WATER & CLIMATE CHANGE - DIE WASSERZEITSCHRIFT DER STEIERMARK - Wasserwirtschaft Steiermark
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Österreichische Post AG • MZ 02Z034436 M UBZ Steiermark, Brockmanngasse 53, 8010 Graz D I E WA S S E R Z E I T S C H R I F T D E R S T E I E R M A R K 1/2020 WATER & CLIMATE CHANGE
WELTWASSERTAG 2020 Was passiert am Worum geht es beim Was sind die wichtigsten Weltwassertag? Weltwassertag 2020? Botschaften der Kampagne? Im Vorfeld startet die Organisation Beim Weltwassertag 2020 geht es W ir können es uns nicht leisten „UN-Water“ eine globale Kampagne um Wasser und Klimawandel – zu warten. über die Website www.worldwater- und wie die beiden Themen Klimapolitische Entscheidungsträger day.org untrennbar miteinander verbun- müssen Wasser in den Mittelpunkt den sind. der Aktionspläne stellen. Hier findet man sämtliche Materiali- en, um die Bevölkerung mit Informa- Die Kampagne zeigt, wie unser Wasser kann zur Bekämpfung des tionen zum jeweiligen Motto des Welt- Wasserverbrauch dazu beitra- Klimawandels beitragen. wassertages informieren zu können. gen wird, Überschwemmungen, Es gibt nachhaltige, erschwingliche Der Weltwasserentwicklungsbe- Dürren, Knappheit und Umweltver- Wasser- und Sanitärlösungen. richt (UN World Water Development schmutzung zu verringern und den Report) der Vereinten Nationen wird Klimawandel selbst zu bekämpfen. Jeder hat eine Rolle zu spielen. am Weltwassertag veröffentlicht. Er In unserem täglichen Leben gibt es konzentriert sich auf dasselbe Thema Und indem wir Wasser effizienter überraschend einfache Schritte, die wie die Kampagne und gibt Entschei- nutzen, reduzieren wir auch Treib- wir alle unternehmen können, um dungsträgern Empfehlungen. hausgase. gegen den Klimawandel vorzugehen. IMPRESSUM Medieninhaber/Verleger: Redaktionsteam: Titelbild: A14/ Land Steiermark Umwelt-Bildungs-Zentrum Steiermark Egon Bäumel, Michael Krobath, Hellfried 8010 Graz, Brockmanngasse 53 Reczek, Robert Schatzl, Brigitte Skorianz, Druck: Volker Strasser, Elfriede Stranzl, Irene Unger, Medienfabrik Graz Postanschrift: Johann Wiedner, Margret Zorn www.mfg.at Wasserland Steiermark Gedruckt auf chlorfrei 8010 Graz, Wartingergasse 43 Lektorat, Druckvorbereitung und gebleichtem Papier. T: +43(0)316/877-5801 Abonnentenverwaltung: E: elfriede.stranzl@stmk.gv.at Elfriede Stranzl Bezahlte Inserate sind gekennzeichnet. 8010 Graz, Wartingergasse 43 ISSN 2073-1515 Erscheinungsort: Graz T: +43(0)316/877-5801 E: elfriede.stranzl@stmk.gv.at DVR 0841421 Verlagspostamt: 8010 Graz Gestaltung: Die Artikel dieser Ausgabe wurden josefundmaria communications begutachtet von: Johann Wiedner Chefredakteurin: 8010 Graz, Die Artikel geben nicht unbedingt die Sonja Lackner Weinholdstraße 20 Meinung der Redaktion wieder.
INHALTS- VERZEICHNIS Herausforderungen des Klimawandels Interview mit LR Ök.-Rat Johann Seitinger........4 Die Steiermark im Klimawandel – Strategien und Handlungsoptionen des Landes Steiermark Mag.a Andrea Gössinger-Wieser..........................5 Water and Climate Change Klimawandelfolgen und Maßnahmenplanung in der Steiermark DI Johann Wiedner....................................................8 Masterplan Klimarisiko Landwirtschaft Von der Strategie zur Maßnahme DI (FH) Sabrina Dreisiebner-Lanz, MSc Mag. Dr. Franz Prettenthaler, M. Litt. Mag. Michael Kernitzkyi Manuel Strohmaier, MSc MSc..............................11 Das Themencluster „Grundwasser“ im ÖAW-Programm: Earth System Sciences – Wasser in Gebirgsräumen Univ.-Prof. Dr. Steffen Birk Univ.-Prof. Dr. Michael Bahn Dr. Arnulf Schiller Univ.-Prof. Dr. Christine Stumpp.........................16 Klima trifft Wasser in der Umweltbildung Dipl.-Päd. Mag. Martina Krobath, BEd Mag. Michael Krobath............................................20 Hochwasserereignisse im Jahr 2019 in der Steiermark Ing. Christoph Schlacher, MSc DI Stefan Fieger DI Dr. Robert Schatzl...............................................24 Die Zukunft unserer Gewässer Mag. Volker Strasser...............................................31 Hydrologische Übersicht für das Jahr 2019 DI Dr. Robert Schatzl Mag. Barbara Stromberger Ing. Josef Quinz........................................................32 Aus der Geschichte der steirischen Wasserwirtschaft Die mechanische Nutzung der Wasserkraft Dr. Bernhard A. Reismann.....................................36 3
Landesrat Ök.-Rat Johann Seitinger © Lebensressort HERAUSFORDERUNGEN DES KLIMAWANDELS Die Verfügbarkeit von Trinkwasser ist ein Menschenrecht und ein enorm Abwasser beziehen. Das heißt, dass wichtiger Faktor für die Lebensqualität der Steirerinnen und Steirer. Dem- man bereits beim Aufdrehen des entsprechend kommt der Sicherstellung der Versorgungssicherheit höchste Wasserhahns daran denken muss, Bedeutung zu. Die Auswirkungen des Klimawandels bringen hierbei neue dass die Kosten für die Reinigung Herausforderungen mit sich, weshalb der Weltwassertag 2020 unter dem des Wassers im Normalfall immer Motto „water and climate change“ steht. Wir haben mit Wasserlandesrat höher sind, als die des verbrauchten Hans Seitinger über die Trinkwasserversorgung in unserem Bundesland Trinkwassers. Daher muss es das Ziel sowie einfache Möglichkeiten für eine nachhaltigere Nutzung gesprochen. sein, bereits im Kindesalter einen nachhaltigen Umgang mit unserem Die grüne Steiermark gilt als „Insel Ressource Wasser umgegangen wertvollen Trinkwasser zu lernen. der Seligen“, wenn es um die Trink- werden. Welche einfachen Einspar- wasserversorgung geht. Worauf ist möglichkeiten gibt es? Dürre und Starkregenereignisse das zurückzuführen? wechseln einander in atemberau- LR Seitinger: Einerseits sind es die bendem Tempo ab. Wie wird unsere LR Seitinger: Die exzellente Trink- technischen Möglichkeiten, die wir Landwirtschaft mit Ihrer „Werkstatt wasserversorgung der Steiermark ist nutzen sollten, auf der anderen Seite unter freiem Himmel“ unterstützt? zunächst auf die einzigartige geolo- ist es schlicht und einfach der gesun- gische Lage unseres Bundeslandes de Hausverstand. LR Seitinger: Nach den extremen zurückzuzuführen. Es sind jedoch die So ist es beispielsweise nicht nach- Dürre- und Frostereignissen der ver- Genossenschaften, Gemeinden und haltig, das Wasser während des Zäh- gangenen Jahre wurde im Jahr 2017 Wasserverbände, die die Versor- neputzens fließen zu lassen. Ebenso der „Masterplan Klimarisikomanage- gungssicherheit – auch in schwieri- wenig nachhaltig ist die Verwendung ment“ mit einem konkreten Maßnah- gen Regionen – Tag für Tag durch ein von Trinkwasser zur Bewässerung menpaket ins Leben gerufen. Dar- professionelles Wassermanagement von Blumenanlagen oder anderen unter fallen die Züchtung besonders sicherstellen. Außengestaltungen. Regenzisternen resistenter Pflanzen, die Errichtung und ähnliche Anlagen wären hierzu gemeinsamer Bewässerungssysteme, Auch wenn in der Steiermark die wesentlich sinnvoller. Oft wird auch die Implementierung umfangreicher Versorgungssicherheit im interna- vergessen, dass die Kosten für einen Versicherungsleistungen und vor tionalen Vergleich enorm hoch ist, Liter Wasser sich nicht nur auf das allem auch ein nachhaltiger Humus- sollte sparsam mit der kostbaren Trinkwasser, sondern auch auf das aufbau unserer Böden. 4
