VERPACKUNGEN NACHHALTIGKEITS-BEWERTUNG VON - EINE EMPFEHLUNG DER ECR AUSTRIA ARBEITSGRUPPE "NACHHALTIGKEITSBEWERTUNG" - ECR.DIGITAL
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NACHHALTIGKEITS- BEWERTUNG VON VERPACKUNGEN EINE EMPFEHLUNG DER ECR AUSTRIA ARBEITSGRUPPE „NACHHALTIGKEITSBEWERTUNG“
NACHHALTIGKEITS- BEWERTUNG VON VERPACKUNGEN EINE EMPFEHLUNG DER ECR AUSTRIA ARBEITSGRUPPE „NACHHALTIGKEITSBEWERTUNG“
ALLE RECHTE VORBEHALTEN Kein Teil dieser Publikation darf ohne schriftliche Genehmigung des Urheberrechtshalters in irgendeiner Form durch elektronische oder mechanische Systeme, Fotokopie, Aufnahme oder andere Verfahren reproduziert oder übertragen oder in irgendeinem rechnergestützten Retrievalsystem gespeichert werden. © GS1 Austria GmbH/ECR Austria, 2020 Brahmsplatz 3, 1040 Wien Gedruckt auf VIVUS SILK 100% RC KONZEPTION UND TEXT FH Campus Wien Fachbereich Verpackungs- und Ressourcenmanagement Helmut-Qualtinger-Gasse 2 / Stiege 2 / 5. Stock, 1030 Wien Ansprechpartner: Dr. Manfred Tacker manfred.tacker@fh-campuswien.ac.at Circular Analytics TK GmbH Otto-Bauer-Gasse 3 / 13, 1060 Wien Ansprechpartner: Dr. Ernst Krottendorfer ernst.krottendorfer@circularanalytics.com AutorInnen: Bernhard Wohner, Veronika Kladnik INHALTLICHER INPUT Teilnehmer der ECR Austria Arbeitsgruppe „Nachhaltigkeitsbewertung von Verpackungen“ GRAFISCHE UMSETZUNG www.0916.at TITELBILD © ECR Austria Wir danken den Unternehmen der ECR Austria AG „Nachhaltigkeitsbewertung von Verpackungen“ für ihre Mitarbeit: Almdudler-Limonade A. & S. Klein Gmbh & Co KG Maresi Austria GmbH ALPLA Werke Alwin Lechner GmbH & Co KG Mars Austria OG ARA Altstoff Recycling Austria AG Marzek Etiketten + Packaging GmbH Berglandmilch eGen Mayr-Melnhof Karton Gesellschaft m.b.H Brantner Österreich GmbH Mondi Grünburg GmbH Bundesministerium für Klimaschutz und Umwelt Mosburger GmbH Cardbox Packaging Holding GmbH MPREIS Warenvertriebs GmbH Coca-Cola HBC Austria GmbH Müller Handels GmbH & Co. KG Constantia Flexibles Group GmbH Nestlé Österreich GmbH Danone GmbH Österreichisches Ökologie-Institut Delsci GmbH Pulswerk GmbH dm drogeriemarkt GmbH Reclay Österreich GmbH ecoplus. Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH REWE International Dienstleistungsgesellschaft m.b.H Essity Austria GmbH Rudolf Ölz Meisterbäcker GmbH Future Packaging Forum SCA Hygiene Products GmbH Greiner Packaging International GmbH Senna Nahrungsmittel Ges.mbH & Co KG Heidi Chocolat AG SPAR Österreichische Warenhandels-AG Henkel Central Eastern Europe GmbH Stiegl Getränke & Service GmbH & Co. KG Hofer KG Tetra Pak GmbH & Co KG Iglo Austria GmbH Ulikett GmbH Indiekett GmbH Unilever Austria GmbH Interseroh Austria GmbH Vivatis Holding AG Josef Manner & Comp. AG VKS Verpackungskoordinierungsstelle gGmbH Kelly Ges.m.b.H. Wildcorn GmbH Kotanyi GmbH Wojnars Wiener Leckerbissen Delikatessenerzeugung GmbH Lidl Österreich GmbH Wolf Plastics Verpackungen GmbH 2 NACHHALTIGKEITSBEWERTUNG VON VERPACKUNGEN
VORWORT Teresa Mischek-Moritz Georg Grassl Im September 2019 gründete ECR Austria als einzige in Stammdaten bearbeitet, sodass ein rascher und Plattform einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit vollständiger Austausch über alle Player entlang der von Handel UND Industrie mit der fachlichen Experti- Wertschöpfungskette ermöglicht werden kann. se der FH Campus Wien, Fachbereich Verpackungs- und Ressourcenmanagement, die ECR CIRCULAR Die hier vorliegende Publikation ist eine umfassen- PACKAGING INITIATIVE. ECR Austria widmet sich de Unterlage und Empfehlung der Arbeitsgruppe damit einem der relevantesten Themen dieser Zeit, „Nachhaltigkeitsbewertung von Verpackungen“ zur nämlich den Herausforderungen, die sich durch die Gestaltung eines nachaltigeren Produkts und geht Forderung nach Zirkularität und Nachhaltigkeit von weit über Zirkularität hinaus. Ziel dieser zweiten Verpackungen im Allgemeinen und Kunststoffver- Arbeitsgruppe war vor allem, einen Kriterienkatalog packungen im Speziellen ergeben. Nicht nur unsere zu schaffen, anhand dessen man die Nachhaltigkeit bisherigen Mitgliedsunternehmen zeigen hohes In- einer Verpackung gesamtheitlich beurteilen kann. teresse an dieser Initiative, sondern es konnten auch Darin wird nicht nur das Kriterium „Zirkularität“ einer neue Mitglieder in den Kreis von ECR Austria auf- Verpackung betrachtet, sondern auch die Kriterien genommen werden, darunter Verpackungshersteller „direkte und indirekte Umwelteinflüsse“ sowie der und Entsorgungsunternehmen. „Schutz des Produktinhalts“ unter die Lupe genom- men. Der direkte Vergleich eines Produktes in jeweils Im Rahmen der ECR CIRCULAR PACKAGING zwei verschiedenen Verpackungen wird in allen drei INITIATIVE wurden insgesamt drei Arbeitsgruppen Kriteriengruppen betrachtet und so eine Hilfestellung ins Leben gerufen. Im Juni 2020 konnte die Arbeits- für Unternehmen geschaffen, eine letztendlich nach- gruppe „Circular Packaging Design“, die sich mit der haltigere Verpackung zu vermarkten. Schaffung einer Empfehlung zur Entwicklung zirku- lärer Verpackungen beschäftigt, bereits erste Ergeb- Ein Ampelsystem und ein Farbleitsystem führen den nisse der Öffentlichkeit präsentieren und ist mit der Leser durch das Papier und es ist vor allem für Nicht- ECR Empfehlung „Packaging Design for Recycling“ Experten leicht lesbar und verständlich aufbereitet. auf breites Interesse der Medien sowie vieler nationa- Für Verpackungsexperten ergänzt ein umfangreicher ler und internationaler Stakeholder gestoßen. Anhang mit einem konkreten technischen Fallbeispiel die Empfehlung. Die zweite Arbeitsgruppe „Nachhaltigkeitsbewer- tung von Verpackungen“ entwickelte wiederum in ECR Austria bedankt sich bei allen teilnehmenden Zusammenarbeit mit der FH Campus Wien die nun in Unternehmen und deren MitarbeiterInnen sowie der diesem Dokument vorliegende Empfehlung mit dem FH Campus Wien, Fachbereich Verpackungs- und Fokus auf eine holistische Nachhaltigkeitsbewertung Ressourcenmanagement, für alle Beiträge zur Entste- von Verpackungen. In einer dritten Arbeitsgruppe hung dieser weitreichenden und zukunftsweisenden werden die notwendigen Verpackungsinformationen Empfehlung. VORWORT 3
