Zuschnitt 71 Wohnbau mit System - Mehrgeschossige Wohnbauten in Holz ergeben Sinn, haben System und zeichnen sich durch hohe Wohnqualität aus ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Zuschnitt Zeitschrift über Holz als Werkstoff und Werke in Holz September 2018 Nr. 71 | 18. Jahrgang | Euro 8 | isbn 978-3-902926-29-6 proHolz Austria zuschnitt 71 Wohnbau mit System Mehrgeschossige Wohnbauten in Holz ergeben Sinn, haben System und zeichnen sich durch hohe Wohnqualität aus.
Inhalt Seite 3 Themenschwerpunkt Editorial Zuschnitt 71.2018 Text Anne Isopp Seite 6 – 7 Seite 4 Bewährte Holzbausysteme Essay für den mehrgeschossigen Vorfertigung, Serie, Standard Wohnbau Text Bettina Götz und Text Stefan Krötsch Richard Manahl Seite 8 – 9 Mehr Nutzfläche durch dünnere Außenwände Wohnbau in Graz Text Anne Isopp Zuschnitt 72.2018 Das Ornament – erscheint im Dezember 2018 Ein Ornament ist ein sich meist wiederholendes, oft abstraktes Muster mit symbolischer Funktion. Ist Holz nicht an sich schon ornamental? Man schaue sich nur die Maserungen an und bedenke, in welches andere Material man so leicht jegliches Muster fräsen kann. Im Bundwerk sind die einzelnen Balken so kunstvoll miteinander verwoben, dass die Kon- struktion selbst zum Ornament wird. Wir machen uns auf die S uche nach dem Ornament im Holz. Titelbild Impressum Offenlegung nach § 25 Redaktionsteam Fotografien Wohnhaus am Dantebad, Medieninhaber und Mediengesetz Anne Isopp (Leitung) Stefan Müller-Naumann s. 1, 16, 19 München Herausgeber Arbeitsgemeinschaft der Martina Zuzanakova Marc Lins s. 2 proHolz Austria österreichischen Holzwirt- (Assistenz) Iwan Baan s. 5 Zuschnitt Arbeitsgemeinschaft der schaft nach Wirtschafts Kurt Zweifel Atlas Mehrgeschossiger Holzbau, issn 1608-9642 öst erreichischen Holzwirt- kammergesetz (wkg § 16) redaktion @ zuschnitt.at Detail Business Information GmbH, Zuschnitt 71 schaft zur Förderung der München 2017 s. 6 isbn 978-3-902926-29-6 A nwendung von Holz Ordentliche Mitglieder Lektorat Pierer.net Photography s. 9 Obmann Christoph Kulterer Fachverband der Holz- Esther Pirchner, Innsbruck Wilmar König s. 10 li. www.zuschnitt.at Geschäftsführer indust rie Österreichs paul ott photographiert s. 10 M. Zuschnitt erscheint viertel Georg Binder Bundesgremium des Holz- Gestaltung Günter Richard Wett s. 10 re. jährlich, Auflage 12.000 Stk. Projektleitung Zuschnitt und Baustoffhandels Atelier Andrea Gassner, Pez Hejduk s. 11 Einzelheft euro 8 Kurt Zweifel Feldkirch; Andrea Gassner, Daniel Shearing s. 13 Preis inkl. USt., exkl. Versand A-1030 Wien Fördernde Mitglieder Reinhard Gassner, gewoba s. 14 Am Heumarkt 12 Präsidentenkonferenz der Marcel Bachmann Nikolai Wolff, Fotoetage s. 15 T +43 (0)1 ⁄ 712 04 74 Landwirtschaftskammern Sebastian Schels s. 17 o. info @ proholz.at Österreichs Druck Quirin Leppert s. 17 u. www.proholz.at Bundesinnung der Zimmer- Grasl FairPrint, Bad Vöslau Claudia Luperto s. 20, 21, 22, 23 meister, der Tischler und gesetzt in Foundry Journal Tomaz Gregoric s. 25 Copyright 2018 bei proHolz andere Interessenverbände auf GardaPat 13 Kiara Gabriele Kaiser s. 27 Austria und den AutorInnen der Holzwirtschaft Bildrecht, Wien⁄ Wolfgang Die Zeitschrift und alle in Bestellung⁄ Aboverwaltung Günzel s. 28 ihr enthaltenen Beiträge Editorialboard proHolz Austria und Abbildungen sind Reinhard Gassner, Schlins info @ proholz.at urheberrechtlich geschützt. Florian Nagler, München T +43 (0)1 ⁄ 712 04 74 Jede Verwendung außerhalb Arno Ritter, Innsbruck shop.proholz.at der Grenz en des Urheber- Dietger Wissounig, Graz rechts ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar.
Seite 10 – 11 Seite 12 – 13 Seite 16 – 17 Seite 20 – 23 Seite 25 „Das System darf nicht die Mit der Erfahrung kommt Münchener Wohnungsbau Eine Baustelle – zwei Systeme – Seitenware Freiheit und Lockerheit der die Materialeffizienz sofortprogramm neun Häuser proHolz Masterclass 2018 Gestaltung beeinträchtigen“ Von Murray Grove bis Immer wieder Holzbau Suurstoffi in Risch-Rotkreuz Text Uroš Rustja Im Gespräch mit dem Holz- Dalston Lane Text Roland Pawlitschko Text Hubertus Adam Seite 26 – 27 baupionier Hubert Rieß Text Oliver Lowenstein Seite 18 – 19 Seite 24 Wald – Holz – Klima Text Markus Bogensberger Seite 14 – 15 Installationssysteme für Wohnbau in Serie Bäume im Trockenstress Ein Tragwerk für 22 mögliche den mehrgeschossigen Begriffe und Initiativen Text Alois Pumhösel Grundrisstypen Wohnbau in Holz Text Anne Isopp Seite 28 Editorial Bremer Punkthäuser gehen Sechs Grundprinzipien Literatur Holz(an)stoß Inhalt in Serie Thomas Bayrle Text Kerstin Kuhnekath Text Stefan Tasch 2 3 zuschnitt 71.2018 Editorial Anne Isopp In diesem Zuschnitt geht es, vereinfacht gesagt, um mehrge- struktive Möglichkeiten gibt, zeigen wir jene Lösungen, die sich schossige Wohnbauten in Holz. Dabei kommen viele Gedanken- bewährt haben und auf die holzbauerfahrene Architekten und stränge zusammen und es gilt, diese zu einem roten Faden Tragwerksplaner gerne zurückgreifen. Dem Bewährten gegenüber miteinander zu verweben. Anlass für dieses Heft ist der große steht die Angst vor der Routine, die Angst vor der Banalität, bei Bedarf an leistbarem Wohnraum. In vielen europäischen Städten der die Qualität dem Effizienzgedanken weicht. Auch diese Angst ist die Nachfrage viel höher als das Angebot, sodass Politik und wollen wir nehmen, denn es ist beides möglich: Wohnhäuser effi- Wohnungswirtschaft in den kommenden Jahren viele, viele neue zient und nach einem bewährten System zu errichten, daraus Wohnbauten errichten müssen. Der Holzbau bietet neben den individuelle Lösungen zu entwickeln und nicht auf Qualität zu gewohnten Qualitäten die Möglichkeit der seriellen Fertigung verzichten. Denn wer auf Bewährtes zurückgreift, kann sich aufs und der hohen Vorfertigung, die ein rasches und für die Anrainer Wesentliche konzentrieren. Serielle, industrialisierte Baumethoden störungsarmes Bauen möglich macht. Wir folgen dem Strang der lassen wirtschaftliche und architektonisch hochwertige Lösungen technischen Möglichkeiten und verbinden ihn mit dem Strang zu. Genau hier liegt eine Chance für den Holzbau und für den der bewährten Herangehensweisen. Da es im Holzbau viele kon- Wohnbau. In Wahrheit sind die beiden ein gutes Team. Edition Wohnbau in Holz Die neue Edition liefert zahlreiche Argumente, warum es Sinn ergibt, mehrgeschossige Wohnbauten in Holz zu errichten, und zeigt gebaute Beispiele. Kostenlos zu bestellen unter: shop.proholz.at Wien Berlin München 1,87 Mio. 3,58 Mio. 1,57 Mio. 2,0 Mio. 3,83 Mio. 1,85 Mio. 13.000 8.500 Wohnungen⁄ Jahr Wohnungen⁄ Jahr davon 9.000 gefördert 20.000 davon 2.000 gefördert Wohnungen⁄ Jahr davon 5.000 gefördert Bevölkerungswachstum und Wohnungsbauprogramme Einwohner in Millionen 2017 und 2035 Geplante Anzahl neuer Wohnungen⁄ Jahr bis 2021
