Validierung informell und non-formal erworbener beruflicher Handlungskompetenz in der Altenpflege - HeurekaNet

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Validierung informell und non-formal erworbener beruflicher Handlungskompetenz in der Altenpflege - HeurekaNet
HeurekaNet - Freies Institut für Bildung, Forschung und Innovation e. V.

                                         „Ich habe ja nichts in der Hand. Ich weiß zwar, was ich kann und was
                                          ich jeden Tag leiste. Aber ich möchte auch, dass es irgendwo steht.” *

   Validierung informell und non-formal erworbener
   beruflicher Handlungskompetenz in der Altenpflege
   Eine Handreichung für Leitungskräfte von Ausbildungsstätten für Altenpflegeberufe

   Marcus Flachmeyer
   Andreas Schulte-Hemming                                                                  Reihe: Handreichungen
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                                                                                          Marcus Flachmeyer
                                                                                    Andreas Schulte-Hemming

                     „Ich habe ja nichts in der Hand. Ich weiß zwar, was ich kann und was ich jeden Tag leiste.
                                                           Aber ich möchte es auch, dass es irgendwo steht.”*

Validierung informell und non-formal erworbener beruflicher Handlungskompetenz in der Altenpflege

                            Eine Handreichung für Leitungskräfte von Ausbildungsstätten für Altenpflegeberufe

                                                                                       Reihe: Handreichungen

                                                                                                              3
Schriftenreihe: Handreichungen

Herausgegeben von:
HeurekaNet – Freies Institut für Bildung, Forschung und Innovation e.V.
Windthorststr. 32, 48143 Münster/Deutschland
http://www.heurekanet.de

Flachmeyer, M. & Schulte-Hemming, A. (Dezember 2018). „Ich habe ja nichts in der Hand. Ich weiß zwar, was ich kann und
was ich jeden Tag leiste. Aber ich möchte es auch, dass es irgendwo steht.” Validierung informell und non-formal erworbener
beruflicher Handlungskompetenz in der Altenpflege. Eine Handreichung für Leitungskräfte von Ausbildungsstätten für Altenpfle-
geberufe. (Schriftenreihe Handreichungen). Münster: HeurekaNet - Freies Institut für Bildung, Forschung und Innovation e.V.

Titelfoto: Monkey Business 2/Shotshop.com
Satz: Nina Eckes, Illustration & Design, www.nina-eckes.de
Umschlaggestaltung: Nina Eckes, Illustration & Design, www.nina-eckes.de

Münster, Dezember 2018

Dieses Werk ist unter einer Creative Commons Lizenz vom Typ
Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0) zugänglich. Um eine Kopie
dieser Lizenz einzusehen, konsultieren Sie http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

Die Broschüre ist im Rahmen des BMBF-Projekts „KomBiA” (Förderkennzeichen 21IAWB013A) entstanden.

Projektpartner:

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Inhalt

  1. Einleitung                                                       Seite 6

  2. Im Fokus: Altenpflegekräfte ohne Abschluss als                   Seite 7
     staatlich anerkannter Altenpfleger/ Altenpflegerin

