Weltnachrichten Ke Nako: Zeit für Afrika

Die Seite wird erstellt Helge Bär
 
WEITER LESEN
Weltnachrichten Ke Nako: Zeit für Afrika
Zulassungsnummer: GZ 04Z035691 M
P.b.b. Verlagspostamt 1010 Wien
                                                                                         NR. 2 2010

                                              weltnachrichten
                                   INFORMATIONEN DER ÖSTERREICHISCHEN ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT

                                   Ke Nako:
                                   Zeit für Afrika
Weltnachrichten Ke Nako: Zeit für Afrika
STELLUNGNAHME

    editorial
    Liebe Leserinnen und Leser!
    Mit dem Anpfiff der Fußball-Weltmeisterschaft am
    11. Juni erreicht auch der entwicklungspolitische
    Schwerpunkt „Ke Nako Afrika – Afrika jetzt!“ seinen
    Höhepunkt. Während der Sommermonate bietet
                                                                              Afrika ist mehr
    die Initiative für ein vielfältiges Bild Afrikas in ganz

                                                                                        F
    Österreich ein umfangreiches, buntes Programm.                                          ür vier Wochen wird unser Nachbarkontinent Afrika

                                                               © Hopi-Media
    Ausführliche Hinweise auf Veranstaltungen in Ihrer                                      ein Stück näher an Europa heranrücken: Südafrika ist
    Nähe finden Sie im beigelegten Folder und auf                                           Gastgeberland der Fußball-WM 2010. Der faire
    www.kenako.at.                                                                      sportliche Wettkampf fördert das Miteinander, den
                                                                                        gegenseitigen Austausch und die Motivation. Respekt vor
    Bereits seit April berichtet Radio Ö1 unter dem Titel                               anderen Menschen und Kulturen, Fairness und Toleranz
    „Ke Nako – Afrika jetzt“ in unterschiedlichsten                                     gehen damit Hand in Hand.
    Sendeformaten über wenig bekannte Seiten
    unseres Nachbarkontinents. Auch die Tageszeitung                                    Diese Aspekte sind auch die Basis der Österreichischen
    „Die Presse“ macht in einer mehrteiligen Serie das                          Entwicklungszusammenarbeit. Wir unterstützen unsere Partner-
    „andere“ Afrika zum Thema.                                                  länder dabei, ihren eigenen Entwicklungsweg zu gehen und die
                                                                                Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern.
    Wir freuen uns über das breite Informations- und
    Veranstaltungsangebot zum Afrika-Schwerpunkt,                               Gleichzeitig ist es auch wichtig, in unserem Land Aufgeschlossen-
    der vom VIDC und der Afrika Vernetzungsplattform                            heit gegenüber anderen Kulturen und Ländern zu fördern und
    (AVP) in Kooperation mit der Austrian Development                           jene, die bereits entwicklungspolitisch aktiv sind, in ihrem Engage-
    Agency (ADA) koordiniert wird. Wir hoffen, dass es                          ment zu bestärken. Nur so können Vorurteile und Klischees abge-
    für alle Neues und Überraschendes zu entdecken gibt.                        baut werden.

    Eine interessante Lektüre wünscht                                           Die bevorstehende Fußball-WM ist ein willkommener Anlass,
    Ihre Redaktion                                                              Afrika in Österreich verstärkt zum Thema zu machen. Unter dem
    oeza.info@ada.gv.at                                                         Motto „Ke Nako Afrika – Afrika jetzt!“ startete die Austrian Deve-
                                                                                lopment Agency (ADA), die Agentur der Österreichischen Ent-
                                                                                wicklungszusammenarbeit, gemeinsam mit einer Reihe von öster-
                                                                                reichischen und afrikanischen Organisationen eine großangelegte
     inhalt                                                                     Initiative. Das Programm reicht von Aktionen für Schulen über
                                                                                Medienprojekte bis hin zu Filmen, Musikprogrammen, künstleri-
     ■ THEMA                                                                    schen Interventionen im öffentlichen Raum und entwicklungspo-
     Der Norden muss umdenken                      3                            litischen Veranstaltungen rund um das Thema Fußball. Damit sol-
     Afrika – Darstellung der Extreme              4                            len unbekannte und überraschende Seiten des Kontinents gezeigt
     Alltag Afrika                                 6                            und ein Eindruck von der Geschichte, Kultur, dem Alltagsleben und
     Geschäfte in Frauenhand                       8                            der Politik unseres großen südlichen Nachbarn vermittelt werden.
     Kleine Inseln, große Pläne                    9
     Die Regenbogennation im Wandel               10                            Ein zentraler Bestandteil der Initiative ist eine interaktive Ausstel-
     Mehr als Brunnen bauen                       12                            lung der Austrian Development Agency, die während der Fußball-
     Mbelirka ekitaade – Lernen macht Spaß        13                            WM im Innenhof des Wiener Museumsquartiers zu einer Reise
                                                                                nach Afrika einlädt. Mit Filmen, Fotos, Musik und Literatur wird
     ■ FORUM                                                                    das „andere“ Afrika begreifbar und erlebbar gemacht.
     SichtWeisen                                  14
     Alte Menschen, Sozialarbeit und Ziegen       16                            Ich danke all jenen, die mit ihrem Einsatz zum vielfältigen Pro-
                                                                                gramm des Afrika-Schwerpunkts beitragen, und lade Sie herzlich
     ■ PERSPEKTIVEN                                                             ein, von dem umfangreichen Angebot Gebrauch zu machen! ■
     APPEAR treibt Wissenschaft (vor)an           17

     ■ SERVICE
     Kurznachrichten                              18                                                                    Dr. Michael Spindelegger
     Personalia                                   19                                                           Bundesminister für europäische und
     Impressum                                    20                                                              internationale Angelegenheiten

2     weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at
Weltnachrichten Ke Nako: Zeit für Afrika
© ADA/Elisabeth Schimpfössl
                                                                                                                                                                       THEMA

Der Norden muss umdenken
Für Afrika war die gemeinsame Geschichte mit Europa sehr                                                        genden Ziele des Entwicklungszusammenarbeitsgesetzes
leidvoll. Der Kontinent wurde über Jahrhunderte hinweg                                                          ausgerichtet sein muss: Armutsminderung und soziale Ge-
                                                                                                                rechtigkeit, Erhöhung der menschlichen Sicherheit, Erhal-
nicht nur seiner Reichtümer beraubt. Bis heute wird Afrika –
                                                                                                                tung der Umwelt und Schutz der natürlichen Ressourcen.
leider zu Recht – mit Armut und Abhängigkeit assoziiert.                                                        In Bezug auf Afrika bedeutet das, konkrete Antworten auf
Wenn Entwicklungszusammenarbeit etwas bewirken will,                                                            Fragen der unmittelbaren Existenz- und Überlebenssiche-
müssen die Geberländer umdenken.                                                                                rung zu geben.

                         Ü
                               ber Entwicklungszusammenarbeit wird viel diskutiert,                             Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika bedeutet vor al-
                               und auf beiden Seiten ist Ambivalenz spürbar. Viele                              lem Begegnung, Erfahrungsaustausch, gemeinsames Ler-
                               Stimmen – hier wie dort – befürworten mittlerweile                               nen und verlässliche Partnerschaften, die in erster Linie
                         mit zum Teil sehr guten Argumenten eine totale Reform                                  durch direkte Kontakte und realistische Erwartungen ge-
                         oder sogar völlige Einstellung der üblichen Art von Hilfe. In                          kennzeichnet sind. Erst in zweiter Linie geht es um den
                         den vergangenen Jahren ist ein Prozess in Gang gekom-                                  Transfer finanzieller Mittel. Im Zentrum steht nicht die
                         men, der vielen BeobachterInnen zu denken gibt: Die For-                               scheinbar unendliche Zahl von Problemen, sondern – vor
                         derung nach noch mehr Geld ohne ausreichende Hinweise                                  allem auf lokaler Ebene – die effiziente Nutzung von Po-
                         auf Investitions- und Aktionspläne, kompliziertere büro-                               tenzialen, mehr Zugangs- und Beteiligungsmöglichkeiten
                         kratische Abläufe, die gelegentliche Eitelkeit der Geberver-                           sowie die dauerhafte Klärung der Besitzverhältnisse. All
                         tretungen und die Darstellung vermeintlicher Erfolge ohne                              das ist für nachhaltiges Wachstum entscheidend. Mit dem
                         konkrete Resultate und Fortschritte nähren im Norden wie                               Abbau der noch immer stark zunehmenden sozialen und
                         im Süden zunehmend Zweifel am entwicklungspolitischen                                  regionalen Ungleichheiten sowie der Asymmetrien von
                         „Business as usual“.                                                                   Macht kann am besten Konflikten vorgebeugt und Inte-
                                                                                                                gration gefördert werden.
      Die „Basis“ muss   Konkrete Antworten gefragt
  mitbestimmen, damit    Angesichts der schrumpfenden öffentlichen Haushalte ist                                Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika endet nicht in den
        Entwicklungs-    ein Neubeginn notwendig, der sich stärker an Qualität als                              mondänen Büros der Hauptstädte und schon gar nicht in der
zusammenarbeit wirkt.    an Quantität orientieren und in Österreich auf die grundle-                            zentralen Verwaltung. Sie muss die Ebene der Bezirke und
                                                                                                                Gemeinden erreichen. Genau dort entstehen essenzielle
                                                                                    © ADA/Heidi Liedler-Frank

