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5/2020 N OrdensNachrichten ISSN 2310-2454 #einfach Ubergange begleiten www.ordensgemeinschaften.at #EinfachGemeinsamWach
Was mich bewegt ... Im Porträt: Redemptoristen - Kongregation vom allerheiligsten Erlöser Mag. Peter Bohynik Geschäftsführer der Österreichischen Ordenskonferenz Foto: Magdalena Schauer Das Warten auf die Rückkehr zur „alten Normalität“ prägt die Zeit, die viele bereits als die „Post-Corona-Zeit“ bezeichnen, obwohl wir noch mittendrin im Umbruch sind. Was stellen wir uns unter dieser Rückkehr vor? Alles soll wieder so sein, wie es einmal war? Die einzige Konstante in unserem Leben ist das Werden. Wir werden sowohl ge- sellschaftlich als auch persönlich mit neuen herausfordernden Situationen konfrontiert. Bei der Reflexion der heutigen Situation kommt mir der Begriff der Metanoia in den Sinn, den wir eher der Fastenzeit zuordnen. Metanoia ist nicht nur als innere Umkehr zu übersetzen, sondern auch als Änderung der eigenen Auffassung oder Gewinnung einer neuen Weltsicht. Wenn wir das Werden als die einzige Konstante in unserem Leben begreifen, dann ist die Metanoia jene Haltung, in der wir dieser Welt begegnen. Es gibt dann keine Rück- kehr zur „alten Normalität“, sondern die Gestaltung einer neuen. Der Verlust der „Nor- malität“, wie wir sie bisher erfahren haben, schmerzt viele und ist in vielen Bereichen der Gesellschaft mit existenziellen Ängsten verbunden. Diese müssen wir ernst nehmen, damit wir ehrlich an der neuen Realität arbeiten können. Es gibt keine alte und gewohn- te Normalität, sondern neue und werdende Realität. Wir können und sollen als Christen aus unserem Glauben heraus diese Übergänge aktiv begleiten. Wir können und sollen Menschen in eine Zukunft begleiten, die mehr vom Vertrauen als von der Angst geprägt ist. Die neue Realität unseres Lebens muss von der Hoffnung geprägt sein, die nicht nur zugesprochen, sondern ansatzweise in unserem Leben spürbar wird. Metanoia als die Gewinnung einer neuen Weltsicht bewirkt, dass die innere Umkehr zu einer Haltung der neuen Realität wird. Aus christlicher Sicht gelingt diese Veränderung, wenn wir die spiri- Foto: Redemptoristen tuellen Quellen, aus denen wir leben, auch als Quelle der Veränderung in der Kirche und Gesellschaft begreifen. Die Versuchung der Rückkehr zum Bewährten bleibt groß – das ist und bleibt die Versuchung der Zeit der Übergänge. Bereits mit 16 Jahren wurde Alfonso Maria de’ Liguori (1696 kam Hofbauer (seit 1914 Stadtpatron von Wien) aufgrund der – 1787) zum Doktor beider Rechte promoviert. Geboren in Verfolgung der Gemeinschaft durch Napoleon nach Wien, wo OrdensNachrichten 05/2020 Marianella bei Neapel schien dem musikalisch und schriftstel- er als Prediger tätig war. 1820 wurde der Kongregation der lerisch hochtalentierten jungen Adeligen aus bestem Hause Redemptoristen die Kirche Maria am Gestade (heute Wien I) eine glanzvolle Karriere als Jurist bevorzustehen. Doch 1723 für die Seelsorge der Böhmen in Wien übertragen. Bis heute verlor er durch eine Intrige der gegnerischen Seite einen auf- ist es Tradition, auch Messen in tschechischer Sprache zu fei- 02 Was mich bewegt 09 Die Elisabethinen in Linz 16 | 17 Beethovens letzter Gang sehenerregenden Prozess, was ihn tief in seinem Stolz ver- ern. Die Geschichte ist wechselvoll: 1848 wurden die als reak- Mag. Peter Bohynik letzte. Angewidert legte er seinen Degen als Zeichen seines tionär verschrienen Redemptoristen von Kaiser Ferdinand I. 10 | 11 Zimmer mit Weitblick 18 | 19 Kein Haus des Todes, sondern Adelsstandes auf dem Altar einer Kirche ab und beschloss, aus Österreich ausgewiesen, jedoch vier Jahre später durften 03 Im Porträt: Studentenheime des Lebens sein Leben radikal zu ändern und Theologie zu studieren. Als sie unter Kaiser Franz Joseph wieder nach Maria am Gesta- Redemptoristen der Akademikerhilfe Das Hospiz der Caritas Socialis Priester stellte er sich die Aufgabe, den armen und in Glau- de zurückkehren. Von hier aus gründeten sie Klöster (u. a. in bensinhalten ungebildeten Hirten im Bergland von Neapel Eggenburg, Oberpullendorf, Leoben), aber auch eine Schule 04 | 05 Ein #einfach anderer Sommer 12 l 13 Wir sind wie ein Schuhlöffel 20 | 21 Gemeinschaft ist das Erleben des „das Evangelium zu verkünden“. 1731 gründete er gemein- (Katzelsdorf, seit 1997 Teil der VOSÖ) oder ein Exerzitienhaus Videoserie 2020 für unsere Bewohner gemeinsamen Geistes sam mit der Ordensfrau und Mystikerin Maria Celeste Crosta- (Schloss Puchheim). Interview Bernd Tschrepitsch Interview mit Sr. Agnes Lanfermann rosa (1696 – 1755) den Orden der Redemptoristinnen und ein 2015 wurden die Süddeutsche Provinz (Provinz München) und 04 #einfach - das bedeutet für mich ... Jahr später die „Kongregation vom allerheiligsten Erlöser“, die Österreichische Provinz (Provinz Wien), die bis dahin zu 14 l 15 Den Weg der Orden weiter- 22 Termine | Preis der Orden 2020 kurz Redemptoristen genannt; die Volksmission sollte das einer Föderation zusammengeschlossen waren, zur „Provinz 07 | 08 Die Firma sauber & partner gehen prägende Merkmal seines Ordens werden. 1839 wurde Alfon- Wien-München“ zusammengelegt, Sitz des Provinzialats ist Wege der VOSÖ zum Erleben 23 Personalia so Maria de’ Liguori heiliggesprochen und 1871 zum „Doctor München. In Österreich leben zurzeit ungefähr 60 Redemp- des Ordenscharismas ecclesiae“ erklärt. toristen, auch Redemptoristinnen sind hier beheimatet. Die 24 #einfach NOTIERT Bis heute ist die Gemeinschaft auf rund 5.600 Mitglieder an- seelsorglichen Schwerpunkte sind Glaubensmissionen, Ge- gewachsen und wirkt rund um den Erdball – auch in Öster- meindeerneuerung und Exerzitien; sie arbeiten aber auch in Zum Titelbild: In der Geschäftsordnung der Österreichischen Ordenskonferenz wurde „Übergänge reich. Wesentlichen Anteil hat hier der Priester Klemens Maria der Pfarr- und Krankenhausseelsorge. begleiten“ als ein Ziel verankert. Sr. Cäcilia Kotzenmacher und Kollegin Magdalena Schauer bringen es Hofbauer (1751–1820), der als erster Nichtitaliener in den zusammen ins Bild #einfach. Orden eingetreten war. Nach einem Aufenthalt in Warschau [robert sonnleitner] 2 3