Essay Vorfertigung, Serie, Standard Bettina Götz und Richard Manahl Unser Bauen ist heute mehr denn je geprägt von individueller In der Stapelung von vorgefertigten Bauteilen, obwohl diskredi- Formfestlegung bei zugleich standardisierter Nutzung und objekt- tiert durch die massenhaften Betonplattenbauten der 1950er bezogener Vor-Ort-Herstellung. Der Wunsch der Benutzer nach Jahre und danach, die keinerlei Spielräume für Gestaltung oder räumlich großzügigen Bauten mit geringer Vorprägung der Nut- Raumanspruch ermöglichen, sollte trotzdem der Weg zu einer zungsart würde jedoch vielmehr einen zeitgemäßen und adäquaten neuen und brauchbaren Einfachheit zu finden sein: durch das Umgang mit den heutigen Möglichkeiten der Produktion benöti- Übereinanderstellen vorgefertigter Holzmodule, die – räumlich gen, nämlich der Herstellbarkeit von hochwertigen, vorgefertigten und lastabtragend mit Infrastruktur ausgestattet – autonom und damit schnell montierbaren Raumstrukturen. funktionieren können, oder durch eine Stapelung von vorgefertig- Unsere beliebtesten städtischen Wohnformen sind nach wie vor ten Decks, freien Flächen, die dann einen Ausbau mit einfachen, die gründerzeitlichen Spekulationsbauten. Für ihre Zeit waren sie nicht lastabtragenden und brandanspruchslosen Bauelementen hochgradig standardisierte, nutzungsoffen konzipierte Bauten ermöglichen und somit wiederum den Einsatz vorgefertigter mit großer Raumhöhe und großzügiger Erschließung. Meist nur Holzelemente erlauben. eingeschränkt durch Fenster- und Kaminwand weisen die in Bezug Während das einfache Aufeinanderstapeln gleicher Einheiten auf ihre Verwendung nicht vorgegebenen straßenseitigen Räume dicht an dicht fast zwangsläufig zu Monotonie nicht unähnlich einen hohen Freiheitsgrad in Längsrichtung auf und werden dem Plattenbau führen wird (schon der dabei verwendete Begriff hofseitig begleitet von den jeweils zugehörigen Funktionsräumen. der „Raumzelle“ ist entlarvend), sind beim offenen Deck mit Damit wurden, auch unter Berücksichtigung aller hier nicht er- f reier Füllung Varianz und Leerstelle Programm. Durch die Ver- wähnten Problematiken, im 19. Jahrhundert unsere Städte nach- wendung von Boxen als Trag- und Infrastruktur mit dazwischen haltig erweitert. Einer der wesentlichen Faktoren dafür, dass das eingehängten einfachen Deckenelementen für ergänzende, funktioniert, ist die grundsätzliche Offenheit der Strukturen im nutzungsneutrale Räume könnten solche Varianzen auf ähnliche vorvorigen Jahrhundert, insofern als eine Raumwidmung „Zimmer“ Art auch bei den gestapelten Schachteln erreicht werden. in Wien vor 1930 z. B. sowohl Wohn- als auch Geschäftsräume Für eine spätere Um- und Weiternutzung bleiben eben die schon umfasste, eben weil sowohl Raumhöhe als auch Raumzuschnitte erwähnten Voraussetzungen wie großzügige Raumhöhe und dementsprechend neutral gehalten waren. Vor der gleichen Frage einfache Veränderbarkeit des Inneren wesentliche Grundbedin- zur Erweiterung der Stadt stehen wir heute wieder, mit der klaren gung. Erkenntnis, dass diese Offenheit in keiner Weise mehr zugelassen Einer der wenigen Beiträge in der Hauptausstellung der diesjäh- ist – sowohl in der Stadterweiterung des 20. als auch des bishe- rigen Biennale, der sich mit Wohnungsbau oder Vorfertigung rigen 21. Jahrhunderts. beschäftigt, ist ein Projekt von Michael Maltzan in Los Angeles. Das 20. Jahrhundert fand im großmaßstäblichen Wohnungsbau Das Projekt zeigt exemplarisch Möglichkeiten und zugleich auch auch bei der Thematik der Vorfertigung bedauerlicherweise zu Grenzen der gestapelten Schachteln auf: Über einer frei ge- keinen nachhaltigen Lösungen. So blieben die innovativsten formten, mehrgeschossigen Topografie aus Ortbeton, unter der Anstrengungen, das Bauen auf intelligente Weise mithilfe einer in Bezug zum Straßenniveau allgemeine städtische Funktionen neuen Technologie zu standardisieren, fast ausschließlich auf zu finden sind, werden die vorgefertigten hölzernen Boxen zu kleine oder kleinteilige Objekte beschränkt: auf Einfamilienhäu- nachbarschaftlich zusammengefassten Cluster-Türmchen aufge- ser wie die Case Study Houses oder die ikonischen Objekte von stapelt und schaffen es so, zu einer merk- und identifizierbaren Fuller oder Prouvé. Und so sehr sich am Anfang des Jahrhunderts stadträumlichen Figur mit innenräumlichen Qualitäten auch im die Fünf Punkte zu einer neuen Architektur von Le Corbusier auf Bereich der seriellen, gestapelten Raumzellen zu werden. eine Neudefinition des architektonischen Denkens auswirkten, für eine standardisierte, vorgefertigte Bauweise waren sie nicht Bettina Götz und Richard Manahl führen zusammen das Büro artec Archi- gedacht. Schlussendlich triumphierte im Osten wie im Westen tekten in Wien. Bettina Götz ist zudem Professorin für Entwerfen und Baukon- die anspruchslose vorgefertigte Betonplatte, wahlweise auch mit struktion an der Universität der Künste in Berlin. 2018 erschien bei Park Books Fenster- oder Türloch und einer Raumhöhe von 2,5 Metern. ein Buch zur Arbeitsweise von artec Architekten. Wohnungen für ehemalige Obdachlose in Los Angeles: Auf einer Betonplattform stapeln sich vorgefertigte Raummodule aus Holz.
Themenschwerpunkt Wohnbau mit System
Bewährte Holzbausysteme für den mehrgeschossigen Wohnbau vertikale Bauelemente horizontale Bauelemente Rahmenbauwand Brettsperrholzwand Skelettbau Brettstapelwand Brettsperrholzdecke Brettstapeldecke Holz-Beton-Verbunddecke Kastendecke Balkendecke Bewährte Anwendung im Wohnbau Mögliche, aber weniger häufige Anwendung im Wohnbau Unter dem Begriff Holzbau ist eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Konstruktionen subsumiert: Von stabförmig bis zu flächig wirkenden Tragwerksteilen gibt es f ließende Übergänge. Bauteile im Wohnbau können ebenso als Leichtbau- wie als Massivholze lemente ausgeführt werden. Außerdem sind Hybridkonstrukt ionen aus Holz und Beton oder Holz und Stahl üblich.