DISCLAIMER Die Informationen des vorliegenden Leitfadens ba- Materialzusammensetzung, Herstellungsprozessen sieren auf der Forschung der FH Campus Wien. Das und Ursprung der Rohstoffe. Eine Bewertung kann Team des Fachbereichs Verpackungs- und Ressour- daher nur im Einzelfall vorgenommen werden. Der cenmanagement des Departments Applied Life vorliegende Leitfaden kann für Produkte aus dem Sciences der FH Campus Wien forscht in den Berei- Food-, dem Near Food- und dem Non-Food-Seg- chen Entwicklung nachhaltiger Verpackungen, Cir- ment angewendet werden, wenn dabei produktspe- cular Design, Methoden zur Bewertung der Nach- zifische Regelungen des Verpackungssystems einge- haltigkeit und Sicherheit von Verpackungen. halten werden. Angaben betreffend Zirkularität und Recyclingfä- Die ECR Nachhaltigkeitsbewertung für Verpackungen higkeit von Verpackung referenzieren sich auf die hat zum Ziel, einer breiten Zielgruppe ein Basiswerk ECR Empfehlung „Packaging Design for Recycling“, sowohl zur Bewertung und Optimierung bestehender die wiederum auf der FH Campus Wien Circular Pa- Verpackungslösungen als auch bei der Gestaltung ckaging Design Guideline basiert und deckungs- neuer, noch nachhaltigerer Verpackungen zu helfen. gleich adaptiert wird. Die Guideline der FH Campus Die Bewertung konzentriert sich dabei in erster Linie Wien steht AkteurInnen der gesamten Wertschöp- auf den ökologischen Aspekt der Nachhaltigkeit. Dies fungskette als technisch fundiertes Rahmenwerk zur soll jedoch nicht bedeuten, dass die sozialen und wirt- Verpackungsentwicklung zur Verfügung. schaftlichen Aspekte von Verpackungen unberück- Für die konkrete Bewertung individueller Verpa- sichtigt bleiben sollen, sondern lediglich, dass diese ckungslösungen ist eine klare Datenlage notwendig. außerhalb des Rahmens dieses Leitfadens liegen. Dazu zählen unter anderem genaue Kenntnis von 4 DISCLAIMER
INHALTSVERZEICHNIS 1. EINFÜHRUNG 6 2. PRODUKTSCHUTZ 11 2.1. Mechanischer Schutz 11 2.2. Nicht-mechanischer Schutz 14 2.3. Migrationspotenzial 16 2.4. Wiederverschließbarkeit 18 3. ZIRKULARITÄT 20 3.1. KonsumentInnen-Aktion 20 3.2. Recyclingfähigkeit 22 3.3. Recyclingquote 23 3.4. Rezyklatgehalt 24 3.5. Anteil nachwachsender Rohstoffe (NAWARO) 24 3.6. Mehrweg 26 4. UMWELT 27 4.1. Direkte Umweltauswirkungen 27 4.2. Indirekte Umweltauswirkungen 29 4.3. Einsatz zertifizierter Materialien 29 4.4. Littering 30 5. ZUSAMMENFASSUNG 31 6. SERVICELEISTUNGEN 33 Persönliche Beratung Österreich 33 Bewertungstools 33 7. GLOSSAR 34 A. ANHANG FÜR NACHHALTIGKEITSEXPERTINNEN 38 A.1. Ökobilanz – Vereinheitlichung der Berechnungsmethodik 38 A.1.1. Vordergrundsystem und Systemgrenzen 38 A.1.2. Auswahl der Wirkungskategorien 39 A.1.3. Modellierung der Verwendung elektrischer Energie 40 A.1.4. Allokation 40 A.1.5. Datengrundlagen und Annahmen 43 A.2. Evaluierung der Kriterien anhand eines Fallbeispiels 43 A.2.1. Aufstellung der Kriterien 44 A.2.2. Auswertung der Kriterien 44 A.3. Literaturverzeichnis 47 INHALTSVERZEICHNIS 5
1. EINFÜHRUNG – FUNKTIONEN EINER VERPACKUNG Eine Verpackung erfüllt eine Vielzahl an essen- gen oft ein Hauptgrund für höhere Mengen an ziellen Aufgaben. Dazu zählen die Schutz-, La- Lebensmittelverlusten sein kann. In vielen Fällen ger- und Transportfunktion ebenso wie die Ge- ist die Produktion des Füllguts, insbesondere bei brauchserleichterung und die Information über Lebensmitteln, mit weitaus größeren Umwelt- ihren Inhalt (z.B. Angaben zu Mengen, Nährwer- auswirkungen verbunden als die der Verpackung ten oder Allergenen). Diese Leistungen tragen selbst. Aus diesem Grund sollten vor allem dem wesentlich zur Nachhaltigkeit bei, denn ohne Produktschutz sowie der Vermeidung von Pro- Verpackung können sensible Produkte beschä- duktverlusten eine hohe Priorität zukommen, digt werden oder Lebensmittelverluste entste- auch wenn dies bedeutet, dass Produkte stärker hen. So zeigt der Blick in weniger entwickelte verpackt werden müssten. Länder1, dass das Fehlen optimierter Verpackun- Verpackungen im öffentlichen Diskurs und gesetzliche Rahmenbedingungen Obwohl Verpackungen zu einer nachhaltigeren Erhöhung stofflicher Recyclingquoten als auch Wirtschaft beitragen können, sind sie als Ver- der Einsatz von Recyclingmaterial als Sekundär- brauchsgut in der Öffentlichkeit häufig negativ rohstoff forciert. Das Maßnahmenpaket führte besetzt. Sie werden, oftmals auch zurecht, mit 2018 zu Abänderungen EU-weiter Richtlinien. Ressourcenverschwendung durch maßlose Über- Die EU-Verpackungs- und Verpackungsabfall- verpackung, der Produktion schädlicher Emissio- richtlinie (94/62/EG), die D eponierichtlinie nen und der Verschmutzung von Gewässern und (1999/31/EG), die übergeordnete Abfallrahmen- Landschaft durch Abfall („Littering“) assoziiert. richtlinie (2008/98/EG), als auch die Richtli- Aus diesen Gründen wird der Ruf nach nachhalti- nie (EU) 2019/904) über die Verringerung der geren Verpackungen seitens der Gesellschaft im- Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte mer lauter. Dies übt sowohl Druck auf die Indus- auf die Umwelt („Single-Use Plastics Directive“) trie als auch auf die Gesetzgeber aus, umgehend regeln dabei maßgeblich die zukünftige Ent- zu handeln. wicklung von Verpackungen und deren Design. Nicht zuletzt aufgrund der stetig zunehmenden Beispielsweise müssen bis 2025 in jedem EU-Mit- Menge an in Verkehr gesetzten Verpackungen gliedsland 50 %, und bis 2030 55 % aller Kunst- und der Kritik daran wurde deshalb im Rahmen stoffverpackungen recycelt werden. Dies ent- des EU-Kreislaufwirtschaftspakets ein Fokus auf spricht in Österreich beinahe einer Verdopplung Verpackungen gelegt2. Das Paket zielt in erster im Vergleich zum derzeitigen Stand. Linie darauf ab, die Zirkularität von Verpackun- Nähere Informationen zu gesetzlichen Anforde- gen zu erhöhen und enthält Vorgaben zur För- rungen des EU-Kreislaufwirtschaftspakets kön- derung der europaweiten Kreislaufführung von nen in der ECR Empfehlung „Packaging Design for Rohstoffen. Darin werden unter anderem die Recycling“ nachgelesen werden. Reduktion des Ressourceneinsatzes, die Wieder- verwendung von Verpackungen, die deutliche 1 Vor allem Süd- und Südostasien sowie Subsahara 2 https://ec.europa.eu/environment/circular-economy/first_circular_economy_action_plan.html 6 EINFÜHRUNG