Ein #einfach anderer Sommer P. Sandesh Manuel von den Franziskanern hatte diesen Sommer andere Pläne: Nicht nur, dass durch Corona viele Kon- 2020 zert-Termine abgesagt worden sind, konnte auch seine Reise nach Indien nicht stattfinden. „Aber durch diese Änderung bin ich nach Kärnten gefahren und etwas Gutes ist da passiert.“ Sein dort komponiertes „Kärnten-Lied“ hat ihn über die Lan- desgrenzen hinaus bekannt gemacht. Elisabeth Mayr und Magdalena Schauer vom Medienbüro der Ordensgemeinschaften Österreich Sr. Johanna Theresia Aichhorn von den Hartmann- haben diesen Sommer bei neun Ordensleuten in Wien nachgefragt, was für sie persönlich durch schwestern ist einfach gern unter Leuten und tut sich mit dem Corona dieses Jahr #einfach anders ist. Erste Aufgabe an die InterviewpartnerInnen war, die Abstand, der jetzt eingehalten werden muss, schwer. Auch ihre eigenen Erfahrungen pantomimisch oder zeichnerisch darzustellen. Eines ist klar: Kreativität ist Arbeit in der Krankenhausseelsorge leidet: Dadurch, dass sie eine absolute Stärke unserer Ordensleute! dort ehrenamtlich tätig ist, darf sie nicht mehr ins Spital hinein und das „gerade jetzt, wo die Patienten die Seelsorge beson- ders bräuchten.“ Für Sr. Cordula Kreinecker von den Barmherzigen Schwestern bedeutet das Covid-19-Jahr vor allem mehr Stille, Ruhe und weniger Umtriebigkeit. Während des Lockdowns wur- de etwa der Dachgarten der Schwestern mitten im 6. Bezirk zu einer Ruheoase wie nie davor - vor allem ohne jeglichen Flug- verkehr hörte man plötzlich Vögel zwitschern, Grillen zirpen und Sr. Edith Bramberger von den Salvatorianerinnen hat den Wind wehen. gemerkt, dass das Wegfallen von zwischenmenschlichen Ritua- len – wie etwa Händeschütteln oder Umarmen beim Begrüßen – viele Menschen verunsichert hat. „Dabei wird auch viel Unaus- gesprochenes kommuniziert und plötzlich weiß man nicht, was beim Gegenüber ankommt. Ist es das, was ich auch gerne ver- mitteln möchte?“ Für den Salesianer Don Bosco P. Johannes Haas hatte der Corona-Lockdown für die Gemeinschaft einen unverhoff- ten Nebeneffekt: „Durch die vielen Pfarraktivitäten ist unser Gemeinschaftsleben als Salesianer oft etwas hintangestanden, das hat sich im Lockdown geändert.“ Mit der Pfarrgemeinde – vor allem mit der Jugend – blieben sie trotzdem digital ver- Für P. Vaclav Sladek, Kreuzherr mit dem Roten Stern, ist bunden. es der erste Sommer in Wien. Der gebürtige Tscheche wurde 2018 zum Priester geweiht und hat heuer in Wien seine zweite Stelle übernommen. „Für mich hat sich durch Corona nichts ver- ändert. Ich bin jeden Tag Priester, ich arbeite also quasi immer, egal ob Lockdown oder nicht“, erklärt er mit einem verschmitz- ten Lächeln. Für den Jesuiten und Leiter des Kardinal König Hauses in Wien, P. Friedrich Prassl, ist schon seit dem 13. März alles an- ders: „Wir haben uns noch vor dem offiziellen Lockdown dazu entschieden, das Haus zu schließen und die Mitarbeiter in Kurz- arbeit zu schicken.“ Danach kehrte für zweieinhalb Monate im sonst so lebendigen Bildungshaus eine gespenstische Ruhe ein. P. Hans Hütter ist Redemptorist und empfindet die mo- Die Freude, dass die Normalität wieder Einkehr hält und sich mentane Zeit als sehr gegensätzlich: „Einerseits laden wir die das Haus wieder mit Leben füllt, ist jetzt umso größer. Menschen zu uns in die Kirche ein, und sie sollen ja auch kom- men! Andererseits müssen wir ihnen gleich am Eingang sagen, dass sie Abstand halten sollen und den Mund- und Nasenschutz tragen müssen.“ Alle Fotos: Magdalena Schauer Sr. Gudrun Schellner von den in Wien Simmering ist eigentlich viel unterwegs: In der Schule, in den Pfarren aber auch in anderen Ländern bei ihren Mitschwestern. Coronabe- dingt wurde das jetzt alles ins Netz verlegt. Das brachte die Herausforderung mit sich, trotz der Ferne nah bei den Men- schen zu bleiben. www.ordensgemeinschaften.at [elisabeth mayr] 4 5
#einfach Das bedeutet für mich … „Innovativ und tatkräftig, wie bisher“ Die Firma sauber & partner Foto: Ordensklinikum Linz GmbH Foto: Diözese Innsbruck Ein Besuch bei der Firma sauber & partner, die probiotische Reinigungsmittel bis hin Foto: Marcel Peda zum Einsatz im OP-Raum bringen möchte. Es ist ein Unternehmen der Elisabethinen in Linz, die dieses Jahr 275 Jahre ihrer Gründung feiern. P. Maximilian Schiefermüller OSB Raimund Kaplinger Sr. Ilsemarie Weiffen rscj Unweit des historischen Kerns der Linzer Altstadt hat Prior des Geschäftsführer Referentin für Ordensgemeinschaften sich seit den 1950er Jahren das medizinische Kompe- Stift Admont Ordensklinikum Linz GmbH Diözese Innsbruck tenzzentrum der Elisabethinen entfaltet. Gleich über dem Therapie- und Fitnesscenter „health“ in der Mu- seumsstraße, das auch zu den Elisabethinen gehört, #einfach spannend Leben genießen können Freiheit, die die Welt ist die Zentrale von sauber & partner. Max Kolmbau- verändert er, einer der beiden Geschäftsführer von sauber & partner, erzählt von der Gründung: „Vor zehn Jahren, ich war keine drei Wochen bei den Elisabethinen, hat Die Klöster und Stifte, zumal wenn sie Einfachheit – ein einfaches Wort – des- Die Jagd nach immer Mehr und im- die damalige Geschäftsführung Franz Geiselmayr und Fotos: Martin Gsellmann auf ein so hohes Alter wie mein Stift sen Wert und Bedeutung in unserer mer Besserem, die Suche nach dem ei- mich beauftragt, mit den Kreuzschwestern im Kranken- zurückschauen, können mit Archiven, Medien- und Konsumgesellschaft mas- genen Vorteil – koste es, was es wol- haus in Linz eine eigene Firma für die Reinigung der Bibliotheken und Kunstschätzen auf- siv unterschätzt wird. Dabei trägt die le - scheint unsere Gesellschaft heute Krankenhäuser zu gründen.“ warten. Ich sehe meine Aufgabe als Einfachheit ein großes Potenzial für zu prägen. Wie ist es möglich, aus al- Historiker in einem Haus wie Admont Lebenszufriedenheit in sich. Einfach- lem noch einen Profit zu gewinnen – als Geschenk. Im wahrsten Sinne des heit heißt, das Leben richtig genießen selbst aus einer Krise wie der Gegen- Wortes einfach spannend. Als Mönch zu können, sich ganz auf das einzulas- wärtigen? ist das eigene Forschen und Recher- sen was man gerade tut. Drukpa Rin- Madeleine Sophie Barat, die Gründe- chieren, die Arbeit mit interessierten poche beschreibt die Einfachheit tref- rin unserer Ordensgemeinschaft, warn- Benutzern und das Ordnen und Er- fend als „Schlüssel zum Augenblick. Sie te in unseren Konstitutionen schon vor Langfristige Beziehungen ermöglichen gegenseitiges schließen unserer Bestände eine täg- verschafft Zugang zu den wunderbars- 200 Jahren vor einem Streben, das den Vertrauen und helfen damit weniger in Kontrolle inves- liche Bereicherung. Freilich: Auch ich ten Reichtümern“. Es gibt Kulturen, in Blick nur auf sich selbst richtet. Sie be- tieren zu müssen. Der Erfolg gibt dem Konzept Recht: werde es (wie meine Vorgänger) nicht denen man sich nicht daran freut, wie tonte dagegen eine Einfachheit, die of- Die Kundenzufriedenheit liegt bei der Schulnote 1,03 schaffen, alles aufzuarbeiten, alles zu viel man besitzt, sondern darüber, wie fen und ungezwungen, ohne Hinterge- und dies sei der Grundstock für eine Weiterempfeh- ordnen und vor allem alles zu wissen. wenig man braucht um glücklich zu danken und Verstellung aufeinander lung, obwohl man eigentlich von der Preisgestaltung Aber es ist und bleibt einfach span- sein. Einfachheit und Genügsamkeit zugeht und die dem und der anderen etwas über Marktniveau liege, so der Geschäftsführer. nend und eine stete (auch zeitliche) sind wichtige Wege zum Glücklich wer- mit Wohlwollen und Aufrichtigkeit be- Tätig ist die Firma, bei der auch vor drei Jahren die Herausforderung. Wenn der heilige den oder um mit Federico Garcia Lor- gegnet. Vinzenz-Gruppe miteingestiegen ist, mit über 200 Mit- Benedikt schreibt, dass der Mönch sein ca zu sprechen „je weniger Dinge man Mir kommt vor, dass diese Haltung arbeiterInnen aus 29 Nationen in Linz, Wels, Wien und Leben lang ein Schüler bleibt, bin ich