  3. Erwartbarer Nutzen des Validierungsverfahren                     Seite 7

  4. Anforderungen an ein Validierungsverfahren (CEDEFOP 2016)        Seite 8

  5. Das Validierungsverfahren in der Altenpflege in der Übersicht   Seite 10

  6. Phase 1: Information                                            Seite 12

  7. Phase 2: Beratung                                               Seite 14

  8. Phase 3: Identifizierung und Dokumentation                      Seite 16

  9. Phase 4: Individualisierte Lern- und Entwicklungsphase (ILEP)   Seite 21

 10. Phase 5: Bewertung                                              Seite 24

 11. Phase 6: Zertifizierung                                         Seite 28

      Literatur                                                      Seite 29

      Verfasser                                                      Seite 30

                                                                                5
1. Einleitung                                                   mit ihren nationalen Gegebenheiten und Besonderheiten und
                                                                nach eigenem Ermessen — bis spätestens 2018” (2012) ein-
Dass im Leben gelernt wird – dies bedarf eigentlich keiner      zuführen, haben die Koalitionsparteien dies aufgegriffen: „Für
besonderen Erwähnung. Gleichwohl wurde und wird das so-         Menschen, die sogenannte informelle Kompetenzen erworben
genannte informelle Lernen in den Bildungsinstitutionen und     haben, die sie nicht durch Zertifikate belegen können, wollen
Bildungssystemen negiert, kaum wahrgenommen oder wenig          wir neue Verfahren entwickeln und erproben, die zu Trans-
bis gar nicht genutzt. Das „Memorandum über Lebenslanges        parenz und Anerkennung führen.” (Bundesregierung, 2013,
Lernen” (Kommission, 2000) führte die heute den Bildungs-       S. 32).
fachleuten vertrauten Begriffe des formalen, non-formalen
und informellen Lernen als Bestandteile des Lebenslangen        Das Projekt KomBiA, eines der Forschungs- und Entwicklungs-
Lernens ein und setzte die Anerkennung der im nicht-institu-    projekte BMBF-Förderrichtlinie „Innovative Ansätze zukunfts-
tionellen Kontext erworbenen Wissensbestände, Fähigkeiten       orientierter beruflicher Weiterbildung”, die die Entwicklung
und Fertigkeiten als Entwicklungsaufgabe für die Bildungssys-   von konzeptionellen Ansätzen und Strategien für die Ge-
teme auf die politische Agenda. In der Folge wurden auf euro-   staltung eine zeitgemäße berufliche Weiterbildung verfolgt
päischer Ebene Prinzipien (2003) und Leitlinien (2009, 2016)    (BMBF, 2015), hat in den Jahren 2015 bis 2018 ein Validie-
der Validierung formuliert und der Fortschritt der nationalen   rungsverfahren in der Altenpflege entwickelt, das in dieser
Bildungssysteme durch das Europäische Zentrum für Berufs-       Handreichung vorgestellt wird. Beide Verfasser dieser Bro-
bildung (Cedefop) fortlaufend dokumentiert.                     schüre waren in diesem Projekt tätig, mit dem sie auf ihre
                                                                Erfahrungen in nationalen und internationalen Projekten zu
Die Umsetzung in Deutschland lässt sich für eine Zeit von       informellen Lernprozessen und zur Identifizierung, Bewertung
zehn Jahren mindestens als verhalten bezeichnen, oder:          und Anerkennung informell und non-formal erworbenen Kom-
„Die Anerkennung non-formalen und informellen Lernens in        petenzen aufbauen konnten.
Deutschland stellt sich anders dar als in den meisten euro-
päischen und außereuropäischen OECD-Ländern” (Seidel,           Die Broschüre geht zuerst auf die Zielgruppe des Validie-
Bretschneider, Kimmich, Neß & Noerres, 2008, S. 9). Die         rungsverfahrens ein und will so die Bedeutung dieser im
Situation war geprägt durch eine Vielzahl von Initiativen und   Professionalisierungsdiskurs der Pflege vernachlässigten Be-
Verfahrens- und Instrumentenentwicklungen in Form von           schäftigtengruppe in quantitativer und qualitativer Hinsicht
Bildungspässen, Kompetenzbilanzen, Kompetenznachweisen          hervorheben. Es schließt sich eine kurze Darstellung des er-
zur Identifizierung und Bewertung non-formal und informell      wartbaren Nutzens eines Validierungsverfahrens in der Alten-
erworbener Kompetenzen im Kontext von Beruf und bürger-         pflege an, bevor auf die grundsätzlichen Anforderungen an
schaftlichem Engagement (vgl. Flachmeyer, Harhues, Honau-       ein Validierunsgverfahren eingegangen wird, so wie sie vom
er, Schulte Hemming, 2010; Flachmeyer & Schulte Hemming,        Europäischen Zentrum für Berufsbildung formuliert wurden.
2013), die sich aber unterhalb der ordnungspolitischen Ebene
bewegten.                                                       Den Kern der Broschüre bildet eine detaillierte Darstellung des
                                                                Validierungsverfahrens in der Altenpflege. Uns ist es ein An-
Erst nach dem Beschluss des Rates der Europäischen Union        liegen, Strukturen und Prozesse eines Validierungsverfahrens
(2012) und dem Koalitionsvertrag der Regierungsparteien im      so konkret und fassbar zu machen, das ein solches Verfahren
18. Bundestag (Bundesregierung, 2013) ist eine ordnungs-        die Aura des Besonderen verliert und in der operativen Um-
politische Perspektive greifbar. Nachdem der Rat die Emp-       setzung nachvollziehbar ist. Validierung ist kein Hexenwerk …
fehlung erlassen hatte, „Regelungen für die Validierung des     und das hier vorgestellte Verfahren ist geeignet, die Quali-
nicht-formalen und des informellen Lernens — im Einklang        tätsanforderungen in der Altenpflege zu befriedigen und für
6
eine bestimmte Gruppe berufserfahrener Pflegekräfte einen        Von den 670.195 Beschäftigten, die Ende des Jahres 2015 in
alternativen Weg zum staatlich anerkannten Berufsabschluss       erster Linie in der Pflege arbeiteten, verfügten 49,3 % über
„Altenpfleger/Altenpflegerin” zu eröffnen.                       einen Berufsabschluss entweder als Altenpfleger/-in (ambu-
                                                                 lant: 22,0 % bzw. stationär: 34,2 %) , Gesundheits- und Kran-
                                                                 kenpfleger/-in (ambulant: 23,1 % bzw. stationär: 10,2 %)
2. Im Fokus: Altenpflegekräfte ohne Ab-		                        (16,7 %) oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-in
   schluss als staatlich anerkannter Alten-		                    (ambulant: 2,3 % bzw. stationär: 0,6 %) (Statistisches Bun-
   pfleger/ Altenpflegerin                                       desamt 2017, Schroeder, 2017). 50,7 % der Beschäftigten in
                                                                 der Pflege (339.789 Beschäftigte) haben also andere Berufs-
Die Arbeitskräftestruktur in der Altenpflege wurde in den        abschlüsse oder keinen Berufsabschluss und gelten nicht als
letzten Jahren besonders in Prognosen zur Entwicklung des        Pflegefachkräfte.
zukünftigen Personalbedarfs thematisiert. Deren z.T. sehr           Diese Zahlen werden ungefähr von anderen Untersuchun-
unterschiedliche Einschätzungen waren Gegenstand der Dis-        gen gestützt. So ermittelt eine Studie des Instituts für Arbeits-
kussion, wobei nach Simon (2012) diese Differenzen auch          markt- und Berufsforschung einen Hilfskräfteanteil von 45,2 %
dadurch begründet sind, dass es an einer fundierten und          für die Altenpflege, im Vergleich zu 10,7 % für das gesamten
differenzierten Datengrundlage mangelt. Für den Bereich          Gesundheitswesen (Bogai, Carstensen, Seibert et al., 2015).
des Arbeitsmarktes der Altenpflege scheint die verlässlichste
Datenquelle in der Pflegestatistik des Statistischen Bundes-     Zusammenfassend: Die Altenpflege in stationären Einrichtun-
amtes zu liegen (Schroeder, 2017). Sie erhebt auf gesetzlicher   gen und ambulanten Diensten ist ganz überwiegend weiblich
Grundlage Daten über alle Einrichtungen, die Leistungen im       und wird mehrheitlich in Teilzeit geleistet. Rund die Hälfte der
Rahmen der Pflegeversicherung erbringen.                         Pflegekräfte hat keinen Abschluss als staatlich anerkannter
                                                                 Altenpfleger/ Altenpflegerin (bzw. Gesundheits- und Kranken-
Diese Pflegestatistik weist die Anzahl aller Beschäftigten auf   pfleger/-in, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-in), da-
dem Arbeitsmarkt der Altenpflege für Ende des Jahres 2015        bei sprechen wir von über 300 Tsd. Beschäftigten in Deutsch-
mit 1.086.758 Personen aus (Statistisches Bundesamt 2017),       land.
von denen eine deutliche Mehrheit weiblich (85,3 %) und teil-
zeitbeschäftigt (65,4 %) ist (Statistisches Bundesamt, 2017;
Schroeder, 2017).                                                3. Erwartbarer Nutzen des Validierungs-
                                                                    verfahrens
Die Gesamtzahl der Beschäftigten verteilt sich 2017 zu 32,8 %
auf ambulante Dienste und zu 67,2 % auf stationäre Einrich-      Ein Nutzen des Validierungsverfahrens in der Altenpflege ist
tungen (Statistisches Bundesamt, 2017; Schroeder, 2017).         auf Mikro-, Meso- und Makroebene zu erwarten.
Sowohl der Frauenanteil (86,9 % zu 84,9 %) als auch die Teil-    Auf der Mikroebene ist anzunehmen, dass mit der Verände-
zeit- (69,4 % zu 63,3 %) und die Fachkräftequote (47,3 %         rung der betrieblichen Position und mit der Übernahme einer
zu 30,7 %) sind im ambulanten Bereich höher. (Statistisches      neuen Berufsrolle die Arbeitszufriedenheit der nun staatlich
Bundesamt, 2017; Schroeder, 2017). Bei der Bewertung die-        anerkannten Altenpflegefachkraft steigt. Hackmann (2009)
ser Angabe zur Fachkräftequote ist allerdings zu berücksichti-   konnte zeigen, dass die betriebliche Verweildauer bei aus-
gen, die Grundmenge, die Gesamtzahl der Beschäftigten also,      gebildeten Altenpflegefachkräften mit 12,7 Jahren deutlich
vor allem im stationären Bereich etliche Beschäftigte beinhal-   länger ist als bei Hilfskräften mit 7,9 Jahren. Zugleich dürfte
tet, die nicht unmittelbar in der Pflege, sondern z.B. in der    die Option steigen, die bei weniger qualifizierten Pflegekräften
Wäscherei oder in der Küche tätig sind.                          häufiger anzutreffende marginale Teilzeitzeitbeschäftigung zu
                                                                                                                                7
verändern und die Lebensgrundlage damit zu verbessern (vgl.      Auf diesem Hintergrund hat das Europäische Zentrum für die
Theobald, Szebehely & Preuß, 2013). Vermutlich wirkt sich        Förderung der Berufsbildung (Cedefop) einen europaweiten
allein schon die Teilnahme am Validierungsverfahren positiv      Überarbeitungsprozess der „Leitlinien für die Validierung nicht
auf die Pflegekraft aus. Triebel (2005) konnte für die Teil-     formalen und informellen Lernens” aus dem Jahr 2013 an-
nahme an einer Kompetenzbilanz positive Auswirkungen auf         gesteuert, dessen Ergebnisse 2016 vorgelegt wurden. Die ak-
das Selbstkonzept eigener Fähigkeiten/Selbstkenntnis, Proak-     tuellen Leitlinien treffen grundlegende Aussagen zur „Philoso-
tivität, Internale Kontrollüberzeugungen und Selbstwirksam-      phie” der Validierung, beschreiben Phasen und Instrumente,
keitsüberzeugungen nachweisen.                                   zeigen mögliche Validierungskontexte auf und gehen auf not-
                                                                 wendige Voraussetzungen für die Entwicklung und Einführung
Auf der Makroebene werden der Betrieb und das Team durch         einer Validierung ein. (Europäische Zentrum für die Förderung
den Zuwachs durch eine anerkannte Altenpflegefachkraft in        der Berufsbildung, 2016).
ihrer Professionalität gestärkt. Angesichts des Mangels an
examinierten Altenpflegerinnen und Altenpflegern bedeutet
der Zuwachs zugleich eine Entspannung der Personalsituation      Allgemeine Grundsätze
und sichert unter Umständen einen ordentlichen Betrieb.
                                                                 „Das Individuum steht im Mittelpunkt” – dieser bereits im
Auf Makrobene trägt das Validierungsverfahren zu einer Ent-      Jahr 2004 in den „Principles” formulierte Grundsatz (European
spannung auf dem Fachkräftearbeitsmarkt bei, sobald das          Commission, 2004) normiert auch die Leitlinien aus dem Jahr
Verfahren Eingang in den Arbeitsmarkt gefunden und sich          2016 (Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbil-
etabliert hat. Die Bundesagentur stellt in ihren Arbeitsmarkt-   dung, 2016, S. 22-24). Das Validierungsverfahren muss dem-
berichten Pflege regelmäßig einen Mangel an Pflegefachkräf-      nach den Interessen des Individuum dienen und ist in jeder
ten fest, während es bei der Besetzung von Hilfstätigkeiten in   Phase des Verfahrens freiwillig. Zur Stärkung der beruflichen
der Pflege keine Engpässe gibt. Insofern ist der Zuwachs an      oder gesellschaftlichen Handlungskompetenz zeigt ein Vali-
examinierten Altenpflegekräften auch zu Lasten der Hilfskräf-    dierungsverfahren ihm selbst (und auch anderen) auf, über
te auf dem Arbeitsmarkt positiv einzuordnen.                     welche Kompetenzen es verfügt. Wenn gewünscht, kann das
                                                                 Verfahren zu einer beruflichen Teilqualifikation oder Qualifika-
                                                                 tion führen. In jedem Fall ist das Individuum bestimmend für
4. Anforderungen an ein Validierungs-                            das Verfahren und entscheidet, welche Daten mit wem geteilt
   verfahren (CEDEFOP 2016)                                      werden und welche nicht. Eine externe Begleitung soll das
                                                                 Individuum darin stärken, diese Verantwortung zu überneh-
In der Empfehlung des Rates zur Validierung non-formal und       men. Der Validierungsprozess, das Validierungsverfahren und
informell erworbener Lernergebnisse (Rat 2012) wird nicht nur    die Kriterien der Validierung müssen fair und transparent sein.
die Bedeutung der Sichtbarkeit der Lernprozesse und Lern-
ergebnisse außerhalb formaler Bildungseinrichtungen betont,      Bei der Gestaltung oder Entwicklung eines Validierungssys-
sondern auch die Bedeutung eines EU-weit abgestimmten            tems sind die Stakeholder, also verschiedene Interessengrup-
Regelwerks der Validierung. Ziel der Empfehlung ist die Zu-      pen wie Sozialpartner, Organisationen des Berufsbildungssys-
sammenarbeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union,         tems, Berufsverbände u.a. zu beteiligen. Es sind die legitimen
um bis 2018 nationale Regelungen für die Validierung einzu-      Interessen der Zielgruppe wie auch der Stakeholder zu achten
führen, die es allen Bürgern ermöglichen, ihre nicht-formalen    und es ist für eine ausgewogene Beteiligung zu sorgen.
und informellen Lernerfahrungen ermitteln, dokumentieren,
sowie auf Wunsch bewerten und zertifizieren zu lassen.
8
Phasen und Instrumente                                            Validierungskontexte

