WATER & CLIMATE CHANGE - DIE WASSERZEITSCHRIFT DER STEIERMARK - Wasserwirtschaft Steiermark

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WATER & CLIMATE CHANGE - DIE WASSERZEITSCHRIFT DER STEIERMARK - Wasserwirtschaft Steiermark
Österreichische Post AG • MZ 02Z034436 M
                                                                   UBZ Steiermark, Brockmanngasse 53, 8010 Graz

D I E WA S S E R Z E I T S C H R I F T D E R S T E I E R M A R K                                     1/2020

    WATER & CLIMATE CHANGE
WATER & CLIMATE CHANGE - DIE WASSERZEITSCHRIFT DER STEIERMARK - Wasserwirtschaft Steiermark
WELTWASSERTAG 2020

Was passiert am                         Worum geht es beim                                Was sind die wichtigsten
Weltwassertag?                          Weltwassertag 2020?                               Botschaften der Kampagne?

Im Vorfeld startet die Organisation     Beim Weltwassertag 2020 geht es                      W
                                                                                              ir können es uns nicht leisten
„UN-Water“ eine globale Kampagne        um Wasser und Klimawandel –                          zu warten.
über die Website www.worldwater-        und wie die beiden Themen                         Klimapolitische Entscheidungsträger
day.org                                 untrennbar miteinander verbun-                    müssen Wasser in den Mittelpunkt
                                        den sind.                                         der Aktionspläne stellen.
Hier findet man sämtliche Materiali-
en, um die Bevölkerung mit Informa-     Die Kampagne zeigt, wie unser                        Wasser kann zur Bekämpfung des
tionen zum jeweiligen Motto des Welt-   Wasserverbrauch dazu beitra-                      Klimawandels beitragen.
wassertages informieren zu können.      gen wird, Überschwemmungen,                       Es gibt nachhaltige, erschwingliche
Der Weltwasserentwicklungsbe-           Dürren, Knappheit und Umweltver-                  Wasser- und Sanitärlösungen.
richt (UN World Water Development       schmutzung zu verringern und den
Report) der Vereinten Nationen wird     Klimawandel selbst zu bekämpfen.                     Jeder hat eine Rolle zu spielen.
am Weltwassertag veröffentlicht. Er                                                       In unserem täglichen Leben gibt es
konzentriert sich auf dasselbe Thema    Und indem wir Wasser effizienter                  überraschend einfache Schritte, die
wie die Kampagne und gibt Entschei-     nutzen, reduzieren wir auch Treib-                wir alle unternehmen können, um
dungsträgern Empfehlungen.              hausgase.                                         gegen den Klimawandel vorzugehen.

IMPRESSUM

Medieninhaber/Verleger:                 Redaktionsteam:                                   Titelbild: A14/ Land Steiermark
Umwelt-Bildungs-Zentrum Steiermark      Egon Bäumel, Michael Krobath, Hellfried
8010 Graz, Brockmanngasse 53            Reczek, Robert Schatzl, Brigitte Skorianz,        Druck:
                                        Volker Strasser, Elfriede Stranzl, Irene Unger,   Medienfabrik Graz
Postanschrift:                          Johann Wiedner, Margret Zorn                      www.mfg.at
Wasserland Steiermark                                                                     Gedruckt auf chlorfrei
8010 Graz, Wartingergasse 43            Lektorat, Druckvorbereitung und                   gebleichtem Papier.
T: +43(0)316/877-5801                   Abonnentenverwaltung:
E: elfriede.stranzl@stmk.gv.at          Elfriede Stranzl                                  Bezahlte Inserate sind gekennzeichnet.
                                        8010 Graz, Wartingergasse 43                      ISSN 2073-1515
Erscheinungsort: Graz                   T: +43(0)316/877-5801
                                        E: elfriede.stranzl@stmk.gv.at                    DVR 0841421
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8010 Graz                               Gestaltung:                                       Die Artikel dieser Ausgabe wurden
                                        josefundmaria communications                      begutachtet von: Johann Wiedner
Chefredakteurin:                        8010 Graz,                                        Die Artikel geben nicht unbedingt die
Sonja Lackner                           Weinholdstraße 20                                 Meinung der Redaktion wieder.
WATER & CLIMATE CHANGE - DIE WASSERZEITSCHRIFT DER STEIERMARK - Wasserwirtschaft Steiermark
INHALTS-
VERZEICHNIS
Herausforderungen des Klimawandels
Interview mit LR Ök.-Rat Johann Seitinger........4

Die Steiermark im Klimawandel –
Strategien und Handlungsoptionen
des Landes Steiermark
Mag.a Andrea Gössinger-Wieser..........................5

Water and Climate Change
Klimawandelfolgen und
Maßnahmenplanung in der Steiermark
DI Johann Wiedner....................................................8

Masterplan Klimarisiko Landwirtschaft
Von der Strategie zur Maßnahme
DI (FH) Sabrina Dreisiebner-Lanz, MSc
Mag. Dr. Franz Prettenthaler, M. Litt.
Mag. Michael Kernitzkyi
Manuel Strohmaier, MSc MSc..............................11

Das Themencluster „Grundwasser“
im ÖAW-Programm:
Earth System Sciences – Wasser in
Gebirgsräumen
Univ.-Prof. Dr. Steffen Birk
Univ.-Prof. Dr. Michael Bahn
Dr. Arnulf Schiller
Univ.-Prof. Dr. Christine Stumpp.........................16

Klima trifft Wasser in der Umweltbildung
Dipl.-Päd. Mag. Martina Krobath, BEd
Mag. Michael Krobath............................................20

Hochwasserereignisse im Jahr 2019
in der Steiermark
Ing. Christoph Schlacher, MSc
DI Stefan Fieger
DI Dr. Robert Schatzl...............................................24

Die Zukunft unserer Gewässer
Mag. Volker Strasser...............................................31

Hydrologische Übersicht für das Jahr 2019
DI Dr. Robert Schatzl
Mag. Barbara Stromberger
Ing. Josef Quinz........................................................32

Aus der Geschichte der
steirischen Wasserwirtschaft
Die mechanische Nutzung der Wasserkraft
Dr. Bernhard A. Reismann.....................................36

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WATER & CLIMATE CHANGE - DIE WASSERZEITSCHRIFT DER STEIERMARK - Wasserwirtschaft Steiermark
Landesrat Ök.-Rat Johann Seitinger © Lebensressort

    HERAUSFORDERUNGEN DES KLIMAWANDELS
    Die Verfügbarkeit von Trinkwasser ist ein Menschenrecht und ein enorm              Abwasser beziehen. Das heißt, dass
    wichtiger Faktor für die Lebensqualität der Steirerinnen und Steirer. Dem-         man bereits beim Aufdrehen des
    entsprechend kommt der Sicherstellung der Versorgungssicherheit höchste            Wasserhahns daran denken muss,
    Bedeutung zu. Die Auswirkungen des Klimawandels bringen hierbei neue               dass die Kosten für die Reinigung
    Herausforderungen mit sich, weshalb der Weltwassertag 2020 unter dem               des Wassers im Normalfall immer
    Motto „water and climate change“ steht. Wir haben mit Wasserlandesrat              höher sind, als die des verbrauchten
    Hans Seitinger über die Trinkwasserversorgung in unserem Bundesland                Trinkwassers. Daher muss es das Ziel
    sowie einfache Möglichkeiten für eine nachhaltigere Nutzung gesprochen.            sein, bereits im Kindesalter einen
                                                                                       nachhaltigen Umgang mit unserem
    Die grüne Steiermark gilt als „Insel    Ressource Wasser umgegangen                wertvollen Trinkwasser zu lernen.
    der Seligen“, wenn es um die Trink-     werden. Welche einfachen Einspar-­
    wasserversorgung geht. Worauf ist       möglichkeiten gibt es?                     Dürre und Starkregenereignisse
    das zurückzuführen?                                                                wechseln einander in atemberau-
                                            LR Seitinger: Einerseits sind es die       bendem Tempo ab. Wie wird unsere
    LR Seitinger: Die exzellente Trink-     technischen Möglichkeiten, die wir         Landwirtschaft mit Ihrer „Werkstatt
    wasserversorgung der Steiermark ist     nutzen sollten, auf der anderen Seite      unter freiem Himmel“ unterstützt?
    zunächst auf die einzigartige geolo-    ist es schlicht und einfach der gesun-
    gische Lage unseres Bundeslandes        de Hausverstand.                           LR Seitinger: Nach den extremen
    zurückzuzuführen. Es sind jedoch die    So ist es beispielsweise nicht nach-       Dürre- und Frostereignissen der ver-
    Genossenschaften, Gemeinden und         haltig, das Wasser während des Zäh-        gangenen Jahre wurde im Jahr 2017
    Wasserverbände, die die Versor-         neputzens fließen zu lassen. Ebenso        der „Masterplan Klimarisikomanage-
    gungssicherheit – auch in schwieri-     wenig nachhaltig ist die Verwendung        ment“ mit einem konkreten Maßnah-
    gen Regionen – Tag für Tag durch ein    von Trinkwasser zur Bewässerung            menpaket ins Leben gerufen. Dar-
    professionelles Wassermanagement        von Blumenanlagen oder anderen             unter fallen die Züchtung besonders
    sicherstellen.                          Außengestaltungen. Regenzisternen          resistenter Pflanzen, die Errichtung
                                            und ähnliche Anlagen wären hierzu          gemeinsamer Bewässerungssysteme,
    Auch wenn in der Steiermark die         wesentlich sinnvoller. Oft wird auch       die Implementierung umfangreicher
    Versorgungssicherheit im interna-       vergessen, dass die Kosten für einen       Versicherungsleistungen und vor
    tionalen Vergleich enorm hoch ist,      Liter Wasser sich nicht nur auf das        allem auch ein nachhaltiger Humus-
    sollte sparsam mit der kostbaren        Trinkwasser, sondern auch auf das          aufbau unserer Böden.              

