Zielmarktanalyse Armenien - Geschäftschancen für deutsche Unternehmen und Anbieter im Bereich Maschinen- und Anlagenbau der Segmente ...

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Zielmarktanalyse Armenien - Geschäftschancen für deutsche Unternehmen und Anbieter im Bereich Maschinen- und Anlagenbau der Segmente ...
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     Zielmarktanalyse Armenien
     Geschäftschancen für deutsche Unternehmen und Anbieter im
     Bereich Maschinen- und Anlagenbau der Segmente
     Lebensmitteltechnologien, Umwelttechnik, Textilmaschinen,
     Baumaschinen sowie Anlagen für die Ölförderung

                                                      Durchführer
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Text und Redaktion
Enviacon International GmbH
International Consultancy
Schlossstr. 26
12163 Berlin, Germany
www.enviacon.com

redaktionelle Bearbeitung
Anna-Catharina Nunes-Heinzmann
Charlotte Schuchard

Gestaltung und Produktion
Enviacon International GmbH

Stand
28.09.2018

Druck
XXXX

Bildnachweis
Malcom Lightbody via Unsplash
Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich
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Invest GmbH sowie geeigneten Dritten zur unentgeltlichen
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ZIEMLARKTANALYSE ARMENIEN FÜR MASCHINEN- UND ANLAGENBAUER                                                  2

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................................. 2

1.     Abstract .......................................................................................................................................... 4

2.     Zielmarkt allgemein ...................................................................................................................... 5
     2.1      Allgemeine Länderkennzahlen ................................................................................................ 5
     2.2      Wirtschaftswachstum, Inflation und Währungsentwicklung................................................... 6
     2.3      Außenhandel und Investitionsklima ........................................................................................ 9

3.     Politische Rahmenbedingungen ................................................................................................. 12
     3.1      Innenpolitische Lage ............................................................................................................. 12
     3.2      Außenpolitische Lage ............................................................................................................ 13
     3.3      Aktuelle Trends: Geopolitischer Erdrutsch - Neues Verhältnis zum Iran ............................. 15

4.     Der Markt für Maschinen- und Anlagenbauer ........................................................................ 18
     4.1      Zukünftige Marktentwicklungen in relevanten Segmenten................................................... 18
     4.2      Aktuelle Trends in der Textilbranche .................................................................................... 19
     4.3      Aktuelle Trends in der Nahrungsmittelproduktion ................................................................ 21
     4.4      Aktuelle Trends in der Umwelttechnik ................................................................................. 25
     4.5      Aktuelle Trends in Bauwirtschaft und Tourismus ................................................................. 27
     4.6      Wettbewerbssituation ............................................................................................................ 28
     4.7      Stärken und Schwächen des armenischen Marktes ............................................................... 28

5.     Technische und Logistische Voraussetzungen .......................................................................... 31
     5.1      Transport nach und in Armenien ........................................................................................... 31
     5.2      Kommunikationsinfrastruktur ............................................................................................... 33
     5.3      Wasser- und Stomversorgung................................................................................................ 34
     5.4      Umweltschutz ........................................................................................................................ 35
     5.5      Arbeitssicherheit .................................................................................................................... 36

6.     Markteinstieg in der Praxis ........................................................................................................ 37
     6.1      Rechtliche Rahmenbedingungen ........................................................................................... 37
     6.2      Ease of Doing Business ......................................................................................................... 38
     6.3      Zollinformationen .................................................................................................................. 40
     6.4      Aktuelle Trends: Armenische Sonderwirtschaftszonen ........................................................ 41
     6.5      Eintrittshemmnisse ................................................................................................................ 42
     6.6      Hinweise zu Finanzierungsmöglichkeiten ............................................................................. 42
     6.7      Business-Etikette Dos and Don’ts ......................................................................................... 43
7.      Anhang ......................................................................................................................................... 44
     7.1 Zentrale Messen ........................................................................................................................ 44
     7.2 Adressteil ................................................................................................................................... 44
     7.3 Verzeichnisse............................................................................................................................. 46
     7.2.1 Abkürzungen ......................................................................................................................... 46
     7.2.2 Abbildungen .......................................................................................................................... 46
     7.2.3 Tabellen ................................................................................................................................. 46
     7.2.4 Quellen .................................................................................................................................. 46
4     ZIEMLARKTANALYSE ARMENIEN FÜR MASCHINEN- UND ANLAGENBAUER

    1. Abstract
Diese Zielmarktanalyse wurde für die Vorbereitung auf die Markterkundungsreise für deutsche
Unternehmen und Anbieter im Bereich Maschinen- und Anlagenbau der Segmente
Lebensmitteltechnologien, Umwelttechnik, Textilmaschinen, Baumaschinen sowie Anlagen für die
Ölförderung nach Armenien (Februar 2019) im Rahmen des BMWi-Markterschließungsprogramms
erstellt. Sie bietet deutschen Anbietern von entsprechenden Produkten und Dienstleistungen sowie
allgemein Interessenten der Zielmärkte erste Einblicke in die Zielregion und liefert erste
Einschätzungen zu Absatzchancen und Markteintrittsmöglichkeiten.

Dabei wird zunächst die wirtschaftliche und politische Lage Armeniens thematisiert, bevor dann im
Detail auf Wachstumsmärkte, Zukunftsbranchen und Absatzchancen eingegangen wird. Hierzu
werden aktuelle Trends und anstehende Investitionen beleuchtet. Eine übersichtliche SWOT-Analyse
rundet das dritte Kapitel ab und zeigt resümierend Stärken und Schwächen sowie zukünftige
Potenziale der armenischen Wirtschaft auf. Ergänzend werden Hinweise zum Markteinstieg in der
Praxis gegeben. Hier werden insbesondere rechtliche und steuerliche Aspekte thematisiert sowie
„kulturelle Fallstricke“ behandelt. Eine Auflistung relevanter Unternehmen, Institutionen und
Behörden in Armenien rundet die Marktstudie ab. Als Informationsquelle wurden aktuelle Daten
vorrangig aus den Jahren 2015 bis 2018 verwendet. Neben Primärquellen ,wie beispielswiese
armenischen Gesetzestexten und Regierungserklärungen, wurden Veröffentlichungen von Verbänden,
Fachzeitschriften, Regierungseinrichtungen und weiteren relevanten Akteuren ausgewertet.

Die Zielmarktanalyse zeigt, dass es sich trotz des kleinen Marktes lohnt, Armenien im Blick zu
behalten. Maschinen- und Anlagenbauer können hier von einer wachsenden Wirtschaft und
mangelnder inländischer Konkurrenz profitieren. Bisher werden Maschinen- und Anlagen
mehrheitlich importiert, lokale Anbieter gibt es kaum. Besonders die wachsenden Lebensmittel-,
Getränke- und Textilbranche benötigen jedoch zunehmend neuere Technologien, um internationalen
Standards und der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Auch für Anbieter von Umwelttechnik
bestehen gute Absatzchancen, denn das Land beginnt allmählich seine Kapazitäten in Puncto
erneuerbare Energien auszubauen. Überdies ist Armenien als Absatzmarkt auch deshalb interessant,
weil das Land sich geographisch am Schnittpunkt zwischen dem Iran, der Europäischen Union und der
Eurasischen Union befindet. Diese Regionen sind am Wachsen und werden im Moment noch von
internationalen Sanktionen ausgebremst, künftig könnten dort jedoch boomende Wirtschaftsregionen
entstehen, welche einzig durch Armenien verbunden wären. Die armenische Regierung bemüht sich
für diesen Fall bereit zu sein und Unternehmen den Markteinstieg zu erleichtern.
2. Zielmarkt allgemein
    2.1 Allgemeine Länderkennzahlen

Die Republik Armenien passt mit einer Fläche von 28.470 km2 etwa ein Dutzend Mal in das
Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Das kleine Land befindet sich in einer Binnenlage und
ist umgeben von größeren Nachbarn. Im Osten grenzt Aserbaidschan an, im Süden erstreckt sich die
Islamische Republik Iran, im Westen befindet sich die Türkei und nördlich grenzt Georgien an. Damit
liegt Armenien im so genannten Eurasien, einer Transkontinentalregion zwischen Europa und
Westasien.