DIE STEIERMARK Mag.a Andrea Gössinger-Wieser Amt der Steiermärkischen IM KLIMAWANDEL STRATEGIEN UND HANDLUNGSOPTIONEN DES LANDES STEIERMARK Landesregierung Abteilung 15 - Fachabteilung Energie und Wohnbau Klimaschutzkoordinatorin 8010 Graz, Landhausgasse 7 „Klimawandel: Hitzewellen werden heißer“, „Steirische Gemeinden rufen T: +43(0)316/877-4861 den Klimanotstand aus“, „Der Steiermark drohen noch heftigere Unwetter“ E: andrea.goessinger-wieser@stmk.gv.at W: www.ich-tus.at oder „Unser Wald ist in Gefahr“ – diese und ähnliche Schlagzeilen waren 2019 in den steirischen Medien zu lesen. Der Klimawandel ist in der Steier- mark angekommen und seine Auswirkungen sind bereits spürbar geworden. D ie Temperaturaufzeich- dern die Erstellung von Klimaszenari- schnell und massiv reduzieren) zu nungen belegen, dass die en für Österreich (ÖKS 15) beauftragt. rechnen haben. globale Erderwärmung – mittlerweile auch als Erderhitzung Die Ergebnisse decken sich mit den Ergebnisse der ÖKS 15 bezeichnet – im letzten Jahrzehnt globalen Trends und geben für die • D ie mittlere Lufttemperatur wird deutlich zugenommen hat. Um zu Steiermark Aufschluss, mit welchen bis Mitte des Jahrhunderts um verstehen, welche Auswirkungen der Klimaänderungen wir in naher 1,4 Grad Celsius bzw. bis zum Klimawandel auf die Steiermark hat, und ferner Zukunft bei einem „Busi- Ende des Jahrhunderts im Mittel hat das Land Steiermark gemeinsam ness-as-usual-Szenario“ (das eintritt, um 4 Grad Celsius zunehmen mit dem Bund und den Bundeslän- wenn wir unsere Emissionen nicht (siehe Abb. 1). Abb. 1: Veränderung der Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts (bei einem Abb. 2: Veränderung des Niederschlags in den Wintermonaten bis zum Ende „Business-as-usual-Szenario“) © ÖKS 15 des Jahrhunderts (bei einem „Business-as-usual-Szenario“) © ÖKS 15 5
• Die Niederschläge werden im und der Hitzetage sowie darauf ba- Steiermark 2030 (KESS 2030) beschlos- Winter um 24 % zunehmen (da sierenden Extremereignissen kommt, sen. Darin wird der strategische Rah- auch die Lufttemperatur zunimmt, müssen daher rasche und wirksame men festgelegt, wie die Steiermark werden diese als Regen fallen), Klimaschutzmaßnahmen getätigt den internationalen und nationalen gleichzeitig werden auch Stark- werden. Denn nur dann werden sich Verpflichtungen in der Energie- und regenereignisse zunehmen (siehe die Treibhausgasemissionen bis 2080 Klimapolitik nachkommen will (Abb. 3). Abb. 2). bei etwa der Hälfte des heutigen • Die Frosttage werden sich bis zum Niveaus einpendeln. Das Pariser Kli- 2019 wurde dieser landesweiten Ende des Jahrhunderts halbieren maabkommen 2015 – das vorgibt die Klima- und Energiestrategie ein Akti- (von 146 auf 73 Tage). Besonders globale Temperaturerhöhung unter 2 onsplan für die Jahre 2019 bis 2021 zur betroffen ist dabei die Obersteier- Grad Celsius (gegenüber dem vorin- Seite gestellt. Insgesamt werden in mark. dustriellen Wert) zu halten – ist daher dieser ersten Dreijahresperiode 109 • Die verbreitete Zunahme von dringend einzuhalten. konkrete Klimaschutzmaßnahmen Hitze- und Sommertagen wird in acht Bereichen zur Umsetzung wiederum sehr stark die Südstei- Klimaschutz in der gebracht. Die Schwerpunkte liegen ermark betreffen. Für die Gemein- Steiermark im Ausbau der erneuerbaren Ener- de Leibnitz z. B. geht man bis zum Der Klimawandel und die Frage gien, im Ausstieg aus der fossilen Ende des Jahrhunderts von einer nach unserer zukünftigen Energie- Energieversorgung, insbesondere Zunahme von +48 Sommertagen versorgung sind daher wichtige im Gebäudebereich, wobei das sowie einer Zunahme von +36 Themen, die auch die Steiermark Land Steiermark hier als Vorbild zu Hitzetagen aus. betreffen. Angesichts des immer platzieren ist, im Ausbau und in der weiter fortschreitenden Klimawan- Stärkung eines kontinuierlichen An- Die Auswirkungen dieser Klima dels ist schnelles Handeln unbedingt gebotes an Bildungsmaßnahmen im änderung in der Steiermark sind notwendig. Die Steiermark hat in Kindergartenbereich, in Schulen und damit nicht mehr nur auf einzelne der Vergangenheit bereits bewie- in der Erwachsenenbildung. lokale Phänomene zu reduzieren, wir sen, dass Klimaschutz und Energie haben es hier mit einer globalen Her- Kernthemen der Politik wie auch Ein wesentliches Schlüsselelement ausforderung zu tun. Auch wenn sich der Verwaltung sind. Die aktuellsten für die Sicherstellung der Umsetzung lokale Effekte deutlich unterscheiden Daten zeigen, dass für die Zukunft dieses Aktionsplans und damit auch können und werden, so wird die glo- dennoch ein hoher Handlungsbedarf für die Erreichung der steirischen bale Erderwärmung direkten Einfluss gegeben ist, um die internationalen Klimaziele ist die jährliche Bericht- auf Mitteleuropa haben. Zielvereinbarungen einhalten zu erstattung an die Steiermärkische Damit das Klima nicht aus dem können. Die Steiermärkische Landes- Landesregierung und den Landtag. Ruder gerät und es nicht zu einem regierung hat daher im November Damit die Maßnahmenumsetzung massiven Anstieg der Temperatur 2017 die Klima- und Energiestrategie rasch eingeleitet werden kann, Mit der steirischen Formel werden die Ziele bis 2030 konkretisiert: Die steirische Formel für eine aktive Klima- und Energiepo- litik in der Steiermark umfasst vier ganz konkrete Ziele: • S enkung der Treibhaus- gasemissionen um 36 % • S teigerung der Energie- effizienz um 30 % • E rhöhung des Anteils erneuerbarer Energie- träger um 40 % • L eistbare Energie und Versorgungssicherheit Abb. 3: Die Kernaussagen der Klima- und Energiestrategie Steiermark 2030 © KESS 2030 6
