Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes - Mai 2018 Jahrgang 70 www.tjv.at - Tiroler Jägerverband
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ZUM GELEIT Vom Wert des Tuns! I n einem Umfeld, in dem Geschwindigkeit alles, Fassade viel und Wahr- haftigkeit leider immer weniger wert ist, muss sich die Jagd, müssen sich die Jägerinnen und Jäger nahezu tagtäglich unreflektierten Angriffen und verqueren Vorurteilen stellen. Unsere jahrtausendealte Kulturland- schaft, mit ihrer von Jagd und Landwirtschaft im Gleichgewicht gehal- tenen Biodiversität, wird von Menschen, die man als durchaus weltfremd bezeichnen darf, oft verzerrt und durch eine rosa Brille gesehen. Ange- trieben von einigen wenigen fragwürdigen Wissenschaftern entstehen so Natur-Legenden und Zoologie-Märchen. Wir können unsere Naturland- schaft nicht unreguliert und ohne Kontrolle sich selber überlassen. Denn in Wirklichkeit sind wir es, die nachhaltig und ehrlich die vorhandene Biodiversität aufrechterhalten und unsere Naturräume so einerseits als Lebensgrundlage für die Land- und Forstwirtschaft erhalten, andererseits Erholungs- wie Krafträume sicherstellen. Wer meint, Wolf, Bär und Luchs werden es schon richten, der muss un- seren Tierhaltern, unseren Pferdefreunden und unseren Gästen die Wahr- heit sagen. Und der soll sich nach einem Wolfs- oder Bärenübergriff auf Pferde, Schafe oder Almvieh an den Tatort begeben und den Eigentümern dieser oft schwer verwundeten Tiere in die Augen schauen, anstatt medial die immer gleichen Plattitüden zu säuseln. Wir kennen den Wert unseres Tuns und lassen uns von weltfremden Ideo- logien nicht aus dem Konzept bringen – auch wenn es bisweilen hart ist, sich modischen Trends entgegenzustellen! ❙ Weidmannsheil! Anton Larcher Landesjägermeister von Tirol Foto: Zauser (1) JAGD IN TIROL 05 06 | 2018 2015 3
22 Alpensalamander 31 Pflanzenserie: Maiglöckchen (Convallaria majalis L.) Tier des Jahres 2018: Der Igel 16 ■ WILD & ÖKOLOGIE ■ JÄGER & REVIER 10 Rotwild: Geschlechterverhältnis bei 34 Wildwarneinrichtungen: Koordination und Kälbern – kein Zufall beim Rotwild Betreuung der Wildwarneinrichtungen in Tirol 16 Tier des Jahres 2018: Der Igel 36 Leseprobe: Hennen wählen „ihre“ 3 ZUM GELEIT 22 Alpensalamander in Tirol Hahnen nach … 26 Serie Wildtierkrankheiten: 42 Reportage: Eine neue Garderobe für 6 FOTO DES MONATS Durchfallerkrankungen beim Rehwild Trophäen aller Art im Frühjahr 44 Jägerwissen auf dem Prüfstand: 28 Rotwildprojekt: Mit dem Sender Testen Sie Ihr Wissen ■ FORSCHUNG & PRAXIS unterwegs … 30 Rehwild: Rehkitzrettung 08 Staupevirus in Österreich, Schweiz ■ JAGD & GESCHICHTE und Liechtenstein 08 Jagddruck veranlasst Bärinnen, ihre Jungtiere 46 Kunst: Lüsterweibl länger bei sich zu behalten ■ WALD & LEBENSRAUM 09 Wie der Mensch die Raumnutzung der ■ INFO & SERVICE Wildtiere beeinflusst 31 Pflanzenserie: Maiglöckchen 09 Experten warnen vor einem „stillen Frühling“! (Convallaria majalis L.) 48 Vollversammlung 4 JAGD IN TIROL 05 | 2018 Fotos: Fotolia (1), Markus Loretto/shutterstock (1), Vasilii Toloknov/shutterstock (1)
INHALT WILD| IMPRESSUM & ÖKOLOGIE 36 Leseprobe: Hennen wählen „ihre“ Hahnen nach … 44 Jägerwissen auf dem Prüfstand: Testen Sie Ihr Wissen 42 Reportage: Eine neue Garderobe für Trophäen aller Art IMPRESSUM Herausgeber Medieninhaber (Verleger): Tiroler Jägerverband, Meinhardstraße 9, 6020 Innsbruck, Tel.: 0512-57 10 93, 0800-244 177 Fax: 0512-57 10 93-15, E-Mail: info@tjv.at Schriftleitung: Mag. Martin Schwärzler (TJV) Layout: Evelyn Schreder (Bezirksblätter) 52 Mitteilungen der Geschäftsstelle Hersteller und Anzeigenverwaltung: 55 Jubilare im Mai 2018 Bezirksblätter Tirol GmbH, Eduard-Bodem-Gasse 6, 56 Trophäenschauen 6020 Innsbruck, Tel.: 0512-320 4111, 60 TJV-Akademie Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes Mai 2018 • Jahrgang 70 www.tjv.at Fax: 0512-320 720, E-Mail: jagd@jagdintirol.com 63 Aus den Bezirken Redaktion: 64 Vereine TJV (Martin Schwärzler, Martina Just, 65 Veranstaltungen Christine Lettl, Miriam Traube, Anja Waldburger), 66 Jagdkultur Bezirksblätter Tirol 69 Kulinarium: Spargel, Hirschrücken, Bärlauch mit Trüffelkartoffeln und Hollandaise Produktion, Bildbearbeitung: Evelyn Schreder „Jagd in Tirol” wird an alle Mitglieder des Tiroler Jägerver- 70 Autotest: Nissan X-Trail bandes kostenfrei abgegeben. Sie ist eine Fachzeitschrift, welche die behördlichen Kundmachungen und Verlaut- barungen zu veröffentlichen hat und zusätzlich über grund- ■ HUMORVOLLES sätzliche Fragen und aktuelle Ereignisse auf dem Gebiet des Jagdwesens, des Naturschutzes usw. informiert. „Jagd 72 Klavinius in Tirol” erscheint am Monatsanfang. Redaktionsschluss ist der 10. des Vormonats. Für unverlangte Manuskripte und Bilder wird keine Verantwortung übernommen. Namentlich Das Titelbild dieser Ausgabe stammt oder mit Kürzel gezeichnete Beiträge geben nicht unbe- 73 JAGDMARKT-ANZEIGEN von Dr. Hanspeter Neuner. dingt die Meinung von Redaktion und Herausgeber wieder. Fotos: Mächler (1), Bezirksblätter Tirol/Rattensberger (1), lightpoet/shutterstock (1) JAGD IN TIROL 05 06 | 2018 2015 5
Mutterliebe … Nach dem Setzen zerbeißt das Tier die Fruchtblase und leckt das Kalb trocken. Das Trockenlecken gleicht einer Massage und regt dadurch den Kreislauf und Stoffwechsel des Kalbes an. Die Fruchtblase, Nachgeburt und sämtliche Ausscheidungen des Kalbes werden vom Tier aufgenommen, damit dadurch kein Raubwild angelockt wird. Das Foto des Monats wurde von Katharina Hetzenauer aus Schwendt aufgenommen. Wir suchen: IHR FOTO DES MONATS Fotografiebegeisterte Leser der „JAGD IN TIROL“ sind eingeladen, ihr „Foto des Monats“ an die Redaktion (foto@tjv.at) einzusenden. Die Aufnahme sollte ein interessantes Motiv aus Natur, Wald und Wild, Jagd, Forst oder Revier- betreuung abbilden. Eine kurze Erläuterung zur Person des Fotografen, dem Aufnahmeort und den näheren Umständen der Aufnahme wären wünschenswert. Als Gewinn winken die Veröffentlichung als „Foto des Monats“ samt Erwähnung des Fotografen in der JAGD IN TIROL, die Aufnahme in die TJV-Bildergalerie sowie ein Victorinox HUNTER Taschenmesser mit TJV-Logo. Einsendeschluss: 07. des Vormonats an foto@tjv.at Die Bilder sollten eine Dateigröße von ca. 5 MB haben. Die Teilnahme erfolgt durch Übersendung eines oder mehrerer Fotos ausschließlich per E-Mail. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Teilnehmer gewährleisten, dass sie an den übermittelten Fotos sämtliche Rechte uneingeschränkt besitzen und keine Rechte Dritter berühren. Insbe- sondere bei der Darstellung von Personen versichern die Teilnehmer, dass keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden und die abgebildeten Personen mit einer Veröffentlichung ihres Bildes einverstanden sind. Die Teilnehmer räumen dem TJV mit der Einsendung und Teilnahme uneingeschränkt das Recht ein, übermittelte Fotos unentgeltlich und in sämtlichen Medien zu nutzen und zu veröffentlichen. 6 JAGD IN TIROL 05 | 2018