Abbildung 1: Politische Karte Armeniens

 Quelle: www.fermata.me

Armenien ist seit 1991 ein unabhängiger Staat, wobei die Unabhängigkeit nicht das Produkt
inländischer Bestrebungen, sondern eine Konsequenz des Zusammenbruchs der Sowjetunion war.

Das Land ist die älteste christliche Nation der Welt, erste Kirchen wurden im vierten Jahrhundert
gegründet und noch heute ist die überwiegende Mehrheit der Armenier Mitglied der armenisch-
apostolischen Kirche. Darüber hinaus ist die Kultur des Kleinstaates ein Produkt zahlreicher Einflüsse
bedeutender Großreiche, darunter das Byzantinische Reich, das Perserreich, die Mongolen und die
Türken.
6       ZIEMLARKTANALYSE ARMENIEN FÜR MASCHINEN- UND ANLAGENBAUER

Über die genaue Bevölkerung des Landes kursieren verschiedene Zahlen. Die offiziellen Angaben
sprechen von 3,1 Millionen Einwohnern, de facto wird die Zahl aber auf 2,9 Millionen Bürger
geschätzt.1 Somit ist die gesamte Landesbevölkerung niedriger zu veranschlagen als die
Einwohnerzahl Berlins. Armenien hat jedoch auch eine beachtliche Anzahl an Menschen, die in der
Diaspora leben; sie werden auf 8 Millionen geschätzt.2 Davon leben die meisten in Russland, den
USA, Frankreich und Georgien. Ein Großteil der Bevölkerung hat sich rund um die Hauptstadt
Jerewan (auch Eriwan genannt) angesiedelt. Hier leben etwa 1,073 Millionen Menschen, also ein gutes
Drittel der Gesamtbevölkerung des Landes.3 In Jerewan wird auch ein Großteil der armenischen
Waren produziert. Das zweite Ballungszentrum Armeniens ist die Stadt Gyumri. Hier leben etwa
117.700 Armenier.4 Die Bevölkerung des Landes ist nahezu monoethnisch, nur ein geringer
Prozentsatz (knapp über 1,2% der Landesbevölkerung) sind Jesiden.5 Neben dieser Gruppe gibt es
noch weitere Minderheiten, zu denen vor allem Russen, iranische Assyrer, Georgier, Ukrainer,
Weißrussen und Griechen gehören. Bedingt durch die Sowjetzeit beschränken sich die
Landessprachen jedoch auf Russisch und Armenisch. Allerdings ist Englisch nach dem Russischen die
meistgesprochene Fremdsprache und auch anerkannte Geschäftssprache.

     2.2 Wirtschaftswachstum, Inflation und Währungsentwicklung

Nur mühsam erholte sich das Land von der Wirtschaftskrise 2008. Damals brach das
Bruttoinlandsprodukt um 15% ein6 und ist heute noch immer nicht wieder auf dem Vorkrisenniveau
angekommen. Dennoch hat sich die Regierung das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis einschließlich 2022 ein
durchschnittliches Wachstum von 5% zu erreichen.7 Das Wirtschaftswachstum der Jahre 2017 und
2018 lässt hoffen, dass dieses Ziel erreicht werden kann. Im letzten Jahr stieg das BIP um ganze 7,5%
an und liegt nun bei 11,5 Mrd. US$.8 Motor des Wachstums waren vor allem die Erholung der
russischen Wirtschaft und gestiegene Exporte. Da viele Armenier in der Diaspora in Russland leben,
stieg mit dem Wiedererwachen der russischen Wirtschaft die Höhe der Rücküberweisungen
armenischer Gastarbeiter in die Heimat. In der Folge stieg die Inlandsnachfrage nach Konsumgütern
und kurbelte so die Wirtschaft an. Neben dieser gestiegenen Nachfrage im Inland stieg auch der
Exportanteil des Landes um 16%.9 Auch hierfür ist vor allem der Aufschwung in Russland
verantwortlich. Erstmals erholte sich auch die Baubranche, welche lange Zeit stagniert hatte und
wuchs um 3%.10 Mit einem Pro-Kopf-Bruttoinlandprodukt von 3.861 US$11 gehört Armenien damit zu
den Ländern mit mittlerem Einkommen. Für das Jahr 2018 ist ein Wachstum von 6,2%
prognostiziert.12 Dieses Zeitfenster des Aufschwungs versucht die Regierung nun für umfangreiche
Reformen zu nutzen, die Armeniens Wirtschaftswachstum an Exporte knüpfen sollen. In einem

1
     World Population Review, Abgerufen auf http://worldpopulationreview.com/countries/armenia-population/
2
     New York Times, Abgerufen auf https://lens.blogs.nytimes.com/2014/04/24/following-armenias-global-
     diaspora/
3
     Statistical Committe of the Republic of Armenia
4
     Statistical Committe of the Republic of Armenia
5
     World Atlas, The Major Ethnic Groups of Armenia, Abgerufen auf https://www.worldatlas.com/articles/the-
     major-ethnic-groups-of-armenia.html
6
     The World Bank, Country Data Armenia
7
     Program of the Government of the Republic of Armenia, June 2017
8
     The World Bank in Armenia, April 2018, Country Snapshot 2018
9
     The World Bank in Armenia, April 2018, Country Snapshot 2018
10
     The World Bank in Armenia, April 2018, Country Snapshot 2018
11
     The World Bank in Armenia, April 2018, Country Snapshot 2018
12
     Wirtschaftsausblick Armenien, Germany Trade and Invest, September 2018
umfangreichen Programm mit dem Titel „Government Program Armenia 2017-2020“ stellt die
Regierung jene Maßnahmen vor, welche die Fortsetzung des Wirtschaftswachstums und einen
Rückgang der Armut sichern sollen.

Government Programme Armenia 2017-2020

Das Reformprogramm der armenischen Regierung soll bis 2020 abgeschlossen sein und erstreckt sich
über verschiedene Bereiche. So sind unter anderem Sektorreformen in der Verwaltung, der
Gesetzgebung, der Außenpolitik, der Verteidigung, der Wirtschaft und im Sozialwesen vorgesehen.
Ziel der Maßnahmen ist es, die Sicherheit des Landes und wirtschaftlichen Fortschritt zu
gewährleisten.13 Vom wirtschaftlichen Fortschritt sollen dabei alle Gesellschaftsschichten in Armenien
profitieren.

