WUK INFO-INTERN Ausstellung Karl-Heinz Ströhle Nachruf Daniel Aschwanden Sanierung und Umzug Interview Emmy Steiner
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WUK INFO-INTERN Nummer 3/2021 Ausstellung Karl-Heinz Ströhle Nachruf Daniel Aschwanden Sanierung und Umzug Interview Emmy Steiner
Inhalt EDITORIAL Werkschau XXVI Heidi Harsieber / Michaela Lindinger .............................. 3 Liebe Leser*innen E Zukunftsmusik in der Fotogalerie Wien / Petra Noll ..................................... 4 ndlich beginnt die Renovierung Interview Josefine Liebe / Elisabeth Maria Klocker ....................................... 6 im WUK! Abwechselnd werden Teile des WUK renoviert und Zauberklang-04-Musikfestival / Jürgen Plank ............................................. 8 können nicht genutzt werden, übergangs- Bericht WUK Forum / Maria Bergstötter .................................................... 9 weise stehen andere Räumlichkeiten zur Verfügung – mehr darüber erfährt man Mein Weg – WUK Biopflanzen / Michael Braun ....................................... 10 in einem Artikel von Margit Wolfsberger Trauer um Gabriela Nepo-Stieldorf / Maria Bergstötter .............................. 11 in diesem Heft. Mit den ökologischen Aspekten der WUK-Sanierung setzt sich K.-H. Ströhle: Wobbel around the world! / Elisabeth Maria Klocker ............ 12 der Beitrag von Johannes Nendwich (Vi- Visionär und Vordenker: Daniel Aschwanden / Maria Bergstötter ............... 14 rus/Umweltbureau) auseinander. WUK Info-Intern-Autorin Maria Berg- Die Sanierung startet – wirklich! / Margit Wolfsberger ............................... 16 stötter berichtet vom WUK Forum und Sanierung und Ökologisierung / Johannes Nendwich .................................. 17 musste für dieses Heft leider zwei Nach- rufe verfassen: auf Daniel Aschwanden Interview Emmy Steiner / Jürgen Plank ..................................................... 18 und auf Gabriela Nepo-Stieldorf von der IntAkt. Unsere Autorin Elisabeth Maria Klocker hat ein Interview mit Josefine Liebe gemacht und befasst sich in einem weiteren Text mit Leben und Werk von Karl-Heinz Ströhle. Außerdem stellen wir die nächsten Ausstellungen der Fotogalerie Wien vor: „Zukunftsmusik“ mit Beiträgen von Pa- trick Baumüller, Karø Goldt, Kaja Clara Joo, Johann Lurf, Walter Mirtl und Laura Wagner wurde von Petra Noll- Hammerstiel und Michael Michlmayr kuratiert, die „Werkschau XXVI“ zeigt Arbeiten von Heidi Harsieber – durch den Scan des zugehörigen QR-Codes ne- ben dem Artikel kommt man direkt auf Titelblatt: Umzug. die neue Webseite der Fotogalerie Wien. Foto: Hans-Erich Dechant (fahrrad.wuk.at) Viel Lesespaß wünscht Jürgen Plank für die Redaktion Liebe Leser*innen! Das Info-Intern ist eine Zeitung für alle Mitglieder des Vereins und der au- tonomen Bereiche. Wir sind offen für Mitarbeit und Beiträge! Bitte schickt uns Artikel, Fotos, Anregungen und Feedback an: wukinfointern2020@gmail.com Redaktionsschluss Heft 4/2021 ist: 7. November 2021 Das WUK ist dankbar für eure Spenden an „WUK Werkstätten- und Kulturhaus“: IBAN AT87 1200 0100 2435 5355 (BIC BKAUATWW) oder auf www.wuk.at/spenden! Impressum: WUK-INFO-INTERN. Informations- und Diskussionsorgan. Medieninhaber, Herausgeber: WUK – Verein zur Schaffung offener Kultur- und Werkstättenhäuser, 1090 Wien, Währinger Straße 59 (48° 13‘ 23“ N, 16° 21‘ 04“ O). Redaktion: Maria Bergstötter, Elisabeth Maria Klocker. Gestaltung/Layout: Computer Graphics Assoc. Druck: Robitschek, Wien. GV-Beschlüsse vom 24.6.1992: 1. Einschränkungen freier Meinungsäußerung: a) bei Verletzung von Rechten bzw. Privatsphären von Personen, b) bei Beschimpfungen, c) bei nicht belegten Anschuldigungen, d) bei möglichen straf- oder verwaltungsrechtlichen Konsequenzen. 2. Bei strittigen Beiträgen gibt es Gegendarstellungen in derselben Ausgabe. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der AutorInnen wieder. Über Kürzungen, Titel, Untertitel, Vorspanne, Zwischenüberschriften und andere Ausstattungen entscheidet die Redaktion. Nicht gekenn zeichnete Fotos: Redaktion bzw. Archiv. Weitere Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz: Zu 100 % im Eigentum des Vereins WUK. Vereinszweck: Der Verein bezweckt die Förderung der Kunst und Kultur sowie soziokultureller Aktivitäten und die Vermittlung ihrer Werte in volksbildnerischer Absicht. Vorstand: Ute Fragner, Josefine Liebe, Helga Hiebl, Margit Wolfsberger, Justine Wohlmut, Nikolaus Scheibner. Info-Intern im Netz: www.wuk.at, Magazin, WUK INFO INTERN
fotogalerie Werkschau XXVI: Heidi Harsieber – „und immer warten sie“ Von Michaela Lindinger ohne Titel, 2003, C-Print, 30 x 42 cm (erscheint als Edition zur Ausstellung) rundlich. Mit bloßen Brüsten. Rund um sie herum männliche Gliedmaßen, Rouge, 2003, C-Print, tätowiert, stark, besitzergreifend. Ge- 100 x 100 cm sichtslos. Die Frau schließt die Augen. Wie viele Menschen sind dabei? Was wird passieren? D ie Fotografin Heidi Harsieber ein Gefühl des Verlorenseins: Mit diesen Zu Beginn ihrer Karriere war Heidi hat ein Auge für das „Unpas- Themen konfrontiert uns Heidi Harsie- Harsieber die jüngste Profifotografin sende“ in einer vordergründig ber eindringlich, ohne Gnade und ohne Österreichs. Sie arbeitete hauptsächlich geordneten Welt. Sie bemerkt es und Tabus. Einfach ist es nicht, sich mit die- für die Mode- und Geschirrbranche. hält es mit dem Auge ihrer Kamera fest. sen Bildern und somit immer auch mit Schon lange ist nun der Mensch und Oft muss man mehrmals hinschauen, sich selbst auseinanderzusetzen. sein Körper(bild) das vorrangige Thema um das Beunruhigende in ihren Arbei- der arrivierten Fotokünstlerin. Dass es ten präzise ausmachen zu können. Doch Körperlichkeit und Erotik dabei häufig um Verlust und Tod geht, schon ein kurzer Blick kann innerhalb Vom Thema „Tod“ gelangt man rasch ist dem Porträtgenre immanent. Das von Sekundenbruchteilen die Empfin- zum Thema „Sex“. Körperlichkeit und Bild eines Menschen dient seiner Erin- dung von Unbehagen auslösen. Etwas Erotik tauchen bei Heidi Harsieber in nerung. Wären wir nicht sterblich, Rätselhaftes, Erschreckendes, Grau- zahlreichen Variationen auf. Es können wozu dann ein Porträt? sames dringt in eine Szenerie ein, dort, rote Strümpfe an einem ansonsten nack- wo man sich eigentlich sicher fühlen ten Frauenkörper sein. Noch augenfälli- Werkschau XXVI: Heidi Harsieber (AT) – sollte. ger: Zwei weiß bestrumpfte Beine in „und immer warten sie“ Heidi Harsiebers fotografisches Uni- High Heels. Der restliche Körper muss Eröffnung: versum bevölkern Körper und Körper- vom Auge ergänzt werden. Und dann Montag, 11. Oktober 2021, 19 Uhr teile. Die Künstlerin nähert sich ihren erst sieht man es: Das linke Bein ist ein- Einführende Worte: Michaela Lindinger Motiven manchmal wie eine Modefoto- bandagiert, mit weißen Mullbinden. Dauer: 12.10.–13.11.2021 grafin, sie inszeniert ein Kleid, einen Nicht immer ist Sexualität in Heidi Künstlergespräch 4.11.21, 19h, siehe: Strumpf, lange Haare. Und doch: Im- Harsiebers Werk positiv beleuchtet. www.fotogaleriewien.at mer ist da auch etwas Zweideutiges, das Eher kommen einem gefährliche Situa- dem/der Betrachter*in etwas abverlangt. tionen in den Sinn: Ungewolltes, Un- Man muss sich darauf einlassen. überlegtes, Überraschendes, das so nicht Alter, Einsamkeit, Krankheit, innere gewünscht wurde. Fleischbeschau, im und äußere Versehrtheit, Sex und Gen- echten und im übertragenen Sinn. Im der, das ungewisse Schweben alleingelas- Mittelpunkt eines Fototriptychons eine sener Körper zwischen Tod und Leben, madonnenhaft wirkende Frau, jung, WUK-Info-Intern _3/2021 33