Wohnbau mit System Stefan Krötsch Generell eignet sich Holz für den Wohnbau sehr gut, denn Wohnungsgrundrisse Gängige Deckensysteme 6 7 e rlauben durch meist geringe Deckenspannweiten und Wände als lineare Auflager Als Geschossdecken werden häufig Mas- sehr wirtschaftliche Konstruktionen, wenn sie diszipliniert geplant sind. Außerdem sivholzdecken aus Brettsperrholz- oder zuschnitt 71.2018 lassen sich hochwärmegedämmte Gebäudehüllen – die im Wohnbau eine wich Brettstapelelementen verwendet, die sich tigere Rolle spielen als bei anderen Bauaufgaben – robust, raumsparend und kosten- geometrisch und konstruktiv einfach fügen günstig umsetzen. Auch die Gebäudehöhe von Holzbauten stellt keine ernsthafte lassen und im Vergleich mit filigranen Beschränkung mehr dar, nachdem sich die Gesetzgebung verändert und die Bautech- Deckenkonstruktionen in der Regel einen nik in den letzten Jahren rasant entwickelt hat. schlankeren und hohlraumfreien Decken- aufbau ermöglichen. Denn die Anforde- rungen an Brand- und Schallschutz sowie die Reduktion des Schwingungsverhaltens Allgemeine Standardausführungen, wie sie Mischbauweisen lassen sich dabei mit sehr einfachen Maß- vom Bauen mit mineralischen Baustoffen Im deutschsprachigen Raum scheint sich nahmen umsetzen. Durchlaufträgerwirkun bekannt sind, haben sich im Holzbau noch dagegen eine Kombination von Außenwän- gen über Trennwände hinweg werden der nicht etabliert. Viele mehrgeschossige den aus Rahmenbauelementen (= Tafelbau) Flankenschallübertragung wegen meist Wohngebäude aus Holz sind nach wie vor und Massivholzdecken zu etablieren, die vermieden. Bei größeren Spannweiten kön- Prototypen. Trotz großer Vielfalt lassen mit unterschiedlichen Arten von Innen- nen Massivholzdecken mit Aufbeton als sich aber für den mehrgeschossigen Woh- wänden kombiniert werden. Rahmenbau- Verbundkonstruktion ausgeführt werden. bau Konstruktionen identifizieren, die sich wände sind nicht nur sehr materialeffizient zu bewähren scheinen. in der Lastabtragung, sondern können Raumzellenbauweise auch sehr kostengünstig hochwärme Inzwischen gibt es einige Beispiele von Brettsperrholzkonstruktionen dämmend ausgeführt werden. Außerdem Wohnheimen in Deutschland und Öster Einige internationale Projekte aus den ermöglichen sie eine weitgehende Vorfer- reich, die aus vorgefertigten Raumzellen letzten Jahren sind relativ sortenreine tigung im Werk, einschließlich der Fenster gefügt sind. Offenbar kompensiert die Konstruktionen mit Außen- und Innenwän und der Fassadenbekleidung. Das hoch- r ationalisierte, industrieähnliche Fertigung den sowie Decken aus Brettsperrholz komplexe Bauteil Außenwand und kompli- Nachteile aus großem Transportvolumen elementen. Die Verbindungen und Decken- zierte Anschlussdetails können damit oder aus der Herstellung doppelter Bau- auflager sind meist linear, geometrisch unter optimalen Bedingungen besonders teile, wenn die Bauaufgabe auf einem schlicht und großteils als simple Ver- zuverlässig hergestellt werden. Allerdings großen Wiederholungsfaktor basiert. In schraubungen ausgeführt. Mit vorgefer können Rahmenbauwände nicht in her- Schweden ermöglicht die Serienfertigung tigten Elementen lässt sich schnell der kömmlicher Form verwendet werden, bereits die Herstellung von gewöhnlichen Rohbau des Gebäudes herstellen. Je nach wenn sie Gebäude mit mehr als drei oder Wohnungsgrundrissen aus Raumzellen Anforderungen können Wände und De- vier Geschossen tragen sollen, denn die zu konkurrenzfähigen Konditionen. Und cken sichtbar bleiben oder direkt beplankt Querholzpressungen von Rähm und im Gegensatz zum konventionellen Bauen werden, sodass die Konstruktion weitge- Schwelle hätten zu starke Setzungen zur lässt jede Volumensteigerung hier deut- hend hohlraumfrei ausgeführt werden Folge. In der Schweiz werden daher seit liche Rationalisierungsvorteile erwarten. kann. Diese Bauart ermöglicht eine relativ einiger Zeit Rahmenbauwände eingesetzt, standardisierte Planung, industrielle Ferti- deren Ständer über die gesamte Höhe der Einfach statt banal gung und unkomplizierte Montage. Die Wand durchlaufen und Lasten über Hirn- Holz ist ein äußerst vielseitiger Baustoff meisten Beispiele finden sich daher in holzkontakt in die Ständer darüber- und und darüber hinaus ein Sympathieträger. Ländern ohne handwerkliche Holzbautra- darunterliegender Wände übertragen. Seine natürliche Materialität wird als dition. Nachteilig sind der hohe Holzbe- Außerdem können einzelne Ständer durch authentisch, gesund und hochwertig emp- darf und die Einschränkungen im Vorferti- Stützen stärkeren Querschnitts ersetzt funden. In einer Zeit, in der die Qualität gungsgrad, der selten über den Rohbau werden, um punktuell hohe Lasten abzu- kostengünstigen Wohnens zu einer immer hinausgeht. tragen. So kann die Flexibilität von Ske- drängenderen sozialen Frage wird, kann lettbauten mit dem hohen Vorfertigungs- die Sinnlichkeit von Holz den Unterschied grad von Rahmenbaukonstruktionen zwischen Einfachheit und Banalität aus- kombiniert werden. machen. Stefan Krötsch Eigenes Architekturbüro in München in Partnerschaft mit Florian Braun. Seit März 2018 Professor für Baukonstruktion und Entwerfen an der htwg Konstanz. Zusammen mit Hermann Kaufmann und Stefan Winter Autor des Atlas Mehrgeschossiger Holzbau.
Mehr Nutzfläche durch dünnere Außenwände Wohnbau in Graz Anne Isopp So wie in anderen Städten gibt es auch in Graz viele Familien, Paare und Alleinstehende, die sich auf dem freien Markt nur schwer eine Wohnung leisten können und sich bei der Stadt für eine Gemeindewohnung angemeldet haben – zurzeit gibt es um die tausend Vormerkungen. Auch in Graz ist die Nachfrage nach leistbaren Wohnungen weit größer als das Angebot. Deshalb hat die Stadt nach fast fünfzig Jahren wieder begonnen, selbst Gemeindewohnbauten zu errich- ten. Das erste Projekt wird gerade umgesetzt. Zudem werden nach wie vor sogenannte Übertragungswohnbauten errichtet, bei denen einem gemeinnützigen Wohnbauträger Grundstücke Geschossdecke – Brettsperrholz Parkett 10 mm zur Verfügung gestellt werden. Dieser errichtet und verwaltet Deckenstärke 48,3 cm Estrich 60 mm dort geförderte Mietwohnungen, welche nach dem Ende der Bau- pe-Folie Brandschutz R 60 Trittschalldämmung 30 mm rechtszeit, etwa nach achtzig Jahren, ins Eigentum die Stadt Graz Schallschutz 46 dB (Trittschall), Trittschalldämmung 50 mm übertragen werden. Die Zuweisung an die Mieter erfolgt immer 60 dB (Luftschall) Splittschüttung 60 mm durch die Stadt Graz. pe-Folie Um einen solchen Übertragungswohnbau handelt es sich auch Brettsperrholz 200 mm Mineralwolle 60 mm beim Gebäude in der Max-Mell-Allee am Rosenhain in Graz, Gipskarton 12,5 mm einem gutbürgerlichen Viertel. Hier entstanden 38 Wohnungen auf einem Grundstück der Stadt Graz. Gebaut und verwaltet wird