auf Erden wichtig nimmt, desto näher eine gewissen Freiheit atmet, eine Frei- mit einer Schwesterfirma seit Kurzem auch in Graz. Die dankbar in diese Schule des Wissens kommt man den wirklich wichtigen heit, die uns Ordenschristen und Chris- Mitarbeiterzufriedenheit steht an oberster Stelle. Das und der Geschichte gehen zu dürfen Dingen“. tinnen geschenkt ist, und mit der wir beginnt bei der Bezeichnung als „Reinigungsdamen“, und mit vielen anderen Menschen die- unsere Welt ein Stück weit verändern die man auch Kunden gegenüber einfordere, bis hin ses Wissen teilen zu dürfen. Auch das können. zu Weihnachtsgeschenken, persönlichen Gratulationen ist eine Form der Seelsorge. und dem gemeinsamen internationalen Kochen, das Geschichte mit Wachstum zweimal pro Jahr abgehalten wird. Bemerkenswert ist auch die über den Betriebsrat zur Verfügung gestell- Zu Beginn bestand die Firma aus lediglich 20 Mitarbei- te niederschwellige Lebens- und Sozialberatung, da terInnen und nannte sich „eli-rein“. Nach nur zwei Jah- MitarbeiterInnen mitunter auch belastenden familiären ren drängte die Firma auf den freien Markt und wurde Situationen und/oder kulturell bedingten Beziehungs- zu „sauber & partner (sup)“. „Sauber versteht sich von mustern ausgesetzt sind. Diese Werteorientierung lässt selbst. Partner meint unseren partnerschaftlichen Um- sich mit „besser-fairer-ORDENtlich“ zusammenfassen, gang mit MitarbeiterInnen, KundInnen, Lieferanten und die durchaus sich bewusst von der Branche abhebt. natürlich mit der Umwelt“, erzählt Kolmbauer. Dazu wurde auch ein Leitbild erarbeitet. 6 7
Die Elisabethinen in Linz 275 Jahre Betriebskultur Führungskräfte werden ausschließlich aus den eigenen Reihen rekrutiert. Ein gutes Zeichen für das erfolgrei- che Wachstum ist, dass man derzeit wieder auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten ist. Wichtig für die Suche sei die Anbindung an den öffentlichen Verkehr, nicht nur wegen der vielen Teilzeitkräfte, sondern auch Am 17. Juli 2020 war es 275 Jahre her als Ernestine von Sternegg mit den Elisabethinen nach Linz kam. wegen der grundlegenden ökologischen Orientierung des Unternehmens. Seit wenigen Monaten ist man Klimabündnis-Betrieb und man wisse sich der Schöp- fungsverantwortung verpflichtet, so Kolmbauer. Die franziskanische Prägung zeige sich im partnerschaftli- Die Initiative der Klostergründung 1745 war von der jungen der Titel „Öffentliches Krankenhaus der Elisabethinen“ verlie- chen Verständnis zu Umwelt und Gesellschaft. Elisabethinerin Maria Innocentia – geborene Ernestine von hen. Während des Zweiten Weltkrieges blieb das Krankenhaus Sternegg – ausgegangen. Die Tochter einer alteingesessenen von jeder gesundheitspolitischen Vereinnahmung verschont, Wiener Apothekersfamilie begab sich im Alter von 27 Jahren doch war der Einfluss auf das tägliche Leben groß. Neben der Pionier probiotischer Reinigung in das Wiener Elisabethinenkloster. Beindruckt von der hinge- Knappheit der Mittel waren es vor allem die hohen Aufwände bungsvollen Krankenpflege ihrer Mitschwester Maria Viktoria für den Luftschutz, die Krankenhaus und Konvent belasteten. Vor eineinhalb Jahren habe man das Angebot erhalten vom heiligen Joseph, reifte in Innocentia der Plan, ihr von ih- Heute sind die Elisabethinen in Linz, die sogenannten "Lisln", den Generalvertrieb für die Technologie „Bactogreen“ rem Vater geerbtes Vermögen für die Stiftung eines Klosters ein hochmodernes Krankenhaus, in den letzten Jahren hat zu übernehmen. Die Idee des vollkommen biologischen und Krankenhauses zu verwenden. Als mögliche Standorte man aber auch andere Bereiche neu aufgebaut. Reinigers erklärt Kolmbauer so: „Probiotische Bakteri- kamen die Städte Brünn, Ölmütz und Linz in Frage. Das Los en – wie in einigen Joghurts vorhanden – arbeiten ge- entschied zugunsten von Linz. Ein besonderer Fokus liegt zurzeit auf den Bereich der Ge- gen die Bakterien, die ich nicht haben will, weil diese sundheit bis ins hohe Alter - wovon das medizinische Fitness- unangenehme Gerüche verursachen“. Dieser andere Die Idee, ein neues Kloster mit angeschlossenem Krankenhaus studio "health" und das Zentrum für ganzheitliche Gesund- Zugang zum Thema „klinisch rein“ werde derzeit in zu errichten, wurde zu Beginn, aus Angst vor einer Belastung heit "elisana" zeugen. Aber es wurde auch in Wohnprojekte Deutschland auf seine Krankenhaus-Einsatzmöglichkeit der öffentlichen Hand, seitens der Stadt Linz abgelehnt. Trotz investiert, wo bewusst Wohnformen für mehrere Generatio- hin an der Charité Berlin getestet. Mit Ende des Jah- dieser Vorbehalte erteilte der Passauer Bischof völlig überra- nen geschaffen werden. „Das 275-jährige Jubiläum erfüllt uns res 2020 erwarte man sich davon Ergebnisse. Im nicht schend am 6. Jänner 1745 in Einverständnis mit dem Linzer gleichermaßen mit Demut und Dankbarkeit. Dankbarkeit im klinischen Bereich gibt es mittlerweile zahlreiche hoch- Klerus doch den Konsens zur Klostergründung. Dieser Stim- Hinblick auf die Gründerin, ihren Auftrag, der uns tagtäglich zufriedene Kunden. Die Vorteile einer probiotischen mungsumschwung war wohl durch mehr oder weniger starken erfüllt und auf all das, was die Generationen von Elisabethi- Reinigung gegenüber einer herkömmlichen Reinigung Druck des Wiener Kaiserhofes zustande gekommen. Am 26. nen bisher geschaffen haben. Und mit Demut gehen wir an und Desinfektion: Statt Bakterien im Gesamt abzutöten April 1745 erfolgte schließlich die landesfürstliche Zustim- alle zukünftigen Herausforderungen heran und freuen uns was sorgt ein mikrobielles Management dafür, dass keine mung für das Bauvorhaben, mit dem am 1. September 1745 daraus entstehen wird“, so Sr. Barbara Lehner, Generaloberin Resistenzen und auch deutlich weniger Keiminfektio- bereits gestartet wurde. Im April 1749 wurde das Kloster fei- und Geschäftsführerin der Elisabethinen Linz-Wien. Die Feier- nen entstehen. Und ganz nebenbei ist im Unterschied erlich eröffnet und seiner tatsächlichen Bestimmung überge- lichkeiten wurden coronabedingt in das Jahr 2021 verlegt. zu den für die Umwelt schädlichen Chemikalien der Ein- ben. Am 29. April 1762 starb die Stifterin des Linzer Konvents satz der probiotischen, gutartigen Mikroorganismen Ernestine von Sternegg im Alter von nur 51 Jahren. Nach dem [martin gsellmann] nachhaltiger und umweltfreundlich. Tod der Ernestine von Sternegg war die Präsenz der zweiten Stifterin Maria Anna von Baumbach sowohl finanziell wie auch moralisch eine wichtige Stütze der Ordensgemeinschaft. Dank Weiterhin innovativ dem von ihr gestifteten Vermögen konnte ein weiteres wichti- ges Bauprojekt realisiert werden – die Errichtung der Kloster- Bereits jetzt sind Produkte der Bactogreen-Technologie kirche. Die josephinischen Reformen im letzten Drittel des 18. für den Einzelkonsumenten im eigenen Webshop unter htt- Jahrhunderts lösten auch bei den Elisabethinen große Ängste ps://handel.sup.or.at/ erhältlich. Auch mit Großkunden, wie aus. Die Aufhebung blieb dem wohltätigen Orden erspart, die Umweltreferenten von Diözesen stehe man derzeit in