fotogalerie Zukunftsmusik Petra Noll-Hammerstiel für die Fotogalerie Wien D iese Ausstellung mit den Künst- die Vorstellung von Klang bzw. Schall- reduzierte sie die Fotos auf ihre Farben ler*innen Patrick Baumüller, wellen, obwohl kein realer Sound her- und animierte diese Streifenfotos zu Karø Goldt, Kaja Clara Joo, Jo- vordringt. Das Objekt mit dem visuell kleinen Videoclips, die sich in Spektro- hann Lurf, Walter Mirtl und Laura eingearbeiteten Pause-Zeichen – das den meter-Analyseraster eingepasst bewegen. Wagner wurde von Petra Noll-Hammer- temporären Stopp von Aufnahme- oder Der zweite Teil des Films zeigt, wie es stiel und Michael Michlmayr für die Wiedergabeapparaten symbolisiert –, aussehen könnte, wenn nach der Zerstö- FOTOGALERIE WIEN kuratiert. besteht aus einer Agglomeration von rung der Umwelt die letzten Zeugnisse Es wurden Werke ausgewählt, die sich Schaumstoffpyramiden, die rein visuell eines Gartens wissenschaftlich unter- bei unterschiedlichen Inhalten im visio- an jene Dämmwände erinnern, die in sucht würden. Die Musik von Timothy nären Bereich bewegen sowie Bild und Tonstudios als Breitbandabsorber einge- Shearer verstärkt Ästhetik und Stim- Ton in ein audio-visuelles Zusammen- setzt werden. Die Umkehr, im Sinne des mung des Films ins Düstere, Dystopi- oder Wechselspiel bringen. Die musika- Abbremsens oder überhaupt des Ver- sche. Die Arbeiten der Fotoserie „uni- lischen Kompositionen und die Geräu- schwindens von Sound also. Im Wechsel magined possibilities“ changieren zwi- sche bzw. der Sound treten in den der Medien – wie hier vom Klang zum schen Utopie und Dystopie und lassen künstlerischen Werken als gleichberech- Objekt – stellt Baumüller symbolisch in ihrer teils sphärischen Atmosphäre tigte Partner der Bilder auf. Sie stimulie- aufgeladene Konzentrate her. (Roland eine klangliche Ebene spüren. ren, ergänzen, (über-)steigern oder kon- Schöny) trastieren die Bilder oder bedingen sie. Kaja Clara Joo Auch die fotografischen Arbeiten sind Karø Goldt Die Installation „Schwarmorchester“ entweder mit Sound kombiniert oder In dem experimentellen Fotofilm „hor- von Kaja Clara Joo entstand nach dem können assoziativ Töne im Kopf erwe- tus“ von Karø Goldt geht es um unse- Bild eines sich blind windenden Grillen- cken. ren Umgang mit Natur und Landwirt- schwarms. Auf einer an einem Alumini- Das Hören von Klängen führt zu ei- schaft und den Folgen daraus. Goldt fo- umgestell hängenden Baumwolldecke ner veränderten Rezeption von Bildern, tografierte über ein Jahr Beete und befinden sich mehrere Emulsionsarbei- ebenso beeinflusst das Sehen von Bil- Pflanzen ihres Gartens und beobachtete ten: Anstelle eines Negativs wurde eine dern die Wahrnehmung des Tons. Die die farblichen Veränderungen. Danach Arbeiten sind konzeptuell entwickelt; die Auseinandersetzung mit Zeit und Raum sowie Struktur, Ordnung, Rhyth- mus und Verlauf nimmt eine tragende Rolle ein, wobei Bild und Ton jeweils ihren eigenen Bereich in Bezug auf Räumlichkeit bzw. Zeitlichkeit befra- gen, reflektieren und überschreiten. Durch ihre ästhetische, atmosphärische Erscheinung und ihren immersiven Charakter wecken die Bild-/Tonmonta- gen einerseits Gefühle der Harmonie, aber diese Stimmung kann jederzeit durch dystopische, bedrohliche, sur- reale, auch skurrile Situationen und Klänge gebrochen werden. Oder es kommt, wie in dem schallschluckenden Objekt-Bild von Patrick Baumüller, zum Entzug des Tons und wir erreichen den Zustand der Stille. (Petra Noll- Hammerstiel) Patrick Baumüller Zahlreiche Arbeiten von Patrick Bau- müller bewegen sich im Bereich der Patrick Baumüller, „Pause“, 2016, (Klang-Objekt), Sperrholz, Metall, Klangkunst. In seinem Objekt „Pause“ Holzleim, Schaumstoff, 180 x 230 x 36 cm Foto: Robert Fleischanderl manifestiert sich in unmittelbarer Weise 4 WUK-Info-Intern _3/2021
fotogalerie Walter Mirtl, Still aus: Rhinoceros, 2021, HD-Video, Farbe, 01:54 Min., Loop Petrischale in den Fotoprojektor der nach Dekade und Trends auch visuell gel spielten. Während die Tiere über Dunkelkammer gespannt, in welcher verändert. Gezeigt wird die aktuelle Ver- Tasten, rostige Saiten und den brüchi- sich ein lebender Grillenschwarm be- sion von 2021. gen Holzrahmen kriechen, deutet der fand. Die Bewegungen der Tiere konn- Flügel aus den Sofiensälen performativ ten durch Temperatur, Vibration und Walter Mirtl auf seine eigene Zeitlichkeit hin. Er ver- Licht beeinflusst und gesteuert werden. Der Künstler zeigt eine Auswahl aktuel- weist auf die Geschichte jener Räume, Ihre Verhaltensmuster belichtete ein- ler Videos mit vorwiegend selbst kom- in welchen, wie in einem lautstarken zelne, zuvor lichtempfindlich gemachte poniertem Sound. Kurze Videos, in de- Schweigen, Operetten und Bälle statt- Baumwollstücke. Durch den Einsatz nen visuelles und klangliches Material fanden – nur kurz nach ihrer Verwen- von Motoren wird der gesamte Korpus eine gleichwertige Synthese bilden, sind dung als Sammelort für verhaftete Juden in Bewegung gebracht und komplettiert seit vielen Jahren sein bevorzugtes vor der Deportation. In der performati- sich erst durch diese: Wie das leise Zir- künstlerisches Medium. Die Bildinfor- ven Installation wird dieser erneut be- pen eines Schwarms vibriert und ertönt mationen sind extrem kurz und werden spielt. Diesmal jedoch von einem Kol- die Skulptur in ihrem Gestell vor sich geloopt, während die Tonspur über das lektiv aus Schnecken, die zur lebendigen hin. ganze Video läuft – nur selten ist dies biomorphen Masse werden und sich in umgekehrt. Meist werden zwei Bilder einem fast schon metabolischen Prozess Johann Lurf aus verschiedenen Kontexten miteinan- den mnemonischen Flügel zu eigen ma- Der Film von Johann Lurf zeigt die der kombiniert, die jeweils durch ab- chen. (Magdalena Stöger) Sternenhimmel der Filmgeschichte, rupte Schnitte oder Überblendungen chronologisch geordnet vom Anfang des rasch abgelöst werden. Mirtl schildert Zukunftsmusik Kinos bis in die Gegenwart, begleitet Zustände und Ereignisse, mit denen er Eröffnung: vom Originalton der einzelnen Szenen. Sinneseindrücke stimulieren möchte. Montag, 30. August 2021, 19 Uhr Die akustische Ebene trägt eine Vielzahl Zusammen mit dem häufig bedroh Einführende Worte: an Informationen – von der Verände- lichen, repetitiven Sound entstehen Petra Noll-Hammerstiel rung der Sprache, über Musik und Ton- surreal-rätselhafte Situationen. Wie bei Dauer: 31.8. – 2.10.2021 gestaltung bis hin zu den Tonsystemen einer Partitur verwendet er eine vertikale www.fotogaleriewien.at der letzten 120 Jahre. Durch den Fokus Gliederung aus Bild- und Tonebene. auf klare Sternenhimmel bei der Aus- wahl der Szenen wird der Film durch Laura Wagner Schnitte fragmentiert und rhythmisiert. Mit Fotos und Klang dokumentiert Die vielen Sprachen aus dem Off erzäh- Laura Wagner die Performance „Lever- len, philosophieren und träumen mit kühn“, bei der 600 Schnecken ein Kon- dem Blick in den Weltraum, der sich ja zert an einem ausrangierten Klavierflü- WUK-Info-Intern _3/2021 5