Die Leitlinien sehen mit Bezug auf die Empfehlungen des Ra-       Die Leitlinien führen zu vier Validierungskontexten aus
tes (2012) vier Phasen vor: Identifizierung, Dokumentierung,      (S. 46-58):
Bewertung und Zertifizierung. Die Gewichtung und Kombina-
tion der einzelnen Phasen hängt vom Kontext und von der           •   Validierung in Bildung und Berufsbildung inkl. Validierung
Zielstellung ab, hier lassen die Leitlinien ausdrücklich Spiel-       und offene Bildungsressourcen
raum und verdeutlichen das hinsichtlich einer Validierung in
der Freiwilligenarbeit und im Hinblick auf Beruf, Arbeitsmarkt    •   Validierung in Unternehmen
oder Bildungsweg. (S. 16). Auch hinsichtlich Instrumentie-
rung des Validierungsverfahrens eröffnen die Leitlinien ein       •   Überprüfung von Fähigkeiten durch Kompetenzbilanzen
breites Spektrum von Möglichkeiten, aus denen unter Maß-              (skills audits) und Arbeitsmarkt
gabe bestimmter Anforderungen ein Set von Instrumenten
zusammengestellt werden muss. Die Leitlinien unterscheiden        •   Validierung im Freiwilligensektor.
dabei Instrumente zur Gewinnung von Nachweisen wie Tests
und Prüfungen, gesprächsbasierte Methoden, Beobachtung,           In dieser Aufzählung wird der Validierung im Unternehmen
Simulation u.a.m. und Instrumente zur Präsentation von            ein deutlicher Platz eingeräumt. Die Leitlinien sehen hier eine
Nachweisen wie Lebenslauf, individuelle Beschreibungen der        wachsende Bedeutung und nennen als Vorteile:
Kompetenzen, Berichte Dritter u.a.m. Bei der Auswahl und
Zusammenstellung sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:      •   „Die Motivation und das Interesse des Mitarbeiters/Lernen-
                                                                      den an den am Arbeitsplatz eingesetzten Methoden erhöht
„(a) Validität: Das Instrument muss messen, was es messen             sich.
soll;
                                                                  •   Der Zeitaufwand für den Erwerb einer Qualifikation ver-
(b) Reliabilität: der Grad, in dem jedes Mal, wenn ein Kandidat       ringert sich und damit auch Fehlzeiten am Arbeitsplatz.
unter denselben Bedingungen bewertet wird, identische Er-
gebnisse erzielt werden;                                          •   Durch den Reflexionsprozess über die am Arbeitsplatz
                                                                      eingesetzten Methoden werden Mitarbeiter/Lernende auf
(c) Fairness: der Grad, in dem eine Bewertungsentscheidung            neue Ideen gebracht und Entwicklungen angestoßen.
frei von Verzerrungen ist (Kontextabhängigkeit, Kultur- und
Bewerterabhängigkeit);                                            •   Der Verbleib der Mitarbeiter im Unternehmen wird ge-
                                                                      fördert, Personalbeschaffungs- und Weiterbildungskosten
(d) kognitive Bandbreite: Ermöglicht das Instrument dem Be-           verringern sich.” (S. 51)
werter, die Breite und Tiefe des Lernens des Kandidaten zu
beurteilen?                                                       Die Leitlinien gehen auch auf die Voraussetzungen für die Ent-
                                                                  wicklung und Einführung der Validierung ein. Dabei führen sie
(e) Zweckdienlichkeit der Beurteilung: Es muss sichergestellt     zu folgenden Aspekten aus:
sein, dass der Zweck des Bewertungsinstruments seinem vor-
gesehenen Verwendungszweck entspricht.” (S. 60).                  •   Information, Beratung und Orientierung (3.1)

                                                                  •   Koordinierung der Akteure (3.2)
                                                                                                                               9
•     Verbindungen zu nationalen Qualifikationssystemen und       •   es definiert Verfahrensweisen und Instrumente sorgt so
     -rahmen (3.3)                                                    für die Sicherung von Struktur- und Prozessqualität;

•    Standards und Lernergebnisse (3.4)                           •   es arbeitet multiperspektivisch mit Selbst- und Fremdein-
                                                                      schätzungen, gewinnt die Daten biografisch und situativ,
•    Qualitätssicherung (3.5)                                         indirekt und direkt;

•    Berufliche Kompetenzen von Fachkräften (3.6)                 •   es stellt die vorhandenen Kompetenzen erwachsenenge-
                                                                      recht und berücksichtigt so die besondere Kompetenzsitu-
Diese Ausführungen spiegeln wider, dass die Validierung kein          ation auch älterer Pflegekräfte;
„Selbstläufer” ist. Sowohl in Hinblick auf das Individuum, das
möglicherweise ein Validierungsverfahren durchläuft, als auch     •   es greift die vier in den europäischen Leitlinien vorgesehe-
auf die Implementierung und Verankerung eines Validierungs-           nen Phasen der Identifizierung, Dokumentierung, Bewer-
systems werden erhebliche Vorarbeiten und begleitende Leis-           tung und Zertifizierung auf, schiebt vor diese Phasen einen
tungen für erforderlich gehalten. Dazu zählt auch der Aufbau,         intensiven Vorlauf mit Information und Beratung und baut
die Sicherung und die Entwicklung von Struktur- und Prozess-          die Möglichkeit einer individualisierten Lern- und Entwick-
qualität.                                                             lungsphase ein;