                                                                                                                Pläne, werden Verantwortlichkeiten wahrgenommen und
                                                                                                                ist Rechenschaft zu leisten. Entwicklung bedeutet keine Ein-
                                                                                                                bahn von oben nach unten, sondern ergibt einen Prozess
                                                                                                                des Wandels, in dem vor allem jene im Mittelpunkt stehen
                                                                                                                müssen, die davon am meisten profitieren sollten.         ■

                                                                                                                                                       Manfred Schnitzer
                                                                                                                        Afrikareferat, Bundesministerium für europäische
                                                                                                                                      und internationale Angelegenheiten

                                                                                                                         weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at             3
Weltnachrichten Ke Nako: Zeit für Afrika
THEMA

      Afrika – Darstellung der Extreme
      Afrika ist hierzulande mit vielen Klischees behaftet. Wieland Schneider von der Tageszeitung „Die Presse“
      sprach darüber mit den InitiatorInnen von „Ke Nako Afrika – Afrika jetzt!“ Alexis Nshimyimana Neuberg,
      Afrika Vernetzungsplattform (AVP), Franz Schmidjell, VIDC, und Heidi Liedler-Frank, Austrian Develop-
      ment Agency (ADA).

                                 Wie sieht das Bild Afrikas in Österreich aus?                   Franz Schmidjell: Man neigt zur Homogenisierung Afrikas.
                                                                                                 Im Norden Angolas wurde Togos Fußballmannschaft über-
                                 Alexis Nshimyimana Neuberg: Afrika ist in fast allen            fallen, die zum African Cup of Nations angereist war. Und so-
                                 Medien präsent, aber meist nur mit Kriegen und Katastro-        fort wurde in Europa die WM infrage gestellt, obwohl diese
                                 phen. Das ist allerdings nur ein sehr geringer Teil des Le-     3.000 Kilometer vom Überfall entfernt in Südafrika stattfin-
                                 bens in Afrika. Dazu kommt die alltägliche kulturelle Über-     det. Wenn es im Kosovo ein Problem gibt, würde deshalb nie
                                 mittlung, auch in der Schule, mit Liedern wie „Zehn kleine      eine Olympiade in London infrage gestellt werden.
                                 Negerlein“. Es entstehen Bilder: der Afrikaner, der Arme,
                                 der Schmarotzer.                                                Wie kann man über Afrika berichten, um dem Kontinent
                                                                                                 gerecht zu werden? Geht es um die richtige Mischung?
                                 Ist das Problem der Berichterstattung eines, das spezifisch     Wir haben etwa in der „Presse am Sonntag“ genauso
                                 Afrika betrifft? Internationale Berichterstattung dreht sich    Reportagen über den Krieg im Kongo gebracht wie über
                                 vor allem um Katastrophen und Konflikte.                        das friedliche Alltagsleben einer Familie in Côte d’Ivoire.

                                 Neuberg: Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten,           Neuberg: Natürlich muss man auch die schlechten Nach-
                                 das ist normal für Medien. Aber bei anderen Kontinenten         richten bringen. Wenn man dabei die Hintergründe be-
                                 wird auch über positive Dinge berichtet.                        leuchtet, wird oft klar, dass wir Afrikaner bei vielen Konflik-
                                                                                                 ten nicht die einzigen Akteure sind, sondern auch westliche
             Wie kann man        Heidi Liedler-Frank: Die Darstellung von Afrika ist eine        Länder involviert sind. Aber man muss auch über das an-
     Vorurteile entkräften?      Darstellung der Extreme. Einerseits zeichnet man ein ro-        dere berichten: etwa dass Afrikas Wirtschaft vier Prozent
            Alexis Neuberg,      mantisch-kitschiges Bild: Natur, Löwen im Sonnenunter-          Wachstum hat.
        Wieland Schneider,       gang. Andererseits zeigt man extrem negative Dinge wie
   Heidi Liedler-Frank und       Krieg. Was mir fehlt, ist „Afrika normal“, der normale Alltag   Inwieweit verfestigten die Hilfe durch Nichtregierungsor-
Franz Schmidjell (v.l.n.r.) im   von Menschen in einem städtischen Umfeld mit guter Aus-         ganisationen (NRO) und die Entwicklungszusammenar-
                  Gespräch.      bildung und einem guten Job.                                    beit das Bild von Afrika als hilfsbedürftigem Kontinent?

                                                                                                 Liedler-Frank: Man verwechselt oft Entwicklungszusam-
                                                                                                 menarbeit mit humanitärer Hilfe. Humanitäre Hilfe bedeu-
                                                                                                 tet: Leute müssen nach einer Katastrophe rasch versorgt
                                                                                                 werden. In Österreich sehen die Menschen Hilfe und Ent-
                                                                                                 wicklungszusammenarbeit noch immer als karitativen An-
                                                                                                 satz. Nach dem Motto: Wir sind die Guten, wir spenden.
                                                                                                 Den NRO ist bewusst, dass sie mit einer Doppelstrategie
                                                                                                 fahren: Auf der einen Seite machen sie Werbekampagnen
                                                                                                 eher mit Mitleidsfotos, auf der anderen Entwicklungspro-
                                                                                                 jekte, bei denen es um längerfristige Prozesse geht.

                                                                                                 Auch die staatliche Entwicklungszusammenarbeit muss
                                                                                                 ihre Projekte verkaufen. Läuft man da nicht Gefahr, in
                                                                                                 dieselbe Falle zu gehen?

                                                                                                 Liedler-Frank: Entwicklungszusammenarbeit hat das Pech,
                                                                                                 von den Bildern her „langweilig“ zu sein. Denn es geht

4       weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at
Weltnachrichten Ke Nako: Zeit für Afrika
THEMA

                                             Franz Schmidjell und Alexis Neuberg sind sich einig:
                                                  Das Bild Afrikas ändert sich, aber nur langsam.

                        nicht um das Abladen von Hilfsgütern, sondern etwa um
                        den Aufbau von Strukturen. Wir bemühen uns, keine Fo-
                        tos armer Menschen zu zeigen, und versuchen, in der
                        Kommunikation auf das Partnerschaftliche zu setzen.

                        Neuberg: Organisationen setzen auf Emotion, um Spen-
                        den zu sammeln. Das ist manchmal nötig. Wenn ich eine
                        Firma in Afrika aufzubauen versuche, bringe ich kein Foto
                        hungriger Menschen. Denn dann würde jeder sagen: Dort
                        kann ich keine Geschäfte machen. Und die Hilfsstrategie
                        sollte doch sein, Menschen zu ermächtigen, nicht mehr auf
                        Hilfe angewiesen zu sein.

                        Schmidjell: Die NRO zeigen mittlerweile erhöhte Sensibi-
                        lität. Es gibt positive Beispiele wie etwa das CARE-Plakat
  Heidi Liedler-Frank   mit der Botschaft: Sie ist eine starke Frau, und für ihre Ar-
 fehlen Berichte über   beit braucht sie unsere Unterstützung. Sie ist nicht mehr
das „normale“ Afrika.   Opfer, sondern handelnde Person.
                                                                                                    © Mirjam Reither (3)

                                                                                                    scher Staatsbürger bist, bist du als Schwarzer immer Aus-
                                                                                                    länder. Ich war einmal bei einem Vorstellungsgespräch. Die
                                                                                                    Leute dort waren schockiert darüber, dass ich Herr Neu-
                                                                                                    berg bin und sie einen Schwarzen eingeladen hatten. Warum
                                                                                                    sieht man in Österreich keine Afrikaner an Bankschaltern? Es
                                                                                                    fehlt hier einfach noch der Mut.

                                                                                                    Beginnt sich etwas am Bild Afrikas und der Afrikanerin-
                                                                                                    nen und Afrikaner zu verändern?

                                                                                                    Schmidjell: Bei jungen, bildungsnahen Gruppen beginnt
                                                                                                    sich etwas zu ändern. Da gibt es Role-Models im Bereich
                                                                                                    des Sports. Schwarze Fußballer sind Identifikationsperso-
                                                                                                    nen. Und das wird nicht auf einer moralischen Ebene ge-
                                                                                                    spielt. Es ist einfach Normalität.