es von einem gemeinnützigen Wohnbauträger. Das Grundstück liegt, umgeben von viel Grün, etwas abseits von der Hauptstraße und grenzt an ein Studenten- und ein Pflegeheim. Der Bauträger forderte schon im Wettbewerb ein Gebäude in Holzbauweise, aus Gründen der Ökologie und der schnelleren Verfügbarkeit. Nussmüller Architekten, die schon viel Erfahrung im Wohnbau und im Holzbau haben, gewannen den Wettbewerb. Die Kubatur des Gebäudes folgt der dreieckigen Grundstücksform. Man nähert sich dem Gebäude auf der leicht ansteigenden Allee und steht dann vor dem massiven Sockel mit Tiefgarage, über dem sich ein zart konstruierter, viergeschossiger Holzbau erhebt. Umlaufende Balkone und ein in unregelmäßigen Abständen ver- setzter Lattenschirm gliedern die Fassade. Der Zugang zu den Wohnungen erfolgt über ein Atrium. Gefordert war ein wirtschaftliches Konstruktionssystem Im Wettbewerb wurde ein wirtschaftliches und materialgerechtes Konstruktionssystem gefordert. „Die Wirtschaftlichkeit liegt in Wohnungstrennwand – tragend Außenwand – nicht tragend der Regelmäßigkeit“, sagt Tragwerksplaner Josef Koppelhuber. Wandstärke 22,5 cm Wandstärke 38,2 cm „Ein regelmäßiger Grundriss erlaubt eine wirtschaftliche Konstruk- Brandschutz R 60 Brandschutz R 60 tion. Dieses Vieleck ist wirtschaftlich nicht günstig, weil es für Schallschutz 61 dB Schallschutz 50 dB alle mehr Aufwand bedeutete. Aber es ist natürlich sehr sinnvoll Gipskarton 12,5 mm Holzschalung 24 mm für dieses Grundstück, weil es dieses optimal ausnutzt“, so Mineralwolle 50 mm Hinterlüftung 90 mm Koppelhuber, den die dreieckige Gebäudeform mit den drei jeweils Brettsperrholz 100 mm Winddichtung Trittschalldämmung 30 mm Gipsfaserplatte 12,5 mm geknickten Schenkeln und dem Loch in der Mitte an einen Wankel- Brettsperrholz 100 mm Holzriegel 180 mm, motor erinnert. Mineralwolle 50 mm dazwischen Mineralwolle Die Wohnungen sind sternförmig um das zentrale Atrium ange- Gipskarton 12,5 mm Gipsfaserplatte 12,5 mm pe-Folie ordnet. Die ursprüngliche Planung sah eine reine Brettsperrholz- Mineralwolle 50 mm bauweise vor. Das Holzbauunternehmen aber schlug aus ökono- Gipskarton 12,5 mm mischen Gründen Außenwände in Holzrahmenbauweise vor. Mit der geringeren Dicke der Holzrahmenbauwände konnten noch einmal rundherum 8 cm geförderte Nutzfläche gewonnen werden. Die Innenwände und Decken sind in Brettsperrholz ausgeführt, das Stiegenhaus in Stahlbeton. „Man muss nicht alles aus einem Material bauen, sondern sollte die Bauweisen dort einsetzen, wo sie sinnvoll sind“, sagt Projektleiter Jakob Kocher. Tragwerksplaner
Wohnbau mit System 9 8 zuschnitt 71.2018 Koppelhuber hingegen war davon weniger begeistert: Die Der Wohnqualität im Inneren tut das keinen Abbruch. Hier wur- Schwierigkeit bei der Kombination ist das unterschiedliche Setz- den teilweise die tragenden Brettsperrholzwände sichtbar belas- maß. Um bis zu 5 mm pro Geschoss setzen sich die Holzrahmen- sen und nur dort, wo die Schall- und Brandschutzanforderungen bauwände mehr als die Brettsperrholzplatten, und das muss in es erforderten, mit Gipskarton verkleidet. Die Decken wurden der Detaillierung entsprechend beachtet werden. Für Josef hingegen alle aus Kosten- und Schallschutzgründen mit Gipskar- Koppelhuber sind bis zu vier Geschosse in einer solchen Misch- ton verkleidet. Bei den ebenfalls von Nussmüller Architekten ge- bauweise vertretbar, darüber hinaus aber würde er davon abra- planten frei finanzierten Holzwohnbauten in Reininghaus wurden ten. Generell bevorzugt er eine reine Brettsperrholzbauweise. die tragenden Massivholzdecken sichtbar belassen, erzählt Stefan Nussmüller. Dafür sei aber der Fußbodenaufbau aufwändiger und Unterschiede im geförderten und frei finanzierten Wohnbau damit auch teurer. Dies war bei diesem Wohnbau in der Max- So elegant das äußere Erscheinungsbild dieses Wohnbaus ist, Mell-Allee nicht möglich. Die maximale Gesamtbruttomiete liegt so ungelenk wirkt dagegen das Atrium. Ursprünglich sollten auch hier bei 8 Euro pro Quadratmeter. Die Stadt Graz will das Image hier die einzelnen Zugangsebenen wie bei den äußeren, umlau- des Gemeindewohnbaus verbessern und allen betroffenen fenden Balkonen aus Brettsperrholzplatten, die von einer Form- Bevölkerungsschichten schmackhaft machen. Dies dürfte ihr mit rohrkonstruktion getragen werden, ausgeführt werden. Im Zuge diesem Bau gelingen. von Einsparungsmaßnahmen schwenkte man dann auf eine Betonkonstruktion um. Diese ist jedoch weder schön detailliert noch sauber ausgeführt. Standort Max-Mell-Allee 6, Graz⁄ A Bauherr Gem. Wohn- u. Siedlungsgenossenschaft Ennstal reg. Gen.m.b.H., Liezen⁄ A, www.wohnbaugruppe.at Planung Nussmüller Architekten, Graz⁄ A, www.nussmueller.at Statik Dipl.-Ing. Josef Koppelhuber, Rottenmann⁄ A, www.koppelhuber.at Holzbau Strobl Bau, Weiz⁄ A, www.strobl.at Fertigstellung 2018 Anzahl Wohnungen 38 (gefördert) Nettonutzfläche 2.500 m2 5m
„Das System darf nicht die Freiheit und Lockerheit der Gestaltung beeinträchtigen“ Im Gespräch mit dem Holzbaupionier Hubert Rieß Markus Bogensberger Vor etwas mehr als zehn Jahren erschien das mittlerweile nur mehr antiquarisch er- hältliche Buch „Rieß wood3 – modulare Holzbausysteme“, in dem ein Überblick über die Arbeiten von Architekt Hubert Rieß im Bereich Holzbau vermittelt wurde. Der Schwerpunkt dieser Publikation lag in der Beschäftigung mit den Potenzialen von modularer Vorfertigung für den Geschossbau und vor allem im Bereich des Wohn- baus. Hubert Rieß hat diesbezüglich eine Vorreiterrolle eingenommen und sowohl technische als auch soziale, städtebauliche und vor allem architektonische Aspekte in seine Projekte und Überlegungen einbezogen. Einen wesentlichen Beitrag in die- sem Buch stellt ein nach wie vor sehr lesenswertes Gespräch über die Verwendung von Holz im Geschossbau von Hubert Rieß mit Otto Kapfinger und Ulrich Wieder dar. Das folgende Interview knüpft an die damaligen Aussagen des österreichischen Holzbaupioniers an. physiker verfügbar waren, die die entspre- Die damaligen Herausforderungen waren chenden Expertisen für Holzkonstruktionen oft sehr grundsätzlicher Natur. Die ausfüh- erstellen konnten. Man konnte zu dieser renden Firmen entstammten oft einem Zeit noch nicht auf die Erfahrungen einer Zimmereibetrieb und mussten sich erst an professionellen Holzbauindustrie zurück- ihre Rolle als Generalunternehmer gewöh- greifen, allerdings verlief die Entwicklung nen. Die anspruchsvolle Logistik und ein- in der Folge sehr schnell. fach anmutende Aufgaben wie der Schutz Ein wesentlicher Fortschritt wurde durch der Rohbauten vor Regen führten immer das Modellvorhaben „Mietwohnungen in wieder zu folgenreichen Komplikationen. Holzsystembauweise“ Anfang der 1990er Jahre in Bayern erzielt. Man hat sich damals dazu entschlossen, Unterkünfte in