Kontakt, neue Bezeichnung als das „Allgemeine weibliche Kranken- um weitere Anwendungsmöglichkeiten zu erschließen. Die haus“ der Stadt Linz war Auftrag und Bestätigung zugleich. Aktivierung der Bakterien geschieht durch eine Verdünnung An der Schwelle zum 20. Jahrhundert setzte ein Modernisie- mit lauwarmem Wasser im Verhältnis 1:100. Das Produkt, es rungsschub ein, der das Gesicht des Krankenhauses nachhal- Foto: Archiv der Elisabethinnen gibt auch Hautpflegeprodukte basierend auf der Bactogreen- tig verändern sollte: Durch das Engagement des damaligen Technologie, sei derzeit aber noch zu unbekannt für einen Ver- Primars Dr. Friedrich Ehrl und der Oberin Sr. Johanna Vögerl trieb über Supermärkte oder Apotheken, so Kolmbauer. fanden die „Lisln“ Anschluss an die moderne Chirurgie und Auf die Frage was er den Elisabethinen Linz wünsche, sagt die damals geltenden Hygienestandards. Der Ausbruch des Max Kolmbauer: Ersten Weltkrieges und die wirtschaftlich prekäre Nachkriegs- „Dass sie weiterhin so innovativ und tatkräftig bleiben, wie zeit stellten den Orden und sein Krankenhaus in der Folge bisher.“ vor große finanzielle Probleme, die erst durch Erlangung des Öffentlichkeitsrecht ein Ende fanden: Mit Dekret der OÖ. [martin gsellmann] Landesregierung vom 13. Juli 1926 wurde dem Krankenhaus 8 9
Zimmer mit Weitblick Mitten im Neunten Die Studentenheime der Akademikerhilfe „Kommen Sie. Ich zeige Ihnen mein Zimmer mit den großen Fenstern“, sagt Jerome stolz und nimmt die Stiegen in den ers- ten Stock. Jerome ist 22 Jahre alt und wohnt seit 2017 im Ca- nisiushaus. Der gebürtige Linzer studiert Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Wien (TU Wien) und Internatio- nale Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien). Auch seine große Schwester wohne im selben Haus. Von ihr erfuhr er, dass es neu renoviert wurde und nicht so groß wie andere ist. Viel Zeit verbringe er etwa im Gemeinschaftsraum des Hauses, sagt Jerome. Gerne ziehe er sich nach einem inten- siven Uni-Tag in den Lernraum zurück, der sich in der ehemali- gen Kapelle befindet. Bereits sein Vater erzählte Jerome begeistert von der Akademi- kerhilfe und deren Studierendenhäusern. Als er in Wien Medizin Heiß begehrte Plätze studierte, hatte er im Pfeilheim gewohnt, das damals wie heu- te das Stammhaus der Organisation ist. „Wir leben heute zu 95 Prozent von Empfehlungen von früheren Bewohnern oder von Kirchenglocken von der nahen Canisiuskirche sind zu hören. Viele verbinden mit einem Studierendenhaus abgewohnte und alte Zimmer. Dass dem nicht den Eltern der Studierenden, die früher in einem der Häuser „Das Haus gehört weiterhin uns“, erklärt Provinzial Bürgler und so ist, beweist ein Besuch im Canisiushaus der Jesuiten in Wien. Der Geist der Orden lebt in wohnten“, sagt Bernhard Tschrepitsch von der Akademikerhilfe. bestätigt die hervorragende Zusammenarbeit mit der Akade- vielen von der Akademikerhilfe betriebenen Häuser weiter. „Oft sind es auch jene, die sich für ihre Kinder für ein Haus der mikerhilfe, die es heute für den Orden betreibt. Über 91 Stu- Akademikerhilfe entscheiden.“ dierende wohnen derzeit im Canisiushaus. Voll besetzt sei es 34 Einbettzimmer-Garçonnière und 28 Zweizimmer-Wohnein- immer – ebenso die Warteliste für ein Zimmer in den denkmal- Laut schnarrt der Türöffner. Ein Mann mittleren Alters öffnet Über 40 Studentenheime mit knapp 4.500 Heimplätzen be- heiten befinden sich im Canisiushaus im neunten Bezirk auf vier geschützten Mauern. Bis zu zwei Jahre müssen Studierende die hohe Eingangstür. „Grüß Gott – ich bin Erwin Kos“, sagt treibt heute die Akademikerhilfe in den Universitätsstädten Stockwerken. Die Preise variieren je nach deren Größe. Nicht durchschnittlich auf einen Platz warten. Die Freude sei daher er. „Folgen Sie mir.“ Über einen schmalen Gang führt er den Wien, Eisenstadt, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Leoben, Linz und nur hier, sondern in jedem Zimmer und sogar im Fitnessraum im besonders groß, einen zu erhalten. „Nicht nur das Canisiushaus Besucher in das Refektorium; vorbei an seinem Büro und einer Salzburg. Darüber hinaus führt sie Studentenheime für das Be- Keller hängen Kreuze und zeigen die christliche Verbundenheit hat einen sehr guten Ruf“, weiß Heimleiter Erwin Kos. „Auch Wand, auf der bunte Folder und Ankündigungen hängen. „Ich nediktinerstift Admont in Graz, Innsbruck und Leoben; für den des Hauses. Jedes Akademikerhilfe-Haus sei hinsichtlich sei- die vielen anderen der Akademikerhilfe.“ bin der Heimleiter des Canisiushauses.“ Seit über drei Jahren Jesuitenorden in Wien und Innsbruck, für die Vereinigung Ös- ner Ausstattung zwar anders, so Bernhard Tschrepitsch. „Doch arbeite er hier, erfahren wir von ihm. Aber nicht nur in diesem terreichischer Ordensschulen in Wien und für eine private Ge- bemühen wir uns, dass in den Zimmern der Studierenden ein betreue er die jungen BewohnerInnen – auch in vier weiteren sellschaft in Klagenfurt. Sie ist damit der größte Studenten- Kreuz hängt.“ [christopher erben] Studentenwohnhäusern, die in der Umgebung des Canisius- wohnheimbetreiber Österreichs. hauses im 9. Wiener Gemeindebezirk liegen. „Meine Tür ist für jeden Studierenden, der in einem der Häuser wohnt, offen.“ Für Traditionen leben weiter sie sei er immer erreichbar, betont Erwin Kos. Jesuiten gehen im Canisiushaus heute seltener ein und aus als Einzigartiger Zusammenhalt früher. Bis 2008 lebten noch einige Mitbrüder im Haus. Es gab Fotos: Martin Gsellmann danach mehrere Überlegungen, es zu nutzen. Der Orden ent- schied sich bewusst für einen Umbau in ein Studierendenhaus Für Emily veränderte sich im vergangenen Oktober vieles in ih- und die Vermietung an die Akademikerhilfe. Bei der Sanierung rem jungen Leben: Sie verließ ihren Heimatort, zog in ein Stu- und Adaptierung des Hauses war er involviert, um seine An- dentenheim und begann ein Pharmaziestudium. „Ja, hier fühlte forderungen und Erfahrungen einfließen zu lassen, erzählt Pro- ich mich von Anfang an zuhause und geborgen.“ An das Leben vinzial P. Bernhard Bürgler. „Raum schaffen fürs Private und in in einer Großstadt gewöhnte sie sich sehr rasch – dank der fami- Gemeinschaft leben – das ist für uns Jesuiten seit jeher ein wich- liären Atmosphäre im Canisiushaus. Jeder grüßt hier jeden, alle tiges Anliegen.“ Etwas vom Geist des Ordens wehe hier nach sind sehr freundlich, erzählt die Studentin im Gespräch. „Hier wie vor, freut sich Provinzial P. Bernhard Bürgler SJ. Alle Be- kann ich auf jede und jeden zählen.“ In einer eigenen Whats- wohnerInnen erhalten von ihm immer ein Schreiben beim Ein- App-Gruppe tauschen sie sich untereinander aus und unterstüt- und Auszug. Auch die Tafel beim Hauseingang erinnert an die zen sich gegenseitig. Splittergruppen gebe es hier keine. Die Geschichte des Hauses und deren Verbindung zum Jesuiten- Erreichbarkeit sowie die Lage in der Nähe ihrer Fakultät seien orden. Eine Statue des heiligen Canisius steht im alten Refek- gut. Als sie davon erfuhr, dass sie hier bald einen Platz bekom- torium, das von vielen Studierenden auch als „Wohnzimmer“ me, machte sie „einen Luftsprung“, so die 19-Jährige. „Nein, Über 40 Studentenheime mit knapp 4.500 Heimplätzen be- genutzt wird. Tischfußballtisch und Billardtisch laden zu Turnie- Akademikerhilfe ich kann mir heute nicht vorstellen, in einem anderen Studen- treibt heute die Akademikerhilfe in den Universitätsstädten ren ein. „Im Dezember gibt es im Refektorium auch die tradi- tenhaus in Wien zu wohnen.