FORSCHUNG & PRAXIS AKTUELLES Staupevirus in Österreich, Schweiz & Liechtenstein D ie Staupe ist eine Viruserkrankung, die insbesondere bei Hunde- (Hund, Fuchs) und sogenannten Marderartigen (Dachs, len, in Absprache mit dem Tierarzt den Impfschutz ihres Hundes gegenüber dem Staupevirus zu überprüfen. Für Menschen (Schweiz) sowie dem Fürstentum Liech- tenstein mussten bereits etliche Füchse, welche an dem Virus erkrankt sind, erlegt Marder, Iltis, Wiesel) vorkommt. besteht keine Erkrankungsgefahr. werden. ❙ Bei der Staupe handelt es sich um eine hoch- Im Bundesland Niederösterreich, den Auszug Medienmitteilung Amt für Jagd und Fischerei / Amt für ansteckende, für Hunde in der Regel tödlich Kantonen St. Gallen und Graubünden Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit Graubünden / TJV verlaufende Erkrankung. Die Übertragung erfolgt meistens durch direkten Kontakt mit erkrankten Tieren und indirekt über Futter, Wasser oder Gegenstände, welche mit Se- kreten oder Ausscheidungen infizierter Tiere verunreinigt sind. Erkrankte Tiere fallen oft durch ihr verändertes Verhalten (mangelnde Scheu, Aufenthalt tagsüber in der Nähe von Siedlungen) auf. Eine Übertragung des Staupevirus von Wild- tieren auf Haushunde wurde bislang nicht beobachtet, kann jedoch nicht ausgeschlos- sen werden. Infektionen mit dem Staupevi- rus können bei Hunden durch rechtzeitiges und regelmäßiges Impfen verhindert wer- den. Die meisten Hunde sind gegen Staupe geimpft. Den Hundehaltern wird empfoh- Der Krankheitsverlauf der Staupe endet bei Wildtieren meist tödlich. Jagddruck veranlasst Bärinnen, ihre Jungtiere länger bei sich zu behalten B ereits seit vielen Jahren dokumentieren Forscher die Überlebens- und Populati- onsraten der Bärenpopulation in Schweden und haben nun Erstaunliches zum Einfluss der Jagd auf die Aufzucht der Jungtiere nachweisen können. Die schwedische Po- pulation umfasst ca. 3.000 Tiere, von denen jährlich rund zehn Prozent zur Jagd freige- geben werden. Führende Bärinnen und ihre Jungtiere sind von der Jagd ausgenommen bzw. geschont. Eine Langzeitstudie hat nun gezeigt, dass sich Bärinnen an diese jagd- liche Vorschrift angepasst haben. In der Regel behalten Bärinnen ihre Jungtiere ein- einhalb Jahre bei sich, in der untersuchten Zeitspanne von zwei Jahrzehnten hat sich nun aber die Zahl jener Bärinnen, welche ihren Nachwuchs zweieinhalb Jahre bei sich Der Anteil der Bärinnen, welche ihre Jungtiere für zweieinhalb Jahre bei sich behalten, ist von 7 % (vor 2005) behalten, deutlich erhöht. Dies schützt sie auf 36 % (2005-2015) angestiegen. zwar vor der Bejagung, reduziert jedoch ihre Fortpflanzungsmöglichkeiten. Somit nommen wird. Zudem bringt die längere stehen allerdings im Gegensatz zu der An- wurde deutlich, dass für die Bärinnen der Betreuung der Jungbären weitere Vorteile, nahme, die auf viele andere Arten zutrifft, Vorteil der höheren Überlebensraten für da sich durch die längere Führung durch dass sich Tierarten, die bejagt werden, ra- sie und ihr Jungtier überwiegt und die ge- die Bärin die Überlebenschance der Jung- scher und öfter fortpflanzen. ❙ ringere Fortpflanzungsleistung in Kauf ge- tiere erhöht. Die Ergebnisse dieser Studie TJV 8 JAGD IN TIROL 05 | 2018 Fotos: Jäger (1), ArCaLu/shutterstock (1)
AKTUELLES FORSCHUNG & PRAXIS Wie der Mensch die Raumnutzung der Wildtiere beeinflusst D ie Ausbreitung der Menschen in Form von beispielsweise Städten, Straßen, Bahnlinien oder der Landwirtschaft haben dazu geführt, dass 50 bis 70 % der globalen Landfläche in menschlicher Hand liegen. Einige Wildtiere kommen mit der Anwe- senheit der Menschen nicht zurecht, ande- re wiederum haben sich an diese anthro- pogenen Einflüsse angepasst und gelernt, sie effizient zu nutzen. Eine internationale Studie hat dazu die Raumnutzung von 57 Tierarten untersucht und dabei festge- stellt, dass sich der Bewegungsraum der meisten Tiere umso mehr verkleinert, je größer der menschliche Einfluss im jewei- ligen Lebensraum ist. Somit verändern die Tiere in der menschlichen Umgebung ihr Der Steinmarder gehört zu den typischen Kulturfolgern, welche sich im Laufe der Zeit an ein Leben in der Nähe des Verhalten. Der Einfluss dieses Effekts kann Menschen gewöhnt haben. positiv und negativ sein. So weisen exten- siv genutzte Lebensräume oder auch Städ- die Lebensraumqualität. Weiters ist noch Nährstoffen und Samen. Weiters finden in te wie Berlin eine sehr hohe Biodiversität nicht geklärt, welchen Einfluss diese ver- größeren, zusammenhängenden Lebens- auf. Nicht zuletzt, weil die Tiere in den minderte Raumnutzung der Tiere auf das räumen weit mehr unterschiedliche Ar- urbanen Gebieten zahlreiche Nahrungs- Ökosystem hat. Denn fester Bestandteil ten zusammen, was für das Gleichgewicht quellen finden. Die Zerschneidung der Le- dieses komplexen Systems sind auch die zwischen Pflanzenfressern, Räubern und bensräume, intensiv genutzte Flächen usw. verschiedenen Einflussfaktoren der Tiere, Beutetieren wichtig ist. ❙ haben jedoch einen negativen Einfluss auf unter anderem durch ihren Transport von TJV Experten warnen vor einem „stillen Frühling“! E uropaweit sorgen die Bestandserhe- bungen der Feldvögel für Aufsehen. Grund dafür ist das fortschreitende Ver- überhaupt nur noch in Schutzgebieten zu finden. Ähnliches zeigen auch Erhebungen in Deutschland: Zwischen 1990 und 2013 80 % der Kiebitze und 84 % der Rebhüh- ner. Einen drastischen Rückgang meldet auch Frankreich bei den Feldvögeln. ❙ schwinden der charakteristischen Wiesen- verschwanden rund 35 % der Feldlerchen, TJV und Feldvogelarten. Zwischen 1990 und 2014 gingen in 26 europäischen Ländern die Zahlen der Feldvögel um 31,5 % zurück. Wegen der großflächigen Intensivierung der Landwirtschaft ist ein Großteil der Feld- und Wiesenvögel gefährdet, da der Verlust vielfältiger Lebensräume mit blü- tenreichen Randstreifen, Hecken und Bra- chen sowie der Einsatz giftiger Spritzmittel und zu frühe Wiesenmahd der Vogelwelt schwer zu schaffen machen. Besonders die Gelege der Bodenbrüter sind meist in großer Gefahr, von Landmaschinen zer- stört zu werden. In Österreich sind vor allem das Braunkehlchen, der Wiesenpie- per, der Kiebitz und die Heidelerche be- troffen. Einige dieser Vogelarten sind fast Wenn der Rückgang der Feldvögel nicht gestoppt wird, warnen Experten vor einem „stillen Frühling“. Fotos: sysasya photography/shutterstock (1), Mächler (1) JAGD IN TIROL 05 | 2018 9
