Wenig Rückenwind - Rittmeyer AG
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DAS RITTMEYER KUNDENMAGAZIN 01 | 2021 Wenig Rückenwind Fehlende politische Unterstützung beeinträchtigt den Ausbau der Fernwärme Mit gutem Beispiel voran Wie die Stadt St. Gallen die Energiewende antreibt Gut geplant ist halb gewonnen Wirtschaftliche Tragfähigkeit als Entscheidungsgrundlage
PERSÖ NLICH GESPR OCHE N Mir nichts, dir nichts? PERSÖNLICH GESPROCHEN En tsc hlo sse ne s Ha nd eln ist ge fra gt 2|3 Mehr als ein Jahr ist 01| 2021 es inzwischen her, dass der Ausbruch einer Pandemie unseren Alltag aus der Bahn geworfen hat. Und so ‹mir nichts, dir nichts› werden wir diesen auch nicht in der gewohnten Form 40 Prozentsollenesbis zurück erhalten. Das ist uns allen wohl inzwischen 2050 sein. Eine weite Strecke, bewusst. Das Virus hat vieles verändert, hat Tatsachen wenn man feststellen muss, welche Hindernisse geschaffen, hat uns zum Handeln gezwungen. auf dem Weg zur Entwicklung eines Wärmeverbunds zu überwinden sind – und wie viel Zeit dafür ins Land Tatsache ist ebenso, dass wir in der Schweiz mit geht.Dr. Urs Rhyner,GeschäftsleiterderEnergie Annahme des revidierten Energiegesetzes vor vier Jahren Ausserschwyz AG,dieamderzeitgrösstenEnergieprojekt die Eckpfeiler für unsere energie- und klima politischen der Region baut, gewährt uns dazu im Beitrag ab Seite Entscheide gesetzt haben: Bis 2030 Reduktion der 6 persönliche Einblicke. Und er gibt Hinweise, wo ein Treibhausgasemissionen um 50 Prozent gegenüber stärkeres Engagement der öffentlichen Hand, von Bund dem Referenzwert von 1990, die ‹Netto-Null› bis 2050. und Kantonen helfen würde, Hürden zu überwinden. Nach mehr als drei Viertel der Strecke haben wir keine 15 Prozentgeschafft,dieHerausforderungenderver- Wie wichtig langfristige Planung, das Miteinander bleibenden neun Jahre sind enorm. Auch diese werden über Gemeindegrenzen hinweg und Konsequenz wir kaum so ‹mir nichts, dir nichts› bewältigen können. bei der Realisierung von Fernwärmeprojekten sind, s childertM arco Letta,UnternehmensleiterderSt.Galler Entschlossenes Handeln ist gefragt. Die Bereit stellung Stadtwerke im Interview ab Seite 10. von Wärme macht beispielsweise 40 Prozent des Gesamt energieverbrauchs aus. Vierzig Prozent! Und Im Gespräch mit Prof. Joachim Ködel von der Hochschule immer noch decken wir mehr als drei Viertel davon mit Luzern haben wir erfahren, welchen Stellenwert die importierten fossilen Brennstoffen. Auf unser Klimaziel richtigen Entscheidungen bei Auswahl und Kombination zahlt dies gewiss nicht ein. Ein Ansatzpunkt ist jedoch dereingesetztenTechnologienundSystemefürein der Ausbau der Fernwärme, der wir diese Ausgabe auch betriebswirtschaftlich erfolgreiches Fernwärme- unseres Magazins ‹transfer› widmen. angebot sind. Das Protokoll unseres Interviews lesen Sie ab Seite 18. Interessant sind hierzu die Erfahrungen der Gerade mal 9 Prozent der schweizerischen Wärme- Gemeindewerke Pfäffikon, die als Querverbundunter- versorgung werden heute durch die Fernwärme gedeckt. nehmen seit über 20 Jahren drei ganz verschiedenartige
Wärmeverbünde betreiben. Die Antworten von Dumeng Tönett und Stefan Russer lesen Sie ab Seite 25. Zusammenfassend: Unsere Kundinnen und Kunden den- Auch in der Fernwärme sind wir ken über die Konvergenz ihrer Netze nach. Sie suchen dazu aufgestellt. Gemeinsam mit unseren im Querverbund nach Möglichkeiten zur gesamtheit- Schwesterunternehmen der Gruppe, wie den lichen Optimierung der Energie- und Ressourcen- BRUGG P ipes.OderinunseremJointVenturemit bilanz, und sind gefordert in Aufbau und Betrieb einer der österreichischen aqotec GmbH. zunehmend vernetzten Infrastruktur. Das ‹Internet- of-Things› ist längst in ihrer professionellen Welt Unser Ziel ist, dass Sie ‹mir nichts, dir nichts› in die angekommen,vondenProblemenderCyberSecurity Zukunft marschieren können. Sprechen Sie uns an. ganz zu schweigen. Die Dekarbonisierung der Energieversorgung, konse- quenter Umweltschutz und eine nachhaltige Ver- und Herzlichst, Entsorgung erfordern deshalb Innovationen. Mehr denn je, und schneller denn je. Darauf richten wir uns und unsere Organisation aus. Dafür stellen wir Produkte und Dienstleistungen bereit. Dabei stehen wir Ihnen Ihr Andreas Borer, Rede und Antwort. CEO,RittmeyerAG
18 10 «Erst denken, dann handeln» – Starten, statt warten Wege in die Fernwärme Wie aus der ‹Vision Energiewende› Realität werden kann 3. Etappe 2030 s ab 2. Etappe 2025 frühsten s ab 1. Etappe frühsten gen 6 16 21 Hauptleitun 25 2021–20 Tuggen trum Energiezen Freienbac h Bodenwies Pfäffikon INHALT Lachen Altendorf Buttikon Siebnen g Feusisber Galgenen Schübelba ch Reichenbu rg Hürdenlauf: Bau eines Durchgetrieben: Unterquerung Licht und Strom fürs 4|5 Fernwärmenetzes ‹auf grüner Wiese› von Strassen und Brücken in Heizkraftwerk Aubrugg Berlin mit Fernheizkabel 01| 2021 22 25 Gemeinsam stark: Alles unter einem Dach: Der Energieverbund als Von Synergien, Potenzialen – Schlüssel zum Erfolg und Konflikten FACHTHEMA & INTERVIEW APPLIKATION PRODUKT & NEWS ZAHLEN & FAKTEN IMPRESSUM E-Mail an die Redaktion Erscheinungstermin transfer ist das Kundenmagazin der transfer@rittmeyer.com Mai 2021 Rittmeyer AG und erscheint zweimal im Jahr. Bildnachweis Falsche Anschrift? Herausgeber Rittmeyer AG, iStock (Tera Vector: S. 1 | epic_fail: S. 5 | Bitte teilen Sie uns mit, Rittmeyer AG pakorn sungkapukdee: S. 4, 18–21 | armckw: sollten Sie eine neue Anschrift haben: Ein Unternehmen der BRUGG GROUP S. 4, 9, 22 | elenabs: S. 22 | Weenee: S. 24); Albinfo, www.rittmeyer.com/anschrift Inwilerriedstrasse 57, CH - 6341 Baar CC BYSA 3.0: (S. 4, 10–11); Roland zh, CC BYSA 3.0 Die in den Artikeln veröffentlichten www.rittmeyer.com (S. 4, 25); Energie Ausserschwyz AG (S. 7, 9); Martin Ansichten, Meinungen und Empfehlungen Steiger, CC BYSA 4.0 (S. 12–15); Daniel Ammann Verantwortlich für den Inhalt Dritter müssen nicht mit der Meinung der (S. 13); BRUGG Pipes (S. 16–17); aqotec GmbH (S. 23); Andreas Borer (v. i. S. d. P.) Rittmeyer AG übereinstimmen. Gemeindewerke Pfäffikon ZH (S. 26–27); privat z. V. g. Redaktion und Umsetzung up! consulting ag, Ruggell (FL)
