bleiben: Laut einer von SAP Concur in Auf- so sicherstellen, dass die interne Reiserichtlinie Anwen- trag gegebenen Umfrage haben gerade einmal 70 Prozent dung findet. Zum anderen können sich die Kollegen aller deutschen Geschäftsreisenden 2018 ihre Kosten auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren. Lediglich vollständig zurückerhalten; ohnehin sagten 42 Prozent bei der Abrechnung müssen die Mitarbeiter auch mal der 7850 Befragten, die mindestens dreimal im Jahr selbst ran. Zum Beispiel, wenn sie einen Kunden auf unterwegs sind, die Nachbereitung sei das Stressigste Kosten der Firma bewirtet haben. Die meisten anderen am Reisen. Aufwendungen würden ihnen automatisch über die Daniel Hambsch pauschalen Verpflegungsmehraufwendungen rücker- Warum ein neues System? stattet, sagt Hambsch. Die Abwicklung über ein voll automatisiertes Pro- Das Reisemanagement stehe bei den Entscheidern in gramm: Im Prinzip sollte ein Geschäftsreisemanagement Business und HR eher unten in der Prioritätenliste, sagt wie bei Altran aus Sicht von Softwareanbietern die Reinhardt. Warum in teure Software investieren, wenn Regel in modernen Organisationen sein – ob es auch es auch so geht? Nicht nur für Reinhardt ist das zu kurz voll zentralisiert sein muss, ist noch mal eine andere gedacht. Denn der Bedarf von Managern und auch Mit- Frage. Jedenfalls, behaupten die Dienstleister in Worten arbeitern, unterwegs zu sein, steigt: Von 2004 bis 2018 Götz Reinhardt und Studien, hinkten viele Unternehmen hierzulande hat sich die Zahl der Geschäftsreisen in Deutschland 20 Personalwirtschaft 02_2020
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