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WATER & CLIMATE CHANGE - DIE WASSERZEITSCHRIFT DER STEIERMARK - Wasserwirtschaft Steiermark
DIE STEIERMARK
   Mag.a Andrea Gössinger-Wieser
   Amt der Steiermärkischen
                                                  IM KLIMAWANDEL
                                                   STRATEGIEN UND HANDLUNGSOPTIONEN DES LANDES STEIERMARK
   Landesregierung
   Abteilung 15 - Fachabteilung Energie
   und Wohnbau
   Klimaschutzkoordinatorin
   8010 Graz, Landhausgasse 7                      „Klimawandel: Hitzewellen werden heißer“, „Steirische Gemeinden rufen
   T: +43(0)316/877-4861                           den Klimanotstand aus“, „Der Steiermark drohen noch heftigere Unwetter“
   E: andrea.goessinger-wieser@stmk.gv.at
   W: www.ich-tus.at
                                                   oder „Unser Wald ist in Gefahr“ – diese und ähnliche Schlagzeilen waren
                                                   2019 in den steirischen Medien zu lesen. Der Klimawandel ist in der Steier-
                                                   mark angekommen und seine Auswirkungen sind bereits spürbar geworden.

D
         ie Temperaturaufzeich-                    dern die Erstellung von Klimaszenari-                schnell und massiv reduzieren) zu
         nungen belegen, dass die                  en für Österreich (ÖKS 15) beauftragt.               rechnen haben.
         globale Erderwärmung –
mittlerweile auch als Erderhitzung                 Die Ergebnisse decken sich mit den                   Ergebnisse der ÖKS 15
bezeichnet – im letzten Jahrzehnt                  globalen Trends und geben für die                    • D
                                                                                                           ie mittlere Lufttemperatur wird
deutlich zugenommen hat. Um zu                     Steiermark Aufschluss, mit welchen                       bis Mitte des Jahrhunderts um
verstehen, welche Auswirkungen der                 Klimaänderungen wir in naher                             1,4 Grad Celsius bzw. bis zum
Klimawandel auf die Steiermark hat,                und ferner Zukunft bei einem „Busi-                      Ende des Jahrhunderts im Mittel
hat das Land Steiermark gemeinsam                  ness-as-usual-Szenario“ (das eintritt,                   um 4 Grad Celsius zunehmen
mit dem Bund und den Bundeslän-                    wenn wir unsere Emissionen nicht                         (siehe Abb. 1).

Abb. 1: Veränderung der Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts (bei einem   Abb. 2: Veränderung des Niederschlags in den Wintermonaten bis zum Ende
„Business-as-usual-Szenario“) © ÖKS 15                                        des Jahrhunderts (bei einem „Business-as-usual-Szenario“) © ÖKS 15

                                                                                                                                                        5
WATER & CLIMATE CHANGE - DIE WASSERZEITSCHRIFT DER STEIERMARK - Wasserwirtschaft Steiermark
• Die Niederschläge werden im                     und der Hitzetage sowie darauf ba-        Steiermark 2030 (KESS 2030) beschlos-
       Winter um 24 % zunehmen (da                     sierenden Extremereignissen kommt,        sen. Darin wird der strategische Rah-
       auch die Lufttemperatur zunimmt,                müssen daher rasche und wirksame          men festgelegt, wie die Steiermark
       werden diese als Regen fallen),                 Klimaschutzmaßnahmen getätigt             den internationalen und nationalen
       gleichzeitig werden auch Stark-                 werden. Denn nur dann werden sich         Verpflichtungen in der Energie- und
       regenereignisse zunehmen (siehe                 die Treibhausgasemissionen bis 2080       Klimapolitik nachkommen will (Abb. 3).
       Abb. 2).                                        bei etwa der Hälfte des heutigen
    • Die Frosttage werden sich bis zum               Niveaus einpendeln. Das Pariser Kli-      2019 wurde dieser landesweiten
       Ende des Jahrhunderts halbieren                 maabkommen 2015 – das vorgibt die         Klima- und Energiestrategie ein Akti-
       (von 146 auf 73 Tage). Besonders                globale Temperaturerhöhung unter 2        onsplan für die Jahre 2019 bis 2021 zur
       betroffen ist dabei die Obersteier-             Grad Celsius (gegenüber dem vorin-        Seite gestellt. Insgesamt werden in
       mark.                                           dustriellen Wert) zu halten – ist daher   dieser ersten Dreijahresperiode 109
    • Die verbreitete Zunahme von                     dringend einzuhalten.                     konkrete Klimaschutzmaßnahmen
       Hitze- und Sommertagen wird                                                               in acht Bereichen zur Umsetzung
       wiederum sehr stark die Südstei-                Klimaschutz in der                        gebracht. Die Schwerpunkte liegen
       ermark betreffen. Für die Gemein-               Steiermark                                im Ausbau der erneuerbaren Ener-
       de Leibnitz z. B. geht man bis zum              Der Klimawandel und die Frage             gien, im Ausstieg aus der fossilen
       Ende des Jahrhunderts von einer                 nach unserer zukünftigen Energie-         Energieversorgung, insbesondere
       Zunahme von +48 Sommertagen                     versorgung sind daher wichtige            im Gebäudebereich, wobei das
       sowie einer Zunahme von +36                     Themen, die auch die Steiermark           Land Steiermark hier als Vorbild zu
       Hitzetagen aus.                                 betreffen. Angesichts des immer           platzieren ist, im Ausbau und in der
                                                       weiter fortschreitenden Klimawan-         Stärkung eines kontinuierlichen An-
    Die Auswirkungen dieser Klima­                     dels ist schnelles Handeln unbedingt      gebotes an Bildungsmaßnahmen im
    änderung in der Steiermark sind                    notwendig. Die Steiermark hat in          Kindergartenbereich, in Schulen und
    damit nicht mehr nur auf einzelne                  der Vergangenheit bereits bewie-          in der Erwachsenenbildung.
    lokale Phänomene zu reduzieren, wir                sen, dass Klimaschutz und Energie
    haben es hier mit einer globalen Her-              Kernthemen der Politik wie auch           Ein wesentliches Schlüsselelement
    ausforderung zu tun. Auch wenn sich                der Verwaltung sind. Die aktuellsten      für die Sicherstellung der Umsetzung
    lokale Effekte deutlich unterscheiden              Daten zeigen, dass für die Zukunft        dieses Aktionsplans und damit auch
    können und werden, so wird die glo-                dennoch ein hoher Handlungsbedarf         für die Erreichung der steirischen
    bale Erderwärmung direkten Einfluss                gegeben ist, um die internationalen       Klimaziele ist die jährliche Bericht-
    auf Mitteleuropa haben.                            Zielvereinbarungen einhalten zu           erstattung an die Steiermärkische
    Damit das Klima nicht aus dem                      können. Die Steiermärkische Landes-       Landesregierung und den Landtag.
    Ruder gerät und es nicht zu einem                  regierung hat daher im November           Damit die Maßnahmenumsetzung
    massiven Anstieg der Temperatur                    2017 die Klima- und Energiestrategie      rasch eingeleitet werden kann,

    Mit der steirischen Formel werden die Ziele bis 2030 konkretisiert:
                                                                                                  Die steirische Formel für eine
                                                                                                  aktive Klima- und Energiepo-
                                                                                                  litik in der Steiermark umfasst
                                                                                                  vier ganz konkrete Ziele:

                                                                                                  • S
                                                                                                     enkung der Treibhaus-
                                                                                                    gasemissionen um 36 %
                                                                                                  • S
                                                                                                     teigerung der Energie-
                                                                                                    effizienz um 30 %
                                                                                                  • E
                                                                                                     rhöhung des Anteils
                                                                                                    erneuerbarer Energie-
                                                                                                    träger um 40 %
                                                                                                  • L
                                                                                                     eistbare Energie und
                                                                                                    Versorgungssicherheit
    Abb. 3: Die Kernaussagen der Klima- und Energiestrategie Steiermark 2030 © KESS 2030