ZAHLEN & FAKTEN Fernwärme-Ausbau in der Schweiz, Österreich und Deutschland Neben Strom und Mobilität macht Wärme etwa 40 % des Energieverbrauches eines Landes aus. Besonders in der Bereitstellung von Heiz energie kann Fernwärme einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung des CO 2- Ausstosses leisten. Dabei ist der Anteil der erneuerbaren Energien zur Wärmeerzeugung und die energetisch optimale Nutzung von Brennstoffen, etwa durch KraftWärme Kopplung, ausschlaggebend. Länge des Fernwärmenetzes in km CH 2017 3 500 AT 5 600 2019 DE 21 482 2019 Länge des Fernwärmenetzes in km / 1 000 Einwohner CH 0,41 2017 AT 0,63 2019 DE 0,26 2019 Erzeugte Fernwärme nach Energieträger Österreich Deutschland Schweiz 8% 3% 11 % 7% 14 % 38 % 29 % Quellen: Bundesamt für Energie BFE, Fachverband Gas Wärme, 7% 2018 2018 2017 26 % Gesamt: Gesamt: Gesamt: 8 TWh 23 TWh 161 TWh Statistik Austria, Destatis, Euroheat & Power 48 % 37 % 25 % 47 % Das entspricht 9 % des 2017 deckte Fernwärme Das entspricht 9 % des Wärmebedarfs im Jahr 2018. 14 % des Wärmebedarfs. Wärmebedarfs im Jahr 2017. Öl und Kohle Erdgas Erneuerbare Brennbare Abfälle Sonstige (CH: Öl und Abwärme aus Kernkraftwerken)
T IO N A P P L IK A ü n e r W i ese› ‹auf gr r nwä r m enetzes n e s F e Bau ei APPLIKATION 6|7 Die Energie Ausserschwyz AG (EASZ) baut derzeit am grössten Energieprojekt der Region: Ab 2022 ergänzt ein Holzheizkraftwerk transfer 01| 2021 die bestehende Biomasseanlage und versorgt die Regionen Höfe und March im Kanton Schwyz mit Fernwärme. Das ambitionierte Vorhaben ist auf gutem Weg, war jedoch kein einfaches Unterfangen, wie uns Geschäftsleiter Dr. Urs Rhyner erzählt. Seit bald 20 Jahren betreibt die Familie Züger auf Bauzonen, Bewilligungen, und die Finanzierung, ihrem Landwirtschaftsbetrieb in Galgenen eine was sich als sehr aufwändig darstellt. Biogasanlage, die aus Biomasse Strom produziert. Die dabei entstehende Abwärme wird zur Wärme- Bewilligungen als grösste Herausforderung versorgung der umliegenden Gebäude genutzt. Die grössten Hürden für den Bau stellen für den Bereits 2008 entstand die Idee, mit einer zusätz- Geschäftsführer die notwendigen Bewilligungen lichen Heizzentrale einen Fernwärmeverbund dar. Mitunter müssen siebenstellige Beträge in für die Region zu entwickeln. Elf Jahre sollte es Vorprojekte investiert werden, bis alle Instanzen schliesslich dauern, bis die Baugenehmigung für durchlaufen sind. Einsprachen gegen das Bauvor- das Holzkraftwerk, in dem Alt-, Rest- und Wald- haben sind abzuarbeiten, was Zeit und Anwalts- holz aus der Region verfeuert wird, vorlag. «Um kosten verschlingt. Flächen müssen umgezont, ein solches Projekt zu realisieren, dauert es in Umwelt verträglichkeitsberichte erstellt werden. der Schweiz einfach lange, im Grunde zu lange», «Da geht sehr viel Zeit ins Land»,erklärtRhyner. resümiertUrsRhyner,derseiteinemJahrdas Das benötige Durchhaltevermögen und vor allem Unternehmen leitet. Man benötigt entsprechende die Bereitschaft, bei einem ungewissen Ausgang
«Es gibt nur eines: bauen, bauen, bauen. Wenn man zuwartet, bis die Anschlüsse gesichert sind, dann baut man nie.» Dr. Urs Rhyner, Geschäftsleiter der Energie Ausserschwyz AG sehr viel zu investieren. Ein «Huhn-Ei-Problem», wie Strategische Partner er es nennt. Denn die Mittel werden von den Finanz- Mit der EW Höfe AG hat die EASZ einen wichtigen gebern nur gesprochen, wenn Anschlüsse vertraglich Partner an ihrer Seite. Für diesen bot sich die Chance, in gesichert sind. «Das ist blasse Theorie, und in der den CO2-neutralen regionalen Wärmemarkt einzusteigen Realität nicht möglich»,soRhyner.Undfürihneiner und eine zuverlässige und nachhaltige Alternative zu der Gründe, weshalb es so wenige Wärmeverbünde in fossilenEnergieträgernanzubieten.MitBRUGG Group AG der Schweiz gibt. «Das sind Killerauflagen.» konnte ein strategischer Industriepartner als Teilhaber gewonnenwerden,undinzwischenhatRhynerauch Fernwärmenetze als Schlüsseltechnologie eine grosse Schweizer Bank als Finanzierungspartner Wenn man von der Konvergenz der Netze spreche, gefunden. «Das schafft bei unseren Kunden noch mehr dann sei die Fernwärme eine der Schlüsseltechno- Vertrauen»,sagtRhyner.MitdergesichertenFinan- logien auf dem Weg in die Energiezukunft. Um die zierung kann er nun das ambitionierte Projekt mit Verstromung von Biogas oder Wasserstoff effizient Hochdruck vorantreiben. Das Heizwerk wächst derweil zu machen, müsse man die bei der Produktion ent- rasch in die Höhe. «Auch das hilft»,schmunzeltRhyner. stehenden grossen Mengen an Abwärme nutzen, «Die Bevölkerung nimmt wahr, dass da etwas Grosses, meintRhyner:«Die Grundvoraussetzung dafür ist Seriöses entsteht – und die Fernwärmeversorgung nun jedoch, dass es Fernwärmenetze gibt.» Aus dieser tatsächlich Realität für die Region wird.» Perspektive betrachtet ist er der Auffassung, dass sich der Bund stärker engagieren könnte, damit mehr Begeisterte Kunden e ntsprechendeProjekterealisiertwerden.Rhynersieht Grossen Rückhalt bekommt das Projekt von der Bevöl- eine Chance, wenn man das Risiko teilen würde. Ein kerung. Das Interesse an Anschlüssen mit erneuerbarer Modell hierzu stellt für ihn eine öffentlich-private Fernwärme ist sehr gross. Für Liegenschaftsbesitzer Partnerschaft dar (engl. Public-Private- Partnership). istFernwärmeeinsehrbequemesWärmesystem.Es Hierbei würde beispielsweise der Bund für ein benötigt weder Brennstoffeinkauf und Lagerraum noch Drittel der Summe eine Bürgschaft oder eine Risiko- Unterhalt. Und es ist sehr platzsparend: Ein Kästchen garantie abgeben, ein weiteres Drittel steuern Bank mit dem Wärmetauscher ist alles, was es braucht. «Noch oder Investoren bei, und ein Drittel der Betreiber mit einfacher – und obendrauf erneuerbar – geht es nicht e ntsprechendem A ktienkapital. mehr»,meintRhyner. →