                                                                  •   es bietet mit der individualisierten Lern- und Entwicklungs-
5. Das Validierungsverfahren in der Alten-		                          phase eine integrierte Option des begleiteten beruflichen
   pflege in der Übersicht                                            Lernens, die den Bedürfnissen der Zielgruppe in besonde-
                                                                      rer Weise gerecht wird und modulare Elemente mit Prä-
Merkmale des Validierungsverfahrens                                   senzlernens in der Ausbildungsstätte, mit betrieblichen
                                                                      Lernaufgaben sowie mit E-Learning und Blended learning
Das im Rahmen des KomBiA-Projekts entstandene Validie-                enthält.
rungsverfahren basiert auf den in einer Feldstudie deutlich
gewordenen Anforderungen von Altenpflegekräfte, Führungs-         Das Validierungsverfahren in der Altenpflege ist damit eine
kräfte, Ausbildungsstättenleiterinnen sowie Vertreter/-innen      branchen- und zielgruppenspezifische Lösung, die als Perso-
von Sozialpartnern und Berufsverbänden. Es zeichnet sich im       nalentwicklungsmaßnahme angelegt ist, die die Validierung
wesentlichen durch folgende Merkmale aus:                         und Lernen integriert. Wir gehen davon aus, dass ein ”reines”
                                                                  Validierungsverfahren für die Zielgruppe der berufserfahrenen
•    Das Validierungsverfahren berücksichtigt die Standards       Beschäftigten in der Altenpflege wenig geeignet ist. Inter-
     der europäischen Leitlinien zu Kompetenzvalidierung (Eu-     views mit berufserfahrenen Pflegekräften zeigten, dass sie in
     ropäische Zentrum für die Förderung der Berufsbildung,       ihrer Selbstwahrnehmung ambivalent sind. Zum einen können
     2016) und dort insbesondere den Grundsatz „Das Indivi-       sie ganz überwiegend den Stellenwert ihrer Erfahrung für die
     duum steht an erster Stelle”;                                Pflege älterer Menschen richtig einschätzen, zum anderen ist
                                                                  der staatlich anerkannte Berufsabschluss aber so stark an die
•    es bewertet die zu validierenden Kompetenzen bezogen         reguläre Ausbildung und die entsprechenden Institutionen ge-
     auf ein Berufs- und Qualifikationsprofil, konkret dem des/   bunden, dass eine Anerkennung ihrer informell erworbenen
     der staatlich anerkannten Altenpflegers/-in (DQR Niveau-     Kompetenzen losgelöst von den mit der Ausbildung betrauten
     stufe 4);                                                    Institutionen sie eher verunsichern und die Gleichwertigkeit in
10
ihrer und auch vermutlich in der Wahrnehmung ihrer Kollegin-       tenpflegeseminare haben sowohl eine Beratungs-/ Bildungs-
nen und Kollegen nicht gegeben wäre. Ein für diese Zielgrup-       funktion als auch eine Prüfungsfunktion, so wie sie auch in
pe und Branche geeignetes Validierungsverfahren kann dies          der regulären Ausbildung eine Ausbildungsfunktion und eine
nicht ignorieren. Erfolgversprechend scheint uns ein Modell zu     Prüfungsfunktion haben. Die Beratung ist Prozessbegleitung
sein, dass Validierung und Lernen in einer Personalentwick-        und – in der Phase des individuellen Lern- und Entwicklungs-
lungsmaßnahme integriert und den Ausbildungsstätten eine           programms – als Lernbegleitung angelegt. Die Prüffunktion
tragende Rolle zuweist.                                            beinhaltet die Durchführungsverantwortung für die Zusam-
                                                                   menstellung des Bewertungsausschusses und das Bewer-
                                                                   tungsverfahren. Das Bewertungsverfahren findet im Praxis-
Verfahrensbeteiligte                                               feld statt, also da, wo die kompetente Leistung erbracht wird.
                                                                   Sie erstreckt sich auf die berufliche Handlungskompetenz, die
An dem Validierungsverfahren sind die (1) Pflegeeinrichtun-        immer Aspekte von Wissen, Fertigkeiten, Haltung, Motivation
gen/-diensten, die (2) Ausbildungsstätten und die für die          u. a. m. enthält (Weinert, 2001). Insofern deckt sie das ab,
Ausbildung zuständigen (3) Aufsichtsbehörden beteiligt, also       was auch in der kompetenzorientierten Altenpflegeausbildung
folglich die Stellen, die auch in die reguläre Ausbildung invol-   und deren Prüfung immer noch mit den Begriffen von Theorie
viert sind. Dies entspricht der Empfehlung, dass eine ”Aner-       und Praxis künstlich getrennt wird.
kennung informell erworbener Kompetenzen” am besten von
den Institutionen vorgenommen werden solle, ”die auch für          (3) Aufsichtsbehörde nach der jeweiligen Landesge-
die Anerkennung formeller Kompetenzen zuständig sind und           setzgebung: Die für die reguläre Altenpflegeausbildung zu-
darin Erfahrungen besitzen.” (Weiß, 2014, S. 3).                   ständige Aufsichtsbehörde führt in diesem Modell auch die
                                                                   Aufsicht über das Validierungsverfahren. Sie ist Teil des Be-
(1) Pflegeeinrichtungen/-dienste: Sie nehmen in dem                wertungsausschusses und spricht die staatliche Anerkennung
Validierungsverfahren in der Altenpflege eine herausragende        aus. Damit erfüllt das Verfahren eine doppelte Funktion: Es
Funktion ein, adressiert das Verfahren doch Menschen, die          erfüllt sowohl die Standards des formalen Ausbildungssys-
bereits seit Jahren im Beschäftigungssystem sind. Es liegt also    tems und geht auf die Besonderheiten derer ein, die aufgrund
nahe, die potentiellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer am           von Erfahrungen und sonstiger Lernleistungen altenpflegeri-
Validierungsverfahren in den Pflegeeinrichtungen/-diensten         sche Berufskompetenzen erworben haben.
anzusprechen und sie dort zu gewinnen. Mehr noch: Ohne die
aktive Mitwirkung von Pflegeeinrichtungen/-diensten wird die
Zielgruppe auf absehbare Zeit nicht für ein Validierungsver-       Phasen des Validierungsverfahrens
fahren gewonnen werden können. Die aktive Rolle erstreckt
sich über nahezu das ganze Validierungsverfahren, beginnend        Das von uns entwickelte Validierungsverfahren in der Alten-
mit einer ersten Ansprache potentieller Kandidaten/-innen          pflege gliedert sich in sechs Phasen, wobei die Phase 4, die
und dem dann folgenden strukturierten Informationsgespräch         der individualisierten Lern- und Entwicklungsaufgaben, ab-
in der Pflegeeinrichtung bzw. dem Pflegedienst über die Un-        hängig vom Ergebnis der Phase 3 der Identifizierung und Do-
terstützung der Teilnehmer/in im Rahmen einer Personalent-         kumentation durchlaufen wird.
wicklungsmaßnahme bis hin zur Mitwirkung an dem finalen
Bewertungsschritt, der kompetenzbasiert in der Einrichtung         In den folgenden Kapiteln werden die Phasen hinsichtlich
absolviert wird und der zu einem anerkannten Zertifikat            ihrer Ziele, Beteiligten, Prozeduren, Instrumente und Ergeb-
führen soll.                                                       nisse detailliert im Sinne einer Handreichung beschrieben.
(2) Ausbildungsstätten: Die Altenpflegeschulen oder Al-
                                                                                                                              11
6. Phase 1: Information                                             Ziele der Informationsphase