6
WATER & CLIMATE CHANGE - DIE WASSERZEITSCHRIFT DER STEIERMARK - Wasserwirtschaft Steiermark
Abb. 4: Klimaschutz im Alltag: Regional und saisonal einkaufen © Land Steiermark

wurde auf Verwaltungsebene zudem                     (z. B. Raumplanung, Katastrophen-         chen aus Politik und Verwaltung und
eine engagierte ExpertInnengruppe                    schutz, Landwirtschaft, Naturschutz,      wichtigen MultiplikatorInnen und
bestehend aus KollegInnen der be-                    Wirtschaft, Tourismus, Bildung etc.) in   ExpertInnen aus der Land- und Forst-
troffenen Abteilungen eingerichtet.                  welchen insgesamt 97 Umsetzungs-          wirtschaft, dem Katastrophenschutz,
Obwohl der Aktionsplan erst 2019                     maßnahmen zur Anpassung an den            der Raumordnung oder beispielswei-
beschlossen wurde, wird dieser 2021                  Klimawandel ausgearbeitet wurden.         se dem Gesundheitsbereich konkrete
angepasst, um schnell auf Verän-                     Mit dieser Strategie wird das Ziel ver-   Maßnahmen erarbeitet worden. Die
derungen und Entwicklungen im                        folgt, die Steiermark bestmöglich auf     Ideen reichen dabei von Fassaden-
Bereich des Klimaschutzes reagieren                  die zukünftigen klimatischen Verände-     begrünungen über Hitzeschutzpläne
zu können.                                           rungen anzupassen, um negative Kli-       bis hin zu Wassersparmaßnahmen.
                                                     mawandelfolgen zu vermindern, aber        Das Thema bleibt aber nicht nur bei
Warum die Anpassung                                  auch mögliche Chancen zu nutzen.          diesen Vorreitergemeinden stehen,
an den Klimawandel so                                                                          aktuell wurden zehn weitere Gemein-
wichtig ist …                                        Da der Klimawandel zu den größten         den in das Programm aufgenommen
Mit der Klima- und Energiestrategie                  Herausforderungen unserer Zeit            und zahlreiche steirische Gemeinden
2030 hat das Land eine entscheiden-                  zählt und dessen Auswirkungen             engagieren sich in vom Bund finan-
de Richtung vorgegeben, um die                       Städte und Gemeinden jeder Größe          zierten Klimawandelanpassungsregi-
Treibhausgasemissionen der Stei-                     betreffen werden, arbeitet das Land       onen (KLAR).
ermark massiv einzuschränken und                     Steiermark nicht nur an Strategien,
damit die internationalen Vereinba-                  sondern beschäftigt sich auch mit         Damit Klimaschutz und Klimawan-
rungen (wie das Pariser Klimaab-                     konkreten Umsetzungsprojekten in          delanpassung in der Steiermark
kommen) einzuhalten. Doch selbst                     den Gemeinden.                            gelingen, sind aber nicht nur eine
wenn wir von heute auf morgen                                                                  Klima- und Energiestrategie und
einen vollständigen Stopp des Aus-                   Startschuss dafür gab das EU-Projekt      entsprechende Aktionspläne er-
stoßes von Treibhausgasen schaffen                   LIFE LOCAL ADAPT. Im Rahmen               forderlich, sondern vielmehr die
würden, ist eine weitere Temperatur­                 dieses Gemeindeprojektes werden           Unterstützung und Bereitschaft der
erhöhung unvermeidbar. Daher ist                     aktuell fünf steirische Gemeinden         steirischen Bevölkerung und Wirt-
neben der Umsetzung von wirkungs-                    klimafit gemacht. Die Projektgemein-      schaft, sich daran aktiv zu beteiligen,
vollen Klimaschutzmaßnahmen auch                     den – Mariazell, Deutschlandsberg,        unumgänglich. Wie in Abbildung 4
die Anpassung an die unvermeidba-                    Gleisdorf, Weiz und Hartberg – durch-     ersichtlich, bietet die Landesinitiative
ren Folgen des Klimawandels nötig.                   laufen ein sehr intensives Coaching-      „Ich tu`s für unsere Zukunft“ (www.
Das Land Steiermark hat im Rah-                      und Umsetzungsprogramm und die            ich-tus.at) dafür bereits zahlreiche
men eines Beteiligungsprozesses im                   ersten Erfolge sind bereits abrufbar.     Ideen und Möglichkeiten seinen per-
Jahr 2015 die „Klimawandelanpas-                     So wurden in den Gemeinden insge-         sönlichen Klimaschutzplan umzuset-
sungs-Strategie 2050“ beschlossen.                   samt 25 Workshops abgehalten. Da-         zen. Vom „Wissen zum Tun“ ist daher
Darin wurden 13 Bereiche eruiert                     bei sind mit Gemeindeverantwortli-        das angesagte Motto.

                                                                                                                                          7
WATER & CLIMATE CHANGE - DIE WASSERZEITSCHRIFT DER STEIERMARK - Wasserwirtschaft Steiermark
WATER AND
                                            CLIMATE CHANGE
                                            KLIMAWANDELFOLGEN UND MASSNAHMENPLANUNG IN DER STEIERMARK

       DI Johann Wiedner
                                            Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt und damit
       Amt der Steiermärkischen
       Landesregierung                      auf die steirische Wasserwirtschaft werden aktuell umfassend diskutiert und
       Abteilung 14                         waren auch in den letzten Jahren schon mehrfach Thema in Ausgaben der
       Wasserwirtschaft, Ressourcen und
       Nachhaltigkeit                       Wasserlandzeitschrift. Zwischenzeitlich zeigen sich mehr und mehr Hand-
       8010 Graz, Wartingergasse 43         lungsfelder, auch solche die in der Klima- und Energiestrategie des Lan-
       T: +43 (0)316/877-2025
                                            des Steiermark 2030 abgebildet sind. Das Motto des Weltwassertages 2020
       E: johann.wiedner@stmk.gv.at
                                            „water and climate change“ trägt diesen zunehmenden Herausforderungen
                                            Rechnung.

    D
             ie Auswirkungen des Kli-       Das heißt, es braucht Verbesserun-       Ein Gegenstand aktueller Forschun-
             mawandels auf den Was-         gen in der Effizienz der Trinkwas-       gen ist derzeit auch die Erkundung
             serhaushalt bringen für alle   sernutzung und der Vermeidung            und Bewertung der Erwärmung
    Bereiche der Wasserwirtschaft neue      von Wasserverlusten, z. B. infolge       des Trinkwassers in Bezug auf die
    Herausforderungen.                      von schadhafter Infrastruktur.           Qualität.

    Trinkwasserversorgung                   Auch gibt es Potential, gesam-           Gewässerreinhaltung
    Für die Trinkwasserversorgung wur-      meltes Regenwasser als Nutzwas-          Die Erhaltung und Verbesserung
    de in der Steiermark mit dem Was-       ser zu verwenden, um damit ein           der Qualität der Fließgewässer er-
    sernetzwerk Steiermark und dem          fortschreitendes, oftmals kostenin-      fordert auch in Zukunft eine Weiter-
    innersteirischen Wasserausgleich        tensives Erschließen neuer, hoch-        entwicklung in der Abwasserentsor-
    eine technische Lösung für den Aus-     wertiger Trinkwasserressourcen zu        gung bzw. Abwasserreinigung.
    gleich regionaler Ressourcendefizite    begrenzen.
    weitgehend realisiert.                                                           Die durch den Klimawandel
                                            Die Errichtung, Instandhaltung und       erwartete, verstärkt auftretende
    Sowohl für eine weitere Vernetzung      der Betrieb von Trinkwasserversor-       Niederwasserführung in Bächen
    als auch für den Ausbau eines           gungsanlagen auf hohem techni-           und Flüssen verändert die Verdün-
    Wasserausgleiches zwischen dem          schen Standard ist auch ein Beitrag      nungsverhältnisse in den Vorflut-
    wasserreichen Norden und dem            zur Ressourceneffizienz.                 gewässern mit nachteiligen Folgen
    wasserarmen Süden gibt es noch                                                   auf die Gewässergüte.
    vergleichsweise einfach umzuset-        Zur Sicherung der Ergiebigkeit von
    zende Projekte bzw. Projektideen.       wichtigen Grundwasservorkom-             Negative Auswirkungen auf den
                                            men werden auch die Möglichkei-          chemischen und biologischen
    Nachdem es zunehmend schwieri-          ten der Grundwasseranreicherung          Gewässerzustand sind vor allem im
    ger wird, geeignete Wasser-             noch stärker als bisher zu prüfen        Süden und Osten bei vergleichs-
    re­ssourcen neu zu erschließen, ist     und umzusetzen sein (Abb. 1). Und        weise schwach wasserführenden
    es in Zukunft auch notwendig, den       letztendlich ist der qualitative, flä-   Gewässern möglich.
    Wasserverbrauch von der Bevölke-        chendeckende Grundwasserschutz
    rungs- und Wirtschaftsentwicklung       zur Absicherung der Trinkwasser-         In diesen Regionen gibt es darüber
    zu entkoppeln.                          versorgung fortzusetzen.                 hinaus erheblich diffuse Einträge