Nachhaltigkeit einer Verpackung Doch wie lässt sich eine nachhaltige Verpa- det oder recycelt werden. ckung eigentlich definieren? Für die Bewertung, Die Recyclingfähigkeit bzw. Design for Recyc- Optimierung und Gestaltung nachhaltiger Ver- ling (siehe ECR Empfehlung „Packaging Design packungslösungen ist eine holistische Betrach- for Recycling“) kann als wichtiger Teilaspekt der tungsweise essenziell. Nachhaltigkeitsbewertung gesehen werden, ist je- doch nicht das einzige Kriterium, welches es bei Diese umfasst, bezogen auf die ökologische einer holistischen Betrachtung zu berücksichti- Nachhaltigkeit, im Kern folgende Aspekte: gen gilt. • Produktschutz Die Optimierung einer Verpackung unter all die- • Umwelt sen Gesichtspunkten (ressourcenschonend, zir- kulär und produktschützend) ist eine Herausfor- • Zirkularität derung, da zwischen diesen Zielen Widersprüche Im besten Fall soll eine nachhaltige Verpackung auftreten können. So kann z.B. eine Multilayer- das Produkt schützen und keine gesundheits- Folie (Verbund unterschiedlicher Kunststoffe) schädlichen Substanzen an den Inhalt abgeben, sehr gute Produktschutzeigenschaften (Barriere) in der Produktion so wenig Ressourcen wie mög- aufweisen und dabei den nötigen Einsatz von lich verbrauchen und möglichst geringe Umwelt- Kunststoff reduzieren, jedoch gleichzeitig das auswirkungen verursachen. Zudem sollte eine Recycling erschweren oder verhindern, da die Verpackung zirkulär gestaltet sein, also aus Rezy- unterschiedlichen Arten von Kunststoffen nicht klat oder nachwachsenden Rohstoffen bestehen mehr voneinander getrennt werden können. und am Ende ihres Lebensweges wiederverwen- Ganzheitliche ökologische Nachhaltigkeitsbewertung von Verpackungen ● mechanischer Schutz ● nicht-mechanischer Schutz ● Migrationspotenzial ● Wiederverschließbarkeit PRODUKT- SCHUTZ ZIRKU- LARITÄT UMWELT ● direkte Umweltauswirkungen ● indirekte Umweltauswirkungen ● KonsumtentInnen-Aktion ● Einsatz zertifizierter Materialien ● Recyclingfähigkeit ● Littering ● Recyclingquote ● Rezyklatgehalt ● Einsatz nachwachsender Rohstoffe ● Mehrweg EINFÜHRUNG 7
Ebenso kann der Verzicht auf den Stülpdeckel auf Im Folgenden werden Kriterien vorgestellt, die bei einem Kunststoffbecher für Joghurt eine Kunst- einer qualitativen und/oder quantitativen (öko- stoffreduktion bewirken, jedoch durch den ver- logischen) Nachhaltigkeitsbewertung Berücksich- minderten Produktschutz (schnellerer Verderb tigung finden sollten. Die Einstufung von Verpa- durch offenes Joghurt im Kühlschrank) zu einer ckungseigenschaften in den jeweiligen Kriterien größeren Menge an Lebensmittelverlust führen. ist dabei lediglich als Empfehlung zu verstehen. Resultierend aus der Forschung der FH Campus Da Verpackungen Wechselwirkungen mit ihrem Wien, neuen gesetzlichen Rahmenbedingun- Füllgut aufweisen, sind solche Systeme zu komplex, gen und der aktiven Mitarbeit von ECR-Mitglie- um alle möglichen Bewertungen bereits im Vorfeld dern wurde dieser Leitfaden entwickelt, um ein definieren zu können. gemeinsames Verständnis über die Nachhaltig- keitsbewertung von Verpackungen zu schaffen. Bewertungsmethodik Quantitativ Bestimmte Kriterien können quantitativ bestimmt und numerisch ausgedrückt werden z.B. die Berechnung von Umweltauswirkungen mittels Ökobilanz und Angabe in kg CO2-Äquivalente oder die Bestimmung des Rezyklatgehalts in %. Zu berücksichtigen ist dabei, dass quantitative Werte nicht alleinstehend als gut oder schlecht, sondern immer nur im Vergleich zu anderen Verpackungen für das gleiche Füllgut bewertet werden können. Quantitative Kriterien umfassen: • Ergebnisse von Ökobilanzen • Recyclingfähigkeit • Recyclingquote • Rezyklatgehalt • Anteil an nachwachsenden Rohstoffen Qualitativ Für manche Kriterien ist eine qualitative Bewertung auf Basis einer Experteneinschätzung erforderlich. Diese erfolgt anhand einer Skala von 1 (schlecht) bis 3 (gut): Verschlechterung ohne Veränderung Verbesserung Qualitative Kriterien umfassen: • Produktschutzkriterien • KonsumentInnen-Aktion • Mehrweg (Einweg=1, Mehrweg=3) • Einsatz zertifizierter Materialien • Littering 8 EINFÜHRUNG
Schlussendlich wird eine Tabelle aller bewerteten Food), erfolgen sollte. In Folge der Gewichtung Kriterien für die jeweils zu vergleichenden Verpa- kann anschließend festgelegt werden, wie relevant ckungen erstellt, die bei der Entscheidungsfindung einzelne Kriterien für die jeweilige füllgutbezogene helfen kann. Die Bewertung erfolgt dabei immer Anwendung sind. So ist z.B. die Verwendung von auf einer Vergleichsbasis. Das bedeutet, dass nur Altpapier mit einem höheren Migrationspotenzial Verpackungen in Relation zu anderen Verpackun- verbunden, was jedoch bei einer Anwendung im gen bewertet werden können. Die Bewertung der Non-Food Bereich von geringerer Relevanz ist. einzelnen Kriterien ist zudem einerseits von den Ei- genschaften der Verpackung, aber auch stark von Die vorliegenden Empfehlungen zur Einstufung be- den Eigenschaften des Füllguts abhängig. Es wird stimmter Verpackungen in den jeweiligen Kriterien somit empfohlen, nur Verpackungen für dasselbe soll lediglich als Rahmen dienen, da diese höchst Füllgut/ Produkt zu vergleichen. verschieden und deshalb immer im Einzelfall be- Für eine gemeinsame Bewertung aller Kriterien hin wertet werden sollten. zu einer Entscheidungsfindung muss ebenso die Als Anwendungsbeispiel für die jeweiligen Kriterien Wichtigkeit mancher Kriterien gegenüber anderen wird das Beispiel des Joghurtbechers mit und ohne festgelegt werden. Im Rahmen dieses Leitfadens Stülpdeckel präsentiert sowie bei jedem Kriterium wird keine allgemeingültige Gewichtung empfoh- auch weitere Beispiele zur Veranschaulichung ge- len, da diese subjektiv, basierend auf den Zielset- geben. zungen einzelner Unternehmen und den jeweiligen Ansprüchen der Verpackung (z.B. Food oder Non- Beispiel Joghurtbecher Für das Verpacken von 200 ml Joghurt setzt eine des Bechers sowie dessen Produktschutz verbes- Molkerei einen Joghurtbecher aus Polypropylen sern will, wird statt des Sleeves nun der PP-Becher (PP) mit einem vollflächigen Sleeve aus Polystyrol direkt bedruckt und ein Stülpdeckel aus Polyethy- (OPS) ein, der mit einer Alu-Platine verschlossen lenterephtalat eingesetzt (PET). wird. Nachdem die Molkerei die Recyclingfähigkeit Becher vorher Becher nachher VERSCHLUSS - PET-Stülpdeckel (100 % rPET) - Aluminiumplatine VERSCHLUSS Aluminiumplatine DEKORATION vollflächiger OPS-Sleeve MATERIAL PP, direkt bedruckt MATERIAL PP, weiß EINFÜHRUNG 9