Altenpflegeeinrichtungen bzw. -dienste als Schlüssel                In dieser ersten Phase des Validierungsverfahrens geht es da-
zur Zielgruppenansprache                                            rum, berufserfahrene Altenpflegekräfte ohne anerkannten Be-
                                                                    rufsabschluss als Altenpflegerin bzw. Altenpfleger persönlich
Potentielle Teilnehmerinnen und Teilnehmer für das Validie-         zum Validierungsverfahren zu informieren, das Vorliegen der
rungsverfahren da ansprechen, wo sie bereits beruflich tätig        Teilnahmevoraussetzungen abzuklären und eine individuelle
sind – das ist unser Ansatz. Insofern spielen die Altenpflegeein-   Auseinandersetzung der Altenpflegekraft mit ihrer möglichen
richtungen bzw. -dienste die zentrale Rolle in der ersten Phase     Teilnahme am Validierungsverfahren anzustoßen.
des Validierungsverfahrens in der Altenpflege, der Phase der
Information. In den Altenpflegeeinrichtungen bzw. -dienste
liegt die Kompetenz, Informationen zu dem im Moment ja              Informationsmaterial nutzen
weitgehend unbekannten Verfahren an diejenigen Beschäf-
tigten zu bringen, die für die Teilnahme geeignet erscheinen.       Für die Ansprache und Erstinformation der potentiellen Teil-
Die Führungskräfte, seien es die Pflegedienstleitungen oder         nehmer/-innen stehen in einem Modellprojektkontext einige
Wohnbereichsleitungen, kennen ihre Mitarbeiterinnen und             Informationsmittel und -medien zur Verfügung, und zwar ein
Mitarbeiter, und zwar hinsichtlich ihrer altenpflegerischen Be-     Flyer, ein Informations-Clip und eine Projekt-Website.
rufskompetenz, sie kennen sie aber häufig auch hinsichtlich         Der Flyer kann in einem Modellprojektkontext als Druck bezo-
ihrer sozialen Lebenslage und Ressourcen und ihrer berufsbe-        gen und auch von der Projekt-Website heruntergeladen wer-
zogenen Motivation. Sie sind also strukturell die kompetente        den. Er adressiert in Sprache und Inhalt die Beschäftigten, die
Instanz, um Beschäftigte gezielt zu informieren. Aus Inter-         über profunde Berufserfahrung in der Altenpflege, aber über
views mit Beschäftigten aus der Zielgruppe wissen wir zudem,        keinen Abschluss als Pflegefachkraft verfügen. Er soll neugie-
dass die direkte und gezielte Ansprache durch die Führungs-         rig machen und einige Basisinformationen geben. Der Flyer
kraft als wertschätzend und motivierend erlebt wird.                kann per E-Mail verschickt, auf der eigenen Website zur Ver-
                                                                    fügung gestellt oder als Druck weitergegeben werden.
Mit dem Validierungsverfahren steht den Altenpflegeeinrich-
tungen bzw. -dienste ein besonderes Instrument der Perso-           Der Clip zum Validierungsverfahren in der Altenpflege ist als
nalentwicklung zur Verfügung, das bei Vorliegen entsprechen-        Informations-Clip aufgebaut und gibt in wenigen Minuten die
der Rahmenbedingungen und entsprechender Kompetenzen                wesentlichen Informationen zu Zugangsvoraussetzungen, Ab-
zum anerkannten Berufsabschluss als Altenpfleger/-in führt          lauf und Benefit des Validierungsverfahrens. Er lässt sich gut
und so die teilnehmende Altenpflegekraft zur Wahrnehmung            zusammen mit der potentiellen Teilnehmerin oder Teilnehmer
höherwertiger Aufgaben und zur Einnahme einer höheren be-           anschauen, im Einzelgespräch oder auch in der kleinen Grup-
trieblichen Position berechtigt. Dies ist angesichts der qualifi-   pe, um dann anschließend auf Informationsfragen einzuge-
katorischen Ausstattung vieler Altenpflegeeinrichtungen bzw.        hen und das Interesse abzuklären.
-dienste und mit Blick auf die langfristige Bindung leistungs-
fähiger Altenpflegekräfte ein starkes Motiv, die Initiative zu      Die Projektwebsite wird vor allem wichtig, wenn es um den
ergreifen und gezielt das Gespräch mit geeigneten Altenpfle-        Kontext des Validierungsverfahrens geht. Für die Ansprache
gekräften zu suchen.                                                der Mitarbeiter/-innen eignen sich gut einige für die Zielgrup-
                                                                    pe typischen Berufsverläufe, die dort aufbereitet sind.

12
Prozessbegleitende Beratung und Unterstützung
                                     der Kandidatinnen und Kandidaten

                                                                                                                     Anerkennung
 Phase 1:                 Phase 2:                 Phase 3:              Phase 5:              Phase 6:
 Information              Eingangsberatung         Identifizierung       Bewertung             Zertifizierung
                                                   und Dokumen-
                                                   tation

                                    Phase 4: Lern- und Entwicklungsaufgaben

                              Qualitätssicherung und Orientierung an den Anforderungen
                                 des Altenpflegeexamens als Validierungsstandard

Abbildung 5: Modell des KomBiA Validierungsverfahrens für die Altenpflege

Erste Abklärung der Zugangsvoraussetzungen und                    mit einer ein- oder zweijährigen Ausbildung in der Pflege,
Ressourcen                                                        angelernte Kräften mit fachfremder Ausbildung, Pflegekräfte
                                                                  mit einem in der Vergangenheit nicht anerkannten ausländi-
Das Validierungsverfahren richtet sich an berufserfahrene         schen Berufsabschluss oder auch Menschen, die aus welchen
Pflegekräfte, die in verschiedenen Felder der Altenpflege         Gründen auch immer überhaupt keine Berufsausbildung auf-
kompetent sind, aber über keine staatliche Anerkennung als        weisen.
Altenpflegerin bzw. Altenpfleger verfügen. Anders als in vielen
anderen Branchen arbeiten in der Altenpflege neben den über       Um am Verfahren teilnehmen zu können, müssen folgende
drei Jahre ausgebildeten Fachkräften eine Vielzahl von Men-       Voraussetzungen erfüllt sein:
schen, die nicht als Fachkräfte gelten. Dies sind Menschen
                                                                                                                                   13
•    Umfangreiche Berufserfahrung in der Alten-/Krankenpfle-    Dieses Dokument hält insbesondere fest, ob sich im Infor-
     ge, die stundenmäßig insgesamt mindestens 4 ½ Jahren       mationsgespräch die Zugangsvoraussetzungen individuell als
     Vollzeittätigkeit entspricht;                              erfüllt gezeigt haben und ob das Interesse, die Motivation,
•    Aktuelles Anstellungsverhältnis zu mindestens 50 % in      die altenpflegerische Berufskompetenz und die unterstützen-
     einer ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtung;       den Ressourcen für die Teilnahme am Validierungsverfahren
•    Muttersprache Deutsch oder gute Deutschkenntnisse,         soweit gegeben sind, dass eine vertiefende individuelle Be-
     mündlich und schriftlich (Mindestens Niveau B2 gemäß       ratung sinnvoll ist.
     dem Europäischen Referenzrahmen für Sprachen).
                                                                Ist dies der Fall, dient dieses von Arbeitnehmer/-in und Ar-
Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann eine Führungskraft     beitgeber gemeinsam unterzeichnete Dokument zugleich als
in einer Praxiseinrichtungen vermutlich in etlichen Fällen in   Gutschein für eine Beratung bei einer am Modellprojekt mit-
etwa überblicken, ohne in die Personalakte zu schauen. In       wirkenden Ausbildungsstätte.
den für die Zielgruppe nicht untypischen Fällen der Berufs-
tätigkeit mit Unterbrechungen oder/ und in unterschiedlichen    Ist dies nicht der Fall, enthält das Dokument anderweitige
Teilzeitmodellen hilft bei der Berechnung der Berufserfahrung   Empfehlungen zur beruflichen Entwicklung. Dies kann zum
ein Tool auf der Projekt-Website, das die Führungskraft auch    Beispiel die Teilnahme an einer bestimmten beruflichen Fort-
gut zusammen mit den potentiellen Teilnehmern im Informa-       bildung sein, ein Wechsel in ein anderes Feld der Altenpflege
tionsgespräch ausfüllen kann.                                   oder der Einsatz in einem anderen Arbeitsbereich mit anderen
Neben den Zugangsvoraussetzungen sind für eine mögliche         Bewohner/-innen bzw. Kunden/-innen.
Teilnahme am Validierungsverfahren auch „weiche” Faktoren
zu berücksichtigen. Bereits das Informationsgespräch kann
abklären, ob die Altenpflegekraft überhaupt Interesse und die   7. Phase 2: Beratung
zeitlichen und sozialen Ressourcen für die Teilnahme am Vali-
dierungsverfahren hat.                                          Beratung durch die Ausbildungsstätten für Altenpfle-
                                                                geberufe als Träger des Validierungsverfahrens