8
WATER & CLIMATE CHANGE - DIE WASSERZEITSCHRIFT DER STEIERMARK - Wasserwirtschaft Steiermark
von landwirtschaftlich genutzten                  serung der Wasserbereitstellung        im Widerspruch zu gewässerökologi-
Flächen.                                          für eine Trockenbewässerung und        schen Zielen (Abb. 2).
                                                  Frostberegnung.
Wasser für Gewerbe,                                                                      Der Aktionsplan 2019-2021 der Klima-
Industrie und                                     Dabei ist der steigende Wasserbe-      und Energiestrategie Steiermark
Landwirtschaft                                    darf in den vergleichsweise wasser-    2030 sieht als eine Maßnahme die
Neben dem Bedarf an Trinkwasser,                  armen Regionen des Südens und          Erstellung bzw. Aktualisierung der
der oftmals über öffentliche Wasser-              Ostens der Steiermark festzustellen.   Potentialkarte zur Beurteilung des
versorger gedeckt wird, benötigen                 Das Projekt „Masterplan Klimarisi-     noch nutzbaren Wasserkraftpoten-
Gewerbe, Industrie und Landwirt-                  ko Landwirtschaft“ beschäftigt sich    tials vor. Dabei wird von der Erhal-
schaft das Wasser auch als Produk-                auch mit diesem Thema und es           tung geschützter, ökologisch wertvol-
tions- bzw. Betriebsmittel.                       werden aktuell mehrere Pilotprojekte   ler Gewässerstrecken ausgegangen
                                                  realisiert (siehe auch Wasserland-     (siehe auch Wasserzeitschrift 1/2014).
Die Entnahme für diesen Sektor                    zeitschrift 1/2019 und Seite 11 der    Eine weitere Maßnahme beinhaltet
erfolgt dabei sowohl aus Fließgewäs-              aktuellen Ausgabe).                    eine Beratungsaktion zur Revitalisie-
sern als auch aus dem Grund-                                                             rung von Kleinwasserkraftwerken,
wasser. Längere klimawandelbe-                    Wasser als Energiequelle               wobei neben der Hebung des ener-
dingte, niederschlagsarme Trocken-                Die Gewinnung von CO2-freier Ener-     giewirtschaftlichen Potentials auch
perioden können das Wasserdar-                    gie aus Wasserkraft wird als wichti-   ökologische Anpassungen berück-
gebot einschränken und in weiterer                ge Klimaschutzmaßnahme gesehen.        sichtigt werden.
Folge auch zu Nutzungskonflikten
führen.                                           Traditionell ist in der Steiermark     Die Nutzungsmöglichkeiten von geo-
                                                  bereits ein hoher Ausbaugrad an        thermischen Tiefengrundwässern
Aktuell beschäftigt sich die Land-                den Fließgewässern gegeben und         soll ebenfalls untersucht und deren
wirtschaft intensiv mit der Verbes-               es steht ein weiterer Ausbau oftmals   Potential erhoben werden.

Abb. 1: Grundwasseranreicherung im Wasserwerk Andritz © Holding Graz

                                                                                                                                  9
WATER & CLIMATE CHANGE - DIE WASSERZEITSCHRIFT DER STEIERMARK - Wasserwirtschaft Steiermark
Abb. 2: Wasser prägt die grüne Steiermark © A14/Land Steiermark

     Naturgefahr Wasser                                  Folgen für den Wasserhaushalt sind    genommen, zum anderen zuneh-
     Als Folge des Klimawandels wird                     durch flächige Versiegelungen und     mend durch Fakten belegt.
     einerseits die Zunahme an oftmals                   rasche Ableitungen in Rohrsystemen    Das konkrete Ausmaß der Auswir-
     kleinräumigen Starkregenereignis-                   gegeben.                              kungen ist oftmals nur in Ansätzen
     sen und andererseits eine generelle                                                       erkennbar und die Ableitung von
     Änderung des Niederschlagsver-                      In Zukunft ist die Regenwasserbe-     unmittelbaren Anpassungsmaßnah-
     haltens dargestellt. Gerade die                     wirtschaftung stärker und integra-    men mit Unsicherheiten behaftet.
     Starkregenereignisse bringen neue                   ler zu planen, umzusetzen und zu
     Gefahrenpotentiale für Hochwasser,                  betreiben. In Städten und Ballungs-   Die Anpassung der Wasserwirt-
     aber auch für den Oberflächenab-                    räumen kann dies den Wunsch nach      schaft an die Folgen des Klimawan-
     fluss.                                              und den Bedarf an „mehr Grün“         dels wird jedenfalls ein langfristiger
                                                         unterstützen (siehe auch Wasser-      und kontinuierlicher Weg sein.
     So sind in den letzten Jahren die                   landzeitschrift 2/2019).
     Schäden durch Hangwasser und                                                              Am Beginn dieses Prozesses ist
     Oberflächenabfluss u.a. durch                       Resümee und Ausblick                  jedoch alles positiv zu bewerten,
     Überlastung von Kanalsystemen                       Der Klimawandel und seine Aus-        das die negativen Eingriffe in den
     und Überflutungen von Gebäu-                        wirkungen auf die Wasserwirtschaft    Wasserhaushalt reduziert und den
     deteilen gestiegen. Nachteilige                     werden zum einen subjektiv wahr-      natürlichen Wasserhaushalt stärkt.

10
MASTERPLAN KLIMA-
                                                   RISIKO LANDWIRTSCHAFT
   DI (FH) Sabrina                                 VON DER STRATEGIE ZUR MASSNAHME
   Dreisiebner-Lanz, MSc
   JOANNEUM RESEARCH
   Forschungsgesellschaften mbH
   LIFE – Institut für Klima,                      Ausgehend von den Spätfrostereignissen 2016 und 2017 wurde vom Land
   Energie & Gesellschaft                          Steiermark das Projekt „Masterplan Klimarisiko Landwirtschaft“ initiiert.
   Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der
                                                   Ziel des Projektes ist es, in Abstimmung mit allen relevanten Akteuren ein
   Forschungsgruppe Wetter- und
   Klimarisikomanagement                           kosteneffizientes Risikomanagement für Klimarisiken in der Landwirtschaft
   8020 Graz, Waagner-Biro-Straße 100              zu schaffen. Der Fokus liegt auf Obst-, Wein- und Gemüsebau. Neben der Er-
   T: +43(0)316/876-7617
   E: sabrina.dreisiebner-lanz@joanneum.at         forschung der Zusammenhänge und Anpassungsmaßnahmen ist ein Schwer-
   W: www.joanneum.at/life                         punkt die Strategieentwicklung. Das Projekt dient damit auch als Ausgangs-
                                                   punkt für Folgeaktivitäten und weiterführende Forschungsprojekte.

                                                   Ziele des „Masterplan                   pflanzenbaulichen, technologischen,
                                                   Klimarisiko Landwirtschaft“             marktbasierten und finanziellen An-

                                                   D
                                                           er Klimawandel wirkt sich       passungsmaßnahmen nötig, um ein
   Mag. Dr. Franz                                          stark auf die agrarische        kosteneffizientes Risikomanagement-
   Prettenthaler, M. Litt.
   Direktor des Instituts LIFE –                           Produktion aus und stellt die   system aufzubauen. Das Projekt ist
   Institut für Klima, Energie &                   landwirtschaftlichen Betriebe vor       als mehrjähriges Phasenprogramm
   Gesellschaft der JOANNEUM RESEARCH
                                                   große Herausforderungen. Die Pro-       konzipiert.
                                                   duktion von Obst, Wein und Gemüse       Der Schwerpunkt des ersten Jahres
                                                   ist aufgrund der Kostenstruktur und     lag auf der Thematik Spätfrost im
                                                   Produktionssysteme besonders vul-       Bereich Obst- und Weinbau. Ab
                                                   nerabel gegenüber Wetterextremen.       dem zweiten Jahr wurden auch die
                                                   Für Dauerkulturen kommt hinzu, dass     Themen Trockenheit und Extrem-
                                                   nicht nur Ertrag und Qualität einer     wetterereignisse aufgenommen, die
   Mag. Michael Kernitzkyi
   Forschungsgruppenleiter der                     gesamten Vegetationsperiode betrof-     inhaltlich starke Überschneidungen
   Forschungsgruppe Wetter- und                    fen sind, sondern Auswirkungen auf      aufweisen. Parallel dazu erfolgte eine
   Klimarisikomanagement
                                                   Folgejahre bestehen. Die verheeren-     Strategieentwicklung mit langfristi-
                                                   den Auswirkungen der Spätfröste         gem Planungshorizont. Unter Abstim-
                                                   in den Jahren 2016 und 2017 auf die     mung aller relevanten Akteure in der
                                                   Apfelproduktion in Österreich ist in    Steiermark wird ein entsprechender
                                                   Abbildung 1 dargestellt. Die Ernte-     Masterplan erarbeitet, um der Prob-
                                                   menge ist in beiden Jahren auf einen    lemstellung langfristig zu begegnen.
                                                   Bruchteil der üblichen Ernte einge-     Darin vorgesehen sind zahlreiche
   Manuel Strohmaier, MSc MSc
   Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der           brochen und etablierte Absatzmärkte     Folgeaktivitäten, die durch das Pro-
   Forschungsgruppe Wetter- und                    konnten nicht bedient werden.           jekt mitinitiiert bzw. begleitet werden,
   Klimarisikomanagement
                                                   Zur Erhaltung der landwirtschaftli-     aber über das Projekt hinausreichen.
                                                   chen Produktion besteht daher die
Quellen:                                           dringende Notwendigkeit, geeignete      Strategieentwicklung
(1) BMNT (2017): Biokohle – Anwendung in der
Land- und Forstwirtschaft. Fachbeirat für Boden-   Anpassungsmaßnahmen umzuset-            Zur Entwicklung einer Gesamtstrate-
fruchtbarkeit und Bodenschutz im BMNT. https://    zen. Aufgrund der Komplexität der       gie wurde ein Zielsystem erstellt, das
www.oeaw.ac.at/fileadmin/kommissionen/kioes/
pdf/Publications/Biokohle_2017_final.pdf           Problemstellung reicht es jedoch        mehrere hierarchische Zielebenen
(2) BMASGK (2018): Runderlass Geschäftszahl:
BMASGK-75340/0014-IX/B/13/2018; https://www.       nicht aus, Einzelmaßnahmen zu           umfasst und der Operationalisierung
verbrauchergesundheit.gv.at/lebensmittel/rechts-   implementieren. Vielmehr ist ein        der übergeordneten Ziele und der
vorschriften/oesterreich/P11_BMASGK-75340-
0014-IX-B-13-2018_Pflanzenkohle.pdf?6ol4p6         aufeinander abgestimmtes Bündel an      Zuordnung der entsprechenden Maß-