                        Was bedeutet das Afrika-Bild für Afrikanerinnen und                         Neuberg: Es gibt schüchterne Schritte, die zu begrüßen sind.
                        Afrikaner in Österreich?                                                    Wir haben afrikanische Straßenbahn- und Busfahrer, zwei
                                                                                                    schwarze Polizisten. Wir wollen in diesem Jahr – rund um Ke
                        Neuberg: Meine Tochter hat einmal geweint, als wir im                       Nako Afrika – diese Bewegung beschleunigen, indem wir einig
                        Fernsehen einen Film über Afrika gesehen haben. Sie hat                     agieren. Wenn wir mit Politikern diskutierten, wurden wir im-
                        gesagt: „Was? So wurdest du geboren? Dort, wo die Men-                      mer gefragt: Wie viele Afrikaner leben in Österreich, wie viele
                        schen keine Schuhe haben?“ Dann musste ich vieles erklä-                    davon sind wahlberechtigt. Wenn du nicht in der Lage bist zu
                        ren, ihr ein Video von den Großeltern zeigen, damit sie                     sagen, so viele Stimmen habe ich hinter mir, wird es schwierig.
                        sieht, wie unsere Familie wirklich lebt. Dann gehst du auf                  Deshalb bündeln wir Afrikaner jetzt unsere Kräfte auf
                        die Straße, und obwohl du Akademiker und österreichi-                       Bundesebene – in einer Vernetzungsplattform.                 ■

                                                                                                                           weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at   5
Weltnachrichten Ke Nako: Zeit für Afrika
THEMA

                                                                             Alltag
                                                                             Afrika
                                                     Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit
                                                       ist in ihren afrikanischen Schwerpunktländern
                                                         durch Koordinationsbüros vertreten, die von
                                                          der Austrian Development Agency (ADA)
                                                    geführt werden. Diese sorgen für den direkten Dialog
                                               mit den Partnern und den reibungslosen Ablauf der Programme
                                                        und Projekte. Was mögen die BüroleiterInnen
                                                                   an ihrer zweiten Heimat?

                    Burkina Faso                                                     Uganda
                    Büroleitung Ouagadougou:                                         Büroleitung Kampala:
                    Elisabeth Sötz                                                   Walter Ehmeir

                    ■ Ich bin in Burkina Faso, weil sich hier auch mit den relativ   ■ Ich bin in Uganda, weil hier die Arbeit mit den Partnern
                    geringen Mitteln, die der ADA zur Verfügung stehen, kon-         für die Themen und Ziele der Entwicklungszusammenar-
                    krete Verbesserungen für die Menschen erreichen lassen.          beit spannend ist. Zugleich ist die Lebensqualität in Bezug
                    ■ Die größte Herausforderung ist für mich, die Bedürf-           auf Mensch und Natur hoch.
                    nisse und Ansprüche aller beteiligten Akteure (der lokalen       ■ Die größte Herausforderung ist für mich, zwischen den
                    Bevölkerung, regionaler Behörden, nationaler Ministerien         oft unterschiedlichen Welten Österreichs und Ugandas zu
                    und unsere) unter einen Hut zu bringen.                          vermitteln.
                    ■ Burkina Faso ist für mich ein Land, das für Herzlichkeit,      ■ Uganda ist für mich ein Land, das für neue Wege und
                    Hilfsbereitschaft und Lebensfreude steht.                        Versuche in der Entwicklungszusammenarbeit und für den
                    ■ Keinesfalls verzichten möchte ich auf den Teamgeist            Verzehr von Bananen in hoher Zahl und verschiedenster
                    der MitarbeiterInnen in unserem Büro.                            Form steht.
                    ■ Österreich kennt man in Burkina Faso, weil hier schon seit     ■ Keinesfalls verzichten möchte ich auf das internatio-
                    30 Jahren Berufsbildungsprojekte von Österreich finanziert       nale, vielfältige Umfeld und auf Mango, Banane, Papaya
                    werden und es mittlerweile in der Hauptstadt Ouagadou-           und Avocado.
                    gou drei österreichische Restaurants gibt.                       ■ Österreich kennt man in Uganda, weil viel „rot-weiß-
                                                                                     rotes“ Wasser durch Leitungen geflossen ist, weil vom
                     Lokale Währung: 1 CFA Franc = 100 Centimes                      Unterricht noch der Name der einen oder anderen histori-
                     Preisvergleich in Euro                                          schen Persönlichkeit in Erinnerung ist und weil Österreich
                     1 Kilo Brot: 0,20 Euro
                                                                                     ja eigentlich wie Australien ausgesprochen wird.
                     1 Liter Trinkwasser: 0,15 Euro
                     1 Liter Benzin: 0,98 Euro.
                                                                                      Lokale Währung: 1 Uganda-Schilling = 100 Cents
                                                                                      Preisvergleich in Euro
                                                                                      1 Kilo Brot: +/- 0,50 Euro
                                                                                      1 Liter Trinkwasser: 0,0007 Euro an der Trinkwasserausgabestelle
                                                                                      auf dem Land, 0,2 Euro im Supermarkt
                                                                                      1 Liter Benzin: 1 Euro

6   weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at
Weltnachrichten Ke Nako: Zeit für Afrika
THEMA

                                                                Äthiopien
                                                                Büroleitung Addis Abeba: Leo Moll

                                                                ■ Ich bin in Äthiopien, weil mich dieses Land wegen seiner
                                                                alten Kultur, seiner BewohnerInnen und der landschaft-
                                                                lichen Schönheit schon immer fasziniert hat. Die Arbeit ist
                                                                sehr herausfordernd und spannend, aber auch sehr befrie-
                                                                digend.
                                                                ■ Die größte Herausforderung ist für mich, das für die
                                                                Größe des Landes eher bescheidene Budget der ADA so
                                                                einzusetzen, dass dabei der größte Mehrwert für Äthio-
                                                                pien herauskommt.
                                                                ■ Äthiopien ist für mich beispielhaft für den Einfluss von
                                                                Geschichte auf die politische und sozioökonomische Situa-
                                                                tion der Gegenwart. Hier liegt der Schlüssel, um die ak-
                                                                tuelle Situation und die hohe Ambivalenz des Landes ver-
                                                                stehen zu können.
                                                                ■ Keinesfalls verzichten möchte ich auf Dienstreisen in
                                                                unsere Interventionsgebiete. Die Arbeit im Büro muss un-
                                                                bedingt damit verbunden sein, die Situation auf dem Land
                                                                zu verstehen.
Mosambik                                                        ■ Österreich kennt man in Äthiopien vor allem durch den
Büroleitung Maputo: Eva Kohl                                    Maria-Theresien-Taler. In Nord-Gondar und in der Somali-
                                                                Region ist Österreich natürlich auch durch unsere umfas-
■ Ich bin in Mosambik, weil ich hier meinen Beruf in ei-        senden Programme und Projekte präsent.
nem politisch herausfordernden, kulturell vielseitigen und
menschlich fröhlichen Umfeld ausüben kann.                       Lokale Währung: 1 Birr = 100 Cents
■ Die größte Herausforderung ist für mich, die Anliegen          Preisvergleich in Euro
                                                                 1 Kilo Brot: 0,50 Euro
und Mittel der ADA so einzusetzen, dass diese für Mosam-
                                                                 1 Liter Trinkwasser (in Flaschen abgefüllt): 0,33 Euro
bik einen effektiven Mehrwert darstellen, und Österreich         1 Liter Benzin: 0,75 Euro
als verlässlichen Partner zu präsentieren.
■ Mosambik ist für mich ein Land, das nach der Kolonial-
geschichte und dem Bürgerkrieg einen Weg der nationalen
Aussöhnung eingeschlagen hat und Armutsminderung
und Entwicklung in einem demokratischen Umfeld als
oberste politische Ziele verfolgt.
■ Keinesfalls verzichten möchte ich auf das beruflich her-
ausfordernde, kulturell vielfältige und bunte Umfeld, die
Reisen im Land, das Café ums Eck und meine Capulanas,
die Tücher, die in jeder Situation hilfreich sein können: als
Kleidung, für den Transport von Dingen, als Schutz gegen
Kälte und Hitze, zum Tragen von Kindern, als Verpack-
ungsmaterial usw.
■ Österreich kennt man in Mosambik durch die Präsenz
der Entwicklungszusammenarbeit, die Verwechslung mit
Australien, und manche wissen, dass bereits 1777 in der
Bucht von Lourenço Marques (heute Maputo) die österrei-
chische Fahne gehisst und die erste Handelsvertretung unter
österreichischer Krone gegründet wurde.

 Lokale Währung: 1 Metical = 100 Centavos
 Preisvergleich in Euro
 1 Kilo Brot: 0,60 Euro
 1 Liter Trinkwasser (in Flaschen abgefüllt): 0,50 Euro
 1 Liter Benzin: 0,60 Euro

                                                                         weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at            7
Weltnachrichten Ke Nako: Zeit für Afrika
© Oikocredit (2)
THEMA

                  Goretti Kindiki meistert ihr Leben mithilfe von Kleinkrediten und
                                               ist in der Gemeinde sehr angesehen.