Abschluss der Informationsphase mit Beratungsgut-               Das obligatorische Beratungsgespräch zu einer evtl. Teil-
schein bzw. Empfehlung zum weiteren Vorgehen.                   nahme am Validierungsverfahren in der Altenpflege setzt die
                                                                Ausstellung eines Beratungsgutscheins durch eine am Modell-
Das Informationsgespräch hat also zwei Teile: zum einen die     projekt teilnehmende Praxiseinrichtung voraus. Der Gutschein
Erstinformation zum Validierungsverfahren, zum anderen eine     wird ausgestellt, wenn die formalen Anforderungen an eine
erste Abklärung der individuellen ”harten” und ”weichen” Zu-    Teilnahme erfüllt sind und der Arbeitgeber den Eindruck hat,
gangsvoraussetzungen, beide Teile dem Ziel folgend, der Mit-    dass das Interesse, die Motivation und die unterstützenden
arbeiterin bzw. dem Mitarbeiter eine realistische Perspektive   Ressourcen für die Teilnahme am Validierungsverfahren ge-
zu eröffnen und ggf. eine individuelle Auseinandersetzung mit   geben sind. Die potentielle Teilnehmerin oder der potentielle
der möglichen Teilnahme am Validierungsverfahren anzusto-       Teilnehmer hat dann zeitnah die Möglichkeit, in einem Bera-
ßen. Dieses Gespräch kann eine erhebliche persönliche Be-       tungsgespräch an einer im Modellprojekt teilnehmenden Aus-
deutung haben. Es wird daher hinsichtlich seiner Ausgestal-     bildungsstätte für Altenpflege noch offen gebliebene, tiefer
tung und seiner Ergebnisse in einem von uns vorbereiteten       gehende Fragen zum Validierungsverfahren zu klären und sich
Format festgehalten, von den Beteiligten unterzeichnet und      so Unterstützung bei der definitiven Entscheidung zu holen.
zu den Personalakten genommen.
14
Zuerst Information, dann noch mal eine Beratung? Dieses            Ist dieser Fall gegeben, hat sich die Interessentin oder der
so gestufte Verfahren ist der Erkenntnis geschuldet, dass es       Interessent selbständig zum Validierungsverfahren zu infor-
einiger Anstrengung bedarf, seine berufliche Position im be-       mieren und muss mit dem Antrag auf ein kostenfreies Bera-
trieblichen Gefüge zu verändern, sich dazu noch einer Be-          tungsgespräch das Vorliegen der Teilnahmevoraussetzungen
wertung der eigenen altenpflegerischen Berufskompetenz zu          aufzeigen.
stellen und und bei diesem anspruchsvollen Validierungsver-
fahren dann auch noch „am Ball zu bleiben”. Dazu braucht
es Risikobereitschaft, Engagement für die eigene professio-        Ziel der Beratungsphase
nelle Entwicklung und Durchhalte- und Durchsetzungsver-
mögen, aber auch die Zuversicht, es mit Unterstützung des          Ziel der der Beratungsphase ist es, der an einer Teilnahme
betrieblichen und privaten Umfelds und mit professioneller         interessierten Pflegekraft dabei zu helfen, sich ein konkretes
Begleitung schaffen zu können. Nicht zuletzt diese Zuversicht      Bild von dem Verfahren zu machen und sich zum Verfahren
kann am besten die Instanz vermitteln, in deren Händen das         und zu der Teilnahme in Beziehung zu setzen. Diese geschieht
Validierungsverfahren liegt, nämlich die in dem Modellpro-         in einem persönlichen Beratungsgespräch in der Ausbildungs-
jekt beteiligten Ausbildungsstätten für Altenpflegeberufe. Sie     stätte für Pflegeberufe, bei dem die Beraterin bzw. der Berater
übersehen am besten die Anforderungen des Validierungsver-         auch die betrieblichen und sozialen Ressourcen im Sinne von
fahrens und die damit einhergehenden Beanspruchungen der           Gelingensfaktoren abklopfen und ausloten und so die Ent-
Teilnehmer/-innen und können so kompetent Hilfe bei einer          scheidungsgrundlage für die Beratende bzw. den Beratenden
fundierten Entscheidung geben.                                     verbreitern wird.

Das Beratungsgespräch wird von der potentiellen Teilneh-           Ein weiteres, eher informelles Ziel ist es, der Interessentin
merin bzw. dem potentiellen Teilnehmer am Validierungsver-         bzw. dem Interessenten die Bekanntschaft mit der Ausbil-
fahren mit der zuständigen Ausbildungsstätte vereinbart und        dungsstätte zu ermöglichen, die später auch mit der Durch-
findet in deren Räumlichkeit statt. Wenn sie bzw. er es für        führung des Validierungsverfahrens betraut ist. Zuversicht
sinnvoll erachtet, führt sie bzw. er dieses Gespräch allein oder   kann so mit einer konkreten Erfahrung von Institution, Ört-
auch zusammen mit der zuständigen Führungskraft aus der            lichkeit und Person verbunden werden.
Praxiseinrichtung.
                                                                   Das Beratungsgespräch ist zwar obligatorisch, es stellt aber
Kann eine Interessentin oder ein Interessent am Validierungs-      keine Hürde dar. Es endet nicht in einer Empfehlung zum
verfahren keinen Beratungsgutschein von einer Altenpflege-         weiteren Vorgehen, sondern in einem von den Beteiligten zu
einrichtung oder -dienst vorweisen, hat sie oder er die Mög-       unterzeichnendem Beratungsprotokoll und einer Beratungs-
lichkeit, sich direkt an eine im Modellprojekt teilnehmende        bescheinigung.
Ausbildungsstätte für Altenpflege zu wenden und ein Bera-
tungsgespräch zu beantragen. Auch wenn davon auszugehen
ist, dass das betriebliche Interesse am Validierungsverfahren      Beratung gestalten
als aufstiegsorientierter Personalentwicklungsmaßnahme sehr
groß ist und interessierte Altenpflegekräfte seitens der Alten-    Auch wenn die Beratung der Pflegekraft aus Ressourcengrün-
pflegeeinrichtungen oder -dienste Zustimmung und Unter-            den auf eine Stunde begrenzt werden sollte, so lässt sich doch
stützung für eine Teilnahme erhalten, so ist doch im Einzel-       von einem Beratungsprozess sprechen, der klar strukturiert
fall nicht auszuschließen, dass aus gewichtigen Gründen eine       werden sollte. Eine denkbare Struktur kann z.B. die Phasen-
Teilnahme ohne Kenntnis des Arbeitgebers angestrebt wird.          abfolge von Orientierung, Klärung. Entwicklung und Ausblick
                                                                                                                               15
(Cuvry, Kossack & Zeuner, 2009). Diese Struktur aus der Bil-      trieblichen und soziale Unterstützungsstrukturen verbunden.
dungsberatung ist auch auf die Beratung in dieser Phase des       Hier kann die Beratung helfen, Klarheit innerhalb und außer-
Validierungsverfahrens übertragbar, geht es doch auch hier        halb der Beratungssituation zu erlangen.
um einen Mix von Information und Unterstützung bei der Ent-
scheidung zwischen vielen Optionen.
                                                                  Beratungsphase: Ausblick:

Beratungsphase: Orientierung                                      Am Ende der Beratung werden die Ergebnisse rekapituliert,
                                                                  der Beratungsprozess selbst wird reflektiert. Die Beraterin
Nachdem das Gespräch durch die potentielle Teilnehmerin           bzw. der Berater schließt die Sitzung.
bzw. den potentiellen Teilnehmer am Validierungsverfahren
initiiert worden ist, wird sie bzw. er nun in der Ausbildungs-
stätte begrüßt. Die Beraterin bzw. der Berater eröffnet und       Inhalt und Ergebnis festhalten
leitet das Gespräch. Sie bzw. er steckt den Kontext ab, hin-
sichtlich des zeitlichen Rahmens, der Art der Beratung und        Inhalt und Ergebnisse des Beratungsgesprächs werden stich-
des Ablaufs, und holt sich hierzu die Zustimmung ein.             wortartig in einem vorbereiteten Format festgehalten und von
                                                                  den Gesprächsbeteiligten an Ort und Stelle unterzeichnet.