                                                                                                                                      11
Prognoseverbesserung
                                                                                                                 Als wesentliche unterstützende
                                                                                                                 Maßnahme zur Bekämpfung von
                                                                                                                 Spätfrostereignissen hat sich die Ver-
                                                                                                                 besserung der regionalen Spätfrost-
                                                                                                                 prognosen gezeigt. Für die landwirt-
                                                                                                                 schaftlichen Betriebe sind hinsichtlich
                                                                                                                 des Spätfrost-Risikomanagements
                                                                                                                 zwei Ebenen zu berücksichtigen, die
                                                                                                                 es parallel weiterzuentwickeln gilt:
                                                                                                                 Die überbetriebliche bzw. regiona-
     Abb. 1: Apfelproduktion in Österreich von 1975 bis 2018 © Darstellung: JR-LIFE, Quelle: Statistik Austria   le und die betriebliche Ebene. Ein
                                                                                                                 wichtiger Punkt in der Prognose ist
     nahmen dient. Darin eingebunden                       In weiterer Folge wurden für die spe-                 die Unterscheidung von Strahlungs-
     waren die zuständigen Abteilungen                     zifischen Ziele Maßnahmen für die                     und Strömungsfrost, da sich die
     des Landes Steiermark (Abteilung                      unterschiedlichen Sparten, vorhan-                    beiden Wetterlagen hinsichtlich der
     10 – Land- und Forstwirtschaft,                       denes Wissen, bestehende Projekte,                    Gefährdung von Lagen und passen-
     Abteilung 14 – Wasserwirtschaft,                      Angebote, Dienstleistungen und                        der Abwehrmaßnahmen wesentlich
     Ressourcen und Nachhaltigkeit,                        offene Fragen identifiziert. Daraus                   unterscheiden. Für die überbetriebli-
     Fachabteilung Katastrophenschutz                      können Verantwortlichkeiten und not-                  che Fragestellung der Verbesserung
     und Landesverteidigung) sowie die                     wendige Tätigkeiten der unterschied-                  der Spätfrostprognose ist ein koordi-
     eingerichtete Steuerungsgruppe zum                    lichen Akteursgruppen abgeleitet                      niertes Vorgehen entscheidend. Diese
     Masterplan. Darüber hinaus wurde                      werden. Folgende Akteursgruppen                       Thematik wird aktuell durch die
     eine gemeinsame Gewichtung der                        werden im Zielsystem berücksichtigt:                  Fachabteilung Katastrophenschutz
     operativen Ziele aus unterschiedli-                                                                         und Landesverteidigung, die ZAMG,
     chen Gesichtspunkten vorgenommen.                     • Verwaltung und Interessens-                        das Wegener Center und JOANNEUM
     Die Mission sowie die Ebene der                            vertretung/Unterstützende                        RESEARCH gemeinsam bearbeitet.
     spezifischen Ziele sind in Abbildung 2                     Infrastruktur
     dargestellt. Die wirtschaftliche Nach-                • Landwirtschaftliche Betriebe der                   Vernetzung und Koordination
     haltigkeit wurde als Querschnittsziel                      Sparten Obst/Wein/Gemüse                         In regelmäßigen Steuerungsgrup-
     definiert, welches damit auf alle spezi-              • Ausbildung/Beratung                                 pentreffen findet der überinstituti-
     fischen und operativen Ziele einwirkt                 • Unternehmen                                         onelle Austausch und die Koordi-
     bzw. diesen übergeordnet ist.                         • Wissenschaft und Forschung                          nation in diesem Themenbereich
                                                                                                                 statt. Dies dient der Abstimmung der
                                                                                                                 unterschiedlichen Aktivitäten, dem
                                                                                                                 Identifizieren von Synergiemöglich-
                                                                                                                 keiten und der Festlegung der wei-
                                                                                                                 teren Vorgehensweise. Diese enge
                                                                                                                 Form der Abstimmung zwischen
                                                                                                                 Interessensvertretungen, Verwaltung,
                                                                                                                 Politik und Wissenschaft/Forschung
                                                                                                                 in diesem Bereich ist ein Novum und
                                                                                                                 hat sich als effektiv und zielführend
                                                                                                                 erwiesen.
                                                                                                                 Kommunikation, Vernetzung und
                                                                                                                 Austausch der Forschungseinrichtun-
                                                                                                                 gen auch über die Steiermark hinaus
                                                                                                                 ist eine weitere wichtige Vorausset-
                                                                                                                 zung für eine zielgerichtete Bearbei-
                                                                                                                 tung der relevanten Forschungsfra-
                                                                                                                 gen. Im Rahmen einer Teilnahme an
     Abb. 2: Auszug aus dem Zielsystem Masterplan Klimarisiko Landwirtschaft mit Nennung von Mission,
     Querschnittsziel und den fünf spezifischen Zielen © Darstellung: JR-LIFE                                    der EIP-AGRI Focus Gruppe erfolgt

12
ein internationaler Austausch auf
EU-Ebene, um auch von anderen
Regionen zu lernen. In den ersten
beiden Projektjahren wurden in
Summe rund 60 ausführliche Abstim-
mungsgespräche geführt.

Wissenstransfer zu Praxis
und Beratung
Um nach den prägenden Spätfrost-
ereignissen 2016 und 2017 rasch die
bestehende Wissensbasis bezüglich
der Spätfrostthematik aufzuarbeiten       Abb. 3: Aufnahme des Heizversuches der Fa. OPST mit der Wärmebildkamera aus einer Höhe von 150
                                          m über den Versuchsfeldern während der Anheizphase in einem Vorversuch, links: Frostofen Torf, mittig:
und landwirtschaftlichen Betrieben        Frostofen Holzbriketts, rechts: Frostkerze Stopgel © Freiwillige Feuerwehr Pöllau, 28.11.2018

eine Unterstützung zu bieten, wur-
de im Jahr 2018 eine Tagung zum           spezifischen steirischen Bedingungen                 Versuche befassten sich mit diesen
aktuellen Wissensstand der Spät-          (Topographie, Sortenspektrum) durch-                 Fragestellungen, wie z. B. die Fa.
frostbekämpfung organisiert. Die          geführt, aus denen praxisrelevante                   OPST Paraffinkerzen mit Frostöfen mit
Projekthomepage www.klimarisiko.at        Ergebnisse und Empfehlungen ent-                     unterschiedlichen Brennmaterialien
wurde im März 2018 online gestellt.       standen. Einige der Ansätze erfordern                vergleicht (Abb. 3). Daraus konnten
Die Seite wird laufend mit Beiträgen      weitere Untersuchungen oder eine                     praxisrelevante Empfehlungen für die
von KooperationspartnerInnen und In-      technologische Weiterentwicklung,                    Anwendung in der Praxis abgeleitet
formationen zu Versuchen aktualisiert.    andere haben bereits Praxisreife                     sowie Erkenntnisse für die methodi-
Durch die ständige Aktualisierung der     erreicht. Im Folgenden werden drei                   sche Optimierung solcher Versuche
Webseite ist sichergestellt, dass allen   Fragestellungen, die im Rahmen vom                   gewonnen werden.
interessierten Betrieben die vorhande-    Masterplan Klimarisiko bearbeitet
nen und erarbeiteten Informationen        wurden, angeführt.                                   Austriebsverzögerung
von allen beteiligten Institutionen zur                                                        im Weinbau
Verfügung stehen. Zudem wurden            Heizsysteme                                          Die Ergebnisse der Versuche aus dem
Disseminationsaktivitäten in Form von     Zur Beheizung stehen mehrere Sys-                    Jahr 2018 (LVZ Haidegg, FS Silber-
Publikationen in Fachzeitschriften und    teme zur Auswahl, wobei bei allen                    berg, LK Steiermark; in Kooperation
Fachvorträgen gesetzt.                    Systemen ein relativ hoher Bedarf an                 mit JOANNEUM RESEARCH) zur
                                          Arbeitskräften in der Vorbereitung,                  Austriebsverzögerung im Weinbau
Analysen, Forschungsprojekte              Durchführung und Nachbereitung                       durch Ölapplikationen zeigten, dass
und Versuche                              sowie zusätzlich ein logistischer Auf-               die erzielten Verzögerungen 2018
Insbesondere für die Thematik Spät-       wand (Lagerung, Transport) anfällt.                  deutlich unter den Ergebnissen von
frost wurden einige spezifische tech-     Je nach verwendetem System und                       früheren Jahren lagen. Es waren klare
nische Problemstellungen erkannt: Es      verwendeter Materialien ist zudem                    Sortenunterschiede sichtbar und es
waren wenig Erfahrung und kaum            mit hohen Kosten für das Brennma-                    konnte gezeigt werden, dass auch der
bewährte Lösungsansätze hinsichtlich      terial zu rechnen. Abhängig von den                  Zeitpunkt der Applikation einen hohen
der Abwehrmaßnahmen vorhanden             Brennstoffen sind relevante Aus-                     Einfluss hat. Die austriebsverzögernde
und durch die Topographie der Stei-       wirkungen auf die Luftqualität, eine                 Wirkung war stärker, wenn die erste
ermark entstehen besondere Voraus-        Geruchsbelastung sowie Ruß- und                      Behandlung mindestens 30 Tage vor
setzungen, die sich unter anderem         Rauchentwicklung vorhanden. Die                      Beginn des Knospenaufbruchs der
auch auf die Prognosegenauigkeit          verwendeten Brennmaterialien sind                    Kontrolle platziert wurde. Spätere
auswirken. Um die technologische          entweder fossile Energieträger oder                  oder einmalige Behandlungen zeigten
Weiterentwicklung unterschiedlicher       stammen aus erneuerbarer Herkunft.                   geringere Effekte. Es wurden bei
Spätfrostabwehrmaßnahmen und              Für die praktische Anwendung sind                    einigen Sorten Phytotox-Reaktionen
Managementmaßnahmen voranzu-              Informationen zu Brenndauer, Wir-                    (kurzfristige Wuchsdepressionen und
treiben, wurden von verschiedenen         kungsgrad und potentieller Tempera-                  Verfärbungen) festgestellt, v.a. bei zu
Institutionen und Unternehmen             turerhöhung im Zusammenhang mit                      später Applikation. Diese Ergebnisse
Praxistests und Feldversuche für die      der Aufstelldichte essentiell. Mehrere               bestätigen die Notwendigkeit, das Zu-