Im Programmentwurf werden darüber hinaus die geopolitischen Herausforderungen thematisiert,
denen sich das Land gegenübersieht. Es gilt zu kompensieren, dass von den vier Außengrenzen des
Landes zwei für den Güterverkehr geschlossen sind. Wirtschaftliche Beziehungen werden als Mittel
verstanden, die Beziehung zu anderen Staaten zu verbessern und zu intensivieren, ein Umstand der auf
Grund der regionalen Konflikte und der Binnenlage des Landes besonders hoch priorisiert ist. Hier ist
der Ansatz der Regierung Rechtsstaatlichkeit zu stärken, Korruption zu bekämpfen und bürokratische
Prozesse so kurz wie möglich zu halten, um das Land für Investitionen attraktiver zu machen.

Darüber hinaus bildet wirtschaftliches Wachstum, laut Programm, das Fundament für eine Steigerung
der Lebensqualität in der armenischen Bevölkerung. Diesbezüglich werden insbesondere die
Arbeitslosenquote, das Bildungs- und das Gesundheitssystem hervorgehoben. In diesen Bereichen
sollen infolge der Reformen die größten Verbesserungen erzielt werden. Des Weiteren erklärt
Armenien die Energieversorgung zur Priorität. Da das Land selbst keine Öl- oder Gasvorkommen
besitzt, ist es für die Energieversorgung vor allem von russischen Gasimporten abhängig. Um diese
Abhängigkeit zu reduzieren, soll verstärkt in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert werden.

Neben diesen Investitionen in den Energiesektor wird die Wichtigkeit des Bildungswesens
thematisiert. Laut der armenischen Regierung, muss künftiges Wirtschaftswachstum auf der
Verfügbarkeit hochqualifizierter, moderner, mobiler und motivierter Arbeitskräfte fußen.14 Nur mit
einem an die moderne Arbeitswelt angepassten Bildungssystem kann die Grundlage für
technologiebasierten Außenhandel geschaffen werden, so die Regierungserklärung.

13
     Program of the Government of the Republic of Armenia, June 2017
14
     Program of the Government of the Republic of Armenia, June 2017
8         ZIEMLARKTANALYSE ARMENIEN FÜR MASCHINEN- UND ANLAGENBAUER

Tabelle 1: Armenia 2017-2020 in Zahlen
Bereich                                                                      Zielsetzung
Wirtschaftswachstum                                                          Jährliches Wachstum von 5% des BIP
Exportvolumen                                                                Exporte machen 40-50% des BIP aus bis 2020
Armutsbekämpfung                                                                 Reduktion des Bevölkerungsanteils
                                                                                     unterhalb der Armutsgrenze um 12% bis
                                                                                     2020
                                                                                 Erhöhung des Mindestlohns um 25% bis
                                                                                     2020
Quelle: eigene Darstellung basierend auf Program of the Government of the Republic of Armenia, June 2017, Vision and Goals of the RA Government Programme

Die im Reformprogramm geplanten Maßnahmen setzen dort an, wo die aktuellen Probleme des
Landes liegen. Insgesamt hat Armenien eine lange Geschichte der instabilen Geldwerte. Durch starke
Fluktuation der verfügbaren Geldmenge und in der Güterproduktion kam es im letzten Jahrzehnt
immer wieder zu starken Inflationsentwicklungen. Während die Lebenserhaltungskosen in den letzten
Jahren beständig stiegen, erlebte Armenien im Jahr 2016 erstmals eine Deflation von fast 2%.15 Für
das laufende Geschäftsjahr wird eine Inflationsrate von 3,5% prognostiziert.16 Diese ist vor allem
darauf zurückzuführen, dass die Preise für Treibstoff gestiegen sind. Seit Beginn des Jahres entfällt auf
diese Güter erstmals eine Verbrauchssteuer. Zeitgleich stiegen mit dem Eintritt Armeniens in die
Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) auch die Zollabgaben für Importprodukte.

Neben der Schaffung einer Geldwertstabilität gibt es auch in puncto Erwerbstätigkeit für das kleine
eurasische Land einiges zu tun. Die Erwerbslosenquote steigt seit 2006 kontinuierlich. Trotz guter
Ausbildung finden viele junge Armenier keine Anstellung. Im Jahr 2016 lag die Erwerbslosenquote
bei Jugendlichen im Alter von 15 bis 24 Jahren bei 39%.17 Insgesamt sind vergangenes Jahr in
Armenien rund 18% der Bevölkerung über 15 arbeitslos gewesen.18 Dies ist vor allem im Hinblick auf
die Tatsache, dass laut offiziellen Angaben bereits ein Drittel der Bevölkerung in Armut leben,19
hochproblematisch. Armut wird in Armenien nicht daran gemessen wie viel eine Person verdient,
sondern daran, wie viel sie ausgibt. Dabei gelten Menschen, welche weniger als 41.698 Armenischen
Dram (AMD) im Monat ausgeben, als arm. Dies entspricht aktuell 73,15€.20 Mit monatlichen
Ausgaben von unter 60€ und unter 43€ gilt ein Armenier als sehr arm beziehungsweise von extremer
Armut betroffen. Gleichzeitig betrug der zur Existenzsicherung notwendige Betrag im Jahr 2015
umgerechnet 95€, während der Bevölkerung im Schnitt 75 € pro Monat zur Verfügung standen.21
Demnach ist es möglich, offiziell nicht von Armut betroffen zu sein, während die Einkünfte
gleichzeitig unterhalb des Existenzminimums liegen.

15
     Statista.com
16
     Statista.com
17
     International Labour Organization, Key Indicators of the Labour Market Armenia, 2016
18
     International Labour Organization, Key Indicators of the Labour Market Armenia, 2016
19
     Poverty in Armenia, Ampop Media, 2018
20
     Stand 11.09.2018 Oanda Währungsrechner
21
     Poverty in Armenia, Ampop Media, 2018
Die Währung des Landes ist der Armenische Dram (AMD). Ein Dram entspricht 100 Luma. Nach
dem aktuellen Wechselkurs erhält man für einen Euro 555, 182 AMD.22 Das armenische Dram
unterliegt starken Wechselkursschwankungen (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Wechselkursentwicklung Armenischer Dram in Euro

     Quelle: finanzen.net

Generell betrachten sowohl Investoren als auch Experten es als realistisch, dass Armenien langfristig,
wenn auch kleinschrittig, wirtschaftlich wachsen und die Armut sinken wird. So rechnet die Weltbank
mit einem Durchschnittswachstum von 4 % für die nächsten Jahre.23 Als besonders chancenträchtig
gelten die Landwirtschaft, informations- und kommunikationstechnologische Sektoren, sowie der
Tourismussektor. Beachtenswert ist, dass das Wirtschaftswachstum bisher sehr stark regional geprägt
ist.24 Das heißt, bisher profitieren vor allem die Menschen in der Region rund um Jerewan, denn auf
diese Region konzentriert sich bisheriges Wirtschaftswachstum, während die Landbevölkerung davon
wenig bis gar nichts zu spüren bekommt.