“ Wien, Eisenstadt, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Leoben, Linz tionelle Adventfeier“, erzählt Heimleiter Kos. „Jeder Studie- Die Akademikerhilfe betreibt über 40 Studentenwohnhäuser Junge Menschen sollen in den Häusern der Akademikerhilfe in und Salzburg. Darüber hinaus führt sie Studentenheime für das rende muss eine Christbaumkugel bemalen und am drei Meter in den österreichischen Universitätsstädten. Über 1.700 der selbstbestimmter Freiheit und Eigenverantwortung miteinander Benediktinerstift Admont in Graz, Innsbruck und Leoben; für großen Baum aufhängen.“ Auch liest der Heimleiter jedes Jahr 4.500 Plätze befinden sich in Häusern von Ordensgemeinschaf- wohnen. „Das ist unser Mission Statement“, sagt Generalsekre- den Jesuitenorden in Wien und Innsbruck, für die Vereinigung eine Weihnachtsgeschichte vor, in der die anwesenden Studie- ten. Gegründet wurde die Akademikerhilfe im Jahr 1921 als tär Bernhard Tschreptisch im Interview mit ON. „Sowohl Eltern Österreichischer Ordensschulen in Wien und für eine private renden vorkommen. katholischer Verein von Hochschulseelsorger Prälat Karl Rudolf als auch ihren Kindern geben wir die Sicherheit, durch ein gutes Gesellschaft in Klagenfurt. Sie ist damit der größte Studenten- unter Mitwirkung des damaligen Erzbischofs von Wien, Friedrich Umfeld aufgefangen zu sein, das katholisch-christlich geprägt wohnheimbetreiber Österreichs. Gustav Kardinal Piffl. ist.“ 10 11
„Wir sind wie ein Schuhlöffel für unsere Bewohner.“ Interview mit Bernhard Tschrepitsch Seit 15 Jahren führt Bernhard Tschrepitsch als Generalsekretär die Akademikerhilfe. Im Ge- Wodurch überzeugen Sie Studierende, in einem Ihrer Häu- Ein Zimmer kostet in einem Haus der Akademikerhilfe rund spräch mit den ON erzählt er, wie der Betreiber das Ordenscharisma weiterführt und weshalb ser zu wohnen? 400 Euro. Wie kommen Sie Studierenden aus Familien mit es keinen Widerspruch zwischen einem wirtschaftlichen Betrieb und einer ethisch-religiösen weniger finanziellen Mittel entgegen? Studentenheime sind für mich „Sozialisationshäuser“. Viele Anschauung gibt. Menschen, die aus den Bundesländern oder vom Land Wir wurden als katholischer Hilfsverein gegründet. Nach wie kommen, kennen die Universitätsstädte kaum. Junge Men- vor wollen wir Studierenden so günstig wie möglich Wohn- schen haben eine ähnliche Ausgangssituation: Sie sind raum zur Verfügung stellen. Dafür greifen wir den Studieren- Sie übernehmen Häuser von den Orden und betreiben sie in Werden darüber hinaus noch weitere Akzente gesetzt? alleine, müssen sich am neuen Ort zurechtfinden und leben den oder ihren Familien direkt finanziell unter die Arme. Wir deren Sinne weiter. Was kann man darunter verstehen? hier auch in einer neuen Freiheit weg von zuhause. Als Aka- leben heute zu 95 Prozent von Empfehlungen von früheren Wir haben auch Häuser übernommen, in denen es keine Sa- demikerhilfe sind wir für sie wie ein Schuhlöffel, der ihnen Bewohnern. Die Akademikerhilfe ist nicht nur ein Betreiber von Studen- kralräume gibt. Aber wir versuchen, sie dort nachzurüsten. dabei hilft, den neuen Wohnort besser kennenzulernen und tenwohnheimen, sondern führt auch Häuser, die früher von Wir bauen in jedes neue Haus eine Kapelle. Damit setzen wir dabei nicht verlorenzugehen. Bei der Akademikerhilfe wird Was ist das Mission Statement der Akademikerhilfe Ihrer Orden unterhalten wurden, erfolgreich weiter. Uns ist wich- nach außen hin ein Zeichen, dass wir eine christliche Organi- das gemeinschaftliche Miteinander wie in keinem anderen Meinung nach? tig, dass das jeweilige Charisma des Hauses nach der Über- sation sind. Wir leben eine Einladungs- und keine Verpflich- Haus gelebt. nahme erhalten bleibt. 1.700 Plätze befinden sich in Häu- tungspastoral. Wir versuchen junge Menschen dort abzuho- Wir laden junge Menschen ein, hier in selbstbestimmter sern der Ordensgemeinschaften. 2.800 betreiben wir selbst. len, wo sie stehen und laden sie ein, am christlichen Leben Studentenheime zeichnen sich häufig durch einen bunten Freiheit und Eigenverantwortung miteinander zu wohnen. Auch kleinere Häuser – etwa mit 20 Plätzen – können wir teilzunehmen. Ob sie diese Einladung annehmen, überlas- Mix an Bewohnern aus verschiedenen Ländern aus. Wie ist Sowohl Eltern als auch Kindern geben wir damit die Sicher- mitbewirtschaften. Der Hausverwalter in der Canisiusgasse sen wir aber ihnen. das in Ihren Häusern? heit, durch ein gutes Umfeld aufgefangen zu sein, das ka- betreut vier weitere Häuser mit. tholisch-christlich geprägt ist. Das Stammhaus in der Pfeilgasse gehörte nie einem Orden. Je nach Lage und Qualität der 40 Häuser variiert auch die Wie arbeiten Orden und Akademikerhilfe zusammen? Wie schafften sie hier ein religiöses Umfeld? Bewohnerschaft. In neuen, sanierten Häusern wohnen auch Die Akademikerhilfe betreibt derzeit über 40 Studenten- mehr Österreicher, weil es die Aufgabe der Akademikerhil- wohnhäuser. Mit welchen aktuellen Projekten blicken Sie in Wir sehen uns als Dienstleister für die Orden. Die Orden Im Haus in der Pfeilgasse in Wien lebten über zehn Jahre fe ist, katholischen, inländischen Studierenden einen Platz die Zukunft? bleiben weiterhin Eigentümer und wir sind für den laufen- lang drei Don BoscoSchwestern gemeinsam mit den Studie- zur Verfügung zu stellen. Wenn die Nachfrage geringer ist, den Betrieb verantwortlich. Es hängt vom Vertrag ab, in renden. Unser Ziel war es, dass sie im Haus für die Bewoh- gibt es eine Durchmischung mit anderen Nationalitäten und Im vergangenen Juli übernahmen wir das Haupthaus der welchem Umfang wir das Ordenshaus bewirtschaften: Von ner da sind. Wir sahen darin eine Form von Jugendarbeit Religionen im Haus. Oft haben wir auch Wartelisten für die Herz-Jesu-Missionare in Innsbruck. In Klagenfurt wird in den einfacher Verwaltung bis hin zur Gesamtverwaltung des Ob- und ein besonderes Angebot. In einem der drei „Pfeilhäu- Häuser. Allein die Zimmer in der Pfeilgasse oder Canisius- nächsten Jahren ein Eigenhaus saniert. Gemeinsam mit dem jekts. Die Verträge mit den Studierenden schließen wir ab. ser“ gibt es auch die Heiligen-Geist-Kapelle mit einem ei- gasse könnten wir öfters vermieten. Stolz sind wir auf die Stift Admont sanieren wir derzeit das Haus des ehemaligen Auch das Tagesgeschäft nehmen wir den Orden ab. Von den genen Rektoratspfarrer von der Katholischen Hochschulge- mancherorts gute Durchmischung der Häuser mit anderen Redemptoristenklosters in Innsbruck. Hier entstehen über Einnahmen ziehen wir unsere Kosten ab und geben einen meinde (KHG). Nationalitäten. 