Interview Liebe _ Ihr Name ist Programm Elisabeth Maria Klocker im Gespräch mit Josefine Liebe J osefine Liebe war in den letzten vier Jahren im WUK Vorstand aktiv. Da- rüber hinaus hat sie sich mit großem Engagement in verschiedenen Arbeits- Spaß gemacht, und ich finde, dass das WUK ein toller Ort ist. Gerade wenn du mit Kindern zu tun hast. Da gibt es immer etwas Neues. Jedes Kind, jede gruppen und lange Zeit im WUK Fo- Familie ist anders. Ich habe gerne mit rum engagiert. Im Herbst tritt sie nicht Kindern zusammengelebt. Es war wie mehr zur Wahl an. eine Familie, von 8 bis 17 Uhr. Dafür Über 19 Jahre hat die studierte Päda- bin ich aber auch Montag um halb fünf gogin in der WUK-Kindergruppe „Ge- Uhr aufgestanden. meinsam Spielen“ mit vielen unter- schiedlichen Kindern gearbeitet. Nicht nur dort war sie sehr beliebt und hat neue Standards gesetzt. Schon länger lebt sie mit ihren drei Hunden und vie- len anderen Tieren in Niederösterreich. WUK Info Intern: Josefine, du bist ja sehr kinder- und tierlieb? Josefine Liebe: Das stimmt, ja. Kin- derlieb zu sein, wäre schon ganz gut in meinem Job! (lacht) Manchmal habe ich das Gefühl, dass es Pädagoginnen gibt, Man kann nicht genug Liebe geben. die Kinder hassen. Welche Ausbildung hast du genossen? Warum hast du eine Vorliebe für unter- 12 Jahre Waldorfschule und dann schiedliche Hunderassen, wie kam das? habe ich auf einem öffentlichen Gym- Mir ist nicht so wichtig, wie sie op- nasium maturiert. Danach habe ich Bil- tisch ausschauen. Wichtiger ist, dass sie dungswissenschaften auf der Uni Wien zu mir passen. Jeder Hund hat eine un- studiert. Ich habe einen Master in Sozi- terschiedliche Zeit. In meiner wilden almanagement und einen in Kinder- Jugend war es ein anderer Hund. Ich und Familienzentrierter Sozialer Arbeit. habe das Gefühl, dass je nach Lebens- Fotos: Josefine Liebe Weiterbildung ist dir demnach sehr phase unterschiedliche Hunde zu ei- wichtig? nem kommen. Warum hast du schließlich aufgehört? Ja. In Jobs, wo man mit Menschen Du warst meistens mit deiner Kinder- Vor 13 Jahren bin ich in den Dunkel- umgeht, kann man sich nicht genug gruppe und deinen Hunden im WUK zu steiner Wald gezogen. Mit drei Hunden weiterbilden. Man braucht allerdings sehen. Das war ein schöner Anblick! war ich auf das Auto angewiesen. Mir ist Zeit und Geld zum Studieren. Ich war nicht nur im WUK unter- es mit dem Pendeln einfach zu viel ge- wegs, die Hunde waren mit den Kin- worden, zu viel Zeit und Geld. Lange im WUK Vorstand aktiv dern mit. Es war immer etwas Besonde- Dort hast du noch mehrere Tiere. Wer Josefine, du bist jetzt seit einigen Jahren res, wenn wir mit 14 Kindern und den versorgt die Menagerie? im WUK Vorstand aktiv. drei Hunden in den Öffis mitgefahren Ich ganz alleine. Ich habe zwei Schafe, Insgesamt waren es, wenn man eine sind. zwei Esel, zwei Pferde, vier Schweine, frühere Periode dazu nimmt, acht Jahre. Wann bist du ins WUK zur Kinder- einen Kater und die drei Hunde. Ei- Ich glaube, da hast du dich wohl mit gruppe gekommen? gentlich sollten die Schafe den Rasen am längsten im Vorstand engagiert. Wie Ich bin vor 19 Jahren ins WUK ge- mähen. Sie sind aber zu den Schweinen war die Vorstandstätigkeit in der ersten kommen, durch Zufall, weil meine hinaufgezogen. Sie lieben Schweine. Periode? Nichte in die Kindergruppe „Gemein- Woher kamen die Tiere? Ganz anders, etwas chaotisch in einem sam Spielen“ ging. Sie haben dort eine Vom Tierheim. Die Pferde sind als positiven Sinn. Im Jahr 2007, das war Vertretung gesucht. Gnadenhofpferde aufgenommen. Ich noch kurz nach der Riesen-Finanzkrise Warum bist du so lange im WUK ge- habe einige Tiere gerettet. Die Schweine im WUK, waren wir damit beschäftigt, blieben, was hat dich dort begeistert? auch teilweise mit der Flasche aufgezo- über Wasser zu bleiben. Die Zusam- Ich bin hängen geblieben. Es hat mir gen. menarbeit mit der Geschäftsleitung ist einfach gefallen. Mir hat die Arbeit viel Toll. Du gibst ihnen sehr viel Liebe! jetzt um einiges besser. Ich denke, dass 6 WUK-Info-Intern _3/2021
Interview das WUK sich in den letzten Jahren Es gab manchmal so Dinge wo ich Was hast du persönlich daraus mit- sehr professionalisiert hat, auch die Kin- dachte, es ist eine „gmahde Wiesn“. genommen? dergruppe. Es geht mehr nach Richtli- Dann habe ich immer wieder Aha-Er- Ich habe nach der Corona-Krise ge- nien. Das hat Positives und Negatives. lebnisse gehabt, dass es so doch nicht kündigt. Ich war in einem Strudel drin. Es war sehr unterschiedlich. Das spiegelt geht. Ich kam mit einem Vorschlag. Corona hat ein Bewusstsein geschaffen, die Gesellschaft wider. Schwerpunkt Entweder bekam ich Zustimmung oder was noch möglich ist. Ich mag nicht jetzt war die Sanierung, der Mietvertrag. nicht, dann wurde diskutiert. Ich war mehr pendeln, da geht zu viel an Le- Was hat dich an der Vorstandsarbeit ge- ganz erstaunt, wie toll wir das mit den bensqualität drauf. reizt? Zusagen von den Bereichen hinbekom- Du wirkst jetzt entspannter. Ich hatte das Gefühl, ich kann etwas men haben, dass sich die Bereiche finan- Ich bin gerne ins WUK gefahren. bewirken. Ich habe viel über das WUK ziell beteiligen. Manchmal versteht man Aber meine Lebensqualität hat sich jetzt gelernt. Der erste Block von 2007 bis sich auf Anhieb, manchmal nicht. sehr verbessert. Ich verbringe mehr Zeit 2011 war mehr nach innen, im Wald mit den Tieren. wie überstehen wir diese Das „im Stau stehen“ fällt Krise, wie können wir zu- weg. Mein Leben hat sich sammenhalten. Jetzt gab es entschleunigt. Herrlich. Es einige Verhandlungen mit war vorher auch schön. der Stadt Wien. Man lernt Wie viel schöner es noch viel dazu, z.B. wie findet werden kann, habe ich erst man sich als Team zusam- jetzt gemerkt. men. Ich finde Vorstandsar- Die Vorstandperiode beit sehr bereichernd, auch schließt du mit der GV im wenn sie manchmal extrem Herbst auch ab. anstrengend ist. Was ich an Ich hatte schon vorher der Vorstandsarbeit zehrend überlegt, auszusteigen. Weil fand, war die Kommunika- jetzt vieles übers Internet tion. Nicht die realistischen geht, habe ich beschlossen, Probleme, sondern mehr die Vorstandsperiode noch die Missverständnisse, weil fertig zu machen. das WUK so vielfältig ist, Du wirkst die meiste Zeit auch in den Arbeitstempi. in dir ruhend. Macht das Konflikte sind einfach