WILD & ÖKOLOGIE ROTWILD Geschlechterverhältnis bei Kälbern – kein Zufall beim Rotwild Ein hoher Anteil an weiblichen Kälbern kurbelt in vielen Revieren Niederösterreichs den Zuwachs beim Rotwild zusätzlich an. Ursache sind hohe Bestände mit einem hohen Anteil an Jungwild und zu wenig 1er-Hirschen. Autoren: Sebastian G. Vetter, PhD, Univ. Prof. Dr. Walter Arnold D ie Rotwildjagdstrecken in Österreich, aber auch in Deutschland und der Schweiz, sind während der letzten Jahrzehnte kontinuierlich angestiegen (Abb. 1). Eine hohe Rotwilddichte birgt Risiken, wie vermehrte Wildschä- den, zunehmende Wildunfälle im Straßenverkehr oder die Ausbreitung von Wild- krankheiten, die auch Haustierbestände bedrohen können. Jagdliche Maßnahmen zur Eindämmung des Zuwachses sollten tunlichst so erfolgen, dass damit eine op- timale Wirkung erzielt wird. In diesem Zusammenhang wird eine Besonderheit der Rotwildbiologie wichtig, nämlich ein potentieller Einfluss der Dichte und der Altersstruktur eines Bestandes auf das Geschlechterverhältnis bei den Kälbern. Im ungünstigen Fall werden vermehrt Wildkälber geboren, wodurch sich das Wachs- tumspotential des Bestandes erhöht. In weiten Teilen Niederösterreichs ist dies der Fall. Im Mittel beträgt der Anteil der Hirschkälber nur 44 % und ist damit für Rotwildverhältnisse außergewöhnlich niedrig. Im Auftrag des NÖ-Landesjagd- Abb. 1: Entwick- lung der jährlichen Rotwildstrecken (in Tausenden) in Österreich (rot, linke Achse), Deutschland (schwarz, linke Ach- se) und der Schweiz (weiß, rechte Achse) während der letzten Jahrzehnte. 10 JAGD IN TIROL 05 | 2018 Foto: Joost van Uffelen/shutterstock (1), Grafik: Vetter/Arnold (1)
WILD & ÖKOLOGIE Foto: xxxxx JAGD IN TIROL 05 | 2018 11
WILD & ÖKOLOGIE ROTWILD verbandes untersuchten wir, ob diese Ver- schiebung des Geburtsgeschlechterverhält- nisses hin zu weiblichen Tieren tatsächlich in Zusammenhang mit der Rotwilddichte und -altersstruktur steht und welche Konse- quenzen für die Bejagung daraus abzuleiten sind. Ausgewertetes Zahlenmaterial Jagdstrecken und Verkehrsfallwildzahlen, erhoben auf Revierebene in den Jahren 2004-2015, in den letzten 3 Jahren auch mit Gewichtsangaben zu erlegten Stücken, bildeten die Datengrundlage für diese Un- tersuchung. Wir fassten die auf Revierebene erhobenen Daten so zusammen, dass Be- zugsflächen mit statistisch aussagefähigen Zahlen entstanden (Abb. 2). Jagdstrecken lassen jedoch nur dann verlässliche Rück- schlüsse auf die wirklichen Vorgänge in einem Bestand zu, wenn die Häufigkeit der Hirschkälber werden eher Entnahmen in den einzelnen Alters- und von gut genährten, rang- Geschlechtsklassen zufällig ist. Gerade bei höheren Tieren gesetzt. Rotwild ist dies jedoch aufgrund der Ab- schussplanung zu hinterfragen. Wir bezo- len tatsächlich die Vorgänge im Bestand gen deshalb auch Verkehrsfallwildzahlen reflektierten. Bei Kälbern, Schmaltieren, Jagdstrecken als Kennzahlen des tatsäch- in die Analysen mit ein und interpretierten Alttieren und 3er-Hirschen und den Ge- lichen Bestandes, sondern die Verkehrs- gleichläufige Trends in den beiden Zahlen- samtzahlen stimmten die Entwicklungen fallwildzahlen, obwohl dadurch statistisch reihen als Hinweis darauf, dass diese Zah- von Jagdstrecke und Verkehrsfallwild weit- gesicherte Aussagen durch die geringeren gehend überein, nicht aber bei den 2er- und Stichprobengrößen schwieriger wurden. 1er-Hirschen sowie den Schmalspießern. Für 1er- und 2er-Hirsche sowie Schmal- spießer verwendeten wir daher nicht die Einflüsse der Populationsdichte Da Kälber nicht geschlechtsspezifisch be- jagt wurden, kann auch auf das Geschlech- terverhältnis der Kälber verlässlich aus der Jagdstrecke geschlossen werden. Die statistische Analyse möglicher Einfluss- faktoren auf dieses Geschlechterverhältnis erwies einen starken Zusammenhang mit der Populationsdichte, d. h. der Gesamt- strecke. Je höher die Gesamtstrecke auf einer Vergleichsfläche, desto geringer war der Anteil an Hirschkälbern (Abb. 4a). Dieses Ergebnis steht im Einklang mit de- nen anderer Rotwildstudien aus Skandina- vien und Schottland. Auch beim nieder- österreichischen Rotwild wächst also mit dem Bestand auch sein Zuwachspotential, d. h. der Anteil weiblicher Stücke in der Abb. 2: Die für die Analysen verwendeten 30 Gebiete in NÖ (farblich markiert). Sieben Gebiete, welche aufgrund der geringen Jagdstrecke (weniger als 50 Stück erlegtes Rotwild pro Gebiet und Jahr) nicht verwendet wurden, sind dunkelgrau dargestellt. Die hellgrauen Flächen kennzeichnen Gebiete ohne Rotwildvorkommen oder mit unzureichender Daten- grundlage (Zahlen zu Rotwildabschüssen in weniger als 5 Jahren zwischen 2004 und 2015 vorhanden). Schwarze Linien zeigen die politischen Bezirke. 12 JAGD IN TIROL 05 | 2018 Foto: Kirchmair (1), Karte: Vetter/Arnold (1)
ROTWILD WILD & ÖKOLOGIE Population – ein Teufelskreis, der nur mit Einflüsse der Wildes ausmachen, verschiebt sich das Ge- konsequenter Reduktion durchbrochen Populationsstruktur burtsgeschlechterverhältnis im Bestand in werden kann. Eine solche Reduktion wür- Nach Ergebnissen aus langjährigen Studi- Richtung männliches Wild. Unsere Analysen de sich unseren Analysen zufolge zudem en an schottischem Rotwild sind es gut ge- bestätigen diesen Befund für die freie Wild- positiv auf das Wildbretgewicht auswir- nährte, ranghohe ältere Tiere, die mit höherer bahn in Niederösterreich: Je höher der Anteil ken, und zwar in allen Alters- und Ge- Wahrscheinlichkeit Hirschkälber bekommen. an Alttieren in einem Bestand war, desto hö- schlechtsklassen (Abb. 3). Wenn sie einen hohen Anteil des weiblichen her war der Anteil der Hirschkälber (Abb. 4b). Abb. 3: Einfluss der Bestandesdichte auf das Körpergewicht von (a) Kälbern, (b) Schmalspießern und -tieren, (c) Alttieren, (d) 1er-Hirschen, (e) 2er- sowie von (f) 3er- Hirschen. Die Linien geben die mittleren Verläufe der Wildbretgewichte in Abhängigkeit von der Bestandesdichte wieder. Bei den Käl- bern (a) sowie den Schmalspießern und -tieren (b) zeigt die blaue Linie jeweils den Effekt bei männ- lichen Stücken und die rote Linie den bei weiblichen Stücken (einzelne Werte weiblicher Stücke als Kreise). Grafiken: Vetter/Arnold (6) JAGD IN TIROL 05 | 2018 13