        2.3 Außenhandel und Investitionsklima

Auch wenn das Wirtschaftswachstum Armeniens derzeit alle Prognosen übertrifft und Hoffnungen in
eine langfristige Besserung der Situation weckt, so gibt es neben der hohen Arbeitslosigkeit und den
Geldwertschwankungen noch andere Probleme zu lösen. Darunter ist die hohe Schuldenlast des
Landes. Die armenische Regierung gibt zurzeit beständig mehr aus als sie einnehmen kann. Über die
Jahre hat dies zu erheblichen Schulden des Landes beigetragen. Inzwischen liegt der
Bruttoschuldenstand des Staates bei 53,5 % des Bruttoinlandsprodukts.25 Der Finanzierungssaldo ist
negativ und wird das in Hinblick auf die anstehenden Investitionen der Regierung wohl auch auf
längere Zeit bleiben. Gleichzeitig stellen viele der im Armenia 2020 Programm vorgestellten
Maßnahmen eine Investition in die Zukunft dar und sollen langfristig zu einem Abbau der

22
      oanda.com, Stand 13.09.
23
      Country Snapshot 2018, The World Bank in Armenia
24
      Außenwirtschaftsupdate Armenien, Außenwirtschaft Austria, 2017
25
      DEStatis Länderbericht Armenien 2018, Statistisches Bundesamt
10        ZIEMLARKTANALYSE ARMENIEN FÜR MASCHINEN- UND ANLAGENBAUER

Arbeitslosigkeit und Armut im Land beitragen. Sollte dies gelingen, ist längerfristig auch mit höheren
Staatseinnahmen zu rechnen.

Obgleich die Handelsbilanz des Landes noch immer negativ ist, steigt das Exportvolumen seit Beginn
des Jahrtausends – mit Ausnahme eines kleinen Einbruchs im Jahr 2009 – kontinuierlich und lag im
Jahr 2017 bei 2.041 Mrd. US$. Hauptabnehmer sind für armenische Waren die russische Föderation
mit 26, 5%, Bulgarien mit 14%, die Schweiz mit 11,8%, Georgien mit 7% und China mit 6%.26
Deutschland folgt mit einem Exportanteil von 5,5% knapp hinter China. Die Hauptwarengruppen für
den Export sind in der Abbildung 3 abgebildet.

Abbildung 3: Anteil der Hauptwarengruppen am Export 2017

 Quelle: eigene Darstellung basierend auf DEStatis Länderbericht Armenien 2018, Statistisches

 Bundesamt (alle Angaben in Prozent)

Bedingt dadurch, dass Russland nicht nur Abnehmer vieler Waren, sondern auch wichtigster
Importeur in Armenien ist, ist das Land relevantester Handelspartner. Rund 28,7 % der Warenimporte
nach Armenien kommen aus der Russischen Föderation. Es folgt, weit abgeschlagen China mit 11,7%.
Auf Platz drei und vier befinden sich, knapp hintereinander, die islamische Republik Iran (4,4%) und
Deutschland (4,3%).27 Da das Land selbst keine Ölvorkommen besitzt, ist es für die
Energieversorgung auf mineralische Brennstoffe und Mineralöle aus den Nachbarländern angewiesen.
Diese Erzeugnisse machen auch den größten Teil der Importe aus (15,4%). Auf Platz zwei der
Importgüter stehen Maschinen und mechanische Erzeugnisse (9,2%).28

Die Regierung macht das Land durch Gesetze und verbesserte Investitionsbedingungen regelmäßig
attraktiver für ausländische Direktinvestitionen, wodurch Armenien nun Platz 47 von 190 im
diesjährigen Doing Business Report der Weltbank belegt.29 Ein weiterer Investitionsgrund ist die gute
Lage Armeniens am Schnittpunkt zwischen verschiedenen Märkten. Durch seine geographische Lage
verbindet Armenien die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), den Nahen Osten, die EU und
die Eurasische Wirtschaftsunion. Gepaart mit einer ständigen Verbesserung des Investitionsklimas und

26
     DEStatis Länderbericht Armenien 2018, Statistisches Bundesamt
27
     DEStatis Länderbericht Armenien 2018, Statistisches Bundesamt
28
     DEStatis Länderbericht Armenien 2018, Statistisches Bundesamt
29
     The World Bank, Ease of Doing Business Report 2017
den attraktiven Handelsbedingungen ist das Land interessant für Investoren. Darüber hinaus besitzt
Armenien gut ausgebildete, junge und billige Fachkräfte.

Tabelle 2: Die wichtigsten Außenwirtschaftskennzahlen im Überblick
Kennzahl                                      Wert
Bruttoinlandsprodukt                          11,5 Mrd. US$
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf                                            3.861US$
Bevölkerung                                                              2,92 Millionen
Wirtschaftswachstum                                                      7,5% ; 6%*
Inflation                                                                0,9%
Arbeitslosigkeit                                                         18,2%
Wechselkurs                                                              1 US$ = 476, 66 AMD
Warenexporte                                                             2,0 Mrd.
Warenimporte                                                             4,1 Mrd. US$
Quelle: eigene Darstellung nach DEstatis und Oanda, *Prognose für 2018
12      ZIEMLARKTANALYSE ARMENIEN FÜR MASCHINEN- UND ANLAGENBAUER

     3. Politische Rahmenbedingungen
     3.1 Innenpolitische Lage

In Armenien vollzog sich zu Beginn des Jahres 2018 ein politischer Wandel. Nach Wochen der
Proteste, bei denen sich tausende von Menschen auf die Straße begaben und landesweit
Demonstrationen veranstalteten, wurde der Oppositionsführer Nikol Pashinyan zum Premierminister
gewählt. Er selbst hatte zuvor die Proteste angeführt und mitorganisiert. Im Laufe der Zeit war der
Druck auf die republikanische Partei gewachsen. Die Demonstrationen kulminierten schließlich im
Rücktritt des langjährigen Regierungsführers Serzh Sargsyan. Dieser hatte 10 Jahre als Präsident
gedient und war Anfang 2018 in das Amt des Premierministers gewählt worden. Zuvor hatte Sargsyan
selbst einen Gesetzentwurf eingebracht, der dem Premierminister mehr Macht und Einfluss
zuteilwerden ließ. Viele sahen darin den Beginn einer Autokratie. Nachdem Pashinyan überraschend
Premierminister wurde, muss er seine ehrgeizigen Reformvorhaben gegen ein mehrheitlich
Republikanisches Parlament durchsetzen.

Neben diesem Führungswechsel vollzog sich zu Beginn des Jahres auch ein Wandel des politischen
Systems. Armenien wandelte sich von einem präsidentiellen System zu einem parlamentarischen
System. Infolgedessen wird der Präsident fortan nicht mehr vom Volk direkt, sondern vom Parlament
gewählt. Das Parlament kann dem einmal gewählten Premierminister sein Misstrauen aussprechen und
ihn über ein Misstrauensvotum absetzen. Infolgedessen sind im parlamentarischen System Legislative
und Exekutive stärker miteinander verzahnt. Gesetze können so schneller beschlossen werden. Eine
weitere Folge der Veränderung des politischen Systems war die Reduzierung der Rolle des
Präsidenten auf eine überwiegend repräsentative Funktion. So verlor der Präsident in diesem Zuge
seine Vetorechte.

Die armenische Nationalversammlung hat eine Kammer mit 105 Sitzen. Das Parlament wird nach dem
Verhältniswahlrecht zusammengesetzt. Dabei müssen Parteien die 5% Hürde meistern, während
Parteibündnisse auf über 7% kommen müssen. Im Moment hat die republikanische Partei die
Mehrheit der Sitze (58) im Parlament inne.30 Es folgt Prosperous Armenia, eine sozialkonservative,
wirtschaftsliberale Partei mit 31 Sitzen. Die liberale Way Out Alliance, auch Yelk genannt, und die
nationalistische ARF haben 9 und 7 Sitze inne.31 Außerdem sieht das neue Wahlrecht vor, dass den
Jesiden, Kurden und Assyrern als Minderheiten jeweils einen Sitz im Parlament zugesprochen wird,
um ihre ausreichende Vertretung zu gewährleisten. Seit Mai 2018 bilden die Way Out Alliance,
Prosperous Armenia und die ARF eine Koalition. Die republikanische Partei stellt die Opposition.
Wahlen in Armenien gehen meist mit öffentlichen Protesten einher. Internationale Beobachter haben
schon mehrfach Bedenken geäußert.