Abb. 4: Klimaschutz im Alltag: Regional und saisonal einkaufen © Land Steiermark wurde auf Verwaltungsebene zudem (z. B. Raumplanung, Katastrophen- chen aus Politik und Verwaltung und eine engagierte ExpertInnengruppe schutz, Landwirtschaft, Naturschutz, wichtigen MultiplikatorInnen und bestehend aus KollegInnen der be- Wirtschaft, Tourismus, Bildung etc.) in ExpertInnen aus der Land- und Forst- troffenen Abteilungen eingerichtet. welchen insgesamt 97 Umsetzungs- wirtschaft, dem Katastrophenschutz, Obwohl der Aktionsplan erst 2019 maßnahmen zur Anpassung an den der Raumordnung oder beispielswei- beschlossen wurde, wird dieser 2021 Klimawandel ausgearbeitet wurden. se dem Gesundheitsbereich konkrete angepasst, um schnell auf Verän- Mit dieser Strategie wird das Ziel ver- Maßnahmen erarbeitet worden. Die derungen und Entwicklungen im folgt, die Steiermark bestmöglich auf Ideen reichen dabei von Fassaden- Bereich des Klimaschutzes reagieren die zukünftigen klimatischen Verände- begrünungen über Hitzeschutzpläne zu können. rungen anzupassen, um negative Kli- bis hin zu Wassersparmaßnahmen. mawandelfolgen zu vermindern, aber Das Thema bleibt aber nicht nur bei Warum die Anpassung auch mögliche Chancen zu nutzen. diesen Vorreitergemeinden stehen, an den Klimawandel so aktuell wurden zehn weitere Gemein- wichtig ist … Da der Klimawandel zu den größten den in das Programm aufgenommen Mit der Klima- und Energiestrategie Herausforderungen unserer Zeit und zahlreiche steirische Gemeinden 2030 hat das Land eine entscheiden- zählt und dessen Auswirkungen engagieren sich in vom Bund finan- de Richtung vorgegeben, um die Städte und Gemeinden jeder Größe zierten Klimawandelanpassungsregi- Treibhausgasemissionen der Stei- betreffen werden, arbeitet das Land onen (KLAR). ermark massiv einzuschränken und Steiermark nicht nur an Strategien, damit die internationalen Vereinba- sondern beschäftigt sich auch mit Damit Klimaschutz und Klimawan- rungen (wie das Pariser Klimaab- konkreten Umsetzungsprojekten in delanpassung in der Steiermark kommen) einzuhalten. Doch selbst den Gemeinden. gelingen, sind aber nicht nur eine wenn wir von heute auf morgen Klima- und Energiestrategie und einen vollständigen Stopp des Aus- Startschuss dafür gab das EU-Projekt entsprechende Aktionspläne er- stoßes von Treibhausgasen schaffen LIFE LOCAL ADAPT. Im Rahmen forderlich, sondern vielmehr die würden, ist eine weitere Temperatur dieses Gemeindeprojektes werden Unterstützung und Bereitschaft der erhöhung unvermeidbar. Daher ist aktuell fünf steirische Gemeinden steirischen Bevölkerung und Wirt- neben der Umsetzung von wirkungs- klimafit gemacht. Die Projektgemein- schaft, sich daran aktiv zu beteiligen, vollen Klimaschutzmaßnahmen auch den – Mariazell, Deutschlandsberg, unumgänglich. Wie in Abbildung 4 die Anpassung an die unvermeidba- Gleisdorf, Weiz und Hartberg – durch- ersichtlich, bietet die Landesinitiative ren Folgen des Klimawandels nötig. laufen ein sehr intensives Coaching- „Ich tu`s für unsere Zukunft“ (www. Das Land Steiermark hat im Rah- und Umsetzungsprogramm und die ich-tus.at) dafür bereits zahlreiche men eines Beteiligungsprozesses im ersten Erfolge sind bereits abrufbar. Ideen und Möglichkeiten seinen per- Jahr 2015 die „Klimawandelanpas- So wurden in den Gemeinden insge- sönlichen Klimaschutzplan umzuset- sungs-Strategie 2050“ beschlossen. samt 25 Workshops abgehalten. Da- zen. Vom „Wissen zum Tun“ ist daher Darin wurden 13 Bereiche eruiert bei sind mit Gemeindeverantwortli- das angesagte Motto. 7
WATER AND CLIMATE CHANGE KLIMAWANDELFOLGEN UND MASSNAHMENPLANUNG IN DER STEIERMARK DI Johann Wiedner Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt und damit Amt der Steiermärkischen Landesregierung auf die steirische Wasserwirtschaft werden aktuell umfassend diskutiert und Abteilung 14 waren auch in den letzten Jahren schon mehrfach Thema in Ausgaben der Wasserwirtschaft, Ressourcen und Nachhaltigkeit Wasserlandzeitschrift. Zwischenzeitlich zeigen sich mehr und mehr Hand- 8010 Graz, Wartingergasse 43 lungsfelder, auch solche die in der Klima- und Energiestrategie des Lan- T: +43 (0)316/877-2025 des Steiermark 2030 abgebildet sind. Das Motto des Weltwassertages 2020 E: johann.wiedner@stmk.gv.at „water and climate change“ trägt diesen zunehmenden Herausforderungen Rechnung. D ie Auswirkungen des Kli- Das heißt, es braucht Verbesserun- Ein Gegenstand aktueller Forschun- mawandels auf den Was- gen in der Effizienz der Trinkwas- gen ist derzeit auch die Erkundung serhaushalt bringen für alle sernutzung und der Vermeidung und Bewertung der Erwärmung Bereiche der Wasserwirtschaft neue von Wasserverlusten, z. B. infolge des Trinkwassers in Bezug auf die Herausforderungen. von schadhafter Infrastruktur. Qualität. Trinkwasserversorgung Auch gibt es Potential, gesam- Gewässerreinhaltung Für die Trinkwasserversorgung wur- meltes Regenwasser als Nutzwas- Die Erhaltung und Verbesserung de in der Steiermark mit dem Was- ser zu verwenden, um damit ein der Qualität der Fließgewässer er- sernetzwerk Steiermark und dem fortschreitendes, oftmals kostenin- fordert auch in Zukunft eine Weiter- innersteirischen Wasserausgleich tensives Erschließen neuer, hoch- entwicklung in der Abwasserentsor- eine technische Lösung für den Aus- wertiger Trinkwasserressourcen zu gung bzw. Abwasserreinigung. gleich regionaler Ressourcendefizite begrenzen. weitgehend realisiert. Die durch den Klimawandel Die Errichtung, Instandhaltung und erwartete, verstärkt auftretende Sowohl für eine weitere Vernetzung der Betrieb von Trinkwasserversor- Niederwasserführung in Bächen als auch für den Ausbau eines gungsanlagen auf hohem techni- und Flüssen verändert die Verdün- Wasserausgleiches zwischen dem schen Standard ist auch ein Beitrag nungsverhältnisse in den Vorflut- wasserreichen Norden und dem zur Ressourceneffizienz. gewässern mit nachteiligen Folgen wasserarmen Süden gibt es noch auf die Gewässergüte. vergleichsweise einfach umzuset- Zur Sicherung der Ergiebigkeit von zende Projekte bzw. Projektideen. wichtigen Grundwasservorkom- Negative Auswirkungen auf den men werden auch die Möglichkei- chemischen und biologischen Nachdem es zunehmend schwieri- ten der Grundwasseranreicherung Gewässerzustand sind vor allem im ger wird, geeignete Wasser- noch stärker als bisher zu prüfen Süden und Osten bei vergleichs- ressourcen neu zu erschließen, ist und umzusetzen sein (Abb. 1). Und weise schwach wasserführenden es in Zukunft auch notwendig, den letztendlich ist der qualitative, flä- Gewässern möglich. Wasserverbrauch von der Bevölke- chendeckende Grundwasserschutz rungs- und Wirtschaftsentwicklung zur Absicherung der Trinkwasser- In diesen Regionen gibt es darüber zu entkoppeln. versorgung fortzusetzen. hinaus erheblich diffuse Einträge 8