WILD & ÖKOLOGIE ROTWILD Neben den Muttertieren scheinen Abb. 4: Der Anteil beim Rothirsch auch die Väter Ein- an Hirschkälbern je fluss auf das Geschlecht der von ihnen nach (a) der Gesamt- zahl des auf einer gezeugten Nachkommen zu haben. Vergleichsfläche pro Zumindest ist dies aufgrund der kla- Jahr erlegten Rot- ren Befunde aus einer experimentel- wilds, (b) der Anzahl len Studie an spanischem Rotwild zu erlegter Alttiere und (c) der Anzahl an erwarten. Künstlich befruchtete Rot- 1er-Hirschen im wildtiere bekamen umso wahrschein- Verkehrsfallwild, licher ein männliches Kalb, je stärker jeweils auf 100 ha bezogen. Die Punkte das Geweih des Hirsches war, von dem sind die einzelnen der Samen gewonnen wurde. Ähnliche Werte pro Jahr und väterliche Effekte auf das Geschlech- Vergleichsfläche, die terverhältnis der Nachkommen wur- grau schattierten Bereiche zeigen den auch von anderen Hirscharten den Bereich an, in wie Elchen, Rentieren und Weißwe- dem die berechnete delhirschen berichtet. Unsere Ergeb- mittlere Beziehung nisse deuten erstmals darauf hin, dass (gerade Linie) mit einer Wahrschein- ein solcher Effekt auch bei Rotwild in lichkeit von 95 % freier Wildbahn existiert, denn unab- liegt. hängig vom Einfluss der Populations- dichte und der Altersstruktur bei den weiblichen Stücken fanden wir in den niederösterreichischen Revieren einen umso höheren Anteil an männlichen Tieren unter den Kälbern, je mehr 1er-Hirsche in einem Bestand wa- ren (Abb. 4c). Allerdings ist bei der Interpretation dieses Befundes noch Vorsicht angebracht. Die Wahrschein- lichkeit, dass uns hier der Zufall einen Zusammenhang vorgaukelt, den es in Wirklichkeit gar nicht gibt, liegt im- merhin noch bei 6 %. Fazit Der ungewöhnlich geringe Anteil an Hirschkälbern in weiten Teilen Niederösterreichs führt zu einem 14 JAGD IN TIROL 05 | 2018 Grafiken: Vetter/Arnold (3), Foto: Schartner (1)
Je höher der Anteil an Alttieren in einem Bestand ist, desto höher ist der Anteil der Hirschkälber. Auch die Väter scheinen einen Einfluss auf das Geschlecht zu haben, da die mit stärkeren Hirschen gezeugten Kälber häufiger männlich waren. stark erhöhten Anteil weiblicher Stücke Wildes erreicht werden. Damit der Anteil im Bestand und fördert das Populations- kräftiger Tiere in der Lebensmitte, die wachstum. Fatalerweise verstärkt sich vermehrt Hirschkälber setzen, im ver- der Effekt selbst, da mit steigender Dich- minderten Bestand hoch bleibt, müssen te proportional noch mehr Wildkälber zusätzlich zur unbedingt erforderlichen gesetzt werden, was wiederum zu noch Alttierreduktion ausreichend Schmaltiere mehr Zuwachs führt. Um diesen Teufels- und Kälber entnommen werden. Da of- kreis zu durchbrechen, d. h. den Anteil an fenbar auch das männliche Wild Einfluss Hirschkälbern anzuheben und das Popu- auf das Geschlechterverhältnis bei den lationswachstum somit abzuschwächen, Kälbern hat, ist auf einen ausreichenden ist es erforderlich, die Rotwilddichte in Anteil von älteren Hirschen in der Po- den betroffenen Revieren und Hegerin- pulation zu achten, da diese vermutlich gen zu reduzieren und eine ausgewogene vermehrt Söhne zeugen. Es sollte so ge- Alters- und Geschlechterstruktur zu er- jagt werden, dass eine ausreichend große reichen. Solange das Geschlechterver- Zahl starker Hirsche die Klasse 1 erreicht. hältnis bei den Kälbern zum weiblichen Zurückhaltung ist daher bei der Bejagung Wild verschoben ist, stimmt die jagdliche der 2er-Hirsche geboten, obgleich diese Entnahme nicht. selbst noch keinen nachweisbaren Ein- Eine nachhaltige Bestandsreduktion fluss auf das Geschlechterverhältnis bei kann nur über den Abschuss weiblichen den Kälbern hatten. ❙ Fotos: Hörl (1), Rudigier (1)
Tier des Jahres 2018 Der Igel Ein Rascheln im Laubhaufen, ein Schatten huscht die Hecke entlang. Es ist ein verstecktes Leben, das dieses Säugetier führt, und doch gehört es mit seinem unverwechselbaren Aussehen wohl zu den bekanntesten und beliebtesten Wildtierarten Tirols: der Igel! Autoren: Dr. Stefan Resch, Dr. Christine Blatt 16 JAGD IN TIROL 05 | 2018 Foto: Miroslav Hlavko/shutterstock (1)
TIER DES JAHRES 2018 WILD & ÖKOLOGIE Der Igel oder die Igel? Genau genommen handelt es sich bei den in Tirol heimischen Igeln um zwei Arten: einerseits der Braunbrustigel (Erinaceus europaeus), der die Tallagen Nordtirols be- siedelt, andererseits der Nördliche Weiß- brustigel (Erinaceus roumanicus), welcher in Osttirol im Lienzer Becken und in den Tälern am Südabfall der Villgrater Berge vorkommt. Da sich die beiden jedoch in vielen Punkten ihrer Biologie nur geringfü- gig voneinander unterscheiden, können wir sie folgend als „Igel“ zusammenfassen. Ein Nördlicher Weißbrustigel (Erinaceus roumanicus) sucht Deckung in der Wiese. Stacheliges Äußeres Das auffälligste Merkmal des Braunbrustigels ist sein Kleid aus ca. 8.400 hell-dunkel gebänderten und 2-3 cm langen, hohlen Stacheln, welche aus Keratin bestehen und im Grunde veränderte Säuge- tierhaare sind. Der Nördliche Weißbrustigel besitzt davon nur ca. 6.500, zudem sind diese mit 2 cm etwas kürzer. Brust, Kehle, Bauch und Beine sind bei beiden Arten stachelfrei. Braunbrustigel zeigen eine dunkle Fellzeichnung strichförmig beidseits der Nase bis über die Augen, hinter den Augen findet sich eine hellere Zeichnung. Beim Nördlichen Weißbrustigel ist der Kopf meist einheitlich dun- kelbraun oder graubraun. Auf der Mitte der Brust findet sich der jeweils namensgebende dunkelbraune bis hellbraune bzw. weiße Fleck. Der Schwanz ist mit höchstens 5 cm relativ kurz. Das Gewicht variiert je nach Alter und Jahreszeit stark und liegt zwischen 240 und 1.400 g. In Größe und Fellzeichnung gibt es zwischen männ- lichen und weiblichen Individuen keine merkbaren Unterschiede. Das Stachelkleid des Igels reicht von der Stirn bis über den gesamten Rücken. Fotos: Blatt (1), Resch (1) JAGD IN TIROL 05 | 2018 17
WILD & ÖKOLOGIE TIER DES JAHRES 2018 reich über 20 kHz. Diese Fähigkeit nutzt er in der Kommunikation und zur Beutesuche. Der Geruchssinn ist für das Aufstöbern von Nahrung, zur Orientierung und zur Unter- scheidung von Feinden und Artgenossen oder Sexualpartnern besonders wichtig. Die Schnauze ist spitz und wie ein kleiner Rüssel beweglich. In der Mund- und Au- genregion sowie im Analbereich befinden sich Drüsen zur Produktion von Geruchs- stoffen. Am Kopf finden sich lange Tast- haare, die ihm ein Bild der direkten Umge- bung vermitteln. Während ihrer Streifzüge zeigen sich Igel geschickt beim Überwin- den von Hindernissen. Sie erklettern kleine Mauern und lassen sich unter Einsatz ihrer abgespreizten Stacheln als Stoßdämpfer auf der anderen Seite herunterfallen, zwängen sich durch kleine Spalten und Löcher, oder Auch nahe den Städten gibt es noch geeignete Igel-Lebensräume. überqueren schwimmend Tümpel und Bä- che. Trotz der kurzen Beine können Igel erstaunlich schnell laufen (60–120 m/min). In Hecken zuhause Mit allen Sinnen auf der Jagd Igel bewohnen bevorzugt strukturreiche, Der erwachsene Igel lebt üblicherweise als extensiv genutzte Landschaften und profi- dämmerungs- und nachtaktiver Einzelgän- Merkwürdiges Verhalten tieren besonders vom Nahrungsreichtum ger und kann in einer Nacht mehrere Kilo- Ungewöhnlich zu beobachten ist auch das entlang von Hecken, dichten Laubwaldrän- meter