vor- dein Pädagogikstudium aus, programmiert. In der Kommunikation mit den Berei- und/oder verfügst du über spezielle Skills? Das ist das Wesen einer Demokratie, das chen oder im Vorstand? Hauptsächlich das Studium Sozialma- muss man aushalten. Grundsätzlich. Es gibt immer wieder nagement. Die letzten beiden Master- Man lernt ganz viel über demokrati- große Ideen. Das machen wir! Dann studien haben mich weitergebracht. sche Prozesse. Genau, das muss man geht’s doch nicht und dort, wo ich Bildungswissenschaften ist lang her und aushalten. Es bringt einen dann ja auch dachte, das sind Riesen-Brocken, finden sehr theoretisch. weiter. sich plötzlich gute Konsenslösungen. Was waren die größten Herausforderun- Audiatur et altera pars. Man höre auch gen? Das war ja keine leichte Zeit. die andere Seite. Herausforderungen aller Art Eine zentrale Problemstellung war das Du bist ja während deiner Vorstandstätig- Prekarium des WUK. Es gab viele Ver- keit mitten in die Pandemie geraten. Wie handlungen mit der Stadt Wien, um das waren die Lockdowns für dich? WUK abzusichern. An mir ist Corona sehr gut vorüberge- Du bist im WUK Forum für die schnel- gangen, sehr entspannt. Am Land läuft len, übersichtlichen Protokolle beliebt, die alles ein bisschen ruhiger ab. Die Kin- du noch am selben Abend verschickst. dergruppe ist weitergelaufen. Wir haben Das hat einen pragmatischen Grund. dort auch keine Maskenpflicht gehabt. Sonst vergesse ich sehr viel. Ich muss es Es hat natürlich finanzielle Einbußen von meiner Kopfliste gleich abhaken, gegeben, aber durch Förderungen und dann ist es weg. Ich mache neben mei- Ausfallszahlungen ist das WUK relativ nen 40-Stunden-Jobs immer sehr viele gut vorbeigeschrammt. Dinge. Ich bin vieles, aber keine Perfek- Was ich sehr heftig fand, waren die tionistin. Foto Christine Baumann WUK-Foren. Da hast du gemerkt, wie Trotz hohem Arbeitspensums dürfte dir schlecht es den Leuten gehen kann. ein Burnout fremd sein. Insbesondere selbständigen Künst- Ich neige nicht zum Burnout. Ich be- ler*innen. Viele haben Angst bekom- komme aus meiner Arbeit so viel Ener- men und sind vereinsamt. Es war eine gie heraus, aus dem Zusammenleben große Krise. mit den Tieren und aus dem was ich tu. WUK-Info-Intern _3/2021 7
Interview Auch aus Freund*innen und Menschen, gemeinsames Ganzes sehen. Während und kann dem FZ zusichern, dass es zu- die mich umgeben. der Sanierung könnte dies befördert mindest für 30 Jahre bleiben kann. Es Bist du krisenfest? werden, wir Menschen entwickeln uns braucht jedoch noch eine viel klarerer Ja, zum Glück. Wenn mich etwas aus weiter. Es gibt kleine Schritte in die Ansage vom WUK, dass das FZ bleibt. der Bahn wirft, habe ich ein stabiles so- richtige Richtung. Vielleicht eine klare schriftliche Verein- ziales Netzwerk, das mich auffängt, Wie wurde die Einigung mit dem Frau- barung? Waldspaziergänge, Freund*innen und enzentrum (FZ) errungen? Das war ja ein Ziel wäre es, die Vereinbarung zu tref- meine Tiere. anstrengender Prozess. fen, da hast du vollkommen recht. Das Es gibt divergierende Meinungen, müsste man schon anfangen. Wir haben Rückschau und Ausblick aber mit dem Lift eine gute Lösung fürs uns mit den Frauen getroffen, zwecks ei- Du hast dich im Vorstand für die Auto- FZ. Der Hort ist noch nicht ganz zu- ner Vereinbarung mit dem Fluchtweg. nomie eingesetzt. Hat sich Die FZ-Frauen und Vor- deine Wahrnehmung von den stands-Frauen sind also Bedingungen künstlerischer dran. Existenz verändert? Was wird die Sanierung Ja. Ich habe jetzt einen bringen? Sie wurde von fünf anderen Zugang. Es gab viel auf drei Jahre verkürzt. Diskussion und Austausch, Genau. Für mich persön- was kann man wann produ- lich wird die Sanierung gar zieren und dass Kunstschaf- nichts bringen. Ende des fende einen anderen Raum Jahres werde ich weg sein. brauchen, keinen „Nine to Außer ich komme mal auf Five-Job“. Die Inspiration ein Getränk vorbei. Für kommt ja nicht um acht mich ist das eine abge- Uhr, wenn du dich hinsetzt, schlossene Lebensphase. sondern eventuell erst um Hast du dabei eher ein la- zwei Uhr in der Früh. Es chendes oder weinendes geht auch um prekäre Ar- Auge? beitsverhältnisse. Beides. Ich bin total froh, Inwiefern hat sich dein Be- nicht ständig nach Wien zu wusstsein noch geschärft? müssen, und fühle mich da Kunst ist nicht nur Van Gogh oder frieden. Es gibt Sachen, die noch nicht draußen sehr wohl. Es war eine super- Schiele. Es gibt auch Installationen, gelöst sind. Der Mietvertrag, der über tolle Zeit in der Kindergruppe. Ich Tanz, Theater, Performance. Ich mag das FZ geschlossen wurde, da ist das FZ werde es vermissen. Die kommende Ge- Beuys total gerne. Er hat meinen Kunst- noch immer nicht einverstanden. Ich neralversammlung ist für mich ein Ab- begriff total erweitert. Als Waldorf- habe aber das Gefühl, dass es konstruk- schluss. Ich bin kaum noch im WUK Schülerin schafft man auch selbst viel tive Gespräche gibt. Das FZ ist ein und merke, es ist jetzt schon viel weiter Künstlerisches. wichtiger Teil der Währinger Str. 59. Ich weg. Es passt aber sehr gut, so wie es ist. Ist ja eine kreative Schule. glaube, dass es für das FZ viel mehr Si- Vielen Dank für das interessante Ge- Mein Vater war sehr kreativ. Meine cherheit gibt. Vielleicht müssen wir uns spräch. Großmutter war bildhauerisch begabt. noch mehr deklarieren. Vorher gab es Hast du auch künstlerische Neigungen? nur das Prekarium von der Stadt Wien. https://cba.fro.at/341953 Ich arbeite gerne mit Ton. Hobbymä- Jetzt hat das WUK einen Mietvertrag ßig bin ich bei den Tieren im Wald drau- ßen. Das Handwerkliche ist meines: Be- tonieren, mauern, Sachen selbst machen, mit Holz zimmern. Speckstein finde ich ein ganz tolles Material. Bildhauerei inte- Zauberklang-04-Musikfestival 2021 ressiert mich mehr als Malen. V Wo siehst du noch Entwicklungsbedarf on Do 14. bis So 17. Oktober Beginn: jeweils 19h (Einlass: in Bezug auf die drei Säulen des WUK, 2021 präsentiert Pantau-X 18:30h), @ OFF Theater (OpenBox), Kulturbetrieb, Autonomie sowie Bildung das „Zauberklang-04-Musik- Kirchengasse 41, 1070 Wien und Beratung? festival 2021“. Neben Mastermind www.pantau-x-records.com Nach meinem Weltbild müssten sich Uli Soyka sind u.a. dabei: Kati LaVoix, die drei Säulen, in meinem Ideal, auflö- Jelena Poprzan, Tobias Vedovelli, sen. Es gibt unterschiedliche Leute. Von Jan Roder. Dabei gelten natürlich die allen Seiten ist viel negatives Denken aktuellen Corona-Bestimmungen dabei, das uns hemmt. Es geht um die (3G, Maskenpflicht, Registrierung) Angst um Ressourcen unterschiedlicher Art. Es wäre von Vorteil, das WUK als 8 WUK-Info-Intern _3/2021