von landwirtschaftlich genutzten serung der Wasserbereitstellung im Widerspruch zu gewässerökologi- Flächen. für eine Trockenbewässerung und schen Zielen (Abb. 2). Frostberegnung. Wasser für Gewerbe, Der Aktionsplan 2019-2021 der Klima- Industrie und Dabei ist der steigende Wasserbe- und Energiestrategie Steiermark Landwirtschaft darf in den vergleichsweise wasser- 2030 sieht als eine Maßnahme die Neben dem Bedarf an Trinkwasser, armen Regionen des Südens und Erstellung bzw. Aktualisierung der der oftmals über öffentliche Wasser- Ostens der Steiermark festzustellen. Potentialkarte zur Beurteilung des versorger gedeckt wird, benötigen Das Projekt „Masterplan Klimarisi- noch nutzbaren Wasserkraftpoten- Gewerbe, Industrie und Landwirt- ko Landwirtschaft“ beschäftigt sich tials vor. Dabei wird von der Erhal- schaft das Wasser auch als Produk- auch mit diesem Thema und es tung geschützter, ökologisch wertvol- tions- bzw. Betriebsmittel. werden aktuell mehrere Pilotprojekte ler Gewässerstrecken ausgegangen realisiert (siehe auch Wasserland- (siehe auch Wasserzeitschrift 1/2014). Die Entnahme für diesen Sektor zeitschrift 1/2019 und Seite 11 der Eine weitere Maßnahme beinhaltet erfolgt dabei sowohl aus Fließgewäs- aktuellen Ausgabe). eine Beratungsaktion zur Revitalisie- sern als auch aus dem Grund- rung von Kleinwasserkraftwerken, wasser. Längere klimawandelbe- Wasser als Energiequelle wobei neben der Hebung des ener- dingte, niederschlagsarme Trocken- Die Gewinnung von CO2-freier Ener- giewirtschaftlichen Potentials auch perioden können das Wasserdar- gie aus Wasserkraft wird als wichti- ökologische Anpassungen berück- gebot einschränken und in weiterer ge Klimaschutzmaßnahme gesehen. sichtigt werden. Folge auch zu Nutzungskonflikten führen. Traditionell ist in der Steiermark Die Nutzungsmöglichkeiten von geo- bereits ein hoher Ausbaugrad an thermischen Tiefengrundwässern Aktuell beschäftigt sich die Land- den Fließgewässern gegeben und soll ebenfalls untersucht und deren wirtschaft intensiv mit der Verbes- es steht ein weiterer Ausbau oftmals Potential erhoben werden. Abb. 1: Grundwasseranreicherung im Wasserwerk Andritz © Holding Graz 9
Abb. 2: Wasser prägt die grüne Steiermark © A14/Land Steiermark Naturgefahr Wasser Folgen für den Wasserhaushalt sind genommen, zum anderen zuneh- Als Folge des Klimawandels wird durch flächige Versiegelungen und mend durch Fakten belegt. einerseits die Zunahme an oftmals rasche Ableitungen in Rohrsystemen Das konkrete Ausmaß der Auswir- kleinräumigen Starkregenereignis- gegeben. kungen ist oftmals nur in Ansätzen sen und andererseits eine generelle erkennbar und die Ableitung von Änderung des Niederschlagsver- In Zukunft ist die Regenwasserbe- unmittelbaren Anpassungsmaßnah- haltens dargestellt. Gerade die wirtschaftung stärker und integra- men mit Unsicherheiten behaftet. Starkregenereignisse bringen neue ler zu planen, umzusetzen und zu Gefahrenpotentiale für Hochwasser, betreiben. In Städten und Ballungs- Die Anpassung der Wasserwirt- aber auch für den Oberflächenab- räumen kann dies den Wunsch nach schaft an die Folgen des Klimawan- fluss. und den Bedarf an „mehr Grün“ dels wird jedenfalls ein langfristiger unterstützen (siehe auch Wasser- und kontinuierlicher Weg sein. So sind in den letzten Jahren die landzeitschrift 2/2019). Schäden durch Hangwasser und Am Beginn dieses Prozesses ist Oberflächenabfluss u.a. durch Resümee und Ausblick jedoch alles positiv zu bewerten, Überlastung von Kanalsystemen Der Klimawandel und seine Aus- das die negativen Eingriffe in den und Überflutungen von Gebäu- wirkungen auf die Wasserwirtschaft Wasserhaushalt reduziert und den deteilen gestiegen. Nachteilige werden zum einen subjektiv wahr- natürlichen Wasserhaushalt stärkt. 10
MASTERPLAN KLIMA- RISIKO LANDWIRTSCHAFT DI (FH) Sabrina VON DER STRATEGIE ZUR MASSNAHME Dreisiebner-Lanz, MSc JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaften mbH LIFE – Institut für Klima, Ausgehend von den Spätfrostereignissen 2016 und 2017 wurde vom Land Energie & Gesellschaft Steiermark das Projekt „Masterplan Klimarisiko Landwirtschaft“ initiiert. Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Ziel des Projektes ist es, in Abstimmung mit allen relevanten Akteuren ein Forschungsgruppe Wetter- und Klimarisikomanagement kosteneffizientes Risikomanagement für Klimarisiken in der Landwirtschaft 8020 Graz, Waagner-Biro-Straße 100 zu schaffen. Der Fokus liegt auf Obst-, Wein- und Gemüsebau. Neben der Er- T: +43(0)316/876-7617 E: sabrina.dreisiebner-lanz@joanneum.at forschung der Zusammenhänge und Anpassungsmaßnahmen ist ein Schwer- W: www.joanneum.at/life punkt die Strategieentwicklung. Das Projekt dient damit auch als Ausgangs- punkt für Folgeaktivitäten und weiterführende Forschungsprojekte. Ziele des „Masterplan pflanzenbaulichen, technologischen, Klimarisiko Landwirtschaft“ marktbasierten und finanziellen An- D er Klimawandel wirkt sich passungsmaßnahmen nötig, um ein Mag. Dr. Franz stark auf die agrarische kosteneffizientes Risikomanagement- Prettenthaler, M. Litt. Direktor des Instituts LIFE – Produktion aus und stellt die system aufzubauen. Das Projekt ist Institut für Klima, Energie & landwirtschaftlichen Betriebe vor als mehrjähriges Phasenprogramm Gesellschaft der JOANNEUM RESEARCH große Herausforderungen. Die Pro- konzipiert. duktion von Obst, Wein und Gemüse Der Schwerpunkt des ersten Jahres ist aufgrund der Kostenstruktur und lag auf der Thematik Spätfrost im Produktionssysteme besonders vul- Bereich Obst- und Weinbau. Ab nerabel gegenüber Wetterextremen. dem zweiten Jahr wurden auch die Für Dauerkulturen kommt hinzu, dass Themen Trockenheit und Extrem- nicht nur Ertrag und Qualität einer wetterereignisse aufgenommen, die Mag. Michael Kernitzkyi Forschungsgruppenleiter der gesamten Vegetationsperiode betrof- inhaltlich starke Überschneidungen Forschungsgruppe Wetter- und fen sind, sondern Auswirkungen auf aufweisen. Parallel dazu erfolgte eine Klimarisikomanagement Folgejahre bestehen. Die verheeren- Strategieentwicklung mit langfristi- den Auswirkungen der Spätfröste gem Planungshorizont. Unter Abstim- in den Jahren 2016 und 2017 auf die mung aller relevanten Akteure in der Apfelproduktion in Österreich ist in Steiermark wird ein entsprechender Abbildung 1 dargestellt. Die Ernte- Masterplan erarbeitet, um der Prob- menge ist in beiden Jahren auf einen lemstellung langfristig zu begegnen. Bruchteil der üblichen Ernte einge- Darin vorgesehen sind zahlreiche Manuel Strohmaier, MSc MSc Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der brochen und etablierte Absatzmärkte Folgeaktivitäten, die durch das Pro- Forschungsgruppe Wetter- und konnten nicht bedient werden. jekt mitinitiiert bzw. begleitet werden, Klimarisikomanagement Zur Erhaltung der landwirtschaftli- aber über das Projekt hinausreichen. chen Produktion besteht daher die Quellen: dringende Notwendigkeit, geeignete Strategieentwicklung (1) BMNT (2017): Biokohle – Anwendung in der Land- und Forstwirtschaft. Fachbeirat für Boden- Anpassungsmaßnahmen umzuset- Zur Entwicklung einer Gesamtstrate- fruchtbarkeit und Bodenschutz im BMNT. https:// zen. Aufgrund der Komplexität der gie wurde ein Zielsystem erstellt, das www.oeaw.ac.at/fileadmin/kommissionen/kioes/ pdf/Publications/Biokohle_2017_final.pdf Problemstellung reicht es jedoch mehrere hierarchische Zielebenen (2) BMASGK (2018): Runderlass Geschäftszahl: BMASGK-75340/0014-IX/B/13/2018; https://www. nicht aus, Einzelmaßnahmen zu umfasst und der Operationalisierung verbrauchergesundheit.gv.at/lebensmittel/rechts- implementieren. Vielmehr ist ein der übergeordneten Ziele und der vorschriften/oesterreich/P11_BMASGK-75340- 0014-IX-B-13-2018_Pflanzenkohle.pdf?6ol4p6 aufeinander abgestimmtes Bündel an Zuordnung der entsprechenden Maß- 11