Holz-Systembau zu errichten. Dafür waren Zeltweg (1989) mehrere Gründe ausschlaggebend, etwa die Ökologisierung des Bauens, die Stär- Markus Bogensberger: Das Architekturbüro kung der bayerischen Holzindustrie, aber Rieß gilt als einer der Pioniere im Holz- vor allem die erwartete Geschwindigkeit Geschossbau. Wie ist es zu dieser Positio- der Umsetzung, weil innerhalb kurzer Zeit nierung gekommen? eine große Anzahl an Wohnungen für Herbert Rieß: In der Anfangsphase unserer Menschen aus den ehemaligen Ländern Auseinandersetzung mit dem Werkstoff des Ostblocks errichtet werden musste. Holz waren kaum taugliche Bauordnungen Unser Büro wurde damals eingeladen, und wenige Erfahrungen vorhanden. So ein Pilotprojekt in Schwabach bei Nürnberg wurde im Rahmen des experimentellen zu realisieren. Wir haben in der Folge wei- Wohnbauprogramms „Modell Steiermark“ tere Projekte in Bayern umsetzen können, 1985 der erste Wohnbauwettbewerb in Holz und besonders unser Wohnbau in Wald Grünangersiedlung in Graz (1999) bauweise für ein Projekt in Zeltweg aus kraiburg ist auf hohe Resonanz in der Fach geschrieben. Die damaligen Vorschriften welt gestoßen. Die Projekte in Bayern stellten auch einen haben allerdings ein solches Gebäude noch Impuls für den Holzbau in Österreich dar. gar nicht zugelassen. Es fanden zahlreiche Exkursionen zu Die Geschossdecken und das Erdgeschoss diesen Bauten statt und das Interesse von mussten damals massiv ausgeführt werden, PolitikerInnen, BauträgerInnen und auch weil noch keine Konsulenten und Bau ArchitektInnen war geweckt. Vor allem in der Steiermark, einem traditionellen Holz- land, wurde die Initiative ergriffen. So konnten wir in Judenburg ein sehr gelungenes viergeschossiges Demonstra- tiv-Wohnprojekt mit massivem Sockel Rieß wood – modulare Holzbausysteme. errichten. In dieser Zeit wurden auch bau- Entwicklung und Zukunft modularer Systeme⁄ Waldkraiburg⁄ D (1996) Development and Perspectives in Prefab Systems physikalische Herausforderungen wie et- Otto Kapfinger, Ulrich Wieler (Hg.) wa schalltechnische Fragen behandelt. Wien-New York 2007
Wohnbau mit System 10 11 zuschnitt 71.2018 Wohnbau in der Spöttelgasse in Wien (2003) Es folgten zahlreiche weitere Projekte in Vor etwa zehn Jahren haben sich zahl- nicht per se ansehen. Das System darf nicht ganz Österreich. In Wien wurde dann die reiche ArchitektInnen damit beschäftigt, die Freiheit und Lockerheit der Gestaltung Verwendung von Massivholz aus brand- eigene Holzbausysteme zu entwickeln. beeinträchtigen. Ich möchte daher anre- schutztechnischen Gründen gefordert. Die Art und Wahl des Systems ist aller- gen, den diesbezüglichen Diskurs verstärkt Zu dieser Zeit war erstmals Kreuzlagenholz dings nicht so wesentlich. Bedeutsam zu führen und auch wieder in Versuchspro- in Österreich gut verfügbar und dieser ist vielmehr, dass die Entwürfe den Mög- jekte zu investieren, um die positive Ent- Werkstoff hat die Möglichkeiten des Holz- lichkeiten der mittlerweile sehr leistungs- wicklung des Geschossbaus in Holz voran- baus wesentlich erweitert. Mein Büro hat fähigen Firmen entsprechen und kosten- zutreiben. sich in der Folge intensiv mit den Möglich- günstig und fehlerfrei umgesetzt werden keiten der Raummodulbauweise ausein können. Markus Bogensberger andergesetzt. In enger Zusammenarbeit Geschäftsführer des Haus der Architektur in Graz, mit dem Bautechnikzentrum der Techni Die Schaffung von Wohnraum ist vor Architekturdiplom an der tu Graz, 2000 bis 2013 schen Universität Graz haben wir für allem in den Ballungsräumen gegenwärtig Architekturbüro Supernett, 2006 bis 2012 Universi- deren Entwicklung Forschungsförderungs- ein wichtiges Thema. Welche Rolle können tätsassistent am Institut für Gebäudelehre der mittel lukriert. hier Holzbausysteme einnehmen? tu Graz, Publikationen zu architektonischen und Momentan herrscht besonders im Wohn- städtebaulichen Fragestellungen Welche Erfahrungen sind rückblickend für bau ein regelrechter Boom. In einer sol- Sie wesentlich? chen Phase ist es wichtig, die kulturellen Unser Büro hat aufgrund der fehlenden und architektonischen Aspekte des Bau- Praxis aller Beteiligten viel Energie inves ens nicht aus den Augen zu verlieren. tieren und auch immer wieder Enttäu- So gehören auch intelligente und effi schungen verkraften müssen. Auch die ziente Grundrissstrukturen und hohe ge- eigene Haltung, Typen nicht mehrfach zu stalterische Qualität zu unabdingbaren errichten und jedes einzelne Projekt Voraussetzungen für gelungenen Holzbau. individuell zu planen und zu verbessern, Aus meiner Sicht sollte man Projekten in hat einen hohen Aufwand generiert. Modulbauweise ihre Konstruktionsweise
Mit der Erfahrung kommt die Materialeffizienz Von Murray Grove bis Dalston Lane Oliver Lowenstein Der Wohnbau in der Dalston Lane ist der neueste und zugleich ambitionierteste Holzbau des Londoner Architekturbüros Waugh Thistleton. Mit seinen 12.500 m2 Wohnfläche und 3.400 m2 Büro- und Verkaufsflächen wurde er auf einem schmalen, schwer zugänglichen Grundstück mit einer kleinen Baumannschaft und in kurzer Zeit gebaut. Allein die hohe Vorfertigung führte zu einer erheblich geringeren Verkehrs- und Lärmbelastung für den Geschossdecke – Brettsperrholz Bodenbelag 17 mm Stadtteil. Die Decken sind aus 140 bis 180 mm starken Brett Deckenstärke 50 cm Estrich mit Fußboden- sperrholzplatten, die Wände aus 100 bis 160 mm starken Platten. heizung 50 mm Brandschutz R 60 pe-Folie Die Gesamtkonstruktion wiegt gerade einmal 3.500 Tonnen. Schallschutz 50 dB (Luftschall), Trittschalldämmung 35 mm Ein Stahlbetonbau hätte im Vergleich dazu bis zu 10.700 Tonnen, 57 dB (Trittschall) Brettsperrholz 140 – 180 mm also drei Mal so viel gewogen, aber über 35 Prozent weniger abgehängte Decke mit Dämmung Wohnfläche verfügt. Hinter Backsteinen versteckt Der Wohnbau besteht aus drei Bauteilen mit fünf bis zehn Geschossen, liegt etwas zurückversetzt von der Straße und wirkt viel zurückhaltender als die angrenzenden Wohnhochhäuser des Dalston Square. Von den 121 Mietwohnungen sind 15 gefördert, im Erdgeschoss und Untergeschoss befinden sich Büro- und Ver- kaufsflächen. Backsteine in drei Rottönen und einem Schwarzton bekleiden die Außenfassaden. Sie spiegeln die Bautradition der lokalen viktor ianischen Lagerhäuser wider und lassen von der dahinterliegenden wabenförmigen Tragstruktur aus Holz kaum etwas erahnen. Mit dieser Strategie begegnen Waugh Thistleton seit Jahren der großen Skepsis der Bauträger gegenüber dem Baustoff Holz. Andrew Waugh von Waugh Thistleton, in Großbritannien einer der größten Verfechter der Holzmassivbauweise, überzeugte die Bauträger von Regal London davon, nicht drei Betonturmblöcke mit jeweils zwanzig Geschossen zu bauen, sondern niedrigere G ebäude aus Holz, die aber die gleiche Raumdichte aufweisen und