basisdemokratie WUK-Forum Juli und September 2021 Zusammengefasst von Maria Bergstötter Bildung und Beratung neuen Schuljahres in den Ersatzräumen ger, stellen fest, dass der Entwurf in der Christoph Trauner berichtet im Juli-Fo- einrichten. Die Schulen brauchen alle neuen Form weit vom ursprünglichen rum über einen Strukturprozess im Be- Räume, sodass auch noch einiges im entfernt ist. Die Veränderungen sind trieb Bildung und Beratung, der im Projektraum zwischengelagert werden gravierend und würden die Vorteile der März gestartet wurde. Die Organisation muss. ARGE als Alternative zu Untermietver- soll angepasst werden, weil die Zahl der Noch ist nicht klar, wie die Frühbe- trägen aufheben. Angestellten mittlerweile auf rund 250 treuung organisiert werden kann. Julia Fromm merkt an, dass die In- gewachsen ist. Auch die übrigen Bereiche bis auf den standhaltungspflichten und Haftungen Musikbereich sind mit Ausräumen und im Vertragsentwurf noch nicht geregelt Sanierung Packen beschäftigt und bereiten sich auf sind. Der Sanierungsbeginn hat sich verscho- die temporäre Übersiedelung vor. Mi- Es wird beschlossen, dass es eine neu- ben. chael Leuthner verwaltet das Ersatzquar- erliche Sitzung der Arbeitsgruppe geben Eine Vertreterin des Horts im Kinder- tier in der Karl-Farkas-Gasse. muss, ehe der Entwurf den Bereichen Jugendbereich ist im Juli-Forum zu Gast Afshin berichtet, dass ein Schloss von und einem erweiterten WUK-Forum und wirbt um Unterstützung. Durch den Haustechnikern ausgetauscht vorgelegt werden kann. Es wird emp- den Lift, der innerhalb der Stiege 5 ein- wurde, ohne dass die IKB-Gruppe da- fohlen, Frau Einwallner in die Arbeits- gebaut wird, verliert der Hort einen Teil von informiert wurde, sodass eine ver- gruppe und ins WUK-Forum einzula- seines Raumes. Geplant ist, dass der wirrende Situation entstanden ist. Au- den. Raumverlust durch eine neue Hoch- ßerdem mussten die IKB-Gruppen im ebene kompensiert wird. Der Hort-Ver- Januar ihre alten Schlüssel abgeben und Vorstandswahl im November ein wünscht sich diese Hochebene an ei- nun für neue Schlüssel Kaution zahlen, Im Juli-Forum wird von einer offenen ner anderen Position im Raum. Margit was für sie finanziell belastend ist. Vorstandssitzung berichtet, an der einige Wolfsberger, im WUK-Vorstand für die an einer Kandidatur Interessierte teilge- Sanierung zuständig, erklärt, dass die Interne Verträge nommen haben. gewünschte Lösung wegen der notwen- Das Juli-Forum war als erweitertes Im September-Forum wird berichtet, digen Fluchtwege nicht umsetzbar ist. WUK-Forum geplant, in dem der Ent- dass Nikolaus Scheibner vom Vorstand Auch weitere Gruppen werden Raum wurf für die internen Verträge bespro- zurückgetreten ist und vom bisherigen einbüßen. Es wird noch einmal über das chen werden sollte. Doch die Prüfung Vorstand nur mehr zwei Mitglieder kan- von der MA 34 abgelehnte Konzept ei- durch Doris Einwallner, Juristin und didieren werden. Auch die beiden Ver- nes Außenliftes gesprochen. Spezialistin für Vereinsrecht, verzögerte einsprüfer*innen wollen keine weitere sich. Der Entwurf wurde erst kurz vor Amtszeit mehr machen. Interessierte an Ersatzquartiere dem September-Forum fertig und an beiden Funktionen sind eingeladen, mit Da das Ersatzquartier in der Nordwest- das WUK-Forum versendet. Christoph dem Vorstand Kontakt aufzunehmen, bahnstraße (wie bereits in der letzten Trauner wurde vom Vorstand ersucht, wenn sie Fragen haben. Ausgabe berichtet) nun doch nicht zur die Diskussion zu moderieren. Pandemiebedingt ist noch nicht klar, Verfügung steht, wird im Juli-Forum Die beiden Mitglieder der Arbeits- in welcher Form die Generalversamm- besprochen, dass die Gruppen des Be- gruppe, Wolfgang Rehm und Jura Mus- lung stattfinden können wird. reichs Gesellschaftspolitische Initiativen (GPI) und des Interkulturellen Bereichs (IKB) nicht ausziehen können. Damit scheint die Übersiedelung der Schulen in die GPI- und IKB-Räume gefährdet. Zum Glück wird doch noch ein Er- satzquartier gefunden, das allerdings sehr kleine Räume hat. Es befindet sich in der Baumgasse in St. Marx. Im Sep- tember-Forum wird berichtet, dass es angemietet wurde. Die Gruppen haben unter großem Zeitdruck ihre Räume frei gemacht und sind bereits übersiedelt. Umzug Trotz der Verzögerung konnten sich das der Fahradwerkstatt Foto: Christine Steininger Schulkollektiv und die Schüler*innen- schule noch rechtzeitig vor Beginn des WUK-Info-Intern _3/2021 9
pflanzen Mein Weg bei WUK Bio.pflanzen Ein Erfahrungsbericht von Michael Braun S chon wieder ein sozialökonomi- Ende März starten. Recht schnell hat scher Betrieb? Das waren meine die Kommunikation mit den Kolleg*in- ersten Gedanken, als ich 2013 das nen geklappt. Der Kundenkontakt hat erste Mal im AMS von WUK Bio.pflan- mich schon sehr herausgefordert. Ge- zen hörte. Bis zum Herbst 2016 konnte rade eingewöhnt, war aber leider wegen ich mich erfolgreich davor drücken, da- der Pandemiemaßnahmen nach drei nach gab es keine Wahl mehr. Heute, Wochen schon wieder Schluss. fast fünf Jahre später, kann ich nur sa- gen, dass es das Beste war, was mir pas- Doch auch dieses Mal ergab sich sehr sieren konnte, aber der Reihe nach: schnell wieder die Möglichkeit zu einem Aufgrund meiner zurückhaltenden Art Vorstellungsgespräch für eine Buchhal- war es in früheren Jahren nicht so leicht, tungsstelle in einer Steuerberatungs- soziale Kontakte zu knüpfen. Ausgelöst kanzlei, meinem gewünschten Arbeits- durch ein kontinuierliches Mobbing zu feld. Von der persönlichen Einschätzung Schulzeiten, war ich grundsätzlich ver- bin ich bei diesem Gespräch noch ein- unsichert. Diese Erlebnisse haben mehr mal ein Stück über mich hinausgewach- als die Hälfte meines bisherigen Lebens sen. Kein nervöses Herumgestottere, beeinflusst, weshalb es wahrscheinlich einfach klipp und klar auf den Punkt auch mit der Jobsuche nach der Schule gebracht, was ich will und was ich kann! überhaupt nicht funktioniert hat. Und so bin ich jetzt seit zwei Wochen Herbst 2016, genauer gesagt der hier beschäftigt. Es herrscht ein sehr fa- 26.9.2016, war mein erster Tag bei miliäres Betriebsklima, die Kommuni- WUK bio.pflanzen. Gleich mal um gut kation klappte von Anfang an hervorra- zwei Stunden zu spät gestartet, weil ich gend, die Mittagspause wird gemeinsam hin- und hergerissen war, ob ich mich verbracht. Es macht Freude in die Ar- dieser Herausforderung stellen sollte. Foto: Conny Fürlinger beit zu gehen, es könnte nicht besser Die Arbeit an sich machte eigentlich laufen. schon am ersten Tag Freude. Ziel ist es, zunächst Berufserfahrung Im Nachhinein muss ich sagen, dass man mich dort im Team nicht behalten. im Bereich Buchhaltung zu sammeln, glücklicherweise gleich am zweiten Tag Ich war schon so weit gekommen und um später vielleicht doch noch meinem teambildende Gespräche und Übungen doch reichte es für die anderen nicht. Traumberuf nachgehen zu können: Trai- in der Gruppe stattfanden und so mein 16. Juni 2020: Neuer Anlauf bei ner im Bereich Buchhaltung für Er- größtes Defizit – das Pflegen von sozia- WUK Bio.pflanzen. Dadurch, dass ich wachsene, worauf ich mit Eifer hinar- len Kontakten – publik wurde. Mag. mich in den zwei Jahren doch weiter- beite. Präsentationen vorbereiten, vor Andreas Konecny, zuständig für die Per- entwickelt hatte, war der Einstieg kein mir selbst vortragen (da leider