Prognoseverbesserung Als wesentliche unterstützende Maßnahme zur Bekämpfung von Spätfrostereignissen hat sich die Ver- besserung der regionalen Spätfrost- prognosen gezeigt. Für die landwirt- schaftlichen Betriebe sind hinsichtlich des Spätfrost-Risikomanagements zwei Ebenen zu berücksichtigen, die es parallel weiterzuentwickeln gilt: Die überbetriebliche bzw. regiona- Abb. 1: Apfelproduktion in Österreich von 1975 bis 2018 © Darstellung: JR-LIFE, Quelle: Statistik Austria le und die betriebliche Ebene. Ein wichtiger Punkt in der Prognose ist nahmen dient. Darin eingebunden In weiterer Folge wurden für die spe- die Unterscheidung von Strahlungs- waren die zuständigen Abteilungen zifischen Ziele Maßnahmen für die und Strömungsfrost, da sich die des Landes Steiermark (Abteilung unterschiedlichen Sparten, vorhan- beiden Wetterlagen hinsichtlich der 10 – Land- und Forstwirtschaft, denes Wissen, bestehende Projekte, Gefährdung von Lagen und passen- Abteilung 14 – Wasserwirtschaft, Angebote, Dienstleistungen und der Abwehrmaßnahmen wesentlich Ressourcen und Nachhaltigkeit, offene Fragen identifiziert. Daraus unterscheiden. Für die überbetriebli- Fachabteilung Katastrophenschutz können Verantwortlichkeiten und not- che Fragestellung der Verbesserung und Landesverteidigung) sowie die wendige Tätigkeiten der unterschied- der Spätfrostprognose ist ein koordi- eingerichtete Steuerungsgruppe zum lichen Akteursgruppen abgeleitet niertes Vorgehen entscheidend. Diese Masterplan. Darüber hinaus wurde werden. Folgende Akteursgruppen Thematik wird aktuell durch die eine gemeinsame Gewichtung der werden im Zielsystem berücksichtigt: Fachabteilung Katastrophenschutz operativen Ziele aus unterschiedli- und Landesverteidigung, die ZAMG, chen Gesichtspunkten vorgenommen. • Verwaltung und Interessens- das Wegener Center und JOANNEUM Die Mission sowie die Ebene der vertretung/Unterstützende RESEARCH gemeinsam bearbeitet. spezifischen Ziele sind in Abbildung 2 Infrastruktur dargestellt. Die wirtschaftliche Nach- • Landwirtschaftliche Betriebe der Vernetzung und Koordination haltigkeit wurde als Querschnittsziel Sparten Obst/Wein/Gemüse In regelmäßigen Steuerungsgrup- definiert, welches damit auf alle spezi- • Ausbildung/Beratung pentreffen findet der überinstituti- fischen und operativen Ziele einwirkt • Unternehmen onelle Austausch und die Koordi- bzw. diesen übergeordnet ist. • Wissenschaft und Forschung nation in diesem Themenbereich statt. Dies dient der Abstimmung der unterschiedlichen Aktivitäten, dem Identifizieren von Synergiemöglich- keiten und der Festlegung der wei- teren Vorgehensweise. Diese enge Form der Abstimmung zwischen Interessensvertretungen, Verwaltung, Politik und Wissenschaft/Forschung in diesem Bereich ist ein Novum und hat sich als effektiv und zielführend erwiesen. Kommunikation, Vernetzung und Austausch der Forschungseinrichtun- gen auch über die Steiermark hinaus ist eine weitere wichtige Vorausset- zung für eine zielgerichtete Bearbei- tung der relevanten Forschungsfra- gen. Im Rahmen einer Teilnahme an Abb. 2: Auszug aus dem Zielsystem Masterplan Klimarisiko Landwirtschaft mit Nennung von Mission, Querschnittsziel und den fünf spezifischen Zielen © Darstellung: JR-LIFE der EIP-AGRI Focus Gruppe erfolgt 12
ein internationaler Austausch auf EU-Ebene, um auch von anderen Regionen zu lernen. In den ersten beiden Projektjahren wurden in Summe rund 60 ausführliche Abstim- mungsgespräche geführt. Wissenstransfer zu Praxis und Beratung Um nach den prägenden Spätfrost- ereignissen 2016 und 2017 rasch die bestehende Wissensbasis bezüglich der Spätfrostthematik aufzuarbeiten Abb. 3: Aufnahme des Heizversuches der Fa. OPST mit der Wärmebildkamera aus einer Höhe von 150 m über den Versuchsfeldern während der Anheizphase in einem Vorversuch, links: Frostofen Torf, mittig: und landwirtschaftlichen Betrieben Frostofen Holzbriketts, rechts: Frostkerze Stopgel © Freiwillige Feuerwehr Pöllau, 28.11.2018 eine Unterstützung zu bieten, wur- de im Jahr 2018 eine Tagung zum spezifischen steirischen Bedingungen Versuche befassten sich mit diesen aktuellen Wissensstand der Spät- (Topographie, Sortenspektrum) durch- Fragestellungen, wie z. B. die Fa. frostbekämpfung organisiert. Die geführt, aus denen praxisrelevante OPST Paraffinkerzen mit Frostöfen mit Projekthomepage www.klimarisiko.at Ergebnisse und Empfehlungen ent- unterschiedlichen Brennmaterialien wurde im März 2018 online gestellt. standen. Einige der Ansätze erfordern vergleicht (Abb. 3). Daraus konnten Die Seite wird laufend mit Beiträgen weitere Untersuchungen oder eine praxisrelevante Empfehlungen für die von KooperationspartnerInnen und In- technologische Weiterentwicklung, Anwendung in der Praxis abgeleitet formationen zu Versuchen aktualisiert. andere haben bereits Praxisreife sowie Erkenntnisse für die methodi- Durch die ständige Aktualisierung der erreicht. Im Folgenden werden drei sche Optimierung solcher Versuche Webseite ist sichergestellt, dass allen Fragestellungen, die im Rahmen vom gewonnen werden. interessierten Betrieben die vorhande- Masterplan Klimarisiko bearbeitet nen und erarbeiteten Informationen wurden, angeführt. Austriebsverzögerung von allen beteiligten Institutionen zur im Weinbau Verfügung stehen. Zudem wurden Heizsysteme Die Ergebnisse der Versuche aus dem Disseminationsaktivitäten in Form von Zur Beheizung stehen mehrere Sys- Jahr 2018 (LVZ Haidegg, FS Silber- Publikationen in Fachzeitschriften und teme zur Auswahl, wobei bei allen berg, LK Steiermark; in Kooperation Fachvorträgen gesetzt. Systemen ein relativ hoher Bedarf an mit JOANNEUM RESEARCH) zur Arbeitskräften in der Vorbereitung, Austriebsverzögerung im Weinbau Analysen, Forschungsprojekte Durchführung und Nachbereitung durch Ölapplikationen zeigten, dass und Versuche sowie zusätzlich ein logistischer Auf- die erzielten Verzögerungen 2018 Insbesondere für die Thematik Spät- wand (Lagerung, Transport) anfällt. deutlich unter den Ergebnissen von frost wurden einige spezifische tech- Je nach verwendetem System und früheren Jahren lagen. Es waren klare nische Problemstellungen erkannt: Es verwendeter Materialien ist zudem Sortenunterschiede sichtbar und es waren wenig Erfahrung und kaum mit hohen Kosten für das Brennma- konnte gezeigt werden, dass auch der bewährte Lösungsansätze hinsichtlich terial zu rechnen. Abhängig von den Zeitpunkt der Applikation einen hohen der Abwehrmaßnahmen vorhanden Brennstoffen sind relevante Aus- Einfluss hat. Die austriebsverzögernde und durch die Topographie der Stei- wirkungen auf die Luftqualität, eine Wirkung war stärker, wenn die erste ermark entstehen besondere Voraus- Geruchsbelastung sowie Ruß- und Behandlung mindestens 30 Tage vor setzungen, die sich unter anderem Rauchentwicklung vorhanden. Die Beginn des Knospenaufbruchs der auch auf die Prognosegenauigkeit verwendeten Brennmaterialien sind Kontrolle platziert wurde. Spätere auswirken. Um die technologische entweder fossile Energieträger oder oder einmalige Behandlungen zeigten Weiterentwicklung unterschiedlicher stammen aus erneuerbarer Herkunft. geringere Effekte. Es wurden bei Spätfrostabwehrmaßnahmen und Für die praktische Anwendung sind einigen Sorten Phytotox-Reaktionen Managementmaßnahmen voranzu- Informationen zu Brenndauer, Wir- (kurzfristige Wuchsdepressionen und treiben, wurden von verschiedenen kungsgrad und potentieller Tempera- Verfärbungen) festgestellt, v.a. bei zu Institutionen und Unternehmen turerhöhung im Zusammenhang mit später Applikation. Diese Ergebnisse Praxistests und Feldversuche für die der Aufstelldichte essentiell. Mehrere bestätigen die Notwendigkeit, das Zu- 13