Beratungsphase: Klärung
                                                                  Beratungsbescheinigung als Teilnahmeberechtigung
Die Phase der Klärung wird in der Regel mit Informations-
fragen zum Validierungsverfahren eröffnet, bevor dann der         Neben dem Beratungsprotokoll wird zugleich auch eine Bera-
Fokus auf den Beratungsgegenstand gerichtet wird: die Teil-       tungsbescheinigung durch die Ausbildungsstätte ausgefertigt.
nahme am Validierungsverfahren, und diese in der Berufs- und      Diese Bescheinigung berechtigt die potentielle Teilnehmerin
Lebenssituation der Ratsuchenden bzw. des Ratsuchenden            bzw. den potentiellen Teilnehmer, sich nun im internen Teil-
einzuschätzen. „Schaff‘ ich das?”, „Was ist, wenn ich durch-      nahmebereich des Validierungsverfahrens mit Nutzername
falle?”, „Was halten meine Kolleginnen davon?”, „Will ich das     und Passwort anzumelden, um so die folgende Phase der
überhaupt oder bleibe ich nicht doch lieber ein Pflegehelfer?”,   Identifizierung und Dokumentation starten zu können.
„Bin ich der neuen Verantwortung gewachsen?” - diese und
viele andere Fragen können eine Entscheidung blockieren.
                                                                  8. Phase 3: Identifizierung und Dokumen-
                                                                     tation
Beratungsphase: Entwicklung
                                                                  Kompetenzen erschließen und dokumentieren mit
Bezogen auf den Beratungsgegenstand werden nun Hand-              Hilfe der Ausbildungsstätte
lungsperspektiven und -optionen entwickelt. Einige Fragen
können mit Hilfe der Beratung möglicherweise direkt durch         Die Identifizierung und Dokumentation der altenpflegerischen
die Ratsuchende bzw. den Ratsuchenden beantwortet wer-            Berufskompetenz geschieht in dieser Phase des Validierungs-
den, für andere Fragen wird nach Wegen gesucht, sie da zu         verfahrens mit Hilfe von drei Instrumenten: (1) Lebenslauf,
beantworten, wo sie beantwortet werden können. Realisti-          (2) Portfolio mit Professioneller Entwicklungsplanung (PEP)
sche Handlungsoptionen sind immer eng mit Volität und be-         und (3) dem Kompetenz-Check in der Altenpflege.
16
Die Teilnehmerin bzw. der Teilnehmer findet für diese Phase      abzugrenzen und auf die Identifizierung und Dokumentation
eine Reihe von Anweisungen und Formaten, mit deren Hilfe         ihrer Kompetenzen zu fokussieren.
systematisch die eigene altenpflegerische Berufskompetenz
identifiziert und dokumentiert werden kann. Das Material ist     Abhängig von der konkreten Gruppenzusammensetzung soll-
so umfassend und detailliert, dass sich dieser Prozess vom       te eine solche Gruppe 10 bis 12 Teilnehmer/-innen haben
Grundsatz her autonom von der Teilnehmerin bzw. dem Teil-        und eine oder zwei Personen in der Prozessbegleitung. Eine
nehmer selbst steuern und umsetzen lässt. In der Praxis er-      Szenario in einem Modellprojektkontext könnte drei Abschnit-
weist sich gleichwohl eine Begleitung und Beratung als er-       te mit 5X5 Stunden, mit 3X5 Stunden und mit 2X5 Stunden
forderlich, individuell oder auch in einer Gruppe, die von der   umfassen, wobei der letzte Abschnitt die Abschlussgespräche
mitwirkenden Ausbildungsstätte geleistet wird.                   dieser Phase beinhaltet. Begonnen wird mit den Arbeiten am
                                                                 Lebenslauf und am Portfolio. In relativ kurzem Abstand kann
                                                                 dann der zweite Abschnitt mit 3 X 5 Stunden folgen, in denen
Ziel der Phase der Identifizierung und Dokumentation             die Arbeiten am Lebenslauf und am Portfolio abgeschlossen
                                                                 und am Kompetenz-Check mit der Selbsteinschätzung und der
Ziel dieser Phase ist, die altenpflegerische Berufskompetenz     Einladung von Führungskraft und Kollegen/-innen zur Fremd-
der Teilnehmerin bzw. des Teilnehmers transparent zu ma-         bewertung begonnen begonnen werden. Relativ schnell, also
chen und auf dieser Basis eine erste Einschätzung vorzuneh-      nach vier bis sechs Wochen dürfte der dritte Abschnitt mit den
men, in welchem Maße die Teilnehmerin bzw. Teilnehmer über       Abschlussgesprächen folgen.
die Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen (im Sinne von
Verantwortung und Selbständigkeit) verfügt, die typischerwei-
se von Altenpflegefachkräften mit staatlicher Anerkennung zu     Lebenslauf
erwarten sind. Abhängig von dieser ersten Einschätzung wird
am Ende der Phase eine Empfehlung zum weiteren Vorge-            Als erstes wird die Teilnehmerin bzw. der Teilnehmer mit Hil-
hen ausgesprochen, ggf. die Empfehlung, sich direkt der Be-      fe eines am Europäischen Lebenslauf orientierten Formates
wertung der altenpflegerischen Berufskompetenz durch einen       ihren bzw. seinen Lebenslauf erstellen. Die Angaben zur Be-
Ausschuss der Ausbildungsstätte zu unterziehen.                  rufstätigkeit, zur Schul- und Berufsbildung, zu sprachlichen
                                                                 Fähigkeiten und zu sonstigen Fähigkeiten strukturieren einen
                                                                 ersten Blick auf die eigene Kompetenzbiografie und bereiten
Prozessbegleitung und Einbettung der Arbeiten in ein             so den Boden für die Erarbeitung des Portfolios.
Gruppensetting