das Publi- sonalentwicklung und Outplacement, Problem. Die Kommunikation mit Kol- kum fehlt), mache ich sehr oft in meiner fiel das sofort auf und wir kamen ins leg*innen und Schlüsselarbeitskräften Freizeit. Bis vor einigen Jahren hätte ich Gespräch. funktionierte diesmal von Anfang an es wahrscheinlich nicht einmal gewagt, In den darauffolgenden neun Mona- reibungslos – bis zum Januar 2021, wo davon zu sprechen, aufgrund der Defi- ten entwickelte sich die Kommunikation das nächste Praktikum anstand. Leider zite im Kommunikationsbereich. mit Kolleg*innen und Arbeitsanlei- alles andere als erfolgsversprechend, wo- Mein besonderer Dank gilt dem gan- ter*innen ganz gut. Probleme gab es erst bei man diesmal sagen muss, dass es zen Team von WUK Bio.pflanzen! wieder bei Praktikumsplätzen, außerhalb nicht ausschließlich an mir lag. Außer- der gewohnten Umgebung. Da war sie dem konnte ich die auftretenden https://www.wuk.at/en/angebot/bildung- wieder, die Versagensangst. Schwierigkeiten zeitnahe mit dem Per- und-beratung/biopflanzen/ Nach fast einem Jahr, war Schluss bei sonalentwickler bearbeiten und auch WUK Bio.pflanzen. Es konnte ein an- wegstecken. schließendes Arbeitstraining für drei 10. Februar 2021, letzter Tag bei Monate in einer Steuerberatungskanzlei WUK Bio.pflanzen. Danach kam bald organisiert werden, welches auch noch die Einladung von einem Gartencenter mal um drei Monate verlängert wurde. zu einem Vorstellungsgespräch. Es lief Nur war nach dieser Zeit wieder Schluss. erstaunlich gut, besser als ich erwartet Wegen meines Rückzugsverhalten wollte hatte und so konnte ich schließlich 10 WUK-Info-Intern _3/2021
nachruf Gabriela Nepo-Stieldorf bei der Arbeit an einer Skulptur Fotos: Romana Egartner Skulptur „In Motion“ Trauer um Gabriela Nepo-Stieldorf D ie Internationale Aktions- zeichnet. 2008 erhielt sie das goldene „Ein Ausloten der Möglichkeiten der gemeinschaft bildender Künst- Verdienstzeichen der Republik Öster- Grenzen der Balance, von Statik und lerinnen (IntAkt) beklagt den reich. Bewegung, von Ruhe und Spannung in Verlust eines langjährigen Mitglieds. Die Viele Werke befinden sich im öffentli- bildnerischen Werken, in Bewegung, in Künstlerin Gabriela Nepo-Stieldorf ist chen Raum, unter anderem in Russland, akustischen Impulsen, im sozialen Ge- am 13.8.2021 unerwartet auf tragische Finnland, Ägypten und Japan, sowie in füge …. Ähnlich dem labilen Gleichge- Weise während der Arbeit an ihrer ak- zahlreichen Sammlungen und Museen. wicht in der Gesellschaft, in der eine tuellen Ausstellung verstorben. Unser Zudem war Gabriela Nepo-Stieldorf als kleine Verschiebung zum Kollaps füh- aufrichtiges Mitgefühl gilt ihrem Sohn, Beirätin und Kuratorin tätig und orga- ren kann, gelten die gleichen Regeln für ihrer Tochter und ihrer gesamten Familie. nisierte das triennale Internationale Ke- Konstruktionen in der Natur und in Gabriela Nepo-Stieldorf wurde 1948 ramik-Symposium in Innsbruck. der Kunst. Solange das Gesetz des in Kufstein geboren und studierte nach Mitglied war die Künstlerin auch im Schwerpunktes beachtet wird, sind Medizin und Pädagogik Bildhauerei und [kunstwerk] krastal, im Künstlerhaus, in Drehungen, Schrägen und Auskragun- Keramik. Die freischaffende Bildhauerin der IG Bildenden Kunst, in der Interna- gen möglich und erhöhen die Span- schuf mehrere Meter hohe Skulpturen tional Association of Art und im sculp- nung. Eine feine stabile Linie kann ein aus Stein, arbeitete aber auch installativ ture network. Mit ihrem Engagement ganzes Gebilde stützen, entfernt man und experimentierte mit verschiedenen und ihrer Hilfsbereitschaft wird sie diese, stürzt alles zusammen.“ Materialien wie Plexiglas. überall fehlen. Gabriela Nepo-Stieldorf nahm an vie- Gabriela Nepo-Stieldorfs über ihre Maria Bergstötter, len internationalen Ausstellungen und Personale „LIMITS OF BALANCE“ im im Namen der IntAkt Symposien teil. Sie wurde für ihre Bildhauerhaus in Krastal, die kurz vor künstlerische Arbeit mehrfach ausge- ihrem Tod eröffnet wurde: WUK-Info-Intern _3/2021 11
werkstätten K.-H. Ströhle: Wobbel around the world! Von Elisabeth Maria Klocker D er 1957 in Bregenz geborene Videostill aus „Wobbel around the world“, 2011 – 2014. Ausnahmekünstler Karl-Heinz Ströhle hat viele Jahre in Wien gelebt. Mit seinem multimedialen Werk war er in zahlreichen nationalen und in- ternationalen Ausstellungen vertreten. künstler ... zu den interessantes- Sein Oeuvre umfasst Malerei, Perfor- ten und wichtigsten künstleri- mances, Zeichnungen, Skulpturen, Vi- schen Positionen Österreichs“ deos und Kunst am Bau-Projekte. 2016 gehöre. erhielt er den Konstanzer Kunstpreis. In seinem Atelier im Werkstätten Bereich Sozialpolitisches Engagement des WUK hat er seit Anfang der Im WUK hat Ströhle über einen 1980er-Jahre gearbeitet. Darüber hinaus Zeitraum von mehr als 30 Jah- war er als Dozent an der Universität für ren in seinem Atelier gewirkt Angewandte Kunst Wien tätig. Fünf und seine künstlerischen Visio- Jahre nach seinem Tod widmete ihm die nen umgesetzt. Über seine viel- Stadt Bregenz eine große Sommeraus- seitigen Aktivitäten hinaus enga- stellung aus seinem Nachlass. Seine gierte er sich vier Jahre lang im Strahlkraft reicht weit über die Grenzen WUK Vorstand. Gemeinsam Österreichs hinaus. mit Maria Bergstötter führte er eine Picture Night bei den Ge- Kunst in Bewegung bringen neralversammlungen ein. Auch Karl-Heinz Ströhle studierte am Mozar- „Karl-Heinz Ströhle“ wurde nun das ge- als Mitglied des Werkstätten Bereichs teum in Salzburg und an der Universität samte Schaffen des experimentierfreudi- war er immer zur Stelle, wenn es um für Angewandte Kunst in Wien. Dort gen Künstlers auf vier Ebenen des Palais Fortschritt und Innovationen ging. Als beendete er sein Studium in Bildhauerei. Thurn und Taxis einer breiten Öffent- Lehrer an der Hochschule für Ange- Er war seit den 1990er-Jahren mit lichkeit zugänglich gemacht. wandte Kunst erfreute er sich großer Be- zahlreichen Projekten im öffentlichen Während im ersten Stock fragil wir- liebtheit. Während seiner Zeit im WUK Raum vertreten. Grenzen waren für ihn kende bewegliche Objekte und abstrakte Vorstand habilitierte er sich 2014 an der da, um sie zu überschreiten. Er setzte Gemälde dominierten, so waren im sich multimedial mit Linie und Raum zweiten Stock Videoperformances, Fe- auseinander und entwickelte eine un- derstahlskulpturen und die 2013 wäh- verwechselbare, reduzierte Bild- und rend seines Japan-Stipendiums entstan- Formensprache. So schuf er dutzende denen Gemälde auf Leinwand ausge- Kunstwerke aus beweglichem Feder- stellt. Im Keller waren einige Video- stahl. Er setzte Körper, Raum, Hohl- und Performancearbeiten zu sehen. Da- raum und Material in ein Spannungs- runter auch das humorvolle Video: verhältnis, so dass noch im Statischen „Wobbel around the world“ (2011 – das Dynamische erkennbar wurde. Die 2014). Darin wurden diverse Gebäude schlichten, schwarzen, frei zu schweben auf der ganzen Welt mit einer imaginä- scheinenden Objekte, die in der Aus- ren, an ein Korsett erinnernden Feder- stellung präsentiert wurden, luden die stahlkrinoline, versehen, darunter auch Besucher*innen ein, sie in Schwingun- ein Flakturm im 2. Bezirk. Im dritten gen zu versetzen. 2016 starb der enga- Obergeschoss wurden alle seine Kunst gierte Künstler überraschend während am Bau-Projekte dokumentiert. seines Aufenthalts im SilvrettAtelier Leider konnte er 2016 den Konstan- Montafon. zer Kunstpreis nicht mehr persönlich Seine vielfältigen Arbeiten waren zwar entgegennehmen. In der Begründung immer wieder an verschiedenen Orten stand, dass Ströhle als „Zeichner, Maler, zu sehen, eine der Einordnung dienende Performance- Objekt- und Medien- Betrachtung des Gesamtwerks eines wichtigen Vertreters der österreichischen Gegenwartskunst blieb aber bis jetzt „Wireframe sculpture“, Krankenhaus aus. In der großen Sommerausstellung Dornbirn 2005 12 WUK-Info-Intern _3/2021