sammenwirken von Wetterbedingun- Laufende Identifikation und ordnete Thema Wassermanagement gen, Rebsorte und Ölbehandlungen Schließen von Forschungslücken zu fokussieren. Die mangelnde Was- weiter zu untersuchen, um die idea- In der bisherigen Projektlaufzeit wur- serverfügbarkeit wurde insbesondere len Applikationszeitpunkte zu finden, den zahlreiche Projekte unterstützt für den Obst- und Gemüsebau als die Wirksamkeit zu optimieren und und Einreichungen vorbereitet und Problem genannt, wobei für den das Risiko für Schäden zu reduzie- durchgeführt. Ein Beispiel dafür ist Gemüsebau auch die Wasserqualität ren. Die Ergebnisse zeigten, dass der das österreichweite EIP-AGRI-Projekt thematisiert wurde. Erosion muss für Austriebszeitpunkt je nach Sorte um „FrostStrat“, welches mit Januar 2020 alle Kulturen, auch für Dauerkulturen, rund eine Woche verzögert werden gestartet ist. Weitere Einreichungen als wichtiges Zukunftsthema betrach- konnte. Aufgrund der hohen Varianz mit unterschiedlichen Zielrichtungen tet werden (Abb. 6). Hinsichtlich der und Wetterabhängigkeit können noch (Spätfrostrisiko, Trockenheit, Extrem- Lösungsansätze sind – neben den keine allgemeinen Praxisempfehlun- wetterereignisse, Pflanzengesund- bekannten und bereits in der Praxis gen abgeleitet werden. heit) wurden bereits vorgenommen, umgesetzten technischen Maßnah- laufen gerade oder sind in Planung. men – auch grundlegende Änder Risikomodellierung ungen im Management und neue Um langfristige Planungsgrundla- Problemstellung Produktionssysteme oder -ansätze zu gen für Betriebe und Politik bereit- Wassermanagement berücksichtigen. zustellen, werden von JOANNEUM Die im Obstbau verbreitete Spätfrost- RESEARCH verschiedene Modellie- bekämpfung durch Frostberegnung Lösungsansätze und rungsansätze in unterschiedlichen ist klar durch die verfügbaren Was- Alternativen Bereichen verfolgt. Ein Beispiel ist serressourcen begrenzt (Abb. 5). Für Es wurde ein Mapping der Lösungs- die Modellierung des Spätfrostrisikos, die betreffenden Regionen zeigte sich ansätze erstellt und im Rahmen einer welche Grundlagen für die mittel- die Notwendigkeit, das bestehende Steuerungsgruppe diskutiert und und langfristige Planung der land- Wassermanagement weiterzuentwi- gewichtet (Abb. 7). Für den Obst- wirtschaftlichen Betriebe liefern kann. ckeln und Wasserbereitstellung für bau liegt ein klarer Schwerpunkt Spätfrostbekämpfung gemeinsam mit auf der Wasserbereitstellung und Die Analyse des Spätfrostrisikos wur- Dürre zu betrachten. Es wurde dazu Bewässerungs-/Beregnungstechnik, de in einem ersten Ansatz anhand eine systematische Problemanalyse da sowohl für die Spätfrostbekämp- eines Frostriskoindexes mit anschlie- erstellt. Diese zeigt aufgrund der fung als auch für die Bewässerung ßender räumlicher Interpolation auf wechselnden Bedingungen in der eine entsprechende Wasserver- eine parzellenscharfe Auflösung Steiermark eine enge Verknüpfung fügbarkeit erforderlich ist. Für den durchgeführt. Abbildung 4 zeigt die mit den Themen Starkniederschläge, Weinbau stehen im Zusammenhang Ergebnisse der Modellierung ex- Oberflächenabfluss, Überschwem- mit Wassermanagement die The- emplarisch für das Raabtal. Mithilfe mungen und Erosion. Aufgrund der men Erosion, Boden als Puffer und dieser Daten können Lageneignun- Zusammenhänge der verschiedenen Wasserspeicher im Vordergrund. Ein gen besser bestimmt werden und Aspekte wird es daher als wichtig er- gemeinsamer Schwerpunkt der Maß- eine darauf abgestimmte Sortenwahl achtet, die Bearbeitung nicht auf Dür- nahmen in Dauerkulturen liegt bei getroffen werden. re, sondern vielmehr auf das überge- Begrünungsstrategien, Bodenana- Abb. 4: Räumliche Darstellung des Frostrisikoindex im Raabtal. Rot = Abb. 5: Frostberegnung ist eine geeignete Spätfrostabwehrmaßnahme für geringes Frostrisiko, Blau = hohes Frostrisiko © Abbildung: JR-LIFE Apfelanlagen © Andreas Basler/Shutterstock.com 14
Abb. 6: Erosion in einer Weingartenjunganlage als Folge von Abb. 7: Mapping von Lösungsansätzen hinsichtlich des Starkniederschlägen © S. Dreisiebner-Lanz/JR-LIFE Wassermanagements © Darstellung: JR-LIFE lytik und Humusaufbau, aber auch hinsichtlich geeigneter Pflanzen- im Masterplan Klimarisiko Landwirt- der landschaftlichen Strukturierung arten, Anwendungsmöglichkeiten schaft Steiermark vorrangig bear- kommt eine wichtige Bedeutung zu. und Skalierbarkeit untersucht wer- beitet. Es geht darum, diese Ansätze Alternative Produktionssysteme und den und damit eine fundierte Basis grundsätzlich sowie hinsichtlich der -verfahren sind insbesondere für den für die Implementierung gelegt Skalierung auf eine professionelle Gemüsebau interessant. werden. Dabei ist einerseits eine Ebene zu überprüfen und Hemmnis- komplette Umsetzung, als auch das se für die Umsetzung in der Praxis zu Eine Best-Practice-Analyse zum Umsetzen von Einzelkomponenten identifizieren und abzubauen – dabei Themenbereich Wassermanagement in Erwägung zu ziehen. ist nicht ausschließlich die technische zeigte erfolgsversprechende interna- • Kulturmaßnahmen, welche Machbarkeit zu nennen. Auch andere tionale Ansätze auf: den Wasserspeicher im Boden Faktoren wie fehlendes Wissen und • Landschaftliche Strukturierun- erhöhen und Wasserverluste Skepsis gegenüber alternativen Pro- gen wie Drainage, Hangkorrektur reduzieren, sind insbesondere duktionsverfahren spielen eine Rolle. oder Terrassierung sind ohnehin Humusaufbau, Verwendung von gängige Praxis bei der Neuan- Pflanzenkohle und Bodenbede- Ausblick lage von Dauerkulturen. Bisher ckung. In Bezug auf die Pflanzen- Das Projekt befindet sich derzeit wurden diese vorwiegend unter kohle sind die Kosten sowie die am Anfang des dritten und letzten dem Gesichtspunkt der Arbeits- gesetzliche Lage zu beachten, Projektjahres. Die Arbeiten konzent- erleichterung (Entfernen von welche je nach Einsatzzweck rieren sich aktuell auf die Detailaus- Querstrukturen, Auflösen von (Düngemittel/Futtermittel) und arbeitung der