ch Freienba Pfäffikon APPLIKATION Lachen Wilen Altendor f Bäch Wollerau rg Feusisbe 8|9 e 3. Etapp 0 e s ab 203 2. Etapp frühsten ab 2025 1. Etappe s frühsten ungen s s t d ie Hauptleit transfer 01| 2021 e s u mfa 2021–2 0 2 5 F e rn w ä rm e n e tz c h . D ie rü n) d e s re ie n b a s e ta p p e (h e ll g , P fä ff ik on und F S c h ü b e lb a c h , g n egi rs c h li e s s u n n , A lt e n d o rf O rt s c h aft e Schindell te E ,L a c h e f d ie D ie e rs a lg e n e n re n a u ll e g i, ie b n e n , G den Jah S c h in d e D ö rfe r S in d e n ko m m e n n k e lg rü n) s ow ie tz u t, d a s N e u n d Wo ll e ra u (d n. V is io n is e n , W il e n s z u we it e n , T u g g (h e ll b la u) a u B u tt iko e ic h e n b u rg rg u n d R Fe u s is b e Fernwärme ‹anschieben› Quartier für Quartier, wachsen so organisch. Anders T Steigen Hauseigentümer von einer Erdöl- oder Erdgas- beim Netz der EASZ: Hier wurde von Beginn an ein heizung auf die Fernwärme um, so erhalten sie vom grosses Gebiet definiert, welches quasi flächendeckend KantonSchwyzFörderbeiträge.Dashelfe,soR hyner, erschlossen werden soll. Vorbild war die Agro Energie ent rum deren Initialkosten zu reduzieren. Aber auch die Energiez SchwyzAG.Dorthatmanraschausgebaut,undmitdem s nur eines: Bodenw iegibt eienbach Gemeinden seien gefordert, indem sie zumindest ideell Ausbau kamen auch die Anschlüsse. «Es Pfäffik solche Projekte on unterstützen, und sie nicht blockieren. bauen, bauen, bauen. Wenn man zuwartet, bis die An- Seine Erfahrungen sind da zwiegespalten: «Wenn man Lachendann baut man nie»,sagtUrsRhyner. schlüsse kommen, glaubt, Gemeinden würden es würdigen, wenn man Altendor f Wichtig sei aber, dass man weit im Voraus diese Ziele Buttik von privater Hand Infrastruktur bringt, von der die kommuniziere. Dann könnten sich Haus eigentümer Gemeinde und ein grosser Teil der Bürger profitieren darauf einstellen, gerade im Hinblick darauf, wenn sich kann, dann könnte man falsch liegen.» Er geht davon Siebne ein Ersatz der Heizung ohnehin aufdränge. n sberg aus, dass das CO 2-Gesetz nach seiner Verabschiedung die kantonalen MuKEn (Mustervorschriften der Kantone Für die erste Etappe hat die EASZ en300 Mio. Schweizer imEnergiebereich)aushebelt.BeijenenhatSchwyz Galgen Sch Franken budgetiert, der Netzausbau ist über 24 Jahre übelbach derzeit ohnehin nur das absolute Minimum umgesetzt. geplant. Dieses Budget umfasst das Erschliessen der Ihm geht das zu langsam: «Das Potenzial ist riesig, Quartiere, das Kraftwerk, sowie ein zweites, falls der die Technologie ist da. Sie ist einfach, erprobt und Anschlussgrad rasch steigt. Etwa die Hälfte der Kosten preiswert. Man muss es nur umsetzen»,sagtRhyner. verschlingt allein das Netz. In der ersten Etappe sind 3 000 Abnehmer geplant, was einer Anschlussdichte EASZ ist speziell von über 60 Prozent entspricht. «Das geht, davon sind Viele Fernwärmeverbünde starten im Kleinen, vom wir überzeugt»,sagtRhyner,wiedermitdemBlickzur Schulhaus oder Gemeindehaus ausgehend, erschliessen AgroEnergieSchwyz.Dortkonntenin10Jahrenüber
Tuggen ologie entrum Energiez s T e c h n Bodenwie «Die h , e r p r obt c ist einfa n Buttikon d p r e i s wert. Siebnen un u s s s i e nur Galgene n ach Man m zen.» rg Schübelb Reichenb u u m s e t endlich 50 Prozent der Gebäude an die Fernwärme angeschlossen werden. Vision ist greifbar FragtmanUrsRhynernachdenweiteren Plänen, dann erzählt er von der Vision der EASZ und den Ausbauetappen zwei und drei: Sie beschreiben im Endausbau die Wärmeversorgung von 14 Dörfern der RegionAusserschwyzundrundumdas Energiezentrum in Galgenen. Immerhin eine Fläche von gegen 100 Quadratkilo- metern. «Wenn zur Umsetzung des Klima- schutzes zukünftig bei Gebäuden der CO 2-Ausstoss pro Quadratmeter Energie- bezugsfläche limitiert ist, dann wird dies nur mit erneuerbaren Energien gelingen», istRhynerüberzeugt.Unddannrückt die Erschliessung eines solch grossen Gebiets mit Fernwärme für die EASZ Die Heizzentrale der Energie Ausserschwyz in Galgenen in g reifbare Nähe. wächst rasch in die Höhe. Hier werden mit einem Holzkraft werk und einer Biogasanlage umweltfreundliche Wärme und Strom produziert.
INTERVIEW 10 | 11 transfer 01| 2021 INTERVIEW Starten, statt warten Wie aus der ‹Vision Energiewende› Realität werden kann
«2050 setzt St. Gallen keine fossilen Brennstoffe mehr für Gebäude- wärme ein.» Marco Letta, Unternehmensleiter der St.Galler Stadtwerke Seit Mitte der 1980erJahre setzt die Stadt St. Gallen auf Fernwärme und erweitert kontinuierlich deren Netze. Im Jahr 2017 sprach sich eine überwältigende 85Prozent Mehrheit der Stimmbevölkerung für einen weiteren Ausbau mit einem Volumen von 65,5 Millionen Schweizer Franken aus. Marco Letta, Unternehmensleiter der St.Galler Stadtwerke, erzählt uns im Interview von der erfolgreichen Geschichte und Zukunft der St.Galler Fernwärme. Und wo er sich dazu aber auch noch Unterstützung aus der Politik erhofft. →
Herr Letta, St. Gallen hat sich 2017 von der Stimm bevölkerung um das Warmwasser noch die Heiz- schon sehr früh Gedanken über gutgeheissenenA usbaustufe 2 wärme im Gebäude kümmern. Keine eine zukunftsgerichtete Wärme erschliessen wir nun über die Brennstoffbeschaffung, keinen versorgung gemacht. Wie sieht nördliche Talseite den Osten der Service, nichts. diese konkret aus? Stadt und schliessen auf dem Zwischen dem Energiekonzept 2050 Rückweg über die südliche Talseite Wichtig ist dabei ein nachvollzieh- der Stadt St. Gallen und der Energie- in Richtung Stadtzentrum final den barer, klarer Umsetzungsplan. strategie des Bundes gibt es einen heutenoch offenenRing. Wenn man ein Wärmenetz baut, wesentlichen Unterschied: Unser dann kann man das nicht von heute Energiekonzept ist das integrale Wie sieht ihr Zielzustand aus? auf morgen entwickeln. Man muss Zusammenschnüren der drei Netze 2050 wollen wir rund 50 Prozent den Endzustand sauber planen Strom, Wärme und Gas, und stellt aller beheizten Gebäude mit Fern- und schliesslich Schritt für Schritt die Sektorkopplung ins Zentrum. Am wärme bedienen, das sind etwa bauen. So schafft man Transparenz, Schluss soll die ganze Talsohle von 5500 Liegenschaften.MitBiogas und das wird von der Bevölkerung St. Gallen mit Fernwärme ausgebaut betriebene Blockheizkraft werke sehr geschätzt. So haben wir bei- sein. Richtung Westen gibt es mit versorgen in Wärmeverbünden spielsweise sämtliche Transformati- dem Sittertobel leider eine geogra- dann rund 2 200 Gebäude, weitere onsprozesse für die Umsetzung des fische Barriere zur Stadt, weshalb 2300 heizenmitWärmepumpen.Nur Energiekonzepts bis 2050 bereits westlich des Tobels derzeit ein los- einzelne, über 1 000 m. ü. M. gelegene in unser Gebäudeinformations- INTERVIEW gelöstes Anergienetz entsteht. Ober- Bauernhöfe werden eine Individual- systemeingepflegt.Kundenk önnen halb von 700 m. ü. M., in den Hügel- lösung benötigen, und beispiels- auf unsere Homepage gehen, ihre gebieten, erzeugen wir zukünftig weise mit Holzschnitzel oder mit Liegenschaft eingeben und so Wärme in Blockheizkraftwerken flüssigem Biogas heizen. Ziel ist, wissen sie relativ schnell, welche (BHKW) und bauen Nahwärme- dass dannzumal kein Tropfen fos- Ausbaupläne wir konkret bis 2035 verbünde aus. Die BHKW, welche silen Brennstoffs mehr für Wärme haben. Dieser öffentlich zugängliche 12 | 13 ausserdem Strom erzeugen, sind an eingesetzt wird. Kataster ist wie eine Grundvoraus- das Gasnetz angeschlossen. Dieses