                 Geschäfte in
                 Frauenhand
    Goretti und Cise sind Kleinunternehmerinnen in Uganda. Durch harte Arbeit und mithilfe von Mikro-
    krediten haben sie neue Einkommensquellen erschlossen. Damit sichern sie nicht nur das Überleben ihrer
    Familien, auch ihr Selbstbewusstsein und ihre Anerkennung in der Dorfgemeinschaft sind gestiegen.

    A
          ls ich meinen ersten Mikrokredit erhalten habe, hatte                       dem erarbeitete sich Goretti in der Dorfgemeinschaft An-
          ich Angst vor der großen Verantwortung. Jetzt zahle                         erkennung und wurde kürzlich zur Gemeindesekretärin
          ich bereits mein fünftes Darlehen ab. Und ich fühle                         gewählt.
    mich gut dabei!“ Goretti Kindiki lebt in einem kleinen Dorf
    in der Region Kabarole im Westen Ugandas. Weitab von                              Marktlücken nutzen
    der Hauptstadt Kampala nahe der kongolesischen Grenze                             Besondere Kreativität legt Cise Nsingoma an den Tag. Da
    ist es nicht einfach, wirtschaftliche Strukturen und neue                         ihr Ehemann als Fahrer die meiste Zeit im weit entfernten
    Einkommensmöglichkeiten zu schaffen. Schon gar nicht                              Kampala lebt, ist Cise für die Erziehung und Versorgung
    für Frauen wie Goretti, eine allein erziehende Mutter von                         der vier Kinder verantwortlich. Auch sie hat Mikrokredite
    vier Kindern. „Als Goretti das erste Mal zu uns gekommen                          von HOFOKAM genutzt: Ein neuer Regenwassertank si-
    ist, war sie unterernährt, schüchtern und wenig zuversicht-                       chert die Bewässerung ihres Gartens. Solarzellen auf dem
    lich“, erzählt Winfried, ein Mitarbeiter der Mikrokreditor-                       Dach ihres Hauses nutzt sie nicht nur, um Öllampen durch
    ganisation HOFOKAM. „Aber mit jedem Kredit, den wir                               elektrisches Licht zu ersetzen. Sie betreibt damit auch ein
    ihr ausbezahlt haben, erweiterte Goretti ihr Unternehmen                          Geschäft, in dem sie Mobiltelefone auflädt. In Uganda sind
    und wurde zusehends selbstbewusster.“ Von ihrem ersten                            Mobiltelefone weit verbreitet und vor allem in ländlichen
    Darlehen von 140 Euro pachtete sie ein Stück Land, um                             Gegenden sehr gefragt. Die Geräte selbst sind billig, aber
    Gemüse, Bohnen und Bananen anzubauen. Damit sicherte                              vielen fehlt ein Stromanschluss, um die Batterien aufladen zu
    sie die Ernährung ihrer Familie. Den Überschuss verkaufte                         können. Cise nutzt diese Marktlücke und verdient damit
    sie auf dem Markt. Mit weiteren Darlehen vergrößerte Go-                          etwa 4 Euro täglich. Mit Blick auf die Fußball-Weltmeister-
    retti ihren Garten, kaufte zwei Milchkühe und eröffnete                           schaft in Südafrika arbeitet die erfolgreiche Unternehmerin
    eine kleine Bar. Durch die verschiedenen Einkommens-                              an ihrer nächsten Geschäftsidee: Sie möchte einen Fernse-
    quellen fühlt sie sich nun finanziell abgesichert. Ihren Kin-                     her kaufen und ein kleines Kino eröffnen, in dem die sport-
    dern kann sie eine gute Schulbildung ermöglichen. Außer-                          begeisterten Männer der Umgebung die Spiele verfolgen
                                                                                      können.                                                     ■

                                                        Cise Nsingoma spürt                                                       Bernhard Obojes
                                                  Marktlücken auf und wurde                                                      Oikocredit Austria
                                                    so zu einer erfolgreichen
                                                        Kleinunternehmerin.           info
                                                                                       Die Mikrokreditorganisation HOFOKAM ist eine von 25 Part-
                                                                                       nerorganisationen von Oikocredit in Uganda. Oikocredit bietet
                                                                                       auch in Österreich eine Form der Geldanlage, bei der das ver-
                                                                                       anlagte Kapital zur Refinanzierung von insgesamt 543 Mikro-
                                                                                       kreditorganisationen in 70 Ländern weltweit genutzt wird.

                                                                                        www.oikocredit.at

8    weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at
Weltnachrichten Ke Nako: Zeit für Afrika
THEMA

Kleine Inseln, große Pläne
Kap Verde hat es geschafft. Seit 2008 zählen die Inseln vor dem Senegal nicht mehr zur Gruppe der ärmsten
Länder, sondern sehen sich zunehmend als Drehscheibe zwischen Afrika und Europa. Kap Verde will hoch
hinaus und setzt auf Tourismus und Dienstleistungen – trotz der Wirtschaftskrise.

W
      ir sind vor allem hier, weil die EU und Kap Verde ge-                   Verde gerade ein Zentrum für erneuerbare Energien
      meinsame Ziele haben, nicht weil das große Europa                       (ECREEE) für ganz Westafrika aufgebaut. „In der gesam-
      den kleinen Kapverden helfen will“, sagt der Chef                       ten Region könnte Wind- oder Solarenergie gerade dezen-
der EU-Delegation in der Hauptstadt Praia. Europa hat vor                     tral intensiv genutzt werden“, sagt Martin Lugmayr, frühe-
allem strategische und wirtschaftliche Interessen, schließ-                   rer ADA-Mitarbeiter und technischer Berater bei ECREEE,
lich gilt Kap Verde als stabil und möchte sich als Service-                   „denn wenn der Ölpreis so weiter steigt, bleibt kaum Geld
Center für Banken, Versicherungen und das internationale                      für Bildung oder Gesundheit übrig.“
Transportgeschäft etablieren. Drogenhandel und Men-
schenschmuggel sollen draußen bleiben.                                        Tourismusträume
                                                                              Viel Energie wird Kap Verde vor allem brauchen, um seine
Ein Schritt der Annäherung Kap Verdes an Europa, die                          ehrgeizigen Tourismusziele umzusetzen. Sal lockt mit weißen
2007 mit einem speziellen Abkommen besiegelt wurde, ist                       Stränden und starkem Wind für SurferInnen. Derzeit gibt
das neue EU-Visazentrum in Praia. Seit Mitte Mai werden                       es auf der ganzen Insel nur 7.000 Betten, doch Jorge Fi-
moderne Pässe ausgestellt, die auch mehr Reisefreiheit                        gueiredo, der Bürgermeister der Insel, wünscht sich bis zu
bringen werden. Denn die Kontakte in alle Welt sind inten-                    50.000, obwohl die Nachfrage seit zwei bis drei Jahren
siv: Jede Familie hat Verwandte im Ausland, und viele sind                    rückläufig ist. „Tourismus ist unsere einzige Chance, und
auf deren Überweisungen angewiesen.                                           wir wollen mit besserem Marketing noch mehr Reisewillige
                                                                              ansprechen. Außerdem hoffen wir wieder auf günstigere
                                                                              Flugpreise“, so Figueiredo. Doch die Realität im Badeort
                                                                              Santa Maria sieht düster aus. Überall Baugruben und halb-
                                                                              fertige Hotelanlagen inmitten der sensiblen Dünenland-
                                                                              schaft. Die TouristInnen sind geteilter Meinung. Wer sich
                                                                              mit künstlicher All-inclusiv-Atmosphäre zufrieden gibt, ge-
                                                                              nießt Sonne und Meer, wer jedoch die Hotelmauern hinter
                                                                              sich lässt, steht zunächst einmal auf ödem Bauland, auf
                                                                              dem Plakate große Urlaubsträume versprechen.              ■

                                                                                                                    Heidi Liedler-Frank
                                                                              Leiterin Information und Öffentlichkeitsarbeit in der ADA

    Österreich unterstützt das Zentrum für erneuerbare Energien.               www.ecreee.org
    Im Bild: Mahama Kappiah, Direktor, Martin Lugmayr, technischer Berater.    www.caboverde24.com                                         Die Insel Sal hofft auf zahlungskräftige
                                                                                                                                            Investoren und TouristInnen.
Öl macht abhängig
                                                                              © ADA/Heidi Liedler-Frank (2)

Doch die Wirtschaftskrise treibt die Menschen zurück auf
die Inseln, die außer bizarrer Vulkanlandschaft und schö-
nen Stränden wenig zu bieten haben. Was fehlt, ist vor al-
lem Wasser, ein Großteil der Nahrungsmittel muss impor-
tiert werden. Und mit dem Ölpreis steigt die Abhängigkeit.
Schon jetzt fressen die Stromerzeugung und der Betrieb
der Entsalzungsanlagen einen beachtlichen Teil des Staats-
budgets auf. Doch Alternativen sind in Sicht. Bald soll ein
Viertel des Stroms aus vier Windparks kommen. Dazu
leistet auch Österreich, das sich wie viele andere Geber
Schritt für Schritt aus der klassischen Entwicklungszusam-
menarbeit zurückzieht, einen Beitrag. Auch wird auf Kap

                                                                                                              weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at              9
Weltnachrichten Ke Nako: Zeit für Afrika
THEMA

                                Die Regenbogennation im Wandel
                                         Südafrika unternimmt große Anstrengungen, um landesweit die Demokratisierung
                                            voranzutreiben. Doch der gesellschaftliche und politische Wandel braucht Zeit.
                                                         Die Spuren der Apartheidspolitik sind auch heute noch erkennbar.