170 Wohneinheiten direkt neben der Medizinischen Univer- Anteil an die Orden als Eigentümer der Liegenschaft weiter. sität der Landeshauptstadt. Abgewohnte Zimmer, schimmelige Küchen und Sanitäran- Wie gut sind die Studierenden untereinander vernetzt? In Graz zum Beispiel betreiben wir ein Haus des Stiftes Ad- lagen. Was hat sich in den vergangenen Jahren in den Häu- mont. Hier kommt regelmäßig ein Benediktiner vorbei, der sern verändert? Viele Studierende sind bei uns besser vernetzt als über sozi- [christopher erben] für die Studierenden seelsorgerisch da ist und heilige Mes- ale Netzwerke. Wir wissen, dass die meisten Freundschaften sen für sie hält. Im Haus in der Fasangasse in Wien-Land- Die Bedürfnisse sind gestiegen. Die Folge ist, dass sich die aus der Zeit im Studentenheim oft ein Leben lang halten. straße erinnert ein Bild im Hauseingang an die vor Jahren Zimmerstrukturen geändert haben. Noch vor 15 Jahren verstorbene Ordensgründerin. In der Kapelle wird hier auch konnten wir Doppelzimmer an Österreicher vermieten, die regelmäßig eine heilige Messe gefeiert. sich vorher nie gesehen haben. Heute ist das denkunmög- lich. Großes Thema sind Zimmer mit Küche und Sanitärbe- Bernhard Tschrepitsch (49) führt seit 2005 als Generalsekretär Studentenheime gibt es viele. Woran merken BewohnerI reich. Doppelzimmer werden entweder von ausländischen den Verein Akademikerhilfe. Der gebürtige Kärntner kommt nnen, dass sie sich in einem christlichen Haus befinden? Studierenden aus ökonomischen Gründen bewohnt oder als aus dem Lavanttal und studierte Theologie und Betriebswirt- Einzelzimmer genutzt. schaft in Wien. Als Student wohnte er in einem Studenten- Jedes der über 40 Akademikerhilfe-Häuser ist hinsichtlich heim der Akademikerhilfe in der Pfeil-gasse 3 im achten Bezirk Foto: Christopher Erben seiner Ausstattung anders. Doch bemühen wir uns, dass in in Wien. Der Vater von drei mittlerweile erwachsenen Kindern den Zimmern der Studierenden ein Kreuz hängt und setzen ist auch Mitglied des ORF-Stiftungsrats und im Vorstand der so bewusst ein Zeichen der Identifikation. Wenn jemand ein Katholischen Medienakademie (KMA). Haus von uns betritt, dann soll er sofort merken, dass es frü- her vielleicht einem Orden gehörte. Auch durch die Archi- tektur wie in etwa jene des Canisiushauses in Wien-Alser- grund lebt der Ordensgeist weiter. 12 13
Den Weg der Orden weitergehen Wege der VOSÖ zum Erleben des Ordenscharismas Kollegium Kalksburg Krems St. Pölten Wien Neusiedl Steyr Katzelsdorf Die Vereinigung von Ordensschulen Österreichs (VOSÖ) hat es Brengenz Bischofshofen sich zum Ziel gesetzt, die jeweilige spirituelle Tradition ihrer ös- Innsbruck Volders St Johann i. Pg. Die Klosterschule terreichweit 17 Bildungsstandorte von insgesamt 13 Orden fort- in Neusiedl am See zuführen. Graz In der Nachfolge der Ordensleute schöpfen PädagogInnen an den Bildungseinrichtungen der VOSÖ aus deren spirituellem Erbe und erleben und beleben das jeweilige Ordenscharisma neu im täglichen Miteinander an den Standorten. Auf vielfälti- gen Wegen werden die pädagogischen LeiterInnen dabei von der VOSÖ unterstützt und JungpädagogInnen ins Ordenscha- risma eingeführt. Wie können Laien-Christen das Spezifische des Ordenscharismas in der Nachfolge von Ordens- Christen weitergeben? Für die VOSÖ ist diese Frage zum Anliegen geworden: „Dem „Modul 13+" Oasentage für PädagogInnen: Maria Habersack, Geschäftsführerin der VOSÖ, hält zum Or- Besonderen eines jeden Standortes, der je eigenen Ordens- soll zu einer Vertiefung im Ordenscharisma für MitarbeiterIn- Auch für PädagogInnen wurde ein Angebot unter Begleitung denscharisma, einer Kernaufgabe der VOSÖ, fest: „Wir ar- spiritualität und Tradition fühlen wir uns verpflichtet. An den nen ab fünf Dienstjahren führen. In Form einer Veranstaltung von Johannes Hessler erarbeitet. beiten nicht nur laufend daran, die Zukunft mit den besten meisten unserer Standorte sind die Ordens-Christen nicht am jeweiligen Bildungsstandort sollen langjährige Mitarbeite- pädagogischen Kräften und Mitteln zu sichern, sondern unser mehr präsent. Deshalb sehen wir unsere Herausforderung rInnen nicht nur ihr Wissen über das jeweilige Ordenscharisma Bestreben wie auch Überzeugung ist es, aus der Geschichte darin, die jeweiligen Bildungseinrichtungen im Geiste der auffrischen können, sondern sich auch als Teilder Ordensge- Kirchenpädagogik: und dem Charisma jeder Ordensschule einen guten Weg in Ordensgründerinnen und Ordensgründer zu führen und zu meinschaft erfahren und wahrnehmen. Weil derzeit 13 Or- Wie kein anderer Ort sind die Kapellen und Kirchen an den eine gelingende Zukunft zu gestalten.“ gestalten“, sagt Rudolf Luftensteiner, der Vorsitzende des Vor- densgemeinschaften in der VOSÖ vertreten sind, wurde der Bildungsstandorten der VOSÖ ein Brennglas des spirituellen Doris Ziniel, Religionslehrerin an der Klosterschule Neusiedl standes der VOSÖ. Titel „Modul 13+“ gewählt. Lebens der Bildungsgemeinschaft und Ausdruck des jewei- am See, sieht im Ordenscharisma eine kostbare Quelle für die ligen Ordenscharismas. Mag.a Theresa Stampler fungiert als Persönlichkeitsentwicklung ihrer SchülerInnen: „Das Ordens- Projektbegleiterin für Kirchenpädagogik und ist Bindeglied charisma an unserer Schule lebendig zu halten, ist ganz einfach Welcome-Module Oasentage für LeiterInnen zum Bereich Kultur und Dokumentation der Österreichischen das, was unsere Schule ausmacht. Es ist die Auseinanderset- An allen 17 Standorten der VOSÖ werden neuen Mitarbeite- im Kloster: Seit diesem Schuljahr (2019/20) werden für alle Ordenskonferenz. Mit dem Projekt „Blickpunkt Ordenskirche“ zung mit dem Leben einer Ordensgründerin, eines Ordens- rInnen durch das erste Dienstjahr am Standort hindurch ve- LeiterInnen der mehr als 60 Bildungseinrichtungen – Schulen, versucht sie gezielt, mit PädagogInnen die Gründungs- und gründers, wo viel auch eine Vorbildhaltung dahintersteckt. Un- geleitet. Dazu gibt es am Anfang, in der Mitte und am Ende Kindergärten, Nachmittagsbetreuungen und Horte – Oasen- Ordensgeschichte zu erkunden. Diese kirchenpädagogischen sere Ordensgründerin hat versucht, christliche Werte in ihrem des Schuljahres je ein Modul, in dessen Mitte das je eigene tage zum inneren Auftanken und zur Förderung des Gemein- „Entdeckungen“ werden im „MiKO“, den Mitteilungen zu den damaligen Lebensumfeld zu leben und an junge Menschen Ordenscharisma steht. schaftsgefühls angeboten. Br. Thomas Hessler OSB vom Eu- Kulturgütern der Orden, publiziert (www.ordensgemeinschaf- weiterzugeben. So wie sie sich damit auseinandergesetzt hat, ropakloster Gut Aich, der diese Tage begleitete, meint dazu: ten.at/miko). sind auch wir immer wieder aufgefordert, das zu tun und diese „Den eigenen spirituellen Weg sich bewusst machen, ist ein Haltungen auch zu leben. Also einerseits ist es das Vorbild für Ziel dieser Tage. Erfahrungsräume zu öffnen, die die Mitte im uns, und andererseits auch immer wieder die Motivation, an eigenen Leben spürbar werden lassen. Stärkung erfahren und Ausbildungskurs „Feiern feiern lernen“: uns selbst diesbezüglich zu arbeiten.“ voll Vertrauen und Zuversicht dem anzuvertrauen, was dem Ab nächstem Schuljahr 2020/21 steht diese Fortbildungsreihe Leben dient.“ PädagogInnen zur Verfügung, die in Bildungseinrichtungen liturgische Feiern kind- und jugendgerecht gestalten. Die Er- [josef prikoszovits/martin gsellmann] arbeitung der fünf Wochenendeinheiten erfolgte gemeinsam mit ExpertInnen an Hochschulen und Universitäten. 14 15