Ein Beispiel einer finalen Entscheidungstabelle, die vorher) und eine Verbesserung (in grün dargestellt) alle relevanten Bewertungskriterien zusammen- bzw. eine Verschlechterung (in rot dargestellt) in fasst, wird unten stehend abgebildet. den Zellen des Vergleichsprodukts (Becher nach- Es wurde eine Vergleichsbasis definiert (Becher her) markiert. Verschlechterung ohne Veränderung Verbesserung Dabei wird ersichtlich, dass sich der Becher in den brauch größere Umweltauswirkungen verursacht. Bereichen Zirkularität und Produktschutz verbes- Die genannten Kriterien werden in weiterer Folge sert hat, jedoch durch den erhöhten Materialver- genauer erklärt. Bewertungstabelle GRUPPE KRITERIUM EINHEIT BECHER, VORHER BECHER, NACHHER mechanischer Schutz nicht-mechanischer Schutz PRODUKT- Migrationspotenzial SCHUTZ Wiederverschließbarkeit KonsumentInnen-Aktion Recyclingfähigkeit % 7 100 Recyclingquote % 5 14 ZIRKU- Rezyklatgehalt % 0 28 LARITÄT NAWARO % - - Mehrweg Direkte Umweltauswirkungen: g CO2eq 38 46 Klimawandel Direkte Umweltauswirkungen: MJ 0.63 0.75 Fossile Energieträger Direkte Umweltauswirkungen: kg Peq 2.5 E-6 5.4 E-6 Eutrophierung UMWELT Indirekte Umweltauswirkungen - - - Einsatz zertifizierter - - Materialien Littering - - - 10 EINFÜHRUNG
2. PRODUKTSCHUTZ Die primäre Aufgabe einer Verpackung besteht darin, das Produkt zu schützen. Um einen opti- malen Schutz zu gewähren, muss die Verpackung das Produkt vor mechanischen Einflüssen (Stö- ßen, Schlägen, Deformationen) sowie vor nicht- PRODUKT- mechanischen Einflüssen (Sauerstoff, Luftfeuch- SCHUTZ tigkeit) bestmöglich schützen. Zudem sollten Verpackungen wiederverschließbar sein, wenn dies zum Produktschutz beiträgt. Letztendlich sollte das Migrationspotenzial einer Verpackung ZIRKU- auf das Minimum reduziert werden, wobei natür- LARITÄT lich alle für den Lebensmittelkontakt in Europa zum Einsatz kommenden Verpackungen als ge- sundheitlich unbedenklich gelten. UMWELT 2.1 Mechanischer Schutz Während der Lebensdauer des Produkts ist die- gen Verlust führen (z.B. bei Eiern). ses immer wieder mechanischen Einflüssen aus- Für bestimmte Verpackungen und ihre Anwendung gesetzt. Viele dieser Einflüsse wie Stöße, Schlä- kann der mechanische Schutz mit vordefinierten ge, Deformationen und Ähnliches finden bereits Messmethoden bestimmt und aus Spezifikationen während während des Produkttransports statt. ausgelesen werden (z.B. Stapelstauchdruck, „BCT- Zudem ist der mechanische Schutz des Produk- Wert“ für Faltschachteln), andernfalls muss der tes auch nach Erwerb bis zum Verbrauch aufrecht mechanische Schutz einer Verpackung mittels Ex- zu erhalten. Durch die Verwendung des Produkts pertInneneinschätzung erfolgen. sind auch nach dem Transport mechanische Ein- Die Einschätzung des mechanischen Produkt- flüsse in Form von Zug, Druck und anderem zu schutzes ist dabei immer vom Füllgut abhängig zu erwarten. Mechanisch beschädigte Produkte machen, da gewisse Produkte höhere Anforderun- bei Lebensmitteln können zu einem schnelleren gen aufweisen und empfindlicher sind als andere Verderb (z.B. bei Obst) oder sogar einem soforti- (z.B. Eier vs. flüssige Waschmittel). Bei einer Bewertung von kann der mechanische Schutz wie folgt eingeteilt werden: Verpackung schützt Verpackung Verpackung bietet Produkt nur übererfüllt die ausreichend unzureichend vor Anforderungen mechanischen mechanischen an mechanischen Schutz. Einflüssen. Schutz. PRODUKTSCHUTZ 11
BEISPIEL 1: Joghurtbecher Gruppe Produktschutz Einheit Kriterium mechanischer Schutz Die Aluminiumplatine Durch den Einsatz eines könnte durch mechanische Stülpdeckels wird die Einwirkung von oben Aluminiumplatine vor beschädigt werden. Verletzungen geschützt. VORHER NACHHER BEISPIEL 2: Müsliverpackung Gruppe Produktschutz Einheit Kriterium mechanischer Schutz Durch den Beutel werden Durch die zusätzliche empfindliche Bestandteile Faltschachtel erhöht im Müsli möglicherweise sich der mechanische nicht ausreichend Produktschutz. geschützt und zerbröseln. VORHER NACHHER 12 PRODUKTSCHUTZ
BEISPIEL 3: Handcremeverpackung Gruppe Produktschutz Einheit Kriterium mechanischer Schutz Die Handcreme selbst benö- tigt zwar keinen mechanischen Produktschutz, jedoch könnte die Verpackung selbst durch mechanische Einwirkung be- schädigt werden. In weiterer Die Verpackung und Folge wirkt sich das auch auf somit das Produkt das Produkt aus z.B. Auslaufen sind vor mechanischen der Handcreme. Deshalb wird Einwirkungen die Tube im Vergleich zum geschützt.3 Tiegel weniger gut eingestuft. VORHER NACHHER BEISPIEL 4: Waschmittelverpackung Gruppe Produktschutz Einheit Kriterium mechanischer Schutz Der dünne Beutel ist Die Flasche weist gegenüber mechanischen aufgrund ihrer Stabilität Einwirkungen anfälliger bessere mechanische und kann unter Umständen Produktschutz- aufreißen bzw. platzen. eigenschaften auf.3 VORHER NACHHER 3 Die Wichtigkeit dieses Kriteriums für dieses Produkt könnte in abschließendem Gewichtungsschritt entsprechend niedrig angesetzt werden. PRODUKTSCHUTZ 13
2.2 Nicht-mechanischer Schutz Unter nicht-mechanischem Schutz einer Verpa- dadurch länger haltbar gemacht werden. Je besser ckung versteht man den Schutz des Produkts vor der nicht-mechanische Schutz ausgeprägt ist, des- äußeren Einflussfaktoren, die keinen mechani- to länger kann die Qualität des Produkts gewähr- schen Ursprung haben. Zu diesen zählen unter an- leistet und Lebensmittelabfälle reduziert werden. derem der Schutz vor mikrobiellen, enzymatischen Dabei sollte nur der nicht-mechanische Schutz bis und physikalischen Verderb durch die Einwirkung zur ersten Öffnung der Verpackung berücksichtigt von Luftfeuchtigkeit, Sauerstoff, Mikroorganis- werden, da der Schutz des Produktes nach dem men und UV-Strahlung. Die nicht-mechanischen Öffnen durch das spätere Kriterium der Wieder- Produktschutzeigenschaften gilt es dabei immer verschließbarkeit abgedeckt ist.4 individuell für das Füllgut zu betrachten, da zum Als mögliche Indikatoren bieten sich dabei - je Beispiel auch Produkte existieren, für welche nicht nach Produkt und vorliegender Spezifikation - der Schutz vor Sauerstoff, sondern im Gegenteil, Parameter zu Sauerstoff- und/oder Wasserdampf- der aktive Sauerstoffaustausch essenziell ist. Da- barriere. Andernfalls muss der nicht-mechanische bei muss ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz Schutz einer Verpackung mittels ExpertInnenein- vor äußeren Einflüssen und einem Gasaustausch schätzung erfolgen. zur Vermeidung von Schimmelbildung gefunden Die Einschätzung des nicht-mechanischen Pro- werden. Einige Produkte (z.B. Fleisch- und Wurst- duktschutzes ist dabei immer vom Füllgut ab- waren, Käsen und einige mehr) können unter hängig zu machen, da hier große Unterschiede sogenannter Schutzatmosphäre (engl.: Modified in den Anforderungen verschiedenster Produkte Atmosphere Packaging, kurz: MAP) verpackt und bestehen. Bei einer Bewertung von kann der mechanische Schutz wie folgt eingeteilt werden: unzufriedenstellender Schutz ausreichender Schutz sehr guter Schutz 4 In Entscheidungsfindungsprozessen mit mehreren Kriterien gilt es sogenanntes „Double counting“, also das Abbilden einer Eigenschaft in mehrerer Kriterien, zu vermeiden. 14 PRODUKTSCHUTZ