                                                                                              Lokal agieren leicht(er) gemacht

                              E
                                  in landesweiter Dezentralisierungsprozess, der 1998
                                  begonnen wurde, ermöglicht der Bevölkerung auch in          Das Community Law Centre an der Universität von
                                  der Peripherie Südafrikas politische Mitbestimmung.         Western Cape in Kapstadt bemüht sich um Unterstützung
                              Zwar wird den lokalen Bedürfnissen so besser entsprochen,       und Aufklärung der Lokalregierungen. Das Zentrum ent-
                              ländliche Gemeinden müssen jedoch gut ausgebildetes             wickelt und kommuniziert rechtliche Lösungen und forscht
                              Personal finden, das die moderne und anspruchsvolle Ge-         zu Herausforderungen im Bereich Lokalregierung. Über
         Dezentralisierung    setzgebung auch umsetzen kann. Denn aufgrund der frü-           eine Helpline können Gemeinden Rechtsberatung einho-
     braucht den Austausch    heren Diskriminierungspolitik ist das Bildungsniveau der        len. Seit zehn Jahren informiert das „Local Government
          auf allen Ebenen.   schwarzen Bevölkerungsmehrheit noch immer niedrig.              Bulletin“ vierteljährlich über neueste Erkenntnisse. Bereits
                                                                                              zwei Drittel der südafrikanischen Gemeinden abonnieren
                                                                                              das Informationsblatt.

                                                                                              Seit einiger Zeit forscht das Community Law Centre auch
                                                                                              zu anderen afrikanischen Ländern und unterstützt etwa
                                                                                              die Demokratische Republik Kongo, Uganda und Äthio-
                                                                                              pien in ihren Dezentralisierungsprozessen. Vor einem
                                                                                              Jahr wurde der Lehrgang „Local Government in Africa“
                                                                                              eingerichtet, der nicht nur südafrikanische, sondern auch
                                                                                              Studierende aus anderen Ländern des Kontinents ausbildet.
                                                                                              „Der praxisorientierte Lehrgang hat mir neue Perspekti-
                                                                                              ven und Einsichten in die Möglichkeiten von Institutionen
                                                                                              der Lokalregierung vermittelt, die ich sehr gut in meine
                                                                                     © GEZA

                                                                                              Forschungstätigkeit integrieren kann“, berichtet ein Stu-
                                                                                              dent.

10     weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at
THEMA

Entschädigung erstritten

                                                               © GEZA GmbH
Die sogenannte Betterment-Politik des früheren Apart-
heidregimes verschlechterte die Lage vieler Südafrikane-
rInnen. Unter dem Vorwand besseren Zugangs zu Lohnar-
beit, Schulen und anderer Infrastruktur wurde die
schwarze Bevölkerung innerhalb der räumlich sehr beengten
„Homelands“ zwangsumgesiedelt. Nach dem Ende der
Apartheid forderten die Betroffenen Entschädigungsleis-
tungen für die Enteignungen und die willkürliche Entwur-
zelung. Aufgrund der Rechtssprechung, wonach Restitu-
tion nur infolge rassistischer Diskriminierung gewährt
werden kann, waren diese Forderungen zunächst nicht er-
folgreich. Durch die gut dokumentierte Situation in Cata,
einem Dorf in der Provinz Eastern Cape, wurden schließlich
doch Entschädigungszahlungen gewährt, allerdings unter
der Bedingung, die Hälfte davon in lokale Entwicklung zu
investieren. Daraufhin mobilisierten die EinwohnerInnen
von Cata und der Verein für das Management kommunaler
Ressourcen Geldgeber und starteten einen umfassenden
Entwicklungsprozess.

Seit 2003 schafft das Projekt „Integrierte ländliche Ent-
wicklung in Cata“ neue Einkommensmöglichkeiten und
verbessert die soziale Infrastruktur. Große land- und forst-
wirtschaftliche Pflanzungen wurden durchgeführt. Eine
Dorfbewohnerin schildert, wie sich die Landschaft in und
um Cata in den vergangenen Jahren verändert hat: „Es ist
viel grüner geworden. Durch den Gemüseanbau im Dorf
brauchen wir nicht mehr in die nächstgelegene Stadt zum
Gemüseeinkauf zu fahren.“ Investitionen verbesserten das
Wasserversorgungssystem und das Straßennetz. Cata er-                        Die schwer erkämpfte Entschädigung investiert die Gemeinde Cata in lokale Entwickung.
hielt ein Gemeindehaus, Schulgebäude wurden ausge-
baut. Tourismus soll neue Einnahmen bringen. Angeboten
werden Touren zur Vogelbeobachtung und Kurse in der lo-                                           OEZA mit Südafrika
kalen Sprache isiXhosa. Es gibt Reit- und Wanderwege,
                                                                                                     Südafrika ist seit 1999 ein Partnerland der Österreichischen
zwei Museen und natürlich entsprechende Unterkünfte.                                                 Entwicklungszusammenarbeit (OEZA), wobei bereits vor 1999
                                                                                                     ein Sonderprogramm geführt wurde. In den ersten Jahren wur-
Auch andere von früheren Zwangsumsiedelungen betrof-                                                 den schwerpunktmäßig die Zivilgesellschaft und der Zugang
fene Regionen sollen vom erfolgreichen Beispiel der Ge-                                              benachteiligter Bevölkerungsgruppen zum Rechtssystem un-
                                                                                                     terstützt. Seit 2004 fördert Österreich auch die nationalen De-
meinde Cata profitieren. Die Erfahrungen wurden deshalb                                              zentralisierungsprogramme der südafrikanischen Regierung.
genau dokumentiert und evaluiert, die Resultate Regie-                                               Thematisch konzentriert sich die OEZA auf die Entwicklung der
rungsinstitutionen vorgelegt und veröffentlicht.                                                     Kapazitäten der lokalen Verwaltungen und auf das Empower-
                                                                                                     ment der zivilen Bevölkerung in den ärmsten Provinzen, etwa
                                                                                                     in Eastern Cape. Die Programme werden von der Austrian
Das Community Law Centre der Universität von Western
                                                                                                     Development Agency, der Agentur der Österreichischen Ent-
Cape, der Lehrgang „Local Government in Africa“ sowie                                                wicklungszusammenarbeit, gemeinsam mit österreichischen
das Projekt „Integrierte ländliche Entwicklung in Cata“                                              Organisationen und in Kooperation mit den Provinzregierun-
werden von der Gemeinnützigen Entwicklungszusammen-                                                  gen und Gemeindeverwaltungen umgesetzt.
arbeit GmbH mit Finanzierung der Austrian Development
                                                                                                     Südafrika ist eines der Pilotländer für die Ausarbeitung und
Agency unterstützt.                                   ■                                              Umsetzung einer gemeinsamen Strategie der nationalen Re-
                                                                                                     gierung, der Europäischen Kommission und der EU-Mitglieds-
                   Angelika Maier und Friedarika Santner                                             staaten. Die Strategie wurde unter dem Vorsitz der österreichi-
                                                                                                     schen EU-Präsidentschaft 2006 ausgearbeitet und bildet die
  Projektreferat für Afrika, Gemeinnützige Entwicklungs-
                                                                                                     Grundlage der Zusammenarbeit zwischen Österreich und Süd-
                           zusammenarbeit GmbH (GEZA)                                                afrika. Sie ist mit den regionalen Entwicklungsplänen der Sou-
                                                                                                     thern African Development Community und des New Partner-
                                                                                                     ship for Africa’s Development abgestimmt.
 www.geza.at/

                                                                                                               weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at                11
THEMA

                             Mehr als Brunnen bauen
     Österreich unterstützt Ugandas Regierung dabei, den Großteil der Bevölkerung bis 2015 mit sauberem
     Trinkwasser und Sanitäreinrichtungen zu versorgen. Aus einem Pilotprojekt entwickelte sich ein umfassen-
     des Programm mit lokalen Strukturen und nationalen Finanzierungsmechanismen.