werkstätten In memoriam Karl-Heinz Ströhle – „In Bewegung“ Palais Thurn und Taxis, Bregenz 2021 Fotos: Elisabeth Maria Klocker Universität für Angewandte Kunst. Ströhle liebte es, sämtliche Dimensio- nen zu sprengen. Er griff auch sozialpo- litische Themen in seiner Kunst auf. Seine überdimensionale, beeindruck ende Arbeit „Rette sich wer kann!“ ist gemeinsam mit Martin Strauß entstan- den. Ein mit dieser Aufschrift gestalteter riesiger roter Schwimmflügel zierte 2016 bei MAZE_Labyrinth Kunstpro- duktion das Dach des Mittelhauses im WUK. Auch bei vielen internationalen der Sommerausstellung in Kooperation vielen Jahren mit dem Material Band- Gästen, die zeitgleich zum TEH (Trans mit dem „vorarlberg museum“ für drei stahl und sehe die Realisierung des Käst- Europe Halles) Treffen unter dem Titel Tage auf dem Kornmarktplatz in Bre- ner-Zitats als 120 Meter lange, indivi- „its about politics“ ins WUK kamen, genz reinstalliert. Seine Arbeit ist auch duell gestaltete und handgearbeitete rief diese überdimensionale Skulptur angesichts der angespannten Lage in der Text-Skulptur, welche den skulpturalen Staunen hervor. Erstmals war die Arbeit Corona-Pandemie aktueller denn je. und inhaltlichen Aspekt auf spielerische 2006 im MAK-Garten anlässlich der Weise vereint“. Aktionsnacht für die Kunst zu sehen. Mehr Kunst im öffentlichen Raum Dies war das letzte Projekt, an dem Damals wollten die beiden Künstler In Österreich ist Ströhle durch seine ori- der Künstler gearbeitet hat. Die raum- gegen die damaligen gesellschaftlichen ginellen Kunst am Bau-Projekte be- füllende Arbeit wurde von seinen Pro- Tendenzen protestieren, wonach tradi- kannt. Der aufwändige Katalog präsen- jektpartner*innen Eva Eisenbacher und tionelle Werte der sozialen Solidarität tiert nun eine erstmalige Aufarbeitung Cornelius Burkert vom Werkstätten immer mehr ins Hintertreffen geraten aller Kunst am Bau-Arbeiten, die zwi- bereich WUK erfolgreich umgesetzt. waren. Dieser aufsehenerregende schen 1994 und 2018 realisiert wurden. 2018 wurden 160 Buchstaben auf dem Schwimmflügel wurde nun anlässlich Seit Jahren war Ströhle mit dem Vorarl- Dach des neu errichteten Gebäudes der berger Landesmuseum verbunden, wo Vorarlberger Architekten Marte.Marte er den Offenen Wettbewerb für eine montiert. Eva Eisenbacher dazu: „Das künstlerisch gestaltete Baunetzplane ge- Kunst am Bau Highlight in Baden kann „Rette sich wer kann“, 2006 – 2021 wonnen hatte. In Bregenz erinnert nun ich jedem empfehlen, sich in Natura an- eine Bodenarbeit zwischen dem Kunst- zusehen. Es ist ein riesiger Schriftzug haus Bregenz und dem Vorarlberger aus dünnem Federstahl und 60 Meter Landestheater, die er anlässlich der Er- Durchmesser. Wenn Wind kommt, öffnung des international renommierten spiegeln sich die Wolken darin. Wenn Kunsthaus Bregenz (KUB) 1997 schuf, die Sonne einen Schatten wirft, kann an den Künstler. Weiße geschwungene man den Text am Boden lesen.“ Linien definieren den Raum zwischen Karl-Heinz Ströhle war ein ambitio- dem KUB und dem Theater neu. Bis nierter und vielseitiger Künstler, der ste- heute sind die Spuren dieser Arbeit tig bemüht war, seinen Horizont zu er- sicht- und begehbar. Anlässlich der weitern. Mit seiner ihm eigenen visionä- Sommerausstellung „Karl-Heinz ren Begeisterungsfähigkeit gelang es Ströhle“ wurde die Bodenarbeit rekon- ihm, Menschen sowohl für seine inno- struiert. Eine prägnante Federstahl- vative Kunst als auch für seine Ideen zu skulptur ziert auch das Krankenhaus der entflammen. Wir vermissen unseren Stadt Dornbirn. Freund und Kollegen. Posthume Textskulptur in Baden Eine Textskulptur, die Ströhle 2015 für die Pädagogische Hochschule in Baden geplant hat, wurde posthum realisiert. Ströhle dazu: „Ich beschäftige mich seit https://www.youtube.com/watch?v=OBQmYiczANU WUK-Info-Intern _3/2021 13
nachruf Visionär und Vordenker: Daniel Aschwanden Nachruf von Maria Bergstötter D aniel Aschwanden starb am 8. tivist trug Daniel wesentlich dazu bei, Den Entwicklungen voraus Juli 2021 nach kurzer schwerer die Idee des WUK mit Leben zu erfül- Daniel Aschwanden wurde 1959 in der Krankheit im Alter von 62 Jah- len. Er war in unterschiedlichen Funk- Schweiz geboren. Er kam 1984 nach ren. Der Tod des bekannten Künstlers tionen auch mehrere Jahre als Vor- Wien, um am Dramatischen Zentrum löste große Erschütterung in der freien standsmitglied in unserem Verein tätig. in Wien Experimentelles Theater zu stu- Szene Wiens aus. Unser aufrichtiges Mit großem Engagement widmete er dieren. Prägend war sein Aufenthalt auf Mitgefühl gilt Daniels Frau, seinem sich dem Aufbau des Tanz-Theater-Per- der „Body Weather Farm“ des japani- Sohn und allen Angehörigen. formancebereiches im WUK. Als Grün- schen Tänzers Min Tanaka. 1986 initi- Claudia Bosse (theatercombinat) der des internationalen Tanzfestivals ierte Daniel das Forschungs- und Per- schreibt im Namen der Künstler*innen „Tanzsprache“, dem ersten Festival der formance-Kollektiv „Körperwetter Plattform „Wiener Perspektive“: „Da- Wien“, das bis 1990 bestand. niel Aschwanden war Performer, Cho- 1988 gründete er als erstes Tanz-Per- reograf und Urban Practitioner im Feld formance-Festival der freien Szene in von zeitgenössischer Performance und Wien die „Tanzsprache“ im WUK. Er Tanz. Eingebunden in unzählige unter- leitete das erfolgreiche Festival bis 1994. schiedliche Arbeitspartnerschaften, Durch die Inklusion von Perfor- Plattformen und Kollektive realisierte er mer*innen mit Beeinträchtigungen stieß transdisziplinär angelegte Aktionsfor- er eine weitere nachhaltige Entwicklung men und hybride Ausstellungsformate an. Das österreichische Bundesministe- in vielen Ländern Europas sowie China rium für Kunst verlieh ihm für die erste und Afrika. österreichische „mixed-abled“ Tanzcom- Häufig war er den Entwicklungen vo- pany „Bilderwerfer“ den Staatspreis für raus, wie zum Beispiel mit seiner kolla- innovative und richtungsweisende Leis- borativen Performancepraxis mit Perfor- tungen. Das Ensemble mit Sabina Hol- mer*innen mit besonderen Bedürfnis- zer, Yosi Wanunu, Elisabeth Löffler und sen oder in der Kunst als Form der akti- anderen wurde 1993 gegründet und trat Foto: Barbara Nidetzky ven Stadt(mit)entwicklung. Daniel bis 2002 international auf. Aschwanden war Jahrzehnte lang Mit- Im Rahmen der „Choreograf*innen gründer vieler kulturpolitischer Gre- Plattform Wien“ bemühte sich Daniel mien und Initiativen und Zeit seines Aschwanden Ende der 1990er-Jahre um Lebens aktiv und engagiert für die ein Zentrum für modernen Tanz in Kunst und für alle tätig. Wien, das 2001 als „Tanzquartier“ reali- Wir sind ihm unendlich dankbar für siert wurde. Er war zudem Mitinitiator seine Visionen, seine Kunst, seine Ge- freien Szene Wiens, setzte er wesentliche und künstlerischer Leiter des „Kabel- danken und sein Engagement in dieser und nachhaltige Impulse. Er war Visio- werks“ in Meidling, das heute „Werk X“ Stadt.