BEISPIEL 1: Joghurtbecher Gruppe Produktschutz Einheit Kriterium nicht-mechanischer Schutz Becher bietet ausrei- Becher bietet bis zum chend Barrieren vor erstmaligen Öffnen einen Licht, Wasser- und vergleichbaren nicht-me- Sauerstoffaustausch. chanischen Schutz wie zuvor. VORHER NACHHER BEISPIEL 2: Glasflasche Gruppe Produktschutz Einheit Kriterium nicht-mechanischer Schutz Die braune Glasflasche Die Milch ist anfälliger bietet einen besseren auf Verderb durch Lichtschutz.5 einfallende UV-Strahlung. VORHER NACHHER 5 Die Wichtigkeit des Kriteriums kann in einer späteren Gewichtung entsprechend reduziert werden (z.B. Berücksichtigung der Notwendigkeit bei Extended Shelf Life (ESL) Milch). PRODUKTSCHUTZ 15
2.3 Migrationspotenzial Der Begriff Migrationspotenzial bezeichnet den bzw. der EU zum Einsatz gelangt, durch eine Kon- möglichen Übergang von mikroskopisch kleinen formitätserklärung als nicht gesundheitsschädi- Stoffen und Substanzen aus der Verpackung gend eingestuft werden muss. So kann gewähr- in das Lebensmittel. Eine optimale Verpackung leistet werden, dass von der Verpackung keine schützt das Produkt vor dem Übergang solch un- negative Wirkung auf das Produkt und somit auf erwünschter Stoffe („NIAS“ = non-intentionally- den Menschen ausgeht. Eine präzise Quantifizie- added substances) in das Füllgut und weist kein rung des Migrationspotenzials gestaltet sich durch Migrationspotenzial auf bzw. ein Migrationspoten- die Diversität der Produkte sowie dem derzeitigen zial, das unter Bestimmbarkeitsgrenzen liegt. Bei- Forschungsstand auf diesem Gebiet als schwierig. spiele von NIAS sind Phthalate, Bisphenol A oder Daher wird als Indikator eine ExpertInneneinschät- Mineralöle. Prinzipiell gibt es in diesem Bereich zung mit einem Punktesystem von 1-3 herangezo- große Unterschiede zwischen den verschiedenen gen. Auch hier gilt es, die Eigenschaften und An- Verpackungsmaterialien. So ist Glas beispielsweise forderungen des Füllgutes bei der Einschätzung ein inerter Stoff, während aus Kunststoffen oder zu berücksichtigen. Manche Füllgüter neigen eher bedrucktem Papier bzw. Karton leichter Substan- dazu, Substanzen aufzunehmen als andere, bei zen migrieren können. manchen ist dieser Punkt als kritischer zu betrach- Dabei ist anzumerken, dass jede Verpackung, die ten (z.B. Lebensmittel vs. Non-Food). für den Einsatz von Lebensmitteln in Österreich Bei einer Bewertung von kann der mechanische Schutz wie folgt eingeteilt werden: Materialien mit einem Materialien mit einem hohen Migrations- mäßigen Migrations- inerte Materialien potenzial potenzial BEISPIEL 1: Joghurtbecher Gruppe Produktschutz Einheit Kriterium Migrationspotenzial Das Migrationspotenzial Die Migration von Anti- ändert sich durch den oxidantien oder einigen zusätzlichen PET weiteren Stoffen aus PP Stülpdeckel und die kann nicht ausgeschlossen direkte Bedruckung nicht. werden. VORHER NACHHER 16 PRODUKTSCHUTZ
BEISPIEL 2: Getränkeverpackung Gruppe Produktschutz Einheit Kriterium Migrationspotenzial Abklatsch-Migration von Die Glasflasche ist inert, Druckfarbenbestandteilen es besteht kein ist möglich. Migrationspotenzial. VORHER NACHHER BEISPIEL 3: Lippenbalsam Gruppe Produktschutz Einheit Kriterium Migrationspotenzial PET gilt im Vergleich zu Es ist möglich, dass aus PS als migrationsarmer Polystyrol Verpackungen Kunststoff. Dennoch kann Styrol in das Füllgut die Migration bestimm- migriert, insbesondere ter Stoffe (z.B Antimon) bei fettigen, heißen oder nicht ganz ausgeschlos- sauren Füllgütern. sen werden6. VORHER NACHHER 6 Die Wichtigkeit dieses Kriteriums kann in einer späteren Gewichtung entsprechend angepasst werden. PRODUKTSCHUTZ 17
2.4 Wiederverschließbarkeit Als abschließendes Kriterium des Produkt- maverlust verhindert und/oder reduziert schutzes ist die Wiederverschließbarkeit der wird. Generell kann zwischen wiederver- Verpackung anzuführen. Durch die Wieder- schließbaren und nicht wiederverschließbaren verschließbarkeit einer Verpackung kann die Verpackungen untersch den werden, wobei Haltbarkeit eines Produktes erhöht werden, zusätzlich die Effektivität des Verschlusses wenn dadurch der Gasaustausch oder Aro- berücksichtigt werden sollte. Bei einer Bewertung von kann der mechanische Schutz wie folgt eingeteilt werden: Verpackung wieder- Verpackung wieder- verschließbar, jedoch verschließbar, mit Verpackung nicht ohne deutlich merk- merkbarem posi- wiederverschließbar. baren, positiven Ein- tivem Einfluss auf fluss auf die Haltbar- die Haltbarkeit nach keit nach Öffnung. Öffnung. BEISPIEL 1: Joghurtbecher Gruppe Produktschutz Einheit Kriterium Wiederverschließbarkeit Der Joghurtbecher lässt Der Joghurtbecher lässt sich teilweise mit der sich mithilfe des Aluminiumplatine Stülpdeckels besser wiederverschließen. wiederverschließen. VORHER NACHHER 18 PRODUKTSCHUTZ
k BEISPIEL 2: Limonadenverpackung Gruppe Produktschutz Einheit Kriterium Wiederverschließbarkeit Die PET-Flasche lässt Die Aluminiumdose sich aufgrund des lässt sich nicht Drehverschlusses gut wiederverschließen. wiederverschließen. VORHER NACHHER BEISPIEL 3: Verpackung für Reinigungstücher Gruppe Produktschutz Einheit Kriterium Wiederverschließbarkeit Die Box mit Klick- verschluss lässt sich einfach wieder- verschließen und Der Beutel ist mittels Klebestellen schützt besser vor wiederverschließbar, Feuchttücher Austrocknung. können dennoch austrocknen. VORHER NACHHER PRODUKTSCHUTZ 19