setzung zur Initialberatung unserer führt heute noch Erdgas, künftig Nimmt man die BHKWNahwärme Kundinnen und Kunden. aberBiogasundsynthetischesGas. netze dazu, sollen nach Ihrem 01| 2021 In den restlichen Gebieten wird Plan sogar mehr als drei Viertel Insgesamt wollen wir in St. Gallen im Endausbau mit Wärmepumpen der Gebäude an die Fernwärme die Energiewende auf einem geheizt werden. angeschlossen sein. Wie kann konsens findenden Weg schaffen. das gelingen? Wie holt man die Nur fehlen in unserem Land dazu Wo liegen die besonderen Kunden ins Boot? nach wie vor viele Grundlagen wie Herausforderungen in St. Gallen? Das ist eigentlich eine schöne z. B. ein Gas-Versorgungsgesetz, Ein Teil der Problematik wird durch Aufgabe. Die meisten Liegenschafts- welches sektorübergreifend wirkt die besondere Topografie bestimmt. besitzer möchten sich gerne an die und für den ökologischen Umbau Das Kehrichtheizkraftwerk liegt Fernwärme anschliessen, einen unterstützend wirkt. Und wir wissen bei uns auf etwa 580 m. ü. M., also Anschlusszwang gibt es bei uns nicht, wohin sich Bund und Kanton relativ tief. Deshalb müssen wir nicht. Stellen sie auf Fernwärme bewegen. Deswegen haben wir zunächst die Wärme mit einigem um, erhalten sie eine Förderung, entschieden, dass wir nicht weiter Aufwand in die Stadt hochpumpen, und ein 15-Jahre-Sorglospaket, bei warten möchten und haben mit dem um die Wärme kunden entsprechend welchem sie nur für die bezogene Energiekonzept 2050 und dessen versorgen zu können. Die Fern- Wärme den entsprechenden Preis Umsetzung das Zepter selbst in die wärme zentralen Waldau und Olma bezahlen. Unser Netz ist rund um Hand genommen. deckten bisher den Spitzen bedarf in die Uhr überwacht, die Wärmekund- den Wintermonaten. Mit der im Jahr schaft muss sich weder
Mit dem Energiekonzept 2050 wur- de die St.Galler Bevölkerung bereits vor über 13 Jahren informiert und für die Chancen des Ausbaus der Fernwärme versorgung sensibilisiert. Damit ist auch die breite Zustim- mung zu erklären. Und: Der Auf- klärung ist die Umsetzung gefolgt. Wir setzen die Planung seit Jahren konsequent und Schritt für Schritt um. Natürlich müssen wir aktiv in- formieren und beraten. Das erfolgt über das Gebäudeinformations- system,dieEnergieberatungsowie den Anschlussverkauf. Die Beratung ist gezielt auf die Ziele des Energie- konzepts abgestimmt. Wir beraten unsere Kundschaft «Das Energiekonzept 2050 der ganzheitlich. Das heisst, wir spre- chen mit ihnen über Solaranlagen, Stadt St. Gallen gibt Netto-Null Elektroladestationen und Energie- speicher. Die Umsetzung wird aber Emissionen als Ziel vor. Wir durch das lokale Gewerbe getätigt. Es sorgt für die qualitativ hoch- stehende Installation der Energie- warten nicht auf Entscheide von systeme.Diesgiltauchfürdie von den St.Galler Stadtwerken im Bund und Kanton, wir setzen Energiecontracting betriebenen An- lagen. Um die Versorgungssicherheit konsequent um.» über die gesamte Vertragsdauer zu gewährleisten, definieren wir jedoch die zu verbauenden Komponenten, undlimitierensodieSystem- Marco Letta, varianten im Wärmenetz. Unternehmensleiter der St.Galler Stadtwerke St. Gallen hat also eine gute Grundlage, damit sich die Energie wende entwickeln kann. Auch ohne Handreichung des Bundes? Für St. Gallen mag das vorderhand stimmen. Nur: 2019 gab es in der Schweiz rund 1,7 Millionen Gebäude, und rund 50 Prozent davon hängen →
immer noch am Öl. Das ist weit weg dem Weg zum Erreichen unserer Dann hilft nur die Fusionierung? von Netto-Null. So gesehen hätten Energie ziele müssen wir verschiede- Das ist ein mögliches Modell. Man wir schon ein paar Forderungen ne Energieträger intelligent koppeln. könnte aber zum Beispiel auch aus an den Bund, um der Fernwärme Und dabei müssen wir in unserem dem Zusammenschluss kleinerer mehr Anschub zu verleihen. Eine KraftwerksystemKonsumenten, Netze Betreibergesellschaften grün- davon leitet sich beispielsweise aus Produzenten und diejenigen, die den, an denen die Gemeinden mit der geografischen Lage der Stadt beide Rollen einnehmen, die Pro- entsprechenden Anteilen partizipie- St. Gallen ab. Es mag sein, dass man sumer, miteinander in Einklang ren. Und so die öffentlich-rechtli- in wärmeren Gegenden in einem bringen. Das sollte endlich auch chen Besitzverhältnisse erhalten. Fernwärmenetz ohne Spitzenabde- B undesbern sehen. ckung durch gasbetriebene Fern- Das Anergienetz ‹energienetz GSG› wärmezentralen auskommen kann, Wie kann man so etwas auf unsere ist ein solches gemeinsames, nicht aber hier. Wir haben oftmals föderalistisch organisierte Energie grenzübergreifendes Projekt. Wie längere Perioden mit Temperaturen versorgung projizieren? Der Energie gelang dieses? weit unter null Grad. Und da versorger einer kleinen Gemeinde Zwischen dem Westrand von nützt auch eine doppelt so grosse hat es ungleich schwerer. St. Gallen und dem östlichen Teil Kehricht verbrennungsanlage nichts. Das sehe ich ziemlich ähnlich. Wir der Stadt Gossau liegt ein grosses Deshalb müssen wir bei der Wärme- reden von Dezentralisierung und Industriegebiet. In verschiedenen versorgung ebenso das Gasnetz Smart Grids – da benötigt man als Studien versuchte man herauszu- INTERVIEW betrachten, und zwar integral. Das Energieversorger schon eine hohe finden, wie sich dort die Wärme- kann man nicht einfach ausblen- IT- und OT-Kompetenz, um das zu versorgung entwickeln liesse. Die den, wie es in der Energiestrategie managen. Und auch um die gefor- traditionelle Abwärmequelle der 2050 des Bundes der Fall ist. Und derte Digitalisierung zu stemmen, Kehrichtverbrennungsanlage liegt wir werden bei steigender Be- sind die kleineren Energieversorger geografisch zu weit entfernt, die völkerungszahl und wachsendem oft überfordert. Klar muss ihnen Industrie- und die Gewerbezone so- 14 | 15 Energieverbrauch nur schwerlich sein, dass sie als reiner Verteil- wie die angrenzenden Wohngebiete eine rein erneuerbare Strom- netzbetreiber zukünftig kaum haben jedoch einen grossen Energie- versorgung erreichen. Selbst wenn wirtschaftlich agieren können. bedarf. Gleichzeitig verfügt erstere wir alles Wasser, das wir haben, Diese Herausforderungen müssen selbst über ein grosses Abwärme- 01| 2021 noch irgendwo stauen würden. Auf sie b ewältigen. potenzial. Eine dieser Studien kam «Die Energiewende wird nur möglich mit einer Vision, konkreten Zielen und konsequenter Umsetzung. Und das ist kein Sprint, sondern eher die Ultramarathonstrecke.»