30
     Final Results of Parliamentary Elections Announced, Azbarez, Abgerufen am 15.Oktober 2018 auf
     http://asbarez.com/162186/final-parliamentary-election-results-announced/
31
     Final Results of Parliamentary Elections Announced, Azbarez, Abgerufen am 15.Oktober 2018 auf
     http://asbarez.com/162186/final-parliamentary-election-results-announced/
Abbildung 4: Zusammensetzung des armenischen Parlaments

     Quelle: eigene Darstellung basierend auf Azbarez

Überdies wurde das Verfassungsreferendum 2005 von der Kritik internationaler Beobachter begleitet.
Infolge dieses Referendums erlangte die Legislative eine größere Unabhängigkeit von der Judikative.
Beide Bereiche stehen jedoch unter einem starken Einfluss der Exekutive, welcher das in Europa
übliche Maß an Einfluss deutlich übersteigt. Als ehemaliges Mitgliedsland der Sowjetunion ist in
Armenien die Entwicklung zu einem demokratischen und pluralistischen politischen System noch
immer nicht ganz abgeschlossen. Noch immer bestimmen autokratische Züge das politische
Alltagsgeschehen. Problematisch ist vor allem die fehlende Unabhängigkeit der Gerichte.32 Darüber
hinaus herrscht in Armenien seit jeher eine enge Verbindung zwischen der politischen Führung und
der Wirtschaftselite, welche Korruption und Oligarchie befeuert.33

Nach dem Rücktritt des armenischen Ministerpräsidenten im Mai 2018 hat sein gewählter Nachfolger
Neuwahlen des Parlaments für 2018 angekündigt. Die Neuwahlen sollen am 10. Dezember stattfinden.
Mit diesem Vorschlag stößt Paschinjan bei der republikanischen Partei jedoch auf Widerstand, denn
diese fürchtet um ihre Mehrheit im Parlament. Es bleibt also abzuwarten, ob die Wahlen wie geplant
im Dezember stattfinden können. Diese Angst scheint durchaus begründet zu sein. Die Wahlen für das
Amt des Bürgermeisters in Jerewan gelten als gutes Abbild für die Stimmung im Land – nicht zuletzt
auch deshalb, weil ein gutes Drittel der Bevölkerung des Landes über dieses Amt abstimmt. Die
Wahlen brachten Pashinyans Partei eine überwältigende Mehrheit von 81 % ein.34

       3.2 Außenpolitische Lage

Premierminister Pashinyan verkündete, dass er die enge Beziehung zu Russland weiterhin pflegen
werde und unter diesem Aspekt auf Kontinuität setze. Russland hielt sich entgegen aller Erwartungen
während der Demonstrationen und auch als der Rücktritt des bisherigen Premierminister Sargsyans,
bekannt wurde zurück. Lediglich nach Wahl Pashinyans zum Ministerpräsidenten, ließ Vladimir Putin

32
      Einschätzung zu Armenien als möglicher sicherer Herkunftsstaat, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl
      der Republik Österreich, 2018
33
      Einschätzung zu Armenien als möglicher sicherer Herkunftsstaat, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl
      der Republik Österreich, 2018
34
      Armenian leader pushes for early parliamentary elections after big victory in Jerewan, Radio Free Europe,
      Abgerufen am 15.10.18 unter https://tinyurl.com/ycnaxfq5
14    ZIEMLARKTANALYSE ARMENIEN FÜR MASCHINEN- UND ANLAGENBAUER

seine Glückwünsche verkünden. Im Mai dieses Jahr unterzeichnete Armenien ein
Partnerschaftsabkommen mit der EU. Ziel des Abkommens ist es, auf politischer und wirtschaftlicher
Ebene die Beziehungen zur Europäischen Union zu vertiefen. Neben diesem Handelsabkommen ist
Armenien Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion. Zur Union gehören aktuell Russland,
Kirgisistan, Belarus und Kasachstan.

Internationale Aufmerksamkeit erlangte das Land im März 2018, als die Opposition unter der Führung
von Nikol Pashinyan mit Unterstützung der Zivilbevölkerung Machthaber Serzh Sargsyan zum
Rücktritt zwang. In einem beispiellosen Akt zivilen Ungehorsams hatte sich das Volk in tagelangen
Protesten dagegen aufgelehnt, dass Sargsyan, der 10 Jahre lang Präsident Armeniens gewesen war,
nun den Posten des Premierministers übernehmen sollte. Gleichzeitig vollzog das Land den Wandel
von der präsidentiellen zur parlamentarischen Demokratie.

Wirtschaftlich bemüht sich das Land mittels umfangreicher Maßnahmen, attraktiver für ausländische
Investoren zu werden und so seine geopolitisch schwierige Lage zu kompensieren. Durch einen seit
den 1980er Jahren anhaltenden Konflikt um die Region Berg-Karabach, bestehen zum Nachbarland
Aserbaidschan weder diplomatische noch wirtschaftliche Beziehungen. Ebenso angespannt ist das
Verhältnis mit dem Nachbarn Türkei. Gegenstand des Konflikts ist die türkische Weigerung, den
Völkermord an den Armeniern während des 1. Weltkrieges auch als solchen anzuerkennen. Daher sind
auch zu diesem Nachbarn die Verbindungen gekappt. Somit ist das Land nach zwei Seiten hin von
internationalen Warenströmen abgekapselt. Dies hat vielerlei Konsequenzen für die Wirtschaft des
Landes. Zum einen sorgt es für außerordentlich niedrige Binneninvestitionen, zum anderen erschwert
es sowohl den Import von Rohstoffen als auch den Export von Produkten, welche das Land immer
über Georgien oder den Iran verlassen müssen. Verschlechtert wird diese ohnehin schon ungünstige
Lage durch den Umstand, dass gegen das Nachbarland Iran und den wichtigsten Handelspartner
Russland erneut Sanktionen verhängt werden, die die Kaufkraft der jeweiligen Bevölkerungen
mindern und damit die Nachfrage nach armenischen Produkten reduzieren.

Die armenische Regierung hat auf diese Lage mit einer umfassenden Investitionsliberalisierung
reagiert, welche es ausländischen Investoren erlaubt, mit wenig Aufwand und in kurzer Zeit ein
Gewerbe anzumelden und Grund zu erwerben. Dennoch halten sich ausländische Direktinvestitionen
in Grenzen. Viele Investoren aus dem Westen sind von der Marktgröße und den anhaltenden
geopolitischen Konflikten abgeschreckt. Größere Investitionen kommen aus Russland, Kanada,
Frankreich und Südamerika.