                                                                                                                                                   13
sammenwirken von Wetterbedingun-                      Laufende Identifikation und                    ordnete Thema Wassermanagement
     gen, Rebsorte und Ölbehandlungen                      Schließen von Forschungslücken                 zu fokussieren. Die mangelnde Was-
     weiter zu untersuchen, um die idea-                   In der bisherigen Projektlaufzeit wur-         serverfügbarkeit wurde insbesondere
     len Applikationszeitpunkte zu finden,                 den zahlreiche Projekte unterstützt            für den Obst- und Gemüsebau als
     die Wirksamkeit zu optimieren und                     und Einreichungen vorbereitet und              Problem genannt, wobei für den
     das Risiko für Schäden zu reduzie-                    durchgeführt. Ein Beispiel dafür ist           Gemüsebau auch die Wasserqualität
     ren. Die Ergebnisse zeigten, dass der                 das österreichweite EIP-AGRI-Projekt           thematisiert wurde. Erosion muss für
     Austriebszeitpunkt je nach Sorte um                   „FrostStrat“, welches mit Januar 2020          alle Kulturen, auch für Dauerkulturen,
     rund eine Woche verzögert werden                      gestartet ist. Weitere Einreichungen           als wichtiges Zukunftsthema betrach-
     konnte. Aufgrund der hohen Varianz                    mit unterschiedlichen Zielrichtungen           tet werden (Abb. 6). Hinsichtlich der
     und Wetterabhängigkeit können noch                    (Spätfrostrisiko, Trockenheit, Extrem-         Lösungsansätze sind – neben den
     keine allgemeinen Praxisempfehlun-                    wetterereignisse, Pflanzengesund-              bekannten und bereits in der Praxis
     gen abgeleitet werden.                                heit) wurden bereits vorgenommen,              umgesetzten technischen Maßnah-
                                                           laufen gerade oder sind in Planung.            men – auch grundlegende Änder­
     Risikomodellierung                                                                                   ungen im Management und neue
     Um langfristige Planungsgrundla-                      Problemstellung                                Produktionssysteme oder -ansätze zu
     gen für Betriebe und Politik bereit-                  Wassermanagement                               berücksichtigen.
     zustellen, werden von JOANNEUM                        Die im Obstbau verbreitete Spätfrost-
     RESEARCH verschiedene Modellie-                       bekämpfung durch Frostberegnung                Lösungsansätze und
     rungsansätze in unterschiedlichen                     ist klar durch die verfügbaren Was-            Alternativen
     Bereichen verfolgt. Ein Beispiel ist                  serressourcen begrenzt (Abb. 5). Für           Es wurde ein Mapping der Lösungs-
     die Modellierung des Spätfrostrisikos,                die betreffenden Regionen zeigte sich          ansätze erstellt und im Rahmen einer
     welche Grundlagen für die mittel-                     die Notwendigkeit, das bestehende              Steuerungsgruppe diskutiert und
     und langfristige Planung der land-                    Wassermanagement weiterzuentwi-                gewichtet (Abb. 7). Für den Obst-
     wirtschaftlichen Betriebe liefern kann.               ckeln und Wasserbereitstellung für             bau liegt ein klarer Schwerpunkt
                                                           Spätfrostbekämpfung gemeinsam mit              auf der Wasserbereitstellung und
     Die Analyse des Spätfrostrisikos wur-                 Dürre zu betrachten. Es wurde dazu             Bewässerungs-/Beregnungstechnik,
     de in einem ersten Ansatz anhand                      eine systematische Problemanalyse              da sowohl für die Spätfrostbekämp-
     eines Frostriskoindexes mit anschlie-                 erstellt. Diese zeigt aufgrund der             fung als auch für die Bewässerung
     ßender räumlicher Interpolation auf                   wechselnden Bedingungen in der                 eine entsprechende Wasserver-
     eine parzellenscharfe Auflösung                       Steiermark eine enge Verknüpfung               fügbarkeit erforderlich ist. Für den
     durchgeführt. Abbildung 4 zeigt die                   mit den Themen Starkniederschläge,             Weinbau stehen im Zusammenhang
     Ergebnisse der Modellierung ex-                       Oberflächenabfluss, Überschwem-                mit Wassermanagement die The-
     emplarisch für das Raabtal. Mithilfe                  mungen und Erosion. Aufgrund der               men Erosion, Boden als Puffer und
     dieser Daten können Lageneignun-                      Zusammenhänge der verschiedenen                Wasserspeicher im Vordergrund. Ein
     gen besser bestimmt werden und                        Aspekte wird es daher als wichtig er-          gemeinsamer Schwerpunkt der Maß-
     eine darauf abgestimmte Sortenwahl                    achtet, die Bearbeitung nicht auf Dür-         nahmen in Dauerkulturen liegt bei
     getroffen werden.                                     re, sondern vielmehr auf das überge-           Begrünungsstrategien, Bodenana-

     Abb. 4: Räumliche Darstellung des Frostrisikoindex im Raabtal. Rot =       Abb. 5: Frostberegnung ist eine geeignete Spätfrostabwehrmaßnahme für
     geringes Frostrisiko, Blau = hohes Frostrisiko © Abbildung: JR-LIFE        Apfelanlagen © Andreas Basler/Shutterstock.com

14
Abb. 6: Erosion in einer Weingartenjunganlage als Folge von               Abb. 7: Mapping von Lösungsansätzen hinsichtlich des
Starkniederschlägen © S. Dreisiebner-Lanz/JR-LIFE                         Wassermanagements © Darstellung: JR-LIFE