zum Schluss, dass der Bau eines der tischen Flexibilitäten wo und wie sie konkreten Zielen und konsequenter grössten Anergienetze der Schweiz auch immer anfallen Vorort nutzen. Umsetzung. Das ist kein Sprint über möglich wäre. Die Herausforderung 100 Meter, das ist eher die Ultra- bestand allerdings darin, dass man Die zweite Erkenntnis ist, dass man marathonstrecke. Und wenn sich dazu politische Hürden überwinden die Energiewende und die damit Bund und Gemeinden für Letzteres musste, denn inmitten des Gebiets verbundenen Herausforderungen entscheiden, dann gibt es nur verläuft die Grenze zwischen den alleine nicht lösen kann. Wollen eines: sie müssen gemeinsam an Städten St. Gallen und Gossau. Und wir bis 2050 die Energieversorgung den Start und am Ende gemeinsam die Wärmelieferanten liegen sowohl dekarbonisieren, so müssen wir über die Ziellinie. Das haben wir in diesseits wie jenseits davon. auf allen politischen und wirt- St. Gallen mit dem Energiekonzept schaftlichen Ebenen besser zusam- 2050 und dessen Umsetzung im Die St.Galler Stadtwerke haben sich menarbeiten. Ich denke da an ein kleinen Rahmen gemacht. Wir sind mit den Stadtwerken Gossau und schweizweites sektorgekoppeltes auf gutem Weg, mindestens unsere der SAK (St.Gallisch- Appenzellische Gesamtsystem.DieserAnsatzwird Ziellinie zu erreichen, aber auch bei Kraftwerke AG) an einen Tisch sicher viele Hürden und Stolper- uns ist Ausdauer gefragt. gesetzt und zusammen einen steinemit sich bringen. Business plan erstellt. Nach einigen Herr Letta, herzlichen Dank für Iterationsschritten konnten die po- Und zum Dritten: Die Energiewende das Gespräch. litischen Gremien vom Projekt über- wird nur möglich mit einer Vision, zeugt werden und 2018 gründeten die Gemeinden St. Gallen, Gossau und Gaiserwald zusammen mit der SAK AGdieenergienetzGSGAG. Innerhalb von nur einem Jahr hatten Stichwort: Anergienetz wir das Initialcluster mit dem zur Verfügung stehenden Budget gebaut Ein Anergienetz nutzt sogenannte ‹niederwertige Energie- und das Anergienetz in Betrieb formen›, beispielsweise industrielle Abwärme, oder Wärme genommen. Doppelt so schnell wie aus Abwasser, Umwelt, See- oder Grundwasser. Es wird vorgesehen. Der weitere Ausbau oftmals auch als ‹kaltes Wärmenetz› bezeichnet, weil ist inPlanung. es mit tiefen Temperaturen betrieben wird. Die Netz teilnehmer profitieren voneinander: Die einen speisen Zusammengefasst: Was ist Ihrer überschüssige Wärme ein, beispielsweise aus einem Meinung nach der Schlüssel, dass Kühlprozess oder anderweitiger industrieller Prozess- in der Fernwärme auch andernorts wärme. Andere wiederum nutzen diese Abwärme mit eine Entwicklung vergleichbar der einer Wärmepumpe zur Heizung oder Klimatisierung. In von St. Gallen gelingt? optionalen Erdspeichern kann im Sommer Wärme gespei- In der Schweiz gibt es schon sehr chert und im Winter bezogen werden. Umgekehrt lässt viele Fernwärmenetze, die nach glei- sich im Sommer die Kälte aus den Wintermonaten nutzen. chem Muster wie in St. Gallen gebaut Im Ideal fall gleichen sich Einspeisung und Entnahme im wurden und werden. Die Umsetzung Jahresverlauf aus. Ziel dieser Vernetzung ist die Optimie der Sektorkopplung der Netze Strom, rung der Energie effizienz aller Teilnehmer und schliesslich Gas und Wärme ist aber meistens die Reduktion des Anteils genutzter fossiler Energieträger. nur auf dem Papier zu finden. Wir müssendieverschiedenenSysteme zusammenbringen und die energe-
FACHTHEMA DURCH- GETRIEBEN Unterquerung von Strassen und Brücken in Berlin mit Fernheizkabel FACHTHEMA 16 | 17 transfer transfe 01| er 01 2021 011| 2021 Die BTB GmbH ist einer der größten Fernwärmenetzbetreiber im Raum Berlin. Zur Erschliessung einer Wohnanlage in der Köllnischen Vorstadt mussten eine vielbefahrene Verkehrsachse und zwei Bahnbrücken gequert werden. BRUGG Pipes nutzte ein Spülbohrverfahren zur Verlegung ihres FlexwellFernheizkabels.