3. ZIRKULARITÄT Recyclingfähigkeit bzw. Design for Recycling ist ein Teil des zirkulären Produktdesigns und stellt eine wichtige Grundlage für die ganzheitliche Nachhaltigkeitsbewertung dar. Zirkularität be- PRODUKT- deutet demnach, dass die Verpackung so gestal- SCHUTZ tet ist, dass eine möglichst hohe Wiederverwer- tung der eingesetzten Materialien erreicht wird. Ziele dabei sind die Ressourcenschonung, eine möglichst lange Lebensdauer, eine materialiden- ZIRKU- te Verwertung (Closed-Loop-Recycling) oder LARITÄT der Einsatz erneuerbarer Materialien. Zirkuläre Verpackungen sollen demnach so konstruiert und angefertigt werden, dass diese aus rezyk- UMWELT lierten und/oder nachwachsenden Rohstoffen bestehen, wiederverwendet werden können (Mehrweglösung) und/oder die eingesetzten Rohstoffe nach der Gebrauchsphase in hohem Maße wieder als Sekundärrohstoffe verwertet gehalt der Verpackung zu beachten. Auch der werden können (Recycling). Anteil an nachwachsenden Rohstoffen (NAWA- Für die gesamtheitliche Bewertung der Zirkulari- RO), die Eignung zur richtigen Entsorgung/Tren- tät einer Verpackung gilt es somit die Recycling- nung (KonsumentInnen-Aktion) und Einweg-/ fähigkeit, die Recyclingquote und den Rezyklat- Mehrweg-Verpackung sind wichtige Kriterien. 3.1 KonsumentInnen-Aktion Eine KonsumentInnen-Aktion ist je nach Gestal- händisch Verpackungselemente voneinander tung der Verpackung unerlässlich für ein erfolgrei- trennen, so sollte darauf großflächig auf der Ver- ches Recycling. Die Trennbarkeit von Verpackun- packung hingewiesen werden. Als Beispiel hierfür gen ist hauptsächlich dann relevant, wenn sie aus kann ein Joghurtbecher aus Polypropylen mit einer mehreren Materialien bestehen, die unterschied- Aluminiumplatine genannt werden. KonsumentIn- lich entsorgt werden müssen. In der Bewertung nen sind dazu angehalten, Aluminiumplatine und der technischen Recyclingfähigkeit kann jedoch Polypropylen-Becher voneinander zu trennen und nur bedingt die Rolle von KonsumentInnen in Be- jeweils separat in den dafür vorgesehen Behältern zug auf eine richtige Trennung abgebildet werden. zu entsorgen. Ein weiteres Beispiel wäre ein Poly- Im Idealfall muss eine Verpackung von Konsumen- propylen-Becher, der mit einem Karton-Wickel tInnen gar nicht getrennt werden, um im richtigen ummantelt ist. Auch hier sind KonsumentInnen für Entsorgungsstrom zu landen und anschließend re- die Trennung des Karton-Wickels vom Polypropy- cycelt zu werden. Müssen KonsumentInnen jedoch len-Becher verantwortlich. Bei einer Bewertung von kann der mechanische Schutz wie folgt eingeteilt werden: Verpackungen, die zwar ohne Aktion nicht Verpackungen, recyclingfähig sind, Es ist keine die ohne jedoch wird den KonsumentInnen- KonsumentInnen- KonsumentInnen Aktion Aktion nicht diese Aktion erleichtert (z.B. durch Hinweise erforderlich. recyclingfähig sind. und/oder Perforationen). 20 ZIRKULARITÄT
BEISPIEL 1: Joghurtbecher Gruppe Zirkularität Einheit Kriterium KonsumentInnen-Aktion Der Sleeve wurde durch Der OPS-Sleeve ist nicht direkte Bedruckung ersetzt, abtrennbar, der Becher ist Platine und der Stülpdeckel nicht recyclingfähig. werden bei bestimmungs- gemäßem Gebrauch abgetrennt. VORHER NACHHER BEISPIEL 2: Müsliverpackung Gruppe Zirkularität Einheit Kriterium KonsumentInnen-Aktion Faltschachtel und Beutel Der Beutel ist ohne müssen getrennt entsorgt KonsumentInnen- werden. Eine einfache Aktion recyclingfähig. Trennung ist jedoch möglich. VORHER NACHHER ZIRKULARITÄT 21
BEISPIEL 3: Waschmittelverpackung Gruppe Zirkularität Einheit Kriterium KonsumentInnen-Aktion Der Sleeve wurde mit einer Doppelperforation PET-Flasche mit nicht ausgestattet und es abtrennbarem vollflächigem wurde ein Konsumenten- OPS-Sleeve ist nicht hinweis zur Trennung recyclingfähig. der einzelnen Kompo- nenten angebracht. VORHER NACHHER 3.2 Recyclingfähigkeit Ob und in welchem Maß eine Verpackung recy- einzelnen Bestandteile sowie der Trennbarkeit clingfähig ist, hängt von mehreren Faktoren ab. dieser Bestandteile voneinander die Recycling- Allen voran sind die verwendeten Verpackungs- fähigkeit der Verpackung berechnet werden. materialien von essenzieller Bedeutung. Zu- Daraus ergibt sich ein prozentueller Anteil des sätzlich spielt die Zusammensetzung (Mono- Gesamtgewichts der Verpackung, der technisch material, Multilayer, Etiketten, Klebstoffe) eine recyclingfähig ist.7 Eine Einschätzung der Recy- entscheidende Rolle. Letztendlich müssen noch clingfähigkeit kann mithilfe der ECR Empfehlung die Recyclingströme und Recyclingmöglich- Packaging Design for Recycling oder mithilfe keiten in Betracht gezogen werden. Für jede der FH Campus Wien Circular Packaging Design Verpackung kann unter Berücksichtigung der Guideline erfolgen.8 BEISPIEL: Joghurtbecher Gruppe Zirkularität Einheit % Kriterium Recyclingfähigkeit 7 Aufgrund des vollflächigen 100 Sleeves wird das Recycling Durch die Design- des Bechers verhindert. änderungen ist der Die Aluminiumplatine kann Becher nun zu 100 % theoretisch recycelt recyclingfähig. werden, weshalb sich in (Annahme: Becher ohne Summe eine Recycling- Barriereschicht) fähigkeit von 7 % ergibt. VORHER NACHHER 22 ZIRKULARITÄT
3.3 Recyclingquote Die Recyclingquote bezeichnet das Verhältnis der der unterschiedlichen Komponentengewichte ein tatsächlich recycelten Menge (Output einer Recy- Gesamtwert errechnet. clinganlage) zu der in Verkehr gebrachten Verpa- ckungsmenge. Verluste im Sortier- und Recycling- Sollten alle zu vergleichenden Verpackungen prozess werden somit mitberücksichtigt. Gesamtwerte unter 10 % aufweisen, so sollte Diese wird für jede recyclingfähige Verpackungs- dieses Kriterium unberücksichtigt bleiben, um eine komponente einzeln bestimmt und daraus anhand allfällige Auswertung nicht zu verzerren.7 BEISPIEL 1: Joghurtbecher Gruppe Zirkularität Einheit % Kriterium Recyclingquote 5 Recyclingquote Becher: 0 % 14 (80 % des Gesamtgewichts) Recyclingquote Becher: 14 %9 Becher nicht recyclingfähig. (66 % des Gesamtgewichts) Recyclingquote Sleeve: 0 % Recyclingquote Stülpdeckel: 10 % (7 % des Gesamtgewichts) (28 % des Gesamtgewichts) Recyclingquote Platine: 39 % Recyclingquote Platine: 39 % (13 % des Gewichts) (6 % des Gewichts) Recyclingquote gesamt: Recyclingquote gesamt: 0%*80 % + 0%*7 % + 39 %*13 % = 5 % 14 %*66 % +10 %*28 % + 39 %*6 % = 14 % VORHER NACHHER BEISPIEL 2: Waschmittelverpackung Gruppe Zirkularität Einheit % Kriterium Recyclingquote 17 10 Recyclingquote PP-Flasche: 14% (74% des Gesamtgewichts) Recyclingquote Mono-PE-Beutel: 19% (87% des Gesamtgewichts) Recyclingquote Ausgusshilfe und Verschluss: 0% Recyclingquote Ausgusshilfe und (24% des Gesamtgewichts) Verschluss: 0% (13% des Gesamtgewichts) Recyclingquote Etikett: 0% (2% des Gesamtgewichts) Recyclingquote gesamt: 19% * 87% + 0% * 13% = 17% Recyclingquote gesamt: 14% * 74% + 0% * 24% + 0% + 2% = 10% VORHER NACHHER 7 Werden z.B. zwei Verpackungen verglichen, Verpackung A mit 1 % und Verpackung B mit 2 % Recyclingfähigkeit, so hätte Verpackung B ein doppelt so gutes Ergebnis im Vergleich zu Verpackung A. In der Praxis sollte dies dann jedoch nicht so interpretiert werden. 8 Weitere Hilfestellung bieten frei zugängliche Online-Tools, wie z.B. RecyClass (www.recyclass.eu, gültig nur für Kunststoffverpackungen in Europa). 9 Van Eygen, E., Laner, D, Fellner, J. Circular economy of plastic packaging: Current practice and perspectives in Austria. Waste Management (2018), https://doi.org./10.1016/j.wasman.2017.11.040 ZIRKULARITÄT 23