                             T
                                  echnologietransfer aus dem Norden ist ein simpler,        ner Wasserversorgungsanlage bewerben. Voraussetzungen
                                  aber wenig effektiver Lösungsansatz, um im Süden          für eine Förderung sind die Gründung lokaler Wasserkomi-
                                  landesweite Wasserversorgung zu etablieren. Die Be-       tees, der Besitztitel für das für die Infrastruktur und das
                             dingungen sind zu unterschiedlich. Während Österreich          Wasserschutzgebiet erforderliche Land sowie der Bau guter
                             beinahe 1 Milliarde Euro pro Jahr in den Wassersektor in-      Latrinen für jeden Haushalt. Erst wenn diese Bedingungen
                             vestiert, stehen Uganda mit fast vier Mal so vielen Einwoh-    erfüllt sind, kann mit den Bauarbeiten begonnen werden.
                             nerInnen und einem Bevölkerungswachstum von einer              Lokale Theatergruppen vermitteln der Bevölkerung Wissen
                             Million Menschen jährlich nur rund 50 Millionen Euro pro       über den natürlichen Wasserkreislauf und die Bedeutung
                             Jahr zur Verfügung. Der Schlüssel für eine effektive Was-      von Hygiene, sauberem Trinkwasser und der Einbindung
                             serpolitik liegt heute darin, die Partner dazu zu befähigen,   von Frauen in die Entscheidungsstrukturen.
                             Entwicklungsprozesse selbst zu gestalten, eigenständig
                             Ziele zu formulieren und selbst Verantwortung für deren
                             Erreichung zu übernehmen.

                             Vom regionalen Projekt
                             zum nationalen Programm
                             Die wichtigsten Geberländer im ugandischen Wassersek-
                             tor – Dänemark, Schweden und Großbritannien – richteten
                             2003 einen gemeinsamen Fonds zur Kapazitätenentwick-

                                                                                                                                                                     © ADA/Robert Burtscher (2)
                             lung ein, dem Österreich ein Jahr später beitrat. Dieser
                             Fonds forciert die Zusammenarbeit Ugandas und der Ge-
                             berländer, um einheitliche Strategien und Politiken zu for-
                             mulieren und entsprechende Reformen durchzuführen. So
                             konnten auch die österreichischen Erfahrungen mit den
                             Wasserversorgungsprojekten Südwestugandas auf natio-                Im Südwesten Ugandas haben mittlerweile mehr als 300.000 Menschen
                             naler Ebene verankert werden.                                       Zugang zu sauberem Trinkwasser.

                             Über einen Zeitraum von beinahe 15 Jahren wurde auf Pro-       Seit diese Aktivitäten nicht mehr als Einzelprojekt, sondern
        Theater klärt über   jektebene ein Finanzierungs- und Implementierungsme-           über den Fonds finanziert werden, wird der Ansatz auf
             Hygiene und     chanismus für Kleinstädte und Siedlungen entwickelt und        nationaler Ebene intensiv diskutiert. Dies führte zur schritt-
     sauberes Wasser auf.    getestet: Interessierte Kommunen müssen sich für den Bau ei-   weisen Weiterentwicklung und zur Schaffung eines aner-
                                                                                            kannten nationalen Finanzierungsmechanismus. Gegen-
                                                                                            wärtig wird an der institutionellen Verankerung in den ent-
                                                                                            sprechenden nationalen Strukturen gearbeitet.

                                                                                            Erfolgsgeheimnis:
                                                                                            Kompetenz und langer Atem
                                                                                            Die jahrelange Zusammenarbeit mit Uganda zeigt, wie
                                                                                            wichtig es ist, Kompetenz sensibel einzubringen und den
                                                                                            nötigen „langen Atem“ aufzubringen, denn tiefgreifende
                                                                                            Strukturanpassungen brauchen Zeit. Kapazitätenentwick-
                                                                                            lung erfordert ein Miteinander und zwischen der gesamten
                                                                                            Gebergemeinschaft abgestimmtes Vorgehen.               ■

                                                                                                                                          Robert Burtscher
                                                                                                                            Referent für Wasser in der ADA

12    weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at
THEMA

                                                                                                        Mbelirka ekitaade –
                                                                                                        Lernen macht Spaß
© ADA/Jean-Martin Coulibaly

                                                                                                        Unterricht in der Muttersprache ist in vielen Ländern
                                                                                                        selbstverständlich. In Burkina Faso hält dieses Prinzip erst
                                                                                                        langsam Einzug in das Bildungswesen. Dadurch sollen
                                                                                                        mehr Kinder und Jugendliche eine Grundschul- oder
                                                                                                        Berufsbildung abschließen.
                               In Burkina Faso werden viele Sprachen gesprochen, in der Muttersprache
                               lernt es sich leichter.

                              60
                                       Prozent der Bevölkerung Burkina Fasos sind jün-                  nen die Kinder mit ihren Eltern darüber sprechen, was sie in
                                       ger als 20 Jahre. Die Hälfte aller Kinder besucht                der Schule machen. Zum Beispiel haben Eltern von ihren
                                       eine Primarschule, nur etwa 40 Prozent schließen                 Kindern gelernt, wie sie Komposthaufen anlegen, um die
                              diese auch erfolgreich ab. 2008 befanden sich mehr als                    Felder organisch zu düngen. Das ist nur ein Mosaikstein-
                              300.000 Kinder und Jugendliche außerhalb des formalen                     chen, steigert jedoch sichtbar den Ertrag. Die Kinder haben
                              Schulsystems. Für arme Familien ist der Schulbesuch eine                  nur deshalb das nötige Selbstvertrauen, die Eltern von
                              Geldfrage, nicht nur wegen der direkten Kosten, sondern                   ‚neuen Dingen‘ zu überzeugen, weil sie in ihrer eigenen
                              auch wegen des Verlusts einer Arbeitskraft. Darüber hin-                  Sprache lernen“, berichtet ein Lehrer aus einem Grundbil-
                              aus sind die Lehrinhalte und die Qualität des Unterrichts                 dungszentrum in der Sahel-Region.
                              meist bescheiden. Die Unterrichtssprache ist vorwiegend
                              Französisch, was die meisten Kinder jedoch weder verste-
                              hen noch sprechen. Das Wiederholen der Klasse und der                     Afrikanisches Wissen vermitteln
                              Schulabbruch sind dann nicht mehr weit.                                   Um die Stärkung der Identität geht es auch in den Unter-
                                                                                                        richtsmaterialien und der LehrerInnenfortbildung. So han-
                              Muttersprache schafft Identität                                           deln die Geschichten in den Schulbüchern nicht vom Alltag
                              Hier setzt das Programm EFORD an, das neben Österreich                    in europäischen Großstädten, sondern stammen aus dem
                              von Dänemark und der Schweiz unterstützt wird. In Zu-                     soziokulturellen Umfeld der SchülerInnen. Afrikanische
                              sammenarbeit mit dem burkinischen Grundbildungsminis-                     Geschichte und Kultur stehen im Zentrum. Die Dorfge-
                              terium, das die Grundstücke und das Lehrpersonal zur Ver-                 meinschaften tragen durch Märchen und ihre Traditionen
                              fügung stellt, werden in entlegenen und besonders be-                     zu den Lehrinhalten bei. In einer eigenen Sprachakademie
                              nachteiligten Provinzen Zentren für nachholende Grund-                    wird die Verschriftlichung der neuen Unterrichtssprachen
                              bildung und lokal angepasste Berufsbildung aufgebaut                      gepflegt.                                               ■
                              und betrieben. Kernstück des Programms ist der Unterricht
                              in den jeweiligen Muttersprachen. Nach Jahrzehnten kolo-                                                              Elisabeth Förg
                              nialer Schulen stehen wieder die eigene Kultur und Iden-                        Referentin für Bildung und Wissenschaft in der ADA
                              tität im Vordergrund. Für die Erstellung der Lehrpläne und                                                   Jean-Martin Coulibaly
                              Unterrichtsmaterialien wurden sechs der 60 in Burkina                                            Sektorreferent für Berufsbildung im
                              Faso gesprochenen Sprachen ausgewählt, Französisch                                                 Koordinationsbüro Ouagadougou
                              wird als Zweitsprache gelehrt.