Die BTB wurde 1990 gegründet und hat sich schon früh Grabenloser Leitungsbau auf die Erzeugung von Wärme und Strom aus Kraft- Der grösste Abschnitt, welcher in Köpenick an einem Wärme-Kopplung spezialisiert. Über ihr Wärmeverbund- Stück gebaut wurde, mass 188 Meter. 150 Meter davon netz versorgt sie rund 80 000 Wohnungen, Gewerbeim- wurden durch eine unterirdische Spülbohrung im mobilien,dieIndustrieundö�entlicheEinrichtungenmit Horizontal bohrverfahren (engl. ‹Horizontal Directional Wärme, Strom, Kälte und Dampf. Drei moderne Heiz- Drilling›, HDD) verlegt. Dabei kommt eine dreidimen- kraftwerke mit einer thermischen Gesamtversorgungs- sional steuerbare Spüllanze, bestehend aus biegbaren leistung von rund 380 MW versorgen das mehr als 140 km Stahlrohrabschnitten, zum Einsatz. Diese wird durch umfassende Fernwärmeverbundnetz. das Erdreich vorangetrieben. Eine umweltneutrale Bohrsuspension transportiert hierbei den fein körnigen Herausfordernde Trasse Anteil des ausgebohrten Bodens in die Start- bzw. Um die Wohnanlagen Köpenick-Nord mit Fernwärme Zielgrube. In der Zielgrube wird ein dem Durchmesser versorgen zu können, war eine Distanz von rund des Fernheizkabels entsprechender Aufweitkopf (engl. 500 Meternzuüberwinden.DazumussteeineTrasse ‹ Reamer›) mit dem einzuziehenden Fernheizkabel an entlang einer Hauptverkehrsachse im Berliner Ortsteil das Bohrgestänge montiert. «Im Rückwärtsgang wurde Köpenick neu gebaut werden. «Dabei hatten wir drei dann unter Zugabe von Bentonit das Bohrloch aufge- kritische Abschnitte zu überwinden», erinnert sich Mario weitet und gleichzeitig das Flexwell-Fernheizkabel LeClair,ObermonteurderBRUGGRohrsystemeGmbH. eingezogen», erklärt Mario LeClair. Der vielbefahrene Glienicker Weg musste ohne Beein- trächtigungdesfliessendenVerkehrsgequertwerden. An einem Stück. Und schnell. Bei der Unterquerung von zwei Eisenbahnbrücken waren «Der Vorteil des Flexwell ist, dass es wie ein Kabel zudemstrengeAuflagenderDeutschenBahneinzuhalten. gehandhabt und bis zu einer Länge von 235 Metern an einem Stück geliefert und verbaut werden kann», Das Bauvorhaben wurde deshalb auf sagt Ingolf Demant, Gebietsverkaufsleiter bei fünf Bauabschnitteaufgeteilt.Drei BRUGG R ohrsysteme.AuchfürdasHorizontalbohr- Strecken wurden durch Spül- verfahren ist es bestens geeignet: Dank seines glatten, bohrungen überbrückt, zwei durchgehenden Aussenmantels kann es direkt in den imo�enenGrabengebaut. Bohrkanal eingezogen werden. Dazu ist es schnell Verlegt wurde das gröss- verlegt: Schweissnähte alle 6 oder 12 Meter, wie te Fernheizkabel von beim herkömmlichen Kunststoffmantelrohr, ent- BRUGGPipes,derTyp fallen. Selbst das Abpolstern der Bögen, um die 200/310 mit Nenn- Wärme dehnung abzufangen, sind überflüssig: Das weite 150 mm und BRUGG- Fernheizkabel ist selbstkompensierend. einem Aussen- durchmesser Gerade einmal sechs Wochen dauerte von 313 mm. so die Bauzeit der neuen Trasse. Die Gesamtkapazität der Zuleitung b eträgtungefähr10 M egawatt.Martin Loske, Projekt- und Bauleiter der BTB B erlin,freutsich:«In kurzer Zeit konnten wir so die Wohnanlage erschliessen und werden zukünftig 870 W ohnungenmitCO 2-freundli- cherF ernwärme versorgen.» Hier geht’s zum Video der Verlegung: youtu.be/GebdJ5SeifU
INTERVIEW «Erst denken, dann handeln» – Wege in die Fernwärme INTERVIEW 18 | 19 01| 2021
Einblicke in Entscheidungsprozesse und Herausforderungen der Branche Prof. Joachim Ködel ist Dozent für leitungsgebundene thermische Energieübertragung und Leiter des Programms Thermische Netze am Institut für Gebäudetechnik und Energie IGE der Hochschule Luzern (HSLU). Wir haben mit ihm über Entscheidungsgrundlagen für den Bau von thermischen Netzen und über die zukünftigen Herausforde- rungen der Fernwärme gesprochen. Herr Prof. Ködel, womit genau beschäftigen Sie sich im Rahmen Ihrer Tätigkeit an der HSLU? Als Dozent unterrichte ich die Studierenden der Gebäude technik im Modul nachhaltige Industrie und Fernwärme (NIF) und bin Leiter des Programms «Thermische Netze», welches wir an der Hoch- schule im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) leiteten. Im Rahmen dieses Programms haben wir Entscheidungskriterien mit- gestaltet, um Aufbau und Umfang thermischer Netze aufgrund von ökologischen und wirtschaftlichen Aspekten festzulegen. Damit sollen zukünftig Entscheidungen im Bereich der Wärmeversorgung s ystematischer erfolgen. Warum sind solche Entscheidungs kriterien wichtig? «Die wirtschaftliche Nun ja, letztlich müssen wir uns doch etwas ausdenken, das wirt- Tragfähigkeit einer Fernwärme- schaftlich auch tragbar ist – und nicht aufgrund einer aktuellen Mode oder besserer Publikumswirksamkeit versorgung ist eigentlich entscheiden. Diese Frage begleitet die Energieversorgung als Gesamtes: das wichtigste Kriterium. Ist etwas wirtschaftlich tragbar, oder ist es nur aus energetischer Sie steht aber oftmals nicht Sicht interessant? Oftmals fehlt in Entscheidungsgremien das nötige im Vordergrund.» Fachwissen. So folgen sie eben nicht der wirtschaftlichen Argumentation, sondern sie bevorzugen eine Lösung, Prof. Joachim Ködel, Professor am Institut für Gebäudetechnik weil sie ihnen schlicht besser gefällt. → und Energie IGE an der Hochschule Luzern
Das kommt jetzt überraschend. Oder wenn in der Umgebung bereits Frage. Man kann mit Holz oder mit Man sollte doch davon ausgehen eine Kehrichtverbrennungsanlage einer Wärmepumpe eine gewisse dürfen, dass solche Entscheidungen steht, dann macht der Aufbau einer Spitzendeckung erreichen, aber auf entsprechenden Analysen und klassischen heissen Fernwärme- um mit einem fossil, sprich: heute Fachwissen basieren? versorgungvermutlichmehrSinn – mit Gas oder Öl beheizten Kessel Das fände ich auch wichtig. Aber selbst, wenn zufällig noch ein konkurrieren zu können, muss leider ist es in vielen Fällen nicht See danebenliegt. e iniges g eschehen. so, und das ist sehr schade. Nicht nur weil viel Geld investiert wird, Für die langfristige Planung der Alternativ dazu gibt es in thermi- sondern auch weil ein getroffener Wärmeversorgung spielt auch die schen Netzen Ansätze, die Wärme- Systementscheidnachträglichmeist Raumplanung eine entscheidende speicher beinhalten und damit auch nicht mehr hinterfragt wird und Rolle. Gerade in kleinen und mittel- deutlich weniger fossile Spitzen- in weiterer Folge auch kaum mehr grossen Regionen bietet sie bei der deckung benötigen als bisher. Mit rückgängig gemacht werden kann. Frage nach der energetischen Eig- einem entsprechend dimensionier- nung der einen oder anderen Lösung ten Speicher kann man Spitzen- Welche Trends spielen denn bei der wichtige Entscheidungshilfen. zeiten gut überstehen. Das ist tech- Entscheidung eine Rolle oder stehen nisch nichts Neues, wurde aber vor gerade im