3.4 Rezyklatgehalt Mit dem Rezyklatanteil wird der gewichtsmäßige können die in Österreich geläufigen Rezyklatge- Anteil an Rezyklat der Verpackung angegeben. halte angenommen werden. Der Rezyklatanteil wird in Gewichtsprozent (Gew. Sollten alle zu vergleichenden Verpackungen Wer- %) des Rezyklats gegenüber dem Gesamtgewicht te unter 10 % aufweisen, so sollte dieses Kriterium der Verpackung angegeben. Hierfür werden die unberücksichtigt bleiben, um eine allfällige Aus- Herstellerangaben der Verpackung zur Berech- wertung nicht zu verzerren.10 nung herangezogen. Sollten die Herstellerangaben keinen Aufschluss über den Rezyklatanteil geben, BEISPIEL: Joghurtbecher Gruppe Zirkularität Einheit % Kriterium Rezyklatgehalt 0 30 Rezyklatgehalt Becher: 0 % Rezyklatgehalt Becher: 0 % (80 % des Gesamtgewichts) (66 % des Gesamtgewichts) Rezyklatgehalt Sleeve: 0 % Rezyklatgehalt Stülpdeckel: 100 % (7 % des Gesamtgewichts) (28 % des Gesamtgewichts) Rezyklatgehalt Platine: 0 % Rezyklatgehalt Platine: 0 % (13 % des Gewichts) (6 % des Gewichts) Rezyklatgehalt gesamt: Rezyklatgehalt gesamt: 0 %*80 % + 0 %*7 % + 0 %*13 % = 0 % 0 %*66 % +100 %*28 % + 39 %*6 % = 30 % VORHER NACHHER 3.5 Anteil nachwachsender Rohstoffe (NAWARO) Nachwachsende Rohstoffe (kurz: NAWARO) Der Anteil nachwachsender Rohstoffe wird in stammen aus land- oder forstwirtschaftlicher Pro- Gewichtsprozent im Vergleich zum Gesamtge- duktion und sind im Gegensatz zu mineralischen wicht der Verpackung angegeben (analog zum oder fossilen Rohstoffen erneuerbar. Prominente Rezyklatgehalt). Beispiele sind der Einsatz von Holz zur Herstel- Sollten alle zu vergleichenden Verpackungen lung von Papier, oder der von Zuckerrohr für die Werte unter 10 % aufweisen, so sollte dieses schlussendliche Herstellung von Kunststoffen. Kriterium unberücksichtigt bleiben, um eine Bestimmt wird der NAWARO-Anteil durch Herstel- allfällige Auswertung nicht zu verzerren.10 lerangaben über die Bestandteile der Verpackung. 10 Werden z.B. zwei Verpackungen verglichen, Verpackung A mit 1 % und Verpackung B mit 2 % Rezyklatgehalt, so hätte Verpackung B ein doppelt so gutes Ergebnis im Vergleich zu Verpackung A. In der Praxis sollte dies dann jedoch nicht so interpretiert werden. 24 ZIRKULARITÄT
BEISPIEL 1: Joghurtbecher Gruppe Zirkularität Einheit % Kriterium NAWARO 0 0 Die Verpackung beinhaltet Die Verpackung beinhaltet keine nachwachsenden keine nachwachsenden Rohstoffe. Rohstoffe. VORHER NACHHER BEISPIEL 2: Getränkeverbundkarton Gruppe Zirkularität Einheit % Kriterium NAWARO fossil-basiertes Polyethylen bio-basiertes Polyethylen fossil-basiertes Polyethylen bio-basiertes Polyethylen Holzfaser Holzfaser fossil-basiertes Polyethylen bio-basiertes Polyethylen 80 100 Karton in diesem Beispiel: 80 % NAWARO gesamt -> 100 % des Gesamtgewichts, NAWARO gesamt -> 80 % VORHER NACHHER ZIRKULARITÄT 25
3.6 Mehrweg Während Einweg-Verpackungen bereits nach Prominentes Beispiel für Mehrweg-Verpackungen einer Verwendung das Ende ihres Lebenszyklus sind Glasflaschen für Getränke. erreicht haben, können Mehrweg-Verpackungen Da es sich um ein „entweder-oder“–Kriterium nach der Vorbereitung zur Wiederverwendung (in handelt, kann dieses mit einem Punktesystem mit der Regel Reinigung) erneut eingesetzt werden. oder 1 oder 3 wie folgt eingeteilt werden: Einweg-Verpackung Mehrweg-Verpackung BEISPIEL 1: Joghurtbecher Gruppe Zirkularität Einheit Kriterium Mehrweg Es handelt sich um eine Es handelt sich um eine Einweg-Verpackung. Einweg-Verpackung. VORHER NACHHER BEISPIEL 2: Getränk Gruppe Zirkularität Einheit Kriterium Mehrweg Es handelt sich um eine Es handelt sich um Einweg-Verpackung. eine Mehrweg-Verpackung. VORHER NACHHER 26 ZIRKULARITÄT
4. UMWELT Im Sinne dieser Empfehlung wird zwischen direk- ten und indirekten Umweltauswirkungen unter- schieden. Direkte Umweltauswirkungen, die mit der Herstellung und Entsorgung des Verpackungs- materials in Zusammenhang stehen, können mit einer Ökobilanz quantifiziert werden. Zu den in- PRODUKT- direkten Umweltauswirkungen zählen beispiels- SCHUTZ weise Produktverluste, welche durch vorzeitigen Produktverderb oder mangelnde Restentleerbar- keit hervorgerufen werden, die durch eine nicht optimierte Verpackung entstehen. Einen weiteren positiven Beitrag zu einer nicht in Ökobilanzen aus- ZIRKU- drückbaren Nachhaltigkeit bei Verpackungen kann LARITÄT der Einsatz zertifizierter Materialien darstellen. Im Gegensatz dazu steht das „Littering-Potenzial“ (Verschmutzung), wenn Verpackungen oder Ver- UMWELT packungskomponenten statt fachgerecht ent- sorgt zu werden, in der Umwelt verbleiben. 4.1 Direkte Umweltauswirkungen Ökobilanzen, auch Lebenszyklusanalysen oder Böden und Gewässer einbringen. Deshalb sollte Life Cycle Assessments (kurz: LCA), haben sich eine CO2-Bilanz nie allein, sondern im Verbund in den letzten Jahren oder bald Jahrzehnten als mit anderen Wirkungskategorien betrachtet wer- fundiertes Instrument zur ökologischen Bewer- den, wie z.B. dem Verbrauch von Fläche, Wasser tung etabliert. Sie beschreiben potenzielle Um- oder der Versauerung oder Eutrophierung von weltauswirkungen, die mit der Herstellung und Gewässern und Böden. Die Einsparung von Ver- Entsorgung eines Produktes (oder einer Dienst- packungsmaterial führt dabei naturgemäß zu leistung) verbunden sind. Eine vollständige LCA einem besseren Ergebnis in diesem Kriterium. umfasst immer den gesamten Lebensweg eines Ebenso sind Limitierungen von Ökobilanzen zu Produkts (inklusive aller Transporte und der Ent- berücksichtigen. Bis dato ist es mit Ökobilanzen sorgung der Produkte, also „cradle to grave“ bzw. nur begrenzt bis gar nicht möglich, z.B. die Aus- „cradle to cradle“), endet nicht wenn das Produkt wirkungen von Littering (Tod von Fischen oder das produzierende Werk verlässt („cradle to gate“). Säugetieren bei Meereslittering) durch