Die Weißspanier: Die Minoriten: Beethovens letzter Gang Erbauer der Kirche Nachfolger wider Willen Wien, Alser Vostadt 1827 In direkter Nachbarschaft zu den Schwarzspaniern ließen sich Gegenüber dem Trinitarierkloster lag das alte „Allgemeine etwa zur gleichen Zeit die „Weißspanier“ nieder: Der Orden Krankenhaus“. Joseph II. bat nun 1783 die Minoriten in das der Trinitarier, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die von leerstehende Gebäude zu ziehen und die Seelsorge im Kran- den Türken gefangenen Christen freizukaufen. Sie errichteten kenhaus zu übernehmen. Der Orden lebte davor in einem Klos- neben der Alser Straße ein Klostergebäude und die Trinitarier- tergebäude nahe der Minoritenkirche und Hofburg im 1. Bezirk kirche oder „Kirche zu den Weißspaniern“ (heute auch Alser Wiens. Es kursierten damals Gerüchte, dass der eigentliche Kirche, Pfarrkirche Allerheiligste Dreifaltigkeit). Grund des Umzugs der ständig steigende Platzbedarf des Wie- Ludwig van Beethovens Leichenzug führte an Orte, die eng mit dem Schicksal dreier Ordensge- Der Orden erlitt dasselbe Schicksal wie seine Nachbarn: 1783 ner Hofes war. meinschaften verbunden sind. Auch eine zweite, bis dato unbekannte Totenmaske ist aufgetaucht. verfügte Joseph II. über seine Aufhebung. Als Beethovens Für die Minoriten, die seit dem 13. Jahrhundert an dem Platz Leichenzug 1827 vor der Kirche haltmache, erinnerte also nur ansässig waren, vielfach an der Universität lehrten und sogar mehr der Name der Kirche an die Ordensgemeinschaft, die eine eigene Bildungshochschule betrieben, bedeutete es eine übrigens erst 1900 wieder nach Österreich zurückkam und komplette Umkehr ihrer Tätigkeit. Aber ein Weigern schien an- heute am Mexikoplatz (Wien II) angesiedelt ist. gesichts der damaligen Umstände und bereits erfolgten Klos- Eine Lungenentzündung kann für einen gesunden Menschen Nur wenige wissen, dass Beethovens letzter Gang durch die Al- terschließungen undenkbar. 1784 bezogen die Minoriten das schon eine Gefahr darstellen. Für den chronisch leberkranken ser Vorstadt eng mit der Geschichte von drei Ordensgemein- ehemalige Weißspanierkloster und wirken dort bis heute. Im Beethoven, durch seine Alkoholsucht gesundheitlich schwer schaften verknüpft ist, die dort entweder ihr Ende oder ihren selben Jahr wurde die Trinitarierkirche Sitz der Pfarre Alser Vor- vorbelastet, stellte sie eine Herausforderung dar, der er Anfang fanden. stadt und das Sterbehaus Beethovens wurde Teil des Pfarrge- schlussendlich nicht gewachsen war. Bald war absehbar, dass bietes. keine Behandlung mehr zum nötigen Erfolg führen wurde. Am 1827 stoppte der Leichenzug Beehovens vor der Trinitarierkir- 24. März 1827 fiel er, versehen mit den Sterbesakramenten, in Die Schwarzspanier: che, Minoritenpriester nahmen die Einsegnung vor. Auch ist ein Koma, zwei Tage später starb er während eines schweren Sterbehaus Beethovens Beethovens Tod in der dortigen Sterbematrik vermerkt: „Lud- Wintergewitters. wig van Beethoven, lediger Tonsetzer, zu Bonn im Reich geb., Schon seinen Zeitgenossen war klar, dass jetzt einer der Gro- Das Sterbezimmer Beethovens lag im zweiten Stock des so- 57 Jahre alt, gest. an Wassersucht, begraben am 29. März auf ßen gegangen war. Stark war daher der Andrang zu seinem genannten Schwarzspanierhauses mit Blick gen Osten auf dem dem Gottesacker des Dorfes Währing.“ Leichengang: Zeitgenossen sprachen von 20.000 Menschen, Glacis. Das Haus war Teil des vormaligen Klosters der Benedik- Nach der Einsegnung zog der Leichenzug weiter zum Währin- die zum Glacis* kamen, um ihn die letzte Ehre zu erweisen. tiner von Montserrat in Katalonien, die es bis 1780 bewohnten. ger Ortsfriedhof, wo Beethoven begraben wurde Der Friedhof Der Leichenzug brauchte vom Sterbehaus in der Schwarzspa- Die Mönche mit dem schwarzen Habit wurden von den Leuten wurde 1873 geschlossen und nach dem Ersten Weltkrieg in nierstraße bis zur 500 Meter entfernten Alser Kirche, wo die bald schon „Schwarzspanier“ gerufen – auch um sie von den eine Parkanlage umgewandelt – heute heißt der Park „Schu- Einsegnung stattfinden sollte, ungefähr 1,5 Stunden. Den Sarg ebenfalls aus Spanien stammenden Trinitariern mit dem wei- bertpark“ und Besucher können dort vor der Nachbildung des begleiteten weitere Große dieser Zeit: Franz Schubert, der ein ßen Habit („Weißspanier“) unterscheiden zu können. Der Name Grabsteins stehenbleiben. Jahr später auf testamentarischen Wunsch hin nahe Beetho- blieb und prägt bis heute das dortige Wiener „Grätzel“. ven begraben wurde, Karl Czerny und Franz Grillparzer. Letz- Die Schwarzspanier wurden während des Dreißigjährigen Krie- [elisabeth mayr] ter verfasste auch die Grabrede. ges zum Gedenken an den Sieg über Gustav Adolf nach Wien Der Leichenzug endete am Währinger Ortsfriedhof, wo Beet- gerufen und wirkten im neu errichteten Konventsgebäude mit hoven bis zu seiner Überführung in ein Ehrengrab am Wiener Kirche in der Alser Vorstadt, bis Joseph II. 1780 die Auflösung Zentralfriedhof 1888 ruhte. der Gemeinschaft befahl. Die Kirche wurde profaniert und das Schwarzspanierhaus an private Investoren versteigert, um Wohneinheiten für Bürger darin zu errichten – in einer davon wohnte und starb Beetho- ven. Das Haus kam Mitte des 19. Jahrhundert an das Zisterzi- enserstift Heiligenstadt, das 1903 trotz heftigster Proteste aus der Bevölkerung beschloss, es abzureißen und neu zu bauen. Sämtliche Überreste der Beethoven-Wohnung übergab das Stift der Stadt Wien. Heute erinnern eine Gedenktafel am Haus an 4 den berühmten Musiker und der Straßenname an die ehemalige Ordensgemeinschaft. Am 29. März 1827 wurde Beethovens Leichnam im Schwarzspa- nierhaus aufgebahrt, auch der Leichenzug setzte sich von hier 5 aus in Bewegung. Nächster Halt: Trinitarierkriche. *Das Wiener Glacis war eine von 1529 bis 1858 existierende Freifläche zwischen den Wiener Stadtmauern und den Vorstädten um im Falle eines Angriffs eine freie Schussfläche zu haben. Es wurde aber mehr und mehr ein beliebter Treffpunkt für Wiener und Händler. 6 1. Sterbehaus "Schwarzspanierhaus" 2. Schwarzspanische Kirche Beethovens Totenmasken 3 3. Schwarzspanisches Kloster (Teil) Heute kann man im Wiener Bestattungsmuseum Beethovens Totenmaske besichtigen: sie wurde nach der Obduktion von Maler- 4. Trinitarierkirche, Alser Kirche meister Josef Danhauser angefertigt, deswegen ist das Antlitz teilweise entstellt. 5. Altes AKH Im Archiv der Minoriten hängt eine zweite Totenmaske von Beethoven – unverstellt und bis dato kaum von der Forschung beachtet. 2 6. Glacis Die Entstehung und Hintergründe der Maske liegen noch im Dunkeln und sind zurzeit Forschungsgegenstand. 1 16 17