Vordergrund? Um für die Zukunft gerüstet zu sein, 10 Jahren noch nicht ernst genom- INTERVIEW | NEWS Mit der Energiestrategie 2050 und müssen wir uns überlegen, wie die men. Heute darf man im Rahmen dem Thema Dekarbonisierung sind Dekarbonisierung der Wärmeversor der Netzplanung zumindest davon Anergienetze sehr in Mode gekom- gung in der Schweiz gelingen kann. sprechen. Ich denke, die Speicher- men. Diese Begrifflichkeit hat sich Da hat die Fernwärme eigentlich ein technologie wird in Zukunft einen im Zusammenhang mit der Nutzung hohes Potenzial. Wie sehen Sie das? grossen Stellenwert einnehmen, um von Umwelt- bzw. Abwärme mit Im Weissbuch Fernwärme Schweiz Netto-Null zu erreichen. Nieder temperatur durchgesetzt. wird für das Jahr 2050 prognosti- Das ist auch gut und richtig, wenn ziert,dassknapp40 Prozentder Aber vielleicht wäre es richtiger, 20 | 21 die Gegebenheiten stimmen. Man benötigten Wärme über eine Fern- wenn wir die Diskussion anstelle muss sich aber bewusst machen, versorgung bewerkstelligt werden ‹Netto-Null› in Richtung ‹Netto- dass man bei so niedrigen Tem- kann. Schätzungen zufolge werden sehr-wenig›führenwürden.Typi- peraturen extrem viel Wasser im derzeit jedoch noch weniger als scherweise liegt die Fossildeckung 01| 2021 Kreislauf benötigt. Das heisst, man 10 ProzentdurchFernwärmenetze heute bei etwa 20 Prozent. Wenn wir baut relativ grosse Netze, um im abgedeckt. Das ist also noch einiges diese auf 5 Prozent reduzieren könn- Vergleich zur heissen Fernwärme, an Potenzial, das man angehen kann. ten, wäre mit einem vier Mal gerin- eine recht kleine Energiemenge zu geren Bedarf an fossilem Brennstoff transportieren. Das macht nur Sinn, Aber das heisst, dass man bis 2050 schon viel erreicht. Diese Quote auf wenn die lokalen Rahmenbedingun- noch einiges in die Fernwärme Null zu bringen müssten wir uns sehr gen stimmen und man die Nieder- investieren muss? teuer einkaufen. Sich einen gasbe- temperaturen auch in der Nähe Ja, um das Ziel von 40 Prozent zu feuerten Kessel daneben zu stellen nutzen kann. Einfach gesagt ist die erreichen, müssten in der Schweiz oder den bereits vorhandenen stehen Seewassernutzung wunderbar, wenn ca. 1 Mrd. CHF pro Jahr in die Fern- zu lassen, muss ja nicht gleich der See in der Nähe der Abnehmer versorgung investiert werden. Wohl heissen, dass man zum Energie- liegt. Wenn man das Wasser erst gemerkt ist diese Zahl nur eine verschwender wird. Es wäre einfach kilometer weit den Berg hinauf- grobe Schätzung, aber das Volumen eine Reserve zur Spitzendeckung, die pumpen muss, dann ist der Nutzen liegt in dieser Grössenordnung. Das hoffentlich nie benötigt wird. z umindestzu h interfragen. ist schon eine stattliche Summe, die die Branche aufbringen muss. Wie steht es grundsätzlich mit der Worauf sollte sich der Blick der Technologie im Bereich Fernwärme? Entscheider stattdessen richten? Im Zusammenhang mit der Energie Gibt es hier noch Potenzial, etwas Richtig wäre es, zuerst die lokale strategie 2050 fallen auch immer besser oder effizienter zu machen? Situation und deren Randbedin- wieder die Stichworte ‹Spitzen Es gibt in der klassischen Fern- gungenzuanalysieren,unddanach deckung› und ‹Netto-Null›. Die wärme eine etablierte Technik mit erst die Lösung auszuwählen. Und Spitzendeckung wird heute meist einem guten Entwicklungsstand. nicht umgekehrt. Unter Umständen über fossile Brennstoffe erreicht. Für Niedertemperaturnetze, die stellt man dabei fest, dass manche Welche Ersatzstrategien gibt es man erst seit etwa 10 bis 15 Jahren Regionen gar nicht so optimal Ihrer Meinung nach? baut, gibt es sicher Potenzial nach geeignet sind, eine zentrale Ver- Das ist ein sehr schwieriges Thema oben. Allerdings ist jetzt noch sorgung für Wärme aufzubauen. und wirtschaftlich eine heikle nicht abzusehen, wohin sich die
Praxis entwickelt. Ganz grundsätz- NEWS lich lassen sich mit der heutigen Technik gute, effiziente Anlagen Licht und Strom fürs gestalten. Das grosse Potenzial liegt aus meiner Sicht darin, das Heizkraftwerk vorhandene Know-how besser zu nutzen. Es passiert leider immer noch viel zu häufig, dass Anlagen überdimensioniert oder die lokalen Gegebenheiten nicht berücksichtigt werden. Richtig gemacht, könnte manche Fernwärme installation w ahrscheinlichbiszu30 Prozent günstiger funktionieren. Das heisst, damit sich Fernwärme dahin entwickeln kann, wo sie uns tatsächlich den Nutzen bringt, den wir uns wünschen, brauchen wir mehr Ausbildung und Wissen rund um das Thema Fernwärme? Absolut. Um solche komplexen Infrastrukturen zu errichten und aufrechtzuerhalten braucht es Fachpersonen mit entsprechendem Know-how. Leider spüren die Unter nehmen auch in dieser Neue Schaltschränke für die Elektrotechnik Branche den Fachkräftemangel. Fundiertes Grundlagenwissen über die Funktionsweise von Fernwärme- Im Heizkraftwerk Aubrugg werden jährlich mehr als anlagen geht aufgrund von Pensi- 750 000 MWh Wärme und rund 44 000 MWh Strom onierungen zunehmend verloren. produziert. Es ist in das zweitgrösste Fernwärmenetz Undbisvor8 Jahrengabesinder der Schweiz integriert. In den Elektroschaltanlagen Schweiz noch kein Grundlagen- wurdeeinTeilersatznotwendig,denRittmeyerlieferte werk zum Thema «Wie funktioniert und installierte. Fernversorgung». Mit unserer Arbeit an der Hochschule und den Die Schaltanlagen für die Laststeckdosen der Anlage entsprechenden Aus- und Weiter- sowie die Beleuchtung des Areals mussten nach bildungs angeboten möchten wir über 25 Jahren neu aufgebaut und auf den höchsten dem natürlich auch entgegenwirken. Sicherheitsstand gebracht werden. Im Rahmen der In diesem Kontext denke ich auch, Umrüstung des Standorts auf LED-Leuchten sowie der dass die Forschung eine gewisse Er- Einbindung der Schaltanlagen in eine neue Leittechnik weiterung erfahren darf. So dürften bauteRittmeyerdiealtenInstallationenabundersetz- anwendungs bezogene Fragen, die te sie durch 22 neue Schaltschränke. «Die Umbaumass- einen erkennbaren volkswirtschaft- nahmen erfolgten in sechs Etappen und dauerten über lichen Fortschritt bringen, durchaus ein ganzes Jahr. Dabei durften wir zu keiner Zeit den mehr in den Vordergrund rücken. laufenden Betrieb stören», erinnert sich Igor Lijak, Lei- terSchaltanlagenbaubeiRittmeyer,aneinederzent- Herr Prof. Ködel, herzlichen Dank ralen Herausforderungen. Sein Team baute deshalb alle für das Gespräch. Schaltschränke vorab im Werk in Baar auf und prüfte bereits dort nach den entsprechenden Normen die vorgesehene Funktion. So gelang die schnellstmögliche Inbetriebsetzung vor Ort. Roland Strebel, Projektleiter beiERZEntsorgung+RecyclingZürich,istzufrieden: «Alles lief reibungslos. Die Zusammenarbeit mit dem Rittmeyer-Teamwarwirklichprima–vomerstenbis zum letzten Tag sehr speditiv und kollegial.»