zu wettbewerbsfähigen Kosten errichtet werden konnten. „Nur bei zwei unserer zwanzig Holzgebäude wurden wir ausdrück- Wohnungstrennwand – tragend Außenwand – tragend lich darum gebeten, in Holz zu bauen“, so Waugh. Überhaupt Wandstärke 20,5 – 24,5 cm Wandstärke 41,8 – 47,8 cm sind alle neueren Projekte von Waugh Thistleton wie Gray’s Inn Brandschutz R 90 Brandschutz R 90 Road, King’s Cross oder der Vorort Aubervilliers in Paris in ihrer Schallschutz 62 dB Schallschutz 42 dB Höhenentwicklung zurückhaltend. Andrew Waugh kritisierte in den Gipskarton zweilagig 15 mm Ziegelfassade 102,5 mm letzten Jahren immer schärfer den Bau von Hochhäusern, sei es Installationsebene 25 mm Unterkonstruktion 50 mm aus Holz oder aus anderem Material. Brettsperrholz 100 – 140 mm Kerndämmplatte 110 mm Installationsebene 25 mm Winddichtung Gipskarton zweilagig 15 mm Brettsperrholz 100 – 160 mm Ohne Holzbauerfahrung begonnen Installationsebene 25 mm Mit ihrem ersten Wohnbau aus Brettsperrholz, dem achtgeschos- Gipskarton zweilagig 15 mm sigen Murray Grove (2008), hatten Waugh Thistleton Architects den Weg für den mehrgeschossigen Wohnbau in Holz bereitet. Weltweit entstehen seitdem immer mehr und höhere Holzhäuser. Seit Murray Grove propagiert das Studio – so wie drmm auch – sehr stark das Bauen mit Holz und plädiert für eine Architektur, die auf modernen vorgefertigten Holzwerkstoffen basiert. Aber Waugh und seine Kollegen betonen sogleich, dass sie im Holzbau selbst ohne Erfahrung begonnen haben. Erst durch Murray Grove lernte das damals noch kleine Team im Laufe des Projekts und
Standort Dalston Lane, London⁄ UK Bauherr Regal Homes, London⁄ UK, www.regal-london.co.uk Planung Waugh Thistleton Architects, London⁄ UK, waughthistleton.com Statik Ramboll, London⁄ UK, www.ramboll.co.uk Holzbau B & K Structures, Derby⁄ UK, www.bkstructures.co.uk Wohnbau mit System Fertigstellung 2017 Anzahl Wohnungen 121 (davon 15 geförderte) Nettonutzfläche 12.500 m2 5m 12 13 zuschnitt 71.2018 darüber hinaus viel über das Bauen mit Holz. In den folgenden und ihr Team längst von reinen Brettsperrholzkonstruktionen Jahren wuchs ihre Expertise rund ums Bauen mit Brettsperrholz in Richtung hybrider Bauteile bewegt. Heute setzen sie dort, weiter. Seit einigen Jahren widmen sich Waugh Thistleton voll- wo es Sinn ergibt, auch andere, passendere und effizientere kommen dem Holzbau. Damit können sie stärker auf Nachhaltig- Holzfertigprodukte ein, bei ihrem aktuellen Fabrikgebäude keit setzen. Leamington Spa Vitsœ sind dies Leimholzträger und Buchen- furnierschichtholz. Man sieht, dass auch Waugh Thistleton nicht Materialeffizient auslernen und ihre Expertise mit jedem neuen Projekt weiter Wie hoch mittlerweile das Holzbauwissen von Waugh Thistleton wächst. ist, zeigt sich auch am ausgeklügelten Tragwerk von Dalston Lane. Im Vergleich zum Wohnbau Murray Grove ist die proto Oliver Lowenstein typische Brettsperrholzstruktur viel materialsparender konzipiert. ist Chefredakteur von Fourth Door Review, einem britischen Kultur- und Hier werden die Brettsperrholzplatten nach oben hin immer Ökologiemagazin. dünner. Zudem haben sich Andrew Waugh, Anthony Thistleton www.fourthdoor.co.uk
Ein Tragwerk für 22 mögliche Grundrisstypen Bremer Punkthäuser gehen in Serie Kerstin Kuhnekath Das Thema serieller Wohnungsbau weckt in Deutschland gemischte Gefühle. Die einen denken an die Monotonie grauer Plattenbauten der Nachkriegszeit, die vor allem in der ddr aus der Wohnungsnot heraus im Schnellverfahren errichtet wurden. Die anderen sehen darin eine tolle Lösung, um den städtischen Wohnungsmangel schnell in den Griff zu bekommen. Die Angst, dass die Qualität der gebauten Umwelt unter der Serienanferti- Geschossdecke – Holz-Beton-Verbund gung von Häusern leidet, steht dabei zurecht im Raum. Deckenstärke 42 cm Bodenbelag (ohne Bodenbelag) Zementestrich 70 mm Bezahlbar, barrierefrei und flexibel Brandschutz R 60 Trittschalldämmung 30 mm Das Projekt Bremer Punkt von lin Architekten aus Berlin hat das Schallschutz 59 dB (Luftschall), Dämmung mit 43 dB (Trittschall) Installationsschicht 60 mm Potenzial, sich als gelungener serieller Wohnungsbau zu Überbeton 140 mm bewähren. Der Entwurf ist aus dem Ideenwettbewerb „Unge- liegendes Brettschichtholz 120 mm wöhnlich Wohnen“ hervorgegangen, den die Bremer Wohnungs- baugesellschaft gewoba 2011 auslobte. Gesucht wurde eine Strategie zur baulichen Erweiterung der Gartenstadt Süd, einer Siedlung aus den späten 1950er Jahren nach Plänen von Max Säume und Günther Hafemann. Die Neubauten sollten als Stadt- bausteine zur Aufwertung der Siedlung beitragen, ohne den Bestand zu entwerten – ein Spagat, den lin geschafft haben. Ihre Idee ist so simpel wie feinsinnig: In unmittelbarer Nähe zu den Zeilenbauten steht ein viergeschossiger Würfel auf einer Grundfläche von rund 14 mal 14 Metern. Seine Kompaktheit erlaubt ihm, sich überall einzufügen. Auch im Inneren ist die Anpassungsfähigkeit wichtig. Der Ergänzungsbau soll heutige Wohnbedürfnisse erfüllen und bezahlbaren, barrierefreien und flexiblen Wohnraum schaffen. Anfang 2017 wurden drei Prototypen, darunter der hier abgebil- dete, fertiggestellt. Die Fassaden erhalten durch unterschiedlich große Fenster und Loggien ihre charakteristische Struktur, die Erschließung erfolgt über den Laubengang. In der Folge wurden die Prototypen weiterentwickelt. Für eine bessere Energiebilanz und eine Vergrößerung des Wohnraums verzichtete man auf den Laubengang zugunsten eines innen liegenden Erschließungskerns Außenwand – tragend und installierte statt der Loggien Balkone. Die Grundfläche des Wandstärke 36,6 cm Würfels ist größer geworden und beeinträchtigt seine Kompakt- Brandschutz R 60 heit. Seit Juli wird die optimierte Variante des preisgekrönten Schallschutz 47 dB Würfels seriell gefertigt. Putz 10 mm Mineralwolllamelle 50 mm Gipsfaserplatte 18 mm Holzständer 60 x 240 mm, dazwischen Mineralfaser osb-Platte 15 mm Gipsfaserplatte 15 mm Gipsfaserplatte 18 mm