lytik und Humusaufbau, aber auch                          hinsichtlich geeigneter Pflanzen-           im Masterplan Klimarisiko Landwirt-
der landschaftlichen Strukturierung                       arten, Anwendungsmöglichkeiten              schaft Steiermark vorrangig bear-
kommt eine wichtige Bedeutung zu.                         und Skalierbarkeit untersucht wer-          beitet. Es geht darum, diese Ansätze
Alternative Produktionssysteme und                        den und damit eine fundierte Basis          grundsätzlich sowie hinsichtlich der
-verfahren sind insbesondere für den                      für die Implementierung gelegt              Skalierung auf eine professionelle
Gemüsebau interessant.                                    werden. Dabei ist einerseits eine           Ebene zu überprüfen und Hemmnis-
                                                          komplette Umsetzung, als auch das           se für die Umsetzung in der Praxis zu
Eine Best-Practice-Analyse zum                            Umsetzen von Einzelkomponenten              identifizieren und abzubauen – dabei
Themenbereich Wassermanagement                            in Erwägung zu ziehen.                      ist nicht ausschließlich die technische
zeigte erfolgsversprechende interna-                  • Kulturmaßnahmen, welche                      Machbarkeit zu nennen. Auch andere
tionale Ansätze auf:                                      den Wasserspeicher im Boden                 Faktoren wie fehlendes Wissen und
• Landschaftliche Strukturierun-                         erhöhen und Wasserverluste                  Skepsis gegenüber alternativen Pro-
    gen wie Drainage, Hangkorrektur                       reduzieren, sind insbesondere               duktionsverfahren spielen eine Rolle.
    oder Terrassierung sind ohnehin                       Humusaufbau, Verwendung von
    gängige Praxis bei der Neuan-                         Pflanzenkohle und Bodenbede-                Ausblick
    lage von Dauerkulturen. Bisher                        ckung. In Bezug auf die Pflanzen-           Das Projekt befindet sich derzeit
    wurden diese vorwiegend unter                         kohle sind die Kosten sowie die             am Anfang des dritten und letzten
    dem Gesichtspunkt der Arbeits-                        gesetzliche Lage zu beachten,               Projektjahres. Die Arbeiten konzent-
    erleichterung (Entfernen von                          welche je nach Einsatzzweck                 rieren sich aktuell auf die Detailaus-
    Querstrukturen, Auflösen von                          (Düngemittel/Futtermittel) und              arbeitung der Strategie und somit
    Kleinstrukturiertheit) umgesetzt. In                  Produktionsweise (Ausnahme per              die langfristige Basis zur Umsetzung
    Zukunft sollten andere Ansätze mit                    Erlass für biologisch wirtschaften-         eines dauerhaften landwirtschaft-
    Ausrichtung auf Wasserretention,                      de Betriebe unter gewissen Bedin-           lichen Risikomanagementsystems.
    Erosionsschutz und Biodiversität                      gungen) unterschiedlich ist.                Auch wenn bereits umfangreiches
    stärkere Berücksichtigung finden.                                                                 neues Wissen generiert wurde, sind
• Damit zusammenhängend kann                         Die genannten ergänzenden oder                  weiterführende, über das Projekt
    das Pflanzen von Einzelbäumen,                    alternativen Methoden adressieren               hinausgehende Forschungsarbeiten
    Baumreihen, Hecken etc. als sinn-                 die Problemfelder Dürre, Hitze und              unerlässlich, um Lösungsansätze
    volle Maßnahme genannt wer-                       Extremwetterereignisse, werden                  weiterzuentwickeln und in eine
    den, ohne dass gleich gesamte                     jedoch in keiner Sparte verbreitet ein-         Praxisanwendung zu übersetzen. Es
    Agroforstsysteme errichtet werden                 gesetzt. Es fehlen fundierte wissen-            wurden dazu von den Partnern zahl-
    müssen.                                           schaftliche und praktische Grundla-             reiche Projektideen erarbeitet und in
• Alternative Produktionssysteme                     gen, um den tatsächlichen Nutzen,               unterschiedlichen Förderschienen
    wie Agroforstsysteme und Perma-                   aber auch den Mehraufwand und die               eingereicht. Eine langfristig etablierte
    kultur sind jedenfalls interessante               Nachteile einzuschätzen. Das Thema              überinstitutionelle Abstimmung wird
    Ansatzpunkte mit zahlreichen                      alternative Produktionsmethoden                 auch für die Zukunft als essentiell
    Vorteilen und sollten eingehend                   und Produktionssysteme wird daher               erachtet.

                                                                                                                                                 15
DAS THEMENCLUSTER „GRUNDWASSER“ IM ÖAW-PROGRAMM:

                                           EARTH SYSTEM SCIENCES –
     Univ.-Prof. Dr. Steffen Birk
                                           WASSER IN GEBIRGSRÄUMEN
     Universität Graz
     Institut für Erdwissenschaften,
     NAWI Graz Geozentrum
     8010 Graz, Heinrichstraße 26          Wasserressourcen im Alpenraum sind in besonderem Maße vom Klimawan-
     T: +43(0)316/380-5583                 del und von direkten menschlichen Eingriffen betroffen. Vier von der Öster-
     E: steffen.birk@uni-graz.at
                                           reichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) geförderte, interdisziplinä-
                                           re Projekte befassen sich mit möglichen Auswirkungen auf das Boden- und
                                           Grundwasser im Hinblick auf damit verbundene Herausforderungen für die
                                           Wasserwirtschaft, den Energiesektor und die Landwirtschaft.

                                           I
                                              m Vergleich zur weltweiten             die Aussagekraft im Hinblick auf
                                              Durchschnittstemperatur sind die       lokale Anpassungsmaßnahmen etwa
                                              Lufttemperaturen im Alpenraum          im Landwirtschafts- oder Wassersek-
     Univ.-Prof. Dr. Michael Bahn          seit dem ausgehenden 19. Jahrhun-         tor oft sehr begrenzt ist (Wilby und
     Universität Innsbruck
     Institut für Ökologie                 dert rund doppelt so stark gestiegen      Dessai 2010).
     6020 Innsbruck, Sternwartestraße 15   (Auer et al. 2007). Der Alpenraum         Aus diesem Grund wird zunehmend
     T: +43(0)512/507-51630
     E: michael.bahn@uibk.ac.at
                                           ist damit besonders betroffen vom         ein anderer („bottom-up“) Ansatz pro-
                                           Klimawandel und seinen Auswirkun-         pagiert, bei dem die Analyse der Vul-
                                           gen. In Bezug auf den Wasserhaus-         nerabilität und Widerstandsfähigkeit
                                           halt ist mit einer Zunahme hydro-         (Resilienz) des jeweiligen Systems im
                                           logischer Extreme wie Dürren und          Vordergrund steht und darauf auf-
                                           Hochwässern zu rechnen (Senevirat-        bauend Anpassungsstrategien unter
                                           ne et al. 2012). Im Alpenraum wird        Berücksichtigung von Klimaprojekti-
                                           ein Rückgang der Sommernieder-            onen entwickelt werden (Brown und
                                           schläge vor allem in den südlichen        Wilby 2012). Vor diesem Hintergrund
     Dr. Arnulf Schiller                   Regionen und generell eine Zunah-         kann das Programm Earth System
     Geologische Bundesanstalt             me der Winterniederschläge sowie          Sciences (ESS) der Österreichischen
     Fachabteilung Geophysik
     1030 Wien, Neulinggasse 38            eine Zunahme der Extremnieder-            Akademie der Wissenschaften mit
     T: +43(0)1/7125674-633                schläge erwartet (Gobiet et al. 2014).    seiner Zielsetzung der Erforschung
     E: arnulf.schiller@geologie.ac.at
                                           Um künftige Auswirkungen des Kli-         des Systems Erde einen wesentli-
                                           mawandels zu beurteilen, wurde und        chen Beitrag zu einem verbesserten
                                           wird vielfach ein szenarien-basierter     Verständnis möglicher Auswirkungen
                                           („top-down“) Ansatz verfolgt. Dabei       des Klimawandels leisten.
                                           werden zunächst Klimamodelle im           Im Rahmen der ESS-Ausschreibung
                                           globalen Maßstab für mögliche Sze-        „Wasser in Gebirgsräumen“ wer-
                                           narien künftiger Treibhausgasemissi-      den aktuell zwölf Projekte gefördert.
                                           onen gerechnet. Auf Grundlage die-        All diesen Projekten ist gemein,
                                           ser globalen Klimamodelle werden          dass die Fragestellungen einer-
     Univ.-Prof. Dr. Christine Stumpp      anschließend regionale Klimapro-          seits Disziplinen übergreifend, also
     Universität für Bodenkultur Wien
     Institut für Bodenphysik und          jektionen erstellt und schließlich        interdisziplinär aus dem Blickwinkel
     landeskulturelle Wasserwirtschaft     Auswirkungen des Klimawandels im          unterschiedlicher, wissenschaftlicher
     1190 Wien, Muthgasse 18
                                           regionalen oder lokalen Maßstab si-       Fachgebiete und andererseits unter
     T: +43(0)1/47654-81501
     E: christine.stumpp@boku.ac.at        muliert und beurteilt. In jedem Schritt   Einbeziehung von Akteuren aus
                                           dieser Modellkette nimmt jedoch die       der Praxis (Stakeholder), also trans-
                                           Unschärfe der Ergebnisse zu, sodass       disziplinär, bearbeitet werden. Im

16
vorliegenden Beitrag werden die vier                    Das Themencluster „Grundwasser“ im Überblick
im Themencluster „Grundwasser“
                                                        ClimGrassHydro untersucht in einem weltweit einzigartigen Experiment die Aus-
zusammengefassten Projekte vorge-                       wirkungen von Dürreereignissen unter verschiedenen Klimaszenarien auf den
stellt. Diese befassen sich mit Frage-                  Wasserhaushalt und die Produktivität von bewirtschaftetem Grünland.
stellungen zu Boden- und Pflanzen-
                                                        Ziel von RechAUT ist es, Grundwasserneubildungsraten zu bestimmen, deren
wasserhaushalt (ClimGrassHydro),                        zukünftige Änderungen unter Berücksichtigung von Unsicherheiten auf unter-
Grundwasserneubildung (RechAUT)                         schiedlichen Skalen vorherzusagen und daraus resultierende Konsequenzen für
                                                        die Landnutzung sowie das Wassermanagement für Österreich abzuschätzen.
sowie Grundwasservorkommen (In-
tegrative Groundwater Assessment                        Integrative Groundwater Assessment untersucht die Auswirkungen hydrologi-
                                                        scher Extremereignisse auf den hydrologischen, hydrochemischen und ökologi-
sowie Flowcast).
                                                        schen Zustand von Grundwasserkörpern in den Alpen und deren Vorland, um
                                                        Indikatoren zu entwickeln, die sich zur Überwachung und Beurteilung von Klima-
ClimGrassHydro                                          wandeleffekten auf Grundwassermenge und -güte eignen.