Strategie und somit Kleinstrukturiertheit) umgesetzt. In Produktionsweise (Ausnahme per die langfristige Basis zur Umsetzung Zukunft sollten andere Ansätze mit Erlass für biologisch wirtschaften- eines dauerhaften landwirtschaft- Ausrichtung auf Wasserretention, de Betriebe unter gewissen Bedin- lichen Risikomanagementsystems. Erosionsschutz und Biodiversität gungen) unterschiedlich ist. Auch wenn bereits umfangreiches stärkere Berücksichtigung finden. neues Wissen generiert wurde, sind • Damit zusammenhängend kann Die genannten ergänzenden oder weiterführende, über das Projekt das Pflanzen von Einzelbäumen, alternativen Methoden adressieren hinausgehende Forschungsarbeiten Baumreihen, Hecken etc. als sinn- die Problemfelder Dürre, Hitze und unerlässlich, um Lösungsansätze volle Maßnahme genannt wer- Extremwetterereignisse, werden weiterzuentwickeln und in eine den, ohne dass gleich gesamte jedoch in keiner Sparte verbreitet ein- Praxisanwendung zu übersetzen. Es Agroforstsysteme errichtet werden gesetzt. Es fehlen fundierte wissen- wurden dazu von den Partnern zahl- müssen. schaftliche und praktische Grundla- reiche Projektideen erarbeitet und in • Alternative Produktionssysteme gen, um den tatsächlichen Nutzen, unterschiedlichen Förderschienen wie Agroforstsysteme und Perma- aber auch den Mehraufwand und die eingereicht. Eine langfristig etablierte kultur sind jedenfalls interessante Nachteile einzuschätzen. Das Thema überinstitutionelle Abstimmung wird Ansatzpunkte mit zahlreichen alternative Produktionsmethoden auch für die Zukunft als essentiell Vorteilen und sollten eingehend und Produktionssysteme wird daher erachtet. 15
DAS THEMENCLUSTER „GRUNDWASSER“ IM ÖAW-PROGRAMM: EARTH SYSTEM SCIENCES – Univ.-Prof. Dr. Steffen Birk WASSER IN GEBIRGSRÄUMEN Universität Graz Institut für Erdwissenschaften, NAWI Graz Geozentrum 8010 Graz, Heinrichstraße 26 Wasserressourcen im Alpenraum sind in besonderem Maße vom Klimawan- T: +43(0)316/380-5583 del und von direkten menschlichen Eingriffen betroffen. Vier von der Öster- E: steffen.birk@uni-graz.at reichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) geförderte, interdisziplinä- re Projekte befassen sich mit möglichen Auswirkungen auf das Boden- und Grundwasser im Hinblick auf damit verbundene Herausforderungen für die Wasserwirtschaft, den Energiesektor und die Landwirtschaft. I m Vergleich zur weltweiten die Aussagekraft im Hinblick auf Durchschnittstemperatur sind die lokale Anpassungsmaßnahmen etwa Lufttemperaturen im Alpenraum im Landwirtschafts- oder Wassersek- Univ.-Prof. Dr. Michael Bahn seit dem ausgehenden 19. Jahrhun- tor oft sehr begrenzt ist (Wilby und Universität Innsbruck Institut für Ökologie dert rund doppelt so stark gestiegen Dessai 2010). 6020 Innsbruck, Sternwartestraße 15 (Auer et al. 2007). Der Alpenraum Aus diesem Grund wird zunehmend T: +43(0)512/507-51630 E: michael.bahn@uibk.ac.at ist damit besonders betroffen vom ein anderer („bottom-up“) Ansatz pro- Klimawandel und seinen Auswirkun- pagiert, bei dem die Analyse der Vul- gen. In Bezug auf den Wasserhaus- nerabilität und Widerstandsfähigkeit halt ist mit einer Zunahme hydro- (Resilienz) des jeweiligen Systems im logischer Extreme wie Dürren und Vordergrund steht und darauf auf- Hochwässern zu rechnen (Senevirat- bauend Anpassungsstrategien unter ne et al. 2012). Im Alpenraum wird Berücksichtigung von Klimaprojekti- ein Rückgang der Sommernieder- onen entwickelt werden (Brown und schläge vor allem in den südlichen Wilby 2012). Vor diesem Hintergrund Dr. Arnulf Schiller Regionen und generell eine Zunah- kann das Programm Earth System Geologische Bundesanstalt me der Winterniederschläge sowie Sciences (ESS) der Österreichischen Fachabteilung Geophysik 1030 Wien, Neulinggasse 38 eine Zunahme der Extremnieder- Akademie der Wissenschaften mit T: +43(0)1/7125674-633 schläge erwartet (Gobiet et al. 2014). seiner Zielsetzung der Erforschung E: arnulf.schiller@geologie.ac.at Um künftige Auswirkungen des Kli- des Systems Erde einen wesentli- mawandels zu beurteilen, wurde und chen Beitrag zu einem verbesserten wird vielfach ein szenarien-basierter Verständnis möglicher Auswirkungen („top-down“) Ansatz verfolgt. Dabei des Klimawandels leisten. werden zunächst Klimamodelle im Im Rahmen der ESS-Ausschreibung globalen Maßstab für mögliche Sze- „Wasser in Gebirgsräumen“ wer- narien künftiger Treibhausgasemissi- den aktuell zwölf Projekte gefördert. onen gerechnet. Auf Grundlage die- All diesen Projekten ist gemein, ser globalen Klimamodelle werden dass die Fragestellungen einer- Univ.-Prof. Dr. Christine Stumpp anschließend regionale Klimapro- seits Disziplinen übergreifend, also Universität für Bodenkultur Wien Institut für Bodenphysik und jektionen erstellt und schließlich interdisziplinär aus dem Blickwinkel landeskulturelle Wasserwirtschaft Auswirkungen des Klimawandels im unterschiedlicher, wissenschaftlicher 1190 Wien, Muthgasse 18 regionalen oder lokalen Maßstab si- Fachgebiete und andererseits unter T: +43(0)1/47654-81501 E: christine.stumpp@boku.ac.at muliert und beurteilt. In jedem Schritt Einbeziehung von Akteuren aus dieser Modellkette nimmt jedoch die der Praxis (Stakeholder), also trans- Unschärfe der Ergebnisse zu, sodass disziplinär, bearbeitet werden. Im 16
vorliegenden Beitrag werden die vier Das Themencluster „Grundwasser“ im Überblick im Themencluster „Grundwasser“ ClimGrassHydro untersucht in einem weltweit einzigartigen Experiment die Aus- zusammengefassten Projekte vorge- wirkungen von Dürreereignissen unter verschiedenen Klimaszenarien auf den stellt. Diese befassen sich mit Frage- Wasserhaushalt und die Produktivität von bewirtschaftetem Grünland. stellungen zu Boden- und Pflanzen- Ziel von RechAUT ist es, Grundwasserneubildungsraten zu bestimmen, deren wasserhaushalt (ClimGrassHydro), zukünftige Änderungen unter Berücksichtigung von Unsicherheiten auf unter- Grundwasserneubildung (RechAUT) schiedlichen Skalen vorherzusagen und daraus resultierende Konsequenzen für die Landnutzung sowie das Wassermanagement für Österreich abzuschätzen. sowie Grundwasservorkommen (In- tegrative Groundwater Assessment Integrative Groundwater Assessment untersucht die Auswirkungen hydrologi- scher Extremereignisse auf den hydrologischen, hydrochemischen und ökologi- sowie Flowcast). schen Zustand von Grundwasserkörpern in den Alpen und deren Vorland, um Indikatoren zu entwickeln, die sich zur Überwachung und Beurteilung von Klima- ClimGrassHydro wandeleffekten auf Grundwassermenge und -güte eignen. Grünland bedeckt ein Drittel der Flowcast entwickelt neue Methoden zur Charakterisierung von Struktur, Kapazi- Landoberfläche und ist ein wichtiges tät und Empfindlichkeit von Karstgrundwasservorkommen. Dies geschieht durch Kombination und neuartige Auswertung von Daten aus Bodenmessungen und Element in