Wohnbau mit System 14 15 zuschnitt 71.2018 Der Prototyp hat Loggien, die optimierte Variante wird Balkone haben. Ein Tragwerk – 22 Wohnungsgrundrisse Bei der Konstruktion handelt es sich um einen Hybridbau. Die Von hier aus berechnet er für viele mehrgeschossige Holzbauten Außenwände werden in Holzrahmenbauweise vorgefertigt. Zur in Deutschland die Statik, unter anderem für das Berliner Büro Gebäudeaussteifung dienen ein Treppenhauskern aus Beton Kaden & Lager. „Die hier gewählte Konstruktion hat sich bewährt“, sowie die Decken, die als Holz-Beton-Verbund ausgeführt sind. sagt Götz: „ein schmaler Treppenhauskern aus Beton zur Ausstei- Die Lasten werden über die Außenwände, den Kern und zwei fung, Stahlträger, die links und rechts vom Kern abgehen und auf Stahlträger abgetragen. So entstehen stützenfreie Räume, die denen die Hybriddecken ruhen. Die Spannweite sollte nicht 22 verschiedene Wohnungstypen in Größen von 30 bis 135 m2 größer sein als 6 Meter. Holzrahmenbau für die Außenwände, erlauben. Das Tragwerk und die Grundrisskonfigurationen sind innen Trockenbau.“ Bei einer Konstruktion nach Baukastenprinzip so aufeinander abgestimmt, dass das immer gleiche Tragwerk alle müssen Tragwerk und Konstruktion auf das serielle Bauen maß- Wohnungstypen flexibel aufnehmen kann. Die Rohbauzeit je genau abgestimmt sein. Denn bei häufiger Wiederholung wird Würfel beträgt nur vier Wochen: zwei für den Treppenhauskern der anfänglich mühsame Prozess kostengünstig. Die Maschinen aus Beton-Halbfertigteilen und zwei weitere für den Holzbau und werden dann einmal eingestellt und es wird vielfach produziert. die Ortbetondecken. Beim seriellen Bauen geht es normalerweise um eine günstige Herstellung hoher Stückzahlen und einen Wiedererkennungswert. Vom Prototyp zur Serienreife Wenn es wirklich gelingt, mit Gebäudekopien etwas Bestehendes Die serielle Vorfertigung, wie sie schon lange bei Einfamilienhäu- zu ergänzen und den Ort zu bereichern, haben wir im aktuellen sern eingesetzt wird, spiele im mehrgeschossigen Wohnungsbau Wohnungsmangel durch den seriellen Wohnungsbau etwas ge- eine immer größere Rolle, berichtet der Statiker Tobias Götz von wonnen. Wie oft das Prinzip der Wiederholung allerdings funktio- der deutschen Dépendance des Statikbüros Pirmin Jung. niert, ohne monoton zu sein, wird sich erst zeigen müssen. Kerstin Kuhnekath geboren 1977, Tischlerlehre in Düsseldorf, Architekturstudium in Köln und Valencia, ein Jahr freie Autorin in Berlin, u. a. für Bauwelt und Baunetz, mehrere Jahre im pr- und Marketingbereich für Architekturbüros. Sie arbeitet Standort Gartenstadt Süd, Bremen⁄ D als freie Autorin und Beraterin in Berlin. Bauherr gewoba Aktiengesellschaft Wohnen und Bauen, Bremen⁄ D, www.gewoba.de Planung lin Architekten Urbanisten, Berlin⁄ D, www.lin-a.com Ausführungsplanung Kahrs Architekten, Bremen⁄ D, www.kahrs-architekten.de Statik Pirmin Jung Deutschland, Sinzig⁄ D, www.pirminjung.ch Holzbau öhs Ökologischer Holzbau Sellstedt, Schiffdorf-Sellstedt⁄ D, www.oehs.de Fertigstellung 2016 (3 Prototypen realisiert), seit Juli 2018 neue Standardtypen in Bau Anzahl Wohnungen 8 Wohnungen (gefördert)⁄ Haus Prototyp (li.) und Nettonutzfläche 427 m2 (Prototyp), 515 m2 (neuer Standardtyp) neuer Standardgrundriss 5m
Münchener Wohnungsbausofortprogramm Immer wieder Holzbau Roland Pawlitschko Angesichts des großen Bedarfs an bezahlbarem Wohnraum und kommen und anerkannten Flüchtlingen vorsah. Wie gut dieses steigender Flüchtlingszahlen beschloss der Stadtrat der Landes- Nutzungskonzept funktioniert, zeigt sich in allen Projekten an hauptstadt München Anfang 2016 das Wohnungsbausofortpro- einer hohen Bewohnerzufriedenheit. Das erste von dieser arge gramm „Wohnen für Alle“ – mit dem Ziel, in vier Jahren bis zu geplante Gebäude ist das noch im Jahr 2016 als Parkplatzüber- 3.000 zusätzliche geförderte Wohnungen zu schaffen. Bei der bauung fertiggestellte Pilotprojekt Dantebad mit hundert Wohn- Realisierung von Wohnungen innerhalb dieses Programms entschied einheiten (s. Zuschnitt 60, S. 25). Nach Plänen von Florian Nagler sich die städtische Wohnungsbaugesellschaft gewofag für ein Architekten entstand ein Wohnriegel mit aufgeständertem Erd Verhandlungsverfahren über Projektsteuerungsaufgaben für bis geschoss, über dem sich der Wohnungsbau als viergeschossige zu 500 Wohnungen, bei dem die „arge Preuss GmbH und Maier Holzkonstruktion aus Brettsperrholzdecken und -wänden in die Neuberger Architekten GmbH – Bündnis Wohnen für Alle 2016“ Höhe entwickelt. Die Einhaltung des Zeit- und Kostenbudgets den Zuschlag erhielt. Die bei dieser Projektgröße häufig ange- gelang durch den hohen Vorfertigungsgrad – die Konstruktion wendeten Instrumente Wettbewerb oder Gutachterverfahren wurde ebenso wie die Holz-Fassadenelemente und die Bäder mit kamen hier aufgrund der sehr kurzen Fristen nicht zum Einsatz. weitgehend fertigen Oberflächen vorfabriziert. Um trotz des extrem engen Zeitrahmens (erste Wohnungen Die Entscheidung für das Material Holz basierte dabei nicht auf sollten bereits Ende 2016 fertig sein) möglichst kostengünstige, Vorgaben der Stadt oder der Wohnungsbaugesellschaft, die sich aber auch architektonisch und städtebaulich hochwertige Ge nicht zuletzt wegen der anvisierten Vorfertigung für das Vergabe- bäude realisieren zu können, arbeitete die arge mit mehreren im modell des Generalunternehmers entschied. Wesentlich war nach Wohnungsbau versierten Partner-Architekturbüros zusammen. einer material- und systemoffenen Ausschreibung vielmehr jene Sie teilten sich die Planungsarbeit auf, um spezifische Lösungen Kombination aus Preis und Bauzeit, die die wirtschaftlichste für die jeweilige Situation zu finden. Wesentlich dabei war, dass Lösung versprach. Und so entstand das zweite Projekt der arge die zu errichtenden Wohnungsbauten laut städtischer Vorgabe (81 Wohneinheiten, fertiggestellt im Frühjahr 2017 in der Boden- keine temporären Unterkünfte sein sollten, sondern langfristig seestraße) nach Plänen von 03 Architekten als Holzhybridbau mit nutzbare, nachhaltig in das städtebauliche Gefüge integrierte Holz-Fertigteilfassaden. U-förmig platzierte, drei- und fünfge- Stadtbausteine. Damit einher ging ein integratives Belegungs- schossige Gebäude bilden dabei eine hofartige Struktur, die den konzept, das ein Miteinander von Münchenern mit geringem Ein- Lärm der Bodenseestraße fernhält und zugleich intensiv genutzte Erholungsflächen bietet. Beim dritten Projekt in der Schittgabler- straße von Laux Architekten kam ein Holzbau mit Brettstapel decken und -wänden zum Einsatz. Hier lassen acht zwei- und dreigeschossige Gebäude eine Abfolge von Höfen mit Obstbäu- men, Nutzgärten und Spielplatzflächen entstehen. Dantebad Wohnen für Alle ist ein Bauprogramm Standort Postillonstraße 18 – 20, München⁄ D Bauherr gewofag Wohnen GmbH, München⁄ D, www.gewofag.de der Stadt München, um rasch zusätzliche Planung Florian Nagler Architekten, München⁄ D, www.nagler-architekten.de geförderte Wohnungen zu errichten. Statik Franz Mitter-Mang Ingenieurbüro, Waldkraiburg⁄ D Holzbau Huber & Sohn GmbH & Co. kg, Bachmehring⁄ D, www.huber-sohn.de Fertigstellung 2016 Anzahl Wohnungen 100