Jeder Teilnehmerin bzw. jedem Teilnehmer wird in dieser          Portfolio mit professioneller Entwicklungsplanung
Phase eine Prozessbegleitung zur Verfügung gestellt. Der
Diskussionsstand geht im Moment dahin, dass es bei dieser        Das Instrument des Portfolios ist im Bildungsbereich eng mit
Zielgruppe auch bei der auf die einzelne Kompetenzbiogra-        der Idee des selbstgesteuerten Lernens verbunden. Orien-
fie ausgerichteten Aufgabenstellung sehr sinnvoll sein kann,     tiert an beruflichen Zielvorstellungen und basierend auf den
zusätzlich die Ressourcen einer Gruppe zu nutzen und die         bereits vorhandenen Kompetenzen werden von der Auszubil-
Arbeiten am Lebenslauf, am Portfolio und auch am Kompe-          denden oder Studierenden Lernziele unterschiedlicher Reich-
tenz-Check Altenpflege in ein formales Gruppensetting ein-       weite aufgestellt und dazu Lernaktivitäten formuliert.
zubetten. Dies entlastet die Teilnehmer/-innen bei ihren Be-     Im Kontext eines Validierungsverfahrens kommt ein Portfolio
mühungen, sich von Berufstätigkeit und Familienaufgaben          seiner ursprünglichen Bedeutung sehr viel näher, ist es doch
                                                                                                                            17
als eine Art Sammelmappe zu verstehen, in der die Kompe-             Ausmaß Sie selbst Entscheidungen treffen, sich Rat oder
tenzen, die in der Vergangenheit erworben wurden, nachvoll-          Rückdeckung bei Kollegen/-innen holen, oder auch Arbeiten
ziehbar beschrieben und belegt werden. Das Erstellen eines           zusammen erledigen.” Die Antwort auf diese Leitfrage lässt
solchen Portfolios ist ein reflexiver und in Teilen auch kreativer   Rückschlüsse auf den Grad der Selbstständigkeit und Verant-
Akt. Reflexiv insofern, als dass es darum geht, das Selbstver-       wortung zu, ein wichtiges Kriterium der Bewertung der Tätig-
ständliche und Alltägliche zu erfassen, und kreativ, insofern es     keit und der Kompetenzen.
auch darum geht, das Selbstverständliche und Alltägliche zu
belegen. Die eigene Kompetenzbiografie lässt sich nicht nur
mit Zeugnissen, Diplomen, Zertifikaten, Teilnahmebeschei-            Portfolio: Potential und Chancen in der Altenpflege
nigungen usw. verdeutlichen, sondern auch durch Berichte,
Protokolle, Arbeitsproben, Fotos etc. oder Feedbacks von Füh-        b) In der Altenpflege bedarf es zur Wahrnehmung bestimm-
rungskräften, Kolleginnen und Kollegen, Kunden, Bewohne-             ter Aufgaben einer Berechtigung, bestimmte Aufgaben sind
rinnen und Bewohner oder deren Angehörige.                           bestimmten Berufsgruppen vorbehalten. Die Validierung al-
                                                                     tenpflegerischer Berufskompetenz geht davon aus, dass es
In diese „Sammelmappe” sind neben den genannten Belegen              trotz dieser strikten Trennung einen non-formal und informell
auch Selbstbeschreibungen aufzunehmen, die sich auf a) die           erworbenen Kompetenzüberschuss gibt, der betrieblich und
aktuelle berufliche Tätigkeit und Rolle in der Altenpflege, b)       individuell ein Potential und eine Chance sein kann und inso-
das berufliche Potenzial und c) die Anforderungen der an-            fern erfasst und anerkannt werden sollte. Eine der Leitfragen
gestrebten beruflichen Rolle beziehen. Ergänzend sind die für        zur Erschließung des Potential lautet z.B. „In welchem Aus-
die Zielgruppe typischen d) „Nebengleise” bzw. Kompetenzen           maß entsprechen Ihre jetzigen beruflichen Tätigkeiten den
jenseits der Altenpflege in den Blick zu nehmen. Die Beschrei-       Tätigkeiten, die auch durch examinierte Altenpflegefachkräfte
bungen werden durch Leitfragen so angesteuert, das die Teil-         wahrgenommen werden?”, verknüpft mit der Aufforderung
nehmerin bzw. der Teilnehmer in ihrer Alltagssprache einen           „Beschreiben Sie aus Ihrem Arbeitsalltag, welche Pflegetätig-
umfassenden Einblick geben können. Die Beschreibungen                keiten sowohl von examinierten Pflegefachkräften als auch
sind schriftlich anzufertigen und können durch Tonaufnahmen          von Ihnen als Pflegehilfskraft wahrgenommen werden (und
ergänzt werden.                                                      welche nicht) und wie sicher Sie sich dabei fühlen.” Die Ant-
                                                                     wort auf diese Leitfrage lässt Rückschlüsse darauf zu, wel-
                                                                     che fachlichen Kompetenzen möglicherweise im Prozess der
Portfolio: Berufliche Tätigkeit und Rolle in der Alten-              Arbeit erworben wurden. Weiteres Material hilft, Rückschlüsse
pflege heute                                                         auf die Fachkompetenzen zu untermauern, z.B. die Antwort
                                                                     auf die Leitfrage „In welcher Weise ist Ihr berufliches Umfeld
Die Beschreibung der aktuellen beruflichen Tätigkeit und Rolle       offen für Ihr Potential und unterstützt Sie in Ihrer beruflichen
in der Altenpflege erstreckt sich von den strukturellen Merk-        Weiterentwicklung?”, verbunden mit der Aufforderung „Be-
malen der Einrichtung bzw. Dienstes mit typischen Merkmalen          schreiben Sie, welche Fortbildungen Ihre Einrichtung Ihnen in
der der dort lebenden Bewohner/-innen bzw. Kunden/-innen             den letzten Jahren ermöglicht hat, warum dies vermutlich so
über die eigene Tätigkeit bis hin zu den selbst wahrgenom-           geschehen ist und wie Ihre Kollegen/-innen zu Ihrer Teilnah-
menen Stärken und Schwächen. Eine der Leitfragen lautet              me am Validierungsverfahren stehen bzw. vermutlich stehen.
zum Beispiel „Wie arbeiten Sie mit den Kollegen/-innen zu-           Beschreiben Sie weiter, was Sie alles in der Einrichtung an
sammen?” und wird dann mit der Aufforderung verknüpft:               Aufgaben übernehmen könnten, wenn Sie es könnten und
„Beschreiben Sie, ob und wie Ihre eigene Arbeit mit der Ar-          dürften.”
beit von Kollegen/-innen in Zusammenhang steht, in welchem
18
Portfolio: Angestrebte berufliche Tätigkeit und Rolle            Aussagekraft wird für jeden der vier aufgeführten Bereiche
in der Altenpflege                                               separat bewertet, wobei der erste Bereich, die Beschreibung
                                                                 der aktuellen beruflichen Tätigkeit und Rolle in der Altenpfle-
In einem dritten Abschnitt verdeutlicht die Teilnehmerin bzw.    ge dreifach gewichtet und mit mindestens 12 von 15 bewertet
der Teilnehmer, ob und inwieweit sie bzw. er sich mit der an-    sein muss. Insgesamt muss die Aussagekraft mit mindestens
gestrebten berufliche Tätigkeit und Rolle in der Altenpflege     24 von 40 Punkten bewertet sein.
bereits auseinander gesetzt hat. Angesteuert wird dies z.B.
durch die Leitfrage „Wie sehen Sie sich nach der Teilnahme       Ist die Aussagekraft des Portfolios ausreichend gegeben, wird
am Validierungsverfahren im Team der Pflegekräfte positio-       der Inhalt dahingehend analysiert, ob und in welchem Aus-
niert?”, verbunden mit der Aufforderung „Beschreiben Sie,        maß die für eine examinierte Altenpflegefachkraft typische
welche neuen Aufgaben im Pflegeteam auf Sie nach der Teil-       Berufskompetenz erkennbar ist. Dazu werden zuerst in einem
nahme am Validierungsverfahren zukommen, auf was Sie sich        holistischen Zugang zum Material der Gesamteindruck festge-
besonders freuen, was Ihnen vielleicht nicht so gut gefallen     halten, dann in einem analytischen Zugang auf der Folie der
wird und vor was Sie sich vielleicht sogar etwas fürchten.”      Lernfelder der regulären Ausbildung die Kernkompetenzen
                                                                 eingeschätzt. Die Einzeleinschätzungen werden abschließend
                                                                 erneut zu einem Gesamteindruck verdichtet.
Portfolio: „Nebengleise” - Kompetenzen jenseits der
Altenpflege                                                      Das Feedback schließt mit der Aussage „Das Portfolio lässt die
                                                                 Annahme zu, dass Sie über die Kenntnisse, Fertigkeiten und
Die Selbstbeschreibungen in diesen drei Abschnitten fokus-       Kompetenzen (im Sinne von Verantwortung und Selbständig-
sieren unmittelbar die Tätigkeit in der Altenpflege und das      keit) verfügen, die typischerweise von Altenpflegefachkräften
Berufsbild der Altenpflegefachkraft. Typisch für die Zielgrup-   mit staatlicher Anerkennung zu erwarten sind”, die auf auf
pe ist aber eine von Vielfalt geprägte Kompetenzbiografie,       einer Skala von „trifft zu” bis zu „trifft nicht zu” bewertet wird.
deren potentieller Mehrwert nicht übersehen werden sollte.
Die Beschreibung dieser d) „Nebengleise” wird z.B. durch die
Leitfrage „Welchen beruflichen Tätigkeiten sind Sie vor Ihrer    Kompetenz-Check Altenpflege
jetzigen Tätigkeit in der Altenpflege oder parallel dazu nach-
gegangen?”, verbunden mit der Aufforderung „Beschreiben          Mit dem Kompetenz-Check Altenpflege schließt die Teilneh-
Sie diese Tätigkeit und machen Sie dabei auch in etwa deut-      merin bzw. der Teilnehmer die Erfassung und Dokumenta-
lich, ob und wie bedeutsam diese Tätigkeit für Ihre Berufs-      tion der Berufskompetenz in der Altenpflege ab. Mit diesem
und Kompetenzbiografie war” angesteuert.                         online-gestützte Assessment können ohne großen Aufwand
                                                                 die Selbsteinschätzung und die Fremdeinschätzung von Füh-
                                                                 rungskraft und bis zu zwei Kollegen/-innen eingeholt werden.
Feedback zum Portfolio                                           Die Daten werden in einem Ergebnisbericht aufbereitet und
                                                                 gemeinsam mit der Teilnehmerin bzw. dem Teilnehmer kom-
Das fertige Portfolio mit professioneller Entwicklungsplanung    munikativ validiert.
wird im internen Bereich hochgeladen und von der Ausbil-         Der Kompetenz-Check setzt sich aus 115 Items zusammen,
dungsstätte mit einem strukturierten Feedback versehen. Das      die aus einem Pool von über 400 Items gezogen werden. Die
Feedback gliedert sich in die Teile „Aussagekraft” und „In-      jeweilige Ziehung deckt das gesamte Kompetenzprofil des
haltsanalyse”, wobei eine inhaltliche Analyse nur vorgenom-      Ausbildungsberufs „Altenpfleger/-in” ab, gegliedert in vier
men wird, wenn eine gewisse Aussagekraft gegeben ist. Die        Abschnitten analog zu den vier Lernfeldbereichen der Alten-
                                                                                                                                 19
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