Gebirgslandschaften, wo eines neu entwickelten Drohnenflug-Messsystems. es für den Menschen eine wichtige Lebensgrundlage darstellt. Ökohy- drologische Prozesse prägen das Ausmaß, in dem die Produktivität von berg-Gumpenstein (Abb. 1), um genden Prozesse auswirken. Dazu Grünland durch den Klimawandel die individuellen und kombinierten werden modernste isotopenbasierte und insbesondere durch Dürreereig- Auswirkungen von unterschiedli- Methoden eingesetzt und die Ergeb- nisse beeinflusst wird und bestimmen chen Szenarien von Klimaerwär- nisse in prozessbasierten Modellen auch maßgeblich den Bodenwasser- mung, erhöhten atmosphärischen integriert. Dies ermöglicht ein neues haushalt, der gerade in Gebirgsregi- CO2-Konzentrationen und Dürre auf Prozessverständnis des Wasserhaus- onen und für die daraus gespeisten die Ökohydrologie von bewirtschaf- halts von Grünland im Klimawandel Einzugsgebiete eine zentrale Rolle tetem Grünland zu untersuchen. In und seiner Konsequenzen für den spielt. Angesichts des Umstands, dass Zusammenarbeit mit der Universität landwirtschaftlichen Ertrag sowie für der Klimawandel in den Alpen ra- Innsbruck (Institut für Ökologie), die Wasser- und Energiewirtschaft. scher voranschreitet als im globalen der Universität Graz (Institut für Durchschnitt und dass die Häufigkeit Erdwissenschaften), der Universität RechAUT und das Ausmaß von Dürrereignis- für Bodenkultur Wien (Institut für Änderungen des Klimas haben einen sen in den kommenden Jahrzehnten Bodenphysik und landeskulturelle großen Einfluss auf die Verfügbarkeit zunehmen werden, ist das Verständ- Wasserwirtschaft) sowie mit weite- von Bodenwasser und können mög- nis der Ökohydrologie des Grünlands ren nationalen und internationalen liche Folgen für die Wasserversor- im Gebirge von großer Bedeutung. Partnern wird dabei besonders gung und die Landwirtschaft haben. ClimGrassHydro nutzt ein weltweit untersucht, wie sich wiederkehrende Kenntnisse über Grundwasserneu- einzigartiges Freilandexperiment Dürrereignisse unter aktuellen und bildungsraten sind entscheidend für an der Höheren Bundeslehr- und künftigen Klimabedingungen auf die zukünftige Anpassungsmaßnahmen, Forschungsanstalt (HBLFA) Raum- dem Wasserhaushalt zugrundelie- fehlen aber oft aufgrund der Tatsa- Abb. 1: Freilandexperiment mit Infrarotstrahlern zur Beheizung, Begasungsringen zur CO2-Anreicherung, optionalem Regendach sowie Lysimetern zur Erfassung der Wasserhaushaltskomponenten © S. Keiblinger, HBLFA Raumberg-Gumpenstein 17
che, dass man Raten nicht messen eine Modellvorhersage bezüglich der als auch Qualität. Trotz der enormen kann oder dass Vorhersagen aus Grundwasserneubildung und der Bedeutung als wichtigste Wasser- hydrologischen Modellen oft auf damit verbundenen Unsicherheiten ressource wurden Auswirkungen vereinfachten Annahmen bodenhy- zu erhalten. des Klimawandels auf die physika- draulischer Prozesse beruhen. Letz- lisch-chemische Güte und den ökolo- tere sind notwendig aufgrund von Zusätzlich werden am Institut für gischen Zustand von Grundwässern eingeschränkten Rechenkapazitäten, Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung bisher nicht untersucht. Vor diesem Herausforderungen des Hochska- (BOKU) integrative Analysen mithilfe Hintergrund widmet sich das Projekt lierens lokaler Prozesse oder von bio-physikalischer, ökonomischer „Impact of extreme hydrological fehlenden Daten zu bodenhydrauli- Modelle durchgeführt, um Aussagen events on the quantity and quality of schen Eigenschaften. Zusätzlich müs- über den Einfluss von klima- und groundwater in alpine regions – mul- sen wir anhand von Langzeitdaten sozioökonomischen Änderungen auf tiple-index application for an integra- besser verstehen, wie sich Modell die Wasserverfügbarkeit, die Land- tive hydrogeo-ecological assessment“ unsicherheiten auf die Vorhersage nutzung und landwirtschaftliche der Forschungsfrage: Wie reagieren auswirken. Deshalb beschäftigen wir Erträge treffen zu können. Mithilfe Grundwasser(öko)systeme in alpinem uns im Projekt RechAUT mit einer der der Projektergebnisse wollen wir und präalpinem Umfeld auf extreme wichtigsten Herausforderungen zur Gebiete identifizieren, in denen es hydrologische Ereignisse wie Dürren, Abschätzung der Wasserverfügbar- zukünftig aufgrund sinkender Neu- Starkniederschläge und Hochwas- keit: Der Vorhersage von Grundwas- bildungsraten zu Herausforderungen ser in Bezug auf Wassermenge und serneubildungsraten, deren Variabili- in der Wasserverfügbarkeit und zu chemische Beschaffenheit sowie den tät und Unsicherheiten und mögliche möglichen Folgen für die Wasser- ökologischen Zustand? Auswirkungen auf eine nachhaltige versorgung und die Landwirtschaft Wasser- und Landnutzung. kommen kann. Um diese Frage zu beantworten, werden in Zusammenarbeit mit For- Ziel des Projektes ist es, Grund- Integrative Groundwater schungsgruppen aus den Bereichen wasserneubildungsraten zu be- Assessment Hydrogeologie (Institut für Erdwissen- stimmen, deren zukünftige Ände- Grundwasserkörper können auf- schaften, NAWI Graz Geozentrum, rungen unter Berücksichtigung von grund ihrer Speicherwirkung Universität Graz) und Grundwasser- Unsicherheiten vorherzusagen und Hochwässer dämpfen sowie den ökologie (Department für Funktionelle daraus resultierende Konsequen- Basisabfluss von Oberflächengewäs- und Evolutionäre Ökologie, Univer- zen für die Landnutzung sowie das sern in Dürrezeiten aufrechterhalten sität Wien) fünf Gebiete im Murtal Wassermanagement für Österreich und damit die Auswirkungen von untersucht, die alpine und präalpine abzuschätzen. Um dieses Ziel zu hydrologischen Extremen mildern. Bereiche umfassen und sich hinsicht- erreichen, nutzen wir Langzeitdaten Gleichzeitig sind diese Wasservor- lich der hydrogeologischen Gegeben- von 14 Stationen des österreichischen kommen jedoch selbst empfindlich heiten und anthropogenen Einflüsse Programms zum Bodenwassermo- gegenüber hydrologischen Extremen, unterscheiden (Abb. 2). nitoring, welches eine Initiative des sowohl in Bezug auf ihre Quantität Über ein verbessertes, wissenschaftli- Bundesministeriums für Nachhal- tigkeit und Tourismus ist. Mit neuen Methoden zur Modellkalibrierung und -validierung wird das Institut für Bodenphysik und landeskulturelle Wasserwirtschaft (BOKU) für diese Stationen mit bis zu 20-jährigen Datenreihen bodenhydraulische Eigenschaften, Grundwasserneu- bildungsraten und Unsicherheitsbe- reiche der Parameter bestimmen. Lokale Daten und Prozessinformatio- nen gehen in regional hydrologische Modelle des Instituts für Hydrologie Abb. 2: Lage und Abgrenzung der Untersuchungsgebiete für das Projekt „Integrative Groundwater Assess- und Wasserwirtschaft (BOKU) ein, um ment“ © verändert nach Haas und Birk 2017 sowie Birk und Haas 2018. Hintergrund: ESRI World shaded relief 18
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