17 Wohnbau mit System 16 zuschnitt 71.2018 Bodenseestraße Standort Bodenseestraße 166, München⁄ D Bauherr gewofag Wohnen GmbH, München⁄ D, www.gewofag.de Planung Arge Preuss GmbH und Maier Neuberger Architekten GmbH – Bündnis Wohnen für Alle 2016, München⁄ D, www.mn-arc.eu mit 03 Architekten, München⁄ D, www.03arch.de Statik Sacher GmbH Ingenieure & Sachverständige, München⁄ D, www.sacher-gmbh.com Holzbau Gebr. Schmölzl GmbH & Co. kg, Bayerisch Gmain⁄ D, firma.schmoelzl.de; Bau und Service Hillebrand GmbH, Wals⁄ A, www.hillebrand.at Fertigstellung 2017 Anzahl Wohnungen 81 „In der Gesamtbetrachtung sind Holzbauten bei uns bisher eher wichtiger Aspekt. Doch auch das im Holzbau geringere Gewicht als Ausnahmen zu werten“, sagt Klaus-Michael Dengler, Sprecher kann eine entscheidende Rolle spielen – bestes Beispiel hierfür der Geschäftsführung der gewofag. Diese drei realisierten Pro- sind Aufstockungen im Bestand.“ Tragfähige Strategien zur Kom- jekte haben der Wohnungsbaugesellschaft wertvolle Erkennt- pensation der Mehrkosten im Holzbau sind offenbar vorhanden: nisse geliefert: „Durch die Modul- beziehungsweise Systembau- Im Münchener Prinz-Eugen-Park baut die gewofag aktuell 181 weise und die damit einhergehende Generalunternehmer-Vergabe Wohnungen in Holz-Hybridbauweise und im Rahmen des Woh- konnten wir beim Vergabeverfahren und bei der Umsetzung einen nungsbausofortprogramms planen Maier Neuberger Architekten entscheidenden Zeitvorteil generieren. Eine wichtige Erkenntnis in der Erwin-Schleich-Straße derzeit das vierte Projekt der arge hierbei ist, dass der Planungsphase eine sehr große Bedeutung mit 52 Wohnungen. Da bei letzterem erneut systemoffen ausge- zukommt, wenn im Anschluss schnell gebaut werden soll. Gerade schrieben wird, steht die genaue Bauweise heute allerdings noch in dichter bebauten Siedlungen kann es ein entscheidender Vor- nicht fest. teil sein, die Bauphase deutlich schneller abschließen zu können.“ Kurze Bauzeiten reduzieren nicht nur baustellenbedingte Beein- trächtigungen der Anwohner, sie wirken sich auch positiv auf die Roland Pawlitschko ist freier Architekt, Autor und Redakteur sowie Architekturkritiker. Kostenbilanz aus. „Die Mehrkosten im Holzbau schätzen wir grob Er kuratiert Ausstellungen rund ums Thema Architektur und Öffentlichkeit, bei zehn Prozent ein“, sagt Dengler. „Insofern bedarf es einer organisiert Architekturexkursionen und veröffentlicht Artikel und Aufsätze genauen Abwägung, ob sich diese Mehrkosten aufgrund anderer in Büchern, Zeitschriften und Tageszeitungen. Roland Pawlitschko lebt und Faktoren dennoch auszahlen. Schnelligkeit ist hier wieder ein arbeitet in München. Schittgablerstraße Standort Schittgablerstraße, München⁄ D Bauherr gewofag Wohnen GmbH, München⁄ D, www.gewofag.de Planung Arge Preuss GmbH und Maier Neuberger Architekten GmbH – Bündnis Wohnen für Alle 2016, München⁄ D, www.mn-arc.eu mit Laux Architekten, München/D, www.lauxarchitekten.com Statik Staudacher Ingenieure, Tegernsee⁄ D, www.staudacher-ingenieure.de Holzbau Huber & Sohn GmbH & Co. kg, Bachmehring⁄ D, www.huber-sohn.de Fertigstellung 2017 Anzahl Wohnungen 46
Installationssysteme für den mehrgeschossigen Wohnbau in Holz Sechs Grundprinzipien Im Wohnbau müssen viele unterschiedliche Ver- und Entsorgungsleitungen auf begrenz- tem Raum bei zugleich niedrigen Kosten verteilt werden. Auch wenn es im Bereich der haustechnischen Installationen eine Vielzahl an vorgefertigten und flexibel einsetzbaren Komponenten gibt, werden die Leitungen zwischen den einzelnen Komponenten jedoch erst vor Ort auf der Baustelle erstellt. Dies verlängert die Bauzeit und führt durch ge- werkeübergreifende Arbeiten zu erhöhtem Koordinationsaufwand und oftmals zu Kom- plikationen und Verzögerungen im Bauablauf. Fast zwei Drittel der Baumängel gehen auf Planungs- und Ausführungsfehler zurück. Im Rahmen des Forschungsprojekts Holzbau der Zukunft erarbeitete der Lehrstuhl für Bauklimatik und Haustechnik der Technischen Universität München einen Leitfaden für Gebäudetechnik im mehrgeschossigen Holzbau. Werden diese Grundprinzipien b eachtet, können schon in einer f rühen Planungsphase entscheidende Weichen für ein flexibles und vorgefertigtes Installationssystem gestellt und Ausführungsmängel ver- mieden werden. Richtlinien für die Planung und Gestal- Trennung der Installationen von Trag- Vorkonditionierte Hohlräume Um den Vor tung von flexiblen, vorgefertigten Installa- werk und Ausbau fertigungsgrad zu steigern und die Aus- tionen im mehrgeschossigen Holzbau Für die Vorfertigung, die Montage, zukünf- führungsqualität zu erhöhen, werden die tige Erweiterungen und den Rückbau ist die Leitungen in vorgefertigten Hohlräumen Zentrale Trassenführung Alle Medien Trennung der Installationen von der Trag- verlegt. Diese können in die Bauteile inte- für die Ver- und Entsorgung sind in einem konstruktion und den Ausbauelement en griert sein. Die Hohlräume sind aus einem zentralen vertikalen Schacht zusammen notwendig. Um dies zu erreichen, sind eine Material, das den nötigen Wärme-, Schall- gefasst. Dieser übernimmt die Verteilung weitgehende Unabhängigkeit der Ebenen und Brandschutz ermöglicht. Sie können vom Haustechnikraum aus in die jewei- und eine klar abgegrenzte Versorgungs- zugleich Montagehilfe für die Rohre und ligen Wohneinheiten. In den Wohnein- trasse sowie die Vermeidung von Leitungs- Leitungen sein und das nötige Gefälle für heiten werden die Rohre und Leitungen führungen in konstruktiven Element en Entwässerungsleitungen schon vorgefer- in einer zentralen horizontalen Trasse und in leicht veränderbaren Ausbauele- tigt aufweisen. geführt. Dies verringert den baulichen menten notwendig. Leitungen und Rohre Aufwand, reduziert die brand- und schall- sollten reversibel verbunden werden. Vorgefertigte Komponenten Der Einsatz schutztechnisch zu behandelnden Durch von vorgefertigten Technikkomponenten, brüche und erleichtert den Einbau, die Dauerhafte Zugänglichkeit Alle Leitungs- Rohren und Sanitärelementen vereinfacht Wartung und Reparatur sowie mögliche trassen und haustechnischen Komponen- und beschleunigt die Montage. Bei der Wahl Erweiterungen bis hin zu Ausbau und ten müssen gut zugänglich sein. Dies wird der Komponenten ist darauf zu achten, Erneuerung. erreicht durch eine entsprechende Posi dass genormte Anschlüsse und handelsüb- tion in der Wohneinheit und die Möglich- liche Modulgrößen die Verwendung von keit, die Verkleidungen über die gesamte herstellerunabhängigen Produkten ermögli Trassenlänge und alle Technikkomponen- chen. So können auch in Zukunft die Kompo- ten einfach und zerstörungsfrei zu öffnen nenten repariert und ausgetauscht werden. und wieder zu verschließen. Platzreserven Für Montage und Reparatur sind entsprechende Montageräume um die Rohre und Leitungen vorzusehen. Um das Installationssystem auch für die Zu- kunft zu rüsten, müssen in den Installa tionstrassen entsprechende Platzreserven heute schon eingeplant sein. Teilprojekt 12 – Modulare, vorgefertigte Installat ionen in mehrgeschossig en Holzbauwerken, Lehrstuhl für Bauklimatik und Haustechnik der Technischen Universität München, Projektleitung Prof. Gerhard Hausladen, München, April 2008 Download: http:⁄ ⁄ hdz.devweb.mwn.de⁄ hdz⁄
Sie können auch lesen