                              In der eigenen Sprache lernen die Kinder leichter und
                              schneller, sie können das Gelernte besser verarbeiten und
                              anwenden. Die Dorfgemeinschaften erkennen den Nutzen                      info
                              des Schulbesuchs und haben dadurch wieder Vertrauen in
                                                                                                         Mbelirka ekitaade
                              die Schulen als Orte der Vermittlung von Wissen, Fähigkei-                 ist Fulfulde, eine der sechs Nationalsprachen, die für den muttersprachlichen
                              ten und Werten. Sie organisieren die Schulkantine und                      Unterricht ausgewählt wurde, und bedeutet „Lernen macht Spaß“.
                              kleine Einkommen schaffende Aktivitäten. „Erstmals kön-

                                                                                                                                         weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at          13
FORUM

                                                        Sicht Weisen
                                                                                                „Uns ging und geht es darum, bestehende
                                                                                                Vor-Urteile und dadurch entstehende
                                                                                                Sichtweisen zu hinterfragen. Bei unseren
                                                                                                Fotografien wählten wir vielfältige
                                                                                                Perspektiven, die unsere persönlichen
                                                                                                Betrachtungsweisen zeigen und neue,
                                                                                                möglichst andere Blickwinkel vermitteln
                                                                                                sollen“, so das Resümee von drei SchülerIn-
     „ ... allein der Standpunkt,                                                               nen der „Graphischen“ in Wien über ihre
                                                                                                Reise nach Burkina Faso.
      von dem wir bei unserem
           Urteil ausgehen, muss
                                                                                                O
                                                                                                      ffenheit, Gemeinschaft, Gegensätze, Dankbarkeit,
                                                                                                      Freiheit, Regen, Wertschätzung, Familie, Hoffnung,
      anders gewählt werden“.                                                                         Verständnis, Realität, Stärke ... das und noch viel mehr
                                                                                                ist für uns Burkina Faso.
                  Dieses Zitat der Collagekünstlerin Hannah Höch (1889–1978)
            aus „Aller Anfang ist DADA“ entspricht unserer Herangehensweise.                    Schon bei der Suche nach einer geeigneten Projektidee
                                                                                                stand für uns die Frage nach dem Sinn und der Sinnhaftig-
                                                                                                keit im Mittelpunkt. Das gemeinsame Interesse an Repor-
                                                                               © Ismaël Sanou

                                                                                                tagefotografie, am Reisen und Kennenlernen anderer Kul-
                                                                                                turen und Menschen ließ uns rasch zu einer kleinen
                                                                                                Gruppe werden. Durch bereits bestehende Kontakte nach
                                                                                                Burkina Faso beschlossen wir schließlich, eine fotografische
                                                                                                Arbeit über dieses Land zu gestalten.

                                                                                                Tiefe Eindrücke ...
                                                                                                Während unseres dreiwöchigen Aufenthaltes lernten wir
                                                                                                viele unterschiedliche Seiten des westafrikanischen Staates
                                                                                                kennen. Von der Hauptstadt Ouagadougou ging es zu-
                                                                                                nächst in den Norden, wo wir kleine Dörfer, den erst vor
                                                                                                Kurzem fertiggestellten Staudamm in Tolo und die Baum-
                                                                                                schule in Magarougov besuchten. Die Bäuerinnen und Bau-
                                                                                                ern in Loundogo zeigten uns, wie man mithilfe einer

                                                                                                Andere Sichtweisen, fotografiert von Katharina Merhaut
                                                                                                und Thomas Kronberger.

14   weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at
© Thomas Kronberger
                                                                                                                                                                  FORUM

                      Betender Mann in einer Moschee in Bobo .

Schlauchwaage das Land vermisst, um Steinwälle anzule-           los existieren, tatsächlich aber nur einen kleinen und völlig überbeanspruchten Teil
gen, die verhindern, dass während der Regenzeit der              der vorhandenen Vielfalt widerspiegeln.
fruchtbare Boden weggeschwemmt wird. Im Süden fuhren
wir mit dem Moped durch den unglaublich chaotischen              Für uns war diese Reise in vielerlei Hinsicht prägend, und wir sind dankbar für all
Straßenverkehr Bobos, der zweitgrößten Stadt Burkina Fa-         diese tollen Erlebnisse, Erfahrungen und Begegnungen.                           ■
sos – ein aufregendes Erlebnis!

Erst im Lauf unserer Reise lernten wir damit umzugehen,                                                                Katharina Merhaut und Thomas Kronberger,
wie Burkinabé auf EuropäerInnen reagieren. Es passierte                                                                                      Abteilung Fotografie
nicht selten, dass sie mit dem Finger auf uns zeigten und                                                                   Ismaël Sanou, Abteilung Grafikdesign,
laut „Twabu“ oder „Nasara“ schrien, was so viel bedeutet                                              Höhere Graphische Bundes Lehr- und Versuchsanstalt, Wien 14
wie „Weiße“.
                                                                 © Katharina Merhaut

Tief in Erinnerung geblieben ist uns das Reisen mit dem
Pick-Up. Auf der offenen Ladefläche zu sitzen, gab uns ein
Gefühl absoluter Freiheit.

Wir sind froh, dass wir für uns persönlich viele der vorherr-
schenden Klischees über Afrika widerlegen konnten. So
gibt es zwar Armut, aber diese dominiert den Alltag nicht in
dem Ausmaß, wie viele annehmen. Wie überall sind natürlich
auch die EinwohnerInnen Burkina Fasos unterschiedlich,
generell lernten wir sie jedoch als sehr gastfreundliche, gut-
mütige und ruhige Menschen kennen, die uns in ihrer Art,
mit dem Leben umzugehen, tief beeindruckten.

... und intensive Begegnungen
„Es ist nicht einfach, aber es geht schon“ ist ein Ausspruch,
den wir häufig hörten und der sehr gut die Einstellung der
Burkinabés zum Leben beschreibt. Bei unserer Reise quer
durch das Land gab es Begegnungen unterschiedlichster
Art. Die Dankbarkeit der Menschen und Geschenke wie le-
bende Hühner oder Lebensmittel überforderten uns je-
doch manchmal.

Anfangs fiel es uns schwer zu fotografieren. Wir hatten
Angst, den Leuten das Gefühl zu geben, ihnen mit unseren
Fotografien etwas wegzunehmen. Doch ihre Offenheit
zerstreute unsere Bedenken schnell. Wir wurden in unserer                              Frauenbild, entstanden in Banfora.
Meinung bestätigt, dass einige Klischees zwar nicht grund-

                                                                                                                            weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at   15
FORUM

                                                                                   Alte Menschen,
                                                                                   Sozialarbeit
      Nicht Geld, sondern Ziegen sichern Einkommen und Ernährung.
                                                                    © FH Kärnten
                                                                                   und Ziegen
       Es begann mit einer Studien- und Begegnungsreise nach Uganda und Tansania sowie mit
     Einblicken in konkrete Sozial- und Entwicklungsprojekte mit alten Menschen. Seit 2006 hat
         der Studienbereich Soziales der Fachhochschule Kärnten einen Afrika-Schwerpunkt und
                 eine Kooperation mit dem Institut für Sozialarbeit in Dar es Salaam in Tansania.

     E
          ine wichtige Komponente der Hochschulpartnerschaft                       Bei einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der tansa-
          ist der Austausch von Studierenden und Lehrenden.                        nischen Partnerhochschule wurden Fragen der sozialen
          Bis heute haben etwa 40 österreichische StudentInnen                     Sicherheit alter Menschen im Stadt-Land-Vergleich unter-
     ein Sozialpraktikum oder ein Semester an der Partnerhoch-                     sucht. Auf Basis der Ergebnisse wird seit vergangenem Jahr
     schule in Tansania absolviert. Auch tansanische Studie-                       im Süden Tansanias ein ländliches Entwicklungsprojekt
     rende sind eingeladen, nach Österreich zu kommen. Meist                       umgesetzt: Alte Menschen erhalten einen Kredit in Form
     scheitert es jedoch an den finanziellen Mitteln. Bisher ha-                   von Ziegen, die Einkommen und Ernährung sichern. Durch
     ben nur zwei Studentinnen ein Praktikum in Kärnten absol-                     das Rückgabeprinzip von Jungtieren profitiert die gesamte
     viert. Allerdings trägt eine Gastlektorin aus Tansania seit                   Gemeinschaft. Das Projekt wird vom Kärntner Verein Afri-
     mehreren Jahren fix zum Curriculum bei. Dadurch bietet                        Carinthia in Kooperation mit einer lokalen Altenhilfeorga-
     sich die Gelegenheit, soziale Probleme und Herausforde-                       nisation umgesetzt und durch die Kärntner Landesregie-
     rungen sozialer Arbeit sowohl aus europäischer als auch                       rung und Spenden finanziert.
     afrikanischer Perspektive kennenzulernen.
                                                                                   Partnerschaft für
     Altersforschung in Afrika                                                     Wissenschaft und Bildung
     Das Berufsfeld Soziale Arbeit wird in Tansania als „adoptier-                 Seit 2009 gibt es im Studienbereich Soziales der Fachhoch-
     tes Kind“ bezeichnet. Nach wie vor dominieren westliche                       schule Kärnten das „Büro für Wissenschafts- und Bildungs-
     Wissenschaftstheorien und Handlungsmodelle die gelehrten                      kooperation mit Afrika“, das die vielfältigen Aktivitäten
     Konzepte und Methoden. Zentrale Herausforderung ist da-                       auch institutionell verankert. Die Koordinierungsstelle
     her, Formen der Bewältigung sozialer Probleme zu entwer-                      strebt mit weiteren Hochschulen in Uganda, Kenia, Ru-
     fen, die sowohl in der eigenen Kultur verankert als auch auf                  anda und Tansania ein Partnerschaftsprogramm an. Dabei
     die sozioökonomische Armutsdimension abgestimmt sind.                         geht es um die Erforschung der Strukturen und die Rah-
                                                                                   menbedingungen sozialer Arbeit in Ostafrika sowie um
     In Afrika ist in den kommenden Jahrzehnten mit einer dra-                     Curriculumsentwicklung und regionale Netzwerkbildung.
     matischen Zunahme der Altenpopulation zu rechnen.                             Auf diese Weise werden Nord-Süd- um Süd-Süd-Koopera-
     Doch weder die politischen Entscheidungsträger noch die                       tionen erweitert.                                       ■
     Akteure der internationalen Entwicklungszusammenarbeit
     reagieren entsprechend darauf. Alte Menschen haben ei-                                                                   Helmut Spitzer
     nen schweren Stand. Ohne formales Pensionssystem sind                            Professor für Soziale Arbeit im Studienbereich Soziales
     sie auf alternative Überlebensstrategien angewiesen. Darü-                                   der Fachhochschule Kärnten in Feldkirchen
     ber hinaus finden sich immer mehr alte Menschen in der
     Rolle des Familienerhalters wieder, wenn etwa die Eltern-
     generation an AIDS gestorben ist und die Kinder als Wai-                       http://www.kef-online.at/images/stories/downloads/
     sen zurückgeblieben sind und versorgt werden müssen.                            Projektberichte/p163_endbericht_tansania.pdf