Internationale Abkommen

Armenien betreibt weltpolitisch und auch wirtschaftlich einen Spagat zwischen Russland und der EU.
Gekonnt vermeidet die Regierung, sich der einen Seite zu stark zuzuwenden und sich damit vom
jeweils anderen Partner abzuwenden. Russland ist zwar der wichtigste Handelspartner Armeniens,
dennoch investiert das Land viel Zeit und Mühe in den Ausbau der Beziehungen zur Europäischen
Union. Zwar ist Armenien seit 2015 Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion, die unter der
Vorherrschaft Russlands steht; gleichzeitig ist das Land durch seine Mitgliedschaft in der östlichen
Partnerschaft Partnerland der EU. Somit ist Armenien das bisher einzige Land, das zugleich Mitglied
der Eurasischen Wirtschaftsunion ist und eine enge Partnerschaft mit der EU innehat. Mit
Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU Ende 2017 verpflichtet sich Armenien,
seine Standards und Regularien den Vorgaben der EU anzupassen. Seit dem Jahr 2013 herrscht in
Armenien Visafreiheit für EU-Bürger.
Neben diesen Mitgliedschaften ist Armenien auch Mitgliedsland der Europäischen Bank für
Wiederaufbau und Entwicklung, des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank, der
Welthandelsorganisation, der Asiatischen Entwicklungsbank und der Organisation für Wirtschaftliche
Zusammenarbeit.

         Tabelle 3: Übersicht über die Freihandelsabkommen Armeniens
         Land                                     Status
         Ägypten                                                    Verhandlungen begonnen
         Israel                                                     Verhandlungen begonnen
         Indien                                                     Verhandlungen begonnen
         Singapur                                                   Verhandlungen begonnen
         Republik Korea                                             Verhandlungen begonnen
         Iran                                                       Unterzeichnet, noch nicht in Kraft
         Volksrepublik China                                        Unterzeichnet, noch nicht in Kraft
         Georgien                                                   Unterzeichnet und in Kraft
         Kasachstan                                                 Unterzeichnet und in Kraft
         Kirgisien                                                  Unterzeichnet und in Kraft
         Moldau                                                     Unterzeichnet und in Kraft
         Russland                                                   Unterzeichnet und in Kraft
         Turkmenistan                                               Unterzeichnet und in Kraft
         Ukraine                                                    Unterzeichnet und in Kraft
         GUS Staaten                                                Unterzeichnet und in Kraft
         Tajikistan                                                 Unterzeichnet und in Kraft
         Vietnam                                                    Unterzeichnet und in Kraft
         Quelle: eigene Darstellung basierend auf Regional Integration Center

       3.3 Aktuelle Trends: Geopolitischer Erdrutsch - Neues Verhältnis zum Iran

Neben steigenden Exportzahlen ist für Investoren auch die geopolitische Situation des Landes
interessant und relevant. Hier versucht Armenien sich schon seit Jahren neu zu positionieren. Diese
Beharrlichkeit ist nun von Erfolg gekrönt. Um für die aus dem angespannten Verhältnis zu den
Nachbarn resultierenden Nachteile zu kompensieren, versucht Armenien seit Jahren die von den
Nachbarn Türkei und Aserbaidschan verhängten Transportblockaden zu umgehen. Zu diesem Zweck
investiert das Land in neue Infrastrukturprojekte und wirbt um ausländische Investoren für
Großprojekte. Armenien arbeitet daran, fester Bestandteil auf dem Transportkorridor vom persischen
Golf nach Europa zu werden.35 Hierzu sind sowohl eine Straßenverbindung als auch eine Bahntrasse
von der armenisch-iranischen Grenze bis zur georgisch-armenischen Grenze anzuführen.

Armenien geht damit offen eine seiner größten wirtschaftlichen Schwächen an. Infolge der seit Ende
des letzten Jahrhunderts geschlossenen Grenzen zur Türkei und dem Aserbaidschan leidet Armenien
unter hohen Importkosten für Halbfabrikate und Rohstoffe. Dies ist ein deutlicher Nachteil im
Vergleich zu den Nachbarstaaten und verringert Armeniens Attraktivität als Produktionsstandort.
Auch vor dem Hintergrund, dass Armenien sich langfristig als Brücke zwischen der EU und Asien
positionieren möchte, sind diese Infrastrukturprojekte von besonderer Bedeutung. Mit seinem Beitritt
zur Eurasischen Wirtschaftsunion 2015 und seinen gleichbleibenden Bemühungen um gute

35
     Armenien sucht Investor für Nord-Süd-Bahnkorridor, Germany Trade and Invest, 2017
16      ZIEMLARKTANALYSE ARMENIEN FÜR MASCHINEN- UND ANLAGENBAUER

Beziehungen zur Europäischen Union (EU), hat die armenische Regierung Weitblick bewiesen und
sich in eine Position gebracht, in der das Land in der Gunst beider Mächte steht. Gleichzeitig hat sich
Armenien auch intensiv um eine gute Beziehung zum Nachbarn Iran bemüht. Obgleich die beiden
Länder kulturell sehr unterschiedlich sind und es sich bei dem einen Land um die älteste christliche
Nation der Welt handelt, während das andere den Islam zur Staatsreligion erhoben hat, ist die
Beziehung zwischen den beiden Partnern seit jeher harmonisch verlaufen und von fruchtbarem
Austausch geprägt.

Die unterschiedlichen religiösen Hintergründe spielen bei der Zusammenarbeit der beiden Länder
keine Rolle. Sollte es Armenien gelingen, weiterhin die Waage zu halten zwischen der Annäherung
zur EU und dem engen Verhältnis zu Russland, dann befände sich das Land tatsächlich in der in der
Region einzigartigen Position, die Regionen Persischer Golf, EU und EAWU miteinander zu
verbinden. Noch sind solche Gedanken jedoch auf Grund mangelnder Infrastruktur Zukunftsmusik.
Wegen des felsigen Geländes und der starken Höhenunterschiede entlang der geplanten
Eisenbahnstrecke, sind die Kosten für das Nord-Süd Bahnprojekt verhältnismäßig hoch und können
von Armenien selbst nicht alleine getragen werden. Ob und wann das Projekt realisiert werden kann,
hängt davon ab, ob die Investorenakquise erfolgreich ist.

In diese geopolitischen Überlegungen spielt die Tatsache hinein, dass der Iran sich auf Grund der
neuerlichen Verschlechterung der Beziehungen zum Westen, teilweise aus einem Mangel an
Alternativen, verstärkt Russland zuwendet. Neuerliche Sanktionen, die von US-Präsident Trump
verhängt wurden, drohen die durch das EU-Iran Abkommen erreichten Verbesserungen der
Beziehungen zunichtezumachen und haben zu einer Neuorientierung der islamischen Republik
geführt. Ein im Mai unterzeichnetes Freihandelsabkommen zwischen der Eurasischen
Wirtschaftsunion und dem Iran spielt dabei Armenien in die Hände. Größter Konkurrent um die Gunst
des Irans war bisher der verfeindete Staat Aserbaidschan gewesen. Da das Land jedoch nicht Mitglied
der EAWU unter Russlands Vorherrschaft ist, sind die Würfel nun zu Gunsten Armeniens gefallen.
Gemeinsam mit einer bereits Anfang des Jahres eingerichteten Sonderwirtschaftszone an der Grenze
zum Iran, hat sich Armenien in die attraktive Position manövriert, Transitland für den Warenverkehr
zwischen dem Iran und den Ländern der EAWU zu werden. Das Freihandelsabkommen ermöglicht es
dem Iran, für die nächsten zwei Jahre mit deutlich niedrigeren Importzöllen Güter in die EAWU zu
exportieren. Im Schnitt werden die Zölle dabei um 7 Prozentpunkte fallen.36 Besonders betroffen von
den Zollsenkungen sind Gemüse, Früchte, Baumaterialien und Teppiche.37