große Litteringobjekte, oder mögliche gesundheitliche In Ökobilanzen kann eine Vielzahl unterschied- Gefahren durch Mikroplastik, den Verlust an Bio- licher Wirkungskategorien (Klimawandel, Eutro- diversität (z.B. Tod von Vögeln durch Windkraft, phierung oder Versauerung von Gewässern uvm.) Fischen durch Wasserkraft oder Insekten durch berechnet werden, wobei die CO2-Bilanz sicher- industrielle Landwirtschaft), oder Endlagerung lich die bekannteste ist. Diese beschreibt die mit von radioaktiven Abfällen abzubilden. dem jeweiligen Produkt zusammenhängende Entstehung von Treibhausgasemissionen, wo- Weiters ist es in Ökobilanzen oftmals notwen- durch die globale Erwärmung beschleunigt wird. dig, unterschiedliche wertbasierte Annahmen zu Wichtig zu wissen ist, dass mit der Entstehung treffen, sodass ein untersuchtes Produkt dadurch des Produktes nicht nur Treibhausgasemissionen, begünstigt oder benachteiligt werden kann. sondern auch zahlreiche weitere Umweltbelas- Deshalb sollte im Hinblick auf diese Empfehlung tungen verbunden sind. So können Produkte, die besonders für Verpackungen eine Harmonisie- aus Rohstoffen land- oder forstwirtschaftlicher rung der Methodik von Ökobilanzen angestrebt Produktion hergestellt werden, möglicherweise werden. Ein detaillierter Vorschlag für Fachexper- weniger Treibhausgasemissionen verursachen, tInnen oder interessierte LeserInnen ist hierzu im auf der anderen Seite jedoch mehr Schadstoffe in Anhang dokumentiert. UMWELT 27
BEISPIEL 1: Getränk Gruppe Umwelt Einheit kg CO2eq bzw. Einheit des LCA-Indikators Kriterium Direkte Umweltauswirkungen: Klimawandel Einweg-Glasflasche, Weißblechverschluss und PET-Flasche, PE-Verschluss Papieretikett verursachen und PP-Etikett verursachen in Summe 200 g CO2eq. in Summe 100 g CO2eq. VORHER NACHHER BEISPIEL 2: Joghurtbecher Gruppe Umwelt Einheit kg CO2eq bzw. Einheit des LCA-Indikators Kriterium Direkte Umweltauswirkungen: Klimawandel 38g CO2eq 46g CO2eq VORHER NACHHER BEISPIEL 3: Müsliverpackung Gruppe Umwelt Einheit kg CO2eq bzw. Einheit des LCA-Indikators Kriterium Direkte Umweltauswirkungen: Klimawandel 19 g CO2eq 49 g CO2eq VORHER NACHHER 28 UMWELT
4.2 Indirekte Umweltauswirkungen Durch eine nicht optimale Gestaltung einer Verpa- ein Viertel mehr an Ketchup produziert werden: ckung (zu wenig oder ungeeignetes Material) können 1 (1 - = 25 %) Produktverluste entstehen, die ansonsten vermeidbar 100% - 20% gewesen wären. Eine Quantifizierung dieser Verluste Die Ökobilanz einer Ketchupflasche setzt sich stellt oft eine große Herausforderung dar, kann jedoch in diesem Beispiel dann wie folgt zusammen: zumindest im Falle der Restentleerbarkeit empirisch ● Direkte Umweltauswirkungen: Ökobilanz erhoben werden. Indirekte Umweltauswirkungen (Herstellung bis Entsorgung) der Verpackung durch verpackungsbedingte Produktverluste sollten, (inkl. Verschluss, Etikett, etc.) wenn quantifizierbar, in die Ökobilanz einer Verpa- ● Indirekte Umweltauswirkungen: ckung von Beginn an miteinfließen. Verbleiben z.B. ● Ökobilanz von 125 g Ketchup (25 % des Inhalts) in einer Ketchupflasche 20 % des Ketchups aufgrund ● Ökobilanz von 25 % der Verpackung mangelnder Restentleerbarkeit, so muss in Summe (Herstellung bis Entsorgung) BEISPIEL: Ketchup Gruppe Umwelt Einheit kg CO2eq bzw. Einheit des LCA-Indikators Kriterium Direkte Umweltauswirkungen: Klimawandel Die Restentleerbarkeit der Die Restentleerbarkeit der PP-Flasche beträgt 20 %, Glasflasche beträgt 4 %, wodurch 185 g CO2eq pro wodurch 4 g CO2eq pro 500 g 500 g Ketchup verursacht Ketchup verursacht werden. werden. VORHER NACHHER 4.3 Einsatz zertifizierter Materialien Werden zertifizierte Materialien bezogen, so kön- Bis dato konnten sich jedoch im Bereich der nen diese als Beitrag zur Nachhaltigkeit des Ver- Verpackungsmaterialien nur für Papier (inkl. Pap- packungssystems und somit als Kriterium in einer pe und Karton) anerkannte und extern zertifizierte holistischen Nachhaltigkeitsbewertung gelten. Dies Labels etablieren, die Kriterien für nachhaltige umfasst nicht Labels, die eine Produkteigenschaft, Forstwirtschaft umfassen. Deshalb sollte dieses Kri- wie z.B. die Möglichkeit einer industriellen oder terium auch nur zur Anwendung gelangen, wenn Heimkompostierung bestätigen. papierbasierte Verpackungen untereinander vergli- chen werden, und zwar mit „1“ für kein und „2“ für BEISPIEL: Faltschachtel mit Label. Gruppe Umwelt Einheit Kriterium Einsatz zertifizierte Materialien Karton mit Fasern Karton ohne aus zertifizierter Zertifizierung. Forstwirtschaft. VORHER NACHHER UMWELT 29
4.4 Littering Unter „Littering“ versteht man das achtlose Weg- Wenn alle Faktoren berücksichtigt werden, könnte werfen von Müll in die Umgebung und des damit man künftig das „Littering“-Potenzial für eine Ver- verbundenen Eintritts in die Umwelt. Mangelhafte packung bestimmen. Abfallsammlung beziehungsweise unzureichende Eine Maßnahme, die zur Eindämmung von gelitter- Entsorgungsmöglichkeiten verstärken die Gefahr ten Verpackungskomponenten beitragen kann und von „Littering“ zusätzlich. Auswertungen „gelitter- ab 2024 für alle in der EU in Verkehr gebrachten ter“ Objekte zeigen, dass Verpackungen einen be- Getränkebehälter Pflicht ist, ist dafür zu sorgen, sonders großen Teil dieser Menge darstellen.11 dass Verschlüsse während ihrer vorgesehenen Ver- Methoden, das „Littering“-Potenzial von Verpackun- wendungsdauer an den Behältern befestigt bleiben. gen zu evaluieren, sind derzeit noch stark limitiert. Derzeit wird an der FH Campus Wien an einer Um eine geeignete Methode zu implementieren, Methode geforscht, um eben genanntes „Litte- müssen verschiedenste Faktoren, die die Wahr- ring“-Potenzial für Verpackungen zu evaluieren. Bis scheinlichkeit des „Littering“ betreffen, in Betracht dahin hat noch kein anderer Indikator die notwendi- gezogen werden. Zusätzlich spielen Faktoren wie ge Stabilität, um das Littering-Potenzial zu bestim- die Dauer des Abbaus in der Umwelt sowie die men, gewährleisten können. Das Kriterium sollte Auswirkungen auf diese eine entscheidende Rolle. deshalb in der Zwischenzeit unbewertet bleiben. BEISPIEL 1: PET-Flasche Gruppe Umwelt Einheit Kriterium Littering Verschluss verbleibt bis Verschluss kann zur Entsorgung gelittered werden. auf der Flasche. VORHER NACHHER 11 https://ec.europa.eu/environment/waste/pdf/single-use_plastics_factsheet.pdf 30 UMWELT
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