“ när, Vordenker und unbequemer Mah- heißt. Bert Gstettner (Tanz*Hotel) nennt ner für notwendige Veränderungen in Seit 2009 war Aschwanden als Gast- Daniel Aschwanden „einen der wesent der Kulturpolitik. dozent und Senior Artist an der Univer- lichen Initiatoren der heute prosperie- Daniel war ein großer Mensch, wir sität für angewandte Kunst Wien vielen renden lokalen und internationalen sind stolz und dankbar, dass er mit sei- Studierenden ein wichtiger künstleri- Tanz- und Performanceszene“ und sagt nem warmen, liebevollen Geist, seiner scher Impulsgeber. Als geladener Ex- weiter: „Er ging in vielerlei Hinsicht mit klaren und ruhigen Art Teil unserer Ge- perte trug er ab 2013 zum Masterstu- seinen Ideen und seinem Engagement meinschaft war und ein wesentliches dium Social Design und zur Gründung voraus. Die künstlerische Zusammenar- Stück seines Lebensweges mit uns teilte.“ des „Angewandte Performance Lab“ bei. beit mit ihm war über viele Jahre hin- Die Wiener Kulturstadträtin Veronica Er gab zahlreiche Workshops, unter an- durch immer wieder sehr inspirierend Kaup-Hasler würdigt den verstorbenen derem bei Impulstanz. und menschlich angenehm – man lernte Künstler: „Daniel Aschwanden hat die Mit der Kulturinitiative „aspern See- voneinander und unterstützte sich Stadt geprägt und in ihr unauslöschliche stadt PUBLIK“ (2010 – 2012) brachte selbstverständlich gegenseitig. Dafür war Spuren hinterlassen. Er war nicht nur er sich in die Stadtentwicklung ein. An der Ort WUK, das Werkstätten- und ein herausragender Künstler, sondern zahlreichen weiteren Orten führte er Kulturhaus, von immenser Bedeutung.“ hat sich zeit seines Lebens unermüdlich transdisziplinäre, partizipative Projekte Im Namen des WUK schreibt Vin- für die Anliegen und Interessen der unter Einbindung von Nachbar*innen cent Abbrederis: „Als Künstler und Ak- freien Szene eingesetzt.“ und Passant*innen durch. 14 WUK-Info-Intern _3/2021
nachruf Out and about zu DOG_men – neue Körper, Mythen und die Stadt. Mit DOG_man im Hundezentrum Wien, brut Extras, April 2018 Fotos: Michael Loizenbauer Von März 2016 bis März 2017 im- provisierte der Tänzer mit „goldberg 365“ jeden Tag im öffentlichen Raum in Wien oder anderen Städten und Weite auf, in dem Wissen, dass da je- in einer gewissen Zurückhaltung, Dis- setzte sich dabei Wind und Wetter, zu- mand ist, der mich trägt. tanz. Es war schwierig für Dich, Deinen fälligem Treiben und unvorbereiteten Du hast nicht nur mich getragen. Schmerz und Deine Verletzlichkeit mit Beobachter*innen aus. In seinen tägli- Viele Deiner Weggefährt*innen von nah anderen Menschen zu teilen und um chen Protokollen liegt Poesie: „Von ge- und fern schreiben, als sie von Deinem Hilfe zu bitten. genüber blicken die Fenster, die sagen: Tod erfahren, dass Du ihnen ein Stück Wenn es jemand gelang, die sieben „Fenster, wir sind Fenster!“ auf mich. Weg geebnet hast, für sie da warst. Das Tore, die zu Deinem Herzen führten, zu (…) „mein Tanz ist wie der Rauch im konntest Du gut: das potentiell Mögli- durchschreiten, dann fand man dort Wind, er streicht um mich und zieht che in Menschen, Dingen und Situatio- eine kaum vermutete Weichheit, eine mit dem Wind.“ nen sehen, es hochhalten und ihm strahlende Zärtlichkeit und ein zutiefst Im Performance-Zyklus „DOG_men“ Raum zur Entfaltung geben. freundliches und großzügiges Wesen. erforschte der Künstler alte Mythen und Jemand, der sich mit und für Andere Du konntest wunderbar Trost spen- Kulte von Mischwesen, künstliche, hy- freuen kann. Ein Narr, dem der Schalk den. Du hörtest zu – aufmerksam, em- bride Körper und die Konstruktion des aus den Augen blitzt. Bis zum Ende, pathisch und zurückhaltend mit Rat- „Anderen“ („Othering“). Dein Leben für die Kunst. schlägen, aber Dein Resümee klang zu- 2020 erhielt Daniel Aschwanden das Du warst ein großzügig Gebender, ein versichtlich und in mir war es durch goldene Verdienstzeichen für Kunst und unermüdlich Reisender, ein Suchender, Deine Zuwendung wieder heller gewor- Kultur der Stadt Wien für seine künstle- ein Magier, ein Visionär, ein Kämpfer. den. rische Lebensleistung. Widerständig. Eigensinnig. Trotzig. Ach, Daniel. Mit Dir hat schon wie- Die Performancekünstlerin Barbara Zornig. Aber Deine Kämpfe führtest der eine dieser Lichtgestalten diese Kraus hat einen berührenden Brief zum Du mit der feinen Klinge Deiner schöne Erde, die Du so geliebt hast, ver- Abschied geschrieben, der hier in Aus- Menschlichkeit und im Dienst der Sa- lassen. Wer wird Deine Frau, Deinen zügen wiedergegeben wird. che. Für die Freiheit und Würde der Sohn, Deinen Vater, Deine Geschwister, Kunst, unserer Kunst, Deiner Kunst, al- Deine Freund*innen und Kolleg*innen Barbara Kraus: Brief an Daniel len widrigen Bedingungen zum Trotz trösten? „Lieber Daniel, jetzt darf ich es sagen, es und immer zum Wohle aller. Danke Daniel, danke für alles, was Dir mitgeben als Wegzehrung für Deine Du warst ein großer Mensch. Verläss- Du uns allen warst und bist! Reise, aber Du weißt es ohnehin: Du lich. Beharrlich. Unerschütterlich. Und Deine Barbara, die Dir – wie so viele bist, Du warst und Du wirst für immer Du wolltest, musstest gestalten. Am in dieser Szene – die ersten, wesentli- in meinem Herzen sein. Durch alle Zei- liebsten und am besten gemeinsam mit chen Schritte auf ihrem künstlerischen ten und Räume, diesseits und jenseits anderen und bliebst dabei doch immer Weg verdankt.“ des Flusses, in den wir geworfen sind und den wir Leben nennen. In der Geborgenheit Deines Herzens war Raum für so Viele, für so Vieles. Daniel Aschwandens Website: https://art-urban.org Im Traum trägst Du mich wie ein Interview mit Daniel Aschwanden, 2017: Kind. Ich fühle mich wirklich gesehen, https://www.wuk.at/magazin/2017/erinnerungshilfen/ gehalten und unterstützt. Ganz sicher Pressekonferenz der freien Kunstszene, WUK, 2016: und geborgen. Und wache mit einem https://www.eop.at/pk_pressetextaschwanden/ Gefühl von Zuversicht, Vertrauen und https://tqw.at/fragmente-einer-dialogischen-erinnerung-an-daniel-aschwanden/ WUK-Info-Intern _3/2021 15 15
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