In der Kombination mit der bereits bestehenden armenisch-iranischen Sonderwirtschaftszone
„Meghri“, entsteht so das große Potential, gemeinsam zu produzieren und Produkte in die eurasische
Wirtschaftsunion zu vertreiben. So strebt Armenien die Fertigung neuer Güter unter Einbeziehung aus
dem Iran stammender Komponenten in der Freihandelszone an. Innerhalb der Sonderwirtschaftszone
gefertigte Produkte sind sowohl von der Mehrwertsteuer als auch von Zollgebühren befreit.
Langfristig soll der Iran festes Mitglied der EAWU werden. Dieser Schritt ist für das Jahr 2021
geplant. Die armenische Regierung rechnet damit, dass sich in den kommenden Jahren 50 - 70
Unternehmen in der Meghri-Zone ansiedeln werden und so Investitionen in Höhe von bis zu 130

36
     Interim Agreement signed between the EAEU and Iran enabling formation of free trade area, Eurasian
     Economic Commission
37
     Interim Agreement signed between the EAEU and Iran enabling formation of free trade area, Eurasian
     Economic Commission
Millionen US$ anziehen werden.38 Die Meghri-Zone befindet sich nur etwa 2 Kilometer von der
iranischen Freihandels- und Industriezone Aras entfernt. Auf einer Fläche von bis zu 40 Hektar wird
hier Platz für Unternehmen aus den Gebieten Industrie, Handel, Logistik und Tourismus geschaffen.39
Interessensbekundungen liegen bereits für Unternehmen aus Russland, dem Iran und der Europäischen
Union vor. Angedacht sind Projekte aus den Bereichen Lebensmittelverarbeitung, Hightech, Logistik
und Tourismus. Diese Entwicklung ist nicht nur erfreulich für das Land selbst, sondern auch für
Anbieter technischer Lösungen in den genannten Wirtschaftszweigen. Sollte hier tatsächlich eine neue
Wirtschaftsregion entstehen, ergeben sich daraus Absatzchancen für Maschinen- und Anlagenbauer.

38
     Armenia hopes to benefit from new Iran-Eurasian Union free trade deal, Eurasianet 2018
39
     Armenien lockt Unternehmen mit Sonderwirtschaftszonen, Germany Trade and Invest, 2018
18           ZIEMLARKTANALYSE ARMENIEN FÜR MASCHINEN- UND ANLAGENBAUER

        4. Der Markt für Maschinen- und
           Anlagenbauer
        4.1 Zukünftige Marktentwicklungen in relevanten Segmenten

Trotz des kleinen Marktes lohnt es sich, Armenien als Investitionsland und Absatzmarkt im Auge zu
behalten. Die Reformbereitschaft, die die neue Regierung an den Tag legt, führt zusammen mit den
steigenden Rücküberweisungen aus der Diaspora zu guten Wachstumsperspektiven für die
Kaukasusrepublik. Hinzu kommt, dass die Exportzahlen beständig steigen und in einigen
Wirtschafszweigen einen Kapazitätsausbau notwendig machen. Des Weiteren müssen armenische
Unternehmen in einigen Bereichen in modernere Technologien investieren, um internationalen
Standards und Anforderungen an bestimmte Produkte gerecht zu werden. Im Folgenden werden
unterschiedliche Industriezweige, deren Wachstumsperspektiven und Marktchancen für Maschinen-
und Anlagenbauer analysiert. Als besondere Wachstumsbranchen sind hierbei die Lebensmittel-,
Getränke, Textil- und Bekleidungsindustrie hervorzuheben. Abbildung 5 zeigt, wie sich die genannten
Branchen in den Letzten vier Jahren entwickelt haben.

Abbildung 5: Veränderung des Produktionsvolumens ausgewählter Branchen
im Vergleich zum Vorjahr

     Quelle: Statistical Committee of the Republic of Armenia

Wie die meisten Industriezweige in Armenien litten auch die genannten Branchen unter dem Einbruch
der Russischen Wirtschaft 2015 und 2016. Besonders der Textil- und Getränkesektor zeichnen sich
aber mittlerweile durch rasantes Wachstum aus, das die genannten Bereiche bereits jetzt auf ein
Niveau befördert hat, das deutlich höher ist als noch vor der Krise. Die gesamte armenische Wirtschaft
ist aktuell dabei, sich zu erholen. Das prognostizierte Wirtschaftswachstum Armeniens ist im
September zum zweiten Mal in diesem Jahr noch oben korrigiert worden. Dies hat eine Vielzahl von
Gründen. Zum einen erhöhen der friedliche Regierungswechsel im Mai und die Reformbereitschaft
der Regierung das Vertrauen internationaler Investoren in die Stabilität des Landes. Zum anderen
steigen die Anzahl der verbindlichen Zusagen ausländischer Kredite für Infrastrukturprojekte und die
von internationaler Seite zugesagten Subventionen. Die günstigen externen Bedingungen führen
außerdem im Ausland zu einer erhöhten Nachfrage nach armenischen Produkten und eröffnen so für
viele armenische Industriezweige die Chance zu wachsen. Es scheint, als würde die Wirtschaft
langsam aber sicher zum Vorkrisenniveau zurückfinden. Von diesen Tendenzen profitieren vor allem
die Textil- und Lebensmittelbranche.

     4.2 Aktuelle Trends in der Textilbranche

Armenien hat zwar eine lange Tradition in der Herstellung von Textilien und Bekleidung, die Branche
wurde aber mit dem Zerfall der Sowjetunion „dem Erdboden gleichgemacht“. In den Achtzigerjahren
versorgte Armenien nahezu die ganze Sowjetunion mit Textilien. Mit dem Ende der Planwirtschaft
musste sich die Branche neu orientieren und neue Absatzmärkte finden. Dies gelang nur teilweise, die
Branche brach zum großen Teil ein, viele Fabriken wurden stillgelegt. Mit Beginn des neuen
Jahrtausends belebte sich das Geschäft allmählich wieder. Anfänglich übernahmen armenische
Unternehmen Nähaufträge für europäische Unternehmen, mit der Zeit kam dann die Produktion
eigener Ware hinzu. Nach wie vor besteht der armenische Textilmarkt auch hauptsächlich aus diesen
zwei Arten von Unternehmen; zum einen jene, die als Dienstleister für ausländische Unternehmen
Teilleistungen in der Produktion anbieten und zum anderen Unternehmen mit eigenen Designs und
eigener Produktion. Ausländische Aufträge kommen vor allem von bekannten europäischen Marken.
Diese profitieren von besonderen Zollregulierungen, welche die vorrübergehende Einfuhr von
Textilien kostenlos machen.

Im Jahr 2017 machte die Branche einen riesigen Schritt nach vorne und legte im Vergleich zum
Vorjahr um zweistellige Prozentwerte zu. Sehr gefragt waren Strickwaren und Baumwollerzeugnisse
aus Armenien. Besonders stieg die Nachfrage nach Baumwollerzeugnissen, hier Wuchs der Output um
30,6%.40 Das Produktionsvolumen erhöhte sich dabei von 3,6 auf 4,7 Tonnen. Ähnlich stark nahm
auch die Nachfrage nach Strickwaren zu. Die Produktion in diesem Bereich stieg um 25,9% im
Vergleich zum Vorjahr und erreichte eine Stückzahl von 4.375.600.41 Darüber hinaus wuchs auch das
Produktionsvolumen von Bettwäsche, Regenschirmen und Jacken. Einzig die Stumpfhosenhersteller
verzeichneten einen Rückgang in der Produktion, diese ging im Vergleich zu 2016 um 16% zurück.42
Noch immer entsteht ein Großteil der Nachfrage im Inland, dies soll sich jedoch mittelfristig ändern.