Kein Haus des Todes, sondern des Lebens Das Hospiz der Caritas Socialis Menschen, die hier leben, leben nicht mehr lange – das Hospiz der Caritas Socialis in Wien III ist für viele Todkranke das letzte Zuhause. ON-Redakteur Robert Sonnleitner sprach mit Hospizlei- terin Andrea Schwarz, wie sie den Übergang vom Leben zum Tod erlebt. In Zeiten von Corona ist alles ein wenig anders. Als ich das Zeit – die Königin des Hauses So lange es möglich ist, werden die PatientInnen zu Hause Das CS Hospiz Rennweg in Wien (entstanden 1995) betreut „CS Hospiz Rennweg“ in der Oberzellergasse 1 im 3. Wiener von Angehörigen und drei mobilen Palliativteams der CS be- schwerkranke und unheilbarkranke Menschen bis zuletzt. Un- Gemeindebezirk betrete, muss ich beim Eintritt zuerst Fieber Wer hier im Hospiz lebt, der lebt nicht mehr lange. Die Men- treut. Erst wenn es gar nicht mehr anders geht, kommen die ter einem Dach sind sechs Einrichtungen: Beratungsstelle, messen und dann ausgiebig meine Hände desinfizieren. Hospiz- schen hier haben, wie es im medizinischen Fachjargon heißt, Menschen ins Hospiz, wo sie den Übergang vom Leben zum Mobiles Palliativteam, Palliativstation, Roter Anker, Hospiz- leiterin Andrea Schwarz heißt mich mit dem „Corona-Ellenbo- eine begrenzte Lebenserwartung. Die BewohnerInnen sind Tod in größtmöglicher Würde begehen können. „Doch nicht team der Ehrenamtlichen und Begleitung in der Trauer. Finan- gen-Gruß“ herzlich willkommen. Leider könne sie mit mir keine alle unheilbar krank und es bleibt ihnen nicht mehr viel Zeit. wenige unserer Hospizgäste werden hier wieder so aufgepäp- ziert wird das Hospiz durch Unterstützung der Stadt Wien und Führung durch das Haus machen, sie bitte um Verständnis. Man Gerade deswegen ist die Zeit die Königin des Hauses; sie wird pelt, dass sie, zumindest für eine Weile, wieder nach Hause durch Spenden. wolle jedes Risiko einer Ansteckung vermeiden. Doch der Gar- zum Maß aller Dinge. Was man früher im Übermaß zu besitzen können“, erzählt Andrea Schwarz. ten sei wunderschön; dort könne unser Gespräch stattfinden. schien, Lebenszeit, Jahre, Jahrzehnte, hat plötzlich ein Ende, Für besondere Lebensqualität sorgen auch die rund 105 eh- das sich unmittelbar abzeichnet. Das Ignorieren seiner eige- renamtlichen MitarbeiterInnen. „Sie sind für uns unbezahlbar, nen Sterblichkeit – diese Flucht gelingt hier nicht mehr. Jeder weil sie sozusagen die Außenwelt zu uns bringen. Vorlesen, Atemzug, den man seinem hinfälligen Körper abringt, bringt spielen, kaputte Sachen unserer Gäste zur Reparatur bringen das Ende ein Stückchen näher, und die Zeit rast dahin. Natür- zählen zu den Aufgaben der freiwilligen Helferinnen und Hel- lich unterscheidet sich jeder Hospizgast individuell darin, wie fer", berichtet Schwarz. Auch Gespräche über Sterben und er den Rest seiner verbleibenden Zeit gestaltet; natürlich ver- Tod stehen auf der To-Do-Liste – natürlich nur, wenn der Gast fallen PatientInnen auch in Depressionen und in Resignation. will. Doch „für die meisten spielt qualitativ hochwertige Zeit noch Und weil die Zeit die Königin des Hauses ist, ist auch jeder eine ganz große Rolle“, weiß Hospizleiterin Andrea Schwarz Augenblick kostbar. Das Jetzt zählt; fixe Tagesabläufe wie in zu berichten. einem Krankenhaus gibt es nicht. Der Tag wird vielmehr an die Wie zur Bestätigung öffnet sich im Erdgeschoß ein Fenster, und individuellen Gewohnheiten des jeweiligen Gasts angepasst. wir werden im Garten zufällig Zeugen eines Gesprächs zwischen Wer gerne spät schlafen geht, kann das machen. Wer die gan- einem weiblichen Hospizgast und einer Pflegerin. Die beiden ze Nacht lang lesen möchte – kein Problem. Und wer Zuhause scherzen miteinander, lachen, ja, zerkugeln sich geradezu. Nie- täglich am Nachmittag ein Bad nahm, kann das auch im Hospiz mals würde man vermuten, dass eine der beiden Gesprächs- machen. „Die Wünsche unserer Gäste sind nicht groß“, erzählt partnerinnen vom Tode gezeichnet ist. Die Ausgelassenheit der Andrea Schwarz. „Wir hatten zum Beispiel einen Bewohner, beiden ist ansteckend; Andrea Schwarz und ich lachen fröhlich der sich jeden Tag einen bestimmten Cocktail zubereitete. mit. Tatsächlich hatte ich mir das Hospiz als Ort der Traurigkeit Sollten wir ihm das verbieten?“ Gegründet wurde die CS Caritas Socialis 1919 von Hildegard vorgestellt, doch die Einrichtung erinnert mich eher an ein fami- Kurz zur Statistik: Das Durchschnittsalter der Hospizgäste be- Burjan als geistliche Schwesterngemeinschaft mit dem Auf- liäres Ferienhotel als an ein steriles Krankenhaus – trotz des all- trägt 73 Jahre, die durchschnittliche Verweildauer 17 Tage; trag, soziale Not zu lindern. Die Einrichtungen der CS Caritas gegenwärtigen Coronavirus‘. Küche, Essraum und die Zimmer monatlich sterben hier 15 bis 20 Patient*innen. „Wir hatten Socialis gliedern sich in Einrichtungen, die in GmbHs organi- der Hospizgäste, soweit ich das beim schnellen Durchgehen Gäste, die in der Früh eingeliefert wurden und am Abend star- siert sind, die alle mit 1.1.2003 in die CS Caritas Socialis Privat- in den Garten sehen konnte, sind mit bunten Möbeln heimelig ben, aber auch Gäste, die bei uns Monate blieben“, berichtet stiftung eingebracht wurden. eingerichtet; der Garten selbst lädt zum Lesen, Plaudern oder Andrea Schwarz. „Und wir hatten 99-jährige Gäste, aber auch einfach nur zum Dösen in der Sonne ein. 18-jährige. Der unversicherte Obdachlose ist bei uns genauso willkommen wie der wohlhabende Generaldirektor.“ Einzel- Lebensqualität im Mittelpunkt und Familienzimmer ermöglichen es, dass Angehörige und Freunde der 12 Hospizgäste jederzeit auf Besuch kommen und „Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, die Menschen, die sogar übernachten können. Während der Coronazeit ist es ge- zu uns kommen, haben keine Angst vor dem Tod, kennen setzlich vorgeschrieben, dass nur zwei Angehörige gleichzeitig keine Verzweiflung oder spüren keine Schmerzen“, erzählt im Zimmer sein dürfen. Was manchmal zu tragischen Situatio- Schwarz. „Aber unsere Ärzte und das Pflegeteam schaffen es nen führen kann: „Als ein 35-jähriger Familienvater im Sterben Fotos: CS Hospiz Caritas Socialis mit viel Einfühlungsvermögen, dass solche Symptome bald lag, durfte er seine Kinder nicht auf einmal sehen. Das hat mir verschwinden.“ das Herz gebrochen“, erinnert sich Andrea Schwarz. Foto: Robert Sonnleitner Das hat unter anderem auch damit zu tun, dass der Schwer- Wie geht sie selbst, die hier als Pflegerin begonnen hat und punkt der Behandlung nicht auf lebensverlängernden Thera- sich zur Heimleiterin hochgearbeitet hat, mit dem allgegen- pien gelegt wird, sondern darauf, bis zum letzten Atemzug wärtigen Sterben um? „Ich bin keine, die jeden Sonntag in die eine möglichst hohe Lebensqualität zu bieten. Es ist kein Haus Kirche geht“, sagt sie. „Aber ja, der Glaube hilft!“ des Todes, sondern des Lebens. Strenggenommen ist das Hospiz der Caritas Socialis eigentlich eine Palliativstation, die sich auf Stabilisierung und Schmerzlinderung spezialisiert hat. [robert sonnleitner] 18 19
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