FACHTHEMA GEMEINSAM STARK Der Energieverbund als Schlüssel zum Erfolg Wie kann es gelingen, die Wärmeversorgung ökologisch und wirt FACHTHEMA schaftlich wettbewerbsfähig zu gestalten? Christian Holzinger, Geschäfts führer der österreichischen aqotec GmbH, spricht mit uns über sinnvolle Lösungen für die Fernwärme aus Sicht des Planers, 22 | 23 Anlagenbauers – und vor allem des Betreibers. 01| 2021
Im Verbund arbeiten Interessenskonflikte verursachen mitunter Blockheiz- Fernwärme ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur kraftwerke (BHKW), welche in den Hochtarifphasen Energiewende. Der Betrieb solcher Anlagen ist jedoch stromgeführt betrieben werden. So bleiben nur kurze nicht einfach vergleichbar mit dem eines Stromver- Betriebszeiten zur Wärmeproduktion. Deshalb benötigt sorgers: Engineering und Technik, insbesondere im es Pufferlösungen, und die Deckung der Wärmeenergie Leitungsbau, sind aufwändig, der Personalaufwand ist aus anderen Quellen. höher, die Deckungsbeiträge eher gering. Umso mehr su- chen Betreiber nach Möglichkeiten, ihre Wärmeverbunde Bestehende Strukturen nutzen effizienter zu betreiben. Der wichtigste Ansatz dabei ist «In einem gut besiedelten Gebiet ist es gar nicht so es, die Wärmeverteilung im Gesamten zu betrachten – schwierig, einen Energieverbund aufzubauen», meint von der Erzeugung bis zum letzten Verbraucher. Holzinger. Gerade in städtischen Regionen gäbe es be- reits bestehende Erzeugungsanlagen, die weiter genutzt Insbesondere Verbunde mit mehreren Einspeisern haben und eingebunden werden könnten. Als Beispiel nennt hierbei Potenziale. Abhängig von den aktuellen Anfor- er eine Schule, die über eine autonome Gaskessel- derungen im Netz und den tariflichen Möglichkeiten anlage geheizt wurde, und nun an das Nahwärmenetz führt man die Einspeiser strom- oder wärmegeführt, angeschlossen ist. Die bestehende Kesselanlage wurde überschüssige Wärme wird bei den Kunden dezentral nicht demontiert, sondern aufs Netz geschaltet. Sie ist oder an den Erzeugeranlagen zentral gespeichert. Für schnell am Netz und dient als Backup. «Solche Anlagen den reibungslosen Betrieb eines solchen Verbunds muss sind nicht für den primären Wärmebedarf gedacht, aber jedoch alles perfekt aufeinander abgestimmt sein. Dafür man kann damit zum Beispiel Spitzen abdecken oder braucht es eine gute Planung und entsprechend clevere auch die Auslastung anderer Anlagen optimieren», sagt technische Lösungen. Christian Holzinger. Die kleine Anlage kann beispiels- weise im Sommer bei geringem Wärmebedarf wirt- Durch geschickte Kombination verschiedenster Erzeu- schaftlicher betrieben werden als eine Biomasseanlage, ger, beispielsweise klassische Holzfeuerung, Biomasse die eine konstante Auslastung benötigt. Und im Winter, oder industrielle Abwärme, lassen sich einzelne Anlagen bei hohem Energiebedarf, kann der Kessel für ein oder besser auslasten und dadurch auch wirtschaftlicher zwei Stunden dazu geschaltet werden, um die Spitzen- betreiben. «So nutzt man immer jene Energieform, last abzudecken. «Je nach Situation der verschiedenen welche man zu einem gegebenen Zeitpunkt günstig Verbunde bzw. der regionalen Gegebenheiten ergeben beziehen kann oder welche im Überschuss an anderer sich die unterschiedlichsten Modelle», erklärt der Stelle vorhanden ist», erklärt Christian Holzinger. Je Fernwärme-Fachmann. nach Situation, Jahresbedarf oder Jahresganglinie wird entschieden, nach welchen Kriterien die Erzeugungs- Einspeisungen bestehender Strukturen, wie Gaskessel, anlagen zugeschaltet werden. BHKWs, Biomasse oder Industrieabwärme, weisen → «Der Schlüssel zum Erfolg ist einEnergieverbundausder Kombination von Bestands- und Neu anlagen, die energetisch gut harmonieren.» Christian Holzinger, Geschäftsführer aqotec GmbH
«Man muss das grosse Ganze sehen. Wir haben nur eine Erde und mit der müssen wir ressourcen schonend umgehen. Und nicht fossile Energie verbrennen, nur weil es wirtschaftlich interessanter ist.» zudem einen hohen Standardisierungsgrad auf. So las- Städten und Regionen gelöst werden. Dazu müssten sen sich diese Anschlüsse leicht und kostengünstig in dann ebenso ökologische Aspekte und das Thema Nach- FACHTHEMA | APPLIKATION das bestehende Regelwerk eines Verbunds integrieren. haltigkeit in die Überlegungen zur Wärmeversorgung miteinbezogen werden. «Es ist nicht besonders verant- Für den Betrieb planen wortungsvoll, Industrieabwärme ungenutzt in die Luft Es empfiehlt sich, bereits bei der Planung den späteren zu blasen. Wir haben nur eine Erde, und mit der müssen Betrieb einer Heizzentrale vor Augen zu haben. So lohnt wir ressourcenschonend umgehen. Und nicht fossile es sich mitunter, gerade in ländlichen Gebieten, die Energie verbrennen, nur weil es wirtschaftlich interes- geodätische Struktur der Region bei der Standortwahl santer ist», betont Holzinger. und beim Aufbau der Heizzentrale zu berücksichtigen. Aus dem Betrieb gelernt «Um den Betriebsaufwand bei kleinen Netzen zu Seit mehr als 20 Jahren entwickelt, projektiert und reduzieren, ist es beispielsweise sinnvoll, die Biomasse- liefert die aqotec GmbH Lösungen für die Übertragung 24 | 25 Anlage an einem Hügel zu bauen, statt auf dem flachen und Verteilung thermischer Energie in Fern- und Land», rät Holzinger. Dadurch ergeben sich zahlreiche Nahwärmeprojekten. Als Planer und Betreiber eigener Vorteile: Die Hackschnitzel können oben angeführt Anlagen hat das Unternehmen natürlich einen grossen und direkt in den Bunker eingekippt werden. In der Vorteil: «Wir lernen im Betrieb, und testen quasi ‹live›», 01| 2021 Mitte wird die Heiztechnik verbaut und unten fällt schmunzelt Holzinger. Die Planungsingenieure sind die Asche in Container, die einfach abtransportiert massgeblich in den Betrieb der eigenen Anlagen invol- werden können. So werden keine aufwändigen Förder- viert, erkennen dadurch mögliche Schwachstellen und einrichtungen oder sonstige Maschinen, wie Radlader, lassen diese Erfahrungen unmittelbar in die Produkt- benötigt, welche nicht ohnehin bereits vorhanden sind. entwicklung einfliessen. «So gibt es viele Details, die Denn oftmals wird der zuliefernde Landwirt gleich in wir in unseren Projekten gelernt haben und auf die wir den Betrieb der Anlage eingebunden: Nach der Anliefe- bei der Planung und Umsetzung für unsere Kunden rung der Hackschnitzel nimmt er mit seinem Traktor die achten», sagt Holzinger nicht ohne Stolz. Dieses Aschecontainer zur Entsorgung mit. Dadurch wird der Know-how schätzen Kunden und es differenziert aqotec Betrieb sehr effizient, lässt sich mit einfachen Mitteln vom klassischen Anlagenbauer und Planungsbüro. bewerkstelligen – und spart Kosten. Fach personal wird Zudem kommt es 1:1 dem noch jungen Joint Venture nurnochimFallvonRevisionenoderbei gravierenden Rittmeyer a qotec zugute. technischen Problemen benötigt. Vorsicht mit zu viel Bürokratie Ein vernünftiges Miteinander Einen Aspekt möchte Holzinger abschliessend nicht «Neben einem vernünftigen Miteinander in der unerwähnt lassen: die bürokratischen Hürden, welche Energie versorgung, braucht es für die gewünschte für die Fernwärme zum Teil recht hoch sind. Betreiber Nachhaltig keit auch mehr politische Unterstützung», würden oftmals gerne das Netz ausbauen, sähen jedoch sagt Holzinger. Dabei steht es für ihn ausser Frage, aufgrund des zu erwartenden bürokratischen Aufwands dass die Industrie für ihre Prozesse eine Gasversorgung davon ab. «Regulatorien sind für eine Vergleichbarkeit benötigt. Man dürfe aber durchaus die Frage stellen, wichtig, gerade wenn Förder- ob benachbarte Gebäude ebenfalls mit Gas beheizt mittel fliessen. Man sollte diese werden müssen, oder nicht doch von der Abwärme des aber nicht so kompliziert Industrie betriebs profitieren könnten. «Hier entsteht gestalten, dass sie das Engage- ein Wettbewerb, den die Fernwärme rein wirtschaftlich ment und den Willen nicht gewinnen kann», ist Holzinger überzeugt. Dieses interessierter Betreiber Dilemma könne nicht ohne den politischen Willen von amEnde b remsen.»
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