Mit dem steigenden Dram und den zunehmenden Lohnkosten wird Armenien als Lohnveredler künftig
schlechter mit anderen Niedriglohnländern konkurrieren können. Hinzu kommt, dass Armenien durch
seine ungünstige geopolitische Lage mit hohen Kosten für Rohstoffe und mit widrigen
Transportbedingungen zu kämpfen hat. Dies verringert die Wettbewerbsfähigkeit des Landes
zusätzlich. Aufgrund dieser Entwicklungen sind Unternehmen der Textilbranche dabei, sich neu zu
positionieren. Künftig wollen diese nicht mehr nur als Lohnveredler für ausländische Unternehmen
tätig sein, sondern für die gesamte Produktionskette zuständig zu sein. Zudem sollen sich künftig auch
armenische Marken einen Namen machen, international bekannt werden und den
Wiedererkennungswert erhöhen. Langfristig ist also ein Ausbau der Produktionskapazitäten geplant.

40
     Armenia´s knitwear, cotton fabrics production on the rise, Panorama Armenia, 02.03.2018
41
     Armenia´s knitwear, cotton fabrics production on the rise, Panorama Armenia, 02.03.2018
42
     Armenia´s knitwear, cotton fabrics production on the rise, Panorama Armenia, 02.03.2018
20         ZIEMLARKTANALYSE ARMENIEN FÜR MASCHINEN- UND ANLAGENBAUER

Wie in fast allen Wirtschaftszweigen ist auch in der Textil- und Bekleidungsindustrie der Aufschwung
der russischen Wirtschaft zu spüren. Dies verschafft dem bereits seit 2014 im Aufschwung
befindlichen Wirtschaftszweig zusätzlichen Antrieb.

 Abbildung 6: Exportvolumen der Textilbranche 2013-2017

     Quelle: eigene Berechnungen basierend auf Trade Map-International Trade Statistics

Durch die steigende Nachfrage planen einige Fabrikanten den Ausbau ihrer Werke. Die untenstehende
Übersicht zeigt einige ausgewählte Investitionsvorhaben in der Branche.

Tabelle 4: Investitionsprojekte in der Textilbranche

Unternehmen                             Sektor                                                                    Investitionsvolumen
Alex Textil                             Bekleidung, Trikotagen(gewebe)                                           28 Millionen US$
Nanman                                  Jeans                                                                    20 Millionen US$

Sasstex                                 Arbeits- und Schutzkleidung                                              12 Millionen US$

Tawusch Textil                          Arbeitshandschuhe                                                        24 Millionen US$

Gloria                                  Lohnveredelung                                                           Unbekannt

Wassef Group                            Produktion von Baumwollstoffen                                           Unbekannt

Quelle: eigene Darstellung basierend auf Armenische Textil- und Bekleidungsindustrie baut Kapazitäten aus, Germany Trade and Invest 2017

In einem von der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO)
geförderten Projekt sollen die Bekleidungsexporte des Landes weiter angekurbelt werden. Das Projekt
wird von russischer Seite finanziert und soll den Ausbau und die Entwicklung neuer Kollektionen und
Designs anregen. Dazu fördert UNIDO die technische Qualifikation der Arbeitskräfte durch
Schulungen und Ausbau der technischen Kapazitäten. Langfristig sollen sich kleine und
mittelständische Unternehmen in Armenien dadurch als High-End Designer und Produzenten
etablieren und Marktführer in Armenien werden sowie internationale Bekanntheit erreichen.43

Das Potenzial, diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, ist durchaus vorhanden. Noch immer gibt es
stillgelegte Fabriken, in denen die Produktion wieder aufgenommen werden könnte.44 Überdies ist die
Expertise für die Herstellung von Qualitätsware noch immer im Land vorhanden. Davon profitieren
momentan noch vor allem ausländische Hersteller, die Produkte zur Lohnveredelung nach Armenien
geben und sie dann unter eigenem Namen weiterverkaufen. Zu den Kunden armenischer
Textilverarbeiter gehören beispielsweise Marken wie La Perla, Montclair und Armani.45 Nicht zu
verachten ist auch die potentielle Kundschaft in der Diaspora. Bei gezielter Vermarktung als
armenisches Produkt besteht die Chance, unter anderem 8 Millionen Kunden in der armenischen
Diaspora für sich zu gewinnen. Von seinen Konkurrenten im Bereich der Textilherstellung setzt sich
Armenien in vielerlei Hinsicht ab. Zum einen gibt es das Argument der niedrigen Lohnkosten. Selbst
wenn sich die Lohnkosten auf lange Sicht erhöhen sollten, hat das Land jedoch ein positives Image,
was Sicherheit und Arbeitsschutz betrifft. Hinzu kommt, dass Armenien durch die Nähe zu den
eurasischen Märkten und China in einer besseren Position ist, diese Märkte zu beliefern.

Erste Schritte in Richtung Schaffung einer höheren internationalen Präsenz der armenischen
Textilverarbeitung sind bereits unternommen worden. So wurde die Modeschule Ateks-Burgo eröffnet,
welche in Kooperation mit italienischen Modegrößen gegründet wurde. Gemeinsam mit diesen
Modeschöpfern wurde eine neue armenische Marke entworfen, welche von knapp zehn
Textilfabrikanten genutzt wird.

     4.3 Aktuelle Trends in der Nahrungsmittelproduktion

Schwerpunkt des verarbeitenden Gewerbes in Armenien sind der Nahrungsmittel- und Getränkesektor,
auch diese Industriezweige verzeichnen hohe Wachstumsraten. Die Nachfrage nach Getränken und
verarbeiteten Lebensmitteln wächst. Vor allem verarbeitetes Gemüse und Obst, sowie Fisch- und
Fleischkonserven sind gefragt. Auch im Bereich der Milchprodukte steigen die Absatzzahlen. Darüber
hinaus sind die Produktionskapazitäten des Landes lange noch nicht ausgeschöpft, die Landwirtschaft
und Viehzucht ist in großen Teilen noch nicht technisiert. Sollten die von der Regierung gesetzten
Anreize und internationale Förderprogramme Erfolg zeigen, wird der Output des Lebensmittelsektors
künftig steigen. Da es in Armenien nahezu keine Maschinen- und Anlagenbauer gibt, wird die
notwendige technische Ausrüstung importiert werden müssen.

Armenien ist durch seine fruchtbaren Böden, seine großen Wasservorkommen und diversen
Klimazonen ein sehr guter Standort für die industrielle Landwirtschaft. Besonders divers ist das
Angebot an Früchten in Armenien. Die verschiedenen Klimazonen machen es möglich, ganzjährig
Früchte zu ernten. Am häufigsten werden Pfirsiche, Aprikosen, Pflaumen, Kirschen, Äpfel, Birnen,
Quitten, Feigen und Granatäpfel angebaut. Auch Nüsse und Beeren gedeihen in Armenien prächtig.
Ebenso wie auf den Obstanbau, wirken sich die externen klimatischen und topologischen
Gegebenheiten auch positiv auf die Gemüsevielfalt im Land aus. In der Hauptsache werden Tomaten,

43
     Improving competitiveness of export-oriented industries in Armenia, United Nations Industrial Development
     Organization, 2018
44
     Textile and Apparel Industry in Armenia: The Former Potential and the Perspectives for Future Development
     of the Industry, Greta, Lewandowski & Mamikonyan, 2017.
45
     Armenia textile and knitwear sector, ev Consulting Brief, 2013
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