zurücklegen. Der Aktionsraum be- sogenannte »Einspeicheln«. Diese ange- dern und Feldgehölzen. Großflächig offene trägt bei weiblichen Tieren rund 33 ha und borene Verhaltensweise wird sowohl von Landschaften, Felder, Feuchtgebiete und bei Männchen bis über 100 ha. Besonders adulten Tieren in der Paarungszeit als auch Wälder ohne ausreichende Deckungsmög- während einer einmonatigen Phase nach von Jungtieren, welche aus dem Nest ent- lichkeiten durch eine ausgeprägte Kraut- dem Winterschlaf streifen Igel weit umher. fernt wurden, gezeigt. Die Igel beginnen oder Grasschicht werden gemieden. Da Der Sehsinn ist nur gering ausgeprägt, der scheinbar plötzlich mit einer intensiven natürliche Heckenlandschaften zunehmend Igel kann kaum Farben wahrnehmen. Da Schaumbildung im Maul. Dieser Schaum verschwinden, hat der Igel als Kulturfolger dieser in der Nacht und im dichten Unter- wird vom Igel mit der Zunge auf das Sta- den menschlichen Siedlungsraum mit reich holz ohnehin wenig hilfreich ist, verlässt chelkleid verteilt. Auch bei Igeln, die mit strukturierten Gärten, Rasen, Wiesenflä- er sich stärker auf seine anderen Sinne. So starken Gerüchen konfrontiert werden, chen sowie Parks erobert, und kann hier kann er trotz der kleinen Ohren gut hören, tritt dieses Verhalten auf. Die Gründe hohe Individuendichten erreichen. Seine insbesondere in dem für den Menschen Höhenverbreitung reicht bis 1.400 m. nicht mehr wahrnehmbaren Ultraschallbe- Da der Sehsinn der Igel nur ge- ring ausgeprägt ist, setzen sie zur Orientierung ihren Geruchs- sinn, in Kombination mit den Tasthaaren am Kopf, ein. 18 JAGD IN TIROL 05 | 2018 Fotos: Resch (1), nomad-photo.eu/shutterstock (1)
TIER DES JAHRES 2018 WILD & ÖKOLOGIE verhindert. Der Beginn des Winterschlafs ist regional unterschiedlich, meist beginnt er im Oktober/November und kann bis En- de März dauern. Treten während des Win- terschlafs höhere Außentemperaturen auf, so können Igel ihre Körpertemperatur in- nerhalb einer halben Stunde normalisieren und wachen auf. Bei längeren Wärmepha- sen begeben sie sich sogar auf Nahrungs- suche, weshalb man bei warmer Witterung im Spätherbst oder Winter auch Igel am Tag beobachten kann. Dies sind meist Tiere, die noch nicht genügend Fettreserven für den Winter angelegt haben. Kennenlernen unter Igeln Je nach Witterung erstreckt sich die Paa- Auf ihren Wanderungen und Streif- rungszeit von Mitte April bis August. In zügen können Igel geschickt Hinder- nisse überwinden, Gewässer durch- dieser Zeit sind die Männchen aktiv auf schwimmen und sich durch kleinste der Suche nach geschlechtsreifen weib- Spalten und Löcher zwängen. lichen Tieren. Ist eine potentielle Partnerin die notwendigen Fettreserven für den Win- gefunden, beginnt das Paarungsritual, bei terschlaf an und können dabei ihr Gewicht dem das Weibchen intensive Gegenwehr dafür sind nicht eindeutig bekannt, ver- fast verdoppeln. Um die Monate der tiefen mit fauchenden Lauten und dem Einsatz mutet werden Sexuallockstoffe, individu- Temperaturen und der Nahrungsknappheit der Stacheln zeigt. Durch beharrliches Wer- elle Duftmarken oder der Einsatz giftiger zu überstehen, senken Igel ihre Körperfunk- ben und männliche Sexualduftstoffe gerät Substanzen im Speichel zur Steigerung der tionen im Winter auf ein Minimum. das Weibchen schließlich in Paarungs- Abwehrwirkung der Stacheln. Im Tiefschlaf beträgt der Stoffwechsel nur stimmung. Kurz nach der Paarung verlässt noch 1-2 % des normalen Grundumsatzes. das Männchen das Weibchen und macht Um dies zu erreichen, sinkt die Atmung sich umgehend auf die Suche nach weite- Zuhause im Nest von 40-50 auf 1-2 Atemzüge pro Minute ren Partnerinnen. Ebenso können sich die Der Schutz vor der Witterung und ein gutes und der Herzschlag wird von 200-300 auf Weibchen mit verschiedenen Männchen Versteck vor Feinden sind für Igel überle- ca. 5 Schläge pro Minute reduziert. Die paaren, was die Wahrscheinlichkeit einer bensnotwendig. Sie bauen drei unterschied- Körpertemperatur nähert sich mit 1-8 °C Befruchtung erhöht. liche Arten von Nestern: In der aktiven Zeit dem Gefrierpunkt. Ein Erfrieren wird da- vom Frühjahr bis zum Herbst nutzen sie bei durch automatische Wärmebildung einfach gebaute oberirdische Tagesnester in Igel sammeln aktiv Laub, um damit ihr Winterquartier zu Hecken, Gebüschen oder unter Reisig- und isolieren. Die Weibchen nutzen Steinhaufen. Zur Jungenaufzucht baut das das Laub zusätzlich zum Aus- Igelweibchen ein mit einer dichten Blätter- kleiden der Aufzuchtnester. schicht ausgelegtes Aufzuchtnest, welches bei Störung unverzüglich aufgegeben wird. Sobald im Herbst die Temperaturen sinken, bauen Igel ihre gut isolierten Winternester aus Laub, Gras und Moos. Diese werden in gut geschützten Bereichen, wie im dichten Unterholz, in Hecken oder in Komposthau- fen, angelegt. Manchmal nutzt der Igel dazu auch Erdbaue anderer Tiere oder er gräbt und erweitert kleine Erdhöhlen. Ein Igel besitzt bis zu drei solcher Nester, zwischen denen er im Winter wechseln kann. Schlafend durch den kalten Winter Im Spätsommer und Herbst beginnen die Igel damit, sich auf den kommenden Winter vorzubereiten. In dieser Zeit fressen sie sich Fotos: Ihor Hvozdetskyi/shutterstock (1), colin robert varndell/shutterstock (1) JAGD IN TIROL 05 | 2018 19
WILD & ÖKOLOGIE TIER DES JAHRES 2018 ne Vielzahl von Lebensraumtypen besie- deln kann. Auf seinem Speiseplan stehen vor allem Insekten und deren Entwick- lungsstadien. Regenwürmer, Frösche, Ei- dechsen, Eier und Vogelküken sowie jun- ge Mäuse werden ebenfalls gefressen. Er- wachsene Mäuse sind zu geschickt, um er- beutet zu werden und Spitzmäuse werden, wie auch von den meisten anderen Beute- greifern, gemieden. Auch Schlangen wer- den erlegt, wobei das Stachelkleid effektiv vor Bissen schützt. Darüber hinaus sind Igel gegen das Schlangengift (z. B. Kreuzot- ter) immun. Sein Geschick bei der Schlan- Bereits bei der Geburt sind die ersten, noch weichen Stacheln genjagd spiegelt sich auch in seinem Na- unter der Haut erkennbar. Bis zur men wider: „Igel“ stammt wahrscheinlich Fertigstellung des richtigen Stachel- von dem indoeuropäischen Wort „eghi“ mantels durchlaufen sie noch zwei (= Schlangenfresser) ab. weitere Stachelgenerationen. erwachsenen Tier überlebenswichtige Ver- In der Nähe von Behausungen nutzt der haltensweisen und Jagdstrategien lernen. Igel auch menschliche Speisereste. Pflan- Bis zum 40. Tag werden die Jungigel noch zen und Früchte spielen hingegen eine Der Beginn des Igellebens gesäugt, nach 7-8 Wochen sind sie selbstän- untergeordnete Rolle. Das Bild des Igels, Durch die kurze Aktivitätszeit ist in Mit- dig, verlassen die Mutter und wandern in welcher Äpfel und Birnen auf seinen Sta- teleuropa nur ein Wurf pro Jahr zwischen ein eigenes Gebiet ab. Igel werden mit dem cheln abtransportiert, entspringt dem Juni und Oktober üblich. Nach einer Trag- Alter von 9-10 Monaten geschlechtsreif. In Märchen. Je nach Angebot seines Lebens- zeit von 32-36 Tagen kommen 4-5 nackte der freien Natur erreichen sie ein Höchst- raumes nutzt er gezielt diejenige Nahrung und blinde Jungigel zur Welt. Die ersten alter von rund sieben Jahren, das Durch- weichen Stacheln sind zu diesem Zeitpunkt schnittsalter liegt aufgrund bereits unter einer Hautschicht vorhanden, der hohen Jugend- aber äußerlich noch nicht erkennbar. In sterblichkeit aber bei den Tagen nach der Geburt entstehen zwei nur 1,5-2 Jahren. weitere Stachelgenerationen, welche alle- samt nach dem 40.