Grünland bedeckt ein Drittel der                        Flowcast entwickelt neue Methoden zur Charakterisierung von Struktur, Kapazi-
Landoberfläche und ist ein wichtiges                    tät und Empfindlichkeit von Karstgrundwasservorkommen. Dies geschieht durch
                                                        Kombination und neuartige Auswertung von Daten aus Bodenmessungen und
Element in Gebirgslandschaften, wo
                                                        eines neu entwickelten Drohnenflug-Messsystems.
es für den Menschen eine wichtige
Lebensgrundlage darstellt. Ökohy-
drologische Prozesse prägen das
Ausmaß, in dem die Produktivität von                berg-Gumpenstein (Abb. 1), um                        genden Prozesse auswirken. Dazu
Grünland durch den Klimawandel                      die individuellen und kombinierten                   werden modernste isotopenbasierte
und insbesondere durch Dürreereig-                  Auswirkungen von unterschiedli-                      Methoden eingesetzt und die Ergeb-
nisse beeinflusst wird und bestimmen                chen Szenarien von Klimaerwär-                       nisse in prozessbasierten Modellen
auch maßgeblich den Bodenwasser-                    mung, erhöhten atmosphärischen                       integriert. Dies ermöglicht ein neues
haushalt, der gerade in Gebirgsregi-                CO2-Konzentrationen und Dürre auf                    Prozessverständnis des Wasserhaus-
onen und für die daraus gespeisten                  die Ökohydrologie von bewirtschaf-                   halts von Grünland im Klimawandel
Einzugsgebiete eine zentrale Rolle                  tetem Grünland zu untersuchen. In                    und seiner Konsequenzen für den
spielt. Angesichts des Umstands, dass               Zusammenarbeit mit der Universität                   landwirtschaftlichen Ertrag sowie für
der Klimawandel in den Alpen ra-                    Innsbruck (Institut für Ökologie),                   die Wasser- und Energiewirtschaft.
scher voranschreitet als im globalen                der Universität Graz (Institut für
Durchschnitt und dass die Häufigkeit                Erdwissenschaften), der Universität                  RechAUT
und das Ausmaß von Dürrereignis-                    für Bodenkultur Wien (Institut für                   Änderungen des Klimas haben einen
sen in den kommenden Jahrzehnten                    Bodenphysik und landeskulturelle                     großen Einfluss auf die Verfügbarkeit
zunehmen werden, ist das Verständ-                  Wasserwirtschaft) sowie mit weite-                   von Bodenwasser und können mög-
nis der Ökohydrologie des Grünlands                 ren nationalen und internationalen                   liche Folgen für die Wasserversor-
im Gebirge von großer Bedeutung.                    Partnern wird dabei besonders                        gung und die Landwirtschaft haben.
ClimGrassHydro nutzt ein weltweit                   untersucht, wie sich wiederkehrende                  Kenntnisse über Grundwasserneu-
einzigartiges Freilandexperiment                    Dürrereignisse unter aktuellen und                   bildungsraten sind entscheidend für
an der Höheren Bundeslehr- und                      künftigen Klimabedingungen auf die                   zukünftige Anpassungsmaßnahmen,
Forschungsanstalt (HBLFA) Raum-                     dem Wasserhaushalt zugrundelie-                      fehlen aber oft aufgrund der Tatsa-

Abb. 1: Freilandexperiment mit Infrarotstrahlern zur Beheizung, Begasungsringen zur CO2-Anreicherung, optionalem Regendach sowie Lysimetern zur Erfassung
der Wasserhaushaltskomponenten © S. Keiblinger, HBLFA Raumberg-Gumpenstein

                                                                                                                                                            17
che, dass man Raten nicht messen         eine Modellvorhersage bezüglich der                    als auch Qualität. Trotz der enormen
     kann oder dass Vorhersagen aus           Grundwasserneubildung und der                          Bedeutung als wichtigste Wasser-
     hydrologischen Modellen oft auf          damit verbundenen Unsicherheiten                       ressource wurden Auswirkungen
     vereinfachten Annahmen bodenhy-          zu erhalten.                                           des Klimawandels auf die physika-
     draulischer Prozesse beruhen. Letz-                                                             lisch-chemische Güte und den ökolo-
     tere sind notwendig aufgrund von         Zusätzlich werden am Institut für                      gischen Zustand von Grundwässern
     eingeschränkten Rechenkapazitäten,       Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung                     bisher nicht untersucht. Vor diesem
     Herausforderungen des Hochska-           (BOKU) integrative Analysen mithilfe                   Hintergrund widmet sich das Projekt
     lierens lokaler Prozesse oder von        bio-physikalischer, ökonomischer                       „Impact of extreme hydrological
     fehlenden Daten zu bodenhydrauli-        Modelle durchgeführt, um Aussagen                      events on the quantity and quality of
     schen Eigenschaften. Zusätzlich müs-     über den Einfluss von klima- und                       groundwater in alpine regions – mul-
     sen wir anhand von Langzeitdaten         sozioökonomischen Änderungen auf                       tiple-index application for an integra-
     besser verstehen, wie sich Modell­       die Wasserverfügbarkeit, die Land-                     tive hydrogeo-ecological assessment“
     unsicherheiten auf die Vorhersage        nutzung und landwirtschaftliche                        der Forschungsfrage: Wie reagieren
     auswirken. Deshalb beschäftigen wir      Erträge treffen zu können. Mithilfe                    Grundwasser(öko)systeme in alpinem
     uns im Projekt RechAUT mit einer der     der Projektergebnisse wollen wir                       und präalpinem Umfeld auf extreme
     wichtigsten Herausforderungen zur        Gebiete identifizieren, in denen es                    hydrologische Ereignisse wie Dürren,
     Abschätzung der Wasserverfügbar-         zukünftig aufgrund sinkender Neu-                      Starkniederschläge und Hochwas-
     keit: Der Vorhersage von Grundwas-       bildungsraten zu Herausforderungen                     ser in Bezug auf Wassermenge und
     serneubildungsraten, deren Variabili-    in der Wasser­verfügbarkeit und zu                     chemische Beschaffenheit sowie den
     tät und Unsicherheiten und mögliche      möglichen Folgen für die Wasser-                       ökologischen Zustand?
     Auswirkungen auf eine nachhaltige        versorgung und die Landwirtschaft
     Wasser- und Landnutzung.                 kommen kann.                                           Um diese Frage zu beantworten,
                                                                                                     werden in Zusammenarbeit mit For-
     Ziel des Projektes ist es, Grund-        Integrative Groundwater                                schungsgruppen aus den Bereichen
     wasser­neubildungsraten zu be-           Assessment                                             Hydrogeologie (Institut für Erdwissen-
     stimmen, deren zukünftige Ände-          Grundwasserkörper können auf-                          schaften, NAWI Graz Geozentrum,
     rungen unter Berücksichtigung von        grund ihrer Speicherwirkung                            Universität Graz) und Grundwasser-
     Unsicherheiten vorherzusagen und         Hochwässer dämpfen sowie den                           ökologie (Department für Funktionelle
     daraus resultierende Konsequen-          Basisabfluss von Oberflächengewäs-                     und Evolutionäre Ökologie, Univer-
     zen für die Landnutzung sowie das        sern in Dürrezeiten aufrechterhalten                   sität Wien) fünf Gebiete im Murtal
     Wassermanagement für Österreich          und damit die Auswirkungen von                         untersucht, die alpine und präalpine
     abzuschätzen. Um dieses Ziel zu          hydrologischen Extremen mildern.                       Bereiche umfassen und sich hinsicht-
     erreichen, nutzen wir Langzeitdaten      Gleichzeitig sind diese Wasservor-                     lich der hydrogeologischen Gegeben-
     von 14 Stationen des österreichischen    kommen jedoch selbst empfindlich                       heiten und anthropogenen Einflüsse
     Programms zum Bodenwassermo-             gegenüber hydrologischen Extremen,                     unterscheiden (Abb. 2).
     nitoring, welches eine Initiative des    sowohl in Bezug auf ihre Quantität                     Über ein verbessertes, wissenschaftli-
     Bundesministeriums für Nachhal-
     tigkeit und Tourismus ist. Mit neuen
     Methoden zur Modellkalibrierung
     und -validierung wird das Institut für
     Bodenphysik und landeskulturelle
     Wasserwirtschaft (BOKU) für diese
     Stationen mit bis zu 20-jährigen
     Datenreihen bodenhydraulische
     Eigenschaften, Grundwasserneu-
     bildungsraten und Unsicherheitsbe-
     reiche der Parameter bestimmen.
     Lokale Daten und Prozessinformatio-
     nen gehen in regional hydrologische
     Modelle des Instituts für Hydrologie
                                              Abb. 2: Lage und Abgrenzung der Untersuchungsgebiete für das Projekt „Integrative Groundwater Assess-
     und Wasserwirtschaft (BOKU) ein, um      ment“ © verändert nach Haas und Birk 2017 sowie Birk und Haas 2018. Hintergrund: ESRI World shaded relief

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