16    weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at
PERSPEKTIVEN

APPEAR treibt Wissenschaft (vor)an
Stipendienprogramme fördern die Internationalisierung und Mobilität in der Wissenschaft und spielen eine
immer wichtigere Rolle im Wettbewerb um die „klügsten Köpfe“. Sie haben jedoch nur einen geringen
entwicklungspolitischen Effekt. Das Hochschulkooperationsprogramm APPEAR geht einen Schritt weiter.

                          D
                                ie Ergebnisse der Evaluierung des Bildungssektors der                         Die geförderten Hochschulpartnerschaften werden an den
                                Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit hat-                              beteiligten Universitäten maßgeblich zur Steigerung der Qua-
                                ten Konsequenzen. Die 2009 erarbeitete Strategie                              lität von Lehre und Forschung beitragen, das Management
                           „Hochschulbildung und Wissenschaftskooperation“ zielt                              und die Verwaltung effektiver machen und den wissenschaft-
                           darauf ab, die entwicklungspolitische Wirkung im Bil-                              lichen Dialog national und international forcieren. Die thema-
                           dungsbereich zu stärken. In Zukunft soll es daher weniger                          tischen Schwerpunkte des Programms sind Wasserversor-
                           Individualförderung in Form von Stipendien, dafür aber in-                         gung, ländliche Entwicklung, Energie, die Förderung des Pri-
                           tensivierte Maßnahmen zur Stärkung der entsprechenden                              vatsektors, gute Regierungsführung und Menschenrechte,
                           Kapazitäten in den Partnerländern geben. In einer Aus-                             Bildung, Gender, Armutsminderung, die Erhaltung der Um-
                           schreibung gewann ein Konsortium aus Österreichischem                              welt und der Schutz der natürlichen Ressourcen sowie Frie-
                           Austauschdienst und Lateinamerika-Institut den Auftrag                             denssicherung und Konfliktprävention. Außerdem sollen in
                           für die konkrete Umsetzung der Strategie.                                          den Partnerländern die wirtschafts- und sozialwissenschaft-
                                                                                                              lichen Kompetenzen, die zur Umsetzung der nationalen Ar-
                           Forschungspartner für Entwicklungsländer                                           mutsminderungsstrategien erforderlich sind, gestärkt werden.
                           Das neue Austrian Partnership Programme in Higher Edu-
                           cation and Research for Development – APPEAR – wurde                               Alle österreichischen Universitäten und Fachhochschulen
                           im März in Österreich und einigen Partnerländern vorge-                            sind eingeladen, sich gemeinsam mit wissenschaftlichen
                           stellt. Es besteht aus zwei Komponenten: Einerseits werden                         Einrichtungen und Hochschulen in Äthiopien, Uganda, Ke-
                           Hochschulpartnerschaften und zu einem geringeren Teil                              nia, Mosambik, Kap Verde, Burkina Faso, Senegal, Nicara-
                           weiterhin Master/PhD-Studien gefördert. Andererseits                               gua, El Salvador, Guatemala, Nepal, Bhutan und den Paläs-
                           unterstützt das Programm die Entwicklung von wissen-                               tinensischen Gebieten an APPEAR zu beteiligen und
                           schaftlichen und organisatorischen Kapazitäten in Institu-                         entwicklungspolitische Fragestellungen sowie Forschung
                           tionen von Partnerländern. Die teilweise Übernahme des                             für Entwicklung an den Institutionen auszubauen. Im Zen-
                           traditionsreichen Limnologiekurses durch die Universität                           trum der künftigen Kooperationen stehen Partnerschaft
                           Egerton in Kenia und das kosovarisch-österreichische Part-                         und Respekt vor unterschiedlichen kulturellen Kontexten
                           nerschaftsprogramm zur Weiterentwicklung des Hoch-                                 und Wissensansätzen. Gefragt ist, was für die Partner im
                           schulsektors verfolgen bereits die Prinzipien von APPEAR.                          Süden von Relevanz ist.                            ■ red

Hubert Dürrstein, OeAD, Brigitte Öppinger-Walchshofer, ADA, Stefanie Reinberg, LAI, und Francis Matambalya,
                          Universität Dar es Salaam, stellten im März das neue Förderprogramm APPEAR vor.      www.appear.at
                                                                                                                                                                          © OeAD GmbH

                                                                                                                       weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at                        17
SERVICE

                     Nepal:
                     Alpinzentrum
                     für Sherpas
                    M
                           ehr als 60.000 BergsteigerInnen, TrekkerInnen und
                           TourbegleiterInnen besuchen jährlich den Mount
                           Everest Nationalpark. Rund um den Park, in dem
                     strenge Umweltstandards gelten, gibt es eine weitläufige
                     Pufferzone. Dort dürfen die rund 5.500 BewohnerInnen
                     der Region, meist Angehörige der Volksgruppe der Sher-
                     pas, unter Einhaltung von Umweltschutzbestimmungen
                     die Wälder und Weiden bewirtschaften.

                     Damit diese Rücksichtnahme auf die Umwelt in den Köp-
                     fen der gesamten Bevölkerung verankert wird, führt das
                     Pufferzonen-Management in allen Dörfern Schulungen
                     durch und entwirft gemeinsam mit den Dorfgemeinschaften
                     Entwicklungspläne. Seit Oktober 2009 steht dafür mit dem
                     „Khumbu Mountain Centre“ ein Alpinzentrum zur Verfü-
                                                                                                          Mosambik:
                     gung, eine Koordinationsstelle für das ganze Gebiet.

                     Das in lokaler Bauweise errichtete Gebäude werden Ein-
                                                                                                          Als Kleiner
                     heimische als Kultur- und Bildungszentrum betreiben.
                     Durch Ausstellungen und Aufführungen soll die Sherpa-
                     Kultur gepflegt werden, und TouristInnen können sich auf
                                                                                                          unter Großen
                     die höchsten Berge der Welt vorbereiten.

                                                                                                          Ö
                                                                                                               sterreich wurde in Mosambik gemeinsam mit der
                     Wie beim Wasserkraftwerk in Thame und den Dorfent-                                        Schweiz in der Gruppe der kleinen Geber als „Best
                     wicklungsprogrammen in der Region war EcoHimal mit                                        Performer“ 2009 ausgezeichnet. Ein Beweis für die
                     lokalen Partnern für die Umsetzung verantwortlich. ■                                 qualitativ hochwertige Arbeit der Austrian Development
                                                                                                          Agency, der Agentur der Österreichischen Entwicklungszu-
                                                                                                          sammenarbeit. Die Bewertung der Performance der Geber
                      www.ecohimal.org                                                                   genereller Budgethilfe an Mosambik findet jährlich statt.

                                                                                                          Mosambik ist seit 2008 ein Pilotland der Österreichischen
                         Das neue Khumbu Mountain Centre im Mount Everest Nationalpark ist                Entwicklungszusammenarbeit für die Gewährung generel-
                         Kultur- und Bildungsstätte.                                                      ler Budgethilfe. Dabei fließen die Finanzmittel direkt in das
                                                                                                          mosambikanische Staatsbudget. Die Aktivitäten werden
                                                                                                          begleitet und jährlich bewertet. Beurteilt werden sowohl
                                                                                                          die Leistungen der mosambikanischen Regierung als auch
                                                                                                          die Performance der 19 Geber sowie zweier assoziierter
                                                                                                          Mitglieder.

                                                                                                          Die Ergebnisse der von einem unabhängigen Forschungs-
                                                                                                          institut durchgeführten Evaluierung wurden am 13. April
                                                                                                          2010 in Maputo vorgestellt. Österreich wurde 2009 zum
                                                                                                          zweiten Mal in die Bewertung aufgenommen und er-
                                                                                                          reichte 32 von 36 möglichen Punkten.                ■
                                                                                             © EcoHimal

                                                                                                           www.pap.org.mz

18   weltnachrichten 2/10 | www.entwicklung.at
Sie können auch lesen