-50. Lebenstag ausfallen. Mit 20-30 Tagen beginnt das Dauerkleid zu Fressen ... wachsen, welches dem Igel sein charakteris- Der Igel ist ein tisches Aussehen verleiht. Jäger mit einem Die Nach ca. zwei Wochen öffnen die jungen effektiven Magen- Zähne des Igel die Augen und bereits ab der dritten Darm-Trakt, wodurch Igels weisen ihn bis vierten Woche begleiten sie das Mutter- er unterschiedliche Nah- als Insektenfresser aus. tier auf Nahrungssuche, wobei sie von dem rungsquellen nutzen und ei- mit dem höchsten Energiegehalt, was be- sonders zur Anlage der Fettreserven im Herbst wichtig ist. ... und gefressen werden Obwohl Igel durch ihre Fähigkeit, sich zu einer stacheligen Kugel zusammenzurol- len, gut geschützt sind, haben sie natürliche Feinde. Marder, Füchse und Dachse kön- nen ihnen gefährlich werden und großen Greifvögeln wie dem Uhu gelingt es, mit ihren langen Fängen den Stachelpanzer zu Ein Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) auf der Suche nach Insekten. 20 JAGD IN TIROL 05 | 2018 Fotos: Resch (2), Tomasz Czadowski/shutterstock (1), Fotolia (1)
TIER DES JAHRES 2018 WILD & ÖKOLOGIE Durch seine langen Fänge gelingt es dem Uhu, auch Igel zu schlagen. Nicht selten findet man in einem Uhu-Horst die stacheligen Überreste von Igeln. Gefährdung und Schutz Obwohl sich der Igel im Wirkungsbereich des Menschen etabliert hat, führt die zu- nehmende Nutzungsintensität zu einem Rückgang der für den Igel notwendigen naturbelassenen Strukturen. Ehemals gut geeignete kleinstrukturierte Lebensräume mussten nicht selten großräumigen Land- wirtschaftsflächen oder dem Siedlungsbau weichen. Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft und in Gärten reduziert nicht nur die Nahrungsgrundlage, son- dern ist auch für den Igel selbst schädlich. Eine weitere Gefährdungsursache stellt das stetig zunehmende Verkehrsaufkommen auf unseren Straßen dar. In den meisten durchdringen. Selbst kleinere Tiere ma- einer gesunden Igelpopulation jedoch nicht Fällen betrifft dies männliche Tiere, da chen dem Igel das Leben schwer: Parasiten gefährden. Fühlt sich ein Igel bedroht, geht sie besonders während der Paarungszeit wie Zecken, Flöhe und Milben nutzen die er in Abwehrhaltung über, zieht den Kopf sehr aktiv sind. Auch das Verbrennen von Zwischenräume des Stachelkleids als Le- ein und stellt die Stirnstacheln auf. Somit Reisig- oder Laubhaufen ohne vorherge- bensraum und können vom Igel selbst wirkt der Kopf runder und kürzer. Wenn die hendes Umsetzen ist ein Risiko für alle kaum entfernt werden. Für einen gesunden Gefahr vorüber ist, streckt er den Kopf wie- Tiere, die darin ihre Nester und Tagesver- Igel bedeuten die Parasiten normalerweise der langsam heraus und legt seine Stacheln stecke anlegen. keine akute Gefährdung, anders verhält es flach an. Dies ist auch der Grund, warum Dazu kommen unbeabsichtigte Fallen sich hingegen bei kranken und geschwäch- sich in der Vergangenheit das falsche Bild in den Gärten, wie Kellerschächte oder ten Tiere. Auch die Zeit des Winterschlafs der sogenannten Hunds- und Schweins- künstliche Teiche ohne Ausstiegsmöglich- ist für viele Igel eine schwierige Phase, sei igel als verschiedene Arten bildete. Zur Ver- keit. Die Zeiten, in denen er noch als Fa- es aufgrund eines schlecht isolierten Nestes teidigung bei direkter Konfrontation kann stenspeise genutzt wurde, dürfte der Igel oder zu geringer Fettreserven. Während des sich der Igel dank des Zusammenwirkens hingegen überstanden haben. Beide in Tiefschlafs sind sie zudem anderen Beute- verschiedener Muskelstränge zu einer sta- Tirol vorkommenden Igelarten sind über greifern wehrlos ausgeliefert. All diese na- cheligen Kugel zusammenrollen und stun- die Tiroler Naturschutzverordnung 2006 türlichen Gefahren können den Bestand denlang in dieser Position verharren. geschützt. ❙ *alle Varianten ab Lager erhältlich solange Vorrat reicht mit Zfr. Steiner Ranger mit Zfr. Zeiss Victory HT 3 –12 x 56, LA 3 –12 x 56, Abs. 60 oder Blaser R8 Sattelmontage Ring 2,5 –10 x 50, Abs. 60 (montiert + eingeschossen) (montiert + eingeschossen) Professional Success Repetierbüchse Standardkaliber A K T I O N S A N G E B O T * Büchsenmachermeisterwerkstatt mit hauseigenem 100 m-Schießstand JAKELE Jagd + Natur GmbH & Co. KG · Am Werkhaus 8 · D-87480 Weitnau-Hofen · www.jakele.de · Tel. +49 (0) 83 75 / 20 60 200
WILD & ÖKOLOGIE ALPENSALAMANDER Wegnarr, Schwarzer Salamander, Regenmolch, Tattermandl – Alpensalamander Ein warmer Sommerregen im Gebirge – ein idealer Zeitpunkt, um die schwarzen Salamander, die an Regentagen aus ihren Verstecken kommen, um nach Kerbtieren, Würmern und Schnecken zu jagen oder in Tirol um sich auf Partnersuche zu begeben, zu beobach- ten. Bei trockenem Wetter spielt sich ihr Leben im Verborgenen ab – sie ziehen sich in Geröllhalden, unter Steine und Totholz zurück. Es handelt sich um Alpensalamander (Salamandra atra ). Autoren: Dr. Gerda Ludwig, Dr. Silke Schweiger, Dr. Florian Glaser
ALPENSALAMANDER WILD & ÖKOLOGIE Im Gebirge zuhause Der Alpensalamander ist ein Endemit der Alpen und einiger Gebirge im Balkan, d. h. er kommt nur in einem relativ begrenzten Gebiet vor. Die meisten Vorkommen finden sich in der Schweiz und in Österreich. Ös- terreich umfasst einen Großteil des ostalpi- nen Areals dieser Art und trägt damit auch eine besondere Verantwortung für deren Erhalt. Das Gebirgsland Tirol beherbergt naturgemäß besonders viele geeignete Le- bensräume mit dementsprechend großen Populationen. Alpensalamander bevölkern in Tirol sehr unterschiedliche Lebensräume. Hohe Dichten werden in feuchten totholz- und unterschlupfreichen Gebirgswäldern er- reicht, aber auch offene Lebensräume wie Der Alpensalamander (Salamandra atra), lackschwarz und im Grunde unverwechselbar. Geröllfelder, Almweiden, Zwergstrauch- und Grasheidegesellschaften werden besiedelt. Die Höhenverbreitung reicht von 570 bis über 2.500 m, von unmittelbaren Tallagen z. B. in den Auwäldern des Lechtals, bis in Gipfelregi- onen. Die Art dringt auch in nicht zu intensiv genutztes Kulturland vor. In manchen Dörfern im Bregenzerwald und im Zillertal kann man die Art auch in Gärten und Lesesteinmauern im Siedlungsraum antreffen. In einigen Gebie- ten in den Bezirken Kufstein, Schwaz und Lienz kommt der Alpensalamander gemeinsam (syn- top) mit dem Feuersalamander vor. Wie ein Blick auf die Verbreitungskarte zeigt, ist der Alpensalamander in Tirol recht weit verbreitet – alle Bezirke werden besiedelt. Ver- breitungslücken sind zum Teil auf Kartierungs- defizite zurückzuführen, denn man weiß ver- blüffend wenig über die aktuelle Verbreitungs- situation der Art. Der Alpensalaman- der ist in ganz Tirol verbreitet. Es beste- hen aber deutliche Fundlücken. Oft ist nicht klar, ob es sich dabei um Untersuchungsde- fizite handelt oder tatsächlich größere Flächen unbesiedelt sind. Diese Karte basiert auf dem Datenstand des Naturhistorischen Museums in Wien. Schwarze Quadrate zeigen Funde vor 2000, rote Dreiecke Funde nach 2000. Fotos: Kirchmair (1), Meyer (1); Karte: OpenStreetMap (1) JAGD IN TIROL 05 | 2018 23
WILD & ÖKOLOGIE ALPENSALAMANDER Ähnlich und doch verschieden Im Volksmund wird der Alpensalamander Aufgrund seiner Hautgifte wird der Alpensalamander mit verschiedenen Namen belegt. Wegnarr, von vielen Fleischfressern verschmäht. Bei Störung wird eine typische Abwehrhaltung eingenommen. Schwarzer Salamander, Regenmolch und Tattermandl sind nur einige der Bezeich- nungen, die man in Gesprächen immer wieder hört und die regelmäßig zu einer zenden Tierarten von gemeinschaftlichem gewissen Verwirrung führen. Oft werden Interesse. In den Roten Listen gefährdeter Bergmolch (Ichthyosaura alpestris) und Tiere Österreichs wird die Art als „near Feuersalamander (Salamandra salaman- threatened“ (Gefährdung droht) eingestuft. dra) mit dem Alpensalamander verwech- Allerdings liegen kaum quantitative Da- selt, aber wie ein Blick auf die Fotos be- ten über Populationsgrößen vor. Folgende weist, sind diese drei Schwanzlurcharten im Gefährdungsfaktoren spielen eine Rolle: Grunde sehr leicht zu unterscheiden. Lebensraumzerstörung oder -beeinträch- tigungen durch bauliche Maßnahmen, Le- bensraumzerschneidung durch Infrastruk- Der kleine Schwarze in Gefahr tur sowie Verkehrsverluste auf Straßen und Der Alpensalamander ist eine EU-weit Forstwegen. Mittelfristig könnte sich auch streng geschützte Art und wird im Anhang die bereits stattfindende Klimaerwärmung IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ge- auf die Bestände auswirken. führt. Somit zählt er zu den streng zu schüt- Trockene Kinderstube Alpensalamander weisen eine besondere Fortpflanzungsstrategie mit allerdings äu- ßerst geringer Reproduktionsrate auf. Daher erholen sich Populationen nach Bestands- einbußen nur sehr schwer. Als einzige mit- teleuropäische Amphibienart haben sie sich vom Lebensraum Wasser als Kinderstube für ihre Larven unabhängig gemacht. Statt- dessen entwickelt sich in den paarigen Uteri (Gebärkammern) im Normalfall je ein Jung- tier, in seltenen Fällen auch zwei. Von den 20 bis 30 pro Weibchen produzierten Eiern wei- sen nur wenige eine für die erfolgreiche Ent- wicklung notwendige Gallerthülle auf. Sie zerfallen und dienen als Nahrung für die mit Auch der Bergmolch (Ichthyosaura alpestris) wird in Tirol regelmäßig mit dem Alpen- und Feuersalamander äußeren Kiemen ausgestatteten, heranwach- verwechselt. Ein Blick auf die orange bis rote Bauchseite hilft bei der Artbestimmung. Die Art ist in Tirol vom senden Salamanderlarven. Wenn die Ge- Tal bis weit über die Baumgrenze häufig und hält sich während der Fortpflanzungsperiode in Gewässern auf. schwistereier verzehrt sind, ernährt sich die Larve von Nährgewebe an der Uteruswand. Die Larvalentwicklung dauert extrem lange. In tiefen bis mittleren Lagen werden nach zwei Jahren, in höheren Lagen erst nach drei Jahren Trächtigkeit meist zwei fertig entwi- ckelte 4,5 bis 5,5 cm lange Salamander gebo- ren. Erst im Jahr nach der Geburt erfolgen ein erneuter Eisprung und eine Befruchtung. Somit kann ein Alpensalamanderweibchen nur alle 3 bis 4 Jahre Jungtiere gebären. Gefahrenquelle Hautpilz Ein neues Problem könnte der hoch infek- Der Feuersalamander (Salamandra salamandra) trägt gelbe Flecken auf schwarzem Grund. Er benötigt für tiöse, parasitische, eingeschleppte und bis die Fortpflanzung kleine, saubere Waldbäche und Tümpel. In Tirol kommt er vor allem im östlichen Nordtirol vor kurzem unbekannte Hautpilz Batracho- und in Osttirol vor, doch sind sicher Kartierungslücken vorhanden. Leider sind seine Bestände in vielen chytrium salamandrivorans (Bsal) darstel- Tiroler Bezirken im Schwinden begriffen. Im Alpenraum wird die Art im Sprachgebrauch mit Bergmolch len. Während der Pilz keine Bedrohung für und Alpensalamander vertauscht. Menschen und andere Säugetiere darstellt, 24 JAGD IN TIROL 05 | 2018 Fotos: Glaser (4)
ALPENSALAMANDER WILD & ÖKOLOGIE Alle drei bis vier Jahre bringt eine Alpensalaman- dermutter lediglich 1 bis 2 wenige cm große Jung- tiere zur Welt – eine sehr geringe Geburtenrate. Informationen: ➠Österreichische Gesellschaft für Herpetologie, www.herpetozoa.at ➠Amphibien und Reptilien Österreichs: www.herpetofauna.at Weiterführende Literatur: CABELA, A., GRILLITSCH, H., TIEDEMANN, F. (2001): Atlas zur Verbreitung und Ökologie der Amphibien und Reptilien in Österreich: Auswertung der Herpetofaunis- tischen Datenbank der Herpetologischen Sammlung des Naturhistorischen Museums in Wien. Umweltbundesamt, Wien: 880 S. befällt er Feuer- und Alpensalamander tung ist aber auch die genaue Beobachtung sowie Molche und tötet die Tiere in den der Populationen. Achten Sie daher bei GOLLMANN, G. (2007): Rote Liste der in Österreich gefährdeten Lurche (Amphibia) und Kriechtiere (Reptilia). meisten Fällen. Obwohl der Pilz bis jetzt geeignetem Wetter auf die Anzahl der ge- In: ZULKA, P. (Red.): Rote Listen gefährdeter Tiere Öster- in Österreich nicht nachgewiesen werden sichteten Tiere und melden Sie eventuelle reichs – Checklisten, Gefährdungsanalysen, Handlungsbe- darf. Teil 2: Kriechtiere, Lurche, Fische, Nachtfalter, Weich- konnte, ist ein Ausbruch in den nächsten Bestandsrückgänge. ❙ tiere.– Grüne Reihe des Lebensministeriums, Wien: 37-60. Jahren wahrscheinlich, da bereits Infekti- onen in Deutschland aufgetreten sind. Was kann man tun, um einem Ausbruch entge- genzuwirken? Der Erreger kann in feuch- GESUCHT: Alpensalamander-Standorte tem Erdsubstrat (und anderen Materialien) Die Verbreitung des Alpensalamanders in Österreich ist zwar in groben Zügen bekannt. Hinweise sowie in Wasser überdauern und z. B. über auf lokale Vorkommen, vor allem in Tirol, sind aber für die Datenbank des Naturhistorischen Autoreifen und Schuhe leicht verschleppt Museums in Wien und für BiologInnen in Tirol von großem Interesse. Bitte melden Sie deshalb alle werden. Eingeschränkter Fahrzeugverkehr Alpensalamanderbeobachtungen, aber auch Beobachtungen von anderen Reptilien und Amphibien. in Arealen, in denen Alpensalamander Kontakt: vorkommen, könnte einer Verschleppung ➠ Technisches Büro für Biologie, Walderstrstraße 32, 6067 Absam, entgegenwirken. Auch Desinfektionsmaß- Tel.: +43 (0) 650 5762100, E-Mail: florian.glaser@aon.at nahmen von Schuhen (z. B. mit Chlorblei- ➠ Naturhistorisches Museum Wien, Tel.: +43 (0) 1 52177/619 che) können helfen, einen Ausbruch zu E-Mail: silke.schweiger@nhm-wien.ac.at verhindern. Weitere Informationen dazu Sie können Ihre Meldungen per Mail schicken (wir freuen uns immer über ein Belegfoto!) finden Sie auf der Homepage der Öster- oder auf der Homepage www.herpetofauna.at unter „Funde melden“ eingeben. reichischen Gesellschaft für Herpetologie Danke für Ihre Mitarbeit! (www.herpetozoa.at). Von großer Bedeu- KETTNER - SCHALLDÄMPFER TESTSCHIESSEN Beobachtungs- und Vorsatzgerät in einem 1 x optisch und 4 x digitaler Zoom Farbige Bilddarstellung und frei G EweW IN NSaSchPpreiIEseLn wählbare Bildoptimierung Integrierte Entfernungsmes- mit rtvollen sung 12 x in ÖSTERREICH und auch in... INNSBRUCK Businesspark, Grabenweg 71 r © Steyr Mannliche Infos zum Schießstand unter 6020 Innsbruck www.sg-mieming.at Tel. +43 (0) 2626 / 200 26-465 innsbruck@kettner.com Am Eduard Wallnöfer Schießstand in Mieming 02.06.2018 von 10.00 bis 17.00 Uhr www.kettner.com
WILD & ÖKOLOGIE WILDTIERKRANKHEITEN Serie Wildtierkrankheiten: Durchfallerkrankungen beim Rehwild im Frühjahr Mit der Aufnahme der ersten frischen Äsung nach dem Ausapern im Frühjahr weisen etliche Rehe breiigen Kot bis hin zu starken Durchfällen auf. Alljährlich kommt es dabei in einzelnen Revieren zu einem gehäuften Auftreten von Todesfällen. Die Ursachen hierfür können mannigfaltig sein. Jagdlich von Bedeutung ist, ob von diesen an Durchfall erkrankten Tieren eine Ansteckungsgefahr für weitere Individuen ausgeht. Um dies abzuklären, sind Sektionen sowie eingehendere Untersuchungen notwendig. Autor: Mag. Christian Messner, Sprengeltierarzt Schwaz 26 JAGD IN TIROL 05 | 2018 Foto: Messner (1)
WILDTIERKRANKHEITEN WILD & ÖKOLOGIE W ie aus der Auflistung ersichtlich, gibt es ursächlich in den allermeis- ten Fällen mehrere Auslöser für ei- Durchfall kann zahlreiche Ursachen haben. In extremen Fällen wird die Stoffaufnahme im Ver- ne Durchfallsymptomatik, die multikausal dauungssystem so stark gestört, dass es zum Tod zusammenspielen. durch Unterzucker und Kreislaufversagen kommt. So bewirkt zum Beispiel eine chronische Übersäuerung des Pansens eine ständige Reizung des Magen-Darm-Traktes, ver- wirkendes Haupt sowie die eingesunkenen bunden mit einer verminderten Infekti- Augäpfel. Die Fluchtdistanz ist deutlich onsabwehr. Dies führt zu einem erhöhten vermindert und wenn man Rehe im End- Parasitenbefall, welcher durch zusätzliche stadium aufscheucht, zeigen sie einen Schädigung ein Eindringen von patho- torkelnden Gang, bevor sie festliegend genen Erregern und deren Giften in die werden und schließlich an Hypoglykämie Darmwand erleichtert und so zum Abkom- sowie Kreislaufversagen verenden. Für den men der befallenen Tiere bis hin zu deren Jäger besteht Handlungsbedarf, wenn die Tod beiträgt. Ursachen für Durchfallerkrankungen füt- terungsbedingt sind, oder wenn die Anste- ckung anderer Tiere zu befürchten ist. Krankheitsgeschehen Allerdings ist es in den meisten Fällen so, Durch das Einwirken der oben ange- dass sich die Natur durch einen vom Men- führten schädlichen Substanzen (Noxen) schen unbemerkten verstärkten Abgang auf den Magen-Darm-Trakt kommt es zu bereits selbst geholfen und des Problems einer Entzündung der Innenauskleidung. entledigt hat, noch bevor man diesem ge- Als Gegenreaktion darauf erfolgt eine ver- wahr wird. mehrte Sekretion von Schleim und Bikar- Der gedrehte Magenwurm und Co. zei- bonat aus bestimmten Zellen der Magen- gen deutlich auf, dass beim Rehwild so und Darmwand. Dies reicht in Verbindung wie auch beim Gams- und Steinwild die mit einer verstärkten Wasseraufnahme in Selbstregulierungsmechanismen der Na- den allermeisten Fällen aus, um eine wei- tur einwandfrei funktionieren. ❙ tere Verschlechterung zu unterbinden, und führt oft innerhalb weniger Tage zu einer vollständigen Ausheilung. Kalium und Bicarbonat verstärkt ausge- In den Fällen, wo die einwirkenden No- schieden. Dieser Wasser- und Elektrolyt- Ursachen für Durchfall xen nicht eliminiert werden können und verlust, der Verlust an Puffersubstanzen, das Darmepithel weiter geschädigt wird, die Umschaltung auf anaerobe Glykolyse Ernährungsbedingte Durchfälle: kann es schnell zu lebensbedrohlichen sowie die hypovolämisch bedingte ver- ➠Pansenazidose (akute und chronische Pansenübersäuerung) Zuständen kommen. Die Zerstörung der ringerte Ausscheidung von säurebilden- Innenauskleidung des Darmes hat eine den Substanzen über die Niere führen zur Pansenalkalose (Pansenfäulnis): zunehmende Sekretionsstörung im Dünn- immer stärker werdenden Austrocknung ➠ Durchfall infolge zu rascher darm (Chloridsekretion) sowie eine Stö- sowie zur Übersäuerung des Organis- Futterumstellung (Zusammenbruch rung der Stoffaufnahme im Dickdarm zur mus. Nicht selten kann man beobachten, der Pansenfauna und Pansenflora) Folge, was durch die osmotische Wirkung dass durchfallkranke Rehe mit Streusalz Infektiöse Durchfälle: den Durchfall zunehmend wässrig werden versorgte nasse Straßenabschnitte able- ➠ Infektionen mit Durchfallerregern lässt. Gleichzeitig werden auch Natrium, cken, um die verlorenen Natrium- und (E.coli, Clostridien, Salmonellen, Chlorid-Ionen wiederaufzunehmen. Bei Rota- u Coronaviren usw.) einer weiteren Verschlechterung liegen die ➠ Paratuberkulose ➠ Enterotoxämien (Darmvergiftungen Tiere lange Zeit und das Allgemeinbefin- durch toxinbildende Bakterien) den ist deutlich gestört. Die Äsungsauf- nahme erfolgt oft zu außergewöhnlichen Parasitäre Durchfälle: Zeiten. Durch die Unterlassung der Kör- ➠ Kokzidiose perpflege wirkt das Haarkleid struppig, ➠ Magen-Darmwurmbefall ➠ Bandwurmbefall die Umgebung des Weidloches und die ➠ Leberegelbefall Sprunggelenke sind stark mit Durchfall- kot verschmutzt. Auffällig sind auch ein Osmotisch bedingte Durchfälle: durch die gesträubten Haare aufgedunsen ➠ Bei übermäßiger Aufnahme osmotisch wirksamer Substanzen (Salz) Durch exogene Gifte verursachte Entzündete Darmschlingen Darmreizungen: mit verstärkter Gasbildung ➠ Giftpflanzen und Umweltgifte Fotos